Vollständiges Gutachten vom 7. August 2013 im PDF-Format
Vollständiges Gutachten vom 7. August 2013 im PDF-Format
Vollständiges Gutachten vom 7. August 2013 im PDF-Format
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Kindertagespflegeperson grundsätzlich auf Dauer angelegt ist. In den Verträgen sind in der<br />
Regel Jahresfristen enthalten, jedoch mit einer automatischen Verlängerung. Dies spricht<br />
für eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation und eine Scheinselbständigkeit. Der<br />
Umstand, dass die gleiche Arbeit auch Personen in Angestelltenverhältnissen mit<br />
öffentlichen und freien Trägern ausüben, spricht auch dafür, dass diese Tätigkeit in<br />
Scheinselbständigkeit münden könnte. Es steht den Kommunen frei,<br />
Kindertagespflegepersonen <strong>im</strong> Angestelltenverhältnis zu beschäftigen. Neben den<br />
sozialversicherungsrechtlichen und steuerrechtlichen Änderungen durch das KiföG, die die<br />
Kindertagespflegeperson einer/m angestellten Arbeitnehmer/in annähern, gibt es oftmals<br />
Regelungen über Urlaubsansprüche, bezahlte Krankentage und Fortbildungstage, um den<br />
Kindertagespflegepersonen entgegenzukommen. Mit der Fortbildung kann die Qualität, die<br />
gesetzlich vorgeschrieben ist, gesichert werden. Bezahlte Krankentage und<br />
Urlaubsansprüche hingegen sind klare arbeitnehmerrechtliche Ansprüche, die <strong>im</strong><br />
Gegensatz zu Unfallversicherungs-, Alterssicherungs- oder Kranken- und<br />
Pflegeversicherungsbeiträgen auch nicht gesondert für Kindertagespflegepersonen<br />
gesetzlich vorgeschrieben sind. Somit spricht die Gewährung solcher Leistungen durch die<br />
örtlichen Träger für eine angestellte Tätigkeit, es sei denn, es steht der<br />
Kindertagespflegeperson frei, nach eigenem Belieben Urlaub zu nehmen. 29 Dies wird in der<br />
Regel nicht der Fall sein, da die Erziehungsberechtigten die Betreuung in die<br />
Jahresplanung mit einbeziehen müssen. Allerdings kann <strong>im</strong> Rahmen der Privatautonomie<br />
der Vertragsparteien die Geltung arbeitsrechtlicher Ansprüche der<br />
Kindertagespflegeperson gewährt werden, solange sie nicht den §§ 138, 242 BGB<br />
widersprechen. 30 Ferner werden häufig in den Vereinbarungen Meldepflichten an das<br />
Jugendamt vorgegeben, wie zum Beispiel über Personalien der Kinder oder wenn Kinder<br />
unentschuldigt fehlen. Eine Anzeigepflicht bei Änderung der Konzeption, Anzahl der Kinder<br />
etc. und Berichtspflicht vermag jedoch die selbstbest<strong>im</strong>mte Gestaltung der Tätigkeit an sich<br />
nicht zu beeinträchtigen. 31<br />
8. Nach alledem überwiegen für die in der Regel bestehenden Vereinbarungen die für eine<br />
Selbständigkeit sprechenden Umstände, wenn auch nicht eindeutig. Dabei ist nicht die<br />
Quantität der Argumente entscheidend. Ausschlaggebend sind die überwiegend<br />
weisungsfreie Tätigkeit bezüglich des Ortes, der Ausgestaltung der Arbeit und die<br />
Übernahme des unternehmerischen Risikos. Der besondere Charakter der<br />
Kindertagespflege, Kinder nach eigenem Konzept zu bilden, zu erziehen und zu betreuen,<br />
wiegt dabei besonders schwer. Mit zunehmender arbeitnehmerähnlicher Ausgestaltung der<br />
Vereinbarung zwischen Kindertagespflegeperson und örtlichem Träger der öffentlichen<br />
Jugendhilfe (zum Beispiel Gewährung von bezahltem Urlaub oder bezahlten<br />
Krankheitstagen, Verpflichtung zu einem konkreten pädagogischem Konzept, territoriale<br />
Einschränkungen, Verbot der Erhebung von Zusatzbeiträgen bei den Eltern) nähert sich<br />
jedoch die Tätigkeit einer weisungsabhängigen unselbständigen Beschäftigung. Dies trägt<br />
grundsätzlich dem Bedürfnis von Kindertagespflegepersonen Rechnung, in einer<br />
Arbeitnehmereigenschaft tätig zu sein. 32 Um weiterhin die Selbständigkeit zu erhalten,<br />
sollte zunehmend darauf geachtet werden, dass die tatsächliche freie Gestaltung der<br />
29 Langer, in: Grobys/Panzer-Heemeier, Arbeitsrecht Stichwortkommentar, 2012, S. 939.<br />
30 Vgl. auch <strong>Gutachten</strong> des DIJuF <strong>vom</strong> 31. Dezember 2006 <strong>im</strong> Auftrag des Deutschen Vereins für öffentliche<br />
und private Fürsorge e.V. zu Rechtsfragen der Finanzierung von Kindertagespflege aus öffentlicher Hand –<br />
unter Einbeziehung arbeits-, steuer- und versicherungsrechtlicher Faktoren, S. 56.<br />
31 Vgl. BAG, Urt. v. 9.6.2010 – 5 AZR 332/09, NZA 2010, 877 ff. (879).<br />
32 Sell/Kukula, Leistungsorientierte Vergütung in der Kindertagespflege, Instituts für Bildungs- und<br />
Sozialpolitik der Hochschule Koblenz (Hrsg.) <strong>im</strong> Auftrag des Bundesverbands für Kindertagespflege, S. 6.<br />
Deutscher Verein •Michaelkirchstraße 17/18 •D-10179 Berlin-Mitte Seite 7 von 8<br />
www.deutscher-verein.de