Massgeblichkeitsprinzip und Privatisierung - IFF - Universität St.Gallen
Massgeblichkeitsprinzip und Privatisierung - IFF - Universität St.Gallen
Massgeblichkeitsprinzip und Privatisierung - IFF - Universität St.Gallen
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
59<br />
Gesetzgebungs-Forum<br />
Der Vorrang des <strong>St</strong>euerharmonisierungsgesetzes<br />
gegenüber dem Konkordat über den Ausschluss<br />
von <strong>St</strong>euerabkommen<br />
Dr. iur. Ulrich Cavelti *<br />
Inhalt<br />
1 Problemstellung<br />
2 Das Konkordat<br />
2.1 Rechtsnatur<br />
2.2 Inhalt des Konkordates über den Ausschluss von<br />
<strong>St</strong>euerabkommen<br />
2.2.1 Geltungsbereich<br />
2.2.2 Zulässige <strong>St</strong>euerabkommen<br />
2.2.3 Aufsicht<br />
3 Das <strong>St</strong>euerharmonisierungsgesetz<br />
3.1 Zulässige <strong>St</strong>euerabkommen<br />
3.2 Aufsichtsrechte <strong>und</strong> Entscheidkompetenzen<br />
4 Schlussfolgerungen<br />
Literatur <strong>und</strong> Materialien<br />
1 Problemstellung<br />
Nach Art. 5 <strong>und</strong> 23 Abs. 3 <strong>St</strong>HG können die Kantone «auf<br />
dem Wege der Gesetzgebung für Unternehmen, die neu<br />
eröffnet werden <strong>und</strong> dem wirtschaftlichen Interesse des<br />
Kantons dienen, für das Gründungsjahr <strong>und</strong> die neun folgenden<br />
Jahre <strong>St</strong>euererleichterungen vorsehen. Eine wesentliche<br />
Änderung der betrieblichen Tätigkeit kann einer<br />
Neugründung gleichgestellt werden.» Materiell entsprechen<br />
diese Bestimmungen weitgehend Art. 1 Abs. 3 lit.b<br />
des Interkantonalen Konkordates über den Ausschluss von<br />
<strong>St</strong>euerabkommen vom 10. Dezember 1948 1 . Nach Art.4<br />
des Konkordates stehen die Aufsicht über die Durchführung<br />
<strong>und</strong> die Entscheidung über Zuwiderhandlungen<br />
gegen das Konkordat einer von der Finanzdirektorenkonferenz<br />
gewählten Konkordatskommission zu. <strong>St</strong>ellt die Konkordatskommission<br />
durch Entscheid fest, dass die Behörden<br />
oder Beamten eines Kantons, seiner Bezirke, Kreise<br />
oder Gemeinden die Bestimmungen des Konkordates verletzt<br />
haben, so wird der dem Konkordat widersprechende<br />
Verwaltungsakt aufgehoben. Überdies hat der fehlbare<br />
Kanton eine von der Konkordatskommission auszufällende<br />
Busse bis Fr. 10 000.– zu bezahlen. Die Busse kann im<br />
Wiederholungsfall bis auf Fr. 50 000.– erhöht werden. Die<br />
Entscheide der Konkordatskommission sind endgültig <strong>und</strong><br />
vollstreckbaren Urteilen gleichgestellt. Sie sind von der<br />
Konkordatskommission zu vollziehen, wobei die Geldbussen<br />
in einen von der Finanzdirektorenkonferenz verwalteten<br />
Fonds gelegt werden sollen.<br />
Unabhängig davon, dass die Konkordatskommission ihrer<br />
Aufgabe mangels Meldungen wegen Verletzung des Konkordates<br />
praktisch nie nachgekommen ist 2 , stellt sich die<br />
* Präsident des Verwaltungsgerichts des Kantons <strong>St</strong>.<strong>Gallen</strong> <strong>und</strong><br />
Präsident der Konkordatskommission zur Anwendung des<br />
Konkordates über den Ausschluss von <strong>St</strong>euerabkommen<br />
1 In Kraft seit 6. Oktober 1949 (SR 671.1).<br />
2 Die parlamentarische Untersuchungskommission betreffend<br />
die Vorkommnisse im EJPD hielt in ihrem Schlussbericht vom<br />
22. November 1989 verschiedene unerlaubte <strong>St</strong>euerabkommen<br />
namentlich in den Kantonen Uri <strong>und</strong> Graubünden fest. In<br />
der Folge wurde die Konkordatskommission vom Vorstand der<br />
Finanzdirektorenkonferenz beauftragt, die Tätigkeiten der<br />
<strong>St</strong>euerbehörden der Kantone Uri <strong>und</strong> Graubünden zu überprüfen<br />
<strong>und</strong> festzustellen, ob die Vorschriften des Konkordats über<br />
das Verbot von <strong>St</strong>euerabkommen bei der Rechtsetzung <strong>und</strong><br />
der Rechtsanwendung eingehalten worden seien oder nicht. In<br />
ihren Schlussberichten vom 25. März 1991 kam die Konkordatskommission<br />
zum Schluss, dass die PUK fälschlicherweise<br />
Konkordatsverletzungen angenommen habe <strong>und</strong> aus der Sicht<br />
des Konkordatsrechts die allenfalls eingeräumten <strong>St</strong>euererleichterungen<br />
nicht zu beanstanden seien. Ebenfalls mit Bericht<br />
vom 25. März 1991 an den Vorstand der Finanzdirektorenkonferenz<br />
hielt die Konkordatskommission fest, dass auch die<br />
gegenüber dem Kanton Obwalden erhobenen Vorwürfe einer<br />
Gr<strong>und</strong>lage entbehrten <strong>und</strong> die Konkordatskommission keine<br />
dem Konkordat widersprechenden Verwaltungsakte habe feststellen<br />
können. Diese drei Fälle waren die einzigen, in denen<br />
die Konkordatskommission je tätig wurde.<br />
<strong>IFF</strong> Forum für <strong>St</strong>euerrecht 2002