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Ursprung und Verbreitung des alldeutschen Annexionismus in der ...

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110 Klaus Schwabe<br />

wochen zeigt, daß auch hier die allgeme<strong>in</strong>er gehaltene Bes<strong>in</strong>nung - etwa auf die<br />

historischen H<strong>in</strong>tergründe <strong>des</strong> Krieges o<strong>der</strong> se<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>fluß auf die <strong>in</strong>nere Fortentwicklung<br />

<strong>des</strong> Reiches — vorherrschte 21 .<br />

Dabei wurde beson<strong>der</strong>er Wert gelegt auf die „<strong>in</strong>neren Eroberungen ", die Deutschland<br />

seit Kriegsausbruch gemacht hatte. Was darunter zu verstehen war, h<strong>in</strong>g vom<br />

politischen Standort <strong>des</strong> Schreibers ab: Liberale waren zumeist am stärksten bee<strong>in</strong>druckt<br />

von <strong>der</strong> Überbrückung <strong>der</strong> Kluft, die vor dem Kriege Bürgertum <strong>und</strong> Arbeiterschaft<br />

getrennt hatte, <strong>und</strong> hofften auf e<strong>in</strong>e weitere Demokratisierung <strong>des</strong> politischen<br />

Lebens im Gefolge <strong>des</strong> Krieges (z. B. Troeltsch) — für Konservative bestand<br />

<strong>der</strong> Gew<strong>in</strong>n, den die „Erhebung von 1914" mit sich gebracht hatte, vor allem <strong>in</strong> dem<br />

alle Schichten umfassenden Bekenntnis zum deutschen Nationalstaat 22 .<br />

Erst <strong>in</strong> zweiter L<strong>in</strong>ie kamen außenpolitische Fragen zur Sprache, <strong>und</strong> hier war<br />

es wie<strong>der</strong>um e<strong>in</strong>e M<strong>in</strong><strong>der</strong>zahl von Stimmen, die bereits konkrete Annexionsziele zur<br />

Diskussion stellten. Fast immer g<strong>in</strong>gen solche Überlegungen zur neuen Lage, <strong>in</strong> die<br />

<strong>der</strong> Weltkrieg Deutschland gebracht hatte, von <strong>der</strong> For<strong>der</strong>ung aus, daß Deutschland<br />

— womöglich „auf Jahrh<strong>und</strong>erte" — gesichert werden müsse gegen die Wie<strong>der</strong>kehr<br />

e<strong>in</strong>er so kritischen Situation, wie es sie <strong>in</strong> den ersten Augusttagen von 1914<br />

erlebt hatte 23 . Daneben war viel von „Weltmacht" <strong>und</strong> „Weltpolitik" die Rede,<br />

21 Die folgende Skizze stützt sich auf e<strong>in</strong>e Durchsicht <strong>der</strong> deutschen Professorenpublizistik<br />

<strong>des</strong> 1. Weltkriegsvierteljahres, e<strong>in</strong>es Zeitabschnittes, <strong>in</strong> dem. die alldeutsche Propaganda noch<br />

nicht zu voller Wirksamkeit gelangt war (Claß' Denkschrift wurde an weitere Kreise erst Ende<br />

Dezember 1914 verschickt; vgl. Claß, Strom, S. 345). Natürlich kann hier nicht diese ganze<br />

Literatur <strong>in</strong> extenso zitiert werden. Um jedoch e<strong>in</strong>e Andeutung davon zu geben, wieweit <strong>der</strong><br />

„consensus" unter den Professoren g<strong>in</strong>g, solange sich die Diskussion auf allgeme<strong>in</strong>e Fragen <strong>der</strong><br />

politischen Orientierung <strong>des</strong> Reiches beschränkte, soll im folgenden versucht werden, als E<strong>in</strong>zelbelege<br />

jeweils Zitate von Professoren zu br<strong>in</strong>gen, die <strong>in</strong> verschiedenen politischen Lagern<br />

standen <strong>und</strong> die sich im späteren Verlauf <strong>der</strong> Kriegszieldebatte auch wie<strong>der</strong> bekämpfen sollten.<br />

Vgl. auch den Aufsatz <strong>des</strong> Verf.: Zur politischen Haltung <strong>der</strong> deutschen Professoren im Ersten<br />

Weltkrieg, <strong>in</strong>: HZ 193 (1961), S. 605ff.<br />

22 Ke<strong>in</strong> Professor, <strong>der</strong> nach <strong>der</strong> berühmten Erklärung <strong>des</strong> Kaisers, er kenne ke<strong>in</strong>e Parteien<br />

mehr, <strong>in</strong> den Schreckensruf ausgebrochen wäre - nun hätte Deutschland den Krieg <strong>in</strong>nenpolitisch<br />

verloren -, wie das <strong>der</strong> alldeutsche Vorsitzende Claß getan hat (Strom, S. 307). Dagegen<br />

E. Troeltsch, Nach <strong>der</strong> Mobilmachung, 1914, S. 10. R. Seeberg, Was sollen wir denn<br />

tun, 1915, S. 51f. E. Meyer, Deutschland <strong>und</strong> <strong>der</strong> Krieg, <strong>in</strong>: EK, H. 3, 1914, S. 17f. Me<strong>in</strong>ecke<br />

an Dove, 4. XI. 1914 . . . „Und <strong>der</strong> <strong>in</strong>nere Aufschwung, den wir erlebten, bleibt uns als sicherer<br />

Gew<strong>in</strong>n. Wenigstens muß man dann Alles daran setzen, durch <strong>in</strong>nere Eroberungen uns für den<br />

entgangenen äußeren Gew<strong>in</strong>n zu entschädigen ..." (<strong>in</strong>: Werke, Bd. IV, Ausgewählter Briefwechsel,<br />

1962, S. 51). — Fester sprach <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Tagebuch von <strong>der</strong> „sozialen E<strong>in</strong>igung" von<br />

1914, die <strong>der</strong> politischen von 1871 gefolgt sei. (E<strong>in</strong>tragung unter dem 6. VIII. 1914, FK.) -<br />

F. W. Foerster, Jungdeutschland <strong>und</strong> <strong>der</strong> Weltkrieg, <strong>in</strong>: Die deutsche Jugend, S. 23.<br />

23 F. Me<strong>in</strong>ecke, Wahrheit <strong>und</strong> Lüge, v. 28. X. 1914, <strong>in</strong>: Die deutsche Erhebung von 1914,<br />

2. Aufl. 1915, S. 72: . . . „Wir wollen uns jetzt Atemraum <strong>und</strong> Sicherheit für e<strong>in</strong> Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

erkämpfen" . . . Ähnlich, wenn auch vorsichtiger: E. Troeltsch, Imperialismus, NR, Jg. 1915,<br />

H. 1, S. 13. E. Marcks, Wo stehen wir? In: Der deutsche Krieg, Flugschriften, Nr. 19, 1914,<br />

S. 28. H. Oncken, Deutschlands Weltkrieg <strong>und</strong> die Deutschamerikaner, <strong>in</strong>: Der deutsche<br />

Krieg, Nr. 6, 1914, S. 20. O. Hoetzsch, Zeitgeschichtlicher Rückblick, 2. X. 1914 (<strong>in</strong>: WMhh,<br />

Bd. 29, S. 445). A. v. Harnack, Was wir schon gewonnen haben <strong>und</strong> was wir noch gew<strong>in</strong>nen

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