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Ursprung und Verbreitung des alldeutschen Annexionismus in der ...

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<strong>Ursprung</strong> <strong>und</strong> <strong>Verbreitung</strong> <strong>des</strong> <strong>alldeutschen</strong> <strong>Annexionismus</strong> 127<br />

Annexionen gab es für ihn ke<strong>in</strong>en Zweifel; es war für ihn weniger e<strong>in</strong>e Frage von<br />

Interessen als e<strong>in</strong>e solche „historischer Notwendigkeiten".<br />

Seeberg blieb es vorbehalten, <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Ansprache den Boden <strong>der</strong> Wirklichkeit<br />

am weitesten zu verlassen. Bei ihm war überhaupt nur noch die Rede von „Idealen",<br />

„die aus <strong>der</strong> Tiefe unserer Volksseele" „emporrauschten". Je „re<strong>in</strong>er <strong>und</strong> stärker"<br />

<strong>der</strong> Wille <strong>des</strong> Menschen sei, „<strong>des</strong>to höher <strong>und</strong> weiter" lägen se<strong>in</strong>e Ziele — hier also<br />

die Kriegsziele! Wenn Deutschland annektierte, würde es befreien <strong>und</strong> nicht erobern.<br />

E<strong>in</strong>e Klärung <strong>der</strong> außenpolitischen Zielsetzung Deutschlands könne nur<br />

im Interesse <strong>der</strong> Reichsleitung liegen, <strong>der</strong> die Kriegszielbewegung den Rücken<br />

stärken sollte. E<strong>in</strong>e erstaunliche Feststellung, wenn man an die Oppositionshaltung<br />

denkt, die nicht nur <strong>der</strong> alldeutsche Vorsitzende, son<strong>der</strong>n auch Seeberg selbst dem<br />

Kanzler gegenüber e<strong>in</strong>nahmen".<br />

Lag es an dem Ansehen <strong>der</strong> Redner, lag es an <strong>der</strong> Überzeugungskraft ihrer Argumente<br />

— die Werbeaktion errang e<strong>in</strong>en vollen Erfolg. Allerd<strong>in</strong>gs erst, nachdem <strong>der</strong><br />

Schlußpassus <strong>der</strong> Denkschrift elim<strong>in</strong>iert war, <strong>der</strong> <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en revolutionären Drohungen<br />

e<strong>in</strong>er Zuhörerschaft, die <strong>in</strong> <strong>der</strong> Mehrzahl aus kgl. preußischen Beamten<br />

bestand, dann doch zu weit g<strong>in</strong>g 100 . Danach aber waren b<strong>in</strong>nen kurzem 1347 Unterschriften<br />

gesammelt, unter denen die Professoren mit 552 die stärkste Berufsgruppe<br />

bildeten. Es ist hier nicht nötig, alle die z. T. weltberühmten Namen <strong>der</strong> Unterzeichner<br />

aufzuzählen - U. v. Wilamowitz, E. Meyer, A. v. Wagner <strong>und</strong> O. v. Gierke<br />

befanden sich unter ihnen 101 —; <strong>in</strong>teressanter ist es, an <strong>der</strong> Korrespondenz Seebergs<br />

festzustellen, daß es wie<strong>der</strong> die osteuropäischen Kriegszielfor<strong>der</strong>ungen waren, die<br />

viele Gelehrte zu ihrer Unterschrift bestimmten, während sich nur e<strong>in</strong>ige wenige<br />

Stimmen ähnlich wie Hoetzsch (<strong>der</strong> nicht unterzeichnete) für die Ostorientierung<br />

<strong>und</strong> damit für Mäßigung im Osten aussprachen 102 . Nicht alle Zustimmungserklä-<br />

99 Claß, Strom. S. 507S. - Seeberg (an Lezius, 13. III. 1915, SK) machte die Nachfolger<br />

Bismarcks für den Nie<strong>der</strong>gang <strong>des</strong> Reiches verantwortlich. An Bonwetsch (3. V. 1915, SK)<br />

schrieb er: „. . . In weiten Kreisen herrscht das Mißtrauen, daß die Regierung <strong>und</strong> die Diplomaten<br />

sehr an<strong>der</strong>e Tendenzen verfolgen könnten als die es s<strong>in</strong>d, die dem Volke vorschweben."<br />

Die Regierung berufe sich statt <strong>des</strong>sen auf das Gleichgewicht. „. . . Nun ist e<strong>in</strong> Unternehmen<br />

geplant, das <strong>der</strong> Regierung den Rücken stärken soll ..." Es folgt e<strong>in</strong>e Skizze <strong>der</strong> geplanten<br />

E<strong>in</strong>gaben.<br />

100 Darüber sehr offenherzig: Fester an Seeberg, 18. VI. 1915, Konzept <strong>in</strong> FK: „. . . Endlich<br />

enthält <strong>der</strong> Schluß e<strong>in</strong>e Wendung über die Verbitterung, die an die Gr<strong>und</strong>festen <strong>der</strong><br />

Monarchie rühren könnte, die ich für höchst unglücklich halte. Daß Unzufriedenheit <strong>der</strong><br />

führenden Kreise je die Monarchie gefährden könnte, werden die Empfänger <strong>der</strong> Denkschrift<br />

als e<strong>in</strong>e leere <strong>und</strong> als e<strong>in</strong>e beleidigende Drohung ansehen, die dem Zweck <strong>der</strong>selben, die Monarchie<br />

steifnackig zu machen, geradezu zuwi<strong>der</strong>läuft ..." Ähnlich Oncken an Delbrück,<br />

28. VI. 1915, DB: „Die Sätze über die Monarchie s<strong>in</strong>d das Dümmste vom politischen Standpunkt<br />

<strong>und</strong> das Illoyalste obendre<strong>in</strong> ..." Fortlassung <strong>des</strong> Schlusses: Seeberg an Fester, 3. IX.<br />

1915, FK. - Auch Seeberg an Lezius, 16. VI. 1915, SK.<br />

101 Schäfer, Leben, S. 170. Die Unterschriftenliste wurde später mit <strong>der</strong> Denkschrift verschickt.<br />

E<strong>in</strong> Ex. im Besitz <strong>der</strong> Univ. Bibl. Freiburg i. Br.<br />

102 Die Spannungen, die bei Abfassung <strong>der</strong> Denkschrift überbrückt werden mußten, erschienen<br />

also auch wie<strong>der</strong> bei den Unterzeichnern. Vgl. Below an Seeberg, 14. VI. 1915;

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