25.01.2014 Aufrufe

Ursprung und Verbreitung des alldeutschen Annexionismus in der ...

Ursprung und Verbreitung des alldeutschen Annexionismus in der ...

Ursprung und Verbreitung des alldeutschen Annexionismus in der ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>Ursprung</strong> <strong>und</strong> <strong>Verbreitung</strong> <strong>des</strong> <strong>alldeutschen</strong> <strong>Annexionismus</strong> 133<br />

stützten, zeigen die Briefe, mit denen sie ihre Stellungnahme erläuterten. So wollte<br />

Oncken sich ke<strong>in</strong>eswegs mit e<strong>in</strong>er Herausgabe Belgiens abf<strong>in</strong>den 121 , während Me<strong>in</strong>ecke<br />

- vielleicht <strong>der</strong> fe<strong>in</strong>ste Seismograph für das Auf <strong>und</strong> Ab <strong>der</strong> öffentlichen Me<strong>in</strong>ung<br />

jener Tage 122 - nicht nur Belgien „luxemburgisieren" <strong>und</strong> dem deutschen<br />

E<strong>in</strong>fluß preisgeben wollte, son<strong>der</strong>n für Osteuropa sogar die spezifisch alldeutsche<br />

Enteignungsfor<strong>der</strong>ung unterstützte 123 . So hatte Seeberg (<strong>und</strong> mit ihm se<strong>in</strong>e Auftraggeber)<br />

allen Anlaß, mit dem Erfolg se<strong>in</strong>er Aktion zufrieden zu se<strong>in</strong> 124 . Delbrück<br />

erkannte diese für ihn bedrückende Tatsache nur an, wenn er versuchte, wenigstens<br />

<strong>in</strong>direkt den E<strong>in</strong>fluß <strong>der</strong> Seeberg-Bewegung zu neutralisieren <strong>und</strong> den Reichskanzler<br />

dadurch mittelbar zu stützen, <strong>in</strong>dem er Seeberg e<strong>in</strong> Zusammengehen unter<br />

dem geme<strong>in</strong>samen Ziel e<strong>in</strong>er nach Osten gerichteten deutschen Machtausweitung<br />

vorschlug. Doch das lehnte Seeberg ab - sicherlich, weil er auf die westUchen<br />

Kriegsziele we<strong>der</strong> verzichten konnte noch wollte 126 .<br />

1915, DB. Offenbar lag e<strong>in</strong> Mißverständnis vor; denn für Seeberg implizierte die Unterschrift<br />

zur E<strong>in</strong>ladung die Zustimmung zur Denkschrift, die ja auch gleichzeitig verschickt wurde<br />

(Seeberg an Fester, 3. IX. 1915, PK).<br />

121 Oncken an Delbrück, 28. VI. 1915, DB: „. . . Während ich mit Schumacher] darüber<br />

e<strong>in</strong>ig war, ke<strong>in</strong>e Annexion Belgiens, son<strong>der</strong>n eher se<strong>in</strong>e militärisch-politische Kastration, war<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Denkschrift das positive Ziel sehr zweideutig formuliert ..." Vor Belgien „als revanchistischem<br />

Glied <strong>der</strong> Westmächte" müsse Deutschland sich „e<strong>in</strong> für allemal decken . . .<br />

Also b<strong>in</strong> ich für starke reale Garantien <strong>in</strong> Ost <strong>und</strong> West . . . daß das Ziel nicht napoleonisch<br />

wird, dafür sorgt schon <strong>der</strong> Gang <strong>der</strong> D<strong>in</strong>ge ..."<br />

122 Me<strong>in</strong>ecke unterstützte, nachdem im Herbst 1914 die Hoffnungen auf e<strong>in</strong>en raschen Sieg<br />

verflogen waren, zunächst Delbrück. Nach se<strong>in</strong>er ersten Annäherung an das Lager <strong>der</strong> Annexionisten<br />

im Sommer 1915 gehörte er <strong>in</strong> den Jahren 1916/17 wie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Gruppe <strong>der</strong> Gemäßigten<br />

an. Angesichts <strong>der</strong> Frühjahrsoffensive von 1918 sprach er sich dann wie<strong>der</strong> für e<strong>in</strong>e Annexion<br />

<strong>des</strong> Erzbeckens von Briey <strong>und</strong> Longwy aus, falls die Franzosen ke<strong>in</strong>e Verständigungsbereitschaft<br />

zeigten (Me<strong>in</strong>ecke, Straßburg, S. 248).<br />

128 p_ Me<strong>in</strong>ecke, Sozialdemokratie <strong>und</strong> Machtpolitik, <strong>in</strong>: Die Arbeiterschaft im neuen<br />

Deutschland, 1915, S. 29. Ds. an W. Goetz, 6. V. 1915, <strong>in</strong>: Briefwechsel a. a. O., S. 57ff.,<br />

<strong>und</strong> an Dove, 23. V. 1915, ebd. S. 60f.: „. . . Sehr bemerkenswert ist es doch, wie unsere<br />

Friedenswünsche sich verschoben haben, — von <strong>der</strong> überseeischen Sphäre mehr <strong>und</strong> mehr auf<br />

die europäische, — ganz wie es e<strong>in</strong>st Napoleons Schicksal war ..." Die Abschiebung von Bevölkerungen<br />

aus den russischen Randgebieten <strong>in</strong> das Innere <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> zur Gew<strong>in</strong>nung deutschen<br />

Siedlungsbodens betrachtete er als Fortsetzung <strong>der</strong> ostdeutschen Kolonisation. Er dachte<br />

dabei vor allem an die Letten <strong>und</strong> den polnischen Großgr<strong>und</strong>besitz <strong>in</strong> den östlichen Prov<strong>in</strong>zen<br />

Preußens, den er nach Kongreßpolen verlagern wollte (an Goetz, 6. V. 1915, ebd. S. 59). Dagegen<br />

fehlen entsprechende Pläne für den Westen.<br />

124 Seeberg an Fester, 3. IX. 1915, FK: „. . . In unsern akademischen Kreisen ist zur Zeit<br />

e<strong>in</strong>e so günstige Stimmung <strong>in</strong> unserer Richtung vorhanden, wie ich es vor 1 / 2 Jahr nicht gewagt<br />

hätte zu erwarten." Ähnl. ds. an Lezius, 4. VIII. 1915, SK.<br />

126 Darüber allgeme<strong>in</strong> Delbrück an Lenz, 7. VIII. 1915, DB; angeregt wurde diese Wendung<br />

auch von Alfred Weber (an Delbrück, 7. VIII. 1915, DB). Delbrück fand für den Gedanken<br />

e<strong>in</strong>er Zusammenarbeit <strong>und</strong> Rückendeckung für den Kanzler unter <strong>der</strong> Parole geme<strong>in</strong>samer<br />

Ostkriegsziele das Interesse höchster Stellen <strong>in</strong> <strong>der</strong> OHL; er selbst hoffte, auf diesem<br />

Wege die Alldeutschen von e<strong>in</strong>flußreichen Parteiführern wie Bassermann zu isolieren (an<br />

A. Weber, 2. IX. 1915, DB). Seeberg berichtete über se<strong>in</strong> Gespräch mit Delbrück, das wohl<br />

<strong>in</strong> die ersten Augusttage fiel, an Lezius, 10. VIII. 1915; an Bonwetsch, 7. IX. 1915 (beide

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!