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Vollständiges Gutachten vom 7. August 2013 im PDF-Format

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Kindertagespflegeperson grundsätzlich auf Dauer angelegt ist. In den Verträgen sind in der<br />

Regel Jahresfristen enthalten, jedoch mit einer automatischen Verlängerung. Dies spricht<br />

für eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation und eine Scheinselbständigkeit. Der<br />

Umstand, dass die gleiche Arbeit auch Personen in Angestelltenverhältnissen mit<br />

öffentlichen und freien Trägern ausüben, spricht auch dafür, dass diese Tätigkeit in<br />

Scheinselbständigkeit münden könnte. Es steht den Kommunen frei,<br />

Kindertagespflegepersonen <strong>im</strong> Angestelltenverhältnis zu beschäftigen. Neben den<br />

sozialversicherungsrechtlichen und steuerrechtlichen Änderungen durch das KiföG, die die<br />

Kindertagespflegeperson einer/m angestellten Arbeitnehmer/in annähern, gibt es oftmals<br />

Regelungen über Urlaubsansprüche, bezahlte Krankentage und Fortbildungstage, um den<br />

Kindertagespflegepersonen entgegenzukommen. Mit der Fortbildung kann die Qualität, die<br />

gesetzlich vorgeschrieben ist, gesichert werden. Bezahlte Krankentage und<br />

Urlaubsansprüche hingegen sind klare arbeitnehmerrechtliche Ansprüche, die <strong>im</strong><br />

Gegensatz zu Unfallversicherungs-, Alterssicherungs- oder Kranken- und<br />

Pflegeversicherungsbeiträgen auch nicht gesondert für Kindertagespflegepersonen<br />

gesetzlich vorgeschrieben sind. Somit spricht die Gewährung solcher Leistungen durch die<br />

örtlichen Träger für eine angestellte Tätigkeit, es sei denn, es steht der<br />

Kindertagespflegeperson frei, nach eigenem Belieben Urlaub zu nehmen. 29 Dies wird in der<br />

Regel nicht der Fall sein, da die Erziehungsberechtigten die Betreuung in die<br />

Jahresplanung mit einbeziehen müssen. Allerdings kann <strong>im</strong> Rahmen der Privatautonomie<br />

der Vertragsparteien die Geltung arbeitsrechtlicher Ansprüche der<br />

Kindertagespflegeperson gewährt werden, solange sie nicht den §§ 138, 242 BGB<br />

widersprechen. 30 Ferner werden häufig in den Vereinbarungen Meldepflichten an das<br />

Jugendamt vorgegeben, wie zum Beispiel über Personalien der Kinder oder wenn Kinder<br />

unentschuldigt fehlen. Eine Anzeigepflicht bei Änderung der Konzeption, Anzahl der Kinder<br />

etc. und Berichtspflicht vermag jedoch die selbstbest<strong>im</strong>mte Gestaltung der Tätigkeit an sich<br />

nicht zu beeinträchtigen. 31<br />

8. Nach alledem überwiegen für die in der Regel bestehenden Vereinbarungen die für eine<br />

Selbständigkeit sprechenden Umstände, wenn auch nicht eindeutig. Dabei ist nicht die<br />

Quantität der Argumente entscheidend. Ausschlaggebend sind die überwiegend<br />

weisungsfreie Tätigkeit bezüglich des Ortes, der Ausgestaltung der Arbeit und die<br />

Übernahme des unternehmerischen Risikos. Der besondere Charakter der<br />

Kindertagespflege, Kinder nach eigenem Konzept zu bilden, zu erziehen und zu betreuen,<br />

wiegt dabei besonders schwer. Mit zunehmender arbeitnehmerähnlicher Ausgestaltung der<br />

Vereinbarung zwischen Kindertagespflegeperson und örtlichem Träger der öffentlichen<br />

Jugendhilfe (zum Beispiel Gewährung von bezahltem Urlaub oder bezahlten<br />

Krankheitstagen, Verpflichtung zu einem konkreten pädagogischem Konzept, territoriale<br />

Einschränkungen, Verbot der Erhebung von Zusatzbeiträgen bei den Eltern) nähert sich<br />

jedoch die Tätigkeit einer weisungsabhängigen unselbständigen Beschäftigung. Dies trägt<br />

grundsätzlich dem Bedürfnis von Kindertagespflegepersonen Rechnung, in einer<br />

Arbeitnehmereigenschaft tätig zu sein. 32 Um weiterhin die Selbständigkeit zu erhalten,<br />

sollte zunehmend darauf geachtet werden, dass die tatsächliche freie Gestaltung der<br />

29 Langer, in: Grobys/Panzer-Heemeier, Arbeitsrecht Stichwortkommentar, 2012, S. 939.<br />

30 Vgl. auch <strong>Gutachten</strong> des DIJuF <strong>vom</strong> 31. Dezember 2006 <strong>im</strong> Auftrag des Deutschen Vereins für öffentliche<br />

und private Fürsorge e.V. zu Rechtsfragen der Finanzierung von Kindertagespflege aus öffentlicher Hand –<br />

unter Einbeziehung arbeits-, steuer- und versicherungsrechtlicher Faktoren, S. 56.<br />

31 Vgl. BAG, Urt. v. 9.6.2010 – 5 AZR 332/09, NZA 2010, 877 ff. (879).<br />

32 Sell/Kukula, Leistungsorientierte Vergütung in der Kindertagespflege, Instituts für Bildungs- und<br />

Sozialpolitik der Hochschule Koblenz (Hrsg.) <strong>im</strong> Auftrag des Bundesverbands für Kindertagespflege, S. 6.<br />

Deutscher Verein •Michaelkirchstraße 17/18 •D-10179 Berlin-Mitte Seite 7 von 8<br />

www.deutscher-verein.de

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