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Ursprung und Verbreitung des alldeutschen Annexionismus in der ...

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<strong>Ursprung</strong> <strong>und</strong> <strong>Verbreitung</strong> <strong>des</strong> <strong>alldeutschen</strong> <strong>Annexionismus</strong> 137<br />

Tatsächlich s<strong>in</strong>d <strong>der</strong>artige Versuche später sämtlich wegen mangeln<strong>der</strong> Unterstützung<br />

„von oben" gescheitert.<br />

Vergleicht man die Beziehungen Delbrücks zur Reichsleitung mit denen Seebergs<br />

zu den Industriellen <strong>und</strong> dem Alldeutschen Verband, so fällt e<strong>in</strong>em - wenigstens<br />

für unsern Zeitraum — e<strong>in</strong>e charakteristische Passivität bei Bethmann auf,<br />

wenn er die Bemühungen Delbrücks nicht überhaupt ablehnte. So lag bei allen<br />

gegen den <strong>alldeutschen</strong> <strong>Annexionismus</strong> geplanten Aktionen die Initiative stets bei<br />

Delbrück <strong>und</strong> se<strong>in</strong>en Fre<strong>und</strong>en, während im Lager <strong>der</strong> Annexionnisten <strong>der</strong> Anstoß<br />

regelmäßig vom Alldeutschen Verband o<strong>der</strong> Leuten wie Hugenberg ausg<strong>in</strong>g. Ke<strong>in</strong><br />

W<strong>und</strong>er also, wenn Delbrück manchmal das Gefühl <strong>des</strong> Isoliertse<strong>in</strong>s beschlich! Wie<br />

er an se<strong>in</strong>en Kollegen H. Oncken schrieb:<br />

„25 Jahre habe ich <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em Kampf gegen den Hakatismus so viele gute Fre<strong>und</strong>e<br />

unter me<strong>in</strong>en Gegner sehen müssen. Sollte ich wie<strong>der</strong> das unselige Laokoon-Schicksal<br />

<strong>des</strong> vergeblich Warnenden haben?" 142<br />

VIII<br />

Wie war es dazu gekommen? Sicherlich waren bei dem Erfolg <strong>der</strong> Seebergschen<br />

Aktion Äußerlichkeiten mit im Spiel - z. B. daß se<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>gabe früher als die Gegendenkschrift<br />

kursieren konnte. Natürlich wirkte sich außerdem die im Sommer 1915<br />

gerade im Osten so günstige Kriegslage aus - wie überhaupt während <strong>des</strong> ganzen<br />

Krieges das Auf <strong>und</strong> Ab <strong>des</strong> Alldeutschen <strong>Annexionismus</strong> <strong>und</strong> se<strong>in</strong>er Gegenbewegung<br />

außerhalb <strong>der</strong> Gruppe <strong>der</strong> Protagonisten wie Delbrück, Hoetzsch <strong>und</strong><br />

Schäfer eng mit <strong>der</strong> jeweiligen militärischen Lage zusammenh<strong>in</strong>g 143 . Aber wir<br />

dürfen auch nicht vergessen, daß die allgeme<strong>in</strong>e politische Stimmung <strong>in</strong> <strong>der</strong> deutschen<br />

Professorenschaft zu Kriegsanfang das Vordr<strong>in</strong>gen annexionistischer Wünsche<br />

begünstigte. Diese Stimmung hatte <strong>der</strong> Alldeutsche Verband mit Geschick für se<strong>in</strong>e<br />

Ziele zu nutzen verstanden.<br />

Aber hatte nicht Delbrück selbst von <strong>der</strong> „nature <strong>des</strong> choses" gesprochen, die<br />

Napoleon auf se<strong>in</strong>e Bahn als Eroberer gedrängt hatte? Diese Natur <strong>der</strong> Sache wirkte<br />

sich im Weltkrieg auch im Falle Deutschlands aus: Auf se<strong>in</strong>e kont<strong>in</strong>entale Basis<br />

zurückgeworfen, konnte es se<strong>in</strong>e Macht — wenn überhaupt — dann nur auf Kosten<br />

se<strong>in</strong>er kont<strong>in</strong>entalen Gegner erweitern — nicht aber auf Kosten Englands, <strong>des</strong>sen<br />

Unangreifbarkeit auch die Alldeutschen anerkannten. Mit se<strong>in</strong>er Unterstützung<br />

e<strong>in</strong>er expansiven deutschen Randstaatenpolitik <strong>in</strong> Osteuropa hat sich Delbrück<br />

selbst dieser Logik nicht ganz verschlossen <strong>und</strong> damit se<strong>in</strong>e ursprüngliche Kriegsnis<br />

zwischen Kriegskosten <strong>und</strong> möglicher Kriegsentschädigung werde, je länger <strong>der</strong> Krieg<br />

dauere, um so schlechter. Die Konsequenz, daß <strong>der</strong> H<strong>in</strong>weis auf mögliche M<strong>in</strong><strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Kompensationen<br />

also ke<strong>in</strong> Gr<strong>und</strong> gegen die von uns gefor<strong>der</strong>te Erklärung über die Wie<strong>der</strong>herstellung<br />

Belgiens sei, zog er freilich nicht."<br />

143 Delbrück an Oncken, 15. VI. 1915, DB. Er selbst seufzte gelegentlich über die Passivität<br />

<strong>des</strong> Kanzlers se<strong>in</strong>en Anregungen gegenüber (an Oncken, 13. VIII. 1915, <strong>und</strong> an Lenz, 7. VHI.<br />

1915, DB).<br />

143 Dafür s<strong>in</strong>d Me<strong>in</strong>ecke <strong>und</strong> M. Lenz gute Beispiele (vgl. oben S. 132 f.).<br />

Vierteljahrshefte 3/2

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