29.01.2014 Aufrufe

Jahresbericht 2009

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>Jahresbericht</strong><br />

<strong>2009</strong><br />

1


Geschäftsbericht für das Jahr <strong>2009</strong><br />

Ein sehr dynamisches und ereignisreiches Jahr <strong>2009</strong> liegt hinter uns – ein Jahr, in<br />

dem nicht nur fachlich inhaltlich viel in Bewegung war, sondern in dem unsere AIDS-<br />

Hilfe auch wieder einmal sehr intensiv mit internen strukturellen Prozessen<br />

beschäftigt war und wichtige Weichenstellungen für die Zukunftsfähigkeit vollzogen<br />

hat. Somit verbinden wir mit diesem <strong>Jahresbericht</strong> die Hoffnung, dass die Lektüre<br />

auch für Sie spannend und erkenntnisreich sein wird.<br />

Die im letzten Jahr insbesondere durch die Stellungnahme der Schweizerischen<br />

AIDS-Kommission (s. JB 2008, EKAF) initiierte Intensivierung der Diskussion über<br />

Präventionsansätze und – Strategien setzte sich unvermindert fort. Der Anlass oder<br />

Hintergrund dazu sind die mittlerweile sehr deutlich verbesserten Therapieoptionen<br />

(s.u.) mit mittelbaren Effekten für die Primärprävention.<br />

Dies gilt zumindest für die Regionen, in denen eine gute Versorgungslage mit<br />

antiretroviralen Medikamenten vorliegt bzw. überhaupt Zugang zu diesen Therapien<br />

gegeben ist. Dies gilt in besonderem Maße für Deutschland. Mit einer bundesweiten<br />

HIV-Inzidenz (= dem Robert-Koch-Institut gemeldete HIV-Neudiagnosen pro 100.000<br />

Einwohner) von 3,49 für das Jahr <strong>2009</strong> stellt Deutschland mittlerweile die niedrigste<br />

Inzidenzrate in Europa. NRW steht mit einer Rate von 3,84 allerdings im<br />

Ländervergleich im oberen Drittel mit dem „Bundesspitzenreiter“ Köln mit einer<br />

Inzidenz von 15,77.<br />

In Duisburg liegt die Inzidenzrate für <strong>2009</strong> bei 2,23 (im Vgl. zu 2008 + 0,01); im Kreis<br />

Wesel realistisch geschätzt bei 2,81 (entspricht 14 Fällen im Berichtsjahr), also in<br />

beiden Regionen auf einem stabil niedrigen Niveau. In dieser Rubrik der<br />

Neudiagnosen ist zu berücksichtigen, dass es sich um Erstmanifestationen und nicht<br />

zwingend um Neuinfektionen aus dem Erhebungsjahr handelt.<br />

Für die Rubrik realistischer Neuinfektionen aus dem Erhebungsjahr ist für<br />

Deutschland eine Dunkelziffer von nicht-gemeldeten Neu-Infektionen<br />

hinzuzurechnen, die bei etwa 35 – 50% der Neudiagnosen-Zahlen zu veranschlagen<br />

ist. Daraus ergibt sich für die BRD für das Jahr <strong>2009</strong> eine seriös geschätzte Zahl von<br />

knapp 3000 Neuinfektionen – ein zwar stabil hohes Rekordniveau, aber im<br />

internationalen Vergleich eben sehr niedrig und gemessen an der noch im letzten<br />

Jahr formulierten Erwartung, „dass die registrierten Neuinfektionen auch in den<br />

nächsten Jahren steigen werden“ (BZgA aktuell, 07/2008, S. 2) ist dieses Halten des<br />

Niveaus durchaus als Erfolg zu werten.<br />

Das zeigt: Prävention wirkt! Der „deutsche“ Ansatz der strukturellen Prävention, der<br />

zielgruppenspezifischen Information- und Aufklärung in Arbeitsteilung zwischen<br />

öffentlichem Gesundheitswesen und nichtstaatlichen Trägern, professionellen- und<br />

Selbsthilfeakteuren, mit massenmedialen und personalkommunikativen Strategien ist<br />

im Unterschied zu repressiven Ge- und Verbotsstrategien oder moralisierenden<br />

Abstinenzansätzen eindeutig erfolgreicher.<br />

2


Doch auch wenn in Deutschland eine vergleichsweise günstige Situation erreicht<br />

werden konnte, dürfen wir in unserer Arbeit nicht nachlassen, müssen die etablierten<br />

Strukturen erhalten werden, um die Erfolgsgeschichte weiter zu schreiben, um nicht<br />

zuletzt auch die wirtschaftlichen Einspareffekte von preiswerter und wirksamer<br />

Prävention gegenüber nach wie vor teurer Therapie zu halten.<br />

„Nach heutigen Schätzungen kostet die lebenslang notwendige medizinische<br />

Begleitung und Therapie eines Menschen mit HIV circa eine halbe Million Euro, zum<br />

Teil sogar deutlich mehr. Wahrscheinlich wurden durch die Aidsprävention in<br />

Deutschland seit 1985 mehrere 10000 Infektionen verhindert – das<br />

Gesundheitssystem wird dadurch von erheblichen Kosten entlastet“ („Gib AIDS keine<br />

Chance, Die Kampagne zur Aidsprävention in Deutschland, 1985 – <strong>2009</strong><br />

Dokumentation“, hrsgg. von BZgA 06/<strong>2009</strong>, S. 17). HIV-Prävention rechnet sich.<br />

Vor dem Hintergrund der enormen Fortschritte im Bereich der Behandlungsoptionen<br />

und den erheblichen Kenntniszugewinnen auf dem Sektor der Immunologie, der<br />

Übertragungswege und –möglichkeiten sowie der Epidemiologie im Kontext von HIV,<br />

AIDS und anderen sexuell übertragbaren Krankheiten der letzten Jahre, steht die<br />

Umsetzung und Ausgestaltung der bis heute sehr erfolgreichen strukturellen<br />

Präventionsarbeit natürlich auch in unserer Region vor wachsenden<br />

Herausforderungen, denen wir uns stellen müssen, um die bisherige<br />

Erfolgsgeschichte der deutschen und regionalen AIDS-Prävention fortsetzen zu<br />

können.<br />

Mit dem Paradigmenwechsel, dass die antiretrovirale Therapie als originär<br />

sekundär- und tertiärpräventives Instrument mittlerweile Teil einer<br />

Primärpräventionsstrategie ist, müssen u.a. die folgenden Erkenntnisse<br />

Berücksichtigung finden:<br />

<br />

Eine möglichst frühe Diagnosestellung ist nicht nur sinnvoll, um dem<br />

Infizierten eine frühe Auseinandersetzung mit der Infektion, die Chance auf<br />

eine längere asymptomatische Zeit zur Annahme und Verarbeitung zu<br />

ermöglichen, Erhalt von Therapieoptionen und möglichst selbstbestimmten<br />

Entscheidungen zu wahren sowie natürlich sich mit der eigenen potentiellen<br />

Infektiösität zu beschäftigen.<br />

Eine frühe Diagnose ist insbesondere bedeutungsvoll, weil wir heute wissen,<br />

dass vermutlich mehr als 50 % der Neuinfektionen von „Frisch-Infizierten“<br />

stammen, die nichts von ihrer Infektion wissen, weil sie kein<br />

Risikobewusstsein entwickelt haben oder weil sie noch im Bereich des<br />

diagnostischen Fensters sind und somit ihren Status gar nicht wissen können.<br />

Demzufolge muss sowohl die Aufklärung unvermindert oder besser noch<br />

intensiver fortgeführt als auch die Testbereitschaft gefördert werden.<br />

Letzteres gilt vor allem für besonders riskierte Gruppen, z.B. für besondere<br />

Netzwerke in der Gruppe der sog. MSM, Männer, die Sex mit Männern haben. Hier<br />

haben wir im Berichtsjahr mit der Umsetzung des sog. „BuT-Konzeptes“ (Beratung<br />

und Test) nicht nur in Fachkreisen, sondern auch im Bereich der Medien<br />

bundesweite Resonanz und Anerkennung bekommen können (s. 5.1.). über die<br />

auch der vorliegende <strong>Jahresbericht</strong> Auskunft gibt.<br />

3


Die Bedeutung der Einbeziehung und weiteren Verbesserung von STI<br />

(sexual transmitted infektions)-Diagnostiken, Screening-Möglichkeiten (inkl.<br />

deren Finanzierung etwa als Kassenleistung – zumindest für besonders<br />

riskierte Gruppen) und spezifischer Aufklärung und Beratung wird wachsen,<br />

weil vorliegende STI`s das HIV-Infektionsrisiko enorm steigern.<br />

Dem Rechnung tragend, haben wir unsere AIDS-Präventions-Ansätze schon seit<br />

geraumer Zeit um diesen Kontext erweitert, uns entsprechend qualifiziert und im<br />

Berichtsjahr einen konsequenten Schritt umgesetzt. Um dieses know-how und die<br />

damit verbundenen Angebotsmöglichkeiten auch unseren Nachfragern und Kunden<br />

transparent zu machen, haben wir unserem Vereinsnamen nach Rücksprache mit<br />

unseren Zuwendungsgebern den Zusatz<br />

Fachstelle für sexuelle Gesundheitsförderung<br />

gegeben.<br />

Viele AIDS-Beratungstellen des ÖGD haben diesen Schritt der Einbeziehung von<br />

STD`s sinnigerweise durch die Ergänzung „AIDS- und STD-Beratungsstelle des<br />

Gesundheitsamtes XY“ o.ä. bereits vollzogen. Im Unterschied zu HIV / AIDS ist<br />

bezüglich der STD`s zu konstatieren, dass das Aufklärungsniveau in der<br />

Bevölkerung darüber weitaus geringer ist und wir hier vor großen<br />

Präventionsherausforderungen stehen, weil die Botschaften immer komplexer und<br />

differenzierter werden.<br />

Dies müssen wir u.E. aber in gleicher Weise aufgreifen wie bei der erfolgreichen HIV-<br />

Prävention, nämlich in lebensstilakzeptierender Weise und im Sinne der WHO-<br />

Charta zur Gesundheitsförderung. Das heißt, wir sollten auch hier emanzipatorische<br />

und identitätsstärkende Verhaltens- und Verhältnisprävention umsetzen.<br />

<br />

Die medizinischen Chancen bzw. Erfolge und ihre primärpräventiven Effekte<br />

haben natürlich auch eine enorme Bedeutung für die Begleitungsarbeit. Sie<br />

untermauern immer mehr die Wichtigkeit einer besonders guten und<br />

lebenslangen Adhärenz oder Compliance (Therapieeinnahmedisziplin). Diese<br />

kann nur bei psychisch starken Identitäten und unter möglichst stabilen<br />

Lebensumständen gelingen. Entsprechend gilt diesem Zusammenhang<br />

besonderes Augenmerk; es geht um die Förderung einer möglichst guten<br />

Lebensqualität und die Mobilisierung der individuellen und allgemeinen<br />

Lebenskompetenzen unter Berücksichtigung der persönlichen Ressourcen.<br />

Diese Ausrichtung prägt schon länger unsere Leitlinien für die Begleitungsarbeit von<br />

Menschen mit HIV und AIDS und findet fortwährend Berücksichtigung bei der<br />

Auswahl von Fort- und Weiterbildung unserer ehren- und hauptamtlichen<br />

Mitarbeiter/innen.<br />

<br />

„Älter werden mit HIV“ ist das Schwerpunktthema im Bereich der Sekundärund<br />

Tertiärprävention und zieht neue medizinisch-therapeutische - wie<br />

natürlich auch psychosoziale Begleitungserfordernisse nach sich. Eine sich<br />

häufende Frage ist hier etwa die nach einer (Re-) Integration in das<br />

Erwerbsleben.<br />

4


Dies ist bei den aktuellen Arbeitsmarktentwicklungen nicht nur für Menschen mit HIV<br />

und AIDS nicht ganz einfach. Aber eine geregelte und strukturierte Beschäftigung hat<br />

nicht nur Bedeutung für den materiellen Lebensunterhalt, sondern eben auch für eine<br />

psychische Stabilisierung. Diesem Themenfeld gilt in den kommenden Jahren<br />

besondere Aufmerksamkeit.<br />

In diesem Zusammenhang steht auch das medizinische Versorgungssystem vor der<br />

Herausforderung einer Art „Horizonterweiterung“, also die sehr spezialisierte HIV-<br />

Behandlungsbrille immer wieder auch zu heben und auf Koinfektionen,<br />

Begleiterkrankungen und gleichsam „normale“ Alterungsprozesse zu schauen.<br />

Insbesondere Tumor- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie (u.a.) infolge der<br />

Therapie lebertoxische Problematiken finden aus unserer Sicht noch nicht<br />

hinreichend Beachtung und sind nicht selten nicht oder sehr spät auf dem<br />

„diagnostischen Schirm“. Hier ist auch der Gesetzgeber gefordert, mit wirklicher<br />

Orientierung am Patientenwohl entsprechende Leistungskataloge und Richtlinien auf<br />

den Weg zu bringen.<br />

<br />

Die verbesserten Therapieoptionen und ihre überwiegend günstigen Folgen<br />

ändern leider nichts daran, dass Entdiskriminierungsarbeit weiterhin ein<br />

zentraler Bestandteil von struktureller Präventionsarbeit bleiben muss, um<br />

Menschen mit HIV überhaupt eine gleichberechtigte Teilhabe am<br />

gesellschaftlichen Leben ermöglichen zu können.<br />

Der mediale Hype um den „Fall“ Nadja B. (Sängerin der Gruppe „No Angels“) im<br />

Berichtsjahr hat uns unerwartet deutlich vor Augen geführt, dass HIV und AIDS<br />

immer noch massiv stigmatisierendes Potential besitzen und aus unserer Sicht nach<br />

wie vor nicht als `normale chronische Erkrankung´ anzusehen ist. Es gibt immer noch<br />

–und nicht nur latent- die zweite Seite der Erkrankung, nämlich die, welche die<br />

Gesellschaft befällt. Das bestätigen nicht nur die Berichterstattungen der sog.<br />

Boulevard-Presse, sondern insbesondere auch die Fülle der Kommentierungen von<br />

Lesern, Zuschauern und Bürgerinnen und Bürgern „auf der Straße“. Teilweise fühlten<br />

wir uns zurückversetzt in die Frühphase der „Epidemie“ in den 80ern. In die<br />

„Stigmatisierungsfalle“ sind sogar wieder einige Abgeordnete getapert. Ein MdB aus<br />

unserer Region in besonders unglücklicher Weise mit dem Begriff der „Bio-Waffe“. Im<br />

Gespräch mit dem Abgeordneten, dem er sich erfreulicherweise stellte, konnten wir<br />

ein glaubhaftes Bedauern und einen „positiven“ Lernprozess konstatieren und in der<br />

Folge sogar ein neues Fördermitglied gewinnen. Doch es gibt noch viel zu tun.<br />

Dazu passte es sehr gut, dass das Motto des Welt-AIDS-Tages <strong>2009</strong> „Gemeinsam<br />

gegen AIDS & Du – Zeig Schleife!“ (s. 4.) das Thema der Solidarität mit Menschen<br />

mit HIV und AIDS wieder einmal in den Mittelpunkt rückte und die Menschen aufrief,<br />

mitzuhelfen, dass Betroffene nicht ausgegrenzt werden, sondern offen und<br />

selbstbewusst mit ihrer Infektion leben können.<br />

5


Diskriminierung und soziale Ausgrenzung von HIV-Infizierten wirken sich im Übrigen<br />

natürlich auch äußerst demotivierend auf die HIV-Testbereitschaft von gefährdeten<br />

Personen und Personengruppen aus.<br />

Die geschilderten Zusammenhänge, Analysen und Schlussfolgerungen werden in<br />

deutlicher Weise von der Kommission der Europäischen Gemeinschaften in<br />

ihrem im Berichtsjahr vorgelegten Aktionsplan gegen HIV und AIDS für die Jahre<br />

<strong>2009</strong> – 2013 bekräftigt, in dem es einleitend heißt: „Von entscheidender Bedeutung<br />

in der Bekämpfung von HIV/Aids ist es daher, die Prävention zu intensivieren, - dies<br />

nicht zu tun, hieße Menschenleben aufs Spiel zu setzen und Ressourcen zu<br />

vergeuden. (…) Die beste Antwort auf die Epidemie bleibt eine Kombination von<br />

gesundheitsspezifischen und umfassenderen Sozialmaßnahmen. Ein Ende des<br />

Leidens ist nicht abzusehen, wenn nicht die Prävention beschleunigt und der<br />

allgemeine Zugang zu Behandlung, Versorgung und Unterstützung für alle<br />

Betroffenen gewährleistet wird.“ (Aktionsplan zur Bekämpfung von HIV/Aids in der<br />

Europäischen Union und in den Nachbarländern <strong>2009</strong>-2013, Brüssel, KOM(<strong>2009</strong>)<br />

569/3, S. 2). Prioritäre Voraussetzungen sind für die Kommission „evidenzbasierte<br />

Präventionsstrategien, die den lokalen Gegebenheiten Rechnung tragen und auf die<br />

prioritären Gruppen zugeschnitten sind“ (ebd., S. 7).<br />

Der Ansatz der strukturellen Präventionsarbeit im Kontext von<br />

Gesundheitsförderung hat sich hier eindeutig bewährt. Angesichts der<br />

epidemiologischen Daten in Deutschland erweist sich die zielgruppenspezifische<br />

Präventionsarbeit als immer bedeutungsvoller. Präventionsmittel und –maßnahmen<br />

müssen demzufolge dort zur Verfügung stehen, wo sie besonders benötigt werden –<br />

z.B. in Bereichen von (Beschaffungs-) Prostitution oder bei der Versorgung von<br />

Suchterkrankten (s. 5.2. unser neues Projekt „@drugthiv“!) und eindeutig im Bereich<br />

von homo- und bisexuellen Männern, insbesondere in besonderen MSM-<br />

Netzwerken, die bisher nur unzureichend erreicht wurden (s. 5.1.). Ein weitere sehr<br />

wichtige Zielgruppe stellen Menschen in Haft dar, wo wir leider immer noch höhere<br />

Infektionsgefährdungspotentiale (besonders bzgl. der Hepatitiden B und C, aber<br />

durchaus auch bezogen auf HIV) konstatieren, die im Wesentlichen in den<br />

hygienisch höchst bedenklichen (Drogen-) Konsumbedingungen begründet sind (s.<br />

5.3.). Hier stand unsere (Primär-) Präventionsarbeit in Folge der Kommunalisierung<br />

6


von Landesmitteln wegen fehlender Refinanzierung in Gefahr. Doch im Berichtsjahr<br />

konnte es uns als bundesweit erste AIDS-Hilfe (!) gelingen, eine vertragliche Basis<br />

mit Vergütung mit der Justizvollzugsanstalt Duisburg-Hamborn (und ihren<br />

Zweiganstalten) zu erzielen. Ein Meilenstein, der hoffentlich Schule machen wird.<br />

Ein vielfach betonter und wichtiger Faktor für diesen Erfolg ist das gelungene und<br />

gelingende Zusammenwirken von Bund, Ländern und Kommunen (vgl. auch<br />

Aktionsplan zur Umsetzung der HIV/AIDS-Bekämpfungsstrategie der<br />

Bundesregierung, März 2007) sowie von Öffentlichem Gesundheitsdienst und<br />

verschiedenen nichtstaatlichen Trägerstrukturen wie den AIDS-Hilfen und die<br />

abgestimmten Aufgabenverteilungen – so auch im Kreis Wesel und in der Stadt<br />

Duisburg. Wir möchten an dieser Stelle betonen, dass wir diese synergetische<br />

Strategie in unserer Zusammenarbeit im Wesentlichen umgesetzt sehen und dass<br />

wir es für wichtig erachten, dass die partnerschaftliche und partizipative Kooperation<br />

erhalten und günstigenfalls gestärkt wird („Gemeinsam gegen AIDS“).<br />

Genau dies ist wird nicht nur im Bundes-Infektionsschutzgesetz und dem Gesetz<br />

über den öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGDG) des Landes NRW, sondern mit der<br />

im Juli des Berichtsjahres (endlich) verabschiedeten „Rahmenvereinbarung zwischen<br />

dem Land NRW, vertreten durch das MAGS und dem Städtetag NRW, dem<br />

Landkreistag NRW, dem Städte- und Gemeindebund NRW sowie der AG der<br />

Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege NRW über Grundsätze zur<br />

Umsetzung der Kommunalisierung der Landesförderung für Präventions- und<br />

Hilfemaßnahmen im Sucht- und AIDS-Bereich in Nordrhein-Westfalen“ vielfach<br />

bekräftigt. So wird dort als Ziel und Zweck der Kommunalisierung der Landesmittel<br />

formuliert: „ Im AIDS-Bereich wird es insbesondere angesichts der zu<br />

beobachtenden Zunahme von Neuinfektionen in bestimmten Bevölkerungsgruppen<br />

für notwendig erachtet, die Anstrengungen zur Vermeidung von Neuinfektionen<br />

sowie zur Verbesserung der Lebenssituation von HIV-Infizierten und AIDS-kranken<br />

Menschen auf der Grundlage der von Land, Kommunen und Freien Trägern<br />

gemeinsam getragenen Strategie zur Eindämmung von AIDS unvermindert<br />

fortzusetzen und die bestehende differenzierte AIDS-Präventions- und<br />

Hilfeinfrastruktur bedarfsgerecht weiter zu entwickeln“ (Präambel der<br />

Rahmenvereinbarung, S. 4).<br />

Diesen Zielen können wir nur eindeutig zustimmen. Dies alles erfordert natürlich<br />

personelle und materielle Ressourcen, verbunden mit zeitlichen Perspektiven. Nur so<br />

können einerseits nachhaltige Effekte erzielt werden und andererseits flexible<br />

Anpassungsprozesse an epidemiologische und soziologische Entwicklungen<br />

insbesondere in der Vor-Ort-Arbeit erfolgen.<br />

Nun ist dies nicht zum Nulltarif zu bekommen. Angesichts der bekannten<br />

Haushaltssituationen der meisten NRW-Kommunen stehen die Beteiligten vor<br />

großen Herausforderungen. Wir sind jedenfalls sehr gespannt, ob es in den<br />

kommenden Monaten und Jahren gelingen kann, den schönen Reden,<br />

Vereinbarungen und Gesetzen auch entsprechende Taten folgen zu lassen.<br />

Insbesondere wird darauf zu achten sein, dass das Land NRW sich nicht<br />

schleichend aus seiner Verantwortung stiehlt und den Kommunen zur Seite stehen<br />

7


wird sowie weiterhin daran mitwirkt, die zivilgesellschaftlichen Kräfte zu mobilisieren<br />

und zu stärken. AIDS geht uns alle an!<br />

Wie schon im letzten <strong>Jahresbericht</strong> geschildert, haben wir diese Veränderungen der<br />

Förderpraxis zum Anlass genommen, um über einen<br />

Organisationsentwicklungsprozess nach EFQM-Qualitätssicherungskriterien den im<br />

Haushaltsplan verankerten fachlichen Anforderungen gerecht zu werden und darüber<br />

hinaus unsere Strukturqualität zu prüfen und zu verbessern.<br />

Erarbeitet wurde u.a. die Abgrenzung der Aufgabengebiete des Vorstands und der<br />

neu zu bestimmenden Geschäftsführung, festgeschrieben in einer neuen<br />

Geschäftsordnung, welche durch eine außerordentliche Mitgliederversammlung am<br />

02.03. <strong>2009</strong> satzungsgemäß verabschiedet wurde.<br />

Die neue Geschäftsordnung sieht eine klare Trennung von strategischen Aufgaben,<br />

die dem Vorstand vorbehalten sind, und den operativen Aufgaben, für die die<br />

hauptamtlichen Mitarbeiter zuständig sind, vor. Ein klares Aufgabenprofil einer<br />

Geschäftsführung wurde entwickelt und die Zusammenarbeit von Vorstand und<br />

Geschäftsführung skizziert.<br />

Für die Position der Geschäftsführung kam für uns nur unser langjähriger Mitarbeiter,<br />

Herr Dietmar Heyde, in Betracht, der die Aufgaben einer Beratungsstellenleitung<br />

bereits seit nunmehr acht Jahren neben seinen eigentlichen Arbeitsfeldern, v.a.<br />

Youthwork, Prävention in der Allgemeinbevölkerung sowie Öffentlichkeitsarbeit,<br />

ohne zusätzliche Anreize oder Vergütungen, wahrnimmt. Aufgrund deutlich<br />

wachsender Führungs- und Koordinationsaufgaben (Stichworte: Durch den Wandel im<br />

Krankheitsbild und neuerer medizinischer und epidemiologischer Erkenntnisse sind zukünftig<br />

schnellere präventionsstrategische Anpassungsprozesse zu erwarten -> mehr Projektentwicklungsund<br />

–umsetzungsarbeit, Erschließung neuer Handlungsfelder und differenziertere<br />

Zielgruppenausrichtung -> höhere Anforderungen an die Koordinierung und Akzentuierung der<br />

inhaltlichen Arbeit –Fachaufsicht- bei sich verändernder Personalstruktur im ehren- und<br />

hauptamtlichen Bereich –Personalentwicklung, -begleitung und –planung- unter den Bedingungen<br />

einer schwieriger werdenden Sicherstellung der finanziellen Mittel: u.a.m.)<br />

stößt Herr Heyde aber zunehmend an Belastungsgrenzen.<br />

Im Sinne des Organisationsentwicklungsprozesses sahen und sehen wir uns<br />

gefordert, für die Geschäftsführung perspektivisch Freiräume und Entlastung zu<br />

schaffen, ohne die Wahrnehmung der wichtigen Kernarbeitsfelder von Herrn Heyde,<br />

insbesondere im Youthwork-Bereich (der u.E. für das riesige Zuständigkeitsgebiet<br />

mit nur einer Stelle ohnehin zu schmal besetzt ist), zu vernachlässigen.<br />

Darüber hinaus war klar, dass es angesichts der angespannten Finanzlage der<br />

öffentlichen Haushalte wenig aussichtsreich erschien, Finanzmittel für eine<br />

Geschäftsführerstelle für eine AIDS-Hilfe erwarten zu können.<br />

Vor diesen Hintergründen haben wir uns für personelle Weichenstellungen im<br />

Berichtsjahr entschieden, die etwas komplexe aber aus unserer Sicht strategisch<br />

höchst sinnvolle Hintergründe aufweisen.<br />

Wir haben die günstige Gelegenheit ergriffen, das Beschäftigungsverhältnis mit<br />

unserer langjährigen Mitarbeiterin in den Bereichen „Frauen und AIDS“ und<br />

„Migration und AIDS“, Frau Dipl. Pädagogin Anika Walther, die sich im<br />

8


Erziehungsurlaub befand und nach Beendigung dessen grundsätzlich Anspruch auf<br />

Wiederaufnahme der unbefristeten Vollzeitstelle hätte, über die Form eines<br />

Änderungsvertrages in eine geringfügige Beschäftigung im Bereich „Youthwork“ ab<br />

dem 01.01.<strong>2009</strong> zu übernehmen. Dies hatte aus fachlicher (s. Qualifikation) und<br />

personalstrategischer Sicht enorme Vorzüge, da beispielsweise keine dramatischen<br />

Einarbeitungserfordernisse zu berücksichtigen sind. Darüber hinaus bietet diese<br />

Variante nicht nur die Möglichkeit der Entlastung des Herrn Heyde, sondern im<br />

Bedarfsfall auch Chancen, geschlechtsspezifischer Arbeitsphasen, ggf.<br />

Wahrnehmung von Parallelveranstaltungen und natürlich einen sinnvollen kollegialen<br />

Beratungsaustausch. Der ausgelotete Umfang betrug wöchentlich etwa sechs<br />

Stunden. Die Personalkosten mussten wir aus Eigenmitteln bestreiten.<br />

Weiterhin bot uns diese Entscheidung die ungemein wichtige Möglichkeit, die ab<br />

Ende März <strong>2009</strong> vakante Vollzeitstelle im Frauen- und Migrationsbereich mit einer<br />

festen Mitarbeiterin zu erhalten (welche bisher als Erziehungsurlaubsvertretung von<br />

Frau Walther, auf zwei Jahre befristet, eingerichtet war), sofern hier sowohl die<br />

Refinanzierung über zielgruppenspezifische Landesmittel (Projektfördermittel, die<br />

nicht kommunalisiert sind und etwa die Hälfte der Personalkosten decken) als auch<br />

über die jeweilige Ergänzungsfinanzierung durch die Stadt Duisburg und den Kreis<br />

Wesel erhalten blieben, was erfreulicherweise der Fall war.<br />

Die Nach- bzw. Neubesetzung dieser Stelle gestaltete sich außerordentlich<br />

schwierig. Bis auf ein kurzes Intermezzo von zwei Wochen im August des<br />

Berichtsjahres blieb unsere „Frauenstelle“ über fast sieben Monate unbesetzt, was<br />

natürlich nicht nur für die wichtige Begleitungs- und Frauenarbeit höchst ungünstig<br />

war, sondern auch die verbliebenen Mitarbeiter an Belastungsgrenzen führte. Ein<br />

Teil der Arbeit konnte durch Frau Walther allerdings aufgefangen werden. Seit dem<br />

01.11.<strong>2009</strong> ist unsere Mannschaft wieder komplett und mit Frau Petra Kurek sind wir<br />

hier wieder äußerst kompetent besetzt.<br />

Der Anteil von aufzubringenden Eigenmitteln der AIDS-Hilfe zur Refinanzierung der<br />

Personalkosten wuchs auch, weil wir nach vielen Jahren der Förderung unseres<br />

geringfügig beschäftigten Projektleiters für die regionale Herzenslust-Arbeit (400,-<br />

€ Basis), Herrn Altenschmidt, durch zielgruppenspezifische Landesmittel, für <strong>2009</strong><br />

keine ZSP-Mittel mehr erhielten.<br />

Auch hier haben wir uns durchgerungen, diese Stelle zu erhalten, weil die<br />

primärpräventive Arbeit in den Zielgruppen schwuler und bisexueller Männer<br />

und Männern, die Sex mit Männern haben (MSM), immer bedeutungsvoller wird,<br />

wie die epidemiologischen Daten der letzten Jahre zeigen (s. auch KABASTI-Studie,<br />

RKI, die u.a. auch zeigt, dass die Populationsdichte der angesprochenen<br />

Zielgruppen in unserer Region vergleichsweise hoch ist). Zudem ist der Projektleiter<br />

ein wichtiges Bindeglied zu den ehrenamtlichen Mitarbeitern im Bereich Herzenslust<br />

als Acquisiteur, Anleiter, Begleiter und Motivator.<br />

Weiterhin benötigten wir dringend personelle Ressourcen zur Umsetzung der neuen<br />

bundesweiten Dachkampagne der DAH („Ich weiß was ich tu!“ –IWWIT-, die sich<br />

speziell an diese Zielgruppe richtet sowie für die Umsetzung des „Beratung und<br />

Test“-Projektes (s.o. und 5.1.).<br />

9


Darüber hinaus gab es hier auch aufgrund der Dauer des<br />

Beschäftigungsverhältnisses (seit 2000) arbeitsrechtliche Ansprüche auf<br />

Weiterbeschäftigung.<br />

Es ist nicht neu, aber immer wieder wichtig, zu betonen, dass zur finanziellen<br />

Absicherung unserer umfangreichen Angebotspalette selbst stabil fließende<br />

öffentliche Zuwendungen allein bei weitem nicht ausreichen. Insbesondere für<br />

unseren regionalen Positivenfonds, für eine Reihe von Präventionsaktionen,<br />

verschiedene Selbsthilfeangebote, für den Bereich der Sachkosten und für die<br />

Begleitung von ehrenamtlicher Arbeit, die keineswegs nur kostenfrei sein kann,<br />

benötigen wir immer mehr zusätzliche Einnahmen.<br />

Diesbezüglich dürfen wir mit großem Stolz auf das Jahr <strong>2009</strong> zurückblicken, denn<br />

der Mut unseres Vorstandes und der Geschäftsführung hinsichtlich der finanziellen<br />

Belastungen des Vereinsetats wurde in mehrfacher Hinsicht belohnt. Wir werden<br />

das Haushaltsjahr <strong>2009</strong> aller Voraussicht nach mit einem leichten Plus abschließen<br />

können. Dazu beigetragen haben nicht zuletzt Einzelinitiativen unsere sehr treuen<br />

Förderer Thomas Seven und Henning Ladewig durch Benefizveranstaltungen, eines<br />

Vereinsmitgliedes, der unser Haushaltsdefizit aus 2008 kurzerhand ausglich. Hinzu<br />

kommen ein insgesamt ungewöhnlich hohes Spendenvolumen über die Sparkassen,<br />

der Spardabank West, der Deutschen Bank, der Pride-Gruppe der citibank Duisburg<br />

sowie Einnahmen aus verschiedenen anderen Öffentlichkeitsaktionen (s. 4.), vor<br />

allem auch im Rahmen des diesjährigen Welt-AIDS-Tages. Die Duisburger<br />

Substitutionsregelung ist nicht nur für die Klienten von hohem gesundheitlichen und<br />

psychosozialen Nutzen, sondern auch für die AIDS-Hilfe ein finanzieller Segen (hier<br />

gilt den Ärzten Dr. Hander, Herrn Harzem und Dr. El Khaled sowie unseren<br />

begleitenden Ehrenamtler/innen ein ganz großes Danke schön!). Nicht zuletzt trägt<br />

unsere sehr umsichtige Haushaltsführung zu einem unerwartet erfreulichen Ergebnis<br />

erheblich bei.<br />

Danach sah es zwischenzeitlich allerdings nicht aus. Seit sehr langer Zeit stießen wir<br />

Ende April <strong>2009</strong> erstmalig wieder an Liquiditätsgrenzen. Das lag nicht an uns,<br />

sondern an erheblich verspäteten Auszahlungen der Landesmittel und der<br />

kommunalen Ergänzungsfinanzierung durch die Stadt Duisburg, die sich zwar durch<br />

Umstellung der kommunalen Haushaltsführung auf das neue NKF-System, durch<br />

Einführungsprobleme mit dem SAP-System sowie durch eine personelle Umstellung<br />

innerhalb der Stadtverwaltung erklären ließen, uns aber erhebliche Probleme<br />

bereiteten. Ohne den Einsatz von Rücklagen hätte uns der „Spaß“ existentiell<br />

gefährden können. Für kurze Zeit mussten wir wieder einmal sehen, wie labil ein<br />

kleiner freier Träger sein kann, der von öffentlichen Geldern abhängig ist.<br />

Nicht nur wegen der guten Bilanz für 2008 erfuhr der Vorstand im Rahmen unserer<br />

ordentlichen Jahreshauptversammlung am 18.05.<strong>2009</strong> eine einstimmige<br />

Entlastung und viel Bestätigung für den eingeschlagenen Kurs der AIDS-Hilfe. Die<br />

wahlberechtigten Teilnehmer/innen der im Berichtsjahr anstehenden Neuwahlen<br />

sprachen den Vorständlern entsprechend nicht nur für die zurückliegende<br />

Wahlperiode ihr Vertrauen aus, sondern auch für die kommenden zwei Jahre. Nur<br />

das jüngste Mitglied des Vorstandes, Daniel Kober, konnte aus beruflichen Gründen<br />

nicht erneut kandidieren und dieser Platz wurde mit Karl-Heinz Lemke neu besetzt.<br />

10


Wir sagen Daniel Kober an dieser Stelle vielen Dank für seine engagierte und<br />

impulsgebende Vorstandstätigkeit.<br />

Auf Vorschlag der Mitgliederschaft wurden im Rahmen der JHV unser<br />

Gründungsmitglied, Herr Wulf Thomas, und unser langjähriger<br />

Vorstandsvorsitzender, Herr Rolf Ringeler, jeweils einstimmig zu Ehrenmitgliedern<br />

gewählt. Herzlichen Glückwunsch!<br />

Vor allem krankheitsbedingt konnte der Vorstand im Berichtsjahr die Fortführung<br />

unseres Organisationsentwicklungsprozesses im Berichtsjahr nicht im gewünschten<br />

Maße betreiben. Hinzu kam ein erheblicher Aufwand für die Umsetzung der<br />

Satzungsänderungen (-> v.a. wegen der erforderlichen Einführung eines sog.<br />

„besonderen Vertreters“ nach § 30 BGB u.a.) mit Notar und Amtsgericht sowie dann<br />

für die Bewerbungs- und Einstellungsverfahren für die „Frauenstelle“.<br />

Die geschilderten notwendigen fachlich-inhaltlichen Erweiterungen und<br />

bedarfsgerechten Umsetzungen unserer Arbeitsansätze (s. Rahmenvereinbarung auf<br />

Landesebene) bei gleichzeitig rückläufiger öffentlicher Förderung stellten beachtliche<br />

Herausforderungen dar und erforderten finanzielle aber auch personelle Kraftakte,<br />

die ohne unsere hochmotivierten und engagierten ehrenamtlichen<br />

Mitarbeiter/innen in allen Arbeitsbereichen im Übrigen überhaupt nicht denkbar<br />

wären. Erwähnenswert ist für das Berichtsjahr auch ein besonderer Glücksfall in<br />

persona von Sandra Kohlhase und Yvonne Leuverink, zweier Praktikantinnen und<br />

Studentinnen Sozialer Arbeit, die uns unglaublich unterstützten und ein deutlich über<br />

das Praktikum hinausgehendes Engagement zeigten. Ihnen allen gilt unser<br />

besonderer Dank!<br />

AIDS-Hilfe-Arbeit bleibt spannend, intensiv, immer wieder belastend, aber auch<br />

dankbar und für die eigene Persönlichkeitsentwicklung gewinnbringend. Das gilt<br />

nach wie vor auch für die ehrenamtliche Mitarbeit auf allen Ebenen. Und sie wird<br />

wahrgenommen.<br />

Auch im Bereich der klassischen Selbsthilfe haben sich in den letzten Jahren die<br />

Bedarfe verändert, vor allem aufgrund der deutlich verbesserten medizinischen<br />

Optionen eher in allgemeine lebensförderliche Bereiche verschoben. Dennoch hält<br />

sich zumindest in Duisburg dank ehrenamtlichen Engagements unsere SH-Gruppe<br />

HIV-positiver Menschen sowie die alljährlich weitestgehend ehrenamtlich organisierte<br />

Positiven-Freizeit und auch die Kochgruppe stellt sich als stabiles Angebot heraus.<br />

Abschließend möchten wir uns natürlich an dieser Stelle bei all jenen treuen<br />

Freund/innen und Förderern, Zuwendungsgebern und Sympathisant/innen sowie bei<br />

den Vertretern aus Politik, Verwaltungen und Gesundheitsämtern, medizinischen und<br />

Beratungseinrichtungen, Schulen und sonstigen Kooperationspartnern und unseren<br />

Dachverbänden, dem „Paritätischen“, der Deutschen AIDS-Hilfe und der AIDS-Hilfe<br />

NRW für ihre Wertschätzungen, unterstützenden Aktionen und guten Wünsche im<br />

Berichtsjahr aufs Herzlichste bedanken.<br />

11


Der Vorstand der AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V. <strong>2009</strong><br />

Rainer Wille, Karl-Heinz Lemke, Peter Külpmann, Silke Stützel, Rolf Ringeler (v.l.n.r.)<br />

2. Beratung<br />

Die Beratung der AIDS-Hilfe Duisburg/Kreis Wesel e.V. wurde wie in den<br />

vorangegangenen Jahren als ein Hauptschwerpunkt unserer Arbeit durchgeführt.<br />

Bei der Beratung wurden überwiegend folgende Anfragen bedient:<br />

Fragen zu Übertragungswegen von HIV, sexuell übertragbaren Krankheiten und<br />

Hepatitiden, HIV-Antikörper-Testberatung, Fragen rund um die medizinische<br />

Versorgung von Menschen mit HIV/AIDS und die Beratung von Menschen, die<br />

zeitnah ihr positives Testergebnis erhalten haben.<br />

Unsere Beratungsangebote konnten von den Ratsuchenden wie folgt genutzt<br />

werden:<br />

1. persönliche Beratung in den Einrichtungen;<br />

2. telefonische Beratung durch HauptamtlerInnen während der Öffnungszeiten in<br />

Duisburg und Wesel;<br />

3. telefonische und E-Mail Beratung durch die ehrenamtlichen Telefonberater in<br />

der Zeit von 19.00-21.00 Uhr am Montag in Duisburg.<br />

2.1 Persönliche Beratung<br />

Während der Öffnungszeiten sowie nach telefonischer Absprache außerhalb der<br />

Öffnungszeiten konnten Ratsuchende sich persönlich durch hauptamtliche<br />

MitarbeiterInnen in unseren Büros in Duisburg und Wesel beraten lassen. Bei diesen<br />

Beratungsgesprächen wurde auf eine ruhige und entspannte Atmosphäre geachtet.<br />

Bei Bedarf konnten Ratsuchende, die anonym bleiben wollten, sich auch Termine<br />

12


außerhalb der Öffnungszeiten und dem damit verbundenen Publikumsverkehr geben<br />

lassen. Bei Beratungen von Personen, die kürzlich ihr HIV-positives Testergebnis<br />

erhalten haben, wurde im Sinne der Hilfe zur Selbsthilfe immer das Angebot<br />

unterbreitet, mit einem HIV-Positiven zu sprechen, der schon länger mit der Infektion<br />

lebt. Dieses Angebot wurde häufig in Anspruch genommen.<br />

Generell wurde die persönliche Beratung häufig von Menschen in Anspruch<br />

genommen, die entweder die Befürchtung hatten, eine HIV-Infektion zu haben oder<br />

die kürzlich ihr HIV-Positives Testergebnis erhalten haben.<br />

2.2 Telefonische Beratung<br />

2.2.1 Durch hauptamtliche Mitarbeiter/innen<br />

Auch in diesem Jahr blieb die Zahl der Telefonberatungen während der<br />

Öffnungszeiten (Im Duisburger Büro: montags von 8.30-14.00 Uhr, dienstags bis<br />

donnerstags von 8.30-17.00 Uhr und freitags von 8.30-16.00 Uhr; im Weseler Büro<br />

dienstags von 14.00-17.00 Uhr und donnerstags von 9.00-12.00 Uhr) sehr hoch. Die<br />

Ratsuchenden wurden nach eingehender Erörterung der Risikosituationen<br />

aufgeklärt. Falls erwünscht, wurden die Ratsuchenden zwecks HIV-Antikörper-Test<br />

an das Gesundheitsamt verwiesen. Es wurde von unserer Seite angeboten, einen<br />

Termin an dem Tag, wo das Testergebnis bekannt gegeben wird, mit uns<br />

festzulegen, um den Menschen ggf. mit Rat und Tat zur Seite zu stehen.<br />

Unsere Beratungsnummern sind für Duisburg: 0203-19411 und für Wesel 0281-<br />

19411. Die Rufnummern wurden in den örtlichen Zeitungen unter der Rubrik<br />

Beratung beworben. Regelmäßig wurde die Bewerbung kontrolliert, da die Rubrik<br />

von vielen Vereinen genutzt wird und die Einstellung der Rufnummer kostenlos ist.<br />

13


Die Beratungsnummern wurden durch Beantragung bei der Regulierungsbehörde für<br />

Telekommunikation und Post anonymisiert. Dadurch werden bei einem Anruf über<br />

diese Rufnummer die Nummern der Ratsuchenden unterdrückt und bei dem<br />

Ratsuchenden erscheint die Beratungsnummer nicht in der detaillierten<br />

Telefonrechnung.<br />

2.2.2 Durch ehrenamtliche Mitarbeiter/innen<br />

Die ehrenamtliche Telefonberatung wurde in diesem Jahr weiterhin von einer<br />

Ehrenamtlerin durchgeführt. Ratsuchende, die außerhalb der Öffnungszeiten in<br />

Wesel anrufen, werden durch die Anrufbeantworter informiert, wann sie in Duisburg<br />

anrufen können.<br />

Die ehrenamtliche Beratung in Duisburg wurde weiterhin konsequent jeden<br />

Montagabend in der Zeit von 19.00-21.00 Uhr angeboten.<br />

2.2.3 Die Bundesweite Telefonberatung<br />

Auch im zweiten Jahr der Testphase beteiligte sich die AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis<br />

Wesel an der bundesweiten Beratungshotline der Deutschen AIDS-Hilfe e.V..<br />

An 62 Stunden pro Woche können sich so Ratsuchende mit ihren Fragen rund um<br />

HIV/AIDS telefonisch an die Berater der AIDS-Hilfen wenden. Die Hotline ist<br />

erreichbar in den Zeiten: Montags bis Freitags von 9.00-21.00 Uhr und am Sonntag<br />

von 12.00-14.00 Uhr.<br />

Die AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e. V. beteiligt sich als eine von bundesweit 28<br />

Einrichtungen an diesem neuen Angebot. Die haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter<br />

der AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V. bedienen Ratsuchende aus dem ganzen<br />

Bundesgebiet am Montagabend von 19.00-21.00 Uhr und am Donnerstag von 11.00-<br />

14.00 Uhr. Die regionalen Angebote bleiben im vollen Umfang bestehen. So können<br />

sich Menschen telefonisch, persönlich und per E-Mail zu den gewohnten Zeiten an<br />

die MitarbeiterInnen der AIDS-Hilfe wenden. Das überregionale Angebot wird<br />

zusätzlich zu dem bestehenden Angebot hinzugefügt.<br />

Die Telefonberatung spielt bei der Aufklärung zu HIV nach wie vor eine große Rolle.<br />

Sie ist das Medium zur Beantwortung persönlicher Fragen und zur Abklärung eines<br />

individuellen HIV-Übertragungsrisikos. Mit der neuen Rufnummer werden<br />

bestehende Angebote unter einer bundesweiten Nummer zusammengeführt und<br />

damit die Erreichbarkeit für Ratsuchende weiter verbessert. Durch die Intensivierung<br />

der Weiterbildung und die Einrichtung eines Online-Portals für BeraterInnen wird die<br />

Qualität der Beratung langfristig gesichert.<br />

Telefonberatervernetzung im Ruhrgebiet:<br />

Die AIDS-Hilfe Duisburg/Kreis Wesel e.V. ist mit anderen Kooperationspartnern aus<br />

dem Ruhrgebiet in einer Telefonberatervernetzung zusammengeschlossen. Ziel<br />

dieser Vernetzung war es, die Beratung über HIV-AIDS an jedem Wochentag abends<br />

im Ruhrgebiet anbieten zu können. Hauptthema bei den Treffen in der<br />

Ruhrgebietsvernetzung war <strong>2009</strong> die Neuformulierung des Vernetzungsvertrages,<br />

damit sich die Vernetzung nicht konträr zu den bestehenden Vertragsinhalten der<br />

bundesweiten Beratungsvernetzung positioniert.<br />

14


Bei den Vernetzungstreffen der Kooperationspartner hat die AIDS-Hilfe<br />

Duisburg/Kreis Wesel e.V. mit einem hauptamtlichen und/oder einem ehrenamtlichen<br />

Mitarbeiter regelmäßig teilgenommen. Eine Neueinsteigerschulung konnte mangels<br />

interessierter EhrenamtlerInnen nicht durchgeführt werden.<br />

2.3 E-Mail Beratung<br />

Die E-Mail Beratung in der AIDS-Hilfe wurde weiterhin angeboten. Die E-<br />

Mailberatung ist unter der folgenden Adresse zu erreichen: www.aidshilfe-duisburgkreis-wesel.de.<br />

Um die gängigsten Fragen im Voraus zu klären, wurden auf unserer Homepage die<br />

acht häufigsten gestellten Fragen (FAQ) eingestellt. Der Ratsuchende konnte beim<br />

Anklicken einer Frage gleich die Antwort lesen. Durch dieses Beratungsangebot<br />

konnten viele Ratsuchende ohne, dass sie an uns eine E-Mail schreiben mussten,<br />

bedient werden. Detailliertere Fragen konnten dann per E-Mail an uns gesendet<br />

werden. Bei diesen E-Mails wurde im Betreff automatisch „E-Mailberatung“<br />

eingegeben, sodass die E-Mails nicht von den Mitarbeitern gelesen wurden, sondern<br />

direkt an die Telefon/E-Mail Beraterin weitergeleitet werden konnten.<br />

Die E-Mailberatung wird hauptsächlich am Montagabend in der Zeit der<br />

Telefonberatung durch die ehrenamtliche Mitarbeiterin bedient und die E-Mails in<br />

dieser Zeit beantwortet.<br />

Bei dringenden E-Mails wurden diese von den hauptamtlichen MitarbeiterInnen<br />

während der Öffnungszeiten beantwortet.<br />

Folgende vorgefertigten Fragen wurden im Internet angeboten:<br />

Resümee und Ausblicke:<br />

Die Beratung konzentriert sich für die Zielgruppe MSM auf der überregionalen Ebene<br />

immer mehr auf das Medium Internet. So haben sich viele AIDS-Hilfen aus NRW<br />

dem bundesweiten Angebot der DAH (GAYROMEO s. Prävention bei MSM)<br />

angeschlossen. Die Tendenz von bundesweiten Angeboten hat viele Vorteile. So<br />

wird die Einhaltung der Beratungsstandards zentral von der DAH kontrolliert und<br />

durch Schulungen vereinheitlicht. Dem steht die regionale Beratung mit ihrer Nähe<br />

und persönlichen Erreichbarkeit gegenüber.<br />

15


Zum Ende des Jahres wurde durch die Beendigung der zweijährigen Pilotphase der<br />

Bundesweiten Telefonberatung die geplante ressourcenorientierte Delegation von<br />

den Vertragspartnern aus dem Ruhrgebiet zu den Treffen der bundesweiten<br />

Telefonberater (DAH) in Frage gestellt. Dies vor allem, da sich die meisten<br />

beteiligten Telefonberater dafür aussprachen, dass jede AIDS-Hilfe, die sich an dem<br />

bundesweiten Projekt beteiligt, an den bundesweiten Treffen, die einmal jährlich<br />

stattfinden, teilnehmen sollten.<br />

Insgesamt bestätigt dies eine Tendenz, die in vielen Arbeitsfeldern ebenfalls zu<br />

bemerken ist: Auf der überregionalen Ebene werden immer mehr verbindliche<br />

Teilnahmen an Arbeitskreisen etc. gefordert. Wie z.B. bei Gay Romeo oder wie hier<br />

bei der bundesweiten Telefonberatung. Diese Tendenz ist für eine mittelgroße AIDS-<br />

Hilfe wie der unseren bedenklich, da die schon jetzt sehr eng begrenzten<br />

Ressourcen für die jeweiligen Arbeitsfelder durch diese verbindlichen Termine noch<br />

zusätzlich belastet werden. Wie sich dies in der Zukunft weiter entwickelt, bleibt<br />

abzuwarten.<br />

Wir danken unserer ehrenamtlichen Mitarbeiterin aus der persönlichen, telefonischen<br />

und online - Beratung, ohne deren Einsatz die Beratung der AIDS-Hilfe Duisburg /<br />

Kreis Wesel e.V. nicht in diesem bemerkenswerten Umfang vorgehalten werden<br />

könnte.<br />

3. Begleitung<br />

Unsere Einrichtung begleitet weiterhin HIV-Infizierte / an AIDS-Erkrankte, die aus<br />

den unterschiedlichsten Bevölkerungsgruppen mit verschiedenen sozialen<br />

Hintergründen stammen. Die einzelnen Begleitungsfälle befinden sich hinsichtlich der<br />

antiretroviralen Therapie in unterschiedlichen Situationen. Ganz vereinzelte<br />

Begleitete haben sich gegen die Einnahme von Medikamenten entschieden. Dadurch<br />

werden wir immer wieder mit Vorfällen konfrontiert, bei denen durch AIDS irreparable<br />

Schäden im Gehirn entstehen (so durch HIV assoziierte Enzephalopathie). Die<br />

Gründe für die Verweigerung der Medikamente sind vielfältig. Es kann die Folge von<br />

gravierenden Ereignissen sein (z. Bsp. Tod eines nahen Angehörigen), die dann<br />

zunächst bearbeitet werden müssen und der Lebenswille wieder gestärkt werden<br />

muss. Ein Grund ist auch die Angst vor den Nebenwirkungen und der lebenslangen<br />

Einnahme von Medikamenten oder aber auch Verdrängung der Infektion. Solche<br />

einzelne Fälle müssen dann in Versorgungssystemen untergebracht werden, die<br />

hierauf nicht ausgerichtet werden (so kommen junge Menschen in Pflegeheime, die<br />

in der Mehrzahl von alten pflegebedürftigen Menschen genutzt werden).<br />

Ein großer Teil der Infizierten kommt aber mit den Medikamenten gut klar. Während<br />

aufgrund der Vielzahl der Medikamente die akuten Nebenwirkungen weniger werden,<br />

treten häufiger Langzeitwirkungen auf wie zum Beispiel im Herz-Kreislaufbereich.<br />

Hier gilt es andere Risiken wie Rauchen oder ungesunde Ernährung zu minimieren.<br />

Viele von uns langfristig Begleitete waren bereits an AIDS erkrankt, sind verrentet<br />

und leben auf dem Niveau des Arbeitslosengeldes II, der Grundsicherung oder leicht<br />

darüber. Hierbei handelt es sich um Leistungen, die in ihrem Ursprung zur<br />

Überbrückung einer kurzen Zeit angedacht waren. Letztendlich verharren diese<br />

16


Begleiteten in einer Lebenssituation, die Ihnen finanziell keinen Spielraum lässt und<br />

wenig Perspektiven für die Zukunft bietet. Aufgrund der fehlenden materiellen<br />

Ressourcen fehlt es an Lebensqualität, da die Teilhabe am gesellschaftlichten Leben<br />

wie Ausgehen, Kino und andere Freizeitaktivitäten einen Faktor für Lebensqualität<br />

darstellen.Von einer Gruppe dieser Begleiteten werden auch sehr oft suizidale<br />

Gedanken geäußert, denen es zu begegnen gilt. Des Weiteren bieten wir<br />

Unterstützung bei sozialrechtlichen und finanziellen Schwierigkeiten. Hier sehen wir<br />

allerdings nicht unsere primäre Aufgabe, die geringe staatliche Unterstützung<br />

aufzustocken, sondern Ansprüche einzufordern und in extremen Krisensituationen<br />

finanziell im Rahmen unserer Möglichkeiten (Spendenmittel) auszuhelfen (siehe<br />

Punkt 3.3 Positivenfond).<br />

Ein anderer Teil dieser Begleiteten versucht das Beste aus dieser Lebenssituation zu<br />

machen und gestaltet unter anderem die Freizeit für HIV-Positive mit, nimmt an der<br />

Kochgruppe teil und engagiert sich auf landes- und bundesweiter Ebene in<br />

Landesarbeitsgemeinschaften und Netzwerken.<br />

Andere HIV-Infizierte gehen einer geregelten Arbeit nach und nehmen die AIDS-Hilfe<br />

nur punktuell zu bestimmten Fragen in Anspruch oder besuchen unser Mittwochs-<br />

Café oder von uns durchgeführte Fortbildungsveranstaltungen.<br />

In einzelnen Fällen von Neudiagnosen gilt es, Krisenintervention zu gewährleisten<br />

und die Situation zu stabilisieren. Auch in Zeiten von Behandelbarkeit von HIV gilt es<br />

nach einem Testergebnis unterschiedliche Problematiken zu bearbeiten. So gibt es<br />

bei vielen HIV-Infizierten, das Gefühl, an der Infektion selbst schuld zu sein und sich<br />

zu schämen und in eine Depression und Antriebslosigkeit zu gelangen. Auch ist es<br />

für HIV-positive Menschen heute immer noch schwer, sich gegenüber anderen<br />

Menschen und Freunden zu ihrer HIV-Infektion zu bekennen. Hier bietet die AIDS-<br />

Hilfe Unterstützung durch die psychosoziale Begleitung der hauptamtlichen<br />

Mitarbeiter oder durch Kontakt mit anderen HIV-Positiven (z. Bsp. in unserer<br />

Positivengruppe oder in Einzelgesprächen mit HIV-Positiven, die wir vermitteln).<br />

Immer häufiger übersteigt der Begleitungsumfang unsere Ressourcen, so dass wir<br />

Begleitete in ambulant betreutes Wohnen vermitteln.<br />

Aufgrund dessen, dass wir unsere Angebot im Bereich aufsuchende Arbeit<br />

ausgeweitet haben (Streetwork bei DrogengebraucherInnnen, Straßenstrich, JVA-<br />

Arbeit), haben wir unsere Öffnungszeiten für persönliche Beratung wie folgt<br />

geändert: montags 11- 14 Uhr, mittwochs 14 – 19 Uhr, freitags 11 – 16 Uhr. In dieser<br />

Zeit haben wir eine offene Sprechstunde und man kann uns ohne Termin aufsuchen.<br />

Mit den neuen Öffnungszeiten haben wir auch unser Angebot auf Berufstätige<br />

geöffnet, da wir mittwochs jetzt bis 19 Uhr ein offenes Beratungsangebot vorhalten.<br />

Selbstverständlich war es vorher schon und ist es auch jetzt möglich, außerhalb der<br />

Öffnungszeiten, einen Beratungstermin zu vereinbaren. Des Weiteren ist unser Büro<br />

in Wesel weiterhin dienstags von 14 – 17 Uhr und donnerstags von 9 – 12 Uhr<br />

besetzt, so dass von montags bis freitags die Möglichkeit zur persönlichen<br />

unterminierten Beratung besteht.<br />

Zur qualitativen Verbesserung der Begleitungsarbeit nahmen die hauptamtlichen<br />

MitarbeiterInnnen aus dem Begleitungsbereich an den Treffen des auf Landesebene<br />

17


stattfindenden Arbeitskreises Sozialberatung teil. Bei diesem Arbeitskreis handelt es<br />

sich um ein wichtiges Fort- und Weiterbildungsangebot, da hier MitarbeiterInnen aus<br />

unterschiedlichen AIDS-Hilfen zur Reflektion ihrer Arbeit zusammen treffen. Des<br />

Weiteren dient das Treffen dem Erfahrungsaustausch.<br />

3.1. Einzelbegleitung<br />

Im April <strong>2009</strong> hat die Deutsche AIDS-Hilfe ein Positionspapier zu HIV-Therapie und<br />

Prävention herausgebracht. Hier wird bezüglich EKAF nicht mehr zwischen heteround<br />

schwulen Sex unterschieden. Dies ging in Beratung bei festen Partnerschaften<br />

ein.<br />

Des Weiteren wurde in diesem sehr differenziertem Papier von der DAH offiziell<br />

Stellung bezogen zu Sex unter HIV-Positiven:<br />

„2.3 Exkurs: Botschaften für HIV-Positive mit HIV-positiven Sexpartner(inne)n<br />

Beim Sex zwischen HIV-positiven Partner(inne)n steht die mögliche Übertragung von<br />

anderen STDs oder einer Hepatitis C im Mittelpunkt des präventiven Handelns. Da manche<br />

STDs bzw. die Hepatitis C bei Menschen mit HIV schneller und schwerer verlaufen können,<br />

empfehlen wir ihnen, sich mindestens zweimal jährlich auf diese Krankheiten untersuchen zu<br />

lassen.<br />

Um eine „Superinfektion“ (d. h. die Übertragung einer Virusvariante auf den Partner/die<br />

Partnerin bzw. die Ansteckung mit einer Virusvariante des Partners/der Partnerin) zu<br />

verhindern, reicht die wirksame Therapie eines Partners aus. Möglich (aber epidemiologisch<br />

nicht relevant) ist eine Superinfektion, wenn beide Partner/innen unbehandelt oder in einer<br />

Therapiepause sind. Nachteilig kann eine Superinfektion werden, wenn dabei<br />

medikamentenresistente Viren übertragen werden.“<br />

Vollständig ist dieses Positionspapier auf der Homepage der Deutschen AIDS-Hilfe<br />

nachzulesen (http://www.aidshilfe.de/media/de/0904_DAH-Papier_HIV-<br />

Therapie_und_Praevention.pdf).<br />

Trotz des personellen Engpasses im Berichtsjahr im Begleitungsbereich versuchten<br />

wir, in der Begleitungsarbeit Beratungen zu Nebenwirkungen der Medikamente, zu<br />

Partnerschaftskonflikten, sozialrechtlichen und finanziellen Problemen anzubieten.<br />

Bei finanziellen Problemen halfen wir mit unserem Positivenfond, bei größeren<br />

Beträgen stellten wir Anträge an die Deutsche AIDS-Stiftung, soweit die<br />

Antragshintergründe die Kriterien der Stiftung erfüllen. Die Bearbeitungszeiten haben<br />

sich aufgrund von Personaleinsparungen bei der Deutschen AIDS-Stiftung jedoch<br />

auf ca. 8 Wochen je Antrag ausgeweitet.<br />

Im Berichtsjahr verstarb einer unserer Begleiteten, der aufgrund seiner persönlichen<br />

Situation für sich den Freitod gewählt hat.<br />

Insgesamt begleiteten wir 191 Personen einschließlich der im Knast begleiteten<br />

Personen.<br />

18


Intensive Begleitung bedeutet mindestens 1 Kontakt pro Woche, welches aber auch<br />

bis zu täglichem Kontakt beinhalten kann. Intensiv bedeutet aber auch, einmaliger<br />

monatlicher Kontakt mit anschließendem hohem Regelungsbedarf.<br />

In der Rubrik „Regelmäßig“ erfassen wir Begleitete mit mindestens einmal<br />

monatlichem Kontakt und „Sporadisch“ einmal jährlichen Beratungskontakt.<br />

Tabelle 1:<br />

Betroffene in Einzelbegleitung <strong>2009</strong> 2008 2007 2006<br />

Intensiv 24 24 18 19<br />

Regelmäßig 55 55 55 54<br />

Sporadisch 115 112 104 95<br />

Insgesamt 194 191 177 168<br />

Tabelle 2:<br />

Betroffene in ehrenamtl. Begleitung <strong>2009</strong> 2008 2007 2006<br />

insgesamt 1 9 10 13<br />

Aufgrund des Todes unserer ehrenamtlichen Begleiterin und Ehrenmitgliedes Helga<br />

Pieper hat sich die Zahl der Betroffenen in ehrenamtlicher Begleitung stark reduziert.<br />

3.2. Begleitergruppe<br />

Die auf drei Personen reduzierte Begleitergruppe war im Berichtsjahr noch mit der<br />

Verarbeitung des Todes von Helga Pieper beschäftigt, die im Vorjahr verstorben war.<br />

In <strong>2009</strong> wurde noch eine Begleitung ehrenamtlich durchgeführt. Daher traf sich die<br />

Begleitergruppe auch nur noch an fünf Terminen im Berichtsjahr. Diese dienten zum<br />

einen wie bereits erwähnt zur Verarbeitung des Todes der langjährigen Begleiterin<br />

Helga Pieper zum anderen zum Austausch und Reflektion über die bestehende<br />

Begleitung. Des Weiteren dienten die Treffen der Anbindung und zum<br />

Informationsaustausch zur AIDS-Hilfe, da zwei ehrenamtliche MitarbeiterInnen nur<br />

noch lose Kontakt zur AIDS-Hilfe haben, aber weiterhin Interesse an der Mitarbeit<br />

und am Geschehen der AIDS-Hilfe haben.<br />

Dies soll auch für 2010 so fortgeführt werden, das heißt, die Gruppe trifft sich<br />

ungefähr einmal im Quartal.<br />

19


Die von Helga Pieper Begleiteten wurden nach ihrem Tod durch die hauptamtlichen<br />

Begleiter weiterhin begleitet und halten sich auf stabilem Niveau.<br />

Die Aufgabe der ehrenamtlichen Begleitung bestand überwiegend darin, als<br />

Gesprächspartner zur Verfügung zu stehen. Dies kann auch zu ungewöhnlichen<br />

Uhrzeiten der Fall sein, wobei der ehrenamtliche Mitarbeiter für sich entscheiden<br />

muss, in welchem Zeitrahmen er dies zulässt.<br />

Da alle ehrenamtlichen BegleiterInnen berufstätig sind, müssen Fahrten zu Ärzten<br />

und Ämtern durch die AIDS-Hilfe (Zivildienstleistender oder letztendlich auch durch<br />

hauptamtliche Mitarbeiter) durchgeführt werden.<br />

Wie oben schon erwähnt, hat sich teilweise der Betreuungsbedarf auch soweit<br />

erhöht, dass dieser von ehrenamtlicher und hauptamtlicher Seite nicht abgedeckt<br />

werden kann und wir in einigen Fällen in das ambulant betreute Wohnen vermittelt<br />

haben.<br />

Für den Einsatz der ehrenamtlichen BegleiterInnen möchten wir uns herzlich<br />

bedanken.<br />

3.3. Positivenfond<br />

Der Positivenfond wird von der AIDS-Hilfe Duisburg/Kreis Wesel e. V. mit dem Ziel<br />

verwaltet, HIV-positive / an AIDS-Erkrankte Menschen in finanziellen Notlagen zu<br />

unterstützen.<br />

Die Verteilung der Fondgelder übernahm im Berichtsjahr <strong>2009</strong> ein Gremium, das aus<br />

zwei HIV-positiven Menschen, einem Ehrenamtler aus dem Begleitungsbereich und<br />

einem Hauptamtler besteht. Diese Zusammensetzung schafft innerhalb des<br />

Gremiums eine Perspektivenvielfalt, die für die Entscheidungsfindung bei Anträgen<br />

bereichernd ist. Mindestens drei Personen dieses Gremiums entscheiden mit<br />

einfacher Mehrheit über außergewöhnliche und rückzahlbare Zuwendungen. Die<br />

Soforthilfe wird primär von den drei im Begleitungsbereich tätigen hauptamtlichen<br />

Mitarbeitern ausgezahlt. In die Entscheidungsfindung fließt zum einen die finanzielle<br />

Situation des Antragsstellers ein und zum anderen die Gründe für sein spezielles<br />

Anliegen. Die Verwaltung des Fonds obliegt einem hauptamtlichen Mitarbeiter.<br />

Wie in den Vorjahren stellte der Vorstand aus Spendengeldern insgesamt eine<br />

Summe in Höhe von 3.850 € zur Verfügung. Unser besonderer Dank gilt allen<br />

Spendern, die uns damit diese Form der Hilfe in diesem Umfang ermöglicht haben.<br />

Die Summe wurde im Berichtsjahr nicht ausgeschöpft. Bis auf die Knastpakete<br />

(Nahrungszusatzpakete) waren in allen Bereichen des Positivenfonds die Ausgaben<br />

rückläufig.<br />

Bei einem Krankhausaufenthalt ist die Beantragung für die dort anfallenden<br />

„Telefonkosten“ möglich, wenn diese nicht selbst übernommen werden können.<br />

Hierdurch soll der Kontakt nach außen aufrechterhalten und die Möglichkeit gegeben<br />

20


werden, sich bei Schwierigkeiten mit jemandem zu bereden. Da es nur wenige<br />

stationäre Aufenthalte gab und die Begleiteten zumeist über Handy erreichbar sind,<br />

fielen im Berichtsjahr in diesem Bereich keine Ausgaben an.<br />

Für den Bereich „Knast“ haben wir in <strong>2009</strong> 464,74 € für sogenannte Knastpakete<br />

aufgewandt. Da diese nicht mehr über die Deutsche AIDS-Stiftung finanziert werden,<br />

werden diese zurzeit vom Positivenfond getragen. Die Summe ist nahezu identisch<br />

mit den Vorjahreszahlen in diesem Bereich.<br />

Der Bereich „Soforthilfe“ lag mit 1.818,60 € ca. 10 vH unter den Ausgaben in 2008,<br />

stellt aber weiterhin den höchsten Ausgabenposten des Positivenfonds dar. Bei der<br />

Soforthilfe handelt es sich um eine finanzielle Hilfe am Ende des Monats, um<br />

Engpässe zu überbrücken. Diese Hilfe wird gewährt, wenn sich die Einkünfte auf<br />

dem Niveau des Arbeitslosengeldes II belaufen. Die Soforthilfe wurde im<br />

Durchschnitt von den Personen, die die Kriterien des Positivenfond erfüllen in der<br />

Regel fünfmal jährlich in Anspruch genommen.<br />

Auch die „Außergewöhnlichen Zuwendungen“ reduzierten sich im Berichtsjahr in<br />

Höhe von 983 € auf 627 € um ein Drittel. Außergewöhnliche Zuwendungen werden<br />

für den Ausgleich von Stromschulden, Telefonrechnungen, Unterstützung bei den<br />

Zuzahlungen zu Medikamenten und Praxisgebühr etc. gewährt.<br />

„Rückzahlbare Zuwendungen“ sind für Ausgaben gedacht, die die Begleiteten<br />

dringend benötigen, für die sie aber aktuell kein Geld haben. Das gewährte Darlehen<br />

muss in angemessenen Raten zurückgezahlt werden. Um den Begleiteten dies zu<br />

ermöglichen und das Begleitungsverhältnis durch offene Beträge nicht zu belasten,<br />

muss der Einkommenssatz bei diesen Zuwendungen die Sozialhilfe bzw. das<br />

Arbeitslosengeld II übersteigen.<br />

Die rückzahlbaren Zuwendungen sind im Berichtsjahr weiter gesunken. Dies<br />

geschieht aus den oben erwähnten Gründen. Es ist oft schwer für die Begleiteten,<br />

die Rückzahlungen zu leisten. Um das Begleitungsverhältnis nicht zu belasten, wird<br />

im Positivenrat sorgfältig geprüft wird, ob eine rückzahlbare Zuwendung sinnvoll und<br />

möglich ist.<br />

Rückzahlbare Zuwendungen wurden in den meisten Fällen für Zuzahlungen für<br />

Medikamente und Praxisgebühr gewährt, damit der Betroffene direkt seine<br />

Befreiungskarte erhält und die Rückzahlung an die AIDS-Hilfe vornehmen kann. Mit<br />

der Befreiungskarte ist ein regelmäßiger Arztbesuch und regelmäßiger<br />

Medikamentenbezug möglich.<br />

Die „Einnahmen“ (s. Abb. u.) des Positivenfonds resultieren aus den<br />

Rückzahlungen der rückzahlbaren Zuwendungen. Da die Darlehen nicht unbedingt in<br />

dem Jahr der Auszahlung zurückgezahlt werden, kommt es zu Differenzen in den<br />

Bereichen Auszahlung und Einnahme.<br />

Auch im Berichtsjahr konnten wir durch Anträge bei der Deutschen AIDS-Stiftung<br />

unseren Begleiteten mit größeren Beträgen aushelfen. Hier besteht weiterhin eine<br />

gute Zusammenarbeit, für die wir uns recht herzlich bedanken.<br />

21


Telef.<br />

Krankh. Knast Sorforth.<br />

Außergew.<br />

Z. Rückz. Z. Einnahmen<br />

2008 115,00 € 465,71 € 1.983,10 € 983,46 € 289,06 € 175,00 €<br />

<strong>2009</strong> 0,00 € 464,74 € 1.818,60 € 627,07 € 152,00 € 262,98 €<br />

3.4. Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern<br />

Die Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern bleibt für unsere AIDS-Hilfe wichtig.<br />

Im Einzelnen handelt es sich um folgende Partner:<br />

HIV-Schwerpunktpraxen<br />

Die Zusammenarbeit mit den beiden in Duisburg offiziell auf HIV spezialisierten<br />

Schwerpunktpraxen wurde <strong>2009</strong> problemlos fortgesetzt. Unklarheiten und Fragen<br />

können auf kurzem Weg geklärt werden. Regelmäßig haben wir<br />

Austauschgespräche mit dem Gesundheitsamt Duisburg, der AIDS-Hilfe Oberhausen<br />

und den beiden Schwerpunktärzten. Es ist für uns eine Möglichkeit, die Arbeit der<br />

AIDS-Hilfe vorzustellen und transparent zu machen. Unter anderem war auch Teil<br />

dieses Gespräches der Rück- und Ausblick auf das Fachgespräch mit den beiden<br />

Schwerpunktärzten. Eine vereinbarte Befragung der Patientinnen und Patienten nach<br />

einem Angebot der AIDS-Hilfen (Oberhausen und Duisburg) in den Arztpraxen<br />

konnte in <strong>2009</strong> aufgrund von mangelnder Personalressourcen nicht umgesetzt<br />

werden.<br />

22


Krankenhäuser<br />

Bei Krankenhausaufenthalten in Bezug auf HIV/AIDS werden unsere Begleiteten in<br />

die umliegenden Uni-Kliniken Essen, Bochum und Düsseldorf eingewiesen.<br />

Insbesondere zur Uniklinik Essen bestehen gute Kontakte zu dem medizinischen und<br />

auch zum sozialarbeiterischen Personal. In Duisburg hat sich bezüglich der<br />

stationären Versorgung aufgrund weiterhin geringer Fälle keine Veränderung<br />

ergeben.<br />

Pflegedienste<br />

Die Kooperation mit den Pflegediensten, mit denen wir bisher zusammen gearbeitet<br />

haben, wurde erfolgreich fortgeführt.<br />

Hospize<br />

Im Berichtsjahr wurde von unseren Begleiteten kein Hospiz in Anspruch genommen,<br />

jedoch besteht von unserer Seite Kontakt zur Hospizbewegung.<br />

Anwaltspraxen<br />

Die Zusammenarbeit mit Rechtsanwälten läuft im migrationsrechtlichen Bereich -<br />

soweit von Nöten - ohne Probleme.<br />

Flüchtlingsberatung<br />

Mit den Flüchtlingsberatungen, u. a. der Beratungsstelle des Deutschen Roten<br />

Kreuzes, gestaltet sich die Zusammenarbeit in ausländerrechtlichen Fragen weiterhin<br />

positiv.<br />

Ambulant Betreutes Wohnen<br />

Hier arbeiten wir mit örtlichen Anbietern zusammen<br />

3.5 Angebote für HIV-Positive und an AIDS-Erkrankte<br />

Im Berichtsjahr wurde im Rahmen des Solidar-Erleben-Ansatzes die Kochgruppe<br />

fortgeführt. Die Kochgruppe ist ein monatliches Angebot, bei dem HIV-Positive und<br />

ehrenamtliche MitarbeiterInnen zusammen kommen, um Abwechslung in den Alltag<br />

zu bringen. Gleichzeitig bietet sich hier ein Raum zum Austausch von Sorgen und<br />

Nöten. Um das Angebot niedrigschwelliger auszurichten und finanzielle<br />

Beweggründe für eine Nichtteilnahme auszuschließen, hat der Vorstand die<br />

Kochgruppe mit einem Budget ausgestattet, so dass in <strong>2009</strong> die TeilnehmerInnen<br />

keinen Eigenanteil entrichten mussten. An der Kochgruppe nehmen im Durchschnitt<br />

5 – 7 Personen teil.<br />

Seit Anfang 2007 trifft sich regelmäßig einmal monatlich eine Positivengruppe.<br />

Zugang haben die unterschiedlichen sexuellen Präferenzen, auch der<br />

Ansteckungsweg spielt keine Rolle. Es ist eine sehr bunt gemischte Gruppe welche<br />

in Selbsthilfe eigenständig durchgeführt wird.<br />

23


Frauenspezifische Angebote wurden wie in den Vorjahren in Kooperation mit den<br />

benachbarten AIDS-Hilfen angeboten. Diese werden in Kapitel 5.4 näher<br />

beschrieben.<br />

Unser traditionelles Mittwochs-Café ist weiterhin das best besuchte Angebot.<br />

Dieses ist ein beliebter Treffpunkt zwischen HIV-Infizierten / an AIDS Erkrankten,<br />

ehrenamtlichen MitarbeiterInnen und der AIDS-Hilfe Sympathie entgegenbringender<br />

Menschen. Darüber hinaus ist dieses Café eine erste Anlaufstelle für an<br />

ehrenamtlicher Arbeit Interessierte. Auch Bewerbern für den Zivildienst bietet es eine<br />

Plattform fürs Kennen lernen der AIDS-Hilfe.<br />

Das Café haben wir mit Aufbackkuchen, eigenen Backwerken und Spenden der<br />

Duisburger Tafel bzw. Bürger für Bürger bestückt. Im Café ist ein Austausch<br />

zwischen Betroffenen, hauptamtlichen und ehrenamtlichen MitarbeiterInnen möglich.<br />

Hier kann man sich auch über Neuigkeiten in der AIDS-Hilfe informieren und die<br />

Angebote an Infotafel zur Kenntnis nehmen. Zum einen ist es eine willkommene<br />

Abwechselung für die Betroffenen, zum anderen ist er das Treffen in der „Wahl-<br />

Familie“.<br />

Weiterhin fährt eine ehrenamtliche Mitarbeiterin jeweils vor dem Café bei „Bürger für<br />

Bürger“ vorbei und holt dort Lebensmittel, die dann im Mittwochs-Café verteilt<br />

werden.<br />

24


Das Café findet weiterhin offiziell zwischen 15.30 Uhr und 18.30 Uhr statt, wobei der<br />

Hauptbesucherstrom in der Zeit von von 15 bis 17.30 Uhr im Café zu verzeichnen ist.<br />

Es wird von durchschnittlich ca. 12 - 20 Personen besucht. Vorbereitet wird es –<br />

soweit vorhanden - überwiegend von dem Zivildienstleistenden. Während der Café-<br />

Zeit ist immer ein hauptamtlicher Ansprechpartner präsent, da diese Treffen von<br />

vielen Betroffenen dazu genutzt werden, Anliegen an die BeraterInnen und<br />

BegleiterInnen heranzutragen.<br />

Unsere traditionelle Weihnachtsfeier fand Heiligabend hat wie im Vorjahr in der<br />

Uhrzeit von 15.30 bis 20 Uhr statt und begann damit zur gleichen Zeit wie im Vorjahr.<br />

Die Weihnachtsfeier wurde letztendlich von 30 TeilnehmerInnen besucht und fand<br />

wieder in den Räumen von SHAlk statt, denen wir für die Überlassung der<br />

Räumlichkeiten recht herzlichen Dank sagen. Die Weihnachtsfeier konnte über<br />

Spenden in Höhe von 2.400 € der Kirchen aufgrund eines Mailings und<br />

Einzelspenden ausgerichtet werden. Wie in den Vorjahren konnten wir ein festliches<br />

Menü anbieten und Weihnachtstüten mit Süßigkeiten, Obst, Kaffee und Tabak<br />

verteilen. Die Vorbereitung und die Durchführung der Weihnachtsfeier liegt<br />

schwerpunktmäßig in ehrenamtlicher Hand, von hauptamtlichen Mitarbeitern gab es<br />

einen Ansprechpartner, der auch bei der Weihnachtsfeier selbst anwesend war und<br />

für Rückfragen bei Unklarheiten zur Verfügung stand.<br />

Auch im Berichtsjahr gab es wieder eine Positivenfreizeit. Diese führte nach Goslar-<br />

Hahnenklee und wurde erneut mit Mitteln der „Förderbande Gelsenkirchen“ wofür<br />

wir recht herzlichen Dank sagen. Sie wurde wiederum rein ehrenamtlich organisiert.<br />

Die Reise fand vom 12.09. – 19.09.09 statt und wurde von neun TeilnehmerInnen<br />

genutzt. Drei TeilnehmerInnen mussten aufgrund von Krankheit leider die Fahrt<br />

absagen. Bewährt hat sich hier, durch gemeinsame Unternehmungen und Aktivitäten<br />

im vertrauensvollen Gespräch Probleme anzusprechen, sich mit anderen<br />

auszutauschen und Lösungsmöglichkeiten kennen zu lernen.<br />

3.6 Trauerarbeit<br />

Im Berichtsjahr ist einer der von uns Begleiteten verstorben. Dieser war sehr lange<br />

bei uns in der AIDS-Hilfe in Begleitung und hat sich letztendlich für den Freitod<br />

entschieden. So schwer uns der Abschied auch fällt, letztlich mussten wir zur<br />

Kenntnis nehmen, dass der Tod zielgerichtet gesucht wurde und durch uns nicht zu<br />

verhindern war.<br />

Wir gedenken der Verstorbenen in der Mitgliederversammlung und mit unserer<br />

Trauerecke, die sich im Café befindet. Hier befinden sich unser Trauerbuch und<br />

weitere Informationen zu Verstorbenen.<br />

Candle-Light-Walk:<br />

Im Anschluss an unser Mittwochs-Café am 25.11. fand unser traditioneller Candle-<br />

Light-Walk statt. Er führte in diesem Jahr vom Forum, welches bereits mit einem<br />

Plakat in der Nähe des Eingangs auf den Welt-AIDS-Tag aufmerksam machte, über<br />

die Königstraße zur Liebfrauenkirche. Im Rahmen des Welt AIDS Tages <strong>2009</strong> wurde<br />

25


der traditionelle Candle-Light-Walk mit einer anschließenden Gedenkveranstaltung in<br />

der Liebfrauenkirche / Innenstadt durchgeführt (s. auch 4.4.).<br />

Der Candle Light Walk mit der anschließenden Gedenkveranstaltung ist für die<br />

haupt- und ehrenamtlichen MitarbeiterInnen sowie allen Angehörigen und Besuchern<br />

der AIDS-Hilfe eine Veranstaltung zur Besinnung und des Erinnerns an diejenigen<br />

Menschen, die an den Folgen von HIV / AIDS seit bestehen der AIDS-Hilfe<br />

Duisburg / Kreis Wesel e.V. verstorben sind.<br />

Unsere übliche Route mit Verweildauer am Live-Saver-Brunnen musste in diesem<br />

Jahr entfallen, da dort eine Bühne aufgebaut war.<br />

Die anschließende Gedenkveranstaltung in der Liebfrauenkirche wurde in bewährter<br />

Kooperation mit der Gemeinde Liebfrauen / Herrn Köpnik durchgeführt. Im oberen<br />

Teil der ehemaligen Kirche wurden die Namen aller verstorbenen Menschen, die in<br />

der AIDS-Hilfe Unterstützung gesucht und gefunden haben, mit Hilfe eines Beamers<br />

an die Wand projiziert. Auf den Treppen zum ehemaligen Altarbereich standen<br />

Kerzen und jeder Teilnehmer der Gedenkveranstaltung konnte in Gedenken an einen<br />

verstorbenen Menschen eine Kerze dazu stellen.<br />

Wir danken den ehrenamtlichen MitarbeiterInnen sowie der Liebfrauengemeinde als<br />

Kooperationspartner für ihr Engagement, ohne deren Mithilfe die gelungene<br />

Veranstaltung nicht umgesetzt hätte werden können.<br />

4. Öffentlichkeitsarbeit<br />

AIDS ist noch da, AIDS ist nicht besiegt, aber es gibt erhebliche Erfolge im Kampf<br />

gegen HIV.<br />

26


Die Verkündung von Forschungs- und Behandlungserfolgen ist ebenso wichtig und<br />

legitim wie die Verkündigung von Erfolgen in der Primärprävention. Während die<br />

letzteren in der Regel allerdings nur zu einem überschaubaren Medieninteresse<br />

führen – zumal diese schwer in harten Zahlen zu erfassen sind – sind die ersteren<br />

um ein vielfaches interessanter und quotenträchtiger. Dabei wird –je nach Mediumnicht<br />

immer großer Wert auf eine differenzierte Berichterstattung und<br />

Kommentierung gelegt, weil auch der Konsumentenbedarf nicht immer in diese<br />

Richtung geht und weil gewiss auch bestimmte Lobbyinteressen die eine oder<br />

andere Nachricht lancieren.<br />

Umso mehr verstehen wir es als Aufgabe der Öffentlichkeitsarbeit der AIDS-Hilfen,<br />

die Entwicklungen und insbesondere die daraus resultierenden Schlagzeilen kritisch<br />

zu beobachten und zu kommentieren. Denn wir sind mit den Folgen beschäftigt.<br />

Tatsächlich registrieren wir eine gewisse Banalisierung von HIV / AIDS und anderen<br />

sexuell übertragbaren Krankheiten. Die Sorglosigkeit der Menschen im Umgang mit<br />

HIV wird –auch von uns- häufig beklagt. Deutlich steigende Zahlen von HIV-<br />

Neudiagnosen und Neuinfektionen (seit 2000 bis 2007 um jährlich 4%, laut BZgAaktuell,<br />

07/08, S.1) stehen für einen Irrglauben mit lebensbedrohlichen oder<br />

zumindest stark lebensbeeinträchtigenden Folgen. Im Berichtsjahr <strong>2009</strong> blieb die<br />

Zahl der Neudiagnosen und Neuinfektionen zwar stabil, aber eben auf stabil hohem<br />

Rekordniveau von etwa 3000 Neuinfektionen.<br />

Wir betrachten es als eine wichtige Aufgabe von AIDS-Hilfe als Selbsthilfe-,<br />

Interessen- und Fachverband, die Bevölkerung und auch die Beteiligten im<br />

Gesundheitswesen seriös, differenziert und bestmöglich über die aktuellen<br />

Entwicklungen zu informieren.<br />

Aussagen von manchen Medizinern, die immer wieder die nahenden<br />

Heilungschancen propagieren, mediale Schlagzeilen, die Entwarnungsphantasien<br />

auslösen, Hochglanzanzeigen der Pharmaindustrie, deren Aussagen fast an<br />

„Marlboro-Botschaften“ erinnern, nötigen uns, immer wieder auf die Euphoriebremse<br />

zu treten. Dies wird insbesondere in bestimmten Zielgruppen schwieriger, die ein<br />

vergleichsweise gutes Aufklärungsniveau aufweisen und sich zum Teil mit sehr<br />

subtilen Risikominimierungsstrategien beschäftigen. Die Materie wird mit<br />

zunehmenden Erkenntnisgewinnen zum Virus, seinen Infektionswegen und zum<br />

Immunsystem immer komplexer und in bestimmten Szenen oder/und Settings ist das<br />

Spektrum der Präventionsbotschaften gewiss weiter und differenzierter zu gestalten<br />

als es die hinlänglichen Safer Sex-Botschaften bisher hergeben.<br />

Die strukturelle HIV-Prävention wird immer komplexer. Die Präventionsbotschaften<br />

sind immer mehr zu differenzieren und zum Teil zu individualisieren. Wenn wir heute<br />

erkennen, dass das Infektionsrisiko, das von einem HIV-Infizierten unter stabiler<br />

antiretroviraler Therapie (sART) ausgeht, „sich in der Größenordnung unserer<br />

normalen Lebensrisiken wie z.B. dem Besteigen eines Flugzeuges“ (Schweizerische<br />

Ärztezeitung, 2008; 98:5, S. 163) bewegt, dann ist es richtig und wichtig, HIV-positive<br />

Menschen davon zu unterrichten, denn dann ist die häufig tief verwurzelte Angst,<br />

andere zu infizieren, sehr zu relativieren. Diese Erkenntnis hat ungeheuere Chancen<br />

zur Folge, denn sie kann zu einer erheblichen Verbesserung der Lebensqualität von<br />

HIV-Infizierten und der von HIV-Betroffenen führen.<br />

27


Inwieweit diese Erkenntnisse auch offensiv in die Allgemeinbevölkerung getragen<br />

werden sollten, ist sehr umstritten, denn sie bergen durchaus das Risiko, die<br />

Präventionserfolge zu gefährden. Die antiretrovirale Therapie als Instrument im<br />

Köcher der Primärprävention ist aber eindeutig als Zugewinn zu betrachten.<br />

Im Zuge dieser noch relativ jungen Errungenschaften muss die Förderung der<br />

Testbereitschaft ein immer stärkeres Anliegen der Präventionsarbeit werden.<br />

Dies spiegelt sich in der Fachwelt vielfach wieder, so auch im Aktionsplan gegen HIV<br />

und AIDS der Europäischen Kommission für die Jahre <strong>2009</strong> – 2013 und so auch bei<br />

einem deutschen Expertenworkshop zur HIV-Testung, der im Oktober <strong>2009</strong> auf<br />

Einladung des Gemeinsamen Wissenschaftlichen Beirates des BMG und der<br />

Deutschen AIDS-Gesellschaft (DAIG) stattfand und dessen Ergebnisse wir an dieser<br />

Stelle im Überblick verkünden wollen, weil sie unsere Haltung und Arbeitsansätze<br />

sehr gut wiedergeben:<br />

„1. Ein allgemeines HIV-Screening in medizinischen Einrichtungen in Deutschland ist<br />

angesichts der vergleichsweise niedrigen HIV-Prävalenz in der Gesamtbevölkerung<br />

weder sinnvoll noch wünschenswert.<br />

2. Eine gezielte Vermehrung von Angeboten zur freiwilligen Testung auf HIV<br />

verknüpft mit einer qualifizierten Beratung ist erwünscht und notwendig. Die<br />

Durchführung der HIV-Testung ist dabei kein eigenständiges Ziel, sondern Teil einer<br />

HIV/AIDS Gesamtstrategie, die auch präventive, gesundheitsfördernde und kurative<br />

Maßnahmen einschließt. (…) Anonyme und kostenlose Testangebote können die<br />

Akzeptanz eines Testangebotes erhöhen. (…) Zielgruppenspezifische<br />

Testermutigung und möglichst niedrigschwellige Testangebote sollen gestärkt und<br />

weiter ausgebaut werden. (…) Insbesondere muss sichergestellt sein, dass alle<br />

Personen, bei denen eine HIV-Infektion diagnostiziert wird, einen ausreichenden<br />

Zugang zum medizinischen Versorgungssystem in Deutschland erhalten – auch<br />

Personen ohne gesicherten Aufenthaltsstatus und Krankenversicherungsschutz<br />

sowie Inhaftierte. Dies erfordert unter anderem eine engere Zusammenarbeit<br />

zwischen dem medizinischen Versorgungssystem, dem öffentlichen<br />

Gesundheitsdienst und Nichtregierungsorganisationen.<br />

HIV-Testung muss grundsätzlich freiwillig und mit informiertem Einverständnis der<br />

Getesteten erfolgen. Die Testung muss begleitet sein von einer den konkreten<br />

Umständen angepassten Beratung vor dem Test und einer ausführlichen Beratung<br />

zum Testergebnis nach dem Test. (…) Zur Testberatung gehört auch, die<br />

Notwendigkeit wiederholter Testung bei Fortbestehen von Infektionsrisiken<br />

anzusprechen. Etwa die Hälfte der neu mit HIV diagnostizierten Personen in<br />

Deutschland hat sich vor der HIV-Diagnose bereits mindestens einmal mit negativem<br />

Ergebnis auf HIV testen lassen.<br />

3. Möglichkeiten ärztlich initiierter Testung sollten stärker als bisher genutzt werden.<br />

Dies erfordert folgende Maßnahmen und Strukturen:<br />

- Anlässlich der Untersuchung auf andere sexuell übertragbare Erkrankungen sollte<br />

die Frage eines HIV-Testes regelmäßiger als bisher üblich angesprochen werden.<br />

– Niedrigschwellige STI-Test- und Beratungsangebote sollten ausgebaut werden und<br />

ihr Angebot sollte sich vor allem an besonders betroffene Gruppen richten, für die<br />

Zugangsbarrieren zum regulären Versorgungssystem bestehen (…)<br />

28


4. Diskriminierung und soziale Ausgrenzung von HIV-Infizierten wirken sich<br />

demotivierend auf die HIV Testbereitschaft von gefährdeten Personen und<br />

Personengruppen aus.<br />

Zwar ist beim Abbau von Diskriminierung HIV-Infizierter in Deutschland schon viel<br />

erreicht worden, weitere Anstrengungen sind aber notwendig. Sowohl innerhalb<br />

betroffener Bevölkerungsgruppen als auch im medizinischen Versorgungssystem,<br />

beim Kontakt mit Behörden, am Arbeitsplatz und im sozialen Umfeld erfahren auch<br />

heute noch in Deutschland viele HIV-Infizierte bei der Offenlegung ihrer Infektion<br />

Diskriminierung und Ausgrenzung.“<br />

(Dr. U. Marcus u. Dr. O. Hamuda, Späte HIV-Diagnose und später Behandlungsbeginn in<br />

Deutschland, in HIV&more, 4/<strong>2009</strong>, S.62)<br />

Letzteres hat uns im Berichtsjahr insbesondere der mediale Hype um den „Fall Nadja<br />

B.“ wieder einmal sehr deutlich vor Augen geführt (s. 1.).<br />

Der `präventive Spagat´ zwischen Entdiskriminierungsarbeit im Umgang mit HIVpositiven<br />

und an AIDS erkrankten Menschen und der Mahnung vor einer keineswegs<br />

„normalen chronischen Erkrankung“, die noch dazu letztlich immer noch tödlich ist,<br />

bleibt eine große Herausforderung für die Präventions- und Öffentlichkeitsarbeit.<br />

Und angesichts der skizzierten vielfältigen Veränderungen sind wir stetig gefordert,<br />

unsere Arbeitsweisen zu überdenken und hier und da zu reformieren.<br />

Bei allem notwendigen Hinterfragen von bestehenden Strukturen, Analysen und<br />

Evaluationen von Arbeitsansätzen sowie sinnvollem Bemühen um –epidemiologisch<br />

abgesicherte- neue Präventionsansätze und –strategien wäre es aber meines<br />

Erachtens fatal, an dem Grundkonzept der strukturellen Prävention und dem Ansatz<br />

der niedrigschwelligen, akzeptanzorientierten Arbeitsausrichtung zu rütteln. Die<br />

Erfolge von nunmehr über 20 Jahren sprechen für sich. Die Verweise auf Länder mit<br />

repressiveren Ansätzen und Zeigefingerpädagogik hinken, denn Deutschland hat im<br />

Europa des Jahres <strong>2009</strong> die niedrigste HIV-Prävalenz! Das hier entwickelte<br />

Präventionsmodell ist weiterhin wegweisend und zukunftsträchtig für die<br />

Beschäftigung mit dem Themenfeld der sexuellen Gesundheitsförderung generell. Es<br />

bleibt dabei: Nur wer sich schätzt, schützt sich und andere.<br />

„HIV-Prävention kann nur in einer Gesellschaft erfolgreich sein, in der Menschen mit<br />

HIV und ihre Partner mit ihren besonderen Bedürfnissen und Ängsten akzeptiert und<br />

unterstützt werden“ (Stellungnahme der Deutschen AIDS-Gesellschaft, DAIG, zur Frage der<br />

Infektiosität von Patienten unter HIV-Therapie vom 23.04.<strong>2009</strong>).<br />

Der Ansatz, allein auf individuelle Verhaltensänderung zu setzen, reicht nicht aus.<br />

Auch die Verhältnisse, in denen Menschen leben, müssen lebenswert und so<br />

gestaltet sein, dass Menschen sich darin angenommen fühlen können. Hier sind alle<br />

gesellschaftlichen Gruppen weiter gefordert.<br />

„Gemeinsam gegen AIDS + Du! Zeig Schleife“. Das deutsche Welt-AIDS-Tags-Motto<br />

des Jahres <strong>2009</strong> setzte insofern konsequent das Thema „Solidarität“ wieder in den<br />

Mittelpunkt.<br />

Wir haben eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung auch und gerade gegenüber<br />

den Schwächeren in unserer Leistungsgesellschaft. Nicht nur im HIV-<br />

29


Infektionsgeschehen sind Menschen überproportional vertreten, die ökonomisch,<br />

bildungsmäßig und sozial benachteiligt sind. Somit bleibt AIDS-Präventionsarbeit zu<br />

einem großen Teil weiterhin Arbeit in gesellschaftlichen Konfliktbereichen. Es geht<br />

weiter um Aspekte von sozialer Diskriminierung von Homo- und Bisexuellen, um die<br />

Kriminalisierung von Drogengebraucher/innen, um die Ausgrenzung von Menschen<br />

mit Migrationshintergrund, um Marginalisierungstendenzen von Prostituierten und<br />

Menschen in Haft und um die Defizite in der Um- und Durchsetzung von (sexuellen -)<br />

Selbstbestimmungsrechten von Frauen in besonderen Lebenslagen.<br />

Die Öffentlichkeitsarbeit der AIDS-Hilfen gewinnt vor diesen Hintergründen weiter an<br />

Bedeutung. Die differenzierte und seriöse Außendarstellung des Themenfeldes „HIV<br />

und AIDS“ wird allerdings immer vielschichtiger und komplexer.<br />

Von besonderer Bedeutung ist dabei die konsequente Einbeziehung und<br />

Thematisierung anderer sexuell übertragbarer Infektionen (STI`s, wie Syphilis,<br />

Chlamydien u.a.), da diese eine zunehmende Relevanz für die HIV-Inzidenzen<br />

besitzen.<br />

Während wir nach 25 Jahren AIDS-Prävention sicherlich behaupten können, dass<br />

das Aufklärungsniveau bezüglich HIV/AIDS in der deutschen Bevölkerung<br />

vergleichsweise gut ist, gilt dies hinsichtlich der STI`s in keinster Weise. Hier muss<br />

ein Schwerpunkt in der künftigen Präventionsarbeit gesetzt werden.<br />

Dem Rechnung tragend haben wir unsere HIV-Präventionsansätze schon seit<br />

geraumer Zeit um diesen Kontext erweitert, uns entsprechend qualifiziert und im<br />

Berichtsjahr einen konsequenten Schritt umgesetzt. Um dieses Know-how und die<br />

damit verbundenen Angebotsmöglichkeiten auch unseren Nachfragern und Kunden<br />

transparent zu machen, haben wir unserem Vereinsnamen den Zusatz „Fachstelle<br />

für sexuelle Gesundheitsförderung“ beigefügt.<br />

Erfreulicherweise sind Anfragen nach den Angeboten unserer AIDS-Hilfe in allen<br />

Arbeitsbereichen stabil hoch. Das spezifische Know-how, die<br />

Vermittlungskompetenzen unserer ehren- und hauptamtlichen Mitarbeiter/innen und<br />

die Flexibilität eines kleinen, freien Trägers in der Wohlfahrtspflege werden<br />

offensichtlich sehr geschätzt. Das zeigen uns die vielen positiven Rückmeldungen,<br />

die aus sehr unterschiedlichen Gruppierungen kommen.<br />

Und wir erreichen und bewegen die Menschen –vielleicht- langsam, aber stetig – im<br />

Berichtsjahr sogar bis zur Bundesebene, nicht nur durch unsere Beteiligung an der<br />

bundesweiten anonymen Telefonberatung der Deutschen AIDS-Hilfe (s. 2.). So<br />

konnten wir im August des Berichtsjahres in einem intensiven Dialog einen Moerser<br />

SPD-Bundestagsabgeordneten zu einer Art „Gauweiler-oder Paulus-Erlebnis“<br />

verhelfen. In Folge der Berichterstattung über den Fall Nadja B. (s.o.) hatte dieser<br />

sich über ein „meinungsbildendes“ Medium sehr despektierlich und in einer Weise<br />

geäußert, die unserem emanzipatorischen Präventionsansatz diametral<br />

entgegenstand. Inzwischen haben wir ein neues Fördermitglied. Kompliment, Herr E.<br />

– für einen glaubhaft bekundeten Sinneswandel und willkommen im Club der<br />

Mitstreiter „Gemeinsam gegen AIDS“ und für von HIV betroffene Menschen!<br />

Es ist von großer Bedeutung, dass die Arbeit und die Haltungen der AIDS-Hilfe(n) als<br />

sinnvoll wahrgenommen und der Diskurs zu Ansätzen, Konzepten und deren<br />

30


Förderung angenommen werden. Dies ist nicht zuletzt auch für die Arbeit und die<br />

Motivation unserer ehrenamtlichen Mitarbeiter/innen sehr wichtig.<br />

Mit leichtem Stolz blicken wir auf die Umsetzung zweier Pilotprojekte (BuT-Rastplatz-<br />

Sommer-Aktion, s. 5.1 und Primärprävention im Justizvollzug, s. 5.3) mit unseren<br />

begrenzten Ressourcen im Berichtsjahr zurück, mit denen wir als erste AIDS-Hilfe im<br />

Bundesgebiet nicht nur enormes Interesse und Wertschätzung aus der Fachwelt,<br />

sondern auch mediales Interesse erfahren haben.<br />

Grundlagen für den Erhalt und die Anpassung unserer Arbeitsqualitäten sind die<br />

Qualitätsstandards für die Präventions- und Öffentlichkeitsarbeit, die Teil unseres<br />

Leitbildes (s. www.aidshilfe-duisburg-kreis-wesel.de ) sind.<br />

4.1. AG Öffentlichkeitsarbeit<br />

Die mit dem skizzierten Themenspektrum und der entsprechenden Informations- und<br />

Aufklärungsarbeit befasste Arbeitsgruppe trifft sich seit <strong>2009</strong> jeden dritten<br />

Donnerstag im Monat um 18.30 Uhr in der AIDS-Hilfe, um Veranstaltungen,<br />

Informationsstände u.a. Aktionen zu konzipieren und zu organisieren. Die Gruppe ist<br />

mit stabil acht Mitgliedern besetzt. Um diesen Kern von Mitarbeiter/innen herum<br />

finden sich immer wieder neue Interessent/innen über mehr oder minder lange<br />

Zeiträume. Der Zugang zur Gruppe setzt nicht das Durchlaufen der Grundausbildung<br />

für Ehrenamtler/innen voraus, wie dies für die Bereiche der Beratung und Begleitung<br />

zwingend ist. Es kann also jede/r Interessierte unverbindlich hereinschnuppern.<br />

Ohne das intensive Engagement der ehrenamtlichen Mitarbeiter/innen wäre die<br />

Menge an Veranstaltungen und Aktionen, die wir auch im Berichtsjahr wieder<br />

durchführen konnten, nicht denkbar. Allen beteiligten Ehrenamtler/innen gilt dafür<br />

unser herzlichster Dank!<br />

Weiterhin suchen wir gerade für das Feld der Präventions- und Öffentlichkeitsarbeit<br />

ehrenamtliche Mitarbeiter/innen. Wer hier aktiv werden möchte oder Interessenten<br />

kennt … nur zu!<br />

31


Zum Bereich der medialen Außendarstellung gehört die Internet-Homepage der<br />

AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V. ( www.aidshilfe-duisburg-kreis-wesel.de ). Ein<br />

Medium, das immer mehr an Bedeutung gewinnt und auf die Schnelle nicht nur<br />

Informationen zum Verein und seinen Angeboten bietet, sondern auch zu<br />

Beratungszwecken gerne genutzt wird. Dazu hat sich die Einrichtung einer extra<br />

Beratungsseite mit sog. FAQ`s (frequently asked questions = Häufig gestellte<br />

Fragen) bewährt. Dieses Angebot wird gerade von jüngeren Leuten aufgrund der<br />

besonderen Anonymität und der Attraktivität des Mediums für diese `Besucher´<br />

genutzt. Diese Seiten werden regelmäßig evaluiert und bei Bedarf werden die FAQ`s<br />

variiert (Vgl. 2.).<br />

Die wichtigsten Neuerungen und Daten, die für eine Neuauflage unserer<br />

Hausbroschüre zu berücksichtigen sind, liegen inzwischen zwar vor, eine inhaltlich,<br />

redaktionelle Bearbeitung ist im Berichtsjahr gestartet, die Umsetzung in eine<br />

druckfähige Variante konnte allerdings noch nicht umgesetzt werden.<br />

Als weiterer wichtige Werbeträger dient der AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V.<br />

der Schaukasten im Bus- und S-Bahntunnel am Duisburger Hauptbahnhof, der im<br />

Berichtsjahr wieder mehrmals thematisch neu gestaltet und fortlaufend aktualisiert<br />

wurde. Unserem Gründungs- und inzwischen Ehrenmitglied Wulf Th., der diesen<br />

Werbe-, Beratungs- und Ankündigungsträger seit über 20 Jahren pflegt und<br />

regelmäßig aktualisiert, gilt ein besonderer Dank.<br />

Schaukasten Duisburg<br />

4.2. Veranstaltungen<br />

Die AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V. ist immer bemüht, ihr Angebot einer<br />

breiten Öffentlichkeit transparent zu machen und nutzt dazu verschiedene Orte und<br />

Anlässe. Wie könnte man auf Enttabuisierung, Entdiskriminierung und Emanzipation<br />

ausgelegte Präventionsarbeit leisten, ohne die sog. Allgemeinbevölkerung über den<br />

Sinn und Zweck zielgruppenspezifischer Arbeit zu informieren?<br />

Neben dem sehr breiten Spektrum an inhaltlichen Ausrichtungen (HIV und AIDS,<br />

Hepatitiden und andere sexuell übertragbare Krankheiten, Homosexualität,<br />

Drogengebrauch, Frauen/Mädchen und AIDS, Migration und AIDS u.a.m.) ist es<br />

32


alljährlich aufs Neue schwierig, halbwegs flächendeckend in unserer großen Region<br />

Präsenz zu zeigen.<br />

Der Jahresauftakt ist traditionell geprägt durch eine Fülle an<br />

Präventionsveranstaltungen im Bereich „Youthwork“ (s. 5.6.) sowie durch intensive<br />

Berichts- und Dokumentationsarbeit zum Vorjahr. Darüber hinaus hat uns (Team und<br />

Vorstand) die Umsetzung der Ergebnisse aus dem<br />

Organisationsentwicklungsprozess im Rahmen von außerordentlicher und<br />

ordentlicher Mitgliederversammlung und den dazugehörigen Korrespondenzen mit<br />

Amtsgericht und Notar zu den erforderlichen Satzungsänderungen im ersten<br />

Halbjahr sehr beschäftigt. Parallel aber liefen natürlich auch die Planungen zur<br />

Öffentlichkeitsarbeit an.<br />

In bewährter Kooperation mit der AIDS-Hilfe Oberhausen gab es die fachliche<br />

Einstimmung im Mai mit einem Fachgespräch zur HIV-Therapie. Mit dem Titel „Älter<br />

Werden mit HIV“ haben wir ein wichtiges Schwerpunktthema, welches uns<br />

erfreulicherweise noch lange begleiten wird, behandelt. Der Münsteraner HIV-<br />

Behandler, Dr. Peter Hartmann, hat uns in hervorragender Weise hier eingestimmt.<br />

Das Stadtteilfest in Duisburg-Hochfeld am 06.06. litt in diesem Jahr etwas unter<br />

ungünstigen Witterungsbedingungen. Doppelt gefordert waren wir am 20.06., dem<br />

bundesweiten Aktionstag zur sog. „Nacht der Solidarität“. Tagsüber gestalteten wir<br />

im Verbund mit den Kooperationspartnern des Duisburger Aktionsbündnisses gegen<br />

AIDS einen interaktiven Stand mit dem AIDS-Parcour der Kindernothilfe im Rahmen<br />

des Duisburger Umweltmarktes und sammelten Unterschriften für die bundesweite<br />

Kampagne „Leben vor Pharmaprofit“, die sich gegen die Patentanmeldungen dreier<br />

Hersteller von antiretroviralen Medikamenten in Indien richtete, um die gerade für<br />

Entwicklungsländer so ungemein wichtige Produktion von Generika-Medikamenten<br />

nicht zu gefährden.<br />

Christa L. im Einsatz für das Aktionsbündnis gegen AIDS<br />

33


Am Abend durften wir einen äußerst bunten Abend im Abtei-Keller in Duisburg-<br />

Hamborn erleben. Unter dem Motto „Künstler in NRW und DU – gemeinsam gegen<br />

AIDS“ fand eine Benefiz-Gala statt, bei der Künstler verschiedenster Sparten<br />

(allesamt gagenfrei!) ein tolles Programm auf die Bühne brachten. In diesem<br />

Rahmen konnte noch einmal auf die Kampagne und den Hintergrund des<br />

„Aktionsbündnisses gegen AIDS“ eingegangen werden. Diese tolle Veranstaltung<br />

wurde weitestgehend selbständig von unseren Super-Praktikantinnen Sandra<br />

Kohlhase und Yvonne Leuverink geplant und organisiert. Ein Engagement, das weit<br />

über ein „normales“ Praktikum hinausging. Den beiden und natürlich allen Künstlern<br />

gilt unser herzlichster Dank.<br />

34


Sandra, Thomas und Yvonne …<br />

… mit himmlischem Beistand<br />

Der Zielgruppe „Jugendliche“ widmeten wir uns in diesem Sommer im Rahmen der<br />

Jugend-DIN-Tage am 29.08. in Dinslaken, bei dem in diesem Jahr leider<br />

ungewöhnlich wenige Jugendliche die Angebote der Beratungseinrichtungen nutzten.<br />

Wir führen dies auf eine sehr deutliche Polizeipräsenz zurück, die vor allem<br />

Alkoholkontrollen durchführen sollten. Dies hat zu einer Verlagerung des<br />

Zielpublikums geführt, die ja eigentlich niedrigschwellig –auch zum Thema Alkoholund<br />

Suchtmittelkonsum informiert und beraten werden sollte. Hier würden wir uns ein<br />

abgestimmteres Konzept wünschen.<br />

Auch in diesem Jahr konnten wir erneut das Angebot der „Medizinischen Rundreise“<br />

der DAH nach Duisburg holen. Am 28. und 29.08. stiegen wir als Pilotgruppe in das<br />

neu geschaffene Seminarangebot zur „Sexuellen Gesundheit schwuler Männer“ ein.<br />

Dank der wieder einmal hervorragenden Leitung durch Bernd Vielhaber erlebten<br />

auch die vertretenen heterosexuellen Männer eine sehr interessante Fortbildung, die<br />

nicht zuletzt auch wieder einmal unseren „Kurs“ der sexuellen Gesundheitsförderung,<br />

die über „reine“ Präventionsarbeit hinausgeht, sehr bestätigte.<br />

Natürlich beteiligte sich die ÖA-Gruppe auch in diesem Jahr wieder sehr aktiv am<br />

Geschehen rund um den Duisburger CSD (s.u.) am 25.07.09.<br />

Bei herrlichem Wetter und in wunderschöner Atmosphäre des Heubergparks in<br />

Wesel fand das Jugendfestival in Wesel am 12. September statt. Den Jugendlichen<br />

wurde ein ausgesprochen vielfältiges und attraktives Beratungs- und<br />

Interaktionsangebot durch verschiedenste Akteure der Jugendarbeit geboten. Wir<br />

konnten hier insgesamt ein recht gutes Aufklärungsniveau bei den Weseler<br />

Jugendlichen feststellen und waren angenehm überrascht, doch eine ganze Reihe<br />

von Jugendlichen zu treffen, die bereits durch unsere Youthwork-Angebote in<br />

Schulen gelaufen sind und dabei offenbar einen nachhaltigen Kenntnisstand<br />

erworben haben.<br />

35


Internationaleres Publikum sollte das „Fest der Kulturen“ am 02. Oktober auf der<br />

Königstrasse erreichen, dem traditionellen Abschluss der „Interkulturellen Wochen“ in<br />

Duisburg. Doch leider hielt sich die Resonanz –nicht nur an unserem Stand- in<br />

Grenzen. Wir sind dennoch überzeugte „Wiederholungstäter“ bei der Beteiligung an<br />

Veranstaltungen, die das bunte Miteinander von Menschen mit oder ohne<br />

Migrationshintergrund in unserer Gesellschaft thematisieren, was natürlich auch für<br />

die Sexualität gilt. Und die Risiken und Nebenwirkungen dessen sind ohnehin<br />

international.<br />

Infogespräche am Glücksrad<br />

4.3. Benefiz-Veranstaltungen<br />

Nicht nur in finanzieller Hinsicht sind Benefiz-Aktionen für uns sehr wichtig, bieten<br />

Aktionen mit Künstlern oder anderen Prominenten doch meist die Möglichkeit, unser<br />

Thema auch außerhalb der Welt-AIDS-Tags-Zeit öffentlichkeitswirksam zu platzieren.<br />

Das Berichtsjahr <strong>2009</strong> geht diesbezüglich als ein besonders gutes Jahr in die<br />

Annalen der AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel ein. Viele zivilgesellschaftliche<br />

Gruppen und Einzelpersonen haben sehr Gutes getan und wir wollen darüber reden<br />

und schreiben.<br />

Ein riesengroßes Dankeschön gilt einmal mehr dem Duisburger Gastronomen,<br />

Thomas Seven, der im Berichtsjahr mit seinem traditionellen Grünkohlessen im<br />

November wieder viele Gäste zu Spenden animieren und darüber über 4.000,- € für<br />

die Aufrechterhaltung unserer Angebotspalette bereitstellen konnte.<br />

Gleich verschiedene Jubiläen lieferten den Anlass für die nunmehr fünfte Benefiz-<br />

Gala der Duisburger „First Lady of Travestie“ Jennifer Dean alias Henning Ladewig,<br />

der mit einigen Künstlerfreundinnen und –freunden, die allesamt gagenfrei auftraten,<br />

am 03. Oktober wieder einmal ein begeisterndes Showevent zugunsten der AIDS-<br />

Hilfe veranstaltete und darüber hinaus noch über 2.000,- Euro Spenden akquirierte.<br />

Zu diesem Anlass steuerte in diesem Jahr auch die Sparda-Bank West einen<br />

Förderbetrag von 5.000,- Euro bei. Ganz herzlichen Dank! Dieser Einsatz verpflichtet<br />

uns.<br />

36


Treue Unterstützung erfahren wir seit nunmehr vier Jahren durch einen Teil der Citi-<br />

Pride-Group der Duisburger citibank, federführend durch Herrn Guido Kuhl, die zum<br />

Welt-AIDS-Tag wieder über 400 Solibären verkauft haben.<br />

Bärenstarke Werbung<br />

Das gute Beispiel für social networking hat offenbar Schule gemacht, denn im<br />

Berichtsjahr gab es schon zum zweiten Mal auch eine Unterstützungsaktion der<br />

Deutschen Bank, die zum Welt-AIDS-Tag nicht nur zwei höchst engagierte und<br />

37


aktive Mitarbeiterinnen abstellte, sondern diesen Einsatz auch noch mit 500,- €<br />

belohnte.<br />

Höchst erwähnenswert ist auch das wiederholte Engagement der Belegschaft von<br />

IKEA Duisburg, die zum WAT nicht nur die Personalräume mit Kampagnenmaterial<br />

ausstattete, um intern zu informieren, sondern darüber hinaus auch noch in ihren<br />

Reihen für die AIDS-Hilfe Spenden sammelte sowie für unseren großen Aktionstag<br />

zum WAT im Duisburger FORUM (s.u.) zwei Schlafsofas zur Installation eines<br />

„Liebesortes“ stiftete.<br />

Sehr erwähnenswert ist weiterhin die treue Unterstützung der ehemaligen<br />

Betriebsrätin von KARSTADT-Walsum, Frau Graschtat, die mittlerweile in<br />

Privatinitiative Kund/innen in der Adventszeit dazu einladen, Präsente für Menschen<br />

mit HIV und AIDS zu erwerben und zu hinterlegen. Im Namen der –wirklich<br />

bedürftigen- Empfänger/innen sagen wir dazu ganz herzlichen Dank!<br />

Unermüdliche Kämpfer im Kampf gegen AIDS sind schon lange Dr. Günther Bittel,<br />

seine Frau Ingrid und ihr Mitstreiter-Team in Duisburg-Rheinhausen, die unter<br />

anderem zum fünften Mal das Benefiz-Konzert „Treatment for all“ im Haus der<br />

Jugend durchführten und nicht nur inhaltlich wachrüttelten, sondern darüber hinaus<br />

auch einen Teil des Erlöses für unsere Arbeit vorsehen.<br />

Darüber hinaus erfreut es uns sehr, an dieser Stelle Jahr für Jahr über sehr stabile<br />

Unterstützungsaktivitäten berichten zu können. Da sind zum einen die<br />

Spendensammlungen und thematischen Veranstaltungen vieler Kirchengemeinden<br />

zu nennen, die zudem in der Regel auf unsere Anfrage hin für unsere alljährliche<br />

Weihnachtsfeier für Menschen mit HIV und AIDS eingehen – vielen herzlichen Dank<br />

dafür – und zum anderen die Spendenausschüttung einer Reihe von Sparkassen.<br />

Ganz besonders bedanken wir uns hier bei der Sparkasse Duisburg für ihre Treue<br />

hinsichtlich der Teilfinanzierung unserer aufsuchenden Arbeitsangebote.<br />

Ein besonderes Anliegen ist es uns, den zahlreichen Schülerinnen und Schülern und<br />

engagierten Lehrkräften zu danken, die uns mit hoher Motivation, Überzeugung und<br />

zum Teil sehr kreativen Aktionsideen nicht nur bei der Spendensammlung, sondern<br />

auch bei der Thematisierung von HIV und AIDS in zweifellos wichtigsten Zielgruppen<br />

38


fantastisch unterstützen. Stellvertretend möchten wir hier die Projektgruppen am<br />

Gymnasium Adolfinum in Moers, dem Sophie-Scholl-Berufskolleg in Duisburg-<br />

Marxloh, die Projektgruppe am Gymnasium Moers-Rheinkamp und die Gustav-<br />

Heinemann-Realschule Duisburg-Mitte erwähnen.<br />

DANKE für einen bärenstarken Einsatz für die AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V.<br />

Der „Soli-Bär“ <strong>2009</strong><br />

4.4. Veranstaltungen zum <strong>2009</strong><br />

„Stop AIDS. Keep the Promise!“ Das war und ist das internationale Motto der Welt-<br />

AIDS-Kampagnen seit 2005. Es erinnerte daran, dass im Juni 2001 Politiker aus aller<br />

Welt auf einer Sondersitzung der Vereinten Nationen zu HIV und AIDS das<br />

Versprechen gaben, sich national und international stärker im Kampf gegen die<br />

weltweite HIV- und AIDS-Epidemie zu engagieren.<br />

Das deutsche Motto ergänzt seither: „Gemeinsam gegen AIDS. Wir übernehmen<br />

Verantwortung für uns selbst und andere.“ (s.o.). Nicht nur die Politik, sondern jede/r<br />

Einzelne trägt Verantwortung für sich selbst und andere. Wir alle können etwas tun,<br />

aber nur gemeinsam können wir etwas erreichen.<br />

Im Berichtsjahr lag der besondere Schwerpunkt mit dem Zusatzmotto „Ganz<br />

Deutschland zeigt Schleife“ auf der Solidarität mit den Betroffenen: Damit Menschen<br />

mit HIV und AIDS nicht ausgegrenzt werden, sondern offen und selbstbewusst mit<br />

ihrer Infektion leben können.<br />

39


Angesichts dieser Ausrichtung und Forderungen fiel es uns auch in diesem Jahr<br />

nicht schwer, das deutsche Motto für unsere WAT-Veranstaltungen voranzustellen.<br />

Mit zehn eigenen Veranstaltungen und weiteren mit und von Kooperationspartnern<br />

durchgeführten Aktionen konnte auch im Berichtsjahr wieder ein umfangreiches<br />

Angebot vorgehalten (s. Flyer und Pressespiegel im Anhang) und viele Menschen<br />

darüber erreicht werden.<br />

Am 20. November ging es los mit der WAT-Warm-up-Party, der schwul-lesbischen<br />

Tanzparty im Kulturzentrum „HundertMeister“ am Duisburger Dellplatz, bei der neben<br />

spezifischen Informationsangeboten auch die „mister and misses Warm-up-Wahl“<br />

von unserem Herzenslust-Team durchgeführt wurde (s. a. 5.1) und die<br />

Aufmerksamkeit von ca. 400 Partybesuchern auf sich zog.<br />

Am 24.11. führten uns unsere beiden Duisburger HIV-Schwerpunktbehandler, Dr.<br />

Kwirant und Dr. Becker-Boost, im Rahmen eines interaktiven Fachgespräches zur<br />

HIV-Therapie im Atelier der „Alten Feuerwache“ die Chancen wie auch die Risiken<br />

und Nebenwirkungen einer antiretroviralen Therapie vor Augen. Unter dem Titel „Ein<br />

Leben lang!? – HIV-Therapie Heute für Morgen“ erlebten wir erkenntnisreiche und<br />

gut abgestimmte Vorträge und im Anschluss ausführliche Antworten auf individuelle<br />

Fragen.<br />

Dr. Becker-Boost, Dr. Kwirant, das Moderatorengespann Natalie Rudi (AH Oberhausen) und Dietmar Heyde und Auditorium<br />

Sehr erfreulich gestalteten sich wieder einmal die Kooperationen mit einzelnen<br />

Kirchengemeinden. So erneut die Gedenkveranstaltung im Anschluss an unseren<br />

Candle-Light-Walk am Mittwoch, dem 25. November in der Liebfrauen-Kirche in<br />

Duisburg-Mitte, die von den Teilnehmenden besonders gewürdigt wurde. Ein<br />

besonderes „Danke schön!“ gilt unserem langjährigen Begleiter, Unterstützer und<br />

Lenker der Gedenkveranstaltung, Herrn Sven Köpnick.<br />

40


Impressionen vom Candle-Light-Walk<br />

Das letzte Wochenende vor dem 01.12.<strong>2009</strong> widmeten wir konzentriert Aktionen im<br />

Kreis Wesel. Am 28.11.09 zeigte Moers trotz widriger Witterung Schleife. Auf dem<br />

Altmarkt boten sich den Passanten Bilder vieler Menschen, die nicht nur das Grau in<br />

Grau mit roten Schleifenfarbtupfern auflockerten, sondern eben damit auch ein<br />

deutliches Zeichen der Solidarität mit Menschen mit HIV und AIDS –nicht nur durch<br />

ihre Spenden- setzten.<br />

Unerwartet erfreulich, weil mit ausgesprochen guter Resonanz, verlief die Rote-<br />

Schleifen-Aktion am Sonntag, dem 29.11.10 auf dem Adventsmarkt in Wesel. Auch<br />

hier konnten wir mit vielen Bürgerinnen und Bürgern ins Gespräch kommen und<br />

erfuhren viel Zuspruch in Form von Spenden, aber eben auch mit solidarischen und<br />

motivierenden Worten.<br />

Gerne würden wir in unserem Zuständigkeitsgebiet wandern, um insbesondere auch<br />

in den einzelnen Gemeinden des Kreises Wesel zum WAT Präsenz zu zeigen, aber<br />

hier bieten sich im Umfeld des 01. Dezember leider kein Weihnachtsmarkt oder<br />

andere publikumswirksame Veranstaltungen mehr an. Der Weihnachtsmarkt in<br />

Voerde ist räumlich und terminlich „weggezogen“ und in Xanten etwa werden erst gar<br />

keine „Bettel-Stände“ zugelassen.<br />

Der im letzten <strong>Jahresbericht</strong> geäußerte Wunsch, am 01. Dezember in Duisburg in die<br />

gute neue Einkaufsstube, der Einkaufsmall FORUM Duisburg zu kommen, ging in<br />

höchst erfreulicher Form in Erfüllung. Wir traten in eine neue Ära ein – mit einem<br />

großen Aktionstag konnten wir einen lang gehegten Wunsch umsetzen, nämlich<br />

einerseits möglichst viele Menschen an diesem Tag erreichen zu können und<br />

andererseits durch ein breiter gefächertes Angebot auch interaktive<br />

Auseinandersetzungen mit dem Thema für verschiedene Bevölkerungs- und<br />

Altersgruppen vorhalten zu können.<br />

Dabei zeigte sich das Centermanagement nicht nur äußerst kooperativ, sondern<br />

auch kreativ, was ideelle und materielle Unterstützung dieses Aktionstages betraf.<br />

Zudem konnten sich Teile des Duisburger Aktionsbündnisses mit einbringen, so<br />

insbesondere auch die Kindernothilfe, die die globale Seite der AIDS-Problematik mit<br />

41


ihrem Mitmach-Parcour, einer Ausstellung und einem exemplarischen Film zum<br />

„Leben mit HIV in Uganda“ aufgriff.<br />

Ausstellung und Parcour der Kindernothilfe beim WAT-Aktionstag im FORUM Duisburg<br />

Besonders bei Jugendlichen beliebt war ein Foto-Shooting, bei dem sich die<br />

Teilnehmenden als „Botschafter gegen AIDS“ neben Philipp Lahm ablichten und<br />

persönliche Statements abgeben konnten.<br />

Eine ganze Reihe von Filialen aus dem FORUM beteiligte sich an einer<br />

Orientierungsrallye für interessierte Gruppen oder Einzelpersonen mit speziellen<br />

Fragen zum Thema und stifteten sogar kleine Präsente für die Aktiven.<br />

Zentrale Anlaufstelle und Ausgangspunkt für die traditionelle Red-Ribbon-Aktion war<br />

unser Infostand im Erdgeschoss, an dem uns auch die diesjährigen Solidaritäts-<br />

Bären fast aus den Händen gerissen wurden.<br />

42


Ein ganz herzlicher Dank geht wieder einmal an die Show-Tanz-Gruppe der „Cherrygirls“,<br />

die mit ihrem Auftritt für besonders hohes Publikumsaufkommen sorgte,<br />

welches genutzt wurde, um anschließend die von IKEA gestifteten Schlafsofas zu<br />

versteigern sowie den Aktionstag durch eine interessant besetzte Podiumsdiskussion<br />

abzurunden.<br />

Impressionen vom Auftritt der „Cherry-girls“ unter der Leitung von Peter Kirsch<br />

Dr. Becker-Boost im Gespräch mit dem Moderator, Jörg Conradi vom Studio47<br />

Dahinter v. li. n. re.: Frank Mischo (Kindernothilfe & Aktionsbündnis), Rolf Ringeler (Vorstandsvorsitzender der AIDS-Hilfe),<br />

Holger Ellerbrock (FDP-MdL) und Lutz Müller (Centermanager FORUM Duisburg)<br />

Welt-AIDS-Tag <strong>2009</strong> im FORUM Duisburg – eine tolle Geschichte, die nach Aussage<br />

aller Beteiligten etabliert werden soll.<br />

43


HIV und AIDS sind schon sehr lange globalisiert und die Pandemie ist weltweit sehr<br />

unterschiedlich verteilt. Während wir hier erfreulicherweise auf eine letztlich sehr<br />

kleine Infektionsdimension schauen, sieht es in den sog. Entwicklungsländern immer<br />

noch ganz anders aus. 90 Prozent der HIV-positiven Menschen leben und sterben<br />

hier. Ganz besonders betroffen ist nach wie vor Subsahara-Afrika.<br />

Es ist gute Tradition, dass wir mindestens im Rahmen des Welt-AIDS-Tages den<br />

Blick über den nationalen Tellerrand heben und unser Augenmerk dorthin lenken.<br />

Ganz besonders eindrucksvoll ist dies im Berichtsjahr wieder beim „Abendgebet zum<br />

Welt-AIDS-Tag“ am 03. Dezember gelungen.<br />

Diese Solidaritätsveranstaltung der Veranstaltergemeinschaft des Duisburger<br />

Aktionsbündnisses gegen AIDS (i.e.: Kindernothilfe, Ev. Kirchenkreis Duisburg,<br />

Infostelle dritte Welt, Ev. Studentengemeinde Duisburg, die ev. Kirchengemeinde Alt-<br />

Duissern, die AIDS- und STD-Beratungsstelle des Gesundheitsamtes und die AIDS-<br />

Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V.) fand wieder in der Luther-Kirche in Duisburg-<br />

Duissern statt. Etwa vierzig Besucher/innen waren –wie wir alljährlich- sehr angetan<br />

vom Veranstaltungskonzept, den z.T. authentischen Lebensbildern von Menschen<br />

mit HIV und AIDS, den symbolischen Aktionen sowie von den musikalischen<br />

Darbietungen. In diesem Jahr unterstützten uns musikalisch die Trommelgruppe<br />

„Shakti Taiko“ aus Duisburg, Dr. Becker-Boost an der Querflöte und die Organistin<br />

der Kirchengemeinde, Frau Anne Nauen mit mitreißenden Darbietungen. Für diese<br />

hervorragenden Gesten der Solidarität sagen wir ganz herzlichen Dank. Das<br />

Duisburger Aktionsbündnis gegen AIDS ist weiterhin offen für weitere<br />

Kooperationspartner. Interessierte Personen und/oder Einrichtungen sind immer<br />

willkommen.<br />

Am 05.12. „traf“ unser neues Partydrogen-Projekt „@drugthive“ die Partypeople der<br />

Ultraschall-Party im ehemaligen Europa-Kino in Duisburg-Mitte und lud diese zu<br />

Präventionsgesprächen ein und zu guter Letzt bot der Herzenslust-Koordinator am<br />

09.12. zum Film „Jung. Schwul. Positiv – über das Leben mit HIV“ und einer<br />

anschließenden Diskussionsrunde ein, die allerdings schlecht besucht war.<br />

Allen, die uns zum Welt-AIDS-Tag <strong>2009</strong> durch viel Engagement und Kreativität<br />

unterstützt haben, gilt an dieser Stelle noch einmal unser ganz herzlicher Dank !!<br />

Und: … nach dem Welt-AIDS-Tag ist vor dem Welt-AIDS-Tag! Interessierte, die 2010<br />

dabei sein wollen, können sich jederzeit gerne bei uns melden<br />

4.5. Berichterstattung in den Medien<br />

44


Die Nachfragen von Seiten der Print-, Funk- und TV-medien, die unsere Arbeit zum<br />

Teil sehr aufmerksam begleiten, stimmt uns zuversichtlich und führt uns zu dem<br />

Eindruck, gute Arbeit zu leisten.<br />

Wir waren unsererseits mit der Erreichbarkeit und dem Echo bei Presse, Lokalfunk<br />

und –fernsehen über das Berichtsjahr verteilt insgesamt sehr zufrieden (s.<br />

Pressespiegel im Anhang). Besonders bemerkenswert ist für das Berichtsjahr<br />

sicherlich festzuhalten, dass der Bericht über unser „BuT-Projekt“ der Rastplatz-<br />

Sommeraktion es bis in die 19.00-Uhr-Nachrichten der „heute-Sendung“ des ZDF<br />

geschafft hat und auch das ARD-Nachtmagazin berichtete<br />

Das schon mehrmals zitierte Stadtfernsehen „Studio 47“ ist mittlerweile ein treues<br />

Begleiter- und Unterstützermedium, genau so wie die Lokalradios von Radio DU inkl.<br />

dem Bürgerfunk und Radio KW.<br />

Im Printmedienbereich gab es im Berichtszeitraum große Portraits über Menschen<br />

und Angebote der AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V. Anders als im Vorjahr<br />

allerdings leider wenig Interesse aus dem Kreis Wesel.<br />

Dem stabil hohen Niveau bei den Neuinfektionen im Berichtsjahr muss aus unserer<br />

Sicht aber auch wieder mit einer Kommunikationsoffensive begegnet werden, um die<br />

Präventionserfolge der vergangenen Jahre nicht weiter zu gefährden. Aufklärung,<br />

sachliche Information und Erinnerung müssen wahrnehmbar bleiben.<br />

4.6. Sonstige Aufgaben und Tätigkeiten<br />

Hier sind für den Stelleninhaber zu nennen :<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Vertretung der AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V. in verschiedenen<br />

regionalen Gremien und Arbeitskreisen in Duisburg, dem Kreis Wesel und auf<br />

Landesebene<br />

Vorbereitung, Organisation, und Durchführung von Informationsständen,<br />

Seminar- und Vortragsangeboten,<br />

Organisatorische Begleitung und Pressearbeit für Benefiz- und<br />

Kooperationsveranstaltungen,<br />

Akquise von finanziellen Mitteln und personellen Ressourcen<br />

(Ehrenamtleranwerbung)<br />

Kontaktpflege zu Förderern und Kooperationspartnern,<br />

45


Telefonische und persönliche Beratung,<br />

Geschäftsführung,<br />

U.a.m.<br />

Abbildung :<br />

Präventionsveranstaltungen in der Allgemeinbevölkerung<br />

im Jahre <strong>2009</strong> – Veranstaltungen insgesamt<br />

5. Zielgruppenspezifische Prävention<br />

46


5.1 HIV/AIDS-Prävention bei Schwulen, Männern die Sex mit Männern<br />

haben sowie bisexuellen Männern<br />

Das Projekt „homosexuelle und bisexuelle Männer sowie MSM (Männer, die Sex mit<br />

Männern haben) im Kontext von HIV / STI´s“ der AIDS-Hilfe Duisburg/Kreis Wesel<br />

e.V. ist durch zielgruppenspezifische Mittel des Landes NRW gefördert worden.<br />

Durch diese Förderung konnte, neben der Ergänzungsfinanzierung durch die<br />

Kommunen, eine Vollzeitstelle vorgehalten werden, mit der die strukturelle<br />

Prävention im Arbeitsbereich „homosexuelle und bisexuelle Männer sowie MSM im<br />

Kontext HIV / STI´s“ auf der lokalen, regionalen und landesweiten Ebene sowie die<br />

Begleitung der lokalen Herzenslustgruppe umgesetzt wurde. Zusätzlich hat das<br />

Projekt auf der lokalen Ebene das Ziel, HIV-Positive Männer niedrigschwellig zu<br />

erreichen und ihnen die möglichen Angebote in der Region zu vermitteln bzw. die<br />

Begleitung durch die AIDS-Hilfe anzubieten (Streetwork).<br />

Auf der landesweiten Ebene erfolgte die Arbeit ausschließlich in Gremien, die sich<br />

überregional mit dem Thema „homosexuelle Männer sowie MSM im Kontext HIV /<br />

STI´s“ befassen.<br />

Auf der regionalen Ebene wurden in der Vernetzung mit anderen Institutionen<br />

Kampagnen und Präventionsaktionen erarbeitet und durchgeführt. Die in diesen<br />

Gremien vorhandenen Ressourcen konnten so gebündelt werden und es ergaben<br />

sich sinnvolle Synergieeffekte.<br />

Auf der lokalen Ebene wurden gemeinsam mit Kooperationspartnern und durch die<br />

Einbeziehung von ehrenamtlichen Mitarbeitern sowie HIV-positiven schwulen<br />

Männern die ausdifferenzierten Angebote/Präventionsaktionen erfolgreich<br />

umgesetzt. Durch diese Kooperationen konnten die begrenzten personellen<br />

Ressourcen optimal genutzt werden.<br />

5.1.1 Vorwort<br />

Die zielgruppenspezifische Präventionsarbeit der AIDS-Hilfe Duisburg/Kreis Wesel<br />

e.V. im Bereich MSM hatte im Berichtszeitraum mehrere Arbeitsschwerpunkte. So<br />

gelang es dem Arbeitsbereich weiterhin, die Kampagne für MSM „ich weiss was ich<br />

tu“ (IWWIT) der Deutschen AIDS-Hilfe e.V. in die landesweite Kampagne<br />

Herzenslust zu integrieren.<br />

Ein weiterer Arbeitsschwerpunkt war die Umsetzung des HIV-Schnelltestsangebotes<br />

im niedrigschwelligen Bereich, welcher unter dem Label „BuT“ (Beratung und Test) in<br />

Pilotstädten, unter anderem in der Region Duisburg / Kreis Wesel, angeboten wurde.<br />

Die Vorarbeit (Schulung der ehrenamtlichen Mitarbeiter, konzeptionelle Planung der<br />

Umsetzung lokal und in Arbeitskreisen landesweit, Absprache mit<br />

Kooperationspartnern) nahm einen Hauptteil der zeitlichen Ressourcen in Anspruch.<br />

Die ausdifferenzierte Arbeit im Bereich der Primärprävention bei MSM (z.B. GAY<br />

ROMEO health support, Vor-Ort Arbeit, Beratung und Test) fordert immer mehr eine<br />

detaillierte fachlich qualifizierte Schulung der Mitarbeiter. Diese neuen<br />

47


Anforderungen gehen mit einer hohen zeitlichen Kapazität an Schulungsanteilen für<br />

die haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter einher. Dieser Trend wird sich auch in<br />

Zukunft fortsetzen. Hier gilt es, einerseits die Mitarbeiter fachlich gut auf die Arbeit<br />

vorzubereiten und andererseits die Schulungsanteile für die einzelnen Trainer /<br />

Referenten in einem „gesunden Maß“ zu halten. Durch die geforderten<br />

Qualitätssicherungsmaßnahmen und damit einergehenden Verpflichtungen<br />

(Teilnahme an (Schulungs-) Veranstaltungen, Berichtswesen, Datenerhebung)<br />

wurden zeitliche Ressourcen ebenfalls gebunden.<br />

5.1.2 Landesweite Vernetzung<br />

Teilnahme an Arbeitskreisen<br />

Arbeitskreis schwule Prävention<br />

Unter dem Namen „Herzenslust“ wird strukturelle HIV-Prävention im Bereich<br />

„homosexuelle und bisexuelle Männer sowie MSM“ in ganz NRW durchgeführt.<br />

Herzenslust ist eine Kampagne der AIDS-Hilfe NRW e.V.. Auf der landesweiten<br />

Ebene finden regelmäßige Arbeitskreise unter dem Namen „Landesarbeitskreis<br />

schwule Prävention“ statt, wo die Herzenslustgruppen sich inhaltlich austauschen<br />

können. Der Projektnehmer hat regelmäßig an diesen Arbeitskreisen teilgenommen.<br />

In diesem Gremium wurden neu entwickelte Aktionen vorgestellt, Tendenzen in der<br />

schwulen Community erörtert sowie zu bestimmten Themenfeldern Referenten<br />

eingeladen. Auf diesen landesweiten Arbeitskreisen konnten so Ideen für<br />

Präventionsaktionen ausgetauscht, Kampagnen entwickelt und nicht erfolgreiche<br />

Projekte analysiert werden. So wurde durch den Erfahrungsaustausch und die<br />

fachliche Unterstützung der unterschiedlichen lokalen Herzenslustgruppen die<br />

regionale und lokale Arbeit sinnvoll modifiziert.<br />

Gay Romeo / health support<br />

Herzenslust hatte auf der landesweiten Ebene die Onlinepräventionsarbeitet<br />

konzipiert und umgesetzt. Bei Gay Romeo, einem Onlineportal für schwule und<br />

bisexuelle Männer, wurde ein health support geschaltet. Hier werden Ratsuchenden<br />

von örtlichen Herzenslustmitarbeitern Fragen zu HIV/AIDS, Hepatitiden und anderen<br />

sexuell übertragbaren Krankheiten, schwuler Gesundheit und Szeneorten in der<br />

Region beantwortet. Das lokale Projekt Duisburg / Kreis Wesel hat für die lokale<br />

Herzenslustgruppe ein Profil erstellt und Chatberatung durchgeführt. An diesem<br />

Projekt sind hauptamtliche sowie ehrenamtliche Onlinepräventionisten beteiligt. Das<br />

lokale Gay Romeo-Projekt war regelmäßig bei den bundesweiten Austauschtreffen<br />

vertreten. Diese Treffen dienen als Plattform, sich zu Themenfeldern der Online-<br />

Beratung auszutauschen sowie der Erarbeitung und Erhaltung von Präventions- und<br />

Beratungsstandards.<br />

Beratung und Test (BuT)<br />

Der Projektnehmer war regelmäßig bei dem Steuerungskreis von „BuT“ auf der<br />

landesweiten Ebene vertreten. In diesem Arbeitskreis, der sich aus Mitarbeitern der<br />

Gesundheitsämter, den beteiligten Herzenslustprojekten, Mitarbeitern der<br />

Landesgeschäftsstelle, Mitarbeitern der Deutschen AIDS-Hilfe sowie Mitarbeitern aus<br />

dem Bereich Selbsthilfe zusammensetzte, wurden die Qualitätsstandardts und die<br />

48


Möglichkeiten / Grenzen von „BuT“ diskutiert sowie einheitliche Standards<br />

beschlossen.<br />

CSD Köln<br />

Das Projekt „homosexuelle und bisexuelle Männer sowie MSM (Männer, die Sex mit<br />

Männern haben) im Kontext von HIV / STI´s“ der AIDS-Hilfe Duisburg/Kreis Wesel<br />

e.V. hat sich an der Präventionsaktion der AIDS-Hilfe Köln e.V. auf der Parade des<br />

CSD beteiligt. Als stilisierte Schiedsrichter beteiligte sich auch die lokale<br />

Herzenslustgruppe unter dem Motto „Fair Play – Ran an die Bällchen“ an der Aktion.<br />

Diese Aktion wurde resourcenorientiert geplant, da sich unter dem selben Motto im<br />

Jahr 2010 Herzenslust sowie IWWIT an den Gay Games beteiligen wollen.<br />

5.1.3 Projektarbeit auf der regionalen Ebene<br />

Regionale Vernetzung<br />

Auf der regionalen Vernetzungsebene arbeitete das Herzenslustprojekt eng mit den<br />

regionalen Herzenslustgruppen im Ruhrgebiet zusammen. So beteiligte sich das<br />

Projekt an den regelmäßig stattfindenden Arbeitskreisen „Herzenslust Knotenpunkt<br />

Ruhrgebiet“. Im Ruhrgebiet wurden aus diesem Arbeitskreis heraus Aktionen<br />

entwickelt, koordiniert und durchgeführt, welche einen überregionalen Charakter<br />

besaßen. Gerade bei größeren Events können die einzelnen Herzenslustgruppen nur<br />

schwer alleine öffentlichkeitswirksame Aktionen durchführen. Durch die Koordination<br />

und Umsetzung der geplanten Präventionsaktionen durch den<br />

Herzenslustkoordinator Ruhrgebiet können so über die Vernetzung mehrere<br />

Herzenslustteams zusammen eine Aktion ressourcenorientiert durchführen.<br />

Weitere Schwerpunkte des Arbeitskreises waren unter anderem die inhaltliche<br />

Fortbildung der ehrenamtlichen Präventionsmitarbeiter zum Themenfeld HIV/AIDS<br />

und andere STI´s sowie die Bewerbung ehrenamtlicher Mitarbeiter und der fachliche<br />

Austausch der lokalen Herzenslustgruppen.<br />

5.1.4 Projektarbeit auf der lokalen Ebene<br />

Kooperation mit lokalen Einrichtungen/Selbsthilfegruppen<br />

Auf der lokalen Ebene wurde mit verschiedenen Einrichtungen, Vereinen und<br />

Selbsthilfegruppen kooperiert (wie z.B. mit AkDuLuS e.V. sowie dem Kommissariat<br />

Vorbeugung der Polizei Duisburg).<br />

Primärpräventive Aktionen auf der lokalen Ebene<br />

Streetwork<br />

Der Projektnehmer hat durch regelmäßige Vor-Ort-Arbeit und Anwesenheit in der<br />

Szene HIV-positive Männer erreicht und begleitet diese im Rahmen der psychosozialen<br />

Betreuung. Durch dieses niedrigschwellige und anonyme Angebot konnten<br />

49


Männer erreicht werden, die sich durch eigenen Antrieb nicht an eine Hilfs-<br />

Organisation wie die AIDS-Hilfe gewendet hätten.<br />

Sprechstunden in der Szene<br />

Der Projektnehmer hat einmal im Quartal eine Sprechstunde für schwule Männer in<br />

einem Szenelokal durchgeführt. Durch die enge Zusammenarbeit mit dem Szenewirt<br />

wurde die Sprechstunde gut beworben und erfreute sich einer guten Resonanz.<br />

Neben dem hauptamtlichen Mitarbeiter stand ein HIV-positiver schwuler Mann als<br />

Ansprechpartner zu dem Thema „HIV-Positiv sein, was heißt das?“ zur Verfügung<br />

sowie der Ansprechpartner der Polizei Duisburg zu gleichgeschlechtlichen<br />

Lebensfragen.<br />

BuT-Rastplatz Sommeraktion<br />

Das Projekt „homosexuelle und bisexuelle Männer sowie MSM (Männer, die Sex mit<br />

Männern haben) im Kontext von HIV / STI´s“ der AIDS-Hilfe Duisburg/Kreis Wesel<br />

e.V. konnte erfolgreich das niedrigschwellige Konzept von „BuT“ als eine der<br />

Pilotstädten in NRW umsetzen. Für die detaillierte Beschreibung der Aktion ist auf<br />

den folgenden Seiten die in Druck befindliche Dokumentation aufgenommen worden.<br />

50


Dokumentation und Evaluation der<br />

BuT – Rastplatz Sommeraktion<br />

Ein Pilotprojekt<br />

- der AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V.<br />

- der AIDS-Hilfe NRW e.V.<br />

- dem Fachbereich Gesundheitswesen des Kreises Wesel<br />

mit Unterstützung des Kommissariats Vorbeugung des Polizeipräsidiums Duisburg<br />

November <strong>2009</strong><br />

51


Einleitung von Reinhard Klenke, AIDS-Hilfe NRW e.V.:<br />

Die BuT-Rastplatz-Sommeraktion der AIDS-Hilfe Duisburg-Kreis Wesel ist in vieler<br />

Hinsicht vorbildlich: Eine erste quantitative Auswertung der IWWIT-Testkampagne<br />

der DAH wies aus, dass von den 530 Beratungs- und Testterminen nur 20 außerhalb<br />

von AIDS-Hilfen und Gesundheitsämtern stattfanden, obwohl in anderen Ländern<br />

schon sehr positive Erfahrungen mit Beratungs- und Testprojekten gemacht wurden,<br />

die eine „Geh-Struktur“ vorgehalten haben, und bekannt ist, dass Angebote mit<br />

Komm-Strukturen von sozial benachteiligten Zielgruppen eher nicht wahrgenommen<br />

werden. Auf einem Cruising-Rastplatz ein mobiles Beratungs- und Testangebot zu<br />

etablieren ist ein mutiger Versuch, eine wesentliche Angebotslücke zu schließen und<br />

unkonventionell neue Wege zu gehen und eine bisher kaum erreichte Gruppen<br />

hochvulnerabler MSM anzusprechen.<br />

Vorbildlich ist auch die Zusammenarbeit verschiedener Stakeholder: Die AIDS-Hilfe<br />

Duisburg-Kreis Wesel mit ihrem besonderen Zugang zu der Zielgruppe MSM, das<br />

Gesundheitsamt, mit seiner medizinischen Kompetenz und Testerfahrung, die BuT-<br />

Buddies, mit ihrem hohen fachlichen und menschlichen Wissen aus der Positiven-<br />

Selbsthilfe, der Autobahnpolizei und der Autobahnverwaltung, die durch ihre<br />

unbürokratische Unterstützung die Arbeit mit ermöglicht haben. Und eben nicht<br />

zuletzt durch die konzeptionelle Begleitung, die Fortbildungsangebote von BuT-<br />

Herzenslust und die Bereitstellung des Beratungs- und Testmobils des AIDS-Hilfe<br />

Landesverbandes. Die Entwicklung von zugehenden, zielgruppenorientierten<br />

Strukturen in der HIV-Prävention ist nicht zuletzt eine wichtige Forderung aus dem<br />

NRW Gesundheitsministerium.<br />

Mit den besten Grüßen aus Köln,<br />

Reinhard Klenke<br />

Stellvertr. Landesgeschäftsführer<br />

52


Herzenslust NRW<br />

Vorwort<br />

Die AIDS-Hilfe Duisburg/Kreis Wesel e.V. ist ein gemeinnütziger Verein, der im Feld<br />

der Gesundheitsförderung tätig ist. Ihr wesentlicher Arbeitsauftrag ist die so<br />

genannte zielgruppenspezifische, strukturelle AIDS-Prävention. Wegen der sehr<br />

hohen HIV-Relevanz (s. u.) und der deutlichen Inzidenzsteigerungen anderer sexuell<br />

übertragbarer Krankheiten (STI´s) ist dieser Präventionsauftrag konsequenterweise<br />

in den letzten Jahren diesbezüglich erweitert worden.<br />

In dem Zielgruppensektor der Männer, die Sex mit Männern haben (MSM), wird<br />

dieser Arbeitsauftrag, den Gegebenheiten angepasst, durch das Präventionsprojekt<br />

„Herzenslust“ umgesetzt.<br />

Männer, die Sex mit Männern haben stellen in besonderem Maße eine dieser<br />

spezifischen Zielgruppen mit besonders hohem Infektionsrisiko dar.<br />

Eine der hochvulnerablen Gruppen, die ein erhöhtes Risiko haben, sich mit HIV zu<br />

infizieren, sind MSM mit einem unterdurchschnittlichen sozialen Status, die sich auf<br />

Cruisingareas treffen, da dort „verbale Kommunikation“ und Umgangsformen eine<br />

untergeordnete Rolle spielen. An diesen Orten ist es auch nicht nötig, sich mit<br />

subkulturellen Normen zu identifizieren oder sich als schwul zu definieren (s.<br />

KABaSTI-Studie, BuT Konzept).<br />

Ziele unserer Arbeit sind unter anderen die Verminderung / Verhinderung von<br />

Neuinfektionen von HIV und anderen sexuell übertragbarer Krankheiten bei MSM<br />

durch die Befähigung des Einzelnen, nach einer umfassenden<br />

Informationsvermittlung zu Übertragungswegen von HIV eigenverantwortlich Risiken<br />

abzuwenden (safer sex) bzw. reflektiert Risiken abzuwägen (Risikomanagement)<br />

53


sowie durch den rechtzeitigen Zugang zur ART (Antiretrovirale Therapie;<br />

Medikamente, die die Virusreplikation verringern/verhindern) im Falle eines positiven<br />

Testergebnisses den langfristigen Erhalt der Gesundheit sowie die Prophylaxe von<br />

Begleiterkrankungen oder Co-Infektionen HIV-positiver Menschen<br />

(Sekundärprävention) anzustreben, aber insbesondere auch um darüber die weitere<br />

Übertragungswahrscheinlichkeit zu minimieren (primärpräventive Effekte durch die<br />

Reduzierung der Viruslast unter einer erfolgreichen ART-Medikation).<br />

Durch die Entwicklung eines HIV-Antikörper Schnelltestes, der 2008 zugelassen<br />

wurde, erschlossen sich bezüglich der HIV-Testangebote neue Möglichkeiten. Dies<br />

vor allem wegen der neuen Beschaffenheiten des Tests:<br />

1. Das Ergebnis liegt nach ca. 15-20 Minuten vor.<br />

2. Für den Test wird nur Kapillarblut benötigt.<br />

Dem gegenüber stehen folgende Nachteile des Schnelltests:<br />

1. Der Name könnte vermuten lassen, dass der Test vor Ablauf des<br />

diagnostischen Fensters von 3 Monaten aussagekräftig sei. Der Name bezieht<br />

sich aber nur auf die schnelle Ergebnisanzeige von ca. 15-20 Minuten.<br />

2. Ein reaktives Schnelltestergebnis allein ist nicht aussagekräftig genug (im<br />

Gegensatz zum negativen Testergebnis). Daher muss zeitnah zum<br />

Schnelltest nach einem reaktiven Testergebnis intravenös Blut abgenommen<br />

und das Schnelltestergebnis durch einen Labortest bestätigt (oder widerlegt)<br />

werden.<br />

Konzeptionelle Ausarbeitung:<br />

Die AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V. hat sich, nach der Vorstellung des<br />

Konzeptes Beratung und Test („BuT“) durch den Landesverband 2008 entschieden,<br />

dieses Projekt auf einem Rastplatz im Kreis Wesel umzusetzen.<br />

54


Für die Entscheidung wurde ein Meinungsbild innerhalb des Vereines eingeholt.<br />

Sowohl der Vorstand, die aktiven ehrenamtlichen MitarbeiterInnen sowie die<br />

hauptamtlichen MitarbeiterInnen waren von den Argumenten für eine Rastplatzaktion<br />

überzeugt. Die ausschlaggebenden Argumente waren:<br />

- Die Beratung der Zielgruppe steht im Vordergrund der Vor-Ort-Aktion.<br />

- Die Testdurchführung soll durch einen Arzt des Gesundheitsamtes<br />

vorgenommen werden (Aktive Einbindung des ÖGD).<br />

- Die anvisierte Zielgruppe sind MSM, die anonym Sex mit Männern auf den<br />

Rastplatz haben, durch ihre allgemeine Lebensführung (viele leben in<br />

„normalen“ Familienstrukturen) bedingt jedoch keine Möglichkeiten haben<br />

oder diese bewusst ablehnen oder wegen Unkenntnis der Infrastruktur, die<br />

schon bestehenden Beratungs- und Testangebote von Gesundheitsämtern<br />

und AIDS-Hilfen in Anspruch zu nehmen.<br />

- Reaktiv getestete Personen können sich durch Buddys (geschulte HIVpositive<br />

schwule Männer) bis zum Ergebnis des regulären HIV-Labortests<br />

begleiten lassen.<br />

- Die Vor- und Nachteile des Schnelltestes werden den Interessierten mitgeteilt.<br />

Die Entscheidung zu dem Test oder dagegen obliegt einzig und alleine dem<br />

Ratsuchenden.<br />

Nach der Entscheidung für die „BuT-Rastplatz Sommeraktion“ wurden konkret die<br />

weiteren Schritte unternommen:<br />

1. Akquirierung und Ausbildung der ehrenamtlichen und hauptamtlichen<br />

Mitarbeiter (für die Beratung und für die Funktion des Buddys).<br />

2. Entwicklung der Qualitätsstandards für die Beratung auf dem Rastplatz sowie<br />

die Testdurchführung (Anonymität, Beratungssetting).<br />

3. Absprachen mit dem Fachbereich Gesundheitswesen der Kreisverwaltung<br />

Wesel zwecks Beteiligung eines Arztes bei dem Projekt.<br />

4. Behördliche Genehmigung zur Durchführung des Angebotes auf einem<br />

Rastplatz.<br />

5. Eruierung der Kosten für den „Schnelltest“.<br />

55


Zu 1.<br />

In der AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V. ist es seit Jahren üblich, frisch HIVpositiv<br />

getesteten ratsuchenden Menschen ein Gespräch mit einem HIV-Positiven<br />

ehrenamtlichen Mitarbeiter anzubieten. Diese Mitarbeiter wurden angesprochen und<br />

ihnen das Pilotprojekt erläutert. Die ehrenamtlichen Mitarbeiter waren sofort dazu<br />

bereit, sich bei dem Projekt zu beteiligen und besuchten das Grundlagentraining,<br />

welches von der AIDS-Hilfe NRW e.V. zur Ausbildung der BuT-Projektteilnehmer<br />

angeboten wurde.<br />

Zu 2.<br />

Glücklicherweise konnte die AIDS-Hilfe NRW e.V. ein Wohnmobil anschaffen,<br />

welches zu einem „BuT-Mobil“ umgebaut wurde. So können in einem abgetrennten<br />

Beratungsraum die interessierten Männer beraten werden und in dem anderen Raum<br />

der Schnelltest durchgeführt werden (Arzt-Raum).<br />

Den interessierten Männern sollten die Optionen / der Vorgang zum Testverfahren im<br />

Rahmen der Beratung erklärt werden. Diese waren:<br />

a) Im Falle eines reaktiven Testergebnisses kann eine Fehldiagnose nicht<br />

zu 100% ausgeschlossen werden. Daher müsste sofort im Anschluss<br />

intravenöses Blut zwecks Bestätigung des Ergebnisses durch einen<br />

herkömmlichen Antikörpertest erfolgen (Mit den damit einhergehenden<br />

psychischen Belastungen, die die Wartezeit dann mit sich bringen<br />

könnte.).<br />

b) Im Falle eines reaktiven Testergebnisses wurde den Ratsuchenden<br />

angeboten, dass ein Mitarbeiter des BuT-Projektes (ein Buddy; HIVpositiver<br />

schwuler Mann) während der Wartezeit als Ansprechperson<br />

zur Verfügung steht.<br />

c) Die getestete Person hätte die Möglichkeit, mit einem Auto nach<br />

Hause/zur nächsten Haltestelle des ÖPNV gefahren werden zu können.<br />

56


d) Es wurde angeboten, den Schnelltest durchführen zu lassen, das<br />

Ergebnis jedoch erst am nächsten Tag im Gesundheitsamt<br />

„abzuholen“.<br />

Zu 3.<br />

Nach einem Austauschgespräch konnte als Arzt der AIDS-Koordinator des<br />

Gesundheitsamtes des Kreises Wesel für die Mitarbeit an diesem Pilotprojekt<br />

gewonnen werden. Vor allem die Argumentation, dass die Zielgruppe Männer sind,<br />

die nicht vom bestehenden Beratungs- und Testangebot der Gesundheitsämter und<br />

AIDS-Hilfen erreicht werden, war ausschlaggebend zur Einwilligung einer<br />

Kooperation. Vom Arzt wurde für diese spezielle Form der aufsuchenden Arbeit eine<br />

Verfahrensanleitung erstellt, einschließlich der erforderlichen Genehmigung durch<br />

die Verwaltungsleitung des Fachbereichs Gesundheitswesen des Kreises Wesel und<br />

der Ärztekammer Nordrhein. Die ärztliche Tätigkeit (spezielle Testberatung,<br />

Testdurchführung und Ergebnismitteilung, sowie auf Wunsch die Beratung zu<br />

anderen sexuell übertragbaren Krankheiten) erfolgte unabhängig vom Beratungsund<br />

Betreuungsangebot der AIDS-Hilfe-Mitarbeiter. Die ärztliche Schweigepflicht<br />

wurde gewahrt, u. a. auch dadurch, dass den Getesteten vom Arzt das Angebot der<br />

Begleitung durch einen Buddy unterbreitet wurde, der Getestete es jedoch selbst<br />

entschied, dieses Angebot anzunehmen bzw. über sein Testergebnis mit jemand<br />

anderen zu sprechen.<br />

Zu 4.<br />

Eigentümer des Rastplatzes ist das Amt für Straßenbau NRW. Die zuständige<br />

Mitarbeiterin gab die Erlaubnis unter gewissen Auflagen (An- und Abmelden der<br />

Aktion bei der zuständigen Autobahnmeisterei sowie nur eine Parkbucht zu<br />

besetzen). Im Vorfeld musste bei der Bezirksregierung Düsseldorf abgeklärt werden,<br />

ob die Aktion mit einer finanziellen Bereicherung einhergehen würde. Da die AIDS-<br />

Hilfe die Testdurchführung kostenlos anbietet, wurde daher auch von dieser Seite die<br />

Erlaubnis erteilt.<br />

Zu 5.<br />

57


Da vor allem die Zielgruppe „MSM mit einem unterdurchschnittlichen sozialen Status“<br />

im Focus unserer Aktion steht, sollte der Test möglichst kostenlos angeboten<br />

werden. Über die AIDS-Hilfe NRW e.V. konnten die BuT-Projekte kostenlos Testkits<br />

bestellen. Die ärztliche Tätigkeit wurde als Dienstleistung des Fachbereichs<br />

Gesundheitswesen Kreis Wesel erbracht, so dass auch hier keinerlei Kosten für die<br />

Aktion entstanden. Daher konnten wir die Beratung sowie die Testdurchführung<br />

anonym und kostenlos anbieten.<br />

Die Umsetzung:<br />

In dem Zeitraum August-Oktober <strong>2009</strong> wurde die „Rastplatzsommeraktion“ an jedem<br />

1. und 3. Mittwoch im Monat in der Zeit von 19.00-22.00 Uhr umgesetzt.<br />

Das BuT-Mobil wurde in einer Parkbucht, in der Nähe des Gehweges zu den<br />

Toiletten, geparkt. Unter der seitlich angebrachten Markise des Busses wurde ein<br />

Tisch mit Kondomen und Informationsmaterialien aufgestellt. Um Aufmerksamkeit zu<br />

erregen, wurden Fahnen (Tripols) mit dem Logo von Herzenslust aufgestellt.<br />

Auf einem der Rastplatz-Sitzbänke in der Nähe des BuT-Mobils saßen die Mitarbeiter<br />

des Projektes. Hier wurden den Gästen Kaffee, Wasser und Kekse angeboten.<br />

Zwei Mitarbeiter sprachen die Männer an und verteilten Kondome sowie<br />

Visitenkarten mit einer Erklärung zum Schnelltestangebot.<br />

Interessierte wurden zu den Mitarbeitern an der Sitzbank weitergeleitet, wo Sie einen<br />

anonymisierten Fragebogen zu sexuellen Vorlieben, Risikosituationen etc. ausfüllen<br />

mussten.<br />

Nach dem der Testwillige den Beratungsbogen ausgefüllt hat, wurde ein<br />

Beratungsgespräch anhand des Fragebogens im hinteren Teil des BuT-Mobils<br />

durchgeführt. Hier wurde explizit auf die Vor- und Nachteile des HIV-<br />

Schnelltestverfahrens hingewiesen.<br />

58


Nach einer ausführlichen Beratung und der Entscheidung des Ratsuchenden wurde<br />

er ggf. zum Arzt in den vorderen Teil des BuT-Mobils weiter verwiesen. Nach einem<br />

Gespräch mit dem Arzt wurde dann der Test durchgeführt. Das ganze Verfahren<br />

dauerte ca. 1 Stunde (vom Zeitpunkt der Ansprache, Ausfüllen des Fragebogens,<br />

Beratungsgespräch, Testdurchführung bis hin zum Testergebnis).<br />

Evaluation:<br />

Insgesamt wurde die Aktion im Jahr <strong>2009</strong> an fünf Terminen umgesetzt.<br />

Insgesamt wurden 130 Männer erreicht.<br />

Davon haben 18% eine intensive Beratung durch die Herzenslustmitarbeiter sowie<br />

dem Arzt des Gesundheitsamtes zu HIV und anderen STD´s genutzt und 8% haben<br />

einen HIV-Schnelltest durchführen lassen.<br />

Insgesamt wurden also 26% der erreichten Personen intensiv beraten.<br />

Auswertung der Fragebögen:<br />

Alter:<br />

40% der beratenen Personen waren im Alter von 18-25 Jahren.<br />

30% der beratenen Personen waren im Alter von 26-40 Jahren.<br />

30% der beratenen Personen waren im Alter von 41-55 Jahren.<br />

Das durchschnittliche Alter der beratenden Personen betrug 33 Jahre.<br />

Sexuelle Kontakte:<br />

59


70% der beratenen Personen gaben an, nur Sex mit Männern zu haben.<br />

20% der beratenen Personen gaben an, Sex mit Männern und Frauen zu haben.<br />

10% der beratenen Personen gaben an, nur Sex mit Frauen zu haben.<br />

Anzahl der sexuellen Kontakte in den letzten 12 Monaten:<br />

30% gaben an, nur mit dem Partner sexuellen Verkehr gehabt zu haben.<br />

10% gaben an, mit 11-25 Personen sexuellen Verkehr gehabt zu haben.<br />

20% gaben an, mit 10-50 Personen sexuellen Verkehr gehabt zu haben.<br />

40% gaben an, mit weniger als 10 Personen sexuellen Verkehr gehabt zu haben.<br />

Durchschnittlich hatten die getesteten Personen 10 sexuelle Kontakte in den letzten<br />

12 Monaten.<br />

Nutzung spezieller Orte, zur Kontaktaufnahme mit anderen Männern ähnlicher<br />

sexuellen Vorlieben:<br />

Hier waren Mehrfach-Antworten möglich.<br />

18% gaben als Örtlichkeiten das Internet an.<br />

18% gaben als Örtlichkeiten Saunen an.<br />

18% gaben als Örtlichkeiten Sexclubs an.<br />

14 % gaben als Örtlichkeiten Park / Cruising Areas an.<br />

14 % gaben keine Örtlichkeiten an.<br />

9 % gaben als Örtlichkeiten Kneipen / Discos an.<br />

4,5% gaben als Örtlichkeiten Pornokinos an.<br />

4,5% gaben als Örtlichkeiten Klappen an.<br />

Nutzung von Kondomen beim Analverkehr:<br />

60% gaben an, immer Kondome zu benutzen.<br />

10% gaben an, zu 80% Kondome zu benutzen.<br />

20% gaben an, zu 70% Kondome zu benutzen.<br />

10% gaben an, zu 40% Kondome zu benutzen.<br />

60


Durchschnittlich wurde die Benutzung von Kondomen zu 86% beim Analverkehr bei<br />

den befragten Personen angegeben.<br />

Spezielle Gründe, in manchen Situationen keine Kondome zu benutzen<br />

(Mehrfach-Antworten möglich):<br />

„Weil ich in einer festen und treuen Partnerschaft lebe“ gaben 40% an.<br />

30% machten zu dieser Frage keine Angaben.<br />

10% gaben Probleme mit der Erektion beim Benutzen von Kondomen als Grund an.<br />

10% gaben keine speziellen Gründe an.<br />

10% gaben an, wegen „dummer Geilheit“ ab und zu auf Kondome zu verzichten.<br />

Konsum von legalen und illegalen Substanzen beim Kontakt mit Sexpartnern:<br />

80% gaben an, keine Substanzen zu konsumieren.<br />

10% gaben an, zum „locker werden“ Substanzen zu konsumieren,<br />

10% gaben an, Substanzen zwar zu konsumieren, jedoch ohne Kontrollverlust.<br />

Zufriedenheit des Sexuallebens:<br />

Sehr zufrieden gaben 50% an.<br />

Zufrieden gaben 30% an.<br />

Eher zufrieden gaben 20% an.<br />

Selbsteinschätzung zum Wissenstand HIV / STDs:<br />

Sehr gut fühlten sich 10% informiert.<br />

Gut fühlten sich 10% informiert.<br />

Eher gut fühlten sich 70% informiert.<br />

Eher schlecht fühlten sich 10% informiert.<br />

Wurde eine Syphilis in der Vergangenheit diagnostiziert?<br />

90% gaben „Nein“ an.<br />

10% hatten noch keine Untersuchung diesbezüglich.<br />

Impfung gegen Hepatitis B:<br />

„Weiß nicht“ gaben 30% an.<br />

„Nein“ gaben 40% an.<br />

61


„Ja, vollständig“ gaben 20% an.<br />

„Nein, ich hatte schon eine Hep. B“ gaben 10% an.<br />

Wurden bei Selbstuntersuchungen am Körper in letzter Zeit Veränderungen<br />

wahrgenommen:<br />

100% gaben „Nein“ an.<br />

Wurden schon Untersuchungen zu STDs durchgeführt?<br />

„Ja“ gaben 40% an.<br />

„Nein“ gaben 60% an.<br />

Wurde schon einmal ein HIV-Test durchgeführt?<br />

„Ja“ gaben 70% an.<br />

„Nein“ gaben 30% an (Als Grund gaben 20% keinen Grund an, 10% gaben Angst vor<br />

der Wartezeit und dem Testergebnis an.).<br />

Resümee:<br />

Durch die BuT - Rastplatz Sommeraktion konnte bewiesen werden, dass in enger<br />

Kooperation mit den unterschiedlichsten Stellen, Behörden und<br />

Interessentengruppen ein HIV-Schnelltest-Angebot in Szenenähe umgesetzt werden<br />

kann.<br />

Ebenfalls konnte durch das Pilotprojekt die Zielgruppe der MSM, die nicht Gebrauch<br />

von den bestehenden Angeboten aus dem HIV/AIDS-Sektor machen bzw. machen<br />

konnten, erreicht werden.<br />

Aus Sicht der AIDS-Hilfe stand die Beratung der interessierten Menschen zu HIV-<br />

Risikosituationen im Vordergrund. Das Vorhalten des HIV Schnelltestes war für die<br />

Einrichtung zwar von sekundärer Bedeutung, erwies sich allerdings als wichtiger<br />

Öffner für Gesprächs- und Beratungsanlässe. Darüber hinaus ist die<br />

Angebotskopplung „Beratung und Test“ vor dem Hintergrund der oben geschilderten<br />

epidemiologischen und ätiologischen Erkenntnisse (Therapieoptionen und<br />

primärpräventive Effekte) als unbedingt sinnvoll zu empfehlen, denn:<br />

62


Wie erhofft, konnte durch das Beratungsangebot mit der unmittelbaren Möglichkeit<br />

zum Test eine intensivere Auseinandersetzung mit den individuellen Infektionsrisiken<br />

bei den Ratsuchenden / interessierten Menschen bewirkt werden, als dies bei einem<br />

alleinigen Informations- und Beratungsangebot, auch bei den Personen, die sich<br />

nicht zu einem Test entschlossen haben, der Fall wäre.<br />

Danksagung<br />

Wir danken<br />

- den beratenen Personen für ihre Offenheit und Gesprächsbereitschaft.<br />

- den ehrenamtlichen Mitarbeitern für ihr Engagement, dieses Pilotprojekt zu<br />

unterstützen.<br />

- der Bezirksregierung Düsseldorf und dem Amt für Straßenbau NRW.<br />

- dem Land NRW für die Förderung dieses Projektes.<br />

- den Mitarbeitern der AIDS-Hilfe NRW für ihre fachliche und materielle<br />

Begleitung sowie tatkräftige Unterstützung.<br />

- dem Mitarbeiter des Kommissariats Vorbeugung der Polizei Duisburg für seine<br />

fachliche Unterstützung.<br />

- dem Fachbereich Gesundheitswesen für die kostenfreie fachliche<br />

Unterstützung und den ärztlichen Einsatz zu ungewöhnlichen Zeiten an<br />

ungewöhnlichem Ort.<br />

- der Ärztekammer Nordrhein für das freundliche Verständnis und die Erteilung<br />

der Genehmigung für die ärztliche Tätigkeit im Sinne der aufsuchenden<br />

Gesundheitsfürsorge.<br />

- der Fa. Bio-Merieux für die kostenfreie Einweisung der Beteiligten in das<br />

Schnelltestverfahren.<br />

Für Rückfragen oder nähere Informationen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.<br />

Rüdiger Wächter<br />

63


Dipl. Soz.-Päd.<br />

AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V.<br />

Friedenstr. 100<br />

47053 Duisburg<br />

Telefon: 0203-666633<br />

Fax: 0203-69984<br />

www.aidshilfe-duisburg-kreis-wesel.de<br />

info@aidshilfe-duisburg-kreis-wesel.de<br />

Duisburg, den 12.02.2010<br />

AkDuLuS e.V.<br />

Der Projektnehmer hat an den regelmäßig stattfindenden Arbeitskreisen der regional<br />

ansässigen schwul lesbischen Vereine und Selbsthilfegruppen unter dem Dach von<br />

„AkDuLuS e.V.“ teilgenommen und beteiligte sich dort an der Konzipierung,<br />

Entwicklung und Durchführung von schwul lesbischen Angeboten für den Raum<br />

Duisburg. Dieser Arbeitskreis hat z.B. die schwul lesbische Disco „Warm Up“ initiiert<br />

und organisiert.<br />

Neben der Teilnahme an den AkDuLuS-Sitzungen beteiligte sich der Projektnehmer<br />

in der Arbeitsgruppe „CSD <strong>2009</strong> und später CSD 2010“, wo das Duisburger<br />

Straßenfest geplant und koordiniert wurde. Traditionell beteiligt sich die AIDS-Hilfe<br />

Duisburg / Kreis Wesel e.V. bei dem Strassenfest. Neben dem AIDS-Hilfe /<br />

Herzenslust-Stand wurde für AkDuLuS e.V. der Kaffe- und Kuchenstand durch<br />

ehrenamtliche MitarbeiterInnen betrieben.<br />

Die Herzenslustgruppe Duisburg / Kreis Wesel<br />

64


Der Projektnehmer für den Bereich MSM hat regelmäßig mit der<br />

Herzenslustteilzeitkraft die inhaltliche Arbeit der lokalen Herzenslustgruppe erörtert<br />

und bei Bedarf angeleitet. Neben der fachlichen Aufsicht des lokalen Projektes<br />

Herzenslust wurden die ehrenamtlichen Herzenslustmitarbeiter in den Bereichen HIV<br />

und andere sexuell übertragbare Krankheiten ergänzend zum bestehenden<br />

Schulungsangebot der AIDS-Hilfe NRW, qualifiziert.<br />

Das Herzenslustteam hat im Jahr <strong>2009</strong> wie in den vorangegangenen Jahren<br />

zielgruppenspezifische Prävention im Bereich schwule und bisexuelle Männer sowie<br />

Männer, die Sex mit Männern haben entwickelt und durchgeführt. Hierbei ist die<br />

konstante Begleitung der umgesetzten Präventionsaktionen sowie die Begleitung der<br />

lokalen Herzenslustgruppen durch die aus Eigenmitteln der AIDS-Hilfe Duisburg /<br />

Kreis Wesel e.V. finanzierte Teilzeitkraft von sehr hohem Stellenwert.<br />

Durch die Teilzeitkraft wurden folgende Aufgaben erfüllt:<br />

- Fachliche Begleitung der ehrenamtlichen Herzenslustmitarbeiter<br />

Die Teilzeitkraft sowie punktuell der Projektnehmer waren bei den primärpräventiven<br />

Vor-Ort-Aktionen von Herzenslust anwesend. So konnten Ratsuchende bei Bedarf<br />

von den ehrenamtlichen Mitarbeitern des Herzenslustteams an die hauptamtlichen<br />

Mitarbeiter weiter verwiesen werden.<br />

- Begleitung der wöchentlichen Gruppentreffen des Herzenslustteams<br />

Durch die regelmäßigen Gruppentreffen, die durch die Teilzeitkraft angeleitet<br />

wurden, wurde die beständige ehrenamtliche Herzenslustarbeit sichergestellt. Neben<br />

diesem Aspekt wurden mit dem Herzenslustteam Veranstaltungen abgesprochen<br />

und deren Umsetzung diskutiert und konzipiert.<br />

- Die Pflege und Aktualisierung der Herzenslusthomepage (www.herzenslustteamdu.de)<br />

war ein ein wichtiger Arbeitsschwerpunkt der Teilzeitkraft, da sich viele<br />

schwule Männer vorwiegend über das Internet informationen zu HIV, STD´s und<br />

Angeboten in der schwulen Community beschaffen.<br />

- Überregionale Teilnahme an den Herzenslusttreffen im Ruhrgebiet sowie die<br />

Beteiligung an überregionalen Aktionen, die in diesen Gremien entwickelt worden<br />

sind.<br />

Im Rahmen der Vernetzungsarbeit der lokalen Herzenslustgruppen nahm<br />

Herzenslust Duisburg / Kreis Wesel bei den regelmäßig stattfindenden<br />

Ruhrgebietsvernetzungstreffen teil und konzipierte mit anderen<br />

Herzenslustmitarbeitern überregionale primärpräventive Aktionen und beteiligte sich<br />

mit der lokalen Herzenslustgruppe an der Umsetzung dieser Präventionsaktionen<br />

überregional.<br />

65


Auf der lokalen Ebene wurden folgende primärpräventive Aktionen in Duisburg<br />

durchgeführt:<br />

Regelmäßig war das Herzenslustteam Duisburg/Kreis Wesel auf der<br />

schwul/lesbischen Party „warm up“ vertreten. Die Veranstaltung findet in einem<br />

monatlichen Turnus statt. Die Besucher konnten sich bei dem Herzenslustteam zu<br />

HIV und anderen sexuell übertragbaren Krankheiten informieren sowie die<br />

ausgelegten Informationsbroschüren der DAH e.V. sowie Bewerbungsbroschüren zur<br />

ehrenamtlichen Mitarbeit in den Herzenslustgruppen mitnehmen.<br />

Größere Aktionen von Herzenslust auf diesen Veranstaltungen waren:<br />

- Wahl zum „Mr. und Mrs. Warm Up <strong>2009</strong>“<br />

Auf der im Oktober und November stattfindenden Warm Up konnten sich Gäste für<br />

die Wahl casten lassen. Neben einem Foto wurden die interessierten Gäste gebeten,<br />

ein Statement zu HIV abzugeben. Auf der im Dezember stattfindenden „warm up“<br />

wurden dann die Kandidaten auf der Bühne von zwei Moderatoren vorgestellt.<br />

Danach wurden durch die Gäste die „Mrs. und der Mr. Warm Up <strong>2009</strong>“ gewählt. Die<br />

Sieger wurden gekürt und erhielten Preise. Neben der Platzierung / Bewerbung von<br />

„Herzenslust“ und deren Homepage, wurde das Thema HIV bei der Vorstellung der<br />

Kandidaten massenmedial platziert. Weitere Informationen hierzu auf:<br />

www.herzenslustteam-du.de.<br />

- „Die Klofrau“<br />

Auf der Karnevals-Warm Up im Februar verkleideten sich die Mitarbeiter von<br />

Herzenslust als Klofrauen und legten Kondome auf einem Teller vor den Toiletten<br />

aus. Mit Klobürste, Sprühflasche und Eimerchen ausgestattet wurden die Gäste<br />

angesprochen.<br />

Weiter Aktionen auf lokaler Ebene waren:<br />

- Szenerundgänge<br />

Regelmäßig führte das Herzenslustteam Duisburg/ Kreis Wesel einen Rundgang<br />

durch die Duisburger Szene durch. Ziel der Rundgänge war die Kontaktpflege mit<br />

den Szenewirten, Verteilung von Informationsmaterialien zu HIV und andere STD´s<br />

in den Lokalen sowie die Befüllung des Kondomautomaten.<br />

- CSD Duisburg<br />

Auf dem CSD in Duisburg, der durch AkDuLuS e.V. organisiert wird, war Herzenslust<br />

mit einem Infostand vertreten.<br />

Hier wurde vorwiegend die bundesweite Kampagne „iwwit“ der Deutschen AIDS-Hilfe<br />

e.V. beworben und umgesetzt.<br />

66


- Welt AIDS Tag<br />

Das Herzenslustteam Duisburg beteiligte sich an den Veranstaltungen zum Welt<br />

AIDS Tag der AIDS-Hilfe Duisburg/ Kreis Wesel e.V.<br />

Veranstaltungen<br />

Das Herzenslustteam Duisburg / Kreis Wesel hat Vor-Ort-Aktionen in der schwulen<br />

Szene und Örtlichkeiten, wo Männer Sex mit Männern haben, zum Teil mit lokalen<br />

Kooperationspartnern, durchgeführt.<br />

- Rastplätze<br />

In regelmäßigen Abständen wurden Aktionen auf Rastplätzen im Kreis Wesel<br />

durchgeführt, wo Männer Sex mit Männern haben. Hier wurden<br />

Informationsmaterialien und Kondompackungen auf einem Informationsstand den<br />

Besuchern angeboten. Da viele der dort verkehrenden Männer sich nicht eindeutig<br />

als schwul oder bisexuell definieren, wurde auf allgemeine Informationsbroschüren<br />

der DAH / BZgA zurückgegriffen.<br />

Projektkritik / Resumee / Projektausblick<br />

Das Projekt der AIDS-Hilfe Duisburg/Kreis Wesel e.V. setzte die strukturelle<br />

Prävention im Arbeitsbereich „homosexuelle und bisexuelle Männer sowie MSM“ auf<br />

den unterschiedlichen Ebenen (landes-, regionaler- und lokaler Ebene) sowie die<br />

Herzenslustkampagne um.<br />

Durch die Umsetzung von BuT- Rastplatz Sommeraktion wurde erstmalig bundesweit<br />

ein HIV-Schnelltest niedrigschwellig auf einem Rastplatz angeboten. Ebenso war das<br />

Projekt der AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V. das erste, welches eine offizielle<br />

Erlaubnis von Seiten der Behörde „Strassen NRW“ für eine Präventionsaktion auf<br />

einem Rastplatz erhielt. Der hohe zeitliche Aufwand hat sich indes gelohnt. Das<br />

Projekt hat neue wegweisende Standards in der Präventionslandschaft der AIDS-<br />

Hilfen gesetzt. Nicht zuletzt, da dieses Projekt ein gutes Beispiel ist für eine<br />

funktionierende Kooperation / Zusammenarbeit sowie Zuarbeit unterschiedlichster<br />

Stellen, Behörden sowie Projekten. Diese Bemühungen wurden nicht zuletzt durch<br />

die bundesweit ausgestrahlte Berichterstattung durch das ZDF (heute Sendung) und<br />

der ARD (Nachtmagazin) wahrgenommen und anerkannt.<br />

Ohne die ehrenamtlichen Mitarbeiter hätte das Projekt „homosexuelle und bisexuelle<br />

Männer sowie MSM“ der AIDS-Hilfe Duisburg/Kreis Wesel e.V. nicht in diesem<br />

67


Umfang realisiert werden können. Daher gilt ein besonderer Dank an alle, die sich im<br />

Gay Romeo health support, in der Herzenslust – vor – Ort - Arbeit sowie als BuT-<br />

Buddys engagieren.<br />

5.2 Drogen und Substitution<br />

Im Drogenbereich schrieben wir Anfang des Jahres unsere<br />

Bundestagsabgeordneten aus Duisburg und dem Kreis Wesel mit der Bitte an, dem<br />

Gruppenantrag zur Zulassung von Diamorphin zur Behandlung von<br />

Schwerstabhängigen zuzustimmen. Angenehm überrascht wurden wir dann letztlich<br />

doch von der Verabschiedung des entsprechenden Gruppenantrages am 28. Mai im<br />

Deutschen Bundestag. Somit sind einige Abgeordnete der CDU/CSU Fraktion Ihrer<br />

Überzeugung und den schlagkräftigen Argumenten gefolgt und haben so die<br />

Gesetzesverabschiedung ermöglicht.<br />

Nun folgt jedoch ein zäher Prozess, da die einzelnen Bundesländer Richtlinien zur<br />

Umsetzung des Gesetzes verabschieden müssen und der Gemeinsame<br />

Bundesausschuss die entsprechenden Kriterien zur Vergabe festlegen muss.<br />

In Duisburg und dem Kreis Wesel, wo es bisher schon keinen Druckraum gibt, steht<br />

die Originalstoffvergabe weiterhin in ferner Zukunft.<br />

5.2.1 Primär- und Sekundärprävention<br />

5.2.1.1 Spritzenaustauschprogramm<br />

Die AIDS-Hilfe Duisburg/Kreis Wesel nimmt weiterhin mit den von ihr betreuten<br />

Spritzenautomaten am Projekt der AIDS-Hilfe NRW e. V. teil. Die Standorte befanden<br />

sich in Wesel, Duisburg-Walsum und Duisburg-Hochfeld. Die Spritzenautomaten<br />

werden je nach Frequentierung von uns regelmäßig in ein- bis zweiwöchigem<br />

Rhythmus neu bestückt.<br />

Für den Spritzenautomaten in Moers haben wir nach Abriss des<br />

Feuerwehrgerätehauses an der Abteistr. 9 einen neuen Standort beantragt. Das<br />

Ordnungsamt hatte keine ordnungsrechtlichen Bedenken und hat den Antrag an den<br />

Fachdienst Grünflächen weitergeleitet. Da jedoch an dem von uns favorisierten<br />

68


Standort – dem Bahnhof Moers – umfangreiche Bauarbeiten durchgeführt wurden,<br />

mussten wir die Neuaufstellung des Automaten in Moers zurückstellen.<br />

Durch den Zusammenschluss der städtischen Drogenberatung und der<br />

Drogenberatung der Diakonie zum Suchthilfeverbund Duisburg wurde der Standort<br />

der Drogenberatung in Duisburg-Walsum aufgelöst. Da hier unser Spritzenautomat<br />

betrieben wurde und die Räumlichkeiten zunächst von einer Grundschule genutzt<br />

werden sollen und anschließend der Abriss vorgesehen ist, musste auch dieser<br />

Spritzenautomat abgebaut werden. Hierfür gilt es einen neuen Standort zu suchen.<br />

5.2.1.2 Suchtprävention bei Partydrogen<br />

Am 13.02.<strong>2009</strong> führten wir eine Aktion zur Suchtprävention bei Partydrogen und HIV-<br />

Prävention bei Partybesuchern im Delta-Musik Park durch. Diese Aktion wurde<br />

ermöglicht durch die Duisburger Stiftung für Umwelt, Gesundheit und Soziales. Für<br />

die Aktion haben wir kleine Päckchen zusammen gestellt: Sie beinhalten Ohrstöpsel,<br />

Kondom und Vitaminbonbon. Ergänzt werden sie entweder durch den Kartensatz<br />

„Drugs, just say know“ oder für Besucher, die keine Ambitionen auf Partydrogen<br />

haben, mit dem „Heutiger Wissensstand“ der DAH. Um das Päckchen zu erhalten,<br />

mussten die BesucherInnen Fragen zu HIV/AIDS oder Partydrogen beantworten.<br />

Nach Auswertung der Aktion stellte sich heraus, dass ein AIDS-Hilfe Stand<br />

Berührungsängste auslöst. Mit Hilfe der Kreativität unserer beiden Praktikantinnen<br />

Sandra und Yvonne, die u. a. auch eine Umfrage bei Partybesuchern vorgenommen<br />

haben, wird das Partydrogenprojekt zukünftig unter dem Namen<br />

@drugthive durchgeführt.<br />

Dieses Projekt wurde zweimal in der Diskothek „RAJ“ in Wesel und bei der<br />

„Ulltraschall-Party“ zum Welt-AIDS-Tag in Duisburg umgesetzt. Das Projekt kommt<br />

sehr gut bei den Partybesuchern und Partyveranstaltern an und soll weiterhin – im<br />

Rahmen der vorhandenen Ressourcen – umgesetzt werden.<br />

Hier sei der ehemaligen Praktikantin Yvonne Leuverink besonderer Dank gesagt, die<br />

unermüdlich für dieses Projekt erfolgreich Kontakte knüpft und ehrenamtlich das<br />

Projekt mit durchführt.<br />

69


Ehrenamtlerin Yvonne Leuverink und Ralf Runniger beim Projekt @drugthive<br />

5.2.2 Substitution<br />

5.2.2.1 Entwicklung der Wochenendvergabe<br />

Auch im Jahre <strong>2009</strong> haben wir über das komplette Jahr an allen Sams-, Sonn- und<br />

Feiertagen die Vergabe von Methadon in der AIDS-Hilfe in Duisburg durchgeführt.<br />

Die Anzahl der Substituierten lag im Durchschnitt bei 85 Personen, wobei die<br />

geringste Teilnehmerzahl 55 und die höchste Zahl 112 Klienten betrug, die die<br />

Vergabe besuchten. Die Vergabezeit beträgt 1,5 Stunden. Weiterhin wird die<br />

Vergabe von einem ehrenamtlichen Mitarbeiter und einem Arzt durchgeführt. Zur<br />

Vergabe entsenden insgesamt fünf Ärzte ihre Patienten.<br />

Die Zusammenarbeit zwischen den Ärzten und unseren ehrenamtlichen<br />

MitarbeiterInnen, den Apotheken und der Polizei verlief weiterhin reibungslos. An<br />

dieser Stelle einen Dank an die ehrenamtlichen MitarbeiterInnen für ihr Engagement<br />

und ihre Mithilfe.<br />

Aufgrund der großen Anzahl der Substituierten innerhalb einer kurzen Zeit gab es im<br />

Jahr <strong>2009</strong> Beschwerden aus der Nachbarschaft. In Rücksprache mit den Ärzten<br />

wurden nochmal Kriterien für die Ausgabe formuliert und den Substituierten mitgeteilt<br />

und in der Nachbarschaft um Verständnis geworben. Bisher hat sich diese<br />

Vorgehensart bewährt.<br />

Am letzten Sonntag im Monat wurde weiterhin ehrenamtlich ein Frühstück für die<br />

Substituierten organisiert. Dieses wird mit Lebensmitteln der Duisburger Tafel<br />

gespeist. Das Frühstück wird sehr gut angenommen. Hier besteht die Möglichkeit,<br />

neben dem reinen „Abschlucken“ des Methadons, Sorgen und Nöte auszutauschen.<br />

Meist können die TeilnehmerInnen noch Lebensmittel mit nach Hause nehmen. Hier<br />

gilt unser Dank den ehrenamtlichen Mitarbeitern und der Duisburger Tafel e. V. und<br />

dem Verein Bürger für Bürger e. V. für ihr Engagement.<br />

70


5.2.2.2 Psychosoziale Begleitung Substituierter (PSB)<br />

Die psychosoziale Begleitung von HIV-Positiven / an AIDS erkrankten Substituierten<br />

ist ein weiterer Bestandteil der Drogenarbeit innerhalb der AIDS-Hilfe. Für diese<br />

Begleitung werden konstant zwanzig Plätze zur Verfügung gestellt, wobei sich die<br />

Arbeit auf die in der Begleitung tätigen hauptamtlichen Mitarbeiter verteilt.<br />

Im Vordergrund der PSB steht die Stabilisierung der Klienten, die in ihrer<br />

Lebenssituation gestärkt und unterstützt werden. Die Zielsetzung der PSB erfolgt<br />

dabei im Wesentlichen nach den Bedürfnissen der Klienten. Das bedeutet in erster<br />

Linie, dass das subjektive Wohlbefinden der jeweiligen Person und die<br />

Lebensverhältnisse verbessert werden sollen. Entsprechend dieser Zielsetzung steht<br />

bei einigen Substituierten die Verbesserung des Gesundheitsstatus im Mittelpunkt,<br />

während bei anderen die Sicherung der materiellen Grundversorgung oder der<br />

Aufbau sozialer Netze im Vordergrund stehen kann.<br />

Dies kann in medizinischer Hinsicht bedeuten, dass wir in eine Substitution<br />

vermitteln. Da es sich hier nur um wenige Einzelfälle handelt und wir gute Kontakte<br />

zu den substituierenden Ärzten pflegen, gelingt dies in der Regel problemlos. Des<br />

Weiteren stellen wir den Kontakt zu HIV-Schwerpunkt-Ärzten her und unterstützen<br />

die DrogengebraucherInnen, die zum Teil starke Berührungsängste mit Ärzten dieser<br />

Fachrichtung haben, sich in eine adäquate Behandlung zu begeben. Es ist jedoch<br />

schwierig, neue Klienten in ein relativ schematisches Korsett zu bringen, welches für<br />

eine HIV Behandlung notwendig ist (regelmäßige Überwachung der HIV/AIDS-<br />

Parameter, regelmäßige Tabletteneinnahme (Compliance/Adhärenz).<br />

Ein weiterer Schwerpunkt liegt in der Hepatitis C-Beratung, da in den meisten Fällen<br />

bisher die Hepatitis-Behandlung bei DrogengebraucherInnen nicht durchgeführt<br />

wurde und die Behandlung auch bei den Betroffenen große Ängste auslöst. Da<br />

gerade im Bereich Hepatitis C Behandlung neue Medikamente in absehbarer Zeit zur<br />

Verfügung stehen, gilt es für uns, die Begleiteten entsprechend zu beraten.<br />

Im Rahmen der PSB ist es für uns wichtig, die Ressourcen der Begleiteten zu<br />

wecken. Durch die eigene Bewältigung von Problemen und Aufgaben erfahren sie<br />

eine Stärkung ihres Selbstwertgefühles.<br />

Soziale Kontakte sind ein Hauptwunsch der Begleiteten, wobei diese außerhalb der<br />

Szene liegen sollen. Teilweise funktioniert dieses in einer selbst aufgebauten<br />

Vernetzung der von uns Begleiteten untereinander, teilweise ist dieses aber auch<br />

recht schwierig und wir versuchen der Vereinsamung durch ehrenamtliche<br />

Begleitung entgegenzuwirken.<br />

5.2.3 Niedrigschwellige Arbeit mit illegalisierten DrogengebraucherInnen<br />

Seit Dezember 2008 wird von der AIDS-Hilfe Duisburg Kreis Wesel e. V. auf der<br />

Platte Streetwork durchgeführt. Dies wurde zunächst durch den hauptamtlichen<br />

Mitarbeiter für den Drogenbereich und einen ehemaligen Praktikanten Tim P. eine<br />

71


ehemalige Praktikantin Sandra K. durchgeführt. Wir versuchten, das Angebot jede<br />

Woche aufrechtzuerhalten. Ab September nahm die Drogenberatung der Diakonie<br />

das Streetwork wieder auf und wir besuchten die Szene im vierzehntägigen Wechsel.<br />

Beim Streetwork werden Spritzen, Kondome und Care Sets verteilt, Fragen zu<br />

HIV/AIDS und Hepatitiden beantwortet. Ein guter Kontakt und eine vertrauensvolle<br />

Basis haben sich entwickelt. Das Ziel, eine JES-Gruppe zu reaktivieren, ließ sich<br />

jedoch bisher nicht umsetzen. JES (Junkies, Ehemalige, Substiutierte) ist eine<br />

bundesweite Selbsthilfestruktur im illegalen, akzeptierenden Drogengebrauch und<br />

war jahrelang in Duisburg fest etabliert. Aufgrund der Einstellung der Landesmittel in<br />

diesem Bereich wurde eine vorhandene und erfolgreiche Struktur zerschlagen.<br />

5.2.4 „Nationaler Gedenktag für verstorbene DrogengebraucherInnen“<br />

am 21. Juli<br />

Zum Nationalen Gedenktag für verstorbene DrogengebraucherInnen haben wir<br />

nachfolgenden Pressetext versandt:<br />

Pressetext++++++Pressetext++++++Pressetext++++++Pressetext<br />

Menschenwürde in der Drogenpolitik – ohne Legalisierung geht es<br />

nicht!<br />

Unter diesem Motto zieht die AIDS—Hilfe Duisburg/Kreis Wesel e. V. anlässlich des<br />

nationalen Gedenktages für verstorbene Drogengebraucher am 21. Juli Bilanz der<br />

bisherigen Drogenpolitik.<br />

In den vergangenen drei Jahren ist die die Zahl der Drogentoten in Nordrhein-<br />

Westfalen und bundesweit - wie aus nachstehender Tabelle ersichtlich ist –<br />

kontinuierlich angestiegen. In Duisburg ist nach einem Rückgang im Jahr 2007 mit<br />

26 Drogentoten die zweithöchste Zahl an verstorbenen Drogengebrauchern<br />

seit 1999 zu beklagen.<br />

Drogentote 2006-2008<br />

2008 2007 2006<br />

Duisburg 26 9 15<br />

NRW 380 374 350<br />

Deutschland 1449 1394 1296<br />

„Leider hat sich meine Befürchtung aus dem letzten Jahr, dass die Zahl der<br />

Drogentoten in NRW ansteigen wird, bewahrheitet“, erklärt hierzu Rolf Ringeler,<br />

Vorstandsvorsitzender der AIDS-Hilfe Duisburg/Kreis Wesel e. V.. „Die<br />

Drogengebraucher sind aufgrund des Runderlasses des Justizministeriums NRW<br />

vom 30.07.07 kriminalisiert worden, da die Eigenbedarfsgrenze für so genannte harte<br />

Drogen, also vor allem Heroin, Kokain und Amphetamin (zuvor 0,5 Gramm)<br />

aufgehoben wurde. Durch diese Kriminalisierung privatisiert sich die Szene<br />

zunehmend, der Konsum findet in privaten Wohnungen statt und erschwert somit<br />

den Zugang der Hilfssysteme zu den Hilfebedürftigen.“<br />

„Verstärkt wird dies in Duisburg durch den Versuch der Ordnungskräfte, durch die<br />

Auflösung von nicht angemeldeten Versammlungen verbunden mit der Androhung<br />

72


von Platzverweisen, die Einkaufsmeile frei von Individuen unerwünschten Aussehens<br />

und Verhaltens zu bekommen“, berichtet Ralf Runniger, der hauptamtliche<br />

Mitarbeiter. „Hier wird von der Politik die Unsichtbarmachung von<br />

Drogengebrauchern in den immer größer werdenden ökonomisierten Teilen der<br />

Stadt (mit Passagen und Einkaufscentern) versucht, den Drogengebrauchern, die<br />

bereits weitgehend vom Bildungs- und Arbeitsmarkt ausgeschlossen sind, auch noch<br />

den öffentlichen Raum der Stadt zu nehmen“, führt Ralf Runniger weiter aus.<br />

„Des Weiteren sollen die Streetworker instrumentalisiert werden, die<br />

Drogengebraucher an die vom Ordnungsamt gewünschten Stellen zu zentrieren.<br />

Dies soll dadurch geschehen, dass die Streetworker nicht – wie üblich – auf der<br />

Platte, die seit Jahren einen festen Standort hat , aufsuchen, sondern das Angebot<br />

der Spritzen- , Care-Pack- und Kondomverteilung am Rande der „schönen und<br />

sauberen Einkaufswelt“ - unterbreiten sollen -“, ergänzt Ralf Runniger.<br />

Wer das Geschehen zwar kritisch aber auch differenziert betrachtet, erkennt<br />

allerdings auch positive Entwicklungen:<br />

„Einen Meilenstein auf dem Weg zu einer praxisnahen Versorgung<br />

Heroinabhängiger sehe ich in der Verabschiedung des Gesetzes zur<br />

diamorphingestützten Substitutionsbehandlung am 28.05.<strong>2009</strong>“, führt Rolf Ringeler<br />

aus. „Ich bedanke mich bei allen Bundestagsabgeordneten, die dazu beigetragen<br />

haben, dass sich nun eine Parlamentsmehrheit für das seit Jahren von uns<br />

geforderte Gesetz gefunden hat.“<br />

„Nun gilt es, zügig im Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) die Kriterien für die<br />

Abrechenbarkeit der heroingestützten Substitutionsbehandlung festzulegen, damit<br />

weitere Städte Anträge bei den entsprechenden Landesbehörden stellen können“,<br />

ergänzt Ralf Runniger. „Ob Duisburg den Mut hat und sich für eine Beantragung<br />

entscheidet und damit eine Grundlage zur Verringerung der Drogentoten legt?“, ist<br />

für Ralf Runniger allerdings fraglich.<br />

Besonders positiv für Duisburg ist zu vermerken, dass aufgrund des hohen<br />

Engagements einzelner Ärzte eine gut funktionierende Substitutionsbehandlung<br />

ohne Bestehen einer Warteliste vorgehalten wird und durch die Zusammenarbeit<br />

zwischen AIDS-Hilfe und den substituierenden Ärzten die Vergabe an Wochenenden<br />

und an Feiertagen seit über 10 Jahren beispielhaft geregelt ist. Hinzu kommt seit<br />

2004 die Substitutionsbehandlung im Bertha Krankenhaus bei Patienten mit<br />

psychischer Co-Morbidität, wobei hier allerdings nur sehr wenige Plätze zur<br />

Verfügung stehen.<br />

„Letztendlich halten wir unser Fernziel, nämlich die Legalisierung aller Substanzen im<br />

Auge“ erklärt Rolf Ringeler. „Die Vorteile, die die Abkehr in der Drogenpolitik von<br />

Prohibition und Repression bietet, wie z. B.: Austrocknung des Schwarzmarktes,<br />

drastische Reduzierung von Beschaffungsdelikten, deutliche Verringerung<br />

gesundheitlicher Risiken und Schädigungen Drogen gebrauchender Menschen und<br />

somit eine Verringerung der Drogentoten diskutieren wir gern mit Ihnen an unserem<br />

Infostand“, fährt Rolf Ringeler fort.<br />

73


„Drogengebrauch und Drogenmissbrauch sind nicht durch Abschreckung,<br />

Verordnung oder Strafandrohung abschaffbar. Hilfe statt Strafe muss oberstes<br />

Prinzip der Drogenpolitik bleiben“, fordert Ralf Runniger zum Abschluss.<br />

Die AIDS-Hilfe lädt am Dienstag, dem 21.07.09 von 11 bis 13.30 Uhr an ihren<br />

Infostand auf der Königstraße in Höhe des König-Heinrich-Platzes zwischen U-Bahn-<br />

Ausgang und Fontänen-Brunnen zur Diskussion ein.<br />

Aktion zum „Nationalen Gedenktag für verstorbene DrogengebraucherInnen“<br />

am 21.07.<strong>2009</strong><br />

Am 21.07.<strong>2009</strong> gedachten wir in der Fußgängerzone auf der Königstraße in Höhe<br />

des König-Heinrich-Platzes der im letzten Jahr verstorbenen<br />

DrogengebraucherInnnen mit einem Infostand.<br />

Wir verteilten einen Folder, der auf der Vorder- und Rückseite mit einem Gedicht<br />

und zusätzlich auf der Vorderseite mit einem Tribal versehen war. Den Folder<br />

versahen wir mit unserer Pressemitteilung, der aktuellen gemeinsamen<br />

Stellungnahme des Bundesverbandes der Eltern und Angehörigen für akzeptierende<br />

Drogenarbeit e. V. , Landesverbandes der Eltern und Angehörigen für humane und<br />

akzeptierende Drogenarbeit NRW e. V., des JES Bundesverbandes, des<br />

Landesverbandes JES NRW e. V., der DAH e. V., der DGS e. V. und von akzept e.<br />

V.. Des Weiteren enthielt der Folder unsere Forderungen zur schrittweisen<br />

Legalisierung bisher illegalisierter Substanzen. Wir postierten 26 Grablichter als Zahl<br />

(die Zahl der im Jahr 2008 verstorbenen DrogengebraucherInnen).<br />

74


Wir verzeichneten eine gute Presseresonanz, vor Ort waren die NRZ und WAZ, das<br />

WDR Lokalfernsehen Duisburg und Sat 1. Es gab einen Artikel in NRZ online und<br />

der 1. Vorsitzende Rolf Ringeler wurde im Studio 47 interviewt.<br />

5.2.5 Teilnahme an Arbeitskreisen<br />

Die AIDS-Hilfe Duisburg/Kreis Wesel e. V. ist durch den hauptamtlichen Mitarbeiter<br />

für den vorgenannten Bereich in dem Arbeitskreis Suchtmedizin (Qualitätszirkel der<br />

substituierenden Ärzte) und an der PSAG Basisarbeitsgruppe „Suchtkrankenhilfe“<br />

vertreten.<br />

Für den Arbeitskreis Suchtmedizin organisierten wir in Zusammenarbeit mit der<br />

Firma Gilead am 04. Juni eine Fortbildung zum Thema „Grundlagen der HIV-<br />

Therapie in der Suchtmedizin“ mit dem Referenten Herrn Oberarzt Dr. Stefan<br />

Esser von der Uniklinik Essen, der wie immer einen interessanten und kurzweiligen<br />

Vortrag über das aktuelle HIV-Geschehen hielt. Die Veranstaltung fand bei den<br />

substituierenden Ärzten ein sehr positives Feedback, da auch Rückfragen möglich<br />

waren und diese umfassend beantwortet wurden.<br />

5.3 HIV und Strafvollzug<br />

Das Angebot der „Strukturellen HIV- und STI- Präventionsarbeit im Strafvollzug“<br />

wurde auch <strong>2009</strong> durch die AIDS-Hilfe Duisburg/Kreis Wesel e.V. auf der lokalen und<br />

landesweiten Ebene umgesetzt. Auf der landesweiten Ebene erfolgte die Arbeit<br />

ausschließlich in Vernetzung und Kooperation mit Institutionen, die im Bereich „HIV<br />

und Strafvollzug“ tätig sind (wie z.B. bei dem Landesarbeitskreis Drogen und Haft der<br />

AIDS-Hilfe NRW e.V.).<br />

Auf der lokalen Ebene wurde mit den vorhandenen Untersuchungshaftanstalten, dem<br />

offenen Vollzug sowie den Gerichten und Staatsanwaltschaften der Region<br />

kooperiert, um die Präventionsarbeit Bedienstete und Inhaftierte im Bereich<br />

Strafvollzug zu platzieren. Ziel war die Wissensvermittlung von Übertragungswegen<br />

75


und Schutzmöglichkeiten im Themenfeld STD´s, vor allem im Hinblick auf HIV und<br />

die Hepatitiden. Weitere Arbeitsschwerpunkte waren die Begleitung HIV-positiver<br />

Inhaftierter sowie die Einzelberatung von Inhaftierten im Rahmen von<br />

Sprechstunden.<br />

5.3.1 Einführung<br />

Die Arbeit in den Untersuchungshaftanstalten, sowie neuerdings seit dem Jahr <strong>2009</strong><br />

in der Haftanstalt für Männer in Oberhausen, wurde, den Gegebenheiten des<br />

Vollzugsalltages angepasst, umgesetzt. Hierbei ist eine beständige und regelmäßige<br />

Arbeit unabdingbar, da der Vollzug eher durch einen strukturierten Alltag und durch<br />

ein hohes Maß an Regelmäßigkeit geprägt ist.<br />

Daher wurde in dem Berichtszeitraum kein neues innovatives Projekt in den<br />

Haftanstalten umgesetzt.<br />

Was im Jahr <strong>2009</strong> jedoch neu war und den Fachbereich „Gesundheitsförderung bei<br />

Menschen in Haft“ geprägt hat, ist die erstmalig erreichte Refinanzierung der<br />

primärpräventiven Arbeit der AIDS-Hilfe durch das Justizministerium NRW. Diese<br />

unabdingbare Voraussetzung zum Erhalt der entsprechenden Angebote konnte<br />

durch die Überzeugungskraft eines, im vorangegangenen Jahr erstellten Konzeptes<br />

erreicht werden, an dem neben MitarbeiterInnen aus der AIDS-Hilfe NRW e.V. vor<br />

allem auch Personen aus den Haftanstalten beteiligt waren und ihr Wissen mit<br />

eingebracht haben. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an alle, die an der<br />

Konzepterstellung beteiligt waren! Für diese neue, auf einer vertraglichen Grundlage<br />

basierende Kooperation mit der Haftanstalt wurde zu Bewerbungszwecken unserer<br />

Angebote in den Haftanstalten ein Flyer entwickelt. Dieser wurde durch einen<br />

Mitarbeiter der AIDS-Hilfe Bochum e.V. layoutet. Auch hier ein herzliches<br />

Dankeschön für die Unterstützung!<br />

Es sei zum Ende noch erwähnt, dass nach unseren Kenntnissen die AIDS-Hilfe<br />

Duisburg/Kreis Wesel e.V. bundesweit die erste in der Präventionsarbeit tätige<br />

Einrichtung ist, die über ein Justizministerium eine Refinanzierung für ihre<br />

primärpräventivenTätigkeiten im Vollzug erhält.<br />

5.3.2 Landesweite Vernetzung<br />

Teilnahme an Arbeitskreisen<br />

Der hauptamtliche Mitarbeiter hat regelmäßig an dem Landesarbeitskreis „Drogen<br />

und Haft“ der AIDS-Hilfe NRW e.V. teilgenommen. Durch den regelmäßig<br />

stattfindenden fachlichen Austausch wurde die Arbeit kontinuierlich modifiziert,<br />

einheitliche Standards erarbeitet und somit die lokale Arbeit weiter professionalisiert.<br />

Der hauptamtliche Mitarbeiter nahm im Rahmen der landesweiten Vernetzung an<br />

verschiedenen Arbeitskreisen und Tagungen teil.<br />

Seit mehreren Jahren ist der hauptamtliche Mitarbeiter der AIDS-Hilfe Duisburg/Kreis<br />

Wesel e.V. Sprecher des Landesarbeitskreises Drogen und Haft. Mit dieser Tätigkeit<br />

ist ein erhöhter zeitlicher Aufwand verbunden, da die Funktion des Sprechers unter<br />

anderem die regelmäßige Absprache mit der zuständigen Mitarbeiterin der<br />

76


Landesgeschäftsstelle zu Themenschwerpunkten für Landesarbeitskreise „Drogen<br />

und Haft“ sowie die Vertretung bei landesweiten Gremien beinhaltet.<br />

5.3.3 Lokale Arbeit des Projektes ,HIV und Strafvollzug’<br />

Der Arbeitsbereich „Gesundheitsförderung für Menschen in Haft“ bedient die<br />

Untersuchungshaftanstalt Duisburg-Hamborn sowie die Zweiganstalten Duisburg-<br />

Mitte, Dinslaken, Oberhausen und den offenen Vollzug in Moers Kapellen. Inhaltliche<br />

Schwerpunkte der Arbeit sind:<br />

- Primär- und Sekundärprävention zum Themenfeld HIV/AIDS, Hepatitiden<br />

sowie andere sexuell übertragbare Krankheiten<br />

- Begleitung und Interessensvertretung HIV-positiver Inhaftierter<br />

- Einzelberatung von Inhaftierten<br />

- Mitarbeiterschulungen<br />

- Verschiedene Veranstaltungen<br />

5.3.4 Gesundheitliche Belastungen von Inhaftierten<br />

Die Hauptinfektionswege von HIV und Hepatitiden sind das gemeinsame Benutzen<br />

gebrauchter Spritzutensilien beim i.v. Drogenkonsum, sexuelle Kontakte und<br />

Tätowieren / Piercen. Daher hat die Präventionsarbeit der AIDS-Hilfe Duisburg/Kreis<br />

Wesel e.V. eine starke Fokussierung auf diese Übertragungswege.<br />

Hier ein Umriss der Risikosituationen anhand statistischer Forschungsergebnisse:<br />

Drogenkonsum<br />

I.v. Drogenkonsum ist bei inhaftierten Drogenabhängigen zwar weniger verbreitet als<br />

außerhalb, aber die Inhaftierten, die ihren Konsum in Haft fortsetzen, tun dies unter<br />

hoch riskanten Bedingungen und in der Regel in Form eines gemeinsamen<br />

Gebrauches von Spritzen, Nadeln und Spritzutensilien. Wedershoven (s.<br />

Wedershoven C. Katamnese der HIV-Infektion bei drogenabhängigen und nichtdrogenabhängigen<br />

Inhaftierten im Vergleich im Justizvollzug des Landes Nordrhein-<br />

Westfalen. 1998) bestätigt, dass unsterile Spritzutensilien die Hauptinfektionsquelle<br />

der von ihr untersuchten Gefangenen darstellt. Knapp fand, dass bei den von ihm<br />

befragten Inhaftierten positiven Strafgefangenen bis zu neun Personen eine Spritze<br />

zusammen benutzten (s. Knapp R. AIDS im Strafvollzug. Zur Situation HIV-Infizierter<br />

und AIDS-Kranker Strafgefangener unter besonderer Berücksichtigung der<br />

Problematik intramuralen Drogenkonsums: Ergebnisse einer empirischen Erhebung<br />

und rechtliche Konsequenzen. Bonn (Unveröff. Diss.) 1996).<br />

Sexuelle Beziehungen<br />

Sexualität ist in den Haftanstalten genauso präsent, wie der illegale Drogenkonsum.<br />

Die Thematisierung von gleichgeschlechtlicher Sexualität ist jedoch so gut wie<br />

unmöglich. Wenige Haftanstalten gestatten Langzeitinhaftierten heterosexuelle<br />

Kontakte im Rahmen der Besuchszeit von (Ehe-) PartnerInnen (z.B. JVA Werl, JVA<br />

für Frauen Vechta) oder bei Haftlockerungen der Inhaftierten sexuelle Kontakte im<br />

Rahmen des Urlaubes.<br />

77


Es scheint jedoch, dass das „Verbot“ der Ausübung von Sexualität als Teil der Strafe<br />

angesehen wird. Dies wird nicht zuletzt von den Inhaftierten selbst so gesehen. Der<br />

Drang nach sexuellen Handlungen führt zu einer Abspaltung der Sexualität von der<br />

allgemeinen sozialen Haltung der Inhaftierten. Es werden gleichgeschlechtliche<br />

Handlungen praktiziert, die konträr zur Haltung und allgemeinen Aussage der<br />

Inhaftierten stehen. Durch diese abgetrennte, nicht akzeptierte Sexualität wird<br />

teilweise bzw. vollständig auf Kondomgebrauch verzichtet. Die Prävention steht hier<br />

vor einem Dilemma. Der Thematisierung von gleichgeschlechtlicher Sexualität in<br />

Präventionsveranstaltungen wird mit Anlehnung begegnet. Um Inhaftierten die<br />

Möglichkeit eines Beratungsgespräches zu ermöglichen, wo Fragen zu<br />

Übertragungswegen vertrauensvoll beantwortet werden, bietet die AIDS-Hilfe daher<br />

seit 2007 eine Hepatitis- / HIV-Sprechstunde in den Haftanstalten Hamborn und<br />

Dinslaken an.<br />

Tätowieren / Piercen<br />

Tätowieren und Piercen ist wie das Benutzen unsteriler Injektionsnadeln eine<br />

Übertragungsmöglichkeit von Hepatitis C und, in geringerem Ausmaß, von HIV.<br />

Leider wurden bis dato keine Studien in Haftanstalten durchgeführt, um hier eine<br />

Aussage in Richtung Risiko, Gebrauch und Infektionszahlen von Inhaftierten über<br />

Tätowieren und Piercen zu treffen.<br />

Die AIDS-Hilfe thematisiert diese gesundheitsgefährdenden Verhaltensweisen bei<br />

ihrer Präventionsarbeit und bietet den Rahmenbedingungen entsprechende<br />

Lösungsansätze an.<br />

5.3.4.1 Primär- und Sekundärprävention<br />

Der hauptamtliche Mitarbeiter hat regelmäßig Informationsveranstaltungen in den<br />

Justizvollzugsanstalten durchgeführt. Neben den Übertragungswegen von HIV und<br />

Hepatitiden wurden die Behandlungsmöglichkeiten und mögliche Schutzmaßnahmen<br />

angesprochen (Desinfektion von gebrauchten Spritzen, Förderung des<br />

„Blutbewusstseins“, Vorgehen bei Nadelstichverletzungen und Safer Sex - Praktiken<br />

{bei Männern, die Sex mit Männern haben sowie Frauen, die Sex mit Frauen<br />

haben}).<br />

5.3.4.2 Begleitung<br />

Der Arbeitsbereich „Strukturelle HIV- und STI- Präventionsarbeit im Strafvollzug“<br />

bietet den inhaftierten Frauen und Männern die Möglichkeit, regelmäßig (in der Regel<br />

alle zwei Wochen) mit einem Mitarbeiter der AIDS-Hilfe Duisburg/Kreis Wesel e.V. zu<br />

sprechen. Die Erstgespräche werden von dem hauptamtlichen Mitarbeiter<br />

durchgeführt. Hier werden folgende Aspekte erörtert: Bedarf des Inhaftierten,<br />

Stadium der HIV-Infektion, medizinische Behandlung sowie die Angebote der AIDS-<br />

Hilfe (z.B. Knastpakete, Therapievermittlung, Resozialisierung nach der<br />

Haftentlassung etc.). Die regelmäßigen Besuche werden durch einen<br />

hauptamtlichen Mitarbeiter oder ggf. von einem ehrenamtlichen Mitarbeiter<br />

durchgeführt. Im Sinne einer professionellen psycho-sozialen Begleitung besteht für<br />

die ehrenamtlichen Mitarbeiter das Angebot der „Drogen- / Knast-Gruppe“. Ziel des<br />

78


zweiwöchentlich verfügbaren Angebotes ist der fachliche Austausch von<br />

Begleitungsfällen, Absprachen von Veranstaltungen und eine supervisorische<br />

Beratung für die Begleiter.<br />

Außenansicht des neu erstellten Flyers<br />

5.3.4.3 HIV- und Hepatitissprechstunde<br />

Nach Absprache mit dem Anstaltsarzt der JVA-Hamborn bietet die AIDS-Hilfe<br />

Duisburg/Kreis Wesel e.V. seit 2006 in der Zweiganstalt Dinslaken eine HIV- und<br />

Hepatitissprechstunde an und seit 2007 in der Haftanstalt Hamborn. Seit <strong>2009</strong><br />

werden auch die Zweiganstalten Duisburg-Innenstadt und Oberhausen bedient.<br />

Ziel der Sprechstunde ist es, in einem geschützten Rahmen Fragen an den<br />

Mitarbeiter der AIDS-Hilfe stellen zu können, die bei einer Informationsveranstaltung<br />

im größeren Rahmen durch Scham, gesellschaftliche Tabuisierung bzw.<br />

Sanktionsgefahr von Seiten der Anstalten nicht thematisiert werden (Needlesharing,<br />

Drogenkonsum, MSM und FSF). Die Sprechstunde wird durch Plakate und den neu<br />

erstellten Flyer beworben und Interessierte können sich durch einen Antrag an den<br />

Sozialdienst für die Sprechstunde anmelden.<br />

Innenansicht des neu erstellten Flyers<br />

79


5.3.4.4 Mitarbeiterschulung<br />

Durch den Arbeitsbereich „Strukturelle HIV- und STI- Präventionsarbeit im<br />

Strafvollzug“ werden für die Bediensteten der Justizvollzugsanstalten, den Gerichten<br />

sowie den Staatsanwaltschaften Informationsveranstaltungen angeboten (siehe<br />

hierzu: Infektionsschutz „Gemeinsamer Runderlass des Ministeriums für Inneres und<br />

Justiz (4550 – IV B. 65) und des Ministeriums für Frauen, Jugend, Familie und<br />

Gesundheit (V A 4 – 0392.3)“) . Inhalte der Veranstaltungen sind vornehmlich die<br />

Einhaltung der Hygienestandards, Vorgehen nach einer Nadelstichverletzung und die<br />

Wissensvermittlung von Übertragungswegen, Behandlungsmöglichkeiten im Bezug<br />

auf HIV und Hepatitiden und darüber hinaus die Impfmöglichkeiten bei einigen<br />

Hepatitiden.<br />

5.3.4.5 Veranstaltungen<br />

Der hauptamtliche Mitarbeiter war bei mehreren Veranstaltungen in den<br />

Justizvollzugsanstalten präsent, um als Ansprechpartner bekannt zu werden.<br />

Darüber hinaus wurden medienwirksame Veranstaltungen selbst organisiert, um das<br />

Thema „HIV und Strafvollzug“ in der Öffentlichkeit zu thematisieren.<br />

Zu diesen Veranstaltungen zählten unter anderem die Teilnahme am Sommerfest<br />

der Frauenhaftanstalt sowie die Amtseinführung der neuen Haftanstaltsleiterin sowie<br />

die Teilnahme an einer Weihnachtsfeier in der Haftanstalt Hamborn.<br />

5.3.5 Resümee<br />

Der Arbeitsbereich „Strukturelle HIV- und STI- Präventionsarbeit im Strafvollzug“<br />

kann auf ein erfolgreiches Jahr zurückschauen. Die Kooperation mit den Anstalten ist<br />

konstant, kontinuierlich und produktiv. Die Angebote der AIDS-Hilfe wurden sehr gut<br />

angenommen.<br />

Gerade durch die vertragliche Grundlage mit den Haftanstalten konnte eine<br />

regelmäßige und kontinuierliche Arbeit sichergestellt werden. Jedoch ist damit auch<br />

eine erhöhte Verbindlichkeit und durch die Ausweitung des Betätigungsfeldes auf die<br />

Haftanstalt Oberhausen auch ein erhöhter zeitlicher Aufwand verbunden.<br />

5.4 Frauen und AIDS - Prävention bei Frauen in besonderen<br />

Lebenslagen<br />

Auch im Jahr <strong>2009</strong> ließ sich das Projekt ‚Frauen und AIDS’ der AIDS-Hilfe Duisburg /<br />

Kreis Wesel e.V. mithilfe der Zielgruppenspezifischen Mittel des Landes NRW<br />

erfolgreich umsetzen, aufgrund personeller Fluktuation allerdings nur in erheblich<br />

begrenztem Umfang (s. 1.).<br />

Die Stelleninhaberin Judith Dewald trat Anfang April in den Mutterschutzurlaub ein<br />

und ihr Vertrag endete am 14.06. des Berichtsjahres. Wir bedanken uns bei Frau<br />

Dewald für zwei erfolgreiche Jahre, wünschen ihr für die Zukunft alles Gute und<br />

freuen uns, dass sie in begrenztem Umfang im AIDS-Hilfe-Dunstkreis verbleiben<br />

wird. Unter anderem wird sie als ehrenamtliche Mitarbeiterin der AIDS-Hilfe<br />

Oberhausen die Funktion als `Knotenfrau´ des bundesweiten Netzwerkes „Frauen<br />

und AIDS“ für die Region Ruhrgebiet und nordöstliches NRW weiter wahrnehmen.<br />

80


Die im Mai auserwählte Nachfolgerin konnte ihren Dienst erst am 01. August<br />

antreten und hat uns nach vielversprechendem Start bereits nach zwei Wochen aus<br />

unbekannten Gründen wieder verlassen. Somit mussten wir die Stelle erneut<br />

ausschreiben und konnten diese endlich ab dem 01.11.<strong>2009</strong> mit der Diplom-<br />

Pädagogin, Frau Petra Kurek, höchst kompetent besetzen. In der fast<br />

siebenmonatigen Vakanz hat natürlich nicht nur der Frauenbereich gelitten, sondern<br />

auch die verbliebene hauptamtliche Mannschaft durch mögliche Vertretungen an<br />

Belastungsgrenzen geführt. Ganz besonders hilfreich zur Wahrnehmung der<br />

dringendsten Angelegenheiten war der Umstand, dass Frau Anika Walther im<br />

Rahmen ihrer geringfügigen Beschäftigung (s. 5.6.) hier eingesprungen ist.<br />

Somit können wir nunmehr auch für das Berichtsjahr über die Umsetzung der<br />

strukturellen Prävention im Arbeitsbereich ‚Frauen und AIDS’ auf lokaler, regionaler<br />

und landesweiter Ebene berichten.<br />

Die Schwerpunkte im Jahr <strong>2009</strong> galten den Arbeitsbereichen Begleitung von HIVpositiven/<br />

an AIDS erkrankten Frauen, Gestaltung bedarfsgerechter<br />

Versorgungsstrukturen, Abbau gesellschaftlicher Diskriminierungen und<br />

Primärprävention spezifischer Zielgruppen innerhalb des Frauenbereiches.<br />

Auch in diesem Jahr erfolgte die Arbeit auf der landesweiten und regionalen Ebene<br />

ausschließlich in Vernetzung und Kooperation mit Institutionen, die im Bereich<br />

‚Frauen und AIDS’ tätig sind. Diese Vorgehensweise stellt vorhandene Ressourcen<br />

sicher und führt zu einer effizienten Arbeit im Bereich ‚Frauen und AIDS’.<br />

In der lokalen Arbeit ließ sich die Ausdifferenzierung der Aufgaben durch die<br />

Einbeziehung von ehrenamtlicher Arbeit –allerdings in reduzierter Weise- bei der<br />

Unterstützung der HIV-positiven / an AIDS erkrankten Frauen realisieren. Darüber<br />

hinaus waren auch auf dieser Ebene Kooperationen mit Institutionen relevant, um die<br />

begrenzten personellen Ressourcen möglichst effizient zu nutzen.<br />

5.4.1 Arbeitsbereich ‚Frauen und AIDS’ auf der lokalen Ebene<br />

Sicherstellung frauenspezifischer Beratung und Begleitung<br />

Auch im Jahr <strong>2009</strong> stellten die Projektnehmerinnen sicher, dass für Frauen, die sich<br />

telefonisch oder persönlich an die AIDS-Hilfe wendeten, die Option bestand, sich mit<br />

einer Frau über ihre Themen auseinandersetzen zu können. Für eine qualifizierte<br />

Beratung und Betreuung spielen geschlechtsspezifische Faktoren eine wichtige<br />

Rolle, die sich nicht ohne weiteres von männlichen Kollegen bearbeiten lassen.<br />

Besonders bei Frauen, deren kultureller oder religiöser Hintergrund einen offenen<br />

Umgang bezüglich Sexualität ausschließlich bei gleichgeschlechtlichen Personen<br />

akzeptiert, ist eine weibliche Ansprechpartnerin wichtig.<br />

Zusammenarbeit mit Ehrenamtlerinnen / betroffenen Frauen<br />

Für die lokale Arbeit ist es weiterhin notwendig, die Kapazitäten mithilfe von<br />

Ehrenamtlerinnen und positiven Frauen zu erweitern. Die Strategie der<br />

Projektnehmerinnen, sowohl Ehrenamtlerinnen als auch betroffene Frauen in die<br />

81


aktuelle frauenspezifische Arbeit mit einzubinden, wurde auch <strong>2009</strong> fortgesetzt und<br />

ließ sich zu Aktionen zum Internationalen Frauentag und zum Welt-Aids-Tag<br />

umsetzen. Trotz der Angst des unfreiwilligen „Outings“, die bei Aktionen vor Ort meist<br />

vorhanden ist, war es den Frauen möglich, uns für ein paar Stunden tatkräftig unter<br />

die Arme zu greifen.<br />

Primärprävention bei Frauen in besonderen Lebenslagen<br />

<strong>2009</strong> ließ sich die Präventionsarbeit auf dem Duisburger Straßenstrich –mit nahezu<br />

gleicher Frequenz wie im Vorjahr- erfolgreich mit dem Gesundheitsamt der Stadt<br />

Duisburg fortführen. Mit der regelmäßigen aufsuchenden Arbeit (in einem ca.<br />

zweiwöchigen Rhythmus) wird ein langfristiger Beziehungsaufbau zu den einzelnen<br />

Sexarbeiterinnen ermöglicht.<br />

In dem Arbeitsbereich der Bordelle in Duisburg wurde eine Nikolausaktion<br />

durchgeführt, in der Give-aways und Informationsmaterial zum Beratungs- und<br />

Untersuchungs-angebot an die Sexarbeiterinnen verteilt wurden.<br />

Öffentlichkeitsarbeit<br />

Unsere 3 Frauen in <strong>2009</strong>, v. li. n. re.: Judith Dewald, Anika Walther und Petra Kurek<br />

<strong>2009</strong> galt es neben der Kommunikationskampagne ‚XXelle’ auch die lokale AIDS-<br />

Hilfe und die Arbeit in dem Bereich ‚Frauen und AIDS’ zu präsentieren. Die<br />

Homepage war aufgrund ungeklärter Administration letztes Jahr nur zeitweise<br />

zugängig. Durch die freundliche finanzielle Unterstützung der AIDS-Hilfe NRW ist es<br />

gelungen, einen neuen Administrator zu finden, der die Seite zum Jahresende neu<br />

gestaltet hat. Mit der Umbenennung der Homepage von ‚venus-ruhrgebiet’ in ‚XXelle-<br />

Ruhrgebiet’ ist die Seite auch inhaltlich überarbeitet und der Internetauftritt der AIDS-<br />

Hilfen aus dem Ruhrgebiet an die landesweite Kommunikationskampagne ‚XXelle’<br />

gekoppelt worden, um einen einheitlichen Bezug zur Frauenarbeit in NRW<br />

herzustellen. An dieser Stelle gilt ein herzlicher Dank an die AH NRW, dass sie uns<br />

die Mittel für den Layouter und das ‚XXelle’-Logo zur Verfügung gestellt hat.<br />

82


Ein wichtiger Anspruch im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit ist es, das Thema<br />

‚Frauen und AIDS’ ins Bewusstsein breiter Bevölkerungskreise zu transportieren.<br />

Neben den eigenen Darstellungsmedien (z. B. Homepage) und<br />

öffentlichkeitswirksamen Aktionen (s. o.), spielen natürlich die Medien dazu eine<br />

Rolle. Trotz wieder einmal nennenswerter Anfragen, konnte es im Berichtsjahr leider<br />

nicht gelingen, Frauen für Interviews oder Reportagen zu gewinnen, die dem Thema<br />

auch für unsere Region gewissermaßen ein authentisches „Gesicht“ hätten verleihen<br />

können.<br />

Es zeigte sich einmal mehr, dass es für HIV-positive Frauen offenbar noch<br />

schwieriger erscheint als für viele Männer, sich selbstbewusst in der Öffentlichkeit<br />

outen zu können. Das bereits erwähnte Beispiel von Nadja B. macht in<br />

erschreckender Weise deutlich, dass dies auch nicht immer empfehlenswert ist.<br />

Schulung Multiplikator/innen<br />

In Duisburg und dem Kreis Wesel steht für den Projektbereich ‚Frauen und HIV/AIDS’<br />

ausschließlich die Stelle der Projektnehmerin zur Verfügung. Diese Situation macht<br />

es notwendig, eine Struktur zu schaffen, in der frauenspezifische Projekte über das<br />

Thema ‚Frauen und AIDS’ informiert sind. Ein Zugang ist mit dem Medium Internet<br />

und der Ruhrgebietshomepage geschaffen worden. Ein weiterer Zugang hat sich<br />

durch die Übernahme der Funktion der ‚Knotenfrau’ ergeben, aus der sich neue<br />

Kooperationsmöglichkeiten zumindest für das erste Quartal des Berichtzeitraumes<br />

ergeben haben. Einige davon sind allerdings gewiss auch ohne die „Knotenfrau-<br />

Funktion“ zu erhalten.<br />

Teilnahme an Arbeitskreisen<br />

83


An dem in Duisburg existierenden Arbeitskreis, der sich an Frauengruppen und<br />

frauenspezifische Institutionen aus Duisburg richtet, nahmen die Projektnehmerinnen<br />

an den Arbeitstreffen teil, die eine thematische Relevanz für die lokale Arbeit hatten.<br />

Durch diese Kontakte wird die Begleitungsarbeit im Frauenbereich optimiert, da enge<br />

Kooperationsmöglichkeiten zwischen den Einrichtungen entstehen. Die<br />

Netzwerkarbeit gewinnt zunehmend an Bedeutung, da HIV-positive Frauen auch in<br />

anderen Einrichtungen in Erscheinung treten, wie z. B. Frauenhäusern oder<br />

Krankenhäusern, und sich die Bedarfe durch das sich verändernde Sozialrecht und<br />

die Gesundheitsreformen weiter ausdifferenzieren.<br />

5.4.2 Regionale Vernetzungsarbeit im Arbeitsbereich ‚Frauen und AIDS’<br />

Homepageprojekt ‚www.XXelle-ruhrgebiet.de’<br />

Wie schon an früherer Stelle erwähnt, wurde im Jahr 2008 die bestehende<br />

Homepage des Ruhrgebietes ‚venus-ruhrgebiet.de’ in www.XXelle-ruhrgebiet.de’<br />

umbenannt. Weiterhin wird die Seite in Kooperation mit der AIDS-Hilfe Dortmund e.V.<br />

gestaltet und präsentiert das Thema ‚Frauen und AIDS’ für positive Frauen,<br />

Multiplikator/innen und Interessierte im Internet im neuen Look. Demnächst wird mit<br />

einem Newsflash auf aktuelle Angebote der AIDS-Hilfen des Ruhrgebietes<br />

aufmerksam gemacht und weiterhin werden unterschiedliche Aspekte des Themas<br />

‚Frauen und AIDS’ dargestellt. Dazu werden Links zu anderen Homepages,<br />

Terminen und Hilfsangeboten für betroffene Frauen aufgeführt.<br />

Somit bietet die Homepage zum einen die Option, frauenspezifische Institutionen im<br />

Ruhrgebiet zu informieren und zu sensibilisieren, und zum anderen schafft sie für<br />

positive Frauen einen niedrigschwelligen und anonymen Zugang zu Informationen<br />

und persönlichen Kontakten. Die neue Homepage steht kurz vor der Freischaltung.<br />

Hintergrund der Stabilisierung und Modifizierung der Homepage bleibt weiterhin,<br />

Frauen mit HIV und AIDS die Möglichkeit zu geben, Informationen zu aktuellen<br />

medizinischen Neuerungen / Veränderungen bedarfsgerecht und anonym über das<br />

Internet jeder Zeit abrufen zu können. Darüber hinaus soll der neue<br />

Veranstaltungskalender online über Vernetzungstreffen im Ruhrgebiet Auskunft<br />

geben sowie Termine der einzelnen AIDS-Hilfen veröffentlicht werden, um den<br />

betroffenen Frauen verbesserte Möglichkeiten zu bieten, sich an den Angeboten<br />

beteiligen zu können.<br />

84


Das sekundärpräventive Angebot auf der Homepage (Austausch von betroffenen<br />

Frauen im Rahmen der Selbsthilfe), konnte im Jahr <strong>2009</strong> noch nicht genutzt werden,<br />

da die Homepage nicht zugänglich war. Hier gilt es zukünftig wieder, die Zielgruppe<br />

durch intensivere Bewerbung auf dieses Angebot hinzuweisen.<br />

Eine Evaluation konnte noch nicht erfolgen, da die Anzahl von Kontakten noch nicht<br />

für eine aussagefähige statistische Auswertung ausreichte.<br />

Rundbriefprojekt ‚Infoletter für HIV-positive Frauen’<br />

Die bestehenden Angebote der AIDS-Hilfe können nicht von allen Frauen genutzt<br />

werden. Zum einen haben viele Klientinnen keinen Internetanschluss und können so<br />

nicht auf die Homepage zugreifen, zum anderen wird das Beratungsangebot in<br />

unserer Einrichtung von einigen Frauen aus unterschiedlichen Gründen nicht<br />

genutzt. Daher wurde von der Stelleninhaberin, Judith Dewald, quartalsweise ein<br />

‚Infoletter für Frauen mit HIV und Aids’ erstellt, der wahrscheinlich fortgesetzt werden<br />

soll. Dieser Infoletter erhält Informationen, die per Post an die Frauen der Einrichtung<br />

versendet werden. Es handelt sich dabei um Artikel aus Fachzeitschriften über<br />

neueste Erkenntnisse von HIV und Schwangerschaft oder der HIV-Medikamente und<br />

Medikamententherapie, die von der Stelleninhaberin zusammengestellt werden.<br />

Darüber hinaus wird der Infoletter zur Bewerbung der DAH-Frauenseminare genutzt,<br />

um den besonders wichtigen Zugang zur Selbsthilfe zu ermöglichen.<br />

Förderung der Selbsthilfepotentiale und Stabilisierung der bestehenden<br />

Selbsthilfeangebote<br />

Ein wesentliches Ziel auf der Ruhrgebietsebene ist es, positiven Frauen eine<br />

Möglichkeit zu geben, sich persönlich auszutauschen und eine Vernetzung zu<br />

ermöglichen. Dies ist besonders relevant, da die Zielgruppe ‚Frauen’ sehr heterogen<br />

ist und sich eine stabile persönliche Beziehung nicht ausschließlich auf die HIV-<br />

Infektion / AIDS-Erkrankung gründen lässt.<br />

In Zusammenarbeit mit der AIDS-Hilfe Dortmund e.V., der AIDS-Hilfe Essen e.V., der<br />

AIDS-Hilfe Oberhausen e.V., der AIDS-Hilfe Bochum e. V. und der AWO Niederrhein<br />

e.V. wurden im Jahr <strong>2009</strong> zwei Vernetzungstreffen mit den frauenrelevanten<br />

Schwerpunktthemen angeboten. Die Evaluation hat ergeben, dass die Frauen<br />

besonders zufrieden damit waren, für zwei Tage die heimische Umgebung verlassen<br />

zu können und ohne die Kinder ein Wochenende für sich zur Entspannung zu haben.<br />

Viele Frauen wären gerne für zwei Nächte verreist, für andere war es mit einer<br />

Übernachtung genug.<br />

Hebammenschulung<br />

Im Jahr <strong>2009</strong> gab es keine Schulung der Hebammen zum Thema ‚HIV / AIDS’,<br />

obwohl die Hebammenschule weiteren Bedarf und Wunsch nach Kooperation<br />

geäußert hat.<br />

Öffentlichkeitsarbeit<br />

In der Öffentlichkeitsarbeit im Jahr <strong>2009</strong> wurde der Schwerpunkt erneut auf die<br />

Präsentation der landesweiten Kommunikationskampagne ‚XXelle’ gelegt. Im<br />

Rahmen der Ruhrgebietsvernetzung ließen sich wieder Öffentlichkeitsaktionen zum<br />

Thema ‚Frauen und AIDS’ platzieren, zu denen es aus den angegebenen Gründen<br />

allerdings keine personelle Beteiligung der AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel gab .<br />

85


5.4.3 Landesweite Vernetzungsarbeit im Arbeitsbereich ‚Frauen und<br />

AIDS’<br />

Teilnahme an Arbeitskreisen<br />

Die regelmäßige Teilnahme an der Landesarbeitsgemeinschaft ‚Frauen und AIDS’<br />

vertiefte den landesweiten Bezug des Projektes. Dieser ist notwendig, um die<br />

kontinuierliche Modifizierung der Arbeit in dem Bereich ‚Frauen und AIDS’ zu<br />

gewährleisten. Mithilfe der fachlichen Auseinandersetzung auf der Landesebene wird<br />

zum einen die lokale Projektarbeit weiterqualifiziert und zum anderen die Erarbeitung<br />

und Umsetzung von Projektideen in NRW gefördert.<br />

Öffentlichkeitsarbeit<br />

<strong>2009</strong> galt es, die landesweite Kommunikationskampagne ‚XXelle’<br />

öffentlichkeitswirksam zu präsentieren.<br />

Die NRW-weit erstellten Materialien ließen sich für unterschiedliche Aktionen (s.<br />

Öffentlichkeitsarbeit auf lokaler / regionaler Ebene) erfolgreich nutzen. Darüber<br />

hinaus trugen die von der AIDS-Hilfe NRW e.V. erstellten Presseartikel zu einer<br />

gelungenen Öffentlichkeitsarbeit bei.<br />

5.5 AIDS und Migration<br />

Zur personellen Situation in diesem Arbeitsbereich verweisen wir auf die<br />

Erläuterungen in den Kapiteln 1. und 5.4.<br />

Lokale Ebene<br />

Interkulturelle Wochen Duisburg<br />

Im Rahmen der Interkulturellen Wochen, die jährlich in Duisburg stattfinden, werden<br />

von städtischer Seite aus auf Vielfalt von Kultur, Lebensweise und Religion von<br />

Mirgrantinnen und Migranten in der Stadt aufmerksam gemacht. Mit über 100<br />

kulturellen Veranstaltungen wie Lesungen, Konzerten, Vorträgen, Feste für Kinder u.<br />

86


v. m., die von verschiedenen Vereinen organisiert werden, wird auf eine gewisse<br />

Weltoffenheit der Stadt hingewiesen.<br />

Auch die AIDS-Hilfe Duisburg/ Kreis Wesel e. V. hat sich an diesem Fest der Stadt<br />

beteiligt und für Interessierte einen Vortrag zum Thema „Die Welt im Fokus von<br />

HIV/AIDS“ vorbereitet. Thematisiert werden sollten neben einer Power-Point-<br />

Präsentation zum weltweiten Infektionsgeschehen die Besonderheiten, die vor Ort in<br />

der Begleitung Schwarzafrikaner auftreten können (s. Pkt. 5.5.1).<br />

Leider hat der Workshop wie schon im Vorjahr wegen zu geringer Anmeldezahlen<br />

nicht stattfinden können.<br />

Stattgefunden jedoch hat ein Infostand zur Abschlussveranstaltung der<br />

Interkulturellen Wochen, dem Fest der Kulturen am 02. Oktober 09 in der<br />

Innenstadt, bei dem es uns einerseits gelungen ist, mit einer<br />

personalkommunikativen Glücksradaktion Kontakt zur Bevölkerung aufzunehmen,<br />

andererseits konnten wir Kontakte zu vielen anderen Kooperations-partnern<br />

aufnehmen bzw. vertiefen.<br />

Es zeigt sich auf der lokalen Ebene der AIDS-Hilfe Duisburg/ Kreis Wesel, dass die<br />

Begleitungszahlen der Menschen mit HIV / AIDS, die einen Migrationshintergrund<br />

haben, die deutschlandweiten Zahlen widerspiegeln. Die Begleitungsarbeit bei dieser<br />

Zielgruppe erfordert spezifische sprachliche, interkulturelle und fachliche<br />

Kompetenzen. Da sich die Präventions- und Öffentlichkeitsarbeit in der Zielgruppe<br />

der Migranten oftmals problematisch darstellt, weil das Thema ‚HIV/AIDS’<br />

weitestgehend tabuisiert wird, ist hier ein langer Atem erforderlich und immer wieder<br />

Gelegenheiten zu nutzen, um die Theamtik auch öffentlichkeitswirksam wach zu<br />

halten. Im Berichtsjahr konnte dazu aufgrund der personell schwierigen Situation<br />

allerdings wenig umgesetzt werden.<br />

5.5.1 Migration und Begleitung<br />

Von den HIV-positiven / an AIDS-erkrankten Menschen, die im Jahr <strong>2009</strong> von der<br />

AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V. begleitet wurden, hatten ca. 30% einen<br />

Migrationshintergrund. Besonders bei den Frauen zeigte sich, dass Migrantinnen<br />

unsere Institution für sich nutzten. Von den positiven Frauen, die von der AIDS-Hilfe<br />

begleitet wurden, waren 45% Migrantinnen. Bei den Männern hingegen waren nur<br />

22% der Personen, die <strong>2009</strong> begleitet wurden, Migranten.<br />

Besonders Menschen aus Subsahara-Afrika suchten <strong>2009</strong> die AIDS-Hilfe Duisburg /<br />

Kreis Wesel e.V. auf. Sie waren, wie auch in vorangegangenen Berichtsjahren die<br />

zahlenmäßig größte Gruppe der Migrant/innen. Als Herkunftsländer ragten dabei<br />

schwerpunktmäßig Togo und Kamerun heraus.<br />

Darüber hinaus begleitete die AIDS-Hilfe Menschen mit italienischem, polnischem,<br />

serbokroatischem und türkischem Migrationshintergrund.<br />

Im Gegensatz zu der Gruppe aus Subsahara-Afrika war diese jedoch zahlenmäßig<br />

deutlich kleiner.<br />

In der Begleitung zeigt sich, dass viele Thematiken, die in der Beratungs- und<br />

Versorgungssituation eine Rolle spielen, kulturell geprägt sind. Dieses führt in<br />

87


Beratungssituationen leicht zu Missverständnissen, Fehlentscheidungen und<br />

kontraproduktiven Unterstützungs- und Behandlungsangeboten. Oft wird die<br />

Verständigung durch die sprachlichen Barrieren erschwert. Zusätzlich zu den<br />

sprachlichen und kulturellen Barrieren ist die Begleitung der HIV-Infizierten / an<br />

AIDS-erkrankten Migrant/innen durch deren spezifische Lebenssituation<br />

gekennzeichnet. So sind die Regelung des Aufenthaltsstatus und der Umgang mit<br />

dem fremden Aufenthaltsland ein existentielles Thema.<br />

Darüber hinaus gilt für viele Migrant/innen, dass sie ihre Familien in den<br />

Herkunftsländern zurück lassen. Besonders in der Begleitung der Menschen aus<br />

Subsahara-Afrika ist die Trennung von Eltern, Geschwistern, Kindern und<br />

Ehepartner/innen Thema. Die Einsamkeit und Isolation verstärkt sich mit der<br />

Diagnose: ‚HIV-positiv’. In der Begleitung der Schwarzafrikaner/innen stellten wir in<br />

diesem Berichtsjahr erneut fest, dass die HIV-Infektion in der Community der<br />

Schwarzafrikaner/innen nicht Thema werden darf. Selbst die eigene Familie wird in<br />

der Regel nicht informiert.<br />

Diese spezifische Lebenssituation führt dazu, dass die HIV/AIDS-Erkrankung<br />

gegenüber den psychischen und existentiellen Belastungen in den Hintergrund treten<br />

kann.<br />

Die aufgeführten Faktoren zeigen, dass die Begleitung der Migrant/innen oftmals<br />

einen anderen inhaltlichen Rahmen einnimmt. Die Problematik, dass ein großer Teil<br />

der Migrant/innen kein Deutsch verstehen bzw. lesen kann, nimmt darüber hinaus<br />

größere zeitliche Ressourcen in Anspruch. Da es keine Stelle gibt, die dafür<br />

zuständig ist, Briefe (u. a. von den jeweiligen Ämtern) zu übersetzen, geschieht<br />

dieses meist innerhalb der AIDS-Hilfe.<br />

Sowohl hinsichtlich der Inhalte als auch im Hinblick auf die Zeitressourcen ist die<br />

Kooperation mit anderen Institutionen bei der Begleitung von Migrant/innen dringend<br />

notwendig.<br />

5.5.2 Arbeitskreis ‚Migration’<br />

Der Arbeitskreis Migration ist ein Zusammenschluss von Organisationen, die regional<br />

im Bereich Migrant/innen mit HIV / AIDS tätig sind (AIDS-Hilfe Duisburg/ Kreis Wesel<br />

e. V., Gesundheitsamt der Stadt Duisburg - Beratungsstelle zu AIDS und anderen<br />

sexuell übertragbaren Krankheiten, AIDS-Hilfe Düsseldorf e.V., AIDS-Hilfe<br />

Oberhausen e. V., AIDS-Hilfe Krefeld e.V., Projekt Aids + Kinder, Köln, Deutsche<br />

AIDS-Stiftung, Bonn).<br />

88


Der Arbeitskreis „Migration & AIDS“, NRW (zu Jahresbeginn<strong>2009</strong>)<br />

Ziel ist der fachliche Austausch, die Vernetzung regionaler Angebote und die<br />

Durchführung gemeinsamer Projekte und Veranstaltungen.<br />

Im Berichtsjahr <strong>2009</strong> hat der kollegiale Austausch über spezifische Themen im<br />

Rahmen der Begleitung im Vordergrund gestanden. Erste Überlegungen, nochmals,<br />

wie im Jahr 2007, eine Fachtagung anzubieten, sind erfolgt. Eine solche wird im Jahr<br />

2010 wieder einmal in Duisburg durchgeführt und ist im Berichtsjahr intensiv<br />

vorgeplant worden.<br />

Präventions- und Öffentlichkeitsveranstaltungen<br />

Wie für die Jahre zuvor bleibt auch für das Jahr <strong>2009</strong> zu berichten, dass es nach wie<br />

vor schwierig ist, Präventions- oder Öffentlichkeitsveranstaltungen im kleineren Kreis,<br />

wie z. B. in Seminarform, im Migrationsbereich anzubieten.<br />

5.6 Youthwork / Prävention in der Allgemeinbevölkerung<br />

89


„Jugendliche sind umfassend und nachhaltig aufgeklärt<br />

Jede nachwachsende Generation wird erreicht<br />

Im Jugendbereich sind die Themen HIV / AIDS in ein kultursensibles,<br />

sexualpädagogisches Angebot eingebettet<br />

Jugendliche sind für das Thema Solidarität mit Menschen mit HIV / AIDS<br />

sensibilisiert<br />

Jugendliche erfahren, dass offen über den Schutz der eigenen Gesundheit<br />

und den der Sexualpartnerin und des Sexualpartners gesprochen werden<br />

kann und dass Schutzverhalten gesellschaftlich erwünscht ist<br />

Die Wirkung von illegalen und legalen Drogen, insbesondere von Alkohol, auf<br />

das Schutzverhalten wird thematisiert<br />

Sozial benachteiligte Jugendliche werden mit spezifischen Maßnahmen<br />

erreicht“<br />

(Quelle : Aktionsplan zur Umsetzung der HIV / AIDS-Bekämpfungsstrategie der Bundesregierung,<br />

Bonn/Berlin, 3. überarbeitete Aufl., März 2007, S.15)<br />

So lauten die im Aktionsplan der Bundesregierung zur Umsetzung der HIV / AIDS-<br />

Bekämpfungsstrategie vom März 2007 formulierten Ziele für die „besondere<br />

Zielgruppe“ Jugendliche. Eine deutliche Bekräftigung des erfolgreichen `deutschen<br />

Präventionsansatzes´ und eine deutliche Bestätigung für und Stärkung des<br />

Präventionsansatzes des bisherigen NRW-Landesprogrammes „Youthwork“,<br />

welches bei der AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V. seit nunmehr über 20 Jahren<br />

durch eine hauptamtliche Fachkraft verortet ist und auch nach dem formalen Ende<br />

der alten Richtlinienförderung des Landes hier erhalten werden soll / muss, wie es<br />

die Landesrahmenvereinbarung über Grundsätze zur Umsetzung der<br />

Kommunalisierung der Landesförderung für Präventions- und Hilfemaßnahmen im<br />

Sucht- und AIDS-Bereich in NRW (s. 1.) vorsieht.<br />

Die Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit dieser AIDS-Prävention in<br />

sexualpädagogischem Kontext mit dem vorrangigen Ziel der Vermeidung von<br />

90


Primärinfektionen hat nichts an Bedeutung verloren. Die stabil hohe Zahl bei den<br />

HIV-Neuinfektionen quer durch alle Bevölkerungsgruppen –so auch bei jugendlichen<br />

und jungen Menschen- sind ein deutlicher Beleg dafür.<br />

Dennoch ist festzuhalten, dass diese Arbeit, die vor allem durch personale<br />

Kommunikation zielgruppenadäquate Informationsarbeit und Aufklärung leistet,<br />

offenbar weiterhin sehr erfolgreich ist. Laut ECDC (European Center for Disease<br />

Control and Prevention, Stockholm) weist Deutschland mit 33,5 Neudiagnosen pro<br />

Million Einwohner die niedrigste Inzidenz in Europa auf. „Das ist auf den Erfolg einer<br />

umfangreichen und nachhaltigen Präventionsstrategie zurückzuführen“ (BZgA<br />

aktuell, November <strong>2009</strong>, S. 2).<br />

„Aktuelle Studien zeigen, dass es weder eine wachsende Sorglosigkeit noch<br />

Nachlässigkeit beim Schutz gibt. Schützten sich vor 15 Jahren noch weniger als die<br />

Hälfte der sexuell aktiven jungen Menschen regelmäßig mit Kondomen, so hat sich<br />

ihr Anteil in den letzten Jahren auf etwa zwei Drittel erhöht. In der<br />

Gesamtbevölkerung verwenden zu Beginn neuer Beziehungen 80 Prozent Kondome<br />

– so viele wie noch nie. Parallel zu dieser Entwicklung steigen die<br />

Kondomabsatzzahlen. (…) Dies zeigt, dass es der AIDS-Prävention in Deutschland<br />

erfolgreich gelungen ist, kontinuierlich Wissen über Safer Sex und Schutzverhalten<br />

so zu vermitteln, dass es auch umgesetzt werden kann. Das gilt sowohl für die<br />

heranwachsende Generation als auch für Erwachsene. (…) Bei Jugendlichen tragen<br />

die Schulen entscheidend zur Informationsvermittlung bei. 94 Prozent der 16- bis 20-<br />

Jährigen geben heute an, das Thema AIDS in der Schule behandelt zu haben, vor 10<br />

Jahren waren es 88 Prozent. Schulische Sexualaufklärung gewinnt daher für die<br />

AIDS-Aufklärung immer mehr an Bedeutung“ (BZgA „aktuell“, 11/08, S.2), was sich<br />

auch daran zeigt, dass die spezifischen Youthwork-Angebote der AIDS-Hilfe<br />

Duisburg / Kreis Wesel e.V. stabil bis vermehrt nachgefragt werden.<br />

Der niedrigschwellige, emanzipatorische und akzeptanzorientierte Ansatz ist richtig.<br />

Repressive Ansätze sind eindeutig kontraproduktiv, wie insbesondere Beispiele aus<br />

Osteuropa, aber auch Ergebnisse von sog. Abstinenzprogrammen der USA und<br />

einiger afrikanischer Länder belegen.<br />

Die besondere Akzeptanz dieses Ansatzes wird uns auch vor Ort durch<br />

Rückmeldungen, Resonanzen und Evaluationserfahrungen zu unseren<br />

Veranstaltungen in diesem Sektor (s. Abb. Veranstaltungsverteilung nach<br />

Arbeitsfeldern) bestätigt.<br />

Dem Rechnung tragend gestalten wir unsere AIDS-Prävention in<br />

sexualpädagogischem Kontext und zielen auf einen Dialog in offener und angstfreier<br />

Atmosphäre und ohne pädagogischen Zeigefinger.<br />

5.6.1 Veranstaltungsinhalte<br />

91


In aller Regel werden personalkommunikative Formen massenmedialen vorgezogen.<br />

Das erfordert allerdings auch eine jeweilige Reduktion auf zielgruppenadäquate und<br />

bedürfnisorientierte Themenbereiche. Um diese Reduktion pädagogisch<br />

verantwortungsvoll vornehmen zu können, finden entsprechende Vor- und<br />

Nachgespräche mit den Veranstaltungspartnern statt.<br />

Je nach Zielgruppe, Zugangsvoraussetzungen und Rahmenbedingungen können<br />

u.a. folgende Themenfelder behandelt werden :<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Medizinisch, biologische Grundlagen zu HIV und AIDS, und<br />

andere STI`s (Virologie, Immunologie, ...)<br />

Verlaufsformen der HIV-Infektion<br />

Aktueller Forschungsstand und Therapieansätze<br />

Übertragungswege und –risiken<br />

Infektionsschutzmöglichkeiten<br />

Testverfahren und ihre Problematiken<br />

Epidemiologische Entwicklung und daraus resultierende<br />

Präventionserfordernisse und –strategien<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Lebenssituation von Betroffenen und An- oder Zugehörigen<br />

Umgang mit HIV-positiven oder/und an AIDS erkrankten<br />

Menschen<br />

Vorurteile gegenüber sog. Hauptbetroffenengruppen<br />

Drogen- und Substitutionsproblematik<br />

HIV und AIDS als gesellschaftliches Phänomen<br />

Juristische und ethische Fragestellungen<br />

Probleme in der Begleitung und Pflege<br />

Sterbebegleitung, Tod und Trauer<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Liebe, Sexualität und Partnerschaft<br />

Probleme im Umgang mit der eigenen Sexualität<br />

Homosexualität (Schwul-lesbische Aufklärungsarbeit)<br />

Geschlechterrollen und ihre Problematiken<br />

Normen, Werte und deren Wandel im Umfeld der Sexualität<br />

u.a.m.<br />

92


5.6.2 Schulische Prävention / Youthwork<br />

Wir bieten für Sie an:<br />

AIDS-Präventionsveranstaltungen im<br />

Rahmen von Sexualpädagogik und<br />

ganzheitlicher<br />

Gesundheitsförderung<br />

Fort- und Weiterbildung für<br />

MultiplikatorInnen und LehrerInnen<br />

Beratung (telefonisch, persönlich,<br />

schriftlich und via Internet) für<br />

Jugendliche, Eltern, LehrerInnen,<br />

ErzieherInnen etc.<br />

Kooperation, Koordination und<br />

Vernetzung<br />

Geschlechtsspezifische Angebote für<br />

Mädchen und Jungen<br />

Beratung<br />

Einzel-, Paar,<br />

Gruppenberatung;<br />

-telefonisch<br />

-persönlich<br />

-schriftlich<br />

-via Internet<br />

Angebote<br />

Kooperation,<br />

Präventionsveranstaltungen<br />

Weiterbildung<br />

Fort- und<br />

Koordination,<br />

Vernetzung<br />

Gruppenarbeit, Moderation, Workshop,<br />

Seminar, Expertengespräch, Diskussion,<br />

Projekt, Fachtagung, Event, Vortrag,<br />

Referat, Infostand etc.<br />

Arbeitskreise,<br />

Gremien,<br />

Ausschüsse,<br />

Lobbyarbeit, etc.<br />

AIDS-präventive Veranstaltungen in sexualpädagogischem Kontext wurden von der<br />

AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V. für Schülerinnen und Schüler aller<br />

Regelschulformen sowie Kollegschulen durchgeführt. In der Regel werden unsere<br />

Angebote in den Jahrgängen ab der Klasse 8, in einzelnen begründeten Ausnahmen<br />

auch in jüngeren Jahrgängen platziert.<br />

Form und Inhalte werden jeweils bedürfnis- und lebensweltorientiert konzipiert. Das<br />

Angebotsspektrum reicht hier von Formen eines „Expertengespräches“ im Rahmen<br />

von Unterrichtsreihen vor unterschiedlichem Fachhintergrund bis hin zu Projekttagen<br />

und – wochen, die günstigenfalls außerhalb des Schulrahmens durchgeführt werden.<br />

Um darüber hinaus eine zumindest grobe Übersicht über das „Produkt Youthwork“,<br />

über Zielebenen, Methoden und Ansätze bekommen zu können, sei an dieser Stelle<br />

auf die Internetseite www.youthwork-nrw.de verwiesen.<br />

Mit dem Berichtsjahr <strong>2009</strong> blicken wir im Bereich Youthwork / Prävention in der<br />

Allgemeinbevölkerung auf ein sehr aktives Jahr zurück. Weiterhin konzentrieren sich<br />

die schulischen Veranstaltungsanfragen stark auf das erste Halbjahr und<br />

insbesondere auf das erste Quartal. Vor allem die Anfragen von weiterführenden<br />

Schulen sind so stabil, dass wir leider nicht alle Anfragen wunschgemäß bedienen<br />

konnten. Es gibt allerdings viel Bemühen um terminliche Flexibilität von Seiten der<br />

Schulen, die unser Angebot sehr zu schätzen gelernt haben.<br />

Angesichts der Größe des Zuständigkeitsgebietes, der wachsenden Bedarfe, der<br />

wachsenden Notwendigkeit, auch andere sexuell übertragbare Krankheiten<br />

93


einzubeziehen und der Einzigartigkeit des Youthwork-Angebotes in der Region<br />

haben wir in den letzten Jahren immer wieder die Sinnhaftigkeit bekräftigt, eine<br />

weitere Fachkraft zu gewinnen. Wünschenswert wäre insbesondere eine<br />

Youthworkerin, die sich verstärkt der Mädchenarbeit widmen könnte. Zumindest<br />

phasenweise und themenabhängig sind geschlechtsspezifische Angebote und<br />

Arbeitsweisen im Bereich der Sexualpädagogik wichtig. Die `Sinnhaftigkeit´ beginnt<br />

gewissermaßen bei dem Eindruck, dass Defizite bzgl. des individuellen<br />

Körperbewusstseins und –verständnisses aus meiner Sicht zunehmen und<br />

Basiskenntnisse zu Körperbau und –funktionen, die zum Verstehen von sexuellen<br />

Vorgängen unentbehrlich sind, oft nur rudimentär vorhanden sind. Dies gilt allerdings<br />

durchaus für beide Geschlechter.<br />

Darüber hinaus können wir uns mit unseren Kapazitäten leider nicht im gewünschten<br />

Maße um sozial benachteiligte Schüler/innen kümmern, die nicht nur, aber gewiss<br />

mit höherer Quote in Haupt- und Förderschulen anzutreffen sind, für die die<br />

beschriebenen Defizite in besonderem Maße gelten und die bei den STI-Inzidenzen<br />

eine Rolle spielen.<br />

Im Berichtsjahr haben wir im Rahmen unserer Möglichkeiten konsequent gehandelt<br />

und mit unserer ehemaligen Fachkraft im Bereich „Frauen & AIDS“ und „AIDS &<br />

Migration“, der Diplom-Pädagogin Anika Walther, auf Basis einer geringfügigen<br />

Beschäftigung im Umfang von sechs Wochenstunden eine zusätzliche Kraft<br />

eingestellt. Das war für uns als kleinem, freien Träger ein mutiger Schritt, da es für<br />

diese Erweiterung keine öffentliche Förderung gab und wir die Finanzierung dieser<br />

Stelle vollständig aus Eigenmitteln bestreiten mussten.<br />

Neben der Kapazitätserweiterung diente diese Maßnahme allerdings auch der<br />

Entlastung des Youthworkers, der in zunehmendem Maße geschäftsführende<br />

Tätigkeiten übernehmen muss. Darüber hinaus hat Frau Walther einige Aufgaben<br />

der o.a. Frauenstelle in der langen Vakanzzeit übernomen, wofür wir ihr äußerst<br />

dankbar sind. Dennoch konnte es gelingen, insbesondere einzelnen Haupt- und<br />

Förderschulen Veranstaltungsangebote zu unterbreiten.<br />

Grundsätzlich aber konstatieren wir für den Arbeitsbereich weiterhin knappe<br />

personelle Ressourcen und somit bleibt die Einbindung und entsprechende<br />

Qualifizierung von ehrenamtlichen Kräften und Multiplikator/innen ein zentrales<br />

Anliegen der AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V.<br />

Unser Dank gilt hier insbesondere den aktiven HIV-positiven Ehrenamtler/innen, die<br />

sich immer wieder bereit erklären, in authentischer Weise zur Frage „HIV-positiv sein<br />

– was heißt das?“ Rede und Antwort zu stehen. Die Einbeziehung dieser<br />

Selbsthilfeaktivisten ist hier, wie bei Bedarf auch zum Thema „Homosexualität“ fester<br />

Bestandteil vieler Präventionsveranstaltungen. Der besondere Wert dieser<br />

Authentizität wird uns auch immer wieder rückgemeldet. Hier gilt auch den<br />

Mitarbeitern des Herzenslust-Teams ein herzliches Dankeschön.<br />

Den von uns (mit-) initiierten Präventions-Vernetzungen in Duisburg und für die<br />

Region um Dinslaken kommen ebenfalls besondere Bedeutungen zu. Dabei geht es<br />

uns vor allem darum, über Multiplikator/innen eine kontinuierliche Präsenz der<br />

Präventionsthemen in den Institutionen zu schaffen und von `nur´ punktuellen<br />

Veranstaltungen wegzukommen. Durch die Vernetzung und die damit verbesserte<br />

Kooperation und Koordinierung werden Synergieeffekte erzielt. Durch begleitende<br />

94


Öffentlichkeitsarbeit wird für die potentiellen Kunden mehr Transparenz zu den<br />

Präventionsangeboten geschaffen.<br />

Nach der alljährlich durchgeführten repräsentativen Umfrage der BZgA aus dem<br />

Jahre 2007 bezeichnen „nur noch 29 Prozent der Allgemeinbevölkerung und 38<br />

Prozent der 16- bis 20-Jährigen (…) AIDS heute als eine der gefährlichsten<br />

Erkrankungen“ (BZgA-„aktuell“, 11/08; S.2).<br />

Wir konstatieren weiterhin insbesondere Defizite im Bereich von sprachlichen und<br />

kommunikativen Kompetenzen im Feld von Liebe, Sexualität und Partnerschaft. Ein<br />

Erklärungsansatz mag in der neuartigen Nutzung von virtuellen Medien und den<br />

damit verbundenen spezifischen Kommunikationsmustern sein (SMS, Messengerund<br />

Chat-Plattformen, …). Ein anderer Ansatz ist uralt, nämlich dass auch heute der<br />

Eintritt in das Abenteuer „Liebe, Sex und Partnerschaft“ immer noch mit ganz viel<br />

Aufregung, Nervositäten und auch Ängsten und Sorgen verbunden ist, trotz oder<br />

gerade wegen der vermeintlichen Banalisierung der Thematik durch vielfältige<br />

einschlägige Medien, die den Jugendlichen vermeintliche Realitäten und / oder<br />

Normalitäten vorspiegeln. Hier ist einfühlsame Sexualpädagogik gefordert.<br />

Nach unserer Auffassung sind hierzu die Informations- und Vermittlungsmethoden<br />

und der Zeitpunkt der thematischen Auseinandersetzung von entscheidender<br />

Bedeutung. Die Erkenntnis ist nicht neu, dass AIDS-Prävention mit Jugendlichen im<br />

Kontext von Sexualpädagogik anzusiedeln ist, dass personalkommunikative<br />

Methoden (d.h. „Veranstaltungen von Mensch zu Mensch“, vgl. BzgA-Ansatz), die an<br />

der Lebenswelt der Schüler/innen orientiert und hinsichtlich der ersten Erfahrungen<br />

zeitnah zu platzieren sind, massenmedialen oder eindimensionalen<br />

Vermittlungsformen vorzuziehen sind, bzw. diese unbedingt ergänzen sollten.<br />

In den Jahrgangsstufen bis zur 10. Klasse erscheint uns zudem eine – zumindest<br />

phasenweise und themenabhängige – geschlechtergetrennte Bearbeitung sinnvoll<br />

(vgl. o.). Hier müssen einfach die nicht selten durchaus großen Unterschiede im<br />

Reife- und Erfahrungsgrad zwischen Mädchen und Jungen einer Jahrgangsstufe<br />

Berücksichtigung finden. In Anwesenheit des anderen Geschlechtes fällt es<br />

manchmal schwerer, in offene und ehrliche Kommunikationsprozesse<br />

hineinzufinden.<br />

Erst recht, wenn die eigene Identitätsfindung (Wer bin ich? Was mag ich? Was mag<br />

ich nicht? …) noch in vollem Gange ist. Dennoch sind angesichts der mehrheitlich<br />

heterosexuellen Orientierungen, Erfahrungen gelingender Kommunikation zwischen<br />

den Geschlechtern unentbehrlich und nicht zuletzt besonders wichtig für die<br />

Verabredung von Verhütungsmethoden, für die Durchsetzung individueller<br />

Schutzbedürfnisse.<br />

Verstärkt wird der Trend zu problematischer bzw. nicht erfolgreicher Face-to-face-<br />

Kommunikation durch die rasante Nutzung der neuen Medien zur Kontaktanbahnung<br />

oder für Verabredungen. Die anfängliche Anonymität wird einerseits sehr geschätzt,<br />

aber andererseits auch zunehmend missbraucht. Der Ansatz, kommunikative<br />

Kompetenzen zu fördern wird aus unserer Sicht immer wichtiger (vgl. o.).<br />

95


Es bleibt dabei, Emanzipation, Selbstbewusstsein und –bestimmung mit sozialer<br />

Verantwortung und solidarischem Handeln in Einklang zu bringen, ist eine zentrale<br />

Aufgabe von Erziehung, (Aus-) Bildung und Präventionsarbeit (Vgl. „Ziele“, o.).<br />

Auch vor diesem Hintergrund ist eine optionale Einbeziehung des Spezialthemas<br />

„Homosexualität“, welches durch die Richtlinien zur Sexualerziehung zum<br />

verbindlichen Thema aufgewertet wurde, wichtig. Umso mehr, als auf den<br />

Schulhöfen wieder deutlich mehr verbale Ausgrenzungsattacken zu vernehmen sind.<br />

Das passt leider zur oben beschriebenen Tendenz. Die nach wie vor stark<br />

klischeegeprägte Vorstellung vom „Schwul-Sein“ gilt sehr häufig geradezu als das<br />

Antivorbild für Jungen. Trotz aller gesamtgesellschaftlichen Fortschritte im Feld der<br />

Akzeptanz und Toleranz gegenüber gleichgeschlechtlichen Lebensweisen, gilt es<br />

hier aus Sicht des Verfassers sehr genau zu beobachten und frühzeitig den<br />

Anfängen neuer Diskriminierungstendenzen zu wehren.<br />

Hier sei wieder einmal der Hinweis gestattet, dass beim Youthworker der AIDS-Hilfe<br />

Duisburg /Kreis Wesel e.V. die sog. „SCHLAue Kiste“ des MAGS NRW mit Medien<br />

und Materialien zur schwul-lesbischen Aufklärungsarbeit prinzipiell auszuleihen ist.<br />

Darüber hinaus können über den Youthworker der AIDS-Hilfe (ggf. im Verbund mit<br />

dem „Herzenslust-Team der AH) Multiplikatorenfortbildungen zu diesem Themenfeld<br />

vereinbart werden.<br />

Durch Veranstaltungen im Sektor Youthwork und Präventionsveranstaltungen in der<br />

Allgemeinbevölkerung konnten wir im Berichtsjahr über 6.660 Personen mit<br />

personalkommunikativen Formen erreichen, davon 180 sog. Multiplikator/innen<br />

(Lehrkräfte und sonstige Pädagog/innen sowie ehrenamtliche Mitarbeiter/innen).<br />

Allein im schulischen Bereich (-> Youthwork-Angebote) erreichten wir 1471<br />

Jugendliche aus allen Schulformen, über 690 in außerschulischen<br />

Zusammenhängen wie offener Jugendarbeit u.a. und über 4200 Jugendliche im<br />

Rahmen von personalkommunikativen Formen bei Großveranstaltungen (wie z.B.<br />

beim Jugendfestival in Wesel). 31 % der Jugendlichen kamen aus dem<br />

Alterssegment zwischen 14 und 17 Jahren, 19 % der Jugendlichen hatten einen<br />

Migrationshintergrund.<br />

96


5.6.3 (Präventions-) Veranstaltungen für Jugendliche und Multiplikatoren<br />

Erfreulich war auch in diesem Berichtszeitraum erneut die Nachfrage nach<br />

Präventionsberatungen von Schüler/innen, die für Fach- oder Projektarbeiten<br />

unseren Rat suchten. Dies ist gewiss auch als Zeichen zu deuten, dass die AIDS-<br />

Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V. bei vielen Schulen als gute und wichtige<br />

Anlaufstelle bekannt ist. Über das direkte Aufsuchen lassen sich im Übrigen leicht<br />

denkbare Schwellenprobleme abbauen. Zudem können wir hierüber natürlich auch<br />

unsere Youthwork-Angebote bekannt machen.<br />

Aus dem Bereich berufsbildender Einrichtungen (z.B. Berufskollegs, insbesondere<br />

der Sektor der sog. Berufsgrundschuljahre) gab es im Berichtsjahr stabil hohe<br />

Anfragen zu vermerken. Hier finden wir in der Regel wichtige Zielgruppen;<br />

Jugendliche im Alter zwischen 16 und 25 Jahren, die oftmals problembehaftete<br />

Sozialisationen und einen geringen Grad an Aufklärungsniveau (z.T. auch<br />

migrationsbedingt) aufweisen.<br />

Bis auf einzelne Ausnahmen – vorwiegend im Zusammenhang mit schulischen<br />

Projekttagen und im Umfeld des Welt-AIDS-Tages – sind direkte Kooperationen mit<br />

Einrichtungen der offenen Jugendarbeit eher selten. Dass wir hier allerdings auch<br />

keine Offensiven starten konnten, hat unsererseits einfach mit Kapazitätsgrenzen zu<br />

tun.<br />

5.6.4 Multiplikatoren- und Erwachsenenbildung<br />

Wie bereits erwähnt, investiert die AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V. viel in die<br />

Aus- und Weiterbildung ihrer ehrenamtlichen Mitarbeiter/innen, ohne die einfach die<br />

Vielzahl an Anfragen auch aus diesem Präventionsfeld nicht befriedigt werden<br />

könnten. Dies ist und bleibt eine wichtige Aufgabe, der wir uns gerne widmen. Dazu<br />

führen wir u.a. alljährlich intensive Grundlagenausbildungen (s. 6.) im Verbund mit<br />

drei anderen Ruhrgebiets-AIDS-Hilfen durch, um darüber einerseits den<br />

Ehrenamtler/innen eine Möglichkeit zu bieten, ein Einsatzfeld zu finden, dass Ihren<br />

Ressourcen, Fähigkeiten und Neigungen entspricht und andererseits sie gemäß<br />

unserer Qualitätsstandards auszubilden und zu rüsten und die vorhandene<br />

Motivation zu stärken. In 2006 hatten wir diese Schulungsreihe erstmalig inhaltlich<br />

stark auf die Präventions- und Öffentlichkeitsarbeit konzentriert und ein reformiertes<br />

Seminarkonzept entwickelt. Diese neue Form ist nach der Evaluation wieder ein<br />

wenig zurückgeschraubt worden, da von Seiten der Teilnehmer/innen ein großer<br />

Bedarf an möglichst umfassendem Einblick in die Vielfältigkeit der Arbeitsgebiete von<br />

AIDS-Hilfen geäußert wurde. Für den Bereich der Öffentlichkeitsarbeit ist dies<br />

sicherlich auch besonders bedeutungsvoll, da es ja auch um die Außendarstellung<br />

dessen geht, was insgesamt geleistet und angeboten wird. Es spricht aber vieles<br />

dafür, ehrenamtliche Ressourcen gerade auch im Bereich der (Primär-)<br />

97


Präventionsarbeit weiter zu mobilisieren und zu qualifizieren, z.B. für den peer-to<br />

peer-Ansatz. Die aktiven Ehrenamtler/innen sind unsere wichtigste Ressource und<br />

die wichtigsten Multiplikator/innen.<br />

Eine weitere ganz wichtige Gruppe von potentiellen MultiplikatorInnen sind in diesem<br />

Präventionsfeld natürlich die Lehrenden in schulischen und außerschulischen<br />

Einrichtungen. Die Anfragen nach Lehrerfortbildungen im Hinblick auf und im Vorfeld<br />

von Projektformen bleiben allerdings weiterhin noch hinter den Vorjahren zurück.<br />

Dies hat unter anderem mit den vielfältigen Veränderungen im Schulbereich mit<br />

erheblichen Zusatzbelastungen für die Lehrkräfte zu tun. Fortbildungen, die mit<br />

Unterrichtsausfall verbunden sind, sind nicht leicht zu installieren.<br />

Das Themenspektrum reicht hier von der Präsentation des aktuellen Wissensstandes<br />

zu HIV und AIDS über die epidemiologische Entwicklung und daraus resultierender<br />

Präventionskonsequenzen und –strategien bis hin zu Aspekten spezieller Fortbildung<br />

im Feld der Kommunikation, wie Gesprächsführung und Moderation.<br />

Auch vor diesem Hintergrund erweisen sich die erwähnten<br />

Präventionsvernetzungsaktivitäten als höchst sinnvoll. Darüber lassen sich<br />

Synergieeffekte erzielen, mittelfristig gesehen Ressourcen zusammenführen und<br />

nicht zuletzt Chancen eines ökonomischeren Haushaltens mit den vorhandenen<br />

Kapazitäten entwickeln.<br />

Umso mehr gewinnt das Feld der Multiplikatorenausbildung an Bedeutung. Ein<br />

zentrales Anliegen ist es, die Präventionsthemen und die damit verbundenen Ziele<br />

an Schulen und in außerschulischen (Jugend-) Einrichtungen möglichst ganzjährig<br />

zu platzieren. Geschulte Pädagog/innen, Erzieher/innen oder Sozialarbeiter/innen<br />

und –pädagog/innen sollten diese repräsentieren, zumindest mit<br />

Verweisungskompetenzen ausgestattet sein und als AnsprechpartnerInnen für die<br />

Jugendlichen bekannt sein/ werden.<br />

Einmal mehr gut angenommen wurde hier wieder die im Berichtsjahr angebotene 8.<br />

Fachtagung des Präventions-Vernetzungskreises Duisburg am 01. April. Unter dem<br />

Titel „Zu den Risiken und Nebenwirkungen von Sexualität fragen Sie bitte …“<br />

befassten sich fast 80 Teilnehmer/innen schwerpunktmäßig mit den<br />

jugendspezifischen Angeboten und Möglichkeiten der im Arbeitskreis vernetzten<br />

Einrichtungen lernten neben inhaltlichen Anregungen und methodischen<br />

Zugangsformen die Präventionsinfrastruktur in Duisburg kennen.<br />

Der Vernetzungskreis „ProVer“ für die Region um Dinslaken hat sich auf einen<br />

regelmäßigen Erfahrungsaustausch (2 x p.a.) verständigt, mehr ist zur Zeit leider<br />

nicht leistbar. Dennoch erweist sich der gepflegte Kontakt als ungemein sinnvoll, weil<br />

einige Kooperationen über das Jahr verteilt so leichter einzustilen und zu verabreden<br />

sind.<br />

98


5.6.5 Berufsspezifische Erwachsenenbildung<br />

Hier sind im Wesentlichen Fortbildungsveranstaltungen in Krankenpflegeschulen, bei<br />

sonstigen Pflegeanbietern und im medizinischen Versorgungssystem verortet. Auch<br />

in diesem Bereich verzeichnen wir stabile Nachfragen und hocherfreuliche<br />

Rückmeldungen. Insbesondere wird geschätzt, dass wir von der medizinischen Seite<br />

bis zu den Tiefen im psychosozialen Bereich die ganze Bandbreite des komplexen<br />

Themenfeldes rund um das Phänomen „HIV / AIDS und andere sexuell übertragbare<br />

Krankheiten“ abdecken können. Nicht zuletzt auch in diesem Tätigkeitsfeld bewährt<br />

sich das „3-Säulen-Modell AIDS-Hilfe“ mit der Verbindung von Selbsthilfe-,<br />

Interessen- und Fachverband sowie der Ansatz der Strukturellen Prävention.<br />

5.6.6 Sonstige Aufgaben und Tätigkeiten<br />

Anzuführen sind hier für den Stelleninhaber :<br />

Beteiligung an der Grundlagenausbildung für EhrenamtlerInnen in der<br />

Ruhrgebietsvernetzung der AIDS-Hilfen<br />

Präventionsvernetzungsarbeit im Kreis Wesel und Duisburg<br />

Vertretung der AH DU / KW e.V. bei den NRW-Youthworker-<br />

Arbeitskreisen und dem Youthwork-Qualitätszirkel<br />

Evaluation im Rahmen des Verfahrens beim Youthwork-<br />

Förderprogramm-Controlling des MAGS, NRW<br />

Beratung / Information für Zeitungs- und Radio-Redaktionen sowie für<br />

politische Entscheidungsträger<br />

Koordinierung von haupt- und ehrenamtlichen Einsätzen bei<br />

Informations- und Präventionsprojekten<br />

Einarbeitung in und Bereitstellung von Materialien für Lehrende und<br />

Multiplikator/innen<br />

Beratung von pädagogischen Fachkräften bzgl. der Unterrichts- oder<br />

Projektgestaltung zum Thema HIV / AIDS und anderer STI`s<br />

Telefonische und persönliche Informations- und Beratungsgespräche<br />

E-mail Beratung<br />

Unterstützung von Jugendvertretungs- und<br />

SchülerzeitungsredakteurInnen<br />

Geschäftsführung<br />

u.a.m. (Vgl. 4. Öffentlichkeitsarbeit)<br />

99


Abb.: Veranstaltungsverteilung nach Arbeitsfeldern<br />

6. Ehrenamtliche Mitarbeit<br />

6.1. Begleitung der ehrenamtlichen MitarbeiterInnen<br />

Im Berichtsjahr waren 26 Personen ehrenamtlich für die AIDS-Hilfe tätig.<br />

Die ehrenamtlichen MitarbeiterInnen engagieren sich in den vielfältigen<br />

Aufgabengebieten der AIDS-Hilfe. Diese umfassen die Begleitung, Knastarbeit,<br />

Präventions- und Öffentlichkeitsarbeit, Herzenslust, Methadonvergabe, Telefon- und<br />

E-Mail-Beratung, Chat-Beratung, Vorstandsarbeit, Freitagsfrühstück,<br />

Substitionsfrühstück und Weihnachtsfeier. Einige ehrenamtliche MitarbeiterInnen<br />

arbeiten in mehreren Bereichen, andere unterstützen die Arbeit der AIDS-Hilfe<br />

punktuell.<br />

Die ehrenamtlichen MitarbeiterInnnen sind in den unterschiedlichsten Berufen aktiv,<br />

sind HIV-negativ oder HIV-positiv, setzen sich aus Frauen und Männern aus allen<br />

sozialen Lebensbereichen zusammen und stammen aus den unterschiedlichsten<br />

politischen Richtungen. Dies bedeutet für die Arbeit der AIDS-Hilfe einen enormen<br />

Erfahrungsschatz, der in unsere Arbeit mit einfließt.<br />

100


Eine Möglichkeit des Austausches bietet weiterhin unser Mittwochs-Café (siehe auch<br />

Punkt 3.5). Hier ist der zentrale Anlaufpunkt, um sich mit Betroffenen zu treffen oder<br />

untereinander oder mit den hauptamtlich Tätigen auszutauschen.<br />

Im Berichtsjahr fanden – wie in 2008 beschlossen - im Anschluss an das Mittwochs-<br />

Café zwei Aktiventreffen (Juni und Oktober) und ein „Sonder-Aktiventreffen“<br />

(Dezember) statt. Bei diesen Aktiventreffen sollen die Mitglieder zwischen den<br />

Mitgliederversammlungen aktuell informiert und in Entscheidungsprozesse mit<br />

eingebunden werden. Des Weiteren soll ein Austausch zwischen den einzelnen<br />

ehrenamtlichen Gruppen erfolgen.<br />

Die Hauptthemen des Juni Treffens waren die Vorbereitungen zum CSD in Duisburg,<br />

der Stand der Dinge zur Benefiz-Veranstaltung im Juni, das Positionspapier zu EKAF<br />

der DAH und die Ergänzung unseres Namens um den Zusatz „Fachstelle für<br />

sexuelle Gesundheitsförderung“.<br />

Im Oktober-Treffen ging es um WAT-Planung und Organisation der Weihnachtsfeier.<br />

Beide Aktiventreffen waren mit 15 Personen gut besucht.<br />

Das Dezember-Aktiven-Treffen ist traditionell als Termin für den Dank an die<br />

ehrenamtlichen MitarbeiterInnen für Ihre geleistete Arbeit bestimmt. An diesem<br />

Termin kochten die hauptamtlichen MitarbeiterInnen für die ehrenamtlichen<br />

MitarbeiterInnen. Der Abend bot die Möglichkeit, sich bei kulinarischen Genüssen in<br />

gemütlicher Atmosphäre über den Verlauf des Jahres auszutauschen.<br />

6.2. Schulung und Fortbildungen für ehrenamtliche MitarbeiterInnen<br />

Wie im Vorjahr geplant, fand in Kooperation mit den AIDS-Hilfen Bochum, Essen und<br />

Oberhausen eine Ehrenamtlerschulung für zukünftige ehrenamtliche Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter Anfang des Jahres <strong>2009</strong> statt. Aufgrund der wenigen<br />

TeilnehmerInnen aus den beteiligten AIDS-Hilfen nahmen auch Interessierte von der<br />

AIDS-Hilfe Kleve an der Schulung teil. Die Schulung umfasste folgende Themen:<br />

Termin Zeitrahmen Inhalt<br />

MO 19.01.09 19.00-21.30 Uhr Grundlagenwissen Teil 1<br />

MO 26.01.09 19.00-21.30 Uhr Grundlagenwissen Teil 2<br />

DI 03.02.09 19.00-21.30 Uhr Positiv sein – was heißt<br />

das?<br />

MO 09.02.09 18.00-22.00 Uhr Kommunikation und<br />

Wahrnehmung<br />

SO 15.02.09 10.00-18.00 Uhr Liebe, Sexualität und<br />

Partnerschaft<br />

DI 24.02.09 19.00-21.30 Uhr Xxelle/Herzenslust<br />

Kampagne<br />

MO 16.03.09 19.00-21.30 Uhr Illegalisierte Drogen,<br />

Knast und Substitution<br />

101


Leider war diese Gruppe sehr fragil, die TeilnehmerInnen aus Kleve besuchten in der<br />

Mehrzahl nur die Abende Grundlagenwissen Teil 1 und Teil 2. Einige Abende waren<br />

nur mit 2-3 TeilnehmerInnen besucht. Obwohl aus unserer AIDS-Hilfe nur zwei<br />

Teilnehmer an der Schulung teilnahmen, stellten wir bis auf einen Abendtermin<br />

traditionell mindestens einen Trainer bzw. Trainerin und drücken damit die<br />

Wichtigkeit der Schulung aus.<br />

In der Nachbetrachtung stellte sich heraus, dass die Anfahrtswege für die<br />

ehrenamtlichen MitarbeiterInnen der AIDS-Hilfe Kleve doch zu weit sind, um an der<br />

vernetzten Schulung der bisherigen AIDS-Hilfen teilzunehmen. Daher wurde eine<br />

weitere Zusammenarbeit für die Zukunft zunächst ausgesetzt.<br />

Da die AIDS-Hilfe Essen hauptsächlich ehrenamtliche Mitarbeiter in der HIV-<br />

Prävention bei MSM hat und diese die Schulung auf Landesebene durch die AIDS-<br />

Hilfe NRW erfolgt, überlegt die AIDS-Hilfe Essen, sich aus der Vernetzung<br />

auszuklinken.<br />

Externe Fortbildungen<br />

Weiterhin besteht in unserer Einrichtung ein Fortbildungsetat für ehrenamtliche und<br />

hauptamtliche MitarbeiterInnen. Nicht nur im eigentlichen HIV/AIDS-Bereich, sondern<br />

auch bei anderen sexuell übertragbaren Krankheiten und in der Sozialgesetzgebung<br />

ergeben sich immer schneller Veränderungen. Fortwährende Weiterbildungen<br />

garantieren somit eine kompetente und aktuelle Beratung.<br />

Im Berichtsjahr sind hierzu insbesondere der SÖDAK (Schweizerisch-Österreichisch-<br />

Deutscher AIDS-Kongress) zu erwähnen. Des Weiteren buchten wir die<br />

Medizinische Rundreise der Deutschen AIDS-Hilfe zum Thema „Sexuelle Gesundheit<br />

schwuler Männer“. In Kooperation mit der AIDS-Hilfe Oberhausen führten wir je ein<br />

Fachgespräch in Duisburg und Oberhausen durch (näheres in Kapitel<br />

Öffentlichkeitsarbeit).<br />

102


Bericht der Kassenprüfer /in<br />

Edgar Böhme und Christa Lemm.<br />

Am 21.04.10 wurden von uns die Kassenbelege und Bestände nach<br />

unserem besten Wissen und Gewissen überprüft. Wir konnten keine<br />

Abweichungen feststellen.<br />

Alle Belege waren vollständig und fortlaufend nummeriert, auch<br />

inhaltlich stimmten die Belege mit den Statuten des Vereins überein.<br />

Der Kassenbestand am 31.12.09 belief sich auf 84,98 € . Die Summe<br />

aller Bank und Sparkassenkonten und Sparbücher betrug 145.503,73 € .<br />

Alle Buchungseintragungen waren mit Belegnummern versehen. Die<br />

Verbuchung aller Belege der Monate September, Oktober und<br />

Dezember 09 wurden überprüft. Dabei konnten keine Beanstandungen<br />

festgestellt werden.<br />

Spenden, sind durch Überweisungsbelege oder Einzahlungsquittungen<br />

belegt.<br />

Barauszahlungen waren durch den Empfang quittiert.<br />

Der letzte Körperschaftssteuerfreistellungsbescheid wurde am<br />

21.10.2008 erteilt.<br />

Weiterhin haben wir die Existenz von Vereinsträgern überprüft (/<br />

Haftpflicht, Feuer, Einbruch und Leitungswasserschäden).<br />

Der Verein kommt seiner gesetzlichen Pflicht zur Unfallversicherung der<br />

Haupt- und Ehrenamtlichen Mitarbeiten bei der Berufsgenossenschaft<br />

nach.<br />

Lohnsteuer und Sozialversicherungspflicht wurde überprüft.<br />

Die Beträge wurden ordnungsgemäß abgeführt.<br />

Die Kassenprüfer empfehlen der Hauptversammlung den Vorstand für<br />

das Jahr <strong>2009</strong> zu entlasten.<br />

7. Bericht der Verwaltung<br />

Finanzbuchhaltung<br />

Doppelte Buchführung, Kontierung, Monats-/Jahresabschluss, Erstellung der<br />

jährlichen Einnahme-Überschuss-Rechnung und Mitarbeit bei der Erstellung des<br />

103


jährlichen Haushaltsplanes der AIDS-Hilfe, Erstellung von Quartalsübersichten,<br />

Kontoführung, Beleg- und Rechnungsprüfung, ordnungsgemäße Belegablage,<br />

allgemeiner Finanzverkehr, Korrespondenz<br />

Kasse<br />

Verwaltung von Bargeld (Einnahmen und Ausgaben), Ausstellen von Quittungen,<br />

Belegprüfung, Kassenbuchführung, Monatsabschluss, Kassenabstimmung<br />

Personalwesen<br />

Personalführung: Lohn-/Gehaltskarten, Fehlkarten (für Urlaub, Sondertage,<br />

Krankheitstage) Lohnsteuerkarten, Versicherungsnachweis,<br />

Lohn-/Gehaltsabrechnung;<br />

Krankenkassen: An-/Abmeldungen, Beitragsrechnung zur Sozialversicherung<br />

(Kranken-/ Renten-/Arbeitslosenversicherung);<br />

Finanzamt: monatliche Lohnsteueranmeldung und Abführung der Lohn- und<br />

Kirchensteuer;<br />

EDV-Gehalts-Service: Prüfung der Abrechnungs-Journale, Kostenverteilung,<br />

Meldungen und Beiträge an die Berufsgenossenschaft, Fahrt- und<br />

Reisekostenabrechnungen;<br />

Personalmittel: Anträge an Bund, Land NRW und Kommunen,<br />

Zuwendungsbescheide, Verwendungsnachweise, Verwaltungsarbeiten im Bereich<br />

Zivildienst (Personalaktenführung, Soldabrechnung);<br />

Arbeitszeitnachweis: monatliche Ausrechnung der Soll-/Ist-/Überstunden für<br />

Mitarbeitende;<br />

Bußgeldauflagen<br />

vom Land-/Amtsgericht zugunsten der AIDS-Hilfe; Kontrolle der Bußgeld- bzw.<br />

Bußgeldratenzahlungen, Verwendungsnachweise der Bußgelder gegenüber dem<br />

Gericht, Korrespondenz<br />

Vereinsmitglieder<br />

Kontoführung über gezahlte Vereinsbeiträge, Mahnungen bei Nichtzahlung,<br />

Zuordnung neuer Mitglieder, Nummernvergabe, Mitgliedschaftsbestätigungen<br />

Spenden<br />

Vor- und Nachbereitung der rechtlichen und organisatorischen Spendenformalitäten<br />

(z. Bsp. bei Veranstaltungen und Straßensammlungen; Sammelerlaubnis;<br />

Einnahmemeldungen), Dankschreiben und Ausstellung von<br />

Spendenbescheinigungen, Akquise von Spenden allgemein und zweckgebundenen<br />

Spenden (z. Bsp. Positivenfreizeit)<br />

Terminsachen<br />

Einhaltung von Terminen bei Korrespondenz und Zahlungen, z. Bsp.<br />

Mitgliedsbeiträge der AIDS-Hilfe an diverse Organisationen und Vereine,<br />

104


Versicherungen, Kfz-Steuer, Lohnsteuer, Krankenkassenbeiträge, Lohn- und<br />

Gehaltsüberweisungen, Verwendungsnachweise, Mieten<br />

Schreibarbeiten<br />

allgemeine Korrespondenz, Protokolle. Konzepte, Statistik, etc...<br />

Zusätzliche Bürotätigkeit<br />

Einkauf von Büromaterial, Inventarbeschaffung, Spritzen, Tupfer, Kondome,<br />

Schleifen, telefonische Beratungsgespräche, Überbrückung von Wartezeiten bei<br />

Klienten und bei Krisenintervention, Vorbereitung für die Jahreshauptversammlung<br />

der Vereinsmitglieder<br />

Wochenendvergabe Methadon<br />

Organisation der Wochenendvergabe, am Freitag bzw. vor Feiertagen Erstellen der<br />

Listen mit den Klienten für die Methadonvergabe in der AIDS-Hilfe. Annahme des<br />

Methadons von den Apotheken und Aufteilung nach den Vergabeterminen.<br />

Abgabe der Kassetten mit dem Methadon bei der Kriminalpolizei.<br />

Sonstiges<br />

Teilnahme an Teamsitzungen (wöchentlich), Supervision (monatlich),<br />

Fortbildungsseminare für den Bereich Personalwesen, Telefondienst,<br />

Spritzentauschprogramm<br />

105


106


Anhang und Pressespiegel<br />

107

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!