Kommunale - Bürgermeister Zeitung
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6 AKTUELLES<br />
Touristiker haben<br />
große Probleme bei<br />
Jobbesetzung<br />
Die Tourismusbranche scheint<br />
für Arbeitnehmer besonders unattraktiv<br />
zu sein. Kein anderer<br />
Bereich hat so große Probleme<br />
mit der Jobbesetzung wie die<br />
Touristiker, geht aus der Statistik<br />
des Arbeitsmarktservice (AMS)<br />
über das Jahr 2012 hervor. Händeringend<br />
gesucht werden Reinigungskräfte,<br />
Warensortierer, Verkäufer,<br />
Elektroinstallateure und<br />
Lagerarbeiter, so AMS-Vorstand<br />
Johannes Kopf.<br />
Auch wurden bei Kellner fast<br />
28.000 Stellenzugänge registriert,<br />
bei Gaststättenköchen waren es<br />
über 18.000. Insgesamt wurden im<br />
Vorjahr 408.285 freie Stellen gemeldet,<br />
das waren um 8.283 oder<br />
zwei Prozent weniger als im Jahr<br />
2011. „Die Besetzung der Stellen<br />
erfolgte in der Regel sehr rasch.<br />
72 Prozent der Stellen konnten<br />
bereits innerhalb eines Monats<br />
besetzt werden, 23 Prozent der<br />
Stellenbesetzungen erfolgten innerhalb<br />
von drei Monaten, bei vier<br />
Prozent der Stellen dauerte die<br />
Besetzung bis zu sechs Monate<br />
und nur bei einem Prozent länger,“<br />
rechnete Kopf vor.<br />
Die Gewerkschaft vida beklagt<br />
in regelmäßigen Abständen<br />
schlechte Bezahlung, unbezahlte<br />
Überstunden und Verstöße gegen<br />
Foto: Uwe Steinbrich/pixelio.de<br />
das Arbeitszeitgesetz in der Tourismusbranche.<br />
Die Arbeitgeber<br />
weisen dies naturgemäß zurück.<br />
Laut einer Umfrage der vida verdienen<br />
Beschäftigte im Tourismus<br />
monatlich im Durchschnitt<br />
1.110 Euro netto, Arbeitnehmer<br />
in anderen Sektoren kommen auf<br />
1.420 Euro.<br />
„Ein Blick auf die Garantielöhne<br />
im Wiener Tourismus zeigt,<br />
dass ein Oberkellner mit fünf Untergebenen<br />
nach elf Dienstjahren<br />
1.500 Euro monatlich bekommt“,<br />
rechnete die vida im Vorjahr vor.<br />
Grüne wollen Schranken<br />
für parteinahe Agenturen<br />
Die Grünen vermuten die in einem<br />
Rechnungshof-Rohbericht<br />
thematisierte freihändige Vergabe<br />
von Beraterverträgen nicht<br />
nur im ÖVP-geführten Innenministerium,<br />
sondern auch in vielen<br />
weiteren Ressorts. Wenn die involvierten<br />
Agenturen gleichzeitig<br />
auch Parteiwahlkämpfe führen,<br />
sei dies „inakzeptabel“, sagte der<br />
Grüne Abgeordnete Öllinger. Er<br />
will dieser Praxis einen gesetzlichen<br />
Riegel vorschieben.<br />
Öllinger verwies auf die Agentur<br />
Headquarter bzw. das Nachfolgeunternehmen<br />
ADpartners<br />
mit Personen aus dem ÖVP-Umfeld<br />
wie Christoph Ulmer,<br />
Günther Kienpointner und Martin<br />
Malaun an der Spitze. Vom<br />
Jahr 2004 an seien für diesen<br />
Kreis schon jetzt Aufträge im Volumen<br />
von rund 1,4 Mio. Euro<br />
nachweisbar, die Summe könnte<br />
sich auf rund 2 Mio. Euro erhöhen,<br />
vermutete der Grüne.<br />
Durch eine Anfragebeantwortung<br />
belegt ist für Öllinger auch,<br />
dass das Innenministerium die<br />
Höchstgrenze für die freihändige<br />
Vergabe von 100.000 Euro umgangen<br />
habe. Ein Auftrag für das<br />
Jahr 2009 sei dabei schlicht auf<br />
drei Jahre verteilt worden. Die<br />
Vergabe an den Headquarter-<br />
Kreis betreffe auch weitere ÖVP-<br />
Ressorts, etwa das Landwirtschafts-<br />
und das Finanzministerium.<br />
Gleichzeitig habe Headquarter<br />
eine Vielzahl an Wahlkämpfen<br />
genau für diese Personen bestritten.<br />
„Das ist inakzeptabel, das<br />
kann nicht sein“, sagte Öllinger,<br />
schließlich sei hier ein Teil der öffentlichen<br />
Gelder in Parteiarbeit<br />
hineingeflossen. Es brauche klare<br />
Trennung, egal um welche Parteifarbe<br />
es sich handle. Rechtlich sei<br />
diese Vermengung derzeit möglich,<br />
sie sei aber moralisch verwerflich.<br />
Ein entsprechender Gesetzantrag<br />
der Grünen „kommt sicher“,<br />
so Öllinger, zuvor will er jedoch<br />
die öffentliche Debatte zu dieser<br />
Thematik zum Laufen bringen.<br />
Wichtiges Instrument dafür ist für<br />
die Grünen eine von der Opposition<br />
gemeinsam beantragte Sondersitzung<br />
des Nationalrats.<br />
Im Wahljahr 2013 steht auch die Wirtschaftspolitik<br />
der Bundesregierung auf dem<br />
Prüfstand. Prognosen des Wirtschaftsforschungsinstituts<br />
(WIFO) ist zu entnehmen,<br />
dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Jahre<br />
2012 um 0,6 Prozent gewachsen ist und 2013<br />
real um 1 Prozent zunehmen dürfte. Die aktuelle<br />
Vorausschau geht davon aus, dass sich<br />
die Staatsschuldenkrise nicht signifikant verschärft<br />
und die privaten Konsumausgaben<br />
auch heuer zunehmen werden. Die Verbraucherpreise,<br />
die 2012 um 2,4 Prozent angestiegen<br />
sind, dürften sich heuer bei etwa 2 Prozent<br />
einpendeln. Die Arbeitslosenquote wird<br />
allerdings von 4,3 Prozent (2012) auf 4,6 Prozent<br />
(2013) ansteigen.<br />
In der EU wird sich die Wirtschaft nach der<br />
Konjunkturabschwächung 2012 wieder erholen.<br />
Bis 2017 dürfte gemäß Prognose des WI-<br />
FO das BIP in der EU (27) um jährlich durchschnittlich<br />
1,4 Prozent zunehmen. Für die<br />
USA werden 2,4 Prozent Wachstum der Wirtschaftsleistung<br />
pro Jahr vorausgesagt. In den<br />
Industrieländern, darunter auch Österreich,<br />
bestehen die gravierenden Probleme darin,<br />
POLITIK UND WIRTSCHAFT (3)<br />
Konjunkturbelebung in Sicht<br />
dass die Zunahme der Staatsverschuldung<br />
noch nicht gestoppt werden konnte. Die Finanzkrise<br />
2008/2009 und die dadurch notwendigen<br />
Konjunktur- und Bankenrettungspakete<br />
haben die Staatsverschuldung in den<br />
EU-Ländern deutlich erhöht.<br />
Keine Wahlzuckerl finanzieren<br />
Mit dem Bundesvoranschlag 2013 versucht<br />
die SPÖ/ÖVP-Koalition im Jahr wichtiger<br />
Wahlentscheidungen eine nachhaltige Verbesserung<br />
der Verschuldung (220 Milliarden<br />
Euro) im Staatshaushalt einzuleiten. Die<br />
Schuldenquote beträgt derzeit 75,4 Prozent<br />
des BIP und soll deshalb in den kommenden<br />
Jahren wieder gesenkt werden. Die bisher<br />
geleisteten Bankenhilfen belasteten das Budget<br />
2012 mit vier Milliarden Euro, für 2013<br />
sind noch einmal 800 Millionen Bankenhilfe<br />
vorgesehen. Der eingeleitete Konsolidierungspfad<br />
wird also von einigen finanziellen<br />
und ökonomischen Unsicherheiten begleitet.<br />
Wie das WIFO in einer Analyse vom 29. Jänner<br />
2013 feststellt, beträgt das Volumen der<br />
Haftungen des gesamten Staates 194 Milliarden<br />
Euro, das sind 63 Prozent des im abgelaufenen<br />
Jahr erwirtschafteten BIP. Die außerbudgetären<br />
Schulden betragen fast 33 Milliarden<br />
Euro.<br />
Die Wirtschaftsforscher empfehlen daher,<br />
mittelfristigen Strukturreformen im öffentlichen<br />
Sektor Vorrang einzuräumen. Dazu<br />
zählen die Durchforstung des Fördersystems,<br />
die konsequente Umsetzung der Gesundheitsreform<br />
und die Anhebung des effektiven<br />
an das gesetzliche Pensionsantrittsalter.<br />
Neuerlich fordern die Finanzexperten, endlich<br />
eine bessere Aufgabenverteilung zwischen<br />
den Gebietskörperschaften festzulegen<br />
und viele öffentliche Ausgaben mit unbefriedigender<br />
Kosten-Nutzen-Relation, etwa<br />
im Bereich der Infrastruktur, zu überprüfen.<br />
Jedenfalls, so warnen die Wirtschaftsforscher,<br />
sollten die Regierungsparteien 2013<br />
der Versuchung widerstehen, teure „Wahlzuckerl“<br />
zu finanzieren.<br />
Prof. Dr. Gerhard Poschacher<br />
<strong>Bürgermeister</strong> <strong>Zeitung</strong> 3/2013