Ausgabe lesen - Rheinkiesel
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Natur<br />
Die kurzen Flug-, Verständigungsund<br />
Revierrufe wie „ätsch“, „käätsch“<br />
oder „tick-a tick“ sind un -<br />
spek takulär und erinnern an heiseres<br />
Schmatzen, unterdrücktes Nie -<br />
sen oder mechanisches Tickern.<br />
Die Balz eines Männchens, das ein<br />
Weibchen anlocken beziehungsweise<br />
beeindrucken möchte, mün -<br />
det hingegen in eine Flug- und<br />
Akustik-Show. Von Februar bis<br />
Mai findet der artistische Kunst -<br />
flug statt. Dabei steigen die Männ -<br />
chen im Zickzack bis zu 50 Meter<br />
hoch in den Himmel auf. Am<br />
höchsten Punkt angekommen,<br />
lassen sich die Tiere seitlich im<br />
Sturz flug hinunterfallen, wobei sie<br />
die beiden äußeren Schwanz fe -<br />
dern abstellen. Der starke Luftzug,<br />
der beim Sturzflug an den Federn<br />
vorbeiströmt, versetzt sie in<br />
Schwin gung. Das Ergebnis ist ein<br />
wimmernder, wummernder, mekkernder,<br />
jammernder Ton. Er entsteht<br />
ähnlich wie bei einem<br />
schwingenden Stimmblatt bei<br />
einem Blasinstrument. Wissen -<br />
weil man die agilen Instrumen ta -<br />
listen im Zwielicht gar nicht erspähen<br />
kann.<br />
Wie lange wir die Himmelsziege<br />
in Deutschland überhaupt noch<br />
sehen können, steht – wie eingangs<br />
erwähnt – in den Sternen.<br />
Zwar unternehmen Naturschutz -<br />
ver bände und Behörden Anstren -<br />
gun gen die restlichen Lebens -<br />
räume (bei Mooren sind es fünf<br />
Pro zent der ursprünglichen Flä che)<br />
zu schützen oder verloren ge gan -<br />
gene wiederherzustellen. Doch der<br />
Abwärtstrend konnte noch nicht<br />
gebremst werden. Bisher handelt<br />
es sich um den berühmten Trop -<br />
fen auf dem heißen Stein. In den<br />
letzten 20 Jahren hat sich der Be -<br />
stand der Bekassine bei uns nochmals<br />
halbiert. In Deutschland liegt<br />
er bei 5.500 bis 6.700 Brutpaaren.<br />
In Nordrhein-Westfalen werden<br />
nur noch klägliche 80 Paare registriert,<br />
in Rheinland-Pfalz sind es<br />
so gar nur noch vereinzelte Brut -<br />
vor kommen. Die Heftigkeit des<br />
Rück gangs ist in der einheimi-<br />
auf ihrem Zugweg trotz der akuten<br />
Gefährdung schätzungsweise<br />
500.000 Tiere pro Jahr in der<br />
europäischen Union der Jagd zum<br />
Opfer fallen. Zwar ist die Art in<br />
den meisten europäischen Län -<br />
dern geschützt, doch werden entweder<br />
Ausnahmen erlassen oder<br />
die illegale Jagd geduldet, etwa in<br />
Frankreich, Italien, Bulgarien und<br />
Rumänien. Die europäische Kom -<br />
mission bleibt seit Jahren untätig.<br />
Dabei führt dieses Treiben millionenschwere,<br />
von der EU geförderte<br />
Hilfsprojekte in Feuchtgebieten<br />
zum Schutz bedrohter Arten ad<br />
absurdum. Weder das Meckern der<br />
Himmelsziegen noch das Jam -<br />
mern der Naturschutz-Organisa -<br />
tio nen konnte bisher in die Köpfe<br />
der Funktionäre in Brüssel vor -<br />
dringen.<br />
Was die Bekassine nun außer<br />
einem langen Schnabel nun noch<br />
braucht? Einen langen Atem. •<br />
Ulrich Sander<br />
1. September 2013:<br />
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Bei der Nahrungsaufnahme leistet der lange Schnabel<br />
ausgezeichnete Dienste<br />
schaft lich handelt es sich tatsächlich<br />
um einen Instrumentallaut,<br />
den die Schnepfe anstelle eines Ge -<br />
sangs kunstvoll erzeugt. Das Schau -<br />
spiel wiederholen die Männ chen<br />
oft minutenlang. Je doller und lauter,<br />
desto attraktiver findet dies das<br />
weibliche Schnepfen-Publikum.<br />
Menschliche Zuhörer sind bisweilen<br />
irritiert, zumal die Richtung,<br />
aus der das Geräusch kommt, nur<br />
sehr schwer zu orten ist. In der<br />
späten Dämmerung vorgetragen,<br />
klingt das „himmlische“ Jammern<br />
oder Meckern sogar unheimlich,<br />
schen Vogelfauna derzeit beispiellos.<br />
Es ist kaum vorzustellbar, daß<br />
Deutschland einmal ein Schnep -<br />
fen-Land gewesen sein muß, wenn<br />
der bekannte Dichter Wieland im<br />
19. Jahrhundert schreibt: „man<br />
fährt was eszbar ist, gans, ente, truthahn,<br />
schneppe und würste aller art<br />
zu ganzen fudern ein.“<br />
Da die kleine Schnepfe den langen<br />
Schnabel im Winter schlecht in<br />
gefrorenen Boden stecken kann,<br />
macht sie sich als Zugvogel auf<br />
in Richtung Afrika. Geradezu<br />
skandalös ist es, wenn obendrein<br />
September 2013 11