Der Samstag im Handel - Wuapaa
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EDITORIAL<br />
ACHTUNG: Kartellrecht<br />
geht alle Händler an<br />
„Was geht einen steirischen Mode- oder Sporthändler das<br />
Kartellrecht an“, dachte ich mir, als ich die Einladung zu einer<br />
Veranstaltung Kartellrecht und Wettbewerbsrecht in Wien (siehe<br />
Bericht auf Seite 20) erhalten habe. Die Realität hat mich eines<br />
Besseren belehrt, insbesondere auch, weil die Bundeswettbewerbsbehörde einen<br />
Leitlinienentwurf zu vertikalen Preisbindungen in Begutachtung geschickt hat.<br />
Harald Scherz<br />
Landesgremium Steiermark<br />
des <strong>Handel</strong>s mit<br />
Mode und Freizeitartikeln<br />
Foto: WKO Steiermark<br />
Die Überlegungen der Bundeswettbewerbsbehörde<br />
gehen dabei pr<strong>im</strong>är vom Lebensmittelhandel<br />
aus – wo es schon einige<br />
spektakuläre Verfahren gegeben hat – und<br />
sind auf den Modehandel in dieser Form<br />
meiner Meinung nach nicht übertragbar,<br />
vor allem weil der Modehandel weder auf<br />
Lieferanten- noch auf Händlerseite vergleichbar<br />
konzentriert ist. <strong>Der</strong> Modehandel<br />
ist auch bis auf einige wenige Basic-Artikel<br />
auf Produktebene durch enorme Vielfalt<br />
und Unvergleichbarkeit (Modelle, Farben,<br />
Stoffe, Formen, Marken usw.) der Produkte<br />
geprägt.<br />
Auch haben Markenartikellieferanten<br />
keine eind<strong>im</strong>ensionale Geschäftsverbindung<br />
zu ihren Kunden wie <strong>im</strong> Lebensmittelhandel,<br />
wo zwischen den großen <strong>Handel</strong>sgruppen<br />
und ihren Lieferanten um<br />
jeden Cent gefeilscht wird. Im Modehandel<br />
haben Markenartikellieferanten dafür<br />
unterschiedliche Geschäftsfelder und Vertriebskanäle,<br />
in denen der Endkonsument<br />
bedient wird, z. B.<br />
> Online-<strong>Handel</strong> durch den Lieferanten<br />
> Eigenfilialen des Lieferanten<br />
> Franchisefilialen<br />
> selbständige Einzelhändler, die <strong>im</strong><br />
Wholesale bedient werden sowie<br />
> Concessions, wo Einzelhändler dem<br />
Lieferanten Flächen zur Verfügung stellen<br />
sowie<br />
> Online-<strong>Handel</strong> durch Einzelhändler<br />
oder andere lieferantenfremde Online-<br />
Anbieter.<br />
Die Lieferantenbindung ist dabei <strong>im</strong> Modehandel<br />
eine ganz andere als <strong>im</strong> Lebensmittelhandel,<br />
zum Teil auch eine viel engere<br />
und partnerschaftliche, was z. B. Franchisemodelle<br />
oder die Abwicklung von Warenwirtschaftsdaten<br />
über EDI zwischen Multilabelhändlern<br />
und ihren Lieferanten beweisen.<br />
Vertikale Preisbindung ist aber kartellrechtlich<br />
sehr bedenklich, was zwei<br />
Berichte <strong>im</strong> KURIER über den Outdoor- und<br />
Fahrradhandel aufzeigen:<br />
Marken seilen sich aus dem Netz ab<br />
<strong>Der</strong> KURIER berichtete, dass Sportartikelhersteller<br />
wie Adidas und der Schweizer<br />
Outdoor-Riese Mammut, der Bergschuhspezialist<br />
Lowa oder der Rucksackhersteller<br />
Deuter nicht länger auf reinen Online-<br />
Marktplätzen wie Amazon anbieten wollen,<br />
um dem Preisdruck zu entkommen. <strong>Der</strong><br />
Grund: Es soll sichergestellt werden, dass<br />
die Produkte in einem ansprechenden<br />
Umfeld präsentiert werden, die Zufriedenheit<br />
der Endverbraucher mit den Produkten<br />
gegeben ist und es nicht zu Beratungsdiebstählen<br />
<strong>im</strong> stationären Einzelhandel<br />
kommt.<br />
Wettbewerbshüter sehen die Beschränkungen<br />
aber offensichtlich kritisch. In<br />
Deutschland prüft das Bundeskartellamt<br />
gerade, ob die Adidas-Vertriebsbest<strong>im</strong>mungen<br />
den Onlinehandel beschränken.<br />
Auch mehrere namhafte Fahrradhersteller<br />
schränken teilweise den Onlinehandel<br />
von Mountainbikes, Cityrädern und Co<br />
ein. Um die Gefahr eines Preiskampfes <strong>im</strong><br />
Internet zu bannen, schreiben die Hersteller<br />
den Händlern offenbar vor, die Fahrräder<br />
online mit dem unverbindlichen Verkaufspreis<br />
(UVP) anzubieten. Andere Hersteller<br />
sprechen von „selektivem Vertrieb“<br />
und wollen nicht, dass ihre Fahrräder neben<br />
Kochtöpfen verkauft werden. Bei den Wettbewerbsbehörden<br />
läuten auch hier jedenfalls<br />
die Alarmglocken. Ermittlungen wurden<br />
bereits aufgenommen, untersucht wird<br />
in Richtung vertikaler Preisbindungen, sagt<br />
dazu die Bundeswettbewerbsbehörde.<br />
Was heißt vertikale Preisbindung?<br />
Vertikale Preisbindungen liegen vor, wenn<br />
Produzenten mit ihren Händlern das Preisniveau<br />
abst<strong>im</strong>men, das die Händler von<br />
ihren Kunden verlangen sollen. Vorgegebene<br />
Mindestpreise und Preisvereinbarungen<br />
für den Weiterverkauf sind in Österreich<br />
verboten, weil sie den preislichen<br />
Wettbewerb beschränken und ein höheres<br />
Preisniveau bewirken, heißt es auf der Webseite<br />
der Bundeswettbewerbsbehörde.<br />
Kartellrecht geht uns also alle in der Tat<br />
etwas an. Als Gremialobmann des Landesgremiums<br />
Mode und Freizeit werde ich<br />
diese Entwicklung <strong>im</strong> Interesse aller Mitgliedsbetriebe<br />
engagiert weiter verfolgen<br />
und auch versuchen, die Diskussion in die<br />
richtige Richtung zu lenken,<br />
meint<br />
Ihr Harald Scherz<br />
MODE & FREIZEIT [ıntern] 3|13<br />
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