Jahresbericht 2009
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<strong>Jahresbericht</strong><br />
<strong>2009</strong><br />
1
Geschäftsbericht für das Jahr <strong>2009</strong><br />
Ein sehr dynamisches und ereignisreiches Jahr <strong>2009</strong> liegt hinter uns – ein Jahr, in<br />
dem nicht nur fachlich inhaltlich viel in Bewegung war, sondern in dem unsere AIDS-<br />
Hilfe auch wieder einmal sehr intensiv mit internen strukturellen Prozessen<br />
beschäftigt war und wichtige Weichenstellungen für die Zukunftsfähigkeit vollzogen<br />
hat. Somit verbinden wir mit diesem <strong>Jahresbericht</strong> die Hoffnung, dass die Lektüre<br />
auch für Sie spannend und erkenntnisreich sein wird.<br />
Die im letzten Jahr insbesondere durch die Stellungnahme der Schweizerischen<br />
AIDS-Kommission (s. JB 2008, EKAF) initiierte Intensivierung der Diskussion über<br />
Präventionsansätze und – Strategien setzte sich unvermindert fort. Der Anlass oder<br />
Hintergrund dazu sind die mittlerweile sehr deutlich verbesserten Therapieoptionen<br />
(s.u.) mit mittelbaren Effekten für die Primärprävention.<br />
Dies gilt zumindest für die Regionen, in denen eine gute Versorgungslage mit<br />
antiretroviralen Medikamenten vorliegt bzw. überhaupt Zugang zu diesen Therapien<br />
gegeben ist. Dies gilt in besonderem Maße für Deutschland. Mit einer bundesweiten<br />
HIV-Inzidenz (= dem Robert-Koch-Institut gemeldete HIV-Neudiagnosen pro 100.000<br />
Einwohner) von 3,49 für das Jahr <strong>2009</strong> stellt Deutschland mittlerweile die niedrigste<br />
Inzidenzrate in Europa. NRW steht mit einer Rate von 3,84 allerdings im<br />
Ländervergleich im oberen Drittel mit dem „Bundesspitzenreiter“ Köln mit einer<br />
Inzidenz von 15,77.<br />
In Duisburg liegt die Inzidenzrate für <strong>2009</strong> bei 2,23 (im Vgl. zu 2008 + 0,01); im Kreis<br />
Wesel realistisch geschätzt bei 2,81 (entspricht 14 Fällen im Berichtsjahr), also in<br />
beiden Regionen auf einem stabil niedrigen Niveau. In dieser Rubrik der<br />
Neudiagnosen ist zu berücksichtigen, dass es sich um Erstmanifestationen und nicht<br />
zwingend um Neuinfektionen aus dem Erhebungsjahr handelt.<br />
Für die Rubrik realistischer Neuinfektionen aus dem Erhebungsjahr ist für<br />
Deutschland eine Dunkelziffer von nicht-gemeldeten Neu-Infektionen<br />
hinzuzurechnen, die bei etwa 35 – 50% der Neudiagnosen-Zahlen zu veranschlagen<br />
ist. Daraus ergibt sich für die BRD für das Jahr <strong>2009</strong> eine seriös geschätzte Zahl von<br />
knapp 3000 Neuinfektionen – ein zwar stabil hohes Rekordniveau, aber im<br />
internationalen Vergleich eben sehr niedrig und gemessen an der noch im letzten<br />
Jahr formulierten Erwartung, „dass die registrierten Neuinfektionen auch in den<br />
nächsten Jahren steigen werden“ (BZgA aktuell, 07/2008, S. 2) ist dieses Halten des<br />
Niveaus durchaus als Erfolg zu werten.<br />
Das zeigt: Prävention wirkt! Der „deutsche“ Ansatz der strukturellen Prävention, der<br />
zielgruppenspezifischen Information- und Aufklärung in Arbeitsteilung zwischen<br />
öffentlichem Gesundheitswesen und nichtstaatlichen Trägern, professionellen- und<br />
Selbsthilfeakteuren, mit massenmedialen und personalkommunikativen Strategien ist<br />
im Unterschied zu repressiven Ge- und Verbotsstrategien oder moralisierenden<br />
Abstinenzansätzen eindeutig erfolgreicher.<br />
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Doch auch wenn in Deutschland eine vergleichsweise günstige Situation erreicht<br />
werden konnte, dürfen wir in unserer Arbeit nicht nachlassen, müssen die etablierten<br />
Strukturen erhalten werden, um die Erfolgsgeschichte weiter zu schreiben, um nicht<br />
zuletzt auch die wirtschaftlichen Einspareffekte von preiswerter und wirksamer<br />
Prävention gegenüber nach wie vor teurer Therapie zu halten.<br />
„Nach heutigen Schätzungen kostet die lebenslang notwendige medizinische<br />
Begleitung und Therapie eines Menschen mit HIV circa eine halbe Million Euro, zum<br />
Teil sogar deutlich mehr. Wahrscheinlich wurden durch die Aidsprävention in<br />
Deutschland seit 1985 mehrere 10000 Infektionen verhindert – das<br />
Gesundheitssystem wird dadurch von erheblichen Kosten entlastet“ („Gib AIDS keine<br />
Chance, Die Kampagne zur Aidsprävention in Deutschland, 1985 – <strong>2009</strong><br />
Dokumentation“, hrsgg. von BZgA 06/<strong>2009</strong>, S. 17). HIV-Prävention rechnet sich.<br />
Vor dem Hintergrund der enormen Fortschritte im Bereich der Behandlungsoptionen<br />
und den erheblichen Kenntniszugewinnen auf dem Sektor der Immunologie, der<br />
Übertragungswege und –möglichkeiten sowie der Epidemiologie im Kontext von HIV,<br />
AIDS und anderen sexuell übertragbaren Krankheiten der letzten Jahre, steht die<br />
Umsetzung und Ausgestaltung der bis heute sehr erfolgreichen strukturellen<br />
Präventionsarbeit natürlich auch in unserer Region vor wachsenden<br />
Herausforderungen, denen wir uns stellen müssen, um die bisherige<br />
Erfolgsgeschichte der deutschen und regionalen AIDS-Prävention fortsetzen zu<br />
können.<br />
Mit dem Paradigmenwechsel, dass die antiretrovirale Therapie als originär<br />
sekundär- und tertiärpräventives Instrument mittlerweile Teil einer<br />
Primärpräventionsstrategie ist, müssen u.a. die folgenden Erkenntnisse<br />
Berücksichtigung finden:<br />
<br />
Eine möglichst frühe Diagnosestellung ist nicht nur sinnvoll, um dem<br />
Infizierten eine frühe Auseinandersetzung mit der Infektion, die Chance auf<br />
eine längere asymptomatische Zeit zur Annahme und Verarbeitung zu<br />
ermöglichen, Erhalt von Therapieoptionen und möglichst selbstbestimmten<br />
Entscheidungen zu wahren sowie natürlich sich mit der eigenen potentiellen<br />
Infektiösität zu beschäftigen.<br />
Eine frühe Diagnose ist insbesondere bedeutungsvoll, weil wir heute wissen,<br />
dass vermutlich mehr als 50 % der Neuinfektionen von „Frisch-Infizierten“<br />
stammen, die nichts von ihrer Infektion wissen, weil sie kein<br />
Risikobewusstsein entwickelt haben oder weil sie noch im Bereich des<br />
diagnostischen Fensters sind und somit ihren Status gar nicht wissen können.<br />
Demzufolge muss sowohl die Aufklärung unvermindert oder besser noch<br />
intensiver fortgeführt als auch die Testbereitschaft gefördert werden.<br />
Letzteres gilt vor allem für besonders riskierte Gruppen, z.B. für besondere<br />
Netzwerke in der Gruppe der sog. MSM, Männer, die Sex mit Männern haben. Hier<br />
haben wir im Berichtsjahr mit der Umsetzung des sog. „BuT-Konzeptes“ (Beratung<br />
und Test) nicht nur in Fachkreisen, sondern auch im Bereich der Medien<br />
bundesweite Resonanz und Anerkennung bekommen können (s. 5.1.). über die<br />
auch der vorliegende <strong>Jahresbericht</strong> Auskunft gibt.<br />
3
Die Bedeutung der Einbeziehung und weiteren Verbesserung von STI<br />
(sexual transmitted infektions)-Diagnostiken, Screening-Möglichkeiten (inkl.<br />
deren Finanzierung etwa als Kassenleistung – zumindest für besonders<br />
riskierte Gruppen) und spezifischer Aufklärung und Beratung wird wachsen,<br />
weil vorliegende STI`s das HIV-Infektionsrisiko enorm steigern.<br />
Dem Rechnung tragend, haben wir unsere AIDS-Präventions-Ansätze schon seit<br />
geraumer Zeit um diesen Kontext erweitert, uns entsprechend qualifiziert und im<br />
Berichtsjahr einen konsequenten Schritt umgesetzt. Um dieses know-how und die<br />
damit verbundenen Angebotsmöglichkeiten auch unseren Nachfragern und Kunden<br />
transparent zu machen, haben wir unserem Vereinsnamen nach Rücksprache mit<br />
unseren Zuwendungsgebern den Zusatz<br />
Fachstelle für sexuelle Gesundheitsförderung<br />
gegeben.<br />
Viele AIDS-Beratungstellen des ÖGD haben diesen Schritt der Einbeziehung von<br />
STD`s sinnigerweise durch die Ergänzung „AIDS- und STD-Beratungsstelle des<br />
Gesundheitsamtes XY“ o.ä. bereits vollzogen. Im Unterschied zu HIV / AIDS ist<br />
bezüglich der STD`s zu konstatieren, dass das Aufklärungsniveau in der<br />
Bevölkerung darüber weitaus geringer ist und wir hier vor großen<br />
Präventionsherausforderungen stehen, weil die Botschaften immer komplexer und<br />
differenzierter werden.<br />
Dies müssen wir u.E. aber in gleicher Weise aufgreifen wie bei der erfolgreichen HIV-<br />
Prävention, nämlich in lebensstilakzeptierender Weise und im Sinne der WHO-<br />
Charta zur Gesundheitsförderung. Das heißt, wir sollten auch hier emanzipatorische<br />
und identitätsstärkende Verhaltens- und Verhältnisprävention umsetzen.<br />
<br />
Die medizinischen Chancen bzw. Erfolge und ihre primärpräventiven Effekte<br />
haben natürlich auch eine enorme Bedeutung für die Begleitungsarbeit. Sie<br />
untermauern immer mehr die Wichtigkeit einer besonders guten und<br />
lebenslangen Adhärenz oder Compliance (Therapieeinnahmedisziplin). Diese<br />
kann nur bei psychisch starken Identitäten und unter möglichst stabilen<br />
Lebensumständen gelingen. Entsprechend gilt diesem Zusammenhang<br />
besonderes Augenmerk; es geht um die Förderung einer möglichst guten<br />
Lebensqualität und die Mobilisierung der individuellen und allgemeinen<br />
Lebenskompetenzen unter Berücksichtigung der persönlichen Ressourcen.<br />
Diese Ausrichtung prägt schon länger unsere Leitlinien für die Begleitungsarbeit von<br />
Menschen mit HIV und AIDS und findet fortwährend Berücksichtigung bei der<br />
Auswahl von Fort- und Weiterbildung unserer ehren- und hauptamtlichen<br />
Mitarbeiter/innen.<br />
<br />
„Älter werden mit HIV“ ist das Schwerpunktthema im Bereich der Sekundärund<br />
Tertiärprävention und zieht neue medizinisch-therapeutische - wie<br />
natürlich auch psychosoziale Begleitungserfordernisse nach sich. Eine sich<br />
häufende Frage ist hier etwa die nach einer (Re-) Integration in das<br />
Erwerbsleben.<br />
4
Dies ist bei den aktuellen Arbeitsmarktentwicklungen nicht nur für Menschen mit HIV<br />
und AIDS nicht ganz einfach. Aber eine geregelte und strukturierte Beschäftigung hat<br />
nicht nur Bedeutung für den materiellen Lebensunterhalt, sondern eben auch für eine<br />
psychische Stabilisierung. Diesem Themenfeld gilt in den kommenden Jahren<br />
besondere Aufmerksamkeit.<br />
In diesem Zusammenhang steht auch das medizinische Versorgungssystem vor der<br />
Herausforderung einer Art „Horizonterweiterung“, also die sehr spezialisierte HIV-<br />
Behandlungsbrille immer wieder auch zu heben und auf Koinfektionen,<br />
Begleiterkrankungen und gleichsam „normale“ Alterungsprozesse zu schauen.<br />
Insbesondere Tumor- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie (u.a.) infolge der<br />
Therapie lebertoxische Problematiken finden aus unserer Sicht noch nicht<br />
hinreichend Beachtung und sind nicht selten nicht oder sehr spät auf dem<br />
„diagnostischen Schirm“. Hier ist auch der Gesetzgeber gefordert, mit wirklicher<br />
Orientierung am Patientenwohl entsprechende Leistungskataloge und Richtlinien auf<br />
den Weg zu bringen.<br />
<br />
Die verbesserten Therapieoptionen und ihre überwiegend günstigen Folgen<br />
ändern leider nichts daran, dass Entdiskriminierungsarbeit weiterhin ein<br />
zentraler Bestandteil von struktureller Präventionsarbeit bleiben muss, um<br />
Menschen mit HIV überhaupt eine gleichberechtigte Teilhabe am<br />
gesellschaftlichen Leben ermöglichen zu können.<br />
Der mediale Hype um den „Fall“ Nadja B. (Sängerin der Gruppe „No Angels“) im<br />
Berichtsjahr hat uns unerwartet deutlich vor Augen geführt, dass HIV und AIDS<br />
immer noch massiv stigmatisierendes Potential besitzen und aus unserer Sicht nach<br />
wie vor nicht als `normale chronische Erkrankung´ anzusehen ist. Es gibt immer noch<br />
–und nicht nur latent- die zweite Seite der Erkrankung, nämlich die, welche die<br />
Gesellschaft befällt. Das bestätigen nicht nur die Berichterstattungen der sog.<br />
Boulevard-Presse, sondern insbesondere auch die Fülle der Kommentierungen von<br />
Lesern, Zuschauern und Bürgerinnen und Bürgern „auf der Straße“. Teilweise fühlten<br />
wir uns zurückversetzt in die Frühphase der „Epidemie“ in den 80ern. In die<br />
„Stigmatisierungsfalle“ sind sogar wieder einige Abgeordnete getapert. Ein MdB aus<br />
unserer Region in besonders unglücklicher Weise mit dem Begriff der „Bio-Waffe“. Im<br />
Gespräch mit dem Abgeordneten, dem er sich erfreulicherweise stellte, konnten wir<br />
ein glaubhaftes Bedauern und einen „positiven“ Lernprozess konstatieren und in der<br />
Folge sogar ein neues Fördermitglied gewinnen. Doch es gibt noch viel zu tun.<br />
Dazu passte es sehr gut, dass das Motto des Welt-AIDS-Tages <strong>2009</strong> „Gemeinsam<br />
gegen AIDS & Du – Zeig Schleife!“ (s. 4.) das Thema der Solidarität mit Menschen<br />
mit HIV und AIDS wieder einmal in den Mittelpunkt rückte und die Menschen aufrief,<br />
mitzuhelfen, dass Betroffene nicht ausgegrenzt werden, sondern offen und<br />
selbstbewusst mit ihrer Infektion leben können.<br />
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Diskriminierung und soziale Ausgrenzung von HIV-Infizierten wirken sich im Übrigen<br />
natürlich auch äußerst demotivierend auf die HIV-Testbereitschaft von gefährdeten<br />
Personen und Personengruppen aus.<br />
Die geschilderten Zusammenhänge, Analysen und Schlussfolgerungen werden in<br />
deutlicher Weise von der Kommission der Europäischen Gemeinschaften in<br />
ihrem im Berichtsjahr vorgelegten Aktionsplan gegen HIV und AIDS für die Jahre<br />
<strong>2009</strong> – 2013 bekräftigt, in dem es einleitend heißt: „Von entscheidender Bedeutung<br />
in der Bekämpfung von HIV/Aids ist es daher, die Prävention zu intensivieren, - dies<br />
nicht zu tun, hieße Menschenleben aufs Spiel zu setzen und Ressourcen zu<br />
vergeuden. (…) Die beste Antwort auf die Epidemie bleibt eine Kombination von<br />
gesundheitsspezifischen und umfassenderen Sozialmaßnahmen. Ein Ende des<br />
Leidens ist nicht abzusehen, wenn nicht die Prävention beschleunigt und der<br />
allgemeine Zugang zu Behandlung, Versorgung und Unterstützung für alle<br />
Betroffenen gewährleistet wird.“ (Aktionsplan zur Bekämpfung von HIV/Aids in der<br />
Europäischen Union und in den Nachbarländern <strong>2009</strong>-2013, Brüssel, KOM(<strong>2009</strong>)<br />
569/3, S. 2). Prioritäre Voraussetzungen sind für die Kommission „evidenzbasierte<br />
Präventionsstrategien, die den lokalen Gegebenheiten Rechnung tragen und auf die<br />
prioritären Gruppen zugeschnitten sind“ (ebd., S. 7).<br />
Der Ansatz der strukturellen Präventionsarbeit im Kontext von<br />
Gesundheitsförderung hat sich hier eindeutig bewährt. Angesichts der<br />
epidemiologischen Daten in Deutschland erweist sich die zielgruppenspezifische<br />
Präventionsarbeit als immer bedeutungsvoller. Präventionsmittel und –maßnahmen<br />
müssen demzufolge dort zur Verfügung stehen, wo sie besonders benötigt werden –<br />
z.B. in Bereichen von (Beschaffungs-) Prostitution oder bei der Versorgung von<br />
Suchterkrankten (s. 5.2. unser neues Projekt „@drugthiv“!) und eindeutig im Bereich<br />
von homo- und bisexuellen Männern, insbesondere in besonderen MSM-<br />
Netzwerken, die bisher nur unzureichend erreicht wurden (s. 5.1.). Ein weitere sehr<br />
wichtige Zielgruppe stellen Menschen in Haft dar, wo wir leider immer noch höhere<br />
Infektionsgefährdungspotentiale (besonders bzgl. der Hepatitiden B und C, aber<br />
durchaus auch bezogen auf HIV) konstatieren, die im Wesentlichen in den<br />
hygienisch höchst bedenklichen (Drogen-) Konsumbedingungen begründet sind (s.<br />
5.3.). Hier stand unsere (Primär-) Präventionsarbeit in Folge der Kommunalisierung<br />
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von Landesmitteln wegen fehlender Refinanzierung in Gefahr. Doch im Berichtsjahr<br />
konnte es uns als bundesweit erste AIDS-Hilfe (!) gelingen, eine vertragliche Basis<br />
mit Vergütung mit der Justizvollzugsanstalt Duisburg-Hamborn (und ihren<br />
Zweiganstalten) zu erzielen. Ein Meilenstein, der hoffentlich Schule machen wird.<br />
Ein vielfach betonter und wichtiger Faktor für diesen Erfolg ist das gelungene und<br />
gelingende Zusammenwirken von Bund, Ländern und Kommunen (vgl. auch<br />
Aktionsplan zur Umsetzung der HIV/AIDS-Bekämpfungsstrategie der<br />
Bundesregierung, März 2007) sowie von Öffentlichem Gesundheitsdienst und<br />
verschiedenen nichtstaatlichen Trägerstrukturen wie den AIDS-Hilfen und die<br />
abgestimmten Aufgabenverteilungen – so auch im Kreis Wesel und in der Stadt<br />
Duisburg. Wir möchten an dieser Stelle betonen, dass wir diese synergetische<br />
Strategie in unserer Zusammenarbeit im Wesentlichen umgesetzt sehen und dass<br />
wir es für wichtig erachten, dass die partnerschaftliche und partizipative Kooperation<br />
erhalten und günstigenfalls gestärkt wird („Gemeinsam gegen AIDS“).<br />
Genau dies ist wird nicht nur im Bundes-Infektionsschutzgesetz und dem Gesetz<br />
über den öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGDG) des Landes NRW, sondern mit der<br />
im Juli des Berichtsjahres (endlich) verabschiedeten „Rahmenvereinbarung zwischen<br />
dem Land NRW, vertreten durch das MAGS und dem Städtetag NRW, dem<br />
Landkreistag NRW, dem Städte- und Gemeindebund NRW sowie der AG der<br />
Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege NRW über Grundsätze zur<br />
Umsetzung der Kommunalisierung der Landesförderung für Präventions- und<br />
Hilfemaßnahmen im Sucht- und AIDS-Bereich in Nordrhein-Westfalen“ vielfach<br />
bekräftigt. So wird dort als Ziel und Zweck der Kommunalisierung der Landesmittel<br />
formuliert: „ Im AIDS-Bereich wird es insbesondere angesichts der zu<br />
beobachtenden Zunahme von Neuinfektionen in bestimmten Bevölkerungsgruppen<br />
für notwendig erachtet, die Anstrengungen zur Vermeidung von Neuinfektionen<br />
sowie zur Verbesserung der Lebenssituation von HIV-Infizierten und AIDS-kranken<br />
Menschen auf der Grundlage der von Land, Kommunen und Freien Trägern<br />
gemeinsam getragenen Strategie zur Eindämmung von AIDS unvermindert<br />
fortzusetzen und die bestehende differenzierte AIDS-Präventions- und<br />
Hilfeinfrastruktur bedarfsgerecht weiter zu entwickeln“ (Präambel der<br />
Rahmenvereinbarung, S. 4).<br />
Diesen Zielen können wir nur eindeutig zustimmen. Dies alles erfordert natürlich<br />
personelle und materielle Ressourcen, verbunden mit zeitlichen Perspektiven. Nur so<br />
können einerseits nachhaltige Effekte erzielt werden und andererseits flexible<br />
Anpassungsprozesse an epidemiologische und soziologische Entwicklungen<br />
insbesondere in der Vor-Ort-Arbeit erfolgen.<br />
Nun ist dies nicht zum Nulltarif zu bekommen. Angesichts der bekannten<br />
Haushaltssituationen der meisten NRW-Kommunen stehen die Beteiligten vor<br />
großen Herausforderungen. Wir sind jedenfalls sehr gespannt, ob es in den<br />
kommenden Monaten und Jahren gelingen kann, den schönen Reden,<br />
Vereinbarungen und Gesetzen auch entsprechende Taten folgen zu lassen.<br />
Insbesondere wird darauf zu achten sein, dass das Land NRW sich nicht<br />
schleichend aus seiner Verantwortung stiehlt und den Kommunen zur Seite stehen<br />
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wird sowie weiterhin daran mitwirkt, die zivilgesellschaftlichen Kräfte zu mobilisieren<br />
und zu stärken. AIDS geht uns alle an!<br />
Wie schon im letzten <strong>Jahresbericht</strong> geschildert, haben wir diese Veränderungen der<br />
Förderpraxis zum Anlass genommen, um über einen<br />
Organisationsentwicklungsprozess nach EFQM-Qualitätssicherungskriterien den im<br />
Haushaltsplan verankerten fachlichen Anforderungen gerecht zu werden und darüber<br />
hinaus unsere Strukturqualität zu prüfen und zu verbessern.<br />
Erarbeitet wurde u.a. die Abgrenzung der Aufgabengebiete des Vorstands und der<br />
neu zu bestimmenden Geschäftsführung, festgeschrieben in einer neuen<br />
Geschäftsordnung, welche durch eine außerordentliche Mitgliederversammlung am<br />
02.03. <strong>2009</strong> satzungsgemäß verabschiedet wurde.<br />
Die neue Geschäftsordnung sieht eine klare Trennung von strategischen Aufgaben,<br />
die dem Vorstand vorbehalten sind, und den operativen Aufgaben, für die die<br />
hauptamtlichen Mitarbeiter zuständig sind, vor. Ein klares Aufgabenprofil einer<br />
Geschäftsführung wurde entwickelt und die Zusammenarbeit von Vorstand und<br />
Geschäftsführung skizziert.<br />
Für die Position der Geschäftsführung kam für uns nur unser langjähriger Mitarbeiter,<br />
Herr Dietmar Heyde, in Betracht, der die Aufgaben einer Beratungsstellenleitung<br />
bereits seit nunmehr acht Jahren neben seinen eigentlichen Arbeitsfeldern, v.a.<br />
Youthwork, Prävention in der Allgemeinbevölkerung sowie Öffentlichkeitsarbeit,<br />
ohne zusätzliche Anreize oder Vergütungen, wahrnimmt. Aufgrund deutlich<br />
wachsender Führungs- und Koordinationsaufgaben (Stichworte: Durch den Wandel im<br />
Krankheitsbild und neuerer medizinischer und epidemiologischer Erkenntnisse sind zukünftig<br />
schnellere präventionsstrategische Anpassungsprozesse zu erwarten -> mehr Projektentwicklungsund<br />
–umsetzungsarbeit, Erschließung neuer Handlungsfelder und differenziertere<br />
Zielgruppenausrichtung -> höhere Anforderungen an die Koordinierung und Akzentuierung der<br />
inhaltlichen Arbeit –Fachaufsicht- bei sich verändernder Personalstruktur im ehren- und<br />
hauptamtlichen Bereich –Personalentwicklung, -begleitung und –planung- unter den Bedingungen<br />
einer schwieriger werdenden Sicherstellung der finanziellen Mittel: u.a.m.)<br />
stößt Herr Heyde aber zunehmend an Belastungsgrenzen.<br />
Im Sinne des Organisationsentwicklungsprozesses sahen und sehen wir uns<br />
gefordert, für die Geschäftsführung perspektivisch Freiräume und Entlastung zu<br />
schaffen, ohne die Wahrnehmung der wichtigen Kernarbeitsfelder von Herrn Heyde,<br />
insbesondere im Youthwork-Bereich (der u.E. für das riesige Zuständigkeitsgebiet<br />
mit nur einer Stelle ohnehin zu schmal besetzt ist), zu vernachlässigen.<br />
Darüber hinaus war klar, dass es angesichts der angespannten Finanzlage der<br />
öffentlichen Haushalte wenig aussichtsreich erschien, Finanzmittel für eine<br />
Geschäftsführerstelle für eine AIDS-Hilfe erwarten zu können.<br />
Vor diesen Hintergründen haben wir uns für personelle Weichenstellungen im<br />
Berichtsjahr entschieden, die etwas komplexe aber aus unserer Sicht strategisch<br />
höchst sinnvolle Hintergründe aufweisen.<br />
Wir haben die günstige Gelegenheit ergriffen, das Beschäftigungsverhältnis mit<br />
unserer langjährigen Mitarbeiterin in den Bereichen „Frauen und AIDS“ und<br />
„Migration und AIDS“, Frau Dipl. Pädagogin Anika Walther, die sich im<br />
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Erziehungsurlaub befand und nach Beendigung dessen grundsätzlich Anspruch auf<br />
Wiederaufnahme der unbefristeten Vollzeitstelle hätte, über die Form eines<br />
Änderungsvertrages in eine geringfügige Beschäftigung im Bereich „Youthwork“ ab<br />
dem 01.01.<strong>2009</strong> zu übernehmen. Dies hatte aus fachlicher (s. Qualifikation) und<br />
personalstrategischer Sicht enorme Vorzüge, da beispielsweise keine dramatischen<br />
Einarbeitungserfordernisse zu berücksichtigen sind. Darüber hinaus bietet diese<br />
Variante nicht nur die Möglichkeit der Entlastung des Herrn Heyde, sondern im<br />
Bedarfsfall auch Chancen, geschlechtsspezifischer Arbeitsphasen, ggf.<br />
Wahrnehmung von Parallelveranstaltungen und natürlich einen sinnvollen kollegialen<br />
Beratungsaustausch. Der ausgelotete Umfang betrug wöchentlich etwa sechs<br />
Stunden. Die Personalkosten mussten wir aus Eigenmitteln bestreiten.<br />
Weiterhin bot uns diese Entscheidung die ungemein wichtige Möglichkeit, die ab<br />
Ende März <strong>2009</strong> vakante Vollzeitstelle im Frauen- und Migrationsbereich mit einer<br />
festen Mitarbeiterin zu erhalten (welche bisher als Erziehungsurlaubsvertretung von<br />
Frau Walther, auf zwei Jahre befristet, eingerichtet war), sofern hier sowohl die<br />
Refinanzierung über zielgruppenspezifische Landesmittel (Projektfördermittel, die<br />
nicht kommunalisiert sind und etwa die Hälfte der Personalkosten decken) als auch<br />
über die jeweilige Ergänzungsfinanzierung durch die Stadt Duisburg und den Kreis<br />
Wesel erhalten blieben, was erfreulicherweise der Fall war.<br />
Die Nach- bzw. Neubesetzung dieser Stelle gestaltete sich außerordentlich<br />
schwierig. Bis auf ein kurzes Intermezzo von zwei Wochen im August des<br />
Berichtsjahres blieb unsere „Frauenstelle“ über fast sieben Monate unbesetzt, was<br />
natürlich nicht nur für die wichtige Begleitungs- und Frauenarbeit höchst ungünstig<br />
war, sondern auch die verbliebenen Mitarbeiter an Belastungsgrenzen führte. Ein<br />
Teil der Arbeit konnte durch Frau Walther allerdings aufgefangen werden. Seit dem<br />
01.11.<strong>2009</strong> ist unsere Mannschaft wieder komplett und mit Frau Petra Kurek sind wir<br />
hier wieder äußerst kompetent besetzt.<br />
Der Anteil von aufzubringenden Eigenmitteln der AIDS-Hilfe zur Refinanzierung der<br />
Personalkosten wuchs auch, weil wir nach vielen Jahren der Förderung unseres<br />
geringfügig beschäftigten Projektleiters für die regionale Herzenslust-Arbeit (400,-<br />
€ Basis), Herrn Altenschmidt, durch zielgruppenspezifische Landesmittel, für <strong>2009</strong><br />
keine ZSP-Mittel mehr erhielten.<br />
Auch hier haben wir uns durchgerungen, diese Stelle zu erhalten, weil die<br />
primärpräventive Arbeit in den Zielgruppen schwuler und bisexueller Männer<br />
und Männern, die Sex mit Männern haben (MSM), immer bedeutungsvoller wird,<br />
wie die epidemiologischen Daten der letzten Jahre zeigen (s. auch KABASTI-Studie,<br />
RKI, die u.a. auch zeigt, dass die Populationsdichte der angesprochenen<br />
Zielgruppen in unserer Region vergleichsweise hoch ist). Zudem ist der Projektleiter<br />
ein wichtiges Bindeglied zu den ehrenamtlichen Mitarbeitern im Bereich Herzenslust<br />
als Acquisiteur, Anleiter, Begleiter und Motivator.<br />
Weiterhin benötigten wir dringend personelle Ressourcen zur Umsetzung der neuen<br />
bundesweiten Dachkampagne der DAH („Ich weiß was ich tu!“ –IWWIT-, die sich<br />
speziell an diese Zielgruppe richtet sowie für die Umsetzung des „Beratung und<br />
Test“-Projektes (s.o. und 5.1.).<br />
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Darüber hinaus gab es hier auch aufgrund der Dauer des<br />
Beschäftigungsverhältnisses (seit 2000) arbeitsrechtliche Ansprüche auf<br />
Weiterbeschäftigung.<br />
Es ist nicht neu, aber immer wieder wichtig, zu betonen, dass zur finanziellen<br />
Absicherung unserer umfangreichen Angebotspalette selbst stabil fließende<br />
öffentliche Zuwendungen allein bei weitem nicht ausreichen. Insbesondere für<br />
unseren regionalen Positivenfonds, für eine Reihe von Präventionsaktionen,<br />
verschiedene Selbsthilfeangebote, für den Bereich der Sachkosten und für die<br />
Begleitung von ehrenamtlicher Arbeit, die keineswegs nur kostenfrei sein kann,<br />
benötigen wir immer mehr zusätzliche Einnahmen.<br />
Diesbezüglich dürfen wir mit großem Stolz auf das Jahr <strong>2009</strong> zurückblicken, denn<br />
der Mut unseres Vorstandes und der Geschäftsführung hinsichtlich der finanziellen<br />
Belastungen des Vereinsetats wurde in mehrfacher Hinsicht belohnt. Wir werden<br />
das Haushaltsjahr <strong>2009</strong> aller Voraussicht nach mit einem leichten Plus abschließen<br />
können. Dazu beigetragen haben nicht zuletzt Einzelinitiativen unsere sehr treuen<br />
Förderer Thomas Seven und Henning Ladewig durch Benefizveranstaltungen, eines<br />
Vereinsmitgliedes, der unser Haushaltsdefizit aus 2008 kurzerhand ausglich. Hinzu<br />
kommen ein insgesamt ungewöhnlich hohes Spendenvolumen über die Sparkassen,<br />
der Spardabank West, der Deutschen Bank, der Pride-Gruppe der citibank Duisburg<br />
sowie Einnahmen aus verschiedenen anderen Öffentlichkeitsaktionen (s. 4.), vor<br />
allem auch im Rahmen des diesjährigen Welt-AIDS-Tages. Die Duisburger<br />
Substitutionsregelung ist nicht nur für die Klienten von hohem gesundheitlichen und<br />
psychosozialen Nutzen, sondern auch für die AIDS-Hilfe ein finanzieller Segen (hier<br />
gilt den Ärzten Dr. Hander, Herrn Harzem und Dr. El Khaled sowie unseren<br />
begleitenden Ehrenamtler/innen ein ganz großes Danke schön!). Nicht zuletzt trägt<br />
unsere sehr umsichtige Haushaltsführung zu einem unerwartet erfreulichen Ergebnis<br />
erheblich bei.<br />
Danach sah es zwischenzeitlich allerdings nicht aus. Seit sehr langer Zeit stießen wir<br />
Ende April <strong>2009</strong> erstmalig wieder an Liquiditätsgrenzen. Das lag nicht an uns,<br />
sondern an erheblich verspäteten Auszahlungen der Landesmittel und der<br />
kommunalen Ergänzungsfinanzierung durch die Stadt Duisburg, die sich zwar durch<br />
Umstellung der kommunalen Haushaltsführung auf das neue NKF-System, durch<br />
Einführungsprobleme mit dem SAP-System sowie durch eine personelle Umstellung<br />
innerhalb der Stadtverwaltung erklären ließen, uns aber erhebliche Probleme<br />
bereiteten. Ohne den Einsatz von Rücklagen hätte uns der „Spaß“ existentiell<br />
gefährden können. Für kurze Zeit mussten wir wieder einmal sehen, wie labil ein<br />
kleiner freier Träger sein kann, der von öffentlichen Geldern abhängig ist.<br />
Nicht nur wegen der guten Bilanz für 2008 erfuhr der Vorstand im Rahmen unserer<br />
ordentlichen Jahreshauptversammlung am 18.05.<strong>2009</strong> eine einstimmige<br />
Entlastung und viel Bestätigung für den eingeschlagenen Kurs der AIDS-Hilfe. Die<br />
wahlberechtigten Teilnehmer/innen der im Berichtsjahr anstehenden Neuwahlen<br />
sprachen den Vorständlern entsprechend nicht nur für die zurückliegende<br />
Wahlperiode ihr Vertrauen aus, sondern auch für die kommenden zwei Jahre. Nur<br />
das jüngste Mitglied des Vorstandes, Daniel Kober, konnte aus beruflichen Gründen<br />
nicht erneut kandidieren und dieser Platz wurde mit Karl-Heinz Lemke neu besetzt.<br />
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Wir sagen Daniel Kober an dieser Stelle vielen Dank für seine engagierte und<br />
impulsgebende Vorstandstätigkeit.<br />
Auf Vorschlag der Mitgliederschaft wurden im Rahmen der JHV unser<br />
Gründungsmitglied, Herr Wulf Thomas, und unser langjähriger<br />
Vorstandsvorsitzender, Herr Rolf Ringeler, jeweils einstimmig zu Ehrenmitgliedern<br />
gewählt. Herzlichen Glückwunsch!<br />
Vor allem krankheitsbedingt konnte der Vorstand im Berichtsjahr die Fortführung<br />
unseres Organisationsentwicklungsprozesses im Berichtsjahr nicht im gewünschten<br />
Maße betreiben. Hinzu kam ein erheblicher Aufwand für die Umsetzung der<br />
Satzungsänderungen (-> v.a. wegen der erforderlichen Einführung eines sog.<br />
„besonderen Vertreters“ nach § 30 BGB u.a.) mit Notar und Amtsgericht sowie dann<br />
für die Bewerbungs- und Einstellungsverfahren für die „Frauenstelle“.<br />
Die geschilderten notwendigen fachlich-inhaltlichen Erweiterungen und<br />
bedarfsgerechten Umsetzungen unserer Arbeitsansätze (s. Rahmenvereinbarung auf<br />
Landesebene) bei gleichzeitig rückläufiger öffentlicher Förderung stellten beachtliche<br />
Herausforderungen dar und erforderten finanzielle aber auch personelle Kraftakte,<br />
die ohne unsere hochmotivierten und engagierten ehrenamtlichen<br />
Mitarbeiter/innen in allen Arbeitsbereichen im Übrigen überhaupt nicht denkbar<br />
wären. Erwähnenswert ist für das Berichtsjahr auch ein besonderer Glücksfall in<br />
persona von Sandra Kohlhase und Yvonne Leuverink, zweier Praktikantinnen und<br />
Studentinnen Sozialer Arbeit, die uns unglaublich unterstützten und ein deutlich über<br />
das Praktikum hinausgehendes Engagement zeigten. Ihnen allen gilt unser<br />
besonderer Dank!<br />
AIDS-Hilfe-Arbeit bleibt spannend, intensiv, immer wieder belastend, aber auch<br />
dankbar und für die eigene Persönlichkeitsentwicklung gewinnbringend. Das gilt<br />
nach wie vor auch für die ehrenamtliche Mitarbeit auf allen Ebenen. Und sie wird<br />
wahrgenommen.<br />
Auch im Bereich der klassischen Selbsthilfe haben sich in den letzten Jahren die<br />
Bedarfe verändert, vor allem aufgrund der deutlich verbesserten medizinischen<br />
Optionen eher in allgemeine lebensförderliche Bereiche verschoben. Dennoch hält<br />
sich zumindest in Duisburg dank ehrenamtlichen Engagements unsere SH-Gruppe<br />
HIV-positiver Menschen sowie die alljährlich weitestgehend ehrenamtlich organisierte<br />
Positiven-Freizeit und auch die Kochgruppe stellt sich als stabiles Angebot heraus.<br />
Abschließend möchten wir uns natürlich an dieser Stelle bei all jenen treuen<br />
Freund/innen und Förderern, Zuwendungsgebern und Sympathisant/innen sowie bei<br />
den Vertretern aus Politik, Verwaltungen und Gesundheitsämtern, medizinischen und<br />
Beratungseinrichtungen, Schulen und sonstigen Kooperationspartnern und unseren<br />
Dachverbänden, dem „Paritätischen“, der Deutschen AIDS-Hilfe und der AIDS-Hilfe<br />
NRW für ihre Wertschätzungen, unterstützenden Aktionen und guten Wünsche im<br />
Berichtsjahr aufs Herzlichste bedanken.<br />
11
Der Vorstand der AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V. <strong>2009</strong><br />
Rainer Wille, Karl-Heinz Lemke, Peter Külpmann, Silke Stützel, Rolf Ringeler (v.l.n.r.)<br />
2. Beratung<br />
Die Beratung der AIDS-Hilfe Duisburg/Kreis Wesel e.V. wurde wie in den<br />
vorangegangenen Jahren als ein Hauptschwerpunkt unserer Arbeit durchgeführt.<br />
Bei der Beratung wurden überwiegend folgende Anfragen bedient:<br />
Fragen zu Übertragungswegen von HIV, sexuell übertragbaren Krankheiten und<br />
Hepatitiden, HIV-Antikörper-Testberatung, Fragen rund um die medizinische<br />
Versorgung von Menschen mit HIV/AIDS und die Beratung von Menschen, die<br />
zeitnah ihr positives Testergebnis erhalten haben.<br />
Unsere Beratungsangebote konnten von den Ratsuchenden wie folgt genutzt<br />
werden:<br />
1. persönliche Beratung in den Einrichtungen;<br />
2. telefonische Beratung durch HauptamtlerInnen während der Öffnungszeiten in<br />
Duisburg und Wesel;<br />
3. telefonische und E-Mail Beratung durch die ehrenamtlichen Telefonberater in<br />
der Zeit von 19.00-21.00 Uhr am Montag in Duisburg.<br />
2.1 Persönliche Beratung<br />
Während der Öffnungszeiten sowie nach telefonischer Absprache außerhalb der<br />
Öffnungszeiten konnten Ratsuchende sich persönlich durch hauptamtliche<br />
MitarbeiterInnen in unseren Büros in Duisburg und Wesel beraten lassen. Bei diesen<br />
Beratungsgesprächen wurde auf eine ruhige und entspannte Atmosphäre geachtet.<br />
Bei Bedarf konnten Ratsuchende, die anonym bleiben wollten, sich auch Termine<br />
12
außerhalb der Öffnungszeiten und dem damit verbundenen Publikumsverkehr geben<br />
lassen. Bei Beratungen von Personen, die kürzlich ihr HIV-positives Testergebnis<br />
erhalten haben, wurde im Sinne der Hilfe zur Selbsthilfe immer das Angebot<br />
unterbreitet, mit einem HIV-Positiven zu sprechen, der schon länger mit der Infektion<br />
lebt. Dieses Angebot wurde häufig in Anspruch genommen.<br />
Generell wurde die persönliche Beratung häufig von Menschen in Anspruch<br />
genommen, die entweder die Befürchtung hatten, eine HIV-Infektion zu haben oder<br />
die kürzlich ihr HIV-Positives Testergebnis erhalten haben.<br />
2.2 Telefonische Beratung<br />
2.2.1 Durch hauptamtliche Mitarbeiter/innen<br />
Auch in diesem Jahr blieb die Zahl der Telefonberatungen während der<br />
Öffnungszeiten (Im Duisburger Büro: montags von 8.30-14.00 Uhr, dienstags bis<br />
donnerstags von 8.30-17.00 Uhr und freitags von 8.30-16.00 Uhr; im Weseler Büro<br />
dienstags von 14.00-17.00 Uhr und donnerstags von 9.00-12.00 Uhr) sehr hoch. Die<br />
Ratsuchenden wurden nach eingehender Erörterung der Risikosituationen<br />
aufgeklärt. Falls erwünscht, wurden die Ratsuchenden zwecks HIV-Antikörper-Test<br />
an das Gesundheitsamt verwiesen. Es wurde von unserer Seite angeboten, einen<br />
Termin an dem Tag, wo das Testergebnis bekannt gegeben wird, mit uns<br />
festzulegen, um den Menschen ggf. mit Rat und Tat zur Seite zu stehen.<br />
Unsere Beratungsnummern sind für Duisburg: 0203-19411 und für Wesel 0281-<br />
19411. Die Rufnummern wurden in den örtlichen Zeitungen unter der Rubrik<br />
Beratung beworben. Regelmäßig wurde die Bewerbung kontrolliert, da die Rubrik<br />
von vielen Vereinen genutzt wird und die Einstellung der Rufnummer kostenlos ist.<br />
13
Die Beratungsnummern wurden durch Beantragung bei der Regulierungsbehörde für<br />
Telekommunikation und Post anonymisiert. Dadurch werden bei einem Anruf über<br />
diese Rufnummer die Nummern der Ratsuchenden unterdrückt und bei dem<br />
Ratsuchenden erscheint die Beratungsnummer nicht in der detaillierten<br />
Telefonrechnung.<br />
2.2.2 Durch ehrenamtliche Mitarbeiter/innen<br />
Die ehrenamtliche Telefonberatung wurde in diesem Jahr weiterhin von einer<br />
Ehrenamtlerin durchgeführt. Ratsuchende, die außerhalb der Öffnungszeiten in<br />
Wesel anrufen, werden durch die Anrufbeantworter informiert, wann sie in Duisburg<br />
anrufen können.<br />
Die ehrenamtliche Beratung in Duisburg wurde weiterhin konsequent jeden<br />
Montagabend in der Zeit von 19.00-21.00 Uhr angeboten.<br />
2.2.3 Die Bundesweite Telefonberatung<br />
Auch im zweiten Jahr der Testphase beteiligte sich die AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis<br />
Wesel an der bundesweiten Beratungshotline der Deutschen AIDS-Hilfe e.V..<br />
An 62 Stunden pro Woche können sich so Ratsuchende mit ihren Fragen rund um<br />
HIV/AIDS telefonisch an die Berater der AIDS-Hilfen wenden. Die Hotline ist<br />
erreichbar in den Zeiten: Montags bis Freitags von 9.00-21.00 Uhr und am Sonntag<br />
von 12.00-14.00 Uhr.<br />
Die AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e. V. beteiligt sich als eine von bundesweit 28<br />
Einrichtungen an diesem neuen Angebot. Die haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter<br />
der AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V. bedienen Ratsuchende aus dem ganzen<br />
Bundesgebiet am Montagabend von 19.00-21.00 Uhr und am Donnerstag von 11.00-<br />
14.00 Uhr. Die regionalen Angebote bleiben im vollen Umfang bestehen. So können<br />
sich Menschen telefonisch, persönlich und per E-Mail zu den gewohnten Zeiten an<br />
die MitarbeiterInnen der AIDS-Hilfe wenden. Das überregionale Angebot wird<br />
zusätzlich zu dem bestehenden Angebot hinzugefügt.<br />
Die Telefonberatung spielt bei der Aufklärung zu HIV nach wie vor eine große Rolle.<br />
Sie ist das Medium zur Beantwortung persönlicher Fragen und zur Abklärung eines<br />
individuellen HIV-Übertragungsrisikos. Mit der neuen Rufnummer werden<br />
bestehende Angebote unter einer bundesweiten Nummer zusammengeführt und<br />
damit die Erreichbarkeit für Ratsuchende weiter verbessert. Durch die Intensivierung<br />
der Weiterbildung und die Einrichtung eines Online-Portals für BeraterInnen wird die<br />
Qualität der Beratung langfristig gesichert.<br />
Telefonberatervernetzung im Ruhrgebiet:<br />
Die AIDS-Hilfe Duisburg/Kreis Wesel e.V. ist mit anderen Kooperationspartnern aus<br />
dem Ruhrgebiet in einer Telefonberatervernetzung zusammengeschlossen. Ziel<br />
dieser Vernetzung war es, die Beratung über HIV-AIDS an jedem Wochentag abends<br />
im Ruhrgebiet anbieten zu können. Hauptthema bei den Treffen in der<br />
Ruhrgebietsvernetzung war <strong>2009</strong> die Neuformulierung des Vernetzungsvertrages,<br />
damit sich die Vernetzung nicht konträr zu den bestehenden Vertragsinhalten der<br />
bundesweiten Beratungsvernetzung positioniert.<br />
14
Bei den Vernetzungstreffen der Kooperationspartner hat die AIDS-Hilfe<br />
Duisburg/Kreis Wesel e.V. mit einem hauptamtlichen und/oder einem ehrenamtlichen<br />
Mitarbeiter regelmäßig teilgenommen. Eine Neueinsteigerschulung konnte mangels<br />
interessierter EhrenamtlerInnen nicht durchgeführt werden.<br />
2.3 E-Mail Beratung<br />
Die E-Mail Beratung in der AIDS-Hilfe wurde weiterhin angeboten. Die E-<br />
Mailberatung ist unter der folgenden Adresse zu erreichen: www.aidshilfe-duisburgkreis-wesel.de.<br />
Um die gängigsten Fragen im Voraus zu klären, wurden auf unserer Homepage die<br />
acht häufigsten gestellten Fragen (FAQ) eingestellt. Der Ratsuchende konnte beim<br />
Anklicken einer Frage gleich die Antwort lesen. Durch dieses Beratungsangebot<br />
konnten viele Ratsuchende ohne, dass sie an uns eine E-Mail schreiben mussten,<br />
bedient werden. Detailliertere Fragen konnten dann per E-Mail an uns gesendet<br />
werden. Bei diesen E-Mails wurde im Betreff automatisch „E-Mailberatung“<br />
eingegeben, sodass die E-Mails nicht von den Mitarbeitern gelesen wurden, sondern<br />
direkt an die Telefon/E-Mail Beraterin weitergeleitet werden konnten.<br />
Die E-Mailberatung wird hauptsächlich am Montagabend in der Zeit der<br />
Telefonberatung durch die ehrenamtliche Mitarbeiterin bedient und die E-Mails in<br />
dieser Zeit beantwortet.<br />
Bei dringenden E-Mails wurden diese von den hauptamtlichen MitarbeiterInnen<br />
während der Öffnungszeiten beantwortet.<br />
Folgende vorgefertigten Fragen wurden im Internet angeboten:<br />
Resümee und Ausblicke:<br />
Die Beratung konzentriert sich für die Zielgruppe MSM auf der überregionalen Ebene<br />
immer mehr auf das Medium Internet. So haben sich viele AIDS-Hilfen aus NRW<br />
dem bundesweiten Angebot der DAH (GAYROMEO s. Prävention bei MSM)<br />
angeschlossen. Die Tendenz von bundesweiten Angeboten hat viele Vorteile. So<br />
wird die Einhaltung der Beratungsstandards zentral von der DAH kontrolliert und<br />
durch Schulungen vereinheitlicht. Dem steht die regionale Beratung mit ihrer Nähe<br />
und persönlichen Erreichbarkeit gegenüber.<br />
15
Zum Ende des Jahres wurde durch die Beendigung der zweijährigen Pilotphase der<br />
Bundesweiten Telefonberatung die geplante ressourcenorientierte Delegation von<br />
den Vertragspartnern aus dem Ruhrgebiet zu den Treffen der bundesweiten<br />
Telefonberater (DAH) in Frage gestellt. Dies vor allem, da sich die meisten<br />
beteiligten Telefonberater dafür aussprachen, dass jede AIDS-Hilfe, die sich an dem<br />
bundesweiten Projekt beteiligt, an den bundesweiten Treffen, die einmal jährlich<br />
stattfinden, teilnehmen sollten.<br />
Insgesamt bestätigt dies eine Tendenz, die in vielen Arbeitsfeldern ebenfalls zu<br />
bemerken ist: Auf der überregionalen Ebene werden immer mehr verbindliche<br />
Teilnahmen an Arbeitskreisen etc. gefordert. Wie z.B. bei Gay Romeo oder wie hier<br />
bei der bundesweiten Telefonberatung. Diese Tendenz ist für eine mittelgroße AIDS-<br />
Hilfe wie der unseren bedenklich, da die schon jetzt sehr eng begrenzten<br />
Ressourcen für die jeweiligen Arbeitsfelder durch diese verbindlichen Termine noch<br />
zusätzlich belastet werden. Wie sich dies in der Zukunft weiter entwickelt, bleibt<br />
abzuwarten.<br />
Wir danken unserer ehrenamtlichen Mitarbeiterin aus der persönlichen, telefonischen<br />
und online - Beratung, ohne deren Einsatz die Beratung der AIDS-Hilfe Duisburg /<br />
Kreis Wesel e.V. nicht in diesem bemerkenswerten Umfang vorgehalten werden<br />
könnte.<br />
3. Begleitung<br />
Unsere Einrichtung begleitet weiterhin HIV-Infizierte / an AIDS-Erkrankte, die aus<br />
den unterschiedlichsten Bevölkerungsgruppen mit verschiedenen sozialen<br />
Hintergründen stammen. Die einzelnen Begleitungsfälle befinden sich hinsichtlich der<br />
antiretroviralen Therapie in unterschiedlichen Situationen. Ganz vereinzelte<br />
Begleitete haben sich gegen die Einnahme von Medikamenten entschieden. Dadurch<br />
werden wir immer wieder mit Vorfällen konfrontiert, bei denen durch AIDS irreparable<br />
Schäden im Gehirn entstehen (so durch HIV assoziierte Enzephalopathie). Die<br />
Gründe für die Verweigerung der Medikamente sind vielfältig. Es kann die Folge von<br />
gravierenden Ereignissen sein (z. Bsp. Tod eines nahen Angehörigen), die dann<br />
zunächst bearbeitet werden müssen und der Lebenswille wieder gestärkt werden<br />
muss. Ein Grund ist auch die Angst vor den Nebenwirkungen und der lebenslangen<br />
Einnahme von Medikamenten oder aber auch Verdrängung der Infektion. Solche<br />
einzelne Fälle müssen dann in Versorgungssystemen untergebracht werden, die<br />
hierauf nicht ausgerichtet werden (so kommen junge Menschen in Pflegeheime, die<br />
in der Mehrzahl von alten pflegebedürftigen Menschen genutzt werden).<br />
Ein großer Teil der Infizierten kommt aber mit den Medikamenten gut klar. Während<br />
aufgrund der Vielzahl der Medikamente die akuten Nebenwirkungen weniger werden,<br />
treten häufiger Langzeitwirkungen auf wie zum Beispiel im Herz-Kreislaufbereich.<br />
Hier gilt es andere Risiken wie Rauchen oder ungesunde Ernährung zu minimieren.<br />
Viele von uns langfristig Begleitete waren bereits an AIDS erkrankt, sind verrentet<br />
und leben auf dem Niveau des Arbeitslosengeldes II, der Grundsicherung oder leicht<br />
darüber. Hierbei handelt es sich um Leistungen, die in ihrem Ursprung zur<br />
Überbrückung einer kurzen Zeit angedacht waren. Letztendlich verharren diese<br />
16
Begleiteten in einer Lebenssituation, die Ihnen finanziell keinen Spielraum lässt und<br />
wenig Perspektiven für die Zukunft bietet. Aufgrund der fehlenden materiellen<br />
Ressourcen fehlt es an Lebensqualität, da die Teilhabe am gesellschaftlichten Leben<br />
wie Ausgehen, Kino und andere Freizeitaktivitäten einen Faktor für Lebensqualität<br />
darstellen.Von einer Gruppe dieser Begleiteten werden auch sehr oft suizidale<br />
Gedanken geäußert, denen es zu begegnen gilt. Des Weiteren bieten wir<br />
Unterstützung bei sozialrechtlichen und finanziellen Schwierigkeiten. Hier sehen wir<br />
allerdings nicht unsere primäre Aufgabe, die geringe staatliche Unterstützung<br />
aufzustocken, sondern Ansprüche einzufordern und in extremen Krisensituationen<br />
finanziell im Rahmen unserer Möglichkeiten (Spendenmittel) auszuhelfen (siehe<br />
Punkt 3.3 Positivenfond).<br />
Ein anderer Teil dieser Begleiteten versucht das Beste aus dieser Lebenssituation zu<br />
machen und gestaltet unter anderem die Freizeit für HIV-Positive mit, nimmt an der<br />
Kochgruppe teil und engagiert sich auf landes- und bundesweiter Ebene in<br />
Landesarbeitsgemeinschaften und Netzwerken.<br />
Andere HIV-Infizierte gehen einer geregelten Arbeit nach und nehmen die AIDS-Hilfe<br />
nur punktuell zu bestimmten Fragen in Anspruch oder besuchen unser Mittwochs-<br />
Café oder von uns durchgeführte Fortbildungsveranstaltungen.<br />
In einzelnen Fällen von Neudiagnosen gilt es, Krisenintervention zu gewährleisten<br />
und die Situation zu stabilisieren. Auch in Zeiten von Behandelbarkeit von HIV gilt es<br />
nach einem Testergebnis unterschiedliche Problematiken zu bearbeiten. So gibt es<br />
bei vielen HIV-Infizierten, das Gefühl, an der Infektion selbst schuld zu sein und sich<br />
zu schämen und in eine Depression und Antriebslosigkeit zu gelangen. Auch ist es<br />
für HIV-positive Menschen heute immer noch schwer, sich gegenüber anderen<br />
Menschen und Freunden zu ihrer HIV-Infektion zu bekennen. Hier bietet die AIDS-<br />
Hilfe Unterstützung durch die psychosoziale Begleitung der hauptamtlichen<br />
Mitarbeiter oder durch Kontakt mit anderen HIV-Positiven (z. Bsp. in unserer<br />
Positivengruppe oder in Einzelgesprächen mit HIV-Positiven, die wir vermitteln).<br />
Immer häufiger übersteigt der Begleitungsumfang unsere Ressourcen, so dass wir<br />
Begleitete in ambulant betreutes Wohnen vermitteln.<br />
Aufgrund dessen, dass wir unsere Angebot im Bereich aufsuchende Arbeit<br />
ausgeweitet haben (Streetwork bei DrogengebraucherInnnen, Straßenstrich, JVA-<br />
Arbeit), haben wir unsere Öffnungszeiten für persönliche Beratung wie folgt<br />
geändert: montags 11- 14 Uhr, mittwochs 14 – 19 Uhr, freitags 11 – 16 Uhr. In dieser<br />
Zeit haben wir eine offene Sprechstunde und man kann uns ohne Termin aufsuchen.<br />
Mit den neuen Öffnungszeiten haben wir auch unser Angebot auf Berufstätige<br />
geöffnet, da wir mittwochs jetzt bis 19 Uhr ein offenes Beratungsangebot vorhalten.<br />
Selbstverständlich war es vorher schon und ist es auch jetzt möglich, außerhalb der<br />
Öffnungszeiten, einen Beratungstermin zu vereinbaren. Des Weiteren ist unser Büro<br />
in Wesel weiterhin dienstags von 14 – 17 Uhr und donnerstags von 9 – 12 Uhr<br />
besetzt, so dass von montags bis freitags die Möglichkeit zur persönlichen<br />
unterminierten Beratung besteht.<br />
Zur qualitativen Verbesserung der Begleitungsarbeit nahmen die hauptamtlichen<br />
MitarbeiterInnnen aus dem Begleitungsbereich an den Treffen des auf Landesebene<br />
17
stattfindenden Arbeitskreises Sozialberatung teil. Bei diesem Arbeitskreis handelt es<br />
sich um ein wichtiges Fort- und Weiterbildungsangebot, da hier MitarbeiterInnen aus<br />
unterschiedlichen AIDS-Hilfen zur Reflektion ihrer Arbeit zusammen treffen. Des<br />
Weiteren dient das Treffen dem Erfahrungsaustausch.<br />
3.1. Einzelbegleitung<br />
Im April <strong>2009</strong> hat die Deutsche AIDS-Hilfe ein Positionspapier zu HIV-Therapie und<br />
Prävention herausgebracht. Hier wird bezüglich EKAF nicht mehr zwischen heteround<br />
schwulen Sex unterschieden. Dies ging in Beratung bei festen Partnerschaften<br />
ein.<br />
Des Weiteren wurde in diesem sehr differenziertem Papier von der DAH offiziell<br />
Stellung bezogen zu Sex unter HIV-Positiven:<br />
„2.3 Exkurs: Botschaften für HIV-Positive mit HIV-positiven Sexpartner(inne)n<br />
Beim Sex zwischen HIV-positiven Partner(inne)n steht die mögliche Übertragung von<br />
anderen STDs oder einer Hepatitis C im Mittelpunkt des präventiven Handelns. Da manche<br />
STDs bzw. die Hepatitis C bei Menschen mit HIV schneller und schwerer verlaufen können,<br />
empfehlen wir ihnen, sich mindestens zweimal jährlich auf diese Krankheiten untersuchen zu<br />
lassen.<br />
Um eine „Superinfektion“ (d. h. die Übertragung einer Virusvariante auf den Partner/die<br />
Partnerin bzw. die Ansteckung mit einer Virusvariante des Partners/der Partnerin) zu<br />
verhindern, reicht die wirksame Therapie eines Partners aus. Möglich (aber epidemiologisch<br />
nicht relevant) ist eine Superinfektion, wenn beide Partner/innen unbehandelt oder in einer<br />
Therapiepause sind. Nachteilig kann eine Superinfektion werden, wenn dabei<br />
medikamentenresistente Viren übertragen werden.“<br />
Vollständig ist dieses Positionspapier auf der Homepage der Deutschen AIDS-Hilfe<br />
nachzulesen (http://www.aidshilfe.de/media/de/0904_DAH-Papier_HIV-<br />
Therapie_und_Praevention.pdf).<br />
Trotz des personellen Engpasses im Berichtsjahr im Begleitungsbereich versuchten<br />
wir, in der Begleitungsarbeit Beratungen zu Nebenwirkungen der Medikamente, zu<br />
Partnerschaftskonflikten, sozialrechtlichen und finanziellen Problemen anzubieten.<br />
Bei finanziellen Problemen halfen wir mit unserem Positivenfond, bei größeren<br />
Beträgen stellten wir Anträge an die Deutsche AIDS-Stiftung, soweit die<br />
Antragshintergründe die Kriterien der Stiftung erfüllen. Die Bearbeitungszeiten haben<br />
sich aufgrund von Personaleinsparungen bei der Deutschen AIDS-Stiftung jedoch<br />
auf ca. 8 Wochen je Antrag ausgeweitet.<br />
Im Berichtsjahr verstarb einer unserer Begleiteten, der aufgrund seiner persönlichen<br />
Situation für sich den Freitod gewählt hat.<br />
Insgesamt begleiteten wir 191 Personen einschließlich der im Knast begleiteten<br />
Personen.<br />
18
Intensive Begleitung bedeutet mindestens 1 Kontakt pro Woche, welches aber auch<br />
bis zu täglichem Kontakt beinhalten kann. Intensiv bedeutet aber auch, einmaliger<br />
monatlicher Kontakt mit anschließendem hohem Regelungsbedarf.<br />
In der Rubrik „Regelmäßig“ erfassen wir Begleitete mit mindestens einmal<br />
monatlichem Kontakt und „Sporadisch“ einmal jährlichen Beratungskontakt.<br />
Tabelle 1:<br />
Betroffene in Einzelbegleitung <strong>2009</strong> 2008 2007 2006<br />
Intensiv 24 24 18 19<br />
Regelmäßig 55 55 55 54<br />
Sporadisch 115 112 104 95<br />
Insgesamt 194 191 177 168<br />
Tabelle 2:<br />
Betroffene in ehrenamtl. Begleitung <strong>2009</strong> 2008 2007 2006<br />
insgesamt 1 9 10 13<br />
Aufgrund des Todes unserer ehrenamtlichen Begleiterin und Ehrenmitgliedes Helga<br />
Pieper hat sich die Zahl der Betroffenen in ehrenamtlicher Begleitung stark reduziert.<br />
3.2. Begleitergruppe<br />
Die auf drei Personen reduzierte Begleitergruppe war im Berichtsjahr noch mit der<br />
Verarbeitung des Todes von Helga Pieper beschäftigt, die im Vorjahr verstorben war.<br />
In <strong>2009</strong> wurde noch eine Begleitung ehrenamtlich durchgeführt. Daher traf sich die<br />
Begleitergruppe auch nur noch an fünf Terminen im Berichtsjahr. Diese dienten zum<br />
einen wie bereits erwähnt zur Verarbeitung des Todes der langjährigen Begleiterin<br />
Helga Pieper zum anderen zum Austausch und Reflektion über die bestehende<br />
Begleitung. Des Weiteren dienten die Treffen der Anbindung und zum<br />
Informationsaustausch zur AIDS-Hilfe, da zwei ehrenamtliche MitarbeiterInnen nur<br />
noch lose Kontakt zur AIDS-Hilfe haben, aber weiterhin Interesse an der Mitarbeit<br />
und am Geschehen der AIDS-Hilfe haben.<br />
Dies soll auch für 2010 so fortgeführt werden, das heißt, die Gruppe trifft sich<br />
ungefähr einmal im Quartal.<br />
19
Die von Helga Pieper Begleiteten wurden nach ihrem Tod durch die hauptamtlichen<br />
Begleiter weiterhin begleitet und halten sich auf stabilem Niveau.<br />
Die Aufgabe der ehrenamtlichen Begleitung bestand überwiegend darin, als<br />
Gesprächspartner zur Verfügung zu stehen. Dies kann auch zu ungewöhnlichen<br />
Uhrzeiten der Fall sein, wobei der ehrenamtliche Mitarbeiter für sich entscheiden<br />
muss, in welchem Zeitrahmen er dies zulässt.<br />
Da alle ehrenamtlichen BegleiterInnen berufstätig sind, müssen Fahrten zu Ärzten<br />
und Ämtern durch die AIDS-Hilfe (Zivildienstleistender oder letztendlich auch durch<br />
hauptamtliche Mitarbeiter) durchgeführt werden.<br />
Wie oben schon erwähnt, hat sich teilweise der Betreuungsbedarf auch soweit<br />
erhöht, dass dieser von ehrenamtlicher und hauptamtlicher Seite nicht abgedeckt<br />
werden kann und wir in einigen Fällen in das ambulant betreute Wohnen vermittelt<br />
haben.<br />
Für den Einsatz der ehrenamtlichen BegleiterInnen möchten wir uns herzlich<br />
bedanken.<br />
3.3. Positivenfond<br />
Der Positivenfond wird von der AIDS-Hilfe Duisburg/Kreis Wesel e. V. mit dem Ziel<br />
verwaltet, HIV-positive / an AIDS-Erkrankte Menschen in finanziellen Notlagen zu<br />
unterstützen.<br />
Die Verteilung der Fondgelder übernahm im Berichtsjahr <strong>2009</strong> ein Gremium, das aus<br />
zwei HIV-positiven Menschen, einem Ehrenamtler aus dem Begleitungsbereich und<br />
einem Hauptamtler besteht. Diese Zusammensetzung schafft innerhalb des<br />
Gremiums eine Perspektivenvielfalt, die für die Entscheidungsfindung bei Anträgen<br />
bereichernd ist. Mindestens drei Personen dieses Gremiums entscheiden mit<br />
einfacher Mehrheit über außergewöhnliche und rückzahlbare Zuwendungen. Die<br />
Soforthilfe wird primär von den drei im Begleitungsbereich tätigen hauptamtlichen<br />
Mitarbeitern ausgezahlt. In die Entscheidungsfindung fließt zum einen die finanzielle<br />
Situation des Antragsstellers ein und zum anderen die Gründe für sein spezielles<br />
Anliegen. Die Verwaltung des Fonds obliegt einem hauptamtlichen Mitarbeiter.<br />
Wie in den Vorjahren stellte der Vorstand aus Spendengeldern insgesamt eine<br />
Summe in Höhe von 3.850 € zur Verfügung. Unser besonderer Dank gilt allen<br />
Spendern, die uns damit diese Form der Hilfe in diesem Umfang ermöglicht haben.<br />
Die Summe wurde im Berichtsjahr nicht ausgeschöpft. Bis auf die Knastpakete<br />
(Nahrungszusatzpakete) waren in allen Bereichen des Positivenfonds die Ausgaben<br />
rückläufig.<br />
Bei einem Krankhausaufenthalt ist die Beantragung für die dort anfallenden<br />
„Telefonkosten“ möglich, wenn diese nicht selbst übernommen werden können.<br />
Hierdurch soll der Kontakt nach außen aufrechterhalten und die Möglichkeit gegeben<br />
20
werden, sich bei Schwierigkeiten mit jemandem zu bereden. Da es nur wenige<br />
stationäre Aufenthalte gab und die Begleiteten zumeist über Handy erreichbar sind,<br />
fielen im Berichtsjahr in diesem Bereich keine Ausgaben an.<br />
Für den Bereich „Knast“ haben wir in <strong>2009</strong> 464,74 € für sogenannte Knastpakete<br />
aufgewandt. Da diese nicht mehr über die Deutsche AIDS-Stiftung finanziert werden,<br />
werden diese zurzeit vom Positivenfond getragen. Die Summe ist nahezu identisch<br />
mit den Vorjahreszahlen in diesem Bereich.<br />
Der Bereich „Soforthilfe“ lag mit 1.818,60 € ca. 10 vH unter den Ausgaben in 2008,<br />
stellt aber weiterhin den höchsten Ausgabenposten des Positivenfonds dar. Bei der<br />
Soforthilfe handelt es sich um eine finanzielle Hilfe am Ende des Monats, um<br />
Engpässe zu überbrücken. Diese Hilfe wird gewährt, wenn sich die Einkünfte auf<br />
dem Niveau des Arbeitslosengeldes II belaufen. Die Soforthilfe wurde im<br />
Durchschnitt von den Personen, die die Kriterien des Positivenfond erfüllen in der<br />
Regel fünfmal jährlich in Anspruch genommen.<br />
Auch die „Außergewöhnlichen Zuwendungen“ reduzierten sich im Berichtsjahr in<br />
Höhe von 983 € auf 627 € um ein Drittel. Außergewöhnliche Zuwendungen werden<br />
für den Ausgleich von Stromschulden, Telefonrechnungen, Unterstützung bei den<br />
Zuzahlungen zu Medikamenten und Praxisgebühr etc. gewährt.<br />
„Rückzahlbare Zuwendungen“ sind für Ausgaben gedacht, die die Begleiteten<br />
dringend benötigen, für die sie aber aktuell kein Geld haben. Das gewährte Darlehen<br />
muss in angemessenen Raten zurückgezahlt werden. Um den Begleiteten dies zu<br />
ermöglichen und das Begleitungsverhältnis durch offene Beträge nicht zu belasten,<br />
muss der Einkommenssatz bei diesen Zuwendungen die Sozialhilfe bzw. das<br />
Arbeitslosengeld II übersteigen.<br />
Die rückzahlbaren Zuwendungen sind im Berichtsjahr weiter gesunken. Dies<br />
geschieht aus den oben erwähnten Gründen. Es ist oft schwer für die Begleiteten,<br />
die Rückzahlungen zu leisten. Um das Begleitungsverhältnis nicht zu belasten, wird<br />
im Positivenrat sorgfältig geprüft wird, ob eine rückzahlbare Zuwendung sinnvoll und<br />
möglich ist.<br />
Rückzahlbare Zuwendungen wurden in den meisten Fällen für Zuzahlungen für<br />
Medikamente und Praxisgebühr gewährt, damit der Betroffene direkt seine<br />
Befreiungskarte erhält und die Rückzahlung an die AIDS-Hilfe vornehmen kann. Mit<br />
der Befreiungskarte ist ein regelmäßiger Arztbesuch und regelmäßiger<br />
Medikamentenbezug möglich.<br />
Die „Einnahmen“ (s. Abb. u.) des Positivenfonds resultieren aus den<br />
Rückzahlungen der rückzahlbaren Zuwendungen. Da die Darlehen nicht unbedingt in<br />
dem Jahr der Auszahlung zurückgezahlt werden, kommt es zu Differenzen in den<br />
Bereichen Auszahlung und Einnahme.<br />
Auch im Berichtsjahr konnten wir durch Anträge bei der Deutschen AIDS-Stiftung<br />
unseren Begleiteten mit größeren Beträgen aushelfen. Hier besteht weiterhin eine<br />
gute Zusammenarbeit, für die wir uns recht herzlich bedanken.<br />
21
Telef.<br />
Krankh. Knast Sorforth.<br />
Außergew.<br />
Z. Rückz. Z. Einnahmen<br />
2008 115,00 € 465,71 € 1.983,10 € 983,46 € 289,06 € 175,00 €<br />
<strong>2009</strong> 0,00 € 464,74 € 1.818,60 € 627,07 € 152,00 € 262,98 €<br />
3.4. Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern<br />
Die Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern bleibt für unsere AIDS-Hilfe wichtig.<br />
Im Einzelnen handelt es sich um folgende Partner:<br />
HIV-Schwerpunktpraxen<br />
Die Zusammenarbeit mit den beiden in Duisburg offiziell auf HIV spezialisierten<br />
Schwerpunktpraxen wurde <strong>2009</strong> problemlos fortgesetzt. Unklarheiten und Fragen<br />
können auf kurzem Weg geklärt werden. Regelmäßig haben wir<br />
Austauschgespräche mit dem Gesundheitsamt Duisburg, der AIDS-Hilfe Oberhausen<br />
und den beiden Schwerpunktärzten. Es ist für uns eine Möglichkeit, die Arbeit der<br />
AIDS-Hilfe vorzustellen und transparent zu machen. Unter anderem war auch Teil<br />
dieses Gespräches der Rück- und Ausblick auf das Fachgespräch mit den beiden<br />
Schwerpunktärzten. Eine vereinbarte Befragung der Patientinnen und Patienten nach<br />
einem Angebot der AIDS-Hilfen (Oberhausen und Duisburg) in den Arztpraxen<br />
konnte in <strong>2009</strong> aufgrund von mangelnder Personalressourcen nicht umgesetzt<br />
werden.<br />
22
Krankenhäuser<br />
Bei Krankenhausaufenthalten in Bezug auf HIV/AIDS werden unsere Begleiteten in<br />
die umliegenden Uni-Kliniken Essen, Bochum und Düsseldorf eingewiesen.<br />
Insbesondere zur Uniklinik Essen bestehen gute Kontakte zu dem medizinischen und<br />
auch zum sozialarbeiterischen Personal. In Duisburg hat sich bezüglich der<br />
stationären Versorgung aufgrund weiterhin geringer Fälle keine Veränderung<br />
ergeben.<br />
Pflegedienste<br />
Die Kooperation mit den Pflegediensten, mit denen wir bisher zusammen gearbeitet<br />
haben, wurde erfolgreich fortgeführt.<br />
Hospize<br />
Im Berichtsjahr wurde von unseren Begleiteten kein Hospiz in Anspruch genommen,<br />
jedoch besteht von unserer Seite Kontakt zur Hospizbewegung.<br />
Anwaltspraxen<br />
Die Zusammenarbeit mit Rechtsanwälten läuft im migrationsrechtlichen Bereich -<br />
soweit von Nöten - ohne Probleme.<br />
Flüchtlingsberatung<br />
Mit den Flüchtlingsberatungen, u. a. der Beratungsstelle des Deutschen Roten<br />
Kreuzes, gestaltet sich die Zusammenarbeit in ausländerrechtlichen Fragen weiterhin<br />
positiv.<br />
Ambulant Betreutes Wohnen<br />
Hier arbeiten wir mit örtlichen Anbietern zusammen<br />
3.5 Angebote für HIV-Positive und an AIDS-Erkrankte<br />
Im Berichtsjahr wurde im Rahmen des Solidar-Erleben-Ansatzes die Kochgruppe<br />
fortgeführt. Die Kochgruppe ist ein monatliches Angebot, bei dem HIV-Positive und<br />
ehrenamtliche MitarbeiterInnen zusammen kommen, um Abwechslung in den Alltag<br />
zu bringen. Gleichzeitig bietet sich hier ein Raum zum Austausch von Sorgen und<br />
Nöten. Um das Angebot niedrigschwelliger auszurichten und finanzielle<br />
Beweggründe für eine Nichtteilnahme auszuschließen, hat der Vorstand die<br />
Kochgruppe mit einem Budget ausgestattet, so dass in <strong>2009</strong> die TeilnehmerInnen<br />
keinen Eigenanteil entrichten mussten. An der Kochgruppe nehmen im Durchschnitt<br />
5 – 7 Personen teil.<br />
Seit Anfang 2007 trifft sich regelmäßig einmal monatlich eine Positivengruppe.<br />
Zugang haben die unterschiedlichen sexuellen Präferenzen, auch der<br />
Ansteckungsweg spielt keine Rolle. Es ist eine sehr bunt gemischte Gruppe welche<br />
in Selbsthilfe eigenständig durchgeführt wird.<br />
23
Frauenspezifische Angebote wurden wie in den Vorjahren in Kooperation mit den<br />
benachbarten AIDS-Hilfen angeboten. Diese werden in Kapitel 5.4 näher<br />
beschrieben.<br />
Unser traditionelles Mittwochs-Café ist weiterhin das best besuchte Angebot.<br />
Dieses ist ein beliebter Treffpunkt zwischen HIV-Infizierten / an AIDS Erkrankten,<br />
ehrenamtlichen MitarbeiterInnen und der AIDS-Hilfe Sympathie entgegenbringender<br />
Menschen. Darüber hinaus ist dieses Café eine erste Anlaufstelle für an<br />
ehrenamtlicher Arbeit Interessierte. Auch Bewerbern für den Zivildienst bietet es eine<br />
Plattform fürs Kennen lernen der AIDS-Hilfe.<br />
Das Café haben wir mit Aufbackkuchen, eigenen Backwerken und Spenden der<br />
Duisburger Tafel bzw. Bürger für Bürger bestückt. Im Café ist ein Austausch<br />
zwischen Betroffenen, hauptamtlichen und ehrenamtlichen MitarbeiterInnen möglich.<br />
Hier kann man sich auch über Neuigkeiten in der AIDS-Hilfe informieren und die<br />
Angebote an Infotafel zur Kenntnis nehmen. Zum einen ist es eine willkommene<br />
Abwechselung für die Betroffenen, zum anderen ist er das Treffen in der „Wahl-<br />
Familie“.<br />
Weiterhin fährt eine ehrenamtliche Mitarbeiterin jeweils vor dem Café bei „Bürger für<br />
Bürger“ vorbei und holt dort Lebensmittel, die dann im Mittwochs-Café verteilt<br />
werden.<br />
24
Das Café findet weiterhin offiziell zwischen 15.30 Uhr und 18.30 Uhr statt, wobei der<br />
Hauptbesucherstrom in der Zeit von von 15 bis 17.30 Uhr im Café zu verzeichnen ist.<br />
Es wird von durchschnittlich ca. 12 - 20 Personen besucht. Vorbereitet wird es –<br />
soweit vorhanden - überwiegend von dem Zivildienstleistenden. Während der Café-<br />
Zeit ist immer ein hauptamtlicher Ansprechpartner präsent, da diese Treffen von<br />
vielen Betroffenen dazu genutzt werden, Anliegen an die BeraterInnen und<br />
BegleiterInnen heranzutragen.<br />
Unsere traditionelle Weihnachtsfeier fand Heiligabend hat wie im Vorjahr in der<br />
Uhrzeit von 15.30 bis 20 Uhr statt und begann damit zur gleichen Zeit wie im Vorjahr.<br />
Die Weihnachtsfeier wurde letztendlich von 30 TeilnehmerInnen besucht und fand<br />
wieder in den Räumen von SHAlk statt, denen wir für die Überlassung der<br />
Räumlichkeiten recht herzlichen Dank sagen. Die Weihnachtsfeier konnte über<br />
Spenden in Höhe von 2.400 € der Kirchen aufgrund eines Mailings und<br />
Einzelspenden ausgerichtet werden. Wie in den Vorjahren konnten wir ein festliches<br />
Menü anbieten und Weihnachtstüten mit Süßigkeiten, Obst, Kaffee und Tabak<br />
verteilen. Die Vorbereitung und die Durchführung der Weihnachtsfeier liegt<br />
schwerpunktmäßig in ehrenamtlicher Hand, von hauptamtlichen Mitarbeitern gab es<br />
einen Ansprechpartner, der auch bei der Weihnachtsfeier selbst anwesend war und<br />
für Rückfragen bei Unklarheiten zur Verfügung stand.<br />
Auch im Berichtsjahr gab es wieder eine Positivenfreizeit. Diese führte nach Goslar-<br />
Hahnenklee und wurde erneut mit Mitteln der „Förderbande Gelsenkirchen“ wofür<br />
wir recht herzlichen Dank sagen. Sie wurde wiederum rein ehrenamtlich organisiert.<br />
Die Reise fand vom 12.09. – 19.09.09 statt und wurde von neun TeilnehmerInnen<br />
genutzt. Drei TeilnehmerInnen mussten aufgrund von Krankheit leider die Fahrt<br />
absagen. Bewährt hat sich hier, durch gemeinsame Unternehmungen und Aktivitäten<br />
im vertrauensvollen Gespräch Probleme anzusprechen, sich mit anderen<br />
auszutauschen und Lösungsmöglichkeiten kennen zu lernen.<br />
3.6 Trauerarbeit<br />
Im Berichtsjahr ist einer der von uns Begleiteten verstorben. Dieser war sehr lange<br />
bei uns in der AIDS-Hilfe in Begleitung und hat sich letztendlich für den Freitod<br />
entschieden. So schwer uns der Abschied auch fällt, letztlich mussten wir zur<br />
Kenntnis nehmen, dass der Tod zielgerichtet gesucht wurde und durch uns nicht zu<br />
verhindern war.<br />
Wir gedenken der Verstorbenen in der Mitgliederversammlung und mit unserer<br />
Trauerecke, die sich im Café befindet. Hier befinden sich unser Trauerbuch und<br />
weitere Informationen zu Verstorbenen.<br />
Candle-Light-Walk:<br />
Im Anschluss an unser Mittwochs-Café am 25.11. fand unser traditioneller Candle-<br />
Light-Walk statt. Er führte in diesem Jahr vom Forum, welches bereits mit einem<br />
Plakat in der Nähe des Eingangs auf den Welt-AIDS-Tag aufmerksam machte, über<br />
die Königstraße zur Liebfrauenkirche. Im Rahmen des Welt AIDS Tages <strong>2009</strong> wurde<br />
25
der traditionelle Candle-Light-Walk mit einer anschließenden Gedenkveranstaltung in<br />
der Liebfrauenkirche / Innenstadt durchgeführt (s. auch 4.4.).<br />
Der Candle Light Walk mit der anschließenden Gedenkveranstaltung ist für die<br />
haupt- und ehrenamtlichen MitarbeiterInnen sowie allen Angehörigen und Besuchern<br />
der AIDS-Hilfe eine Veranstaltung zur Besinnung und des Erinnerns an diejenigen<br />
Menschen, die an den Folgen von HIV / AIDS seit bestehen der AIDS-Hilfe<br />
Duisburg / Kreis Wesel e.V. verstorben sind.<br />
Unsere übliche Route mit Verweildauer am Live-Saver-Brunnen musste in diesem<br />
Jahr entfallen, da dort eine Bühne aufgebaut war.<br />
Die anschließende Gedenkveranstaltung in der Liebfrauenkirche wurde in bewährter<br />
Kooperation mit der Gemeinde Liebfrauen / Herrn Köpnik durchgeführt. Im oberen<br />
Teil der ehemaligen Kirche wurden die Namen aller verstorbenen Menschen, die in<br />
der AIDS-Hilfe Unterstützung gesucht und gefunden haben, mit Hilfe eines Beamers<br />
an die Wand projiziert. Auf den Treppen zum ehemaligen Altarbereich standen<br />
Kerzen und jeder Teilnehmer der Gedenkveranstaltung konnte in Gedenken an einen<br />
verstorbenen Menschen eine Kerze dazu stellen.<br />
Wir danken den ehrenamtlichen MitarbeiterInnen sowie der Liebfrauengemeinde als<br />
Kooperationspartner für ihr Engagement, ohne deren Mithilfe die gelungene<br />
Veranstaltung nicht umgesetzt hätte werden können.<br />
4. Öffentlichkeitsarbeit<br />
AIDS ist noch da, AIDS ist nicht besiegt, aber es gibt erhebliche Erfolge im Kampf<br />
gegen HIV.<br />
26
Die Verkündung von Forschungs- und Behandlungserfolgen ist ebenso wichtig und<br />
legitim wie die Verkündigung von Erfolgen in der Primärprävention. Während die<br />
letzteren in der Regel allerdings nur zu einem überschaubaren Medieninteresse<br />
führen – zumal diese schwer in harten Zahlen zu erfassen sind – sind die ersteren<br />
um ein vielfaches interessanter und quotenträchtiger. Dabei wird –je nach Mediumnicht<br />
immer großer Wert auf eine differenzierte Berichterstattung und<br />
Kommentierung gelegt, weil auch der Konsumentenbedarf nicht immer in diese<br />
Richtung geht und weil gewiss auch bestimmte Lobbyinteressen die eine oder<br />
andere Nachricht lancieren.<br />
Umso mehr verstehen wir es als Aufgabe der Öffentlichkeitsarbeit der AIDS-Hilfen,<br />
die Entwicklungen und insbesondere die daraus resultierenden Schlagzeilen kritisch<br />
zu beobachten und zu kommentieren. Denn wir sind mit den Folgen beschäftigt.<br />
Tatsächlich registrieren wir eine gewisse Banalisierung von HIV / AIDS und anderen<br />
sexuell übertragbaren Krankheiten. Die Sorglosigkeit der Menschen im Umgang mit<br />
HIV wird –auch von uns- häufig beklagt. Deutlich steigende Zahlen von HIV-<br />
Neudiagnosen und Neuinfektionen (seit 2000 bis 2007 um jährlich 4%, laut BZgAaktuell,<br />
07/08, S.1) stehen für einen Irrglauben mit lebensbedrohlichen oder<br />
zumindest stark lebensbeeinträchtigenden Folgen. Im Berichtsjahr <strong>2009</strong> blieb die<br />
Zahl der Neudiagnosen und Neuinfektionen zwar stabil, aber eben auf stabil hohem<br />
Rekordniveau von etwa 3000 Neuinfektionen.<br />
Wir betrachten es als eine wichtige Aufgabe von AIDS-Hilfe als Selbsthilfe-,<br />
Interessen- und Fachverband, die Bevölkerung und auch die Beteiligten im<br />
Gesundheitswesen seriös, differenziert und bestmöglich über die aktuellen<br />
Entwicklungen zu informieren.<br />
Aussagen von manchen Medizinern, die immer wieder die nahenden<br />
Heilungschancen propagieren, mediale Schlagzeilen, die Entwarnungsphantasien<br />
auslösen, Hochglanzanzeigen der Pharmaindustrie, deren Aussagen fast an<br />
„Marlboro-Botschaften“ erinnern, nötigen uns, immer wieder auf die Euphoriebremse<br />
zu treten. Dies wird insbesondere in bestimmten Zielgruppen schwieriger, die ein<br />
vergleichsweise gutes Aufklärungsniveau aufweisen und sich zum Teil mit sehr<br />
subtilen Risikominimierungsstrategien beschäftigen. Die Materie wird mit<br />
zunehmenden Erkenntnisgewinnen zum Virus, seinen Infektionswegen und zum<br />
Immunsystem immer komplexer und in bestimmten Szenen oder/und Settings ist das<br />
Spektrum der Präventionsbotschaften gewiss weiter und differenzierter zu gestalten<br />
als es die hinlänglichen Safer Sex-Botschaften bisher hergeben.<br />
Die strukturelle HIV-Prävention wird immer komplexer. Die Präventionsbotschaften<br />
sind immer mehr zu differenzieren und zum Teil zu individualisieren. Wenn wir heute<br />
erkennen, dass das Infektionsrisiko, das von einem HIV-Infizierten unter stabiler<br />
antiretroviraler Therapie (sART) ausgeht, „sich in der Größenordnung unserer<br />
normalen Lebensrisiken wie z.B. dem Besteigen eines Flugzeuges“ (Schweizerische<br />
Ärztezeitung, 2008; 98:5, S. 163) bewegt, dann ist es richtig und wichtig, HIV-positive<br />
Menschen davon zu unterrichten, denn dann ist die häufig tief verwurzelte Angst,<br />
andere zu infizieren, sehr zu relativieren. Diese Erkenntnis hat ungeheuere Chancen<br />
zur Folge, denn sie kann zu einer erheblichen Verbesserung der Lebensqualität von<br />
HIV-Infizierten und der von HIV-Betroffenen führen.<br />
27
Inwieweit diese Erkenntnisse auch offensiv in die Allgemeinbevölkerung getragen<br />
werden sollten, ist sehr umstritten, denn sie bergen durchaus das Risiko, die<br />
Präventionserfolge zu gefährden. Die antiretrovirale Therapie als Instrument im<br />
Köcher der Primärprävention ist aber eindeutig als Zugewinn zu betrachten.<br />
Im Zuge dieser noch relativ jungen Errungenschaften muss die Förderung der<br />
Testbereitschaft ein immer stärkeres Anliegen der Präventionsarbeit werden.<br />
Dies spiegelt sich in der Fachwelt vielfach wieder, so auch im Aktionsplan gegen HIV<br />
und AIDS der Europäischen Kommission für die Jahre <strong>2009</strong> – 2013 und so auch bei<br />
einem deutschen Expertenworkshop zur HIV-Testung, der im Oktober <strong>2009</strong> auf<br />
Einladung des Gemeinsamen Wissenschaftlichen Beirates des BMG und der<br />
Deutschen AIDS-Gesellschaft (DAIG) stattfand und dessen Ergebnisse wir an dieser<br />
Stelle im Überblick verkünden wollen, weil sie unsere Haltung und Arbeitsansätze<br />
sehr gut wiedergeben:<br />
„1. Ein allgemeines HIV-Screening in medizinischen Einrichtungen in Deutschland ist<br />
angesichts der vergleichsweise niedrigen HIV-Prävalenz in der Gesamtbevölkerung<br />
weder sinnvoll noch wünschenswert.<br />
2. Eine gezielte Vermehrung von Angeboten zur freiwilligen Testung auf HIV<br />
verknüpft mit einer qualifizierten Beratung ist erwünscht und notwendig. Die<br />
Durchführung der HIV-Testung ist dabei kein eigenständiges Ziel, sondern Teil einer<br />
HIV/AIDS Gesamtstrategie, die auch präventive, gesundheitsfördernde und kurative<br />
Maßnahmen einschließt. (…) Anonyme und kostenlose Testangebote können die<br />
Akzeptanz eines Testangebotes erhöhen. (…) Zielgruppenspezifische<br />
Testermutigung und möglichst niedrigschwellige Testangebote sollen gestärkt und<br />
weiter ausgebaut werden. (…) Insbesondere muss sichergestellt sein, dass alle<br />
Personen, bei denen eine HIV-Infektion diagnostiziert wird, einen ausreichenden<br />
Zugang zum medizinischen Versorgungssystem in Deutschland erhalten – auch<br />
Personen ohne gesicherten Aufenthaltsstatus und Krankenversicherungsschutz<br />
sowie Inhaftierte. Dies erfordert unter anderem eine engere Zusammenarbeit<br />
zwischen dem medizinischen Versorgungssystem, dem öffentlichen<br />
Gesundheitsdienst und Nichtregierungsorganisationen.<br />
HIV-Testung muss grundsätzlich freiwillig und mit informiertem Einverständnis der<br />
Getesteten erfolgen. Die Testung muss begleitet sein von einer den konkreten<br />
Umständen angepassten Beratung vor dem Test und einer ausführlichen Beratung<br />
zum Testergebnis nach dem Test. (…) Zur Testberatung gehört auch, die<br />
Notwendigkeit wiederholter Testung bei Fortbestehen von Infektionsrisiken<br />
anzusprechen. Etwa die Hälfte der neu mit HIV diagnostizierten Personen in<br />
Deutschland hat sich vor der HIV-Diagnose bereits mindestens einmal mit negativem<br />
Ergebnis auf HIV testen lassen.<br />
3. Möglichkeiten ärztlich initiierter Testung sollten stärker als bisher genutzt werden.<br />
Dies erfordert folgende Maßnahmen und Strukturen:<br />
- Anlässlich der Untersuchung auf andere sexuell übertragbare Erkrankungen sollte<br />
die Frage eines HIV-Testes regelmäßiger als bisher üblich angesprochen werden.<br />
– Niedrigschwellige STI-Test- und Beratungsangebote sollten ausgebaut werden und<br />
ihr Angebot sollte sich vor allem an besonders betroffene Gruppen richten, für die<br />
Zugangsbarrieren zum regulären Versorgungssystem bestehen (…)<br />
28
4. Diskriminierung und soziale Ausgrenzung von HIV-Infizierten wirken sich<br />
demotivierend auf die HIV Testbereitschaft von gefährdeten Personen und<br />
Personengruppen aus.<br />
Zwar ist beim Abbau von Diskriminierung HIV-Infizierter in Deutschland schon viel<br />
erreicht worden, weitere Anstrengungen sind aber notwendig. Sowohl innerhalb<br />
betroffener Bevölkerungsgruppen als auch im medizinischen Versorgungssystem,<br />
beim Kontakt mit Behörden, am Arbeitsplatz und im sozialen Umfeld erfahren auch<br />
heute noch in Deutschland viele HIV-Infizierte bei der Offenlegung ihrer Infektion<br />
Diskriminierung und Ausgrenzung.“<br />
(Dr. U. Marcus u. Dr. O. Hamuda, Späte HIV-Diagnose und später Behandlungsbeginn in<br />
Deutschland, in HIV&more, 4/<strong>2009</strong>, S.62)<br />
Letzteres hat uns im Berichtsjahr insbesondere der mediale Hype um den „Fall Nadja<br />
B.“ wieder einmal sehr deutlich vor Augen geführt (s. 1.).<br />
Der `präventive Spagat´ zwischen Entdiskriminierungsarbeit im Umgang mit HIVpositiven<br />
und an AIDS erkrankten Menschen und der Mahnung vor einer keineswegs<br />
„normalen chronischen Erkrankung“, die noch dazu letztlich immer noch tödlich ist,<br />
bleibt eine große Herausforderung für die Präventions- und Öffentlichkeitsarbeit.<br />
Und angesichts der skizzierten vielfältigen Veränderungen sind wir stetig gefordert,<br />
unsere Arbeitsweisen zu überdenken und hier und da zu reformieren.<br />
Bei allem notwendigen Hinterfragen von bestehenden Strukturen, Analysen und<br />
Evaluationen von Arbeitsansätzen sowie sinnvollem Bemühen um –epidemiologisch<br />
abgesicherte- neue Präventionsansätze und –strategien wäre es aber meines<br />
Erachtens fatal, an dem Grundkonzept der strukturellen Prävention und dem Ansatz<br />
der niedrigschwelligen, akzeptanzorientierten Arbeitsausrichtung zu rütteln. Die<br />
Erfolge von nunmehr über 20 Jahren sprechen für sich. Die Verweise auf Länder mit<br />
repressiveren Ansätzen und Zeigefingerpädagogik hinken, denn Deutschland hat im<br />
Europa des Jahres <strong>2009</strong> die niedrigste HIV-Prävalenz! Das hier entwickelte<br />
Präventionsmodell ist weiterhin wegweisend und zukunftsträchtig für die<br />
Beschäftigung mit dem Themenfeld der sexuellen Gesundheitsförderung generell. Es<br />
bleibt dabei: Nur wer sich schätzt, schützt sich und andere.<br />
„HIV-Prävention kann nur in einer Gesellschaft erfolgreich sein, in der Menschen mit<br />
HIV und ihre Partner mit ihren besonderen Bedürfnissen und Ängsten akzeptiert und<br />
unterstützt werden“ (Stellungnahme der Deutschen AIDS-Gesellschaft, DAIG, zur Frage der<br />
Infektiosität von Patienten unter HIV-Therapie vom 23.04.<strong>2009</strong>).<br />
Der Ansatz, allein auf individuelle Verhaltensänderung zu setzen, reicht nicht aus.<br />
Auch die Verhältnisse, in denen Menschen leben, müssen lebenswert und so<br />
gestaltet sein, dass Menschen sich darin angenommen fühlen können. Hier sind alle<br />
gesellschaftlichen Gruppen weiter gefordert.<br />
„Gemeinsam gegen AIDS + Du! Zeig Schleife“. Das deutsche Welt-AIDS-Tags-Motto<br />
des Jahres <strong>2009</strong> setzte insofern konsequent das Thema „Solidarität“ wieder in den<br />
Mittelpunkt.<br />
Wir haben eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung auch und gerade gegenüber<br />
den Schwächeren in unserer Leistungsgesellschaft. Nicht nur im HIV-<br />
29
Infektionsgeschehen sind Menschen überproportional vertreten, die ökonomisch,<br />
bildungsmäßig und sozial benachteiligt sind. Somit bleibt AIDS-Präventionsarbeit zu<br />
einem großen Teil weiterhin Arbeit in gesellschaftlichen Konfliktbereichen. Es geht<br />
weiter um Aspekte von sozialer Diskriminierung von Homo- und Bisexuellen, um die<br />
Kriminalisierung von Drogengebraucher/innen, um die Ausgrenzung von Menschen<br />
mit Migrationshintergrund, um Marginalisierungstendenzen von Prostituierten und<br />
Menschen in Haft und um die Defizite in der Um- und Durchsetzung von (sexuellen -)<br />
Selbstbestimmungsrechten von Frauen in besonderen Lebenslagen.<br />
Die Öffentlichkeitsarbeit der AIDS-Hilfen gewinnt vor diesen Hintergründen weiter an<br />
Bedeutung. Die differenzierte und seriöse Außendarstellung des Themenfeldes „HIV<br />
und AIDS“ wird allerdings immer vielschichtiger und komplexer.<br />
Von besonderer Bedeutung ist dabei die konsequente Einbeziehung und<br />
Thematisierung anderer sexuell übertragbarer Infektionen (STI`s, wie Syphilis,<br />
Chlamydien u.a.), da diese eine zunehmende Relevanz für die HIV-Inzidenzen<br />
besitzen.<br />
Während wir nach 25 Jahren AIDS-Prävention sicherlich behaupten können, dass<br />
das Aufklärungsniveau bezüglich HIV/AIDS in der deutschen Bevölkerung<br />
vergleichsweise gut ist, gilt dies hinsichtlich der STI`s in keinster Weise. Hier muss<br />
ein Schwerpunkt in der künftigen Präventionsarbeit gesetzt werden.<br />
Dem Rechnung tragend haben wir unsere HIV-Präventionsansätze schon seit<br />
geraumer Zeit um diesen Kontext erweitert, uns entsprechend qualifiziert und im<br />
Berichtsjahr einen konsequenten Schritt umgesetzt. Um dieses Know-how und die<br />
damit verbundenen Angebotsmöglichkeiten auch unseren Nachfragern und Kunden<br />
transparent zu machen, haben wir unserem Vereinsnamen den Zusatz „Fachstelle<br />
für sexuelle Gesundheitsförderung“ beigefügt.<br />
Erfreulicherweise sind Anfragen nach den Angeboten unserer AIDS-Hilfe in allen<br />
Arbeitsbereichen stabil hoch. Das spezifische Know-how, die<br />
Vermittlungskompetenzen unserer ehren- und hauptamtlichen Mitarbeiter/innen und<br />
die Flexibilität eines kleinen, freien Trägers in der Wohlfahrtspflege werden<br />
offensichtlich sehr geschätzt. Das zeigen uns die vielen positiven Rückmeldungen,<br />
die aus sehr unterschiedlichen Gruppierungen kommen.<br />
Und wir erreichen und bewegen die Menschen –vielleicht- langsam, aber stetig – im<br />
Berichtsjahr sogar bis zur Bundesebene, nicht nur durch unsere Beteiligung an der<br />
bundesweiten anonymen Telefonberatung der Deutschen AIDS-Hilfe (s. 2.). So<br />
konnten wir im August des Berichtsjahres in einem intensiven Dialog einen Moerser<br />
SPD-Bundestagsabgeordneten zu einer Art „Gauweiler-oder Paulus-Erlebnis“<br />
verhelfen. In Folge der Berichterstattung über den Fall Nadja B. (s.o.) hatte dieser<br />
sich über ein „meinungsbildendes“ Medium sehr despektierlich und in einer Weise<br />
geäußert, die unserem emanzipatorischen Präventionsansatz diametral<br />
entgegenstand. Inzwischen haben wir ein neues Fördermitglied. Kompliment, Herr E.<br />
– für einen glaubhaft bekundeten Sinneswandel und willkommen im Club der<br />
Mitstreiter „Gemeinsam gegen AIDS“ und für von HIV betroffene Menschen!<br />
Es ist von großer Bedeutung, dass die Arbeit und die Haltungen der AIDS-Hilfe(n) als<br />
sinnvoll wahrgenommen und der Diskurs zu Ansätzen, Konzepten und deren<br />
30
Förderung angenommen werden. Dies ist nicht zuletzt auch für die Arbeit und die<br />
Motivation unserer ehrenamtlichen Mitarbeiter/innen sehr wichtig.<br />
Mit leichtem Stolz blicken wir auf die Umsetzung zweier Pilotprojekte (BuT-Rastplatz-<br />
Sommer-Aktion, s. 5.1 und Primärprävention im Justizvollzug, s. 5.3) mit unseren<br />
begrenzten Ressourcen im Berichtsjahr zurück, mit denen wir als erste AIDS-Hilfe im<br />
Bundesgebiet nicht nur enormes Interesse und Wertschätzung aus der Fachwelt,<br />
sondern auch mediales Interesse erfahren haben.<br />
Grundlagen für den Erhalt und die Anpassung unserer Arbeitsqualitäten sind die<br />
Qualitätsstandards für die Präventions- und Öffentlichkeitsarbeit, die Teil unseres<br />
Leitbildes (s. www.aidshilfe-duisburg-kreis-wesel.de ) sind.<br />
4.1. AG Öffentlichkeitsarbeit<br />
Die mit dem skizzierten Themenspektrum und der entsprechenden Informations- und<br />
Aufklärungsarbeit befasste Arbeitsgruppe trifft sich seit <strong>2009</strong> jeden dritten<br />
Donnerstag im Monat um 18.30 Uhr in der AIDS-Hilfe, um Veranstaltungen,<br />
Informationsstände u.a. Aktionen zu konzipieren und zu organisieren. Die Gruppe ist<br />
mit stabil acht Mitgliedern besetzt. Um diesen Kern von Mitarbeiter/innen herum<br />
finden sich immer wieder neue Interessent/innen über mehr oder minder lange<br />
Zeiträume. Der Zugang zur Gruppe setzt nicht das Durchlaufen der Grundausbildung<br />
für Ehrenamtler/innen voraus, wie dies für die Bereiche der Beratung und Begleitung<br />
zwingend ist. Es kann also jede/r Interessierte unverbindlich hereinschnuppern.<br />
Ohne das intensive Engagement der ehrenamtlichen Mitarbeiter/innen wäre die<br />
Menge an Veranstaltungen und Aktionen, die wir auch im Berichtsjahr wieder<br />
durchführen konnten, nicht denkbar. Allen beteiligten Ehrenamtler/innen gilt dafür<br />
unser herzlichster Dank!<br />
Weiterhin suchen wir gerade für das Feld der Präventions- und Öffentlichkeitsarbeit<br />
ehrenamtliche Mitarbeiter/innen. Wer hier aktiv werden möchte oder Interessenten<br />
kennt … nur zu!<br />
31
Zum Bereich der medialen Außendarstellung gehört die Internet-Homepage der<br />
AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V. ( www.aidshilfe-duisburg-kreis-wesel.de ). Ein<br />
Medium, das immer mehr an Bedeutung gewinnt und auf die Schnelle nicht nur<br />
Informationen zum Verein und seinen Angeboten bietet, sondern auch zu<br />
Beratungszwecken gerne genutzt wird. Dazu hat sich die Einrichtung einer extra<br />
Beratungsseite mit sog. FAQ`s (frequently asked questions = Häufig gestellte<br />
Fragen) bewährt. Dieses Angebot wird gerade von jüngeren Leuten aufgrund der<br />
besonderen Anonymität und der Attraktivität des Mediums für diese `Besucher´<br />
genutzt. Diese Seiten werden regelmäßig evaluiert und bei Bedarf werden die FAQ`s<br />
variiert (Vgl. 2.).<br />
Die wichtigsten Neuerungen und Daten, die für eine Neuauflage unserer<br />
Hausbroschüre zu berücksichtigen sind, liegen inzwischen zwar vor, eine inhaltlich,<br />
redaktionelle Bearbeitung ist im Berichtsjahr gestartet, die Umsetzung in eine<br />
druckfähige Variante konnte allerdings noch nicht umgesetzt werden.<br />
Als weiterer wichtige Werbeträger dient der AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V.<br />
der Schaukasten im Bus- und S-Bahntunnel am Duisburger Hauptbahnhof, der im<br />
Berichtsjahr wieder mehrmals thematisch neu gestaltet und fortlaufend aktualisiert<br />
wurde. Unserem Gründungs- und inzwischen Ehrenmitglied Wulf Th., der diesen<br />
Werbe-, Beratungs- und Ankündigungsträger seit über 20 Jahren pflegt und<br />
regelmäßig aktualisiert, gilt ein besonderer Dank.<br />
Schaukasten Duisburg<br />
4.2. Veranstaltungen<br />
Die AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V. ist immer bemüht, ihr Angebot einer<br />
breiten Öffentlichkeit transparent zu machen und nutzt dazu verschiedene Orte und<br />
Anlässe. Wie könnte man auf Enttabuisierung, Entdiskriminierung und Emanzipation<br />
ausgelegte Präventionsarbeit leisten, ohne die sog. Allgemeinbevölkerung über den<br />
Sinn und Zweck zielgruppenspezifischer Arbeit zu informieren?<br />
Neben dem sehr breiten Spektrum an inhaltlichen Ausrichtungen (HIV und AIDS,<br />
Hepatitiden und andere sexuell übertragbare Krankheiten, Homosexualität,<br />
Drogengebrauch, Frauen/Mädchen und AIDS, Migration und AIDS u.a.m.) ist es<br />
32
alljährlich aufs Neue schwierig, halbwegs flächendeckend in unserer großen Region<br />
Präsenz zu zeigen.<br />
Der Jahresauftakt ist traditionell geprägt durch eine Fülle an<br />
Präventionsveranstaltungen im Bereich „Youthwork“ (s. 5.6.) sowie durch intensive<br />
Berichts- und Dokumentationsarbeit zum Vorjahr. Darüber hinaus hat uns (Team und<br />
Vorstand) die Umsetzung der Ergebnisse aus dem<br />
Organisationsentwicklungsprozess im Rahmen von außerordentlicher und<br />
ordentlicher Mitgliederversammlung und den dazugehörigen Korrespondenzen mit<br />
Amtsgericht und Notar zu den erforderlichen Satzungsänderungen im ersten<br />
Halbjahr sehr beschäftigt. Parallel aber liefen natürlich auch die Planungen zur<br />
Öffentlichkeitsarbeit an.<br />
In bewährter Kooperation mit der AIDS-Hilfe Oberhausen gab es die fachliche<br />
Einstimmung im Mai mit einem Fachgespräch zur HIV-Therapie. Mit dem Titel „Älter<br />
Werden mit HIV“ haben wir ein wichtiges Schwerpunktthema, welches uns<br />
erfreulicherweise noch lange begleiten wird, behandelt. Der Münsteraner HIV-<br />
Behandler, Dr. Peter Hartmann, hat uns in hervorragender Weise hier eingestimmt.<br />
Das Stadtteilfest in Duisburg-Hochfeld am 06.06. litt in diesem Jahr etwas unter<br />
ungünstigen Witterungsbedingungen. Doppelt gefordert waren wir am 20.06., dem<br />
bundesweiten Aktionstag zur sog. „Nacht der Solidarität“. Tagsüber gestalteten wir<br />
im Verbund mit den Kooperationspartnern des Duisburger Aktionsbündnisses gegen<br />
AIDS einen interaktiven Stand mit dem AIDS-Parcour der Kindernothilfe im Rahmen<br />
des Duisburger Umweltmarktes und sammelten Unterschriften für die bundesweite<br />
Kampagne „Leben vor Pharmaprofit“, die sich gegen die Patentanmeldungen dreier<br />
Hersteller von antiretroviralen Medikamenten in Indien richtete, um die gerade für<br />
Entwicklungsländer so ungemein wichtige Produktion von Generika-Medikamenten<br />
nicht zu gefährden.<br />
Christa L. im Einsatz für das Aktionsbündnis gegen AIDS<br />
33
Am Abend durften wir einen äußerst bunten Abend im Abtei-Keller in Duisburg-<br />
Hamborn erleben. Unter dem Motto „Künstler in NRW und DU – gemeinsam gegen<br />
AIDS“ fand eine Benefiz-Gala statt, bei der Künstler verschiedenster Sparten<br />
(allesamt gagenfrei!) ein tolles Programm auf die Bühne brachten. In diesem<br />
Rahmen konnte noch einmal auf die Kampagne und den Hintergrund des<br />
„Aktionsbündnisses gegen AIDS“ eingegangen werden. Diese tolle Veranstaltung<br />
wurde weitestgehend selbständig von unseren Super-Praktikantinnen Sandra<br />
Kohlhase und Yvonne Leuverink geplant und organisiert. Ein Engagement, das weit<br />
über ein „normales“ Praktikum hinausging. Den beiden und natürlich allen Künstlern<br />
gilt unser herzlichster Dank.<br />
34
Sandra, Thomas und Yvonne …<br />
… mit himmlischem Beistand<br />
Der Zielgruppe „Jugendliche“ widmeten wir uns in diesem Sommer im Rahmen der<br />
Jugend-DIN-Tage am 29.08. in Dinslaken, bei dem in diesem Jahr leider<br />
ungewöhnlich wenige Jugendliche die Angebote der Beratungseinrichtungen nutzten.<br />
Wir führen dies auf eine sehr deutliche Polizeipräsenz zurück, die vor allem<br />
Alkoholkontrollen durchführen sollten. Dies hat zu einer Verlagerung des<br />
Zielpublikums geführt, die ja eigentlich niedrigschwellig –auch zum Thema Alkoholund<br />
Suchtmittelkonsum informiert und beraten werden sollte. Hier würden wir uns ein<br />
abgestimmteres Konzept wünschen.<br />
Auch in diesem Jahr konnten wir erneut das Angebot der „Medizinischen Rundreise“<br />
der DAH nach Duisburg holen. Am 28. und 29.08. stiegen wir als Pilotgruppe in das<br />
neu geschaffene Seminarangebot zur „Sexuellen Gesundheit schwuler Männer“ ein.<br />
Dank der wieder einmal hervorragenden Leitung durch Bernd Vielhaber erlebten<br />
auch die vertretenen heterosexuellen Männer eine sehr interessante Fortbildung, die<br />
nicht zuletzt auch wieder einmal unseren „Kurs“ der sexuellen Gesundheitsförderung,<br />
die über „reine“ Präventionsarbeit hinausgeht, sehr bestätigte.<br />
Natürlich beteiligte sich die ÖA-Gruppe auch in diesem Jahr wieder sehr aktiv am<br />
Geschehen rund um den Duisburger CSD (s.u.) am 25.07.09.<br />
Bei herrlichem Wetter und in wunderschöner Atmosphäre des Heubergparks in<br />
Wesel fand das Jugendfestival in Wesel am 12. September statt. Den Jugendlichen<br />
wurde ein ausgesprochen vielfältiges und attraktives Beratungs- und<br />
Interaktionsangebot durch verschiedenste Akteure der Jugendarbeit geboten. Wir<br />
konnten hier insgesamt ein recht gutes Aufklärungsniveau bei den Weseler<br />
Jugendlichen feststellen und waren angenehm überrascht, doch eine ganze Reihe<br />
von Jugendlichen zu treffen, die bereits durch unsere Youthwork-Angebote in<br />
Schulen gelaufen sind und dabei offenbar einen nachhaltigen Kenntnisstand<br />
erworben haben.<br />
35
Internationaleres Publikum sollte das „Fest der Kulturen“ am 02. Oktober auf der<br />
Königstrasse erreichen, dem traditionellen Abschluss der „Interkulturellen Wochen“ in<br />
Duisburg. Doch leider hielt sich die Resonanz –nicht nur an unserem Stand- in<br />
Grenzen. Wir sind dennoch überzeugte „Wiederholungstäter“ bei der Beteiligung an<br />
Veranstaltungen, die das bunte Miteinander von Menschen mit oder ohne<br />
Migrationshintergrund in unserer Gesellschaft thematisieren, was natürlich auch für<br />
die Sexualität gilt. Und die Risiken und Nebenwirkungen dessen sind ohnehin<br />
international.<br />
Infogespräche am Glücksrad<br />
4.3. Benefiz-Veranstaltungen<br />
Nicht nur in finanzieller Hinsicht sind Benefiz-Aktionen für uns sehr wichtig, bieten<br />
Aktionen mit Künstlern oder anderen Prominenten doch meist die Möglichkeit, unser<br />
Thema auch außerhalb der Welt-AIDS-Tags-Zeit öffentlichkeitswirksam zu platzieren.<br />
Das Berichtsjahr <strong>2009</strong> geht diesbezüglich als ein besonders gutes Jahr in die<br />
Annalen der AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel ein. Viele zivilgesellschaftliche<br />
Gruppen und Einzelpersonen haben sehr Gutes getan und wir wollen darüber reden<br />
und schreiben.<br />
Ein riesengroßes Dankeschön gilt einmal mehr dem Duisburger Gastronomen,<br />
Thomas Seven, der im Berichtsjahr mit seinem traditionellen Grünkohlessen im<br />
November wieder viele Gäste zu Spenden animieren und darüber über 4.000,- € für<br />
die Aufrechterhaltung unserer Angebotspalette bereitstellen konnte.<br />
Gleich verschiedene Jubiläen lieferten den Anlass für die nunmehr fünfte Benefiz-<br />
Gala der Duisburger „First Lady of Travestie“ Jennifer Dean alias Henning Ladewig,<br />
der mit einigen Künstlerfreundinnen und –freunden, die allesamt gagenfrei auftraten,<br />
am 03. Oktober wieder einmal ein begeisterndes Showevent zugunsten der AIDS-<br />
Hilfe veranstaltete und darüber hinaus noch über 2.000,- Euro Spenden akquirierte.<br />
Zu diesem Anlass steuerte in diesem Jahr auch die Sparda-Bank West einen<br />
Förderbetrag von 5.000,- Euro bei. Ganz herzlichen Dank! Dieser Einsatz verpflichtet<br />
uns.<br />
36
Treue Unterstützung erfahren wir seit nunmehr vier Jahren durch einen Teil der Citi-<br />
Pride-Group der Duisburger citibank, federführend durch Herrn Guido Kuhl, die zum<br />
Welt-AIDS-Tag wieder über 400 Solibären verkauft haben.<br />
Bärenstarke Werbung<br />
Das gute Beispiel für social networking hat offenbar Schule gemacht, denn im<br />
Berichtsjahr gab es schon zum zweiten Mal auch eine Unterstützungsaktion der<br />
Deutschen Bank, die zum Welt-AIDS-Tag nicht nur zwei höchst engagierte und<br />
37
aktive Mitarbeiterinnen abstellte, sondern diesen Einsatz auch noch mit 500,- €<br />
belohnte.<br />
Höchst erwähnenswert ist auch das wiederholte Engagement der Belegschaft von<br />
IKEA Duisburg, die zum WAT nicht nur die Personalräume mit Kampagnenmaterial<br />
ausstattete, um intern zu informieren, sondern darüber hinaus auch noch in ihren<br />
Reihen für die AIDS-Hilfe Spenden sammelte sowie für unseren großen Aktionstag<br />
zum WAT im Duisburger FORUM (s.u.) zwei Schlafsofas zur Installation eines<br />
„Liebesortes“ stiftete.<br />
Sehr erwähnenswert ist weiterhin die treue Unterstützung der ehemaligen<br />
Betriebsrätin von KARSTADT-Walsum, Frau Graschtat, die mittlerweile in<br />
Privatinitiative Kund/innen in der Adventszeit dazu einladen, Präsente für Menschen<br />
mit HIV und AIDS zu erwerben und zu hinterlegen. Im Namen der –wirklich<br />
bedürftigen- Empfänger/innen sagen wir dazu ganz herzlichen Dank!<br />
Unermüdliche Kämpfer im Kampf gegen AIDS sind schon lange Dr. Günther Bittel,<br />
seine Frau Ingrid und ihr Mitstreiter-Team in Duisburg-Rheinhausen, die unter<br />
anderem zum fünften Mal das Benefiz-Konzert „Treatment for all“ im Haus der<br />
Jugend durchführten und nicht nur inhaltlich wachrüttelten, sondern darüber hinaus<br />
auch einen Teil des Erlöses für unsere Arbeit vorsehen.<br />
Darüber hinaus erfreut es uns sehr, an dieser Stelle Jahr für Jahr über sehr stabile<br />
Unterstützungsaktivitäten berichten zu können. Da sind zum einen die<br />
Spendensammlungen und thematischen Veranstaltungen vieler Kirchengemeinden<br />
zu nennen, die zudem in der Regel auf unsere Anfrage hin für unsere alljährliche<br />
Weihnachtsfeier für Menschen mit HIV und AIDS eingehen – vielen herzlichen Dank<br />
dafür – und zum anderen die Spendenausschüttung einer Reihe von Sparkassen.<br />
Ganz besonders bedanken wir uns hier bei der Sparkasse Duisburg für ihre Treue<br />
hinsichtlich der Teilfinanzierung unserer aufsuchenden Arbeitsangebote.<br />
Ein besonderes Anliegen ist es uns, den zahlreichen Schülerinnen und Schülern und<br />
engagierten Lehrkräften zu danken, die uns mit hoher Motivation, Überzeugung und<br />
zum Teil sehr kreativen Aktionsideen nicht nur bei der Spendensammlung, sondern<br />
auch bei der Thematisierung von HIV und AIDS in zweifellos wichtigsten Zielgruppen<br />
38
fantastisch unterstützen. Stellvertretend möchten wir hier die Projektgruppen am<br />
Gymnasium Adolfinum in Moers, dem Sophie-Scholl-Berufskolleg in Duisburg-<br />
Marxloh, die Projektgruppe am Gymnasium Moers-Rheinkamp und die Gustav-<br />
Heinemann-Realschule Duisburg-Mitte erwähnen.<br />
DANKE für einen bärenstarken Einsatz für die AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V.<br />
Der „Soli-Bär“ <strong>2009</strong><br />
4.4. Veranstaltungen zum <strong>2009</strong><br />
„Stop AIDS. Keep the Promise!“ Das war und ist das internationale Motto der Welt-<br />
AIDS-Kampagnen seit 2005. Es erinnerte daran, dass im Juni 2001 Politiker aus aller<br />
Welt auf einer Sondersitzung der Vereinten Nationen zu HIV und AIDS das<br />
Versprechen gaben, sich national und international stärker im Kampf gegen die<br />
weltweite HIV- und AIDS-Epidemie zu engagieren.<br />
Das deutsche Motto ergänzt seither: „Gemeinsam gegen AIDS. Wir übernehmen<br />
Verantwortung für uns selbst und andere.“ (s.o.). Nicht nur die Politik, sondern jede/r<br />
Einzelne trägt Verantwortung für sich selbst und andere. Wir alle können etwas tun,<br />
aber nur gemeinsam können wir etwas erreichen.<br />
Im Berichtsjahr lag der besondere Schwerpunkt mit dem Zusatzmotto „Ganz<br />
Deutschland zeigt Schleife“ auf der Solidarität mit den Betroffenen: Damit Menschen<br />
mit HIV und AIDS nicht ausgegrenzt werden, sondern offen und selbstbewusst mit<br />
ihrer Infektion leben können.<br />
39
Angesichts dieser Ausrichtung und Forderungen fiel es uns auch in diesem Jahr<br />
nicht schwer, das deutsche Motto für unsere WAT-Veranstaltungen voranzustellen.<br />
Mit zehn eigenen Veranstaltungen und weiteren mit und von Kooperationspartnern<br />
durchgeführten Aktionen konnte auch im Berichtsjahr wieder ein umfangreiches<br />
Angebot vorgehalten (s. Flyer und Pressespiegel im Anhang) und viele Menschen<br />
darüber erreicht werden.<br />
Am 20. November ging es los mit der WAT-Warm-up-Party, der schwul-lesbischen<br />
Tanzparty im Kulturzentrum „HundertMeister“ am Duisburger Dellplatz, bei der neben<br />
spezifischen Informationsangeboten auch die „mister and misses Warm-up-Wahl“<br />
von unserem Herzenslust-Team durchgeführt wurde (s. a. 5.1) und die<br />
Aufmerksamkeit von ca. 400 Partybesuchern auf sich zog.<br />
Am 24.11. führten uns unsere beiden Duisburger HIV-Schwerpunktbehandler, Dr.<br />
Kwirant und Dr. Becker-Boost, im Rahmen eines interaktiven Fachgespräches zur<br />
HIV-Therapie im Atelier der „Alten Feuerwache“ die Chancen wie auch die Risiken<br />
und Nebenwirkungen einer antiretroviralen Therapie vor Augen. Unter dem Titel „Ein<br />
Leben lang!? – HIV-Therapie Heute für Morgen“ erlebten wir erkenntnisreiche und<br />
gut abgestimmte Vorträge und im Anschluss ausführliche Antworten auf individuelle<br />
Fragen.<br />
Dr. Becker-Boost, Dr. Kwirant, das Moderatorengespann Natalie Rudi (AH Oberhausen) und Dietmar Heyde und Auditorium<br />
Sehr erfreulich gestalteten sich wieder einmal die Kooperationen mit einzelnen<br />
Kirchengemeinden. So erneut die Gedenkveranstaltung im Anschluss an unseren<br />
Candle-Light-Walk am Mittwoch, dem 25. November in der Liebfrauen-Kirche in<br />
Duisburg-Mitte, die von den Teilnehmenden besonders gewürdigt wurde. Ein<br />
besonderes „Danke schön!“ gilt unserem langjährigen Begleiter, Unterstützer und<br />
Lenker der Gedenkveranstaltung, Herrn Sven Köpnick.<br />
40
Impressionen vom Candle-Light-Walk<br />
Das letzte Wochenende vor dem 01.12.<strong>2009</strong> widmeten wir konzentriert Aktionen im<br />
Kreis Wesel. Am 28.11.09 zeigte Moers trotz widriger Witterung Schleife. Auf dem<br />
Altmarkt boten sich den Passanten Bilder vieler Menschen, die nicht nur das Grau in<br />
Grau mit roten Schleifenfarbtupfern auflockerten, sondern eben damit auch ein<br />
deutliches Zeichen der Solidarität mit Menschen mit HIV und AIDS –nicht nur durch<br />
ihre Spenden- setzten.<br />
Unerwartet erfreulich, weil mit ausgesprochen guter Resonanz, verlief die Rote-<br />
Schleifen-Aktion am Sonntag, dem 29.11.10 auf dem Adventsmarkt in Wesel. Auch<br />
hier konnten wir mit vielen Bürgerinnen und Bürgern ins Gespräch kommen und<br />
erfuhren viel Zuspruch in Form von Spenden, aber eben auch mit solidarischen und<br />
motivierenden Worten.<br />
Gerne würden wir in unserem Zuständigkeitsgebiet wandern, um insbesondere auch<br />
in den einzelnen Gemeinden des Kreises Wesel zum WAT Präsenz zu zeigen, aber<br />
hier bieten sich im Umfeld des 01. Dezember leider kein Weihnachtsmarkt oder<br />
andere publikumswirksame Veranstaltungen mehr an. Der Weihnachtsmarkt in<br />
Voerde ist räumlich und terminlich „weggezogen“ und in Xanten etwa werden erst gar<br />
keine „Bettel-Stände“ zugelassen.<br />
Der im letzten <strong>Jahresbericht</strong> geäußerte Wunsch, am 01. Dezember in Duisburg in die<br />
gute neue Einkaufsstube, der Einkaufsmall FORUM Duisburg zu kommen, ging in<br />
höchst erfreulicher Form in Erfüllung. Wir traten in eine neue Ära ein – mit einem<br />
großen Aktionstag konnten wir einen lang gehegten Wunsch umsetzen, nämlich<br />
einerseits möglichst viele Menschen an diesem Tag erreichen zu können und<br />
andererseits durch ein breiter gefächertes Angebot auch interaktive<br />
Auseinandersetzungen mit dem Thema für verschiedene Bevölkerungs- und<br />
Altersgruppen vorhalten zu können.<br />
Dabei zeigte sich das Centermanagement nicht nur äußerst kooperativ, sondern<br />
auch kreativ, was ideelle und materielle Unterstützung dieses Aktionstages betraf.<br />
Zudem konnten sich Teile des Duisburger Aktionsbündnisses mit einbringen, so<br />
insbesondere auch die Kindernothilfe, die die globale Seite der AIDS-Problematik mit<br />
41
ihrem Mitmach-Parcour, einer Ausstellung und einem exemplarischen Film zum<br />
„Leben mit HIV in Uganda“ aufgriff.<br />
Ausstellung und Parcour der Kindernothilfe beim WAT-Aktionstag im FORUM Duisburg<br />
Besonders bei Jugendlichen beliebt war ein Foto-Shooting, bei dem sich die<br />
Teilnehmenden als „Botschafter gegen AIDS“ neben Philipp Lahm ablichten und<br />
persönliche Statements abgeben konnten.<br />
Eine ganze Reihe von Filialen aus dem FORUM beteiligte sich an einer<br />
Orientierungsrallye für interessierte Gruppen oder Einzelpersonen mit speziellen<br />
Fragen zum Thema und stifteten sogar kleine Präsente für die Aktiven.<br />
Zentrale Anlaufstelle und Ausgangspunkt für die traditionelle Red-Ribbon-Aktion war<br />
unser Infostand im Erdgeschoss, an dem uns auch die diesjährigen Solidaritäts-<br />
Bären fast aus den Händen gerissen wurden.<br />
42
Ein ganz herzlicher Dank geht wieder einmal an die Show-Tanz-Gruppe der „Cherrygirls“,<br />
die mit ihrem Auftritt für besonders hohes Publikumsaufkommen sorgte,<br />
welches genutzt wurde, um anschließend die von IKEA gestifteten Schlafsofas zu<br />
versteigern sowie den Aktionstag durch eine interessant besetzte Podiumsdiskussion<br />
abzurunden.<br />
Impressionen vom Auftritt der „Cherry-girls“ unter der Leitung von Peter Kirsch<br />
Dr. Becker-Boost im Gespräch mit dem Moderator, Jörg Conradi vom Studio47<br />
Dahinter v. li. n. re.: Frank Mischo (Kindernothilfe & Aktionsbündnis), Rolf Ringeler (Vorstandsvorsitzender der AIDS-Hilfe),<br />
Holger Ellerbrock (FDP-MdL) und Lutz Müller (Centermanager FORUM Duisburg)<br />
Welt-AIDS-Tag <strong>2009</strong> im FORUM Duisburg – eine tolle Geschichte, die nach Aussage<br />
aller Beteiligten etabliert werden soll.<br />
43
HIV und AIDS sind schon sehr lange globalisiert und die Pandemie ist weltweit sehr<br />
unterschiedlich verteilt. Während wir hier erfreulicherweise auf eine letztlich sehr<br />
kleine Infektionsdimension schauen, sieht es in den sog. Entwicklungsländern immer<br />
noch ganz anders aus. 90 Prozent der HIV-positiven Menschen leben und sterben<br />
hier. Ganz besonders betroffen ist nach wie vor Subsahara-Afrika.<br />
Es ist gute Tradition, dass wir mindestens im Rahmen des Welt-AIDS-Tages den<br />
Blick über den nationalen Tellerrand heben und unser Augenmerk dorthin lenken.<br />
Ganz besonders eindrucksvoll ist dies im Berichtsjahr wieder beim „Abendgebet zum<br />
Welt-AIDS-Tag“ am 03. Dezember gelungen.<br />
Diese Solidaritätsveranstaltung der Veranstaltergemeinschaft des Duisburger<br />
Aktionsbündnisses gegen AIDS (i.e.: Kindernothilfe, Ev. Kirchenkreis Duisburg,<br />
Infostelle dritte Welt, Ev. Studentengemeinde Duisburg, die ev. Kirchengemeinde Alt-<br />
Duissern, die AIDS- und STD-Beratungsstelle des Gesundheitsamtes und die AIDS-<br />
Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V.) fand wieder in der Luther-Kirche in Duisburg-<br />
Duissern statt. Etwa vierzig Besucher/innen waren –wie wir alljährlich- sehr angetan<br />
vom Veranstaltungskonzept, den z.T. authentischen Lebensbildern von Menschen<br />
mit HIV und AIDS, den symbolischen Aktionen sowie von den musikalischen<br />
Darbietungen. In diesem Jahr unterstützten uns musikalisch die Trommelgruppe<br />
„Shakti Taiko“ aus Duisburg, Dr. Becker-Boost an der Querflöte und die Organistin<br />
der Kirchengemeinde, Frau Anne Nauen mit mitreißenden Darbietungen. Für diese<br />
hervorragenden Gesten der Solidarität sagen wir ganz herzlichen Dank. Das<br />
Duisburger Aktionsbündnis gegen AIDS ist weiterhin offen für weitere<br />
Kooperationspartner. Interessierte Personen und/oder Einrichtungen sind immer<br />
willkommen.<br />
Am 05.12. „traf“ unser neues Partydrogen-Projekt „@drugthive“ die Partypeople der<br />
Ultraschall-Party im ehemaligen Europa-Kino in Duisburg-Mitte und lud diese zu<br />
Präventionsgesprächen ein und zu guter Letzt bot der Herzenslust-Koordinator am<br />
09.12. zum Film „Jung. Schwul. Positiv – über das Leben mit HIV“ und einer<br />
anschließenden Diskussionsrunde ein, die allerdings schlecht besucht war.<br />
Allen, die uns zum Welt-AIDS-Tag <strong>2009</strong> durch viel Engagement und Kreativität<br />
unterstützt haben, gilt an dieser Stelle noch einmal unser ganz herzlicher Dank !!<br />
Und: … nach dem Welt-AIDS-Tag ist vor dem Welt-AIDS-Tag! Interessierte, die 2010<br />
dabei sein wollen, können sich jederzeit gerne bei uns melden<br />
4.5. Berichterstattung in den Medien<br />
44
Die Nachfragen von Seiten der Print-, Funk- und TV-medien, die unsere Arbeit zum<br />
Teil sehr aufmerksam begleiten, stimmt uns zuversichtlich und führt uns zu dem<br />
Eindruck, gute Arbeit zu leisten.<br />
Wir waren unsererseits mit der Erreichbarkeit und dem Echo bei Presse, Lokalfunk<br />
und –fernsehen über das Berichtsjahr verteilt insgesamt sehr zufrieden (s.<br />
Pressespiegel im Anhang). Besonders bemerkenswert ist für das Berichtsjahr<br />
sicherlich festzuhalten, dass der Bericht über unser „BuT-Projekt“ der Rastplatz-<br />
Sommeraktion es bis in die 19.00-Uhr-Nachrichten der „heute-Sendung“ des ZDF<br />
geschafft hat und auch das ARD-Nachtmagazin berichtete<br />
Das schon mehrmals zitierte Stadtfernsehen „Studio 47“ ist mittlerweile ein treues<br />
Begleiter- und Unterstützermedium, genau so wie die Lokalradios von Radio DU inkl.<br />
dem Bürgerfunk und Radio KW.<br />
Im Printmedienbereich gab es im Berichtszeitraum große Portraits über Menschen<br />
und Angebote der AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V. Anders als im Vorjahr<br />
allerdings leider wenig Interesse aus dem Kreis Wesel.<br />
Dem stabil hohen Niveau bei den Neuinfektionen im Berichtsjahr muss aus unserer<br />
Sicht aber auch wieder mit einer Kommunikationsoffensive begegnet werden, um die<br />
Präventionserfolge der vergangenen Jahre nicht weiter zu gefährden. Aufklärung,<br />
sachliche Information und Erinnerung müssen wahrnehmbar bleiben.<br />
4.6. Sonstige Aufgaben und Tätigkeiten<br />
Hier sind für den Stelleninhaber zu nennen :<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
Vertretung der AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V. in verschiedenen<br />
regionalen Gremien und Arbeitskreisen in Duisburg, dem Kreis Wesel und auf<br />
Landesebene<br />
Vorbereitung, Organisation, und Durchführung von Informationsständen,<br />
Seminar- und Vortragsangeboten,<br />
Organisatorische Begleitung und Pressearbeit für Benefiz- und<br />
Kooperationsveranstaltungen,<br />
Akquise von finanziellen Mitteln und personellen Ressourcen<br />
(Ehrenamtleranwerbung)<br />
Kontaktpflege zu Förderern und Kooperationspartnern,<br />
45
Telefonische und persönliche Beratung,<br />
Geschäftsführung,<br />
U.a.m.<br />
Abbildung :<br />
Präventionsveranstaltungen in der Allgemeinbevölkerung<br />
im Jahre <strong>2009</strong> – Veranstaltungen insgesamt<br />
5. Zielgruppenspezifische Prävention<br />
46
5.1 HIV/AIDS-Prävention bei Schwulen, Männern die Sex mit Männern<br />
haben sowie bisexuellen Männern<br />
Das Projekt „homosexuelle und bisexuelle Männer sowie MSM (Männer, die Sex mit<br />
Männern haben) im Kontext von HIV / STI´s“ der AIDS-Hilfe Duisburg/Kreis Wesel<br />
e.V. ist durch zielgruppenspezifische Mittel des Landes NRW gefördert worden.<br />
Durch diese Förderung konnte, neben der Ergänzungsfinanzierung durch die<br />
Kommunen, eine Vollzeitstelle vorgehalten werden, mit der die strukturelle<br />
Prävention im Arbeitsbereich „homosexuelle und bisexuelle Männer sowie MSM im<br />
Kontext HIV / STI´s“ auf der lokalen, regionalen und landesweiten Ebene sowie die<br />
Begleitung der lokalen Herzenslustgruppe umgesetzt wurde. Zusätzlich hat das<br />
Projekt auf der lokalen Ebene das Ziel, HIV-Positive Männer niedrigschwellig zu<br />
erreichen und ihnen die möglichen Angebote in der Region zu vermitteln bzw. die<br />
Begleitung durch die AIDS-Hilfe anzubieten (Streetwork).<br />
Auf der landesweiten Ebene erfolgte die Arbeit ausschließlich in Gremien, die sich<br />
überregional mit dem Thema „homosexuelle Männer sowie MSM im Kontext HIV /<br />
STI´s“ befassen.<br />
Auf der regionalen Ebene wurden in der Vernetzung mit anderen Institutionen<br />
Kampagnen und Präventionsaktionen erarbeitet und durchgeführt. Die in diesen<br />
Gremien vorhandenen Ressourcen konnten so gebündelt werden und es ergaben<br />
sich sinnvolle Synergieeffekte.<br />
Auf der lokalen Ebene wurden gemeinsam mit Kooperationspartnern und durch die<br />
Einbeziehung von ehrenamtlichen Mitarbeitern sowie HIV-positiven schwulen<br />
Männern die ausdifferenzierten Angebote/Präventionsaktionen erfolgreich<br />
umgesetzt. Durch diese Kooperationen konnten die begrenzten personellen<br />
Ressourcen optimal genutzt werden.<br />
5.1.1 Vorwort<br />
Die zielgruppenspezifische Präventionsarbeit der AIDS-Hilfe Duisburg/Kreis Wesel<br />
e.V. im Bereich MSM hatte im Berichtszeitraum mehrere Arbeitsschwerpunkte. So<br />
gelang es dem Arbeitsbereich weiterhin, die Kampagne für MSM „ich weiss was ich<br />
tu“ (IWWIT) der Deutschen AIDS-Hilfe e.V. in die landesweite Kampagne<br />
Herzenslust zu integrieren.<br />
Ein weiterer Arbeitsschwerpunkt war die Umsetzung des HIV-Schnelltestsangebotes<br />
im niedrigschwelligen Bereich, welcher unter dem Label „BuT“ (Beratung und Test) in<br />
Pilotstädten, unter anderem in der Region Duisburg / Kreis Wesel, angeboten wurde.<br />
Die Vorarbeit (Schulung der ehrenamtlichen Mitarbeiter, konzeptionelle Planung der<br />
Umsetzung lokal und in Arbeitskreisen landesweit, Absprache mit<br />
Kooperationspartnern) nahm einen Hauptteil der zeitlichen Ressourcen in Anspruch.<br />
Die ausdifferenzierte Arbeit im Bereich der Primärprävention bei MSM (z.B. GAY<br />
ROMEO health support, Vor-Ort Arbeit, Beratung und Test) fordert immer mehr eine<br />
detaillierte fachlich qualifizierte Schulung der Mitarbeiter. Diese neuen<br />
47
Anforderungen gehen mit einer hohen zeitlichen Kapazität an Schulungsanteilen für<br />
die haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter einher. Dieser Trend wird sich auch in<br />
Zukunft fortsetzen. Hier gilt es, einerseits die Mitarbeiter fachlich gut auf die Arbeit<br />
vorzubereiten und andererseits die Schulungsanteile für die einzelnen Trainer /<br />
Referenten in einem „gesunden Maß“ zu halten. Durch die geforderten<br />
Qualitätssicherungsmaßnahmen und damit einergehenden Verpflichtungen<br />
(Teilnahme an (Schulungs-) Veranstaltungen, Berichtswesen, Datenerhebung)<br />
wurden zeitliche Ressourcen ebenfalls gebunden.<br />
5.1.2 Landesweite Vernetzung<br />
Teilnahme an Arbeitskreisen<br />
Arbeitskreis schwule Prävention<br />
Unter dem Namen „Herzenslust“ wird strukturelle HIV-Prävention im Bereich<br />
„homosexuelle und bisexuelle Männer sowie MSM“ in ganz NRW durchgeführt.<br />
Herzenslust ist eine Kampagne der AIDS-Hilfe NRW e.V.. Auf der landesweiten<br />
Ebene finden regelmäßige Arbeitskreise unter dem Namen „Landesarbeitskreis<br />
schwule Prävention“ statt, wo die Herzenslustgruppen sich inhaltlich austauschen<br />
können. Der Projektnehmer hat regelmäßig an diesen Arbeitskreisen teilgenommen.<br />
In diesem Gremium wurden neu entwickelte Aktionen vorgestellt, Tendenzen in der<br />
schwulen Community erörtert sowie zu bestimmten Themenfeldern Referenten<br />
eingeladen. Auf diesen landesweiten Arbeitskreisen konnten so Ideen für<br />
Präventionsaktionen ausgetauscht, Kampagnen entwickelt und nicht erfolgreiche<br />
Projekte analysiert werden. So wurde durch den Erfahrungsaustausch und die<br />
fachliche Unterstützung der unterschiedlichen lokalen Herzenslustgruppen die<br />
regionale und lokale Arbeit sinnvoll modifiziert.<br />
Gay Romeo / health support<br />
Herzenslust hatte auf der landesweiten Ebene die Onlinepräventionsarbeitet<br />
konzipiert und umgesetzt. Bei Gay Romeo, einem Onlineportal für schwule und<br />
bisexuelle Männer, wurde ein health support geschaltet. Hier werden Ratsuchenden<br />
von örtlichen Herzenslustmitarbeitern Fragen zu HIV/AIDS, Hepatitiden und anderen<br />
sexuell übertragbaren Krankheiten, schwuler Gesundheit und Szeneorten in der<br />
Region beantwortet. Das lokale Projekt Duisburg / Kreis Wesel hat für die lokale<br />
Herzenslustgruppe ein Profil erstellt und Chatberatung durchgeführt. An diesem<br />
Projekt sind hauptamtliche sowie ehrenamtliche Onlinepräventionisten beteiligt. Das<br />
lokale Gay Romeo-Projekt war regelmäßig bei den bundesweiten Austauschtreffen<br />
vertreten. Diese Treffen dienen als Plattform, sich zu Themenfeldern der Online-<br />
Beratung auszutauschen sowie der Erarbeitung und Erhaltung von Präventions- und<br />
Beratungsstandards.<br />
Beratung und Test (BuT)<br />
Der Projektnehmer war regelmäßig bei dem Steuerungskreis von „BuT“ auf der<br />
landesweiten Ebene vertreten. In diesem Arbeitskreis, der sich aus Mitarbeitern der<br />
Gesundheitsämter, den beteiligten Herzenslustprojekten, Mitarbeitern der<br />
Landesgeschäftsstelle, Mitarbeitern der Deutschen AIDS-Hilfe sowie Mitarbeitern aus<br />
dem Bereich Selbsthilfe zusammensetzte, wurden die Qualitätsstandardts und die<br />
48
Möglichkeiten / Grenzen von „BuT“ diskutiert sowie einheitliche Standards<br />
beschlossen.<br />
CSD Köln<br />
Das Projekt „homosexuelle und bisexuelle Männer sowie MSM (Männer, die Sex mit<br />
Männern haben) im Kontext von HIV / STI´s“ der AIDS-Hilfe Duisburg/Kreis Wesel<br />
e.V. hat sich an der Präventionsaktion der AIDS-Hilfe Köln e.V. auf der Parade des<br />
CSD beteiligt. Als stilisierte Schiedsrichter beteiligte sich auch die lokale<br />
Herzenslustgruppe unter dem Motto „Fair Play – Ran an die Bällchen“ an der Aktion.<br />
Diese Aktion wurde resourcenorientiert geplant, da sich unter dem selben Motto im<br />
Jahr 2010 Herzenslust sowie IWWIT an den Gay Games beteiligen wollen.<br />
5.1.3 Projektarbeit auf der regionalen Ebene<br />
Regionale Vernetzung<br />
Auf der regionalen Vernetzungsebene arbeitete das Herzenslustprojekt eng mit den<br />
regionalen Herzenslustgruppen im Ruhrgebiet zusammen. So beteiligte sich das<br />
Projekt an den regelmäßig stattfindenden Arbeitskreisen „Herzenslust Knotenpunkt<br />
Ruhrgebiet“. Im Ruhrgebiet wurden aus diesem Arbeitskreis heraus Aktionen<br />
entwickelt, koordiniert und durchgeführt, welche einen überregionalen Charakter<br />
besaßen. Gerade bei größeren Events können die einzelnen Herzenslustgruppen nur<br />
schwer alleine öffentlichkeitswirksame Aktionen durchführen. Durch die Koordination<br />
und Umsetzung der geplanten Präventionsaktionen durch den<br />
Herzenslustkoordinator Ruhrgebiet können so über die Vernetzung mehrere<br />
Herzenslustteams zusammen eine Aktion ressourcenorientiert durchführen.<br />
Weitere Schwerpunkte des Arbeitskreises waren unter anderem die inhaltliche<br />
Fortbildung der ehrenamtlichen Präventionsmitarbeiter zum Themenfeld HIV/AIDS<br />
und andere STI´s sowie die Bewerbung ehrenamtlicher Mitarbeiter und der fachliche<br />
Austausch der lokalen Herzenslustgruppen.<br />
5.1.4 Projektarbeit auf der lokalen Ebene<br />
Kooperation mit lokalen Einrichtungen/Selbsthilfegruppen<br />
Auf der lokalen Ebene wurde mit verschiedenen Einrichtungen, Vereinen und<br />
Selbsthilfegruppen kooperiert (wie z.B. mit AkDuLuS e.V. sowie dem Kommissariat<br />
Vorbeugung der Polizei Duisburg).<br />
Primärpräventive Aktionen auf der lokalen Ebene<br />
Streetwork<br />
Der Projektnehmer hat durch regelmäßige Vor-Ort-Arbeit und Anwesenheit in der<br />
Szene HIV-positive Männer erreicht und begleitet diese im Rahmen der psychosozialen<br />
Betreuung. Durch dieses niedrigschwellige und anonyme Angebot konnten<br />
49
Männer erreicht werden, die sich durch eigenen Antrieb nicht an eine Hilfs-<br />
Organisation wie die AIDS-Hilfe gewendet hätten.<br />
Sprechstunden in der Szene<br />
Der Projektnehmer hat einmal im Quartal eine Sprechstunde für schwule Männer in<br />
einem Szenelokal durchgeführt. Durch die enge Zusammenarbeit mit dem Szenewirt<br />
wurde die Sprechstunde gut beworben und erfreute sich einer guten Resonanz.<br />
Neben dem hauptamtlichen Mitarbeiter stand ein HIV-positiver schwuler Mann als<br />
Ansprechpartner zu dem Thema „HIV-Positiv sein, was heißt das?“ zur Verfügung<br />
sowie der Ansprechpartner der Polizei Duisburg zu gleichgeschlechtlichen<br />
Lebensfragen.<br />
BuT-Rastplatz Sommeraktion<br />
Das Projekt „homosexuelle und bisexuelle Männer sowie MSM (Männer, die Sex mit<br />
Männern haben) im Kontext von HIV / STI´s“ der AIDS-Hilfe Duisburg/Kreis Wesel<br />
e.V. konnte erfolgreich das niedrigschwellige Konzept von „BuT“ als eine der<br />
Pilotstädten in NRW umsetzen. Für die detaillierte Beschreibung der Aktion ist auf<br />
den folgenden Seiten die in Druck befindliche Dokumentation aufgenommen worden.<br />
50
Dokumentation und Evaluation der<br />
BuT – Rastplatz Sommeraktion<br />
Ein Pilotprojekt<br />
- der AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V.<br />
- der AIDS-Hilfe NRW e.V.<br />
- dem Fachbereich Gesundheitswesen des Kreises Wesel<br />
mit Unterstützung des Kommissariats Vorbeugung des Polizeipräsidiums Duisburg<br />
November <strong>2009</strong><br />
51
Einleitung von Reinhard Klenke, AIDS-Hilfe NRW e.V.:<br />
Die BuT-Rastplatz-Sommeraktion der AIDS-Hilfe Duisburg-Kreis Wesel ist in vieler<br />
Hinsicht vorbildlich: Eine erste quantitative Auswertung der IWWIT-Testkampagne<br />
der DAH wies aus, dass von den 530 Beratungs- und Testterminen nur 20 außerhalb<br />
von AIDS-Hilfen und Gesundheitsämtern stattfanden, obwohl in anderen Ländern<br />
schon sehr positive Erfahrungen mit Beratungs- und Testprojekten gemacht wurden,<br />
die eine „Geh-Struktur“ vorgehalten haben, und bekannt ist, dass Angebote mit<br />
Komm-Strukturen von sozial benachteiligten Zielgruppen eher nicht wahrgenommen<br />
werden. Auf einem Cruising-Rastplatz ein mobiles Beratungs- und Testangebot zu<br />
etablieren ist ein mutiger Versuch, eine wesentliche Angebotslücke zu schließen und<br />
unkonventionell neue Wege zu gehen und eine bisher kaum erreichte Gruppen<br />
hochvulnerabler MSM anzusprechen.<br />
Vorbildlich ist auch die Zusammenarbeit verschiedener Stakeholder: Die AIDS-Hilfe<br />
Duisburg-Kreis Wesel mit ihrem besonderen Zugang zu der Zielgruppe MSM, das<br />
Gesundheitsamt, mit seiner medizinischen Kompetenz und Testerfahrung, die BuT-<br />
Buddies, mit ihrem hohen fachlichen und menschlichen Wissen aus der Positiven-<br />
Selbsthilfe, der Autobahnpolizei und der Autobahnverwaltung, die durch ihre<br />
unbürokratische Unterstützung die Arbeit mit ermöglicht haben. Und eben nicht<br />
zuletzt durch die konzeptionelle Begleitung, die Fortbildungsangebote von BuT-<br />
Herzenslust und die Bereitstellung des Beratungs- und Testmobils des AIDS-Hilfe<br />
Landesverbandes. Die Entwicklung von zugehenden, zielgruppenorientierten<br />
Strukturen in der HIV-Prävention ist nicht zuletzt eine wichtige Forderung aus dem<br />
NRW Gesundheitsministerium.<br />
Mit den besten Grüßen aus Köln,<br />
Reinhard Klenke<br />
Stellvertr. Landesgeschäftsführer<br />
52
Herzenslust NRW<br />
Vorwort<br />
Die AIDS-Hilfe Duisburg/Kreis Wesel e.V. ist ein gemeinnütziger Verein, der im Feld<br />
der Gesundheitsförderung tätig ist. Ihr wesentlicher Arbeitsauftrag ist die so<br />
genannte zielgruppenspezifische, strukturelle AIDS-Prävention. Wegen der sehr<br />
hohen HIV-Relevanz (s. u.) und der deutlichen Inzidenzsteigerungen anderer sexuell<br />
übertragbarer Krankheiten (STI´s) ist dieser Präventionsauftrag konsequenterweise<br />
in den letzten Jahren diesbezüglich erweitert worden.<br />
In dem Zielgruppensektor der Männer, die Sex mit Männern haben (MSM), wird<br />
dieser Arbeitsauftrag, den Gegebenheiten angepasst, durch das Präventionsprojekt<br />
„Herzenslust“ umgesetzt.<br />
Männer, die Sex mit Männern haben stellen in besonderem Maße eine dieser<br />
spezifischen Zielgruppen mit besonders hohem Infektionsrisiko dar.<br />
Eine der hochvulnerablen Gruppen, die ein erhöhtes Risiko haben, sich mit HIV zu<br />
infizieren, sind MSM mit einem unterdurchschnittlichen sozialen Status, die sich auf<br />
Cruisingareas treffen, da dort „verbale Kommunikation“ und Umgangsformen eine<br />
untergeordnete Rolle spielen. An diesen Orten ist es auch nicht nötig, sich mit<br />
subkulturellen Normen zu identifizieren oder sich als schwul zu definieren (s.<br />
KABaSTI-Studie, BuT Konzept).<br />
Ziele unserer Arbeit sind unter anderen die Verminderung / Verhinderung von<br />
Neuinfektionen von HIV und anderen sexuell übertragbarer Krankheiten bei MSM<br />
durch die Befähigung des Einzelnen, nach einer umfassenden<br />
Informationsvermittlung zu Übertragungswegen von HIV eigenverantwortlich Risiken<br />
abzuwenden (safer sex) bzw. reflektiert Risiken abzuwägen (Risikomanagement)<br />
53
sowie durch den rechtzeitigen Zugang zur ART (Antiretrovirale Therapie;<br />
Medikamente, die die Virusreplikation verringern/verhindern) im Falle eines positiven<br />
Testergebnisses den langfristigen Erhalt der Gesundheit sowie die Prophylaxe von<br />
Begleiterkrankungen oder Co-Infektionen HIV-positiver Menschen<br />
(Sekundärprävention) anzustreben, aber insbesondere auch um darüber die weitere<br />
Übertragungswahrscheinlichkeit zu minimieren (primärpräventive Effekte durch die<br />
Reduzierung der Viruslast unter einer erfolgreichen ART-Medikation).<br />
Durch die Entwicklung eines HIV-Antikörper Schnelltestes, der 2008 zugelassen<br />
wurde, erschlossen sich bezüglich der HIV-Testangebote neue Möglichkeiten. Dies<br />
vor allem wegen der neuen Beschaffenheiten des Tests:<br />
1. Das Ergebnis liegt nach ca. 15-20 Minuten vor.<br />
2. Für den Test wird nur Kapillarblut benötigt.<br />
Dem gegenüber stehen folgende Nachteile des Schnelltests:<br />
1. Der Name könnte vermuten lassen, dass der Test vor Ablauf des<br />
diagnostischen Fensters von 3 Monaten aussagekräftig sei. Der Name bezieht<br />
sich aber nur auf die schnelle Ergebnisanzeige von ca. 15-20 Minuten.<br />
2. Ein reaktives Schnelltestergebnis allein ist nicht aussagekräftig genug (im<br />
Gegensatz zum negativen Testergebnis). Daher muss zeitnah zum<br />
Schnelltest nach einem reaktiven Testergebnis intravenös Blut abgenommen<br />
und das Schnelltestergebnis durch einen Labortest bestätigt (oder widerlegt)<br />
werden.<br />
Konzeptionelle Ausarbeitung:<br />
Die AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V. hat sich, nach der Vorstellung des<br />
Konzeptes Beratung und Test („BuT“) durch den Landesverband 2008 entschieden,<br />
dieses Projekt auf einem Rastplatz im Kreis Wesel umzusetzen.<br />
54
Für die Entscheidung wurde ein Meinungsbild innerhalb des Vereines eingeholt.<br />
Sowohl der Vorstand, die aktiven ehrenamtlichen MitarbeiterInnen sowie die<br />
hauptamtlichen MitarbeiterInnen waren von den Argumenten für eine Rastplatzaktion<br />
überzeugt. Die ausschlaggebenden Argumente waren:<br />
- Die Beratung der Zielgruppe steht im Vordergrund der Vor-Ort-Aktion.<br />
- Die Testdurchführung soll durch einen Arzt des Gesundheitsamtes<br />
vorgenommen werden (Aktive Einbindung des ÖGD).<br />
- Die anvisierte Zielgruppe sind MSM, die anonym Sex mit Männern auf den<br />
Rastplatz haben, durch ihre allgemeine Lebensführung (viele leben in<br />
„normalen“ Familienstrukturen) bedingt jedoch keine Möglichkeiten haben<br />
oder diese bewusst ablehnen oder wegen Unkenntnis der Infrastruktur, die<br />
schon bestehenden Beratungs- und Testangebote von Gesundheitsämtern<br />
und AIDS-Hilfen in Anspruch zu nehmen.<br />
- Reaktiv getestete Personen können sich durch Buddys (geschulte HIVpositive<br />
schwule Männer) bis zum Ergebnis des regulären HIV-Labortests<br />
begleiten lassen.<br />
- Die Vor- und Nachteile des Schnelltestes werden den Interessierten mitgeteilt.<br />
Die Entscheidung zu dem Test oder dagegen obliegt einzig und alleine dem<br />
Ratsuchenden.<br />
Nach der Entscheidung für die „BuT-Rastplatz Sommeraktion“ wurden konkret die<br />
weiteren Schritte unternommen:<br />
1. Akquirierung und Ausbildung der ehrenamtlichen und hauptamtlichen<br />
Mitarbeiter (für die Beratung und für die Funktion des Buddys).<br />
2. Entwicklung der Qualitätsstandards für die Beratung auf dem Rastplatz sowie<br />
die Testdurchführung (Anonymität, Beratungssetting).<br />
3. Absprachen mit dem Fachbereich Gesundheitswesen der Kreisverwaltung<br />
Wesel zwecks Beteiligung eines Arztes bei dem Projekt.<br />
4. Behördliche Genehmigung zur Durchführung des Angebotes auf einem<br />
Rastplatz.<br />
5. Eruierung der Kosten für den „Schnelltest“.<br />
55
Zu 1.<br />
In der AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V. ist es seit Jahren üblich, frisch HIVpositiv<br />
getesteten ratsuchenden Menschen ein Gespräch mit einem HIV-Positiven<br />
ehrenamtlichen Mitarbeiter anzubieten. Diese Mitarbeiter wurden angesprochen und<br />
ihnen das Pilotprojekt erläutert. Die ehrenamtlichen Mitarbeiter waren sofort dazu<br />
bereit, sich bei dem Projekt zu beteiligen und besuchten das Grundlagentraining,<br />
welches von der AIDS-Hilfe NRW e.V. zur Ausbildung der BuT-Projektteilnehmer<br />
angeboten wurde.<br />
Zu 2.<br />
Glücklicherweise konnte die AIDS-Hilfe NRW e.V. ein Wohnmobil anschaffen,<br />
welches zu einem „BuT-Mobil“ umgebaut wurde. So können in einem abgetrennten<br />
Beratungsraum die interessierten Männer beraten werden und in dem anderen Raum<br />
der Schnelltest durchgeführt werden (Arzt-Raum).<br />
Den interessierten Männern sollten die Optionen / der Vorgang zum Testverfahren im<br />
Rahmen der Beratung erklärt werden. Diese waren:<br />
a) Im Falle eines reaktiven Testergebnisses kann eine Fehldiagnose nicht<br />
zu 100% ausgeschlossen werden. Daher müsste sofort im Anschluss<br />
intravenöses Blut zwecks Bestätigung des Ergebnisses durch einen<br />
herkömmlichen Antikörpertest erfolgen (Mit den damit einhergehenden<br />
psychischen Belastungen, die die Wartezeit dann mit sich bringen<br />
könnte.).<br />
b) Im Falle eines reaktiven Testergebnisses wurde den Ratsuchenden<br />
angeboten, dass ein Mitarbeiter des BuT-Projektes (ein Buddy; HIVpositiver<br />
schwuler Mann) während der Wartezeit als Ansprechperson<br />
zur Verfügung steht.<br />
c) Die getestete Person hätte die Möglichkeit, mit einem Auto nach<br />
Hause/zur nächsten Haltestelle des ÖPNV gefahren werden zu können.<br />
56
d) Es wurde angeboten, den Schnelltest durchführen zu lassen, das<br />
Ergebnis jedoch erst am nächsten Tag im Gesundheitsamt<br />
„abzuholen“.<br />
Zu 3.<br />
Nach einem Austauschgespräch konnte als Arzt der AIDS-Koordinator des<br />
Gesundheitsamtes des Kreises Wesel für die Mitarbeit an diesem Pilotprojekt<br />
gewonnen werden. Vor allem die Argumentation, dass die Zielgruppe Männer sind,<br />
die nicht vom bestehenden Beratungs- und Testangebot der Gesundheitsämter und<br />
AIDS-Hilfen erreicht werden, war ausschlaggebend zur Einwilligung einer<br />
Kooperation. Vom Arzt wurde für diese spezielle Form der aufsuchenden Arbeit eine<br />
Verfahrensanleitung erstellt, einschließlich der erforderlichen Genehmigung durch<br />
die Verwaltungsleitung des Fachbereichs Gesundheitswesen des Kreises Wesel und<br />
der Ärztekammer Nordrhein. Die ärztliche Tätigkeit (spezielle Testberatung,<br />
Testdurchführung und Ergebnismitteilung, sowie auf Wunsch die Beratung zu<br />
anderen sexuell übertragbaren Krankheiten) erfolgte unabhängig vom Beratungsund<br />
Betreuungsangebot der AIDS-Hilfe-Mitarbeiter. Die ärztliche Schweigepflicht<br />
wurde gewahrt, u. a. auch dadurch, dass den Getesteten vom Arzt das Angebot der<br />
Begleitung durch einen Buddy unterbreitet wurde, der Getestete es jedoch selbst<br />
entschied, dieses Angebot anzunehmen bzw. über sein Testergebnis mit jemand<br />
anderen zu sprechen.<br />
Zu 4.<br />
Eigentümer des Rastplatzes ist das Amt für Straßenbau NRW. Die zuständige<br />
Mitarbeiterin gab die Erlaubnis unter gewissen Auflagen (An- und Abmelden der<br />
Aktion bei der zuständigen Autobahnmeisterei sowie nur eine Parkbucht zu<br />
besetzen). Im Vorfeld musste bei der Bezirksregierung Düsseldorf abgeklärt werden,<br />
ob die Aktion mit einer finanziellen Bereicherung einhergehen würde. Da die AIDS-<br />
Hilfe die Testdurchführung kostenlos anbietet, wurde daher auch von dieser Seite die<br />
Erlaubnis erteilt.<br />
Zu 5.<br />
57
Da vor allem die Zielgruppe „MSM mit einem unterdurchschnittlichen sozialen Status“<br />
im Focus unserer Aktion steht, sollte der Test möglichst kostenlos angeboten<br />
werden. Über die AIDS-Hilfe NRW e.V. konnten die BuT-Projekte kostenlos Testkits<br />
bestellen. Die ärztliche Tätigkeit wurde als Dienstleistung des Fachbereichs<br />
Gesundheitswesen Kreis Wesel erbracht, so dass auch hier keinerlei Kosten für die<br />
Aktion entstanden. Daher konnten wir die Beratung sowie die Testdurchführung<br />
anonym und kostenlos anbieten.<br />
Die Umsetzung:<br />
In dem Zeitraum August-Oktober <strong>2009</strong> wurde die „Rastplatzsommeraktion“ an jedem<br />
1. und 3. Mittwoch im Monat in der Zeit von 19.00-22.00 Uhr umgesetzt.<br />
Das BuT-Mobil wurde in einer Parkbucht, in der Nähe des Gehweges zu den<br />
Toiletten, geparkt. Unter der seitlich angebrachten Markise des Busses wurde ein<br />
Tisch mit Kondomen und Informationsmaterialien aufgestellt. Um Aufmerksamkeit zu<br />
erregen, wurden Fahnen (Tripols) mit dem Logo von Herzenslust aufgestellt.<br />
Auf einem der Rastplatz-Sitzbänke in der Nähe des BuT-Mobils saßen die Mitarbeiter<br />
des Projektes. Hier wurden den Gästen Kaffee, Wasser und Kekse angeboten.<br />
Zwei Mitarbeiter sprachen die Männer an und verteilten Kondome sowie<br />
Visitenkarten mit einer Erklärung zum Schnelltestangebot.<br />
Interessierte wurden zu den Mitarbeitern an der Sitzbank weitergeleitet, wo Sie einen<br />
anonymisierten Fragebogen zu sexuellen Vorlieben, Risikosituationen etc. ausfüllen<br />
mussten.<br />
Nach dem der Testwillige den Beratungsbogen ausgefüllt hat, wurde ein<br />
Beratungsgespräch anhand des Fragebogens im hinteren Teil des BuT-Mobils<br />
durchgeführt. Hier wurde explizit auf die Vor- und Nachteile des HIV-<br />
Schnelltestverfahrens hingewiesen.<br />
58
Nach einer ausführlichen Beratung und der Entscheidung des Ratsuchenden wurde<br />
er ggf. zum Arzt in den vorderen Teil des BuT-Mobils weiter verwiesen. Nach einem<br />
Gespräch mit dem Arzt wurde dann der Test durchgeführt. Das ganze Verfahren<br />
dauerte ca. 1 Stunde (vom Zeitpunkt der Ansprache, Ausfüllen des Fragebogens,<br />
Beratungsgespräch, Testdurchführung bis hin zum Testergebnis).<br />
Evaluation:<br />
Insgesamt wurde die Aktion im Jahr <strong>2009</strong> an fünf Terminen umgesetzt.<br />
Insgesamt wurden 130 Männer erreicht.<br />
Davon haben 18% eine intensive Beratung durch die Herzenslustmitarbeiter sowie<br />
dem Arzt des Gesundheitsamtes zu HIV und anderen STD´s genutzt und 8% haben<br />
einen HIV-Schnelltest durchführen lassen.<br />
Insgesamt wurden also 26% der erreichten Personen intensiv beraten.<br />
Auswertung der Fragebögen:<br />
Alter:<br />
40% der beratenen Personen waren im Alter von 18-25 Jahren.<br />
30% der beratenen Personen waren im Alter von 26-40 Jahren.<br />
30% der beratenen Personen waren im Alter von 41-55 Jahren.<br />
Das durchschnittliche Alter der beratenden Personen betrug 33 Jahre.<br />
Sexuelle Kontakte:<br />
59
70% der beratenen Personen gaben an, nur Sex mit Männern zu haben.<br />
20% der beratenen Personen gaben an, Sex mit Männern und Frauen zu haben.<br />
10% der beratenen Personen gaben an, nur Sex mit Frauen zu haben.<br />
Anzahl der sexuellen Kontakte in den letzten 12 Monaten:<br />
30% gaben an, nur mit dem Partner sexuellen Verkehr gehabt zu haben.<br />
10% gaben an, mit 11-25 Personen sexuellen Verkehr gehabt zu haben.<br />
20% gaben an, mit 10-50 Personen sexuellen Verkehr gehabt zu haben.<br />
40% gaben an, mit weniger als 10 Personen sexuellen Verkehr gehabt zu haben.<br />
Durchschnittlich hatten die getesteten Personen 10 sexuelle Kontakte in den letzten<br />
12 Monaten.<br />
Nutzung spezieller Orte, zur Kontaktaufnahme mit anderen Männern ähnlicher<br />
sexuellen Vorlieben:<br />
Hier waren Mehrfach-Antworten möglich.<br />
18% gaben als Örtlichkeiten das Internet an.<br />
18% gaben als Örtlichkeiten Saunen an.<br />
18% gaben als Örtlichkeiten Sexclubs an.<br />
14 % gaben als Örtlichkeiten Park / Cruising Areas an.<br />
14 % gaben keine Örtlichkeiten an.<br />
9 % gaben als Örtlichkeiten Kneipen / Discos an.<br />
4,5% gaben als Örtlichkeiten Pornokinos an.<br />
4,5% gaben als Örtlichkeiten Klappen an.<br />
Nutzung von Kondomen beim Analverkehr:<br />
60% gaben an, immer Kondome zu benutzen.<br />
10% gaben an, zu 80% Kondome zu benutzen.<br />
20% gaben an, zu 70% Kondome zu benutzen.<br />
10% gaben an, zu 40% Kondome zu benutzen.<br />
60
Durchschnittlich wurde die Benutzung von Kondomen zu 86% beim Analverkehr bei<br />
den befragten Personen angegeben.<br />
Spezielle Gründe, in manchen Situationen keine Kondome zu benutzen<br />
(Mehrfach-Antworten möglich):<br />
„Weil ich in einer festen und treuen Partnerschaft lebe“ gaben 40% an.<br />
30% machten zu dieser Frage keine Angaben.<br />
10% gaben Probleme mit der Erektion beim Benutzen von Kondomen als Grund an.<br />
10% gaben keine speziellen Gründe an.<br />
10% gaben an, wegen „dummer Geilheit“ ab und zu auf Kondome zu verzichten.<br />
Konsum von legalen und illegalen Substanzen beim Kontakt mit Sexpartnern:<br />
80% gaben an, keine Substanzen zu konsumieren.<br />
10% gaben an, zum „locker werden“ Substanzen zu konsumieren,<br />
10% gaben an, Substanzen zwar zu konsumieren, jedoch ohne Kontrollverlust.<br />
Zufriedenheit des Sexuallebens:<br />
Sehr zufrieden gaben 50% an.<br />
Zufrieden gaben 30% an.<br />
Eher zufrieden gaben 20% an.<br />
Selbsteinschätzung zum Wissenstand HIV / STDs:<br />
Sehr gut fühlten sich 10% informiert.<br />
Gut fühlten sich 10% informiert.<br />
Eher gut fühlten sich 70% informiert.<br />
Eher schlecht fühlten sich 10% informiert.<br />
Wurde eine Syphilis in der Vergangenheit diagnostiziert?<br />
90% gaben „Nein“ an.<br />
10% hatten noch keine Untersuchung diesbezüglich.<br />
Impfung gegen Hepatitis B:<br />
„Weiß nicht“ gaben 30% an.<br />
„Nein“ gaben 40% an.<br />
61
„Ja, vollständig“ gaben 20% an.<br />
„Nein, ich hatte schon eine Hep. B“ gaben 10% an.<br />
Wurden bei Selbstuntersuchungen am Körper in letzter Zeit Veränderungen<br />
wahrgenommen:<br />
100% gaben „Nein“ an.<br />
Wurden schon Untersuchungen zu STDs durchgeführt?<br />
„Ja“ gaben 40% an.<br />
„Nein“ gaben 60% an.<br />
Wurde schon einmal ein HIV-Test durchgeführt?<br />
„Ja“ gaben 70% an.<br />
„Nein“ gaben 30% an (Als Grund gaben 20% keinen Grund an, 10% gaben Angst vor<br />
der Wartezeit und dem Testergebnis an.).<br />
Resümee:<br />
Durch die BuT - Rastplatz Sommeraktion konnte bewiesen werden, dass in enger<br />
Kooperation mit den unterschiedlichsten Stellen, Behörden und<br />
Interessentengruppen ein HIV-Schnelltest-Angebot in Szenenähe umgesetzt werden<br />
kann.<br />
Ebenfalls konnte durch das Pilotprojekt die Zielgruppe der MSM, die nicht Gebrauch<br />
von den bestehenden Angeboten aus dem HIV/AIDS-Sektor machen bzw. machen<br />
konnten, erreicht werden.<br />
Aus Sicht der AIDS-Hilfe stand die Beratung der interessierten Menschen zu HIV-<br />
Risikosituationen im Vordergrund. Das Vorhalten des HIV Schnelltestes war für die<br />
Einrichtung zwar von sekundärer Bedeutung, erwies sich allerdings als wichtiger<br />
Öffner für Gesprächs- und Beratungsanlässe. Darüber hinaus ist die<br />
Angebotskopplung „Beratung und Test“ vor dem Hintergrund der oben geschilderten<br />
epidemiologischen und ätiologischen Erkenntnisse (Therapieoptionen und<br />
primärpräventive Effekte) als unbedingt sinnvoll zu empfehlen, denn:<br />
62
Wie erhofft, konnte durch das Beratungsangebot mit der unmittelbaren Möglichkeit<br />
zum Test eine intensivere Auseinandersetzung mit den individuellen Infektionsrisiken<br />
bei den Ratsuchenden / interessierten Menschen bewirkt werden, als dies bei einem<br />
alleinigen Informations- und Beratungsangebot, auch bei den Personen, die sich<br />
nicht zu einem Test entschlossen haben, der Fall wäre.<br />
Danksagung<br />
Wir danken<br />
- den beratenen Personen für ihre Offenheit und Gesprächsbereitschaft.<br />
- den ehrenamtlichen Mitarbeitern für ihr Engagement, dieses Pilotprojekt zu<br />
unterstützen.<br />
- der Bezirksregierung Düsseldorf und dem Amt für Straßenbau NRW.<br />
- dem Land NRW für die Förderung dieses Projektes.<br />
- den Mitarbeitern der AIDS-Hilfe NRW für ihre fachliche und materielle<br />
Begleitung sowie tatkräftige Unterstützung.<br />
- dem Mitarbeiter des Kommissariats Vorbeugung der Polizei Duisburg für seine<br />
fachliche Unterstützung.<br />
- dem Fachbereich Gesundheitswesen für die kostenfreie fachliche<br />
Unterstützung und den ärztlichen Einsatz zu ungewöhnlichen Zeiten an<br />
ungewöhnlichem Ort.<br />
- der Ärztekammer Nordrhein für das freundliche Verständnis und die Erteilung<br />
der Genehmigung für die ärztliche Tätigkeit im Sinne der aufsuchenden<br />
Gesundheitsfürsorge.<br />
- der Fa. Bio-Merieux für die kostenfreie Einweisung der Beteiligten in das<br />
Schnelltestverfahren.<br />
Für Rückfragen oder nähere Informationen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.<br />
Rüdiger Wächter<br />
63
Dipl. Soz.-Päd.<br />
AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V.<br />
Friedenstr. 100<br />
47053 Duisburg<br />
Telefon: 0203-666633<br />
Fax: 0203-69984<br />
www.aidshilfe-duisburg-kreis-wesel.de<br />
info@aidshilfe-duisburg-kreis-wesel.de<br />
Duisburg, den 12.02.2010<br />
AkDuLuS e.V.<br />
Der Projektnehmer hat an den regelmäßig stattfindenden Arbeitskreisen der regional<br />
ansässigen schwul lesbischen Vereine und Selbsthilfegruppen unter dem Dach von<br />
„AkDuLuS e.V.“ teilgenommen und beteiligte sich dort an der Konzipierung,<br />
Entwicklung und Durchführung von schwul lesbischen Angeboten für den Raum<br />
Duisburg. Dieser Arbeitskreis hat z.B. die schwul lesbische Disco „Warm Up“ initiiert<br />
und organisiert.<br />
Neben der Teilnahme an den AkDuLuS-Sitzungen beteiligte sich der Projektnehmer<br />
in der Arbeitsgruppe „CSD <strong>2009</strong> und später CSD 2010“, wo das Duisburger<br />
Straßenfest geplant und koordiniert wurde. Traditionell beteiligt sich die AIDS-Hilfe<br />
Duisburg / Kreis Wesel e.V. bei dem Strassenfest. Neben dem AIDS-Hilfe /<br />
Herzenslust-Stand wurde für AkDuLuS e.V. der Kaffe- und Kuchenstand durch<br />
ehrenamtliche MitarbeiterInnen betrieben.<br />
Die Herzenslustgruppe Duisburg / Kreis Wesel<br />
64
Der Projektnehmer für den Bereich MSM hat regelmäßig mit der<br />
Herzenslustteilzeitkraft die inhaltliche Arbeit der lokalen Herzenslustgruppe erörtert<br />
und bei Bedarf angeleitet. Neben der fachlichen Aufsicht des lokalen Projektes<br />
Herzenslust wurden die ehrenamtlichen Herzenslustmitarbeiter in den Bereichen HIV<br />
und andere sexuell übertragbare Krankheiten ergänzend zum bestehenden<br />
Schulungsangebot der AIDS-Hilfe NRW, qualifiziert.<br />
Das Herzenslustteam hat im Jahr <strong>2009</strong> wie in den vorangegangenen Jahren<br />
zielgruppenspezifische Prävention im Bereich schwule und bisexuelle Männer sowie<br />
Männer, die Sex mit Männern haben entwickelt und durchgeführt. Hierbei ist die<br />
konstante Begleitung der umgesetzten Präventionsaktionen sowie die Begleitung der<br />
lokalen Herzenslustgruppen durch die aus Eigenmitteln der AIDS-Hilfe Duisburg /<br />
Kreis Wesel e.V. finanzierte Teilzeitkraft von sehr hohem Stellenwert.<br />
Durch die Teilzeitkraft wurden folgende Aufgaben erfüllt:<br />
- Fachliche Begleitung der ehrenamtlichen Herzenslustmitarbeiter<br />
Die Teilzeitkraft sowie punktuell der Projektnehmer waren bei den primärpräventiven<br />
Vor-Ort-Aktionen von Herzenslust anwesend. So konnten Ratsuchende bei Bedarf<br />
von den ehrenamtlichen Mitarbeitern des Herzenslustteams an die hauptamtlichen<br />
Mitarbeiter weiter verwiesen werden.<br />
- Begleitung der wöchentlichen Gruppentreffen des Herzenslustteams<br />
Durch die regelmäßigen Gruppentreffen, die durch die Teilzeitkraft angeleitet<br />
wurden, wurde die beständige ehrenamtliche Herzenslustarbeit sichergestellt. Neben<br />
diesem Aspekt wurden mit dem Herzenslustteam Veranstaltungen abgesprochen<br />
und deren Umsetzung diskutiert und konzipiert.<br />
- Die Pflege und Aktualisierung der Herzenslusthomepage (www.herzenslustteamdu.de)<br />
war ein ein wichtiger Arbeitsschwerpunkt der Teilzeitkraft, da sich viele<br />
schwule Männer vorwiegend über das Internet informationen zu HIV, STD´s und<br />
Angeboten in der schwulen Community beschaffen.<br />
- Überregionale Teilnahme an den Herzenslusttreffen im Ruhrgebiet sowie die<br />
Beteiligung an überregionalen Aktionen, die in diesen Gremien entwickelt worden<br />
sind.<br />
Im Rahmen der Vernetzungsarbeit der lokalen Herzenslustgruppen nahm<br />
Herzenslust Duisburg / Kreis Wesel bei den regelmäßig stattfindenden<br />
Ruhrgebietsvernetzungstreffen teil und konzipierte mit anderen<br />
Herzenslustmitarbeitern überregionale primärpräventive Aktionen und beteiligte sich<br />
mit der lokalen Herzenslustgruppe an der Umsetzung dieser Präventionsaktionen<br />
überregional.<br />
65
Auf der lokalen Ebene wurden folgende primärpräventive Aktionen in Duisburg<br />
durchgeführt:<br />
Regelmäßig war das Herzenslustteam Duisburg/Kreis Wesel auf der<br />
schwul/lesbischen Party „warm up“ vertreten. Die Veranstaltung findet in einem<br />
monatlichen Turnus statt. Die Besucher konnten sich bei dem Herzenslustteam zu<br />
HIV und anderen sexuell übertragbaren Krankheiten informieren sowie die<br />
ausgelegten Informationsbroschüren der DAH e.V. sowie Bewerbungsbroschüren zur<br />
ehrenamtlichen Mitarbeit in den Herzenslustgruppen mitnehmen.<br />
Größere Aktionen von Herzenslust auf diesen Veranstaltungen waren:<br />
- Wahl zum „Mr. und Mrs. Warm Up <strong>2009</strong>“<br />
Auf der im Oktober und November stattfindenden Warm Up konnten sich Gäste für<br />
die Wahl casten lassen. Neben einem Foto wurden die interessierten Gäste gebeten,<br />
ein Statement zu HIV abzugeben. Auf der im Dezember stattfindenden „warm up“<br />
wurden dann die Kandidaten auf der Bühne von zwei Moderatoren vorgestellt.<br />
Danach wurden durch die Gäste die „Mrs. und der Mr. Warm Up <strong>2009</strong>“ gewählt. Die<br />
Sieger wurden gekürt und erhielten Preise. Neben der Platzierung / Bewerbung von<br />
„Herzenslust“ und deren Homepage, wurde das Thema HIV bei der Vorstellung der<br />
Kandidaten massenmedial platziert. Weitere Informationen hierzu auf:<br />
www.herzenslustteam-du.de.<br />
- „Die Klofrau“<br />
Auf der Karnevals-Warm Up im Februar verkleideten sich die Mitarbeiter von<br />
Herzenslust als Klofrauen und legten Kondome auf einem Teller vor den Toiletten<br />
aus. Mit Klobürste, Sprühflasche und Eimerchen ausgestattet wurden die Gäste<br />
angesprochen.<br />
Weiter Aktionen auf lokaler Ebene waren:<br />
- Szenerundgänge<br />
Regelmäßig führte das Herzenslustteam Duisburg/ Kreis Wesel einen Rundgang<br />
durch die Duisburger Szene durch. Ziel der Rundgänge war die Kontaktpflege mit<br />
den Szenewirten, Verteilung von Informationsmaterialien zu HIV und andere STD´s<br />
in den Lokalen sowie die Befüllung des Kondomautomaten.<br />
- CSD Duisburg<br />
Auf dem CSD in Duisburg, der durch AkDuLuS e.V. organisiert wird, war Herzenslust<br />
mit einem Infostand vertreten.<br />
Hier wurde vorwiegend die bundesweite Kampagne „iwwit“ der Deutschen AIDS-Hilfe<br />
e.V. beworben und umgesetzt.<br />
66
- Welt AIDS Tag<br />
Das Herzenslustteam Duisburg beteiligte sich an den Veranstaltungen zum Welt<br />
AIDS Tag der AIDS-Hilfe Duisburg/ Kreis Wesel e.V.<br />
Veranstaltungen<br />
Das Herzenslustteam Duisburg / Kreis Wesel hat Vor-Ort-Aktionen in der schwulen<br />
Szene und Örtlichkeiten, wo Männer Sex mit Männern haben, zum Teil mit lokalen<br />
Kooperationspartnern, durchgeführt.<br />
- Rastplätze<br />
In regelmäßigen Abständen wurden Aktionen auf Rastplätzen im Kreis Wesel<br />
durchgeführt, wo Männer Sex mit Männern haben. Hier wurden<br />
Informationsmaterialien und Kondompackungen auf einem Informationsstand den<br />
Besuchern angeboten. Da viele der dort verkehrenden Männer sich nicht eindeutig<br />
als schwul oder bisexuell definieren, wurde auf allgemeine Informationsbroschüren<br />
der DAH / BZgA zurückgegriffen.<br />
Projektkritik / Resumee / Projektausblick<br />
Das Projekt der AIDS-Hilfe Duisburg/Kreis Wesel e.V. setzte die strukturelle<br />
Prävention im Arbeitsbereich „homosexuelle und bisexuelle Männer sowie MSM“ auf<br />
den unterschiedlichen Ebenen (landes-, regionaler- und lokaler Ebene) sowie die<br />
Herzenslustkampagne um.<br />
Durch die Umsetzung von BuT- Rastplatz Sommeraktion wurde erstmalig bundesweit<br />
ein HIV-Schnelltest niedrigschwellig auf einem Rastplatz angeboten. Ebenso war das<br />
Projekt der AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V. das erste, welches eine offizielle<br />
Erlaubnis von Seiten der Behörde „Strassen NRW“ für eine Präventionsaktion auf<br />
einem Rastplatz erhielt. Der hohe zeitliche Aufwand hat sich indes gelohnt. Das<br />
Projekt hat neue wegweisende Standards in der Präventionslandschaft der AIDS-<br />
Hilfen gesetzt. Nicht zuletzt, da dieses Projekt ein gutes Beispiel ist für eine<br />
funktionierende Kooperation / Zusammenarbeit sowie Zuarbeit unterschiedlichster<br />
Stellen, Behörden sowie Projekten. Diese Bemühungen wurden nicht zuletzt durch<br />
die bundesweit ausgestrahlte Berichterstattung durch das ZDF (heute Sendung) und<br />
der ARD (Nachtmagazin) wahrgenommen und anerkannt.<br />
Ohne die ehrenamtlichen Mitarbeiter hätte das Projekt „homosexuelle und bisexuelle<br />
Männer sowie MSM“ der AIDS-Hilfe Duisburg/Kreis Wesel e.V. nicht in diesem<br />
67
Umfang realisiert werden können. Daher gilt ein besonderer Dank an alle, die sich im<br />
Gay Romeo health support, in der Herzenslust – vor – Ort - Arbeit sowie als BuT-<br />
Buddys engagieren.<br />
5.2 Drogen und Substitution<br />
Im Drogenbereich schrieben wir Anfang des Jahres unsere<br />
Bundestagsabgeordneten aus Duisburg und dem Kreis Wesel mit der Bitte an, dem<br />
Gruppenantrag zur Zulassung von Diamorphin zur Behandlung von<br />
Schwerstabhängigen zuzustimmen. Angenehm überrascht wurden wir dann letztlich<br />
doch von der Verabschiedung des entsprechenden Gruppenantrages am 28. Mai im<br />
Deutschen Bundestag. Somit sind einige Abgeordnete der CDU/CSU Fraktion Ihrer<br />
Überzeugung und den schlagkräftigen Argumenten gefolgt und haben so die<br />
Gesetzesverabschiedung ermöglicht.<br />
Nun folgt jedoch ein zäher Prozess, da die einzelnen Bundesländer Richtlinien zur<br />
Umsetzung des Gesetzes verabschieden müssen und der Gemeinsame<br />
Bundesausschuss die entsprechenden Kriterien zur Vergabe festlegen muss.<br />
In Duisburg und dem Kreis Wesel, wo es bisher schon keinen Druckraum gibt, steht<br />
die Originalstoffvergabe weiterhin in ferner Zukunft.<br />
5.2.1 Primär- und Sekundärprävention<br />
5.2.1.1 Spritzenaustauschprogramm<br />
Die AIDS-Hilfe Duisburg/Kreis Wesel nimmt weiterhin mit den von ihr betreuten<br />
Spritzenautomaten am Projekt der AIDS-Hilfe NRW e. V. teil. Die Standorte befanden<br />
sich in Wesel, Duisburg-Walsum und Duisburg-Hochfeld. Die Spritzenautomaten<br />
werden je nach Frequentierung von uns regelmäßig in ein- bis zweiwöchigem<br />
Rhythmus neu bestückt.<br />
Für den Spritzenautomaten in Moers haben wir nach Abriss des<br />
Feuerwehrgerätehauses an der Abteistr. 9 einen neuen Standort beantragt. Das<br />
Ordnungsamt hatte keine ordnungsrechtlichen Bedenken und hat den Antrag an den<br />
Fachdienst Grünflächen weitergeleitet. Da jedoch an dem von uns favorisierten<br />
68
Standort – dem Bahnhof Moers – umfangreiche Bauarbeiten durchgeführt wurden,<br />
mussten wir die Neuaufstellung des Automaten in Moers zurückstellen.<br />
Durch den Zusammenschluss der städtischen Drogenberatung und der<br />
Drogenberatung der Diakonie zum Suchthilfeverbund Duisburg wurde der Standort<br />
der Drogenberatung in Duisburg-Walsum aufgelöst. Da hier unser Spritzenautomat<br />
betrieben wurde und die Räumlichkeiten zunächst von einer Grundschule genutzt<br />
werden sollen und anschließend der Abriss vorgesehen ist, musste auch dieser<br />
Spritzenautomat abgebaut werden. Hierfür gilt es einen neuen Standort zu suchen.<br />
5.2.1.2 Suchtprävention bei Partydrogen<br />
Am 13.02.<strong>2009</strong> führten wir eine Aktion zur Suchtprävention bei Partydrogen und HIV-<br />
Prävention bei Partybesuchern im Delta-Musik Park durch. Diese Aktion wurde<br />
ermöglicht durch die Duisburger Stiftung für Umwelt, Gesundheit und Soziales. Für<br />
die Aktion haben wir kleine Päckchen zusammen gestellt: Sie beinhalten Ohrstöpsel,<br />
Kondom und Vitaminbonbon. Ergänzt werden sie entweder durch den Kartensatz<br />
„Drugs, just say know“ oder für Besucher, die keine Ambitionen auf Partydrogen<br />
haben, mit dem „Heutiger Wissensstand“ der DAH. Um das Päckchen zu erhalten,<br />
mussten die BesucherInnen Fragen zu HIV/AIDS oder Partydrogen beantworten.<br />
Nach Auswertung der Aktion stellte sich heraus, dass ein AIDS-Hilfe Stand<br />
Berührungsängste auslöst. Mit Hilfe der Kreativität unserer beiden Praktikantinnen<br />
Sandra und Yvonne, die u. a. auch eine Umfrage bei Partybesuchern vorgenommen<br />
haben, wird das Partydrogenprojekt zukünftig unter dem Namen<br />
@drugthive durchgeführt.<br />
Dieses Projekt wurde zweimal in der Diskothek „RAJ“ in Wesel und bei der<br />
„Ulltraschall-Party“ zum Welt-AIDS-Tag in Duisburg umgesetzt. Das Projekt kommt<br />
sehr gut bei den Partybesuchern und Partyveranstaltern an und soll weiterhin – im<br />
Rahmen der vorhandenen Ressourcen – umgesetzt werden.<br />
Hier sei der ehemaligen Praktikantin Yvonne Leuverink besonderer Dank gesagt, die<br />
unermüdlich für dieses Projekt erfolgreich Kontakte knüpft und ehrenamtlich das<br />
Projekt mit durchführt.<br />
69
Ehrenamtlerin Yvonne Leuverink und Ralf Runniger beim Projekt @drugthive<br />
5.2.2 Substitution<br />
5.2.2.1 Entwicklung der Wochenendvergabe<br />
Auch im Jahre <strong>2009</strong> haben wir über das komplette Jahr an allen Sams-, Sonn- und<br />
Feiertagen die Vergabe von Methadon in der AIDS-Hilfe in Duisburg durchgeführt.<br />
Die Anzahl der Substituierten lag im Durchschnitt bei 85 Personen, wobei die<br />
geringste Teilnehmerzahl 55 und die höchste Zahl 112 Klienten betrug, die die<br />
Vergabe besuchten. Die Vergabezeit beträgt 1,5 Stunden. Weiterhin wird die<br />
Vergabe von einem ehrenamtlichen Mitarbeiter und einem Arzt durchgeführt. Zur<br />
Vergabe entsenden insgesamt fünf Ärzte ihre Patienten.<br />
Die Zusammenarbeit zwischen den Ärzten und unseren ehrenamtlichen<br />
MitarbeiterInnen, den Apotheken und der Polizei verlief weiterhin reibungslos. An<br />
dieser Stelle einen Dank an die ehrenamtlichen MitarbeiterInnen für ihr Engagement<br />
und ihre Mithilfe.<br />
Aufgrund der großen Anzahl der Substituierten innerhalb einer kurzen Zeit gab es im<br />
Jahr <strong>2009</strong> Beschwerden aus der Nachbarschaft. In Rücksprache mit den Ärzten<br />
wurden nochmal Kriterien für die Ausgabe formuliert und den Substituierten mitgeteilt<br />
und in der Nachbarschaft um Verständnis geworben. Bisher hat sich diese<br />
Vorgehensart bewährt.<br />
Am letzten Sonntag im Monat wurde weiterhin ehrenamtlich ein Frühstück für die<br />
Substituierten organisiert. Dieses wird mit Lebensmitteln der Duisburger Tafel<br />
gespeist. Das Frühstück wird sehr gut angenommen. Hier besteht die Möglichkeit,<br />
neben dem reinen „Abschlucken“ des Methadons, Sorgen und Nöte auszutauschen.<br />
Meist können die TeilnehmerInnen noch Lebensmittel mit nach Hause nehmen. Hier<br />
gilt unser Dank den ehrenamtlichen Mitarbeitern und der Duisburger Tafel e. V. und<br />
dem Verein Bürger für Bürger e. V. für ihr Engagement.<br />
70
5.2.2.2 Psychosoziale Begleitung Substituierter (PSB)<br />
Die psychosoziale Begleitung von HIV-Positiven / an AIDS erkrankten Substituierten<br />
ist ein weiterer Bestandteil der Drogenarbeit innerhalb der AIDS-Hilfe. Für diese<br />
Begleitung werden konstant zwanzig Plätze zur Verfügung gestellt, wobei sich die<br />
Arbeit auf die in der Begleitung tätigen hauptamtlichen Mitarbeiter verteilt.<br />
Im Vordergrund der PSB steht die Stabilisierung der Klienten, die in ihrer<br />
Lebenssituation gestärkt und unterstützt werden. Die Zielsetzung der PSB erfolgt<br />
dabei im Wesentlichen nach den Bedürfnissen der Klienten. Das bedeutet in erster<br />
Linie, dass das subjektive Wohlbefinden der jeweiligen Person und die<br />
Lebensverhältnisse verbessert werden sollen. Entsprechend dieser Zielsetzung steht<br />
bei einigen Substituierten die Verbesserung des Gesundheitsstatus im Mittelpunkt,<br />
während bei anderen die Sicherung der materiellen Grundversorgung oder der<br />
Aufbau sozialer Netze im Vordergrund stehen kann.<br />
Dies kann in medizinischer Hinsicht bedeuten, dass wir in eine Substitution<br />
vermitteln. Da es sich hier nur um wenige Einzelfälle handelt und wir gute Kontakte<br />
zu den substituierenden Ärzten pflegen, gelingt dies in der Regel problemlos. Des<br />
Weiteren stellen wir den Kontakt zu HIV-Schwerpunkt-Ärzten her und unterstützen<br />
die DrogengebraucherInnen, die zum Teil starke Berührungsängste mit Ärzten dieser<br />
Fachrichtung haben, sich in eine adäquate Behandlung zu begeben. Es ist jedoch<br />
schwierig, neue Klienten in ein relativ schematisches Korsett zu bringen, welches für<br />
eine HIV Behandlung notwendig ist (regelmäßige Überwachung der HIV/AIDS-<br />
Parameter, regelmäßige Tabletteneinnahme (Compliance/Adhärenz).<br />
Ein weiterer Schwerpunkt liegt in der Hepatitis C-Beratung, da in den meisten Fällen<br />
bisher die Hepatitis-Behandlung bei DrogengebraucherInnen nicht durchgeführt<br />
wurde und die Behandlung auch bei den Betroffenen große Ängste auslöst. Da<br />
gerade im Bereich Hepatitis C Behandlung neue Medikamente in absehbarer Zeit zur<br />
Verfügung stehen, gilt es für uns, die Begleiteten entsprechend zu beraten.<br />
Im Rahmen der PSB ist es für uns wichtig, die Ressourcen der Begleiteten zu<br />
wecken. Durch die eigene Bewältigung von Problemen und Aufgaben erfahren sie<br />
eine Stärkung ihres Selbstwertgefühles.<br />
Soziale Kontakte sind ein Hauptwunsch der Begleiteten, wobei diese außerhalb der<br />
Szene liegen sollen. Teilweise funktioniert dieses in einer selbst aufgebauten<br />
Vernetzung der von uns Begleiteten untereinander, teilweise ist dieses aber auch<br />
recht schwierig und wir versuchen der Vereinsamung durch ehrenamtliche<br />
Begleitung entgegenzuwirken.<br />
5.2.3 Niedrigschwellige Arbeit mit illegalisierten DrogengebraucherInnen<br />
Seit Dezember 2008 wird von der AIDS-Hilfe Duisburg Kreis Wesel e. V. auf der<br />
Platte Streetwork durchgeführt. Dies wurde zunächst durch den hauptamtlichen<br />
Mitarbeiter für den Drogenbereich und einen ehemaligen Praktikanten Tim P. eine<br />
71
ehemalige Praktikantin Sandra K. durchgeführt. Wir versuchten, das Angebot jede<br />
Woche aufrechtzuerhalten. Ab September nahm die Drogenberatung der Diakonie<br />
das Streetwork wieder auf und wir besuchten die Szene im vierzehntägigen Wechsel.<br />
Beim Streetwork werden Spritzen, Kondome und Care Sets verteilt, Fragen zu<br />
HIV/AIDS und Hepatitiden beantwortet. Ein guter Kontakt und eine vertrauensvolle<br />
Basis haben sich entwickelt. Das Ziel, eine JES-Gruppe zu reaktivieren, ließ sich<br />
jedoch bisher nicht umsetzen. JES (Junkies, Ehemalige, Substiutierte) ist eine<br />
bundesweite Selbsthilfestruktur im illegalen, akzeptierenden Drogengebrauch und<br />
war jahrelang in Duisburg fest etabliert. Aufgrund der Einstellung der Landesmittel in<br />
diesem Bereich wurde eine vorhandene und erfolgreiche Struktur zerschlagen.<br />
5.2.4 „Nationaler Gedenktag für verstorbene DrogengebraucherInnen“<br />
am 21. Juli<br />
Zum Nationalen Gedenktag für verstorbene DrogengebraucherInnen haben wir<br />
nachfolgenden Pressetext versandt:<br />
Pressetext++++++Pressetext++++++Pressetext++++++Pressetext<br />
Menschenwürde in der Drogenpolitik – ohne Legalisierung geht es<br />
nicht!<br />
Unter diesem Motto zieht die AIDS—Hilfe Duisburg/Kreis Wesel e. V. anlässlich des<br />
nationalen Gedenktages für verstorbene Drogengebraucher am 21. Juli Bilanz der<br />
bisherigen Drogenpolitik.<br />
In den vergangenen drei Jahren ist die die Zahl der Drogentoten in Nordrhein-<br />
Westfalen und bundesweit - wie aus nachstehender Tabelle ersichtlich ist –<br />
kontinuierlich angestiegen. In Duisburg ist nach einem Rückgang im Jahr 2007 mit<br />
26 Drogentoten die zweithöchste Zahl an verstorbenen Drogengebrauchern<br />
seit 1999 zu beklagen.<br />
Drogentote 2006-2008<br />
2008 2007 2006<br />
Duisburg 26 9 15<br />
NRW 380 374 350<br />
Deutschland 1449 1394 1296<br />
„Leider hat sich meine Befürchtung aus dem letzten Jahr, dass die Zahl der<br />
Drogentoten in NRW ansteigen wird, bewahrheitet“, erklärt hierzu Rolf Ringeler,<br />
Vorstandsvorsitzender der AIDS-Hilfe Duisburg/Kreis Wesel e. V.. „Die<br />
Drogengebraucher sind aufgrund des Runderlasses des Justizministeriums NRW<br />
vom 30.07.07 kriminalisiert worden, da die Eigenbedarfsgrenze für so genannte harte<br />
Drogen, also vor allem Heroin, Kokain und Amphetamin (zuvor 0,5 Gramm)<br />
aufgehoben wurde. Durch diese Kriminalisierung privatisiert sich die Szene<br />
zunehmend, der Konsum findet in privaten Wohnungen statt und erschwert somit<br />
den Zugang der Hilfssysteme zu den Hilfebedürftigen.“<br />
„Verstärkt wird dies in Duisburg durch den Versuch der Ordnungskräfte, durch die<br />
Auflösung von nicht angemeldeten Versammlungen verbunden mit der Androhung<br />
72
von Platzverweisen, die Einkaufsmeile frei von Individuen unerwünschten Aussehens<br />
und Verhaltens zu bekommen“, berichtet Ralf Runniger, der hauptamtliche<br />
Mitarbeiter. „Hier wird von der Politik die Unsichtbarmachung von<br />
Drogengebrauchern in den immer größer werdenden ökonomisierten Teilen der<br />
Stadt (mit Passagen und Einkaufscentern) versucht, den Drogengebrauchern, die<br />
bereits weitgehend vom Bildungs- und Arbeitsmarkt ausgeschlossen sind, auch noch<br />
den öffentlichen Raum der Stadt zu nehmen“, führt Ralf Runniger weiter aus.<br />
„Des Weiteren sollen die Streetworker instrumentalisiert werden, die<br />
Drogengebraucher an die vom Ordnungsamt gewünschten Stellen zu zentrieren.<br />
Dies soll dadurch geschehen, dass die Streetworker nicht – wie üblich – auf der<br />
Platte, die seit Jahren einen festen Standort hat , aufsuchen, sondern das Angebot<br />
der Spritzen- , Care-Pack- und Kondomverteilung am Rande der „schönen und<br />
sauberen Einkaufswelt“ - unterbreiten sollen -“, ergänzt Ralf Runniger.<br />
Wer das Geschehen zwar kritisch aber auch differenziert betrachtet, erkennt<br />
allerdings auch positive Entwicklungen:<br />
„Einen Meilenstein auf dem Weg zu einer praxisnahen Versorgung<br />
Heroinabhängiger sehe ich in der Verabschiedung des Gesetzes zur<br />
diamorphingestützten Substitutionsbehandlung am 28.05.<strong>2009</strong>“, führt Rolf Ringeler<br />
aus. „Ich bedanke mich bei allen Bundestagsabgeordneten, die dazu beigetragen<br />
haben, dass sich nun eine Parlamentsmehrheit für das seit Jahren von uns<br />
geforderte Gesetz gefunden hat.“<br />
„Nun gilt es, zügig im Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) die Kriterien für die<br />
Abrechenbarkeit der heroingestützten Substitutionsbehandlung festzulegen, damit<br />
weitere Städte Anträge bei den entsprechenden Landesbehörden stellen können“,<br />
ergänzt Ralf Runniger. „Ob Duisburg den Mut hat und sich für eine Beantragung<br />
entscheidet und damit eine Grundlage zur Verringerung der Drogentoten legt?“, ist<br />
für Ralf Runniger allerdings fraglich.<br />
Besonders positiv für Duisburg ist zu vermerken, dass aufgrund des hohen<br />
Engagements einzelner Ärzte eine gut funktionierende Substitutionsbehandlung<br />
ohne Bestehen einer Warteliste vorgehalten wird und durch die Zusammenarbeit<br />
zwischen AIDS-Hilfe und den substituierenden Ärzten die Vergabe an Wochenenden<br />
und an Feiertagen seit über 10 Jahren beispielhaft geregelt ist. Hinzu kommt seit<br />
2004 die Substitutionsbehandlung im Bertha Krankenhaus bei Patienten mit<br />
psychischer Co-Morbidität, wobei hier allerdings nur sehr wenige Plätze zur<br />
Verfügung stehen.<br />
„Letztendlich halten wir unser Fernziel, nämlich die Legalisierung aller Substanzen im<br />
Auge“ erklärt Rolf Ringeler. „Die Vorteile, die die Abkehr in der Drogenpolitik von<br />
Prohibition und Repression bietet, wie z. B.: Austrocknung des Schwarzmarktes,<br />
drastische Reduzierung von Beschaffungsdelikten, deutliche Verringerung<br />
gesundheitlicher Risiken und Schädigungen Drogen gebrauchender Menschen und<br />
somit eine Verringerung der Drogentoten diskutieren wir gern mit Ihnen an unserem<br />
Infostand“, fährt Rolf Ringeler fort.<br />
73
„Drogengebrauch und Drogenmissbrauch sind nicht durch Abschreckung,<br />
Verordnung oder Strafandrohung abschaffbar. Hilfe statt Strafe muss oberstes<br />
Prinzip der Drogenpolitik bleiben“, fordert Ralf Runniger zum Abschluss.<br />
Die AIDS-Hilfe lädt am Dienstag, dem 21.07.09 von 11 bis 13.30 Uhr an ihren<br />
Infostand auf der Königstraße in Höhe des König-Heinrich-Platzes zwischen U-Bahn-<br />
Ausgang und Fontänen-Brunnen zur Diskussion ein.<br />
Aktion zum „Nationalen Gedenktag für verstorbene DrogengebraucherInnen“<br />
am 21.07.<strong>2009</strong><br />
Am 21.07.<strong>2009</strong> gedachten wir in der Fußgängerzone auf der Königstraße in Höhe<br />
des König-Heinrich-Platzes der im letzten Jahr verstorbenen<br />
DrogengebraucherInnnen mit einem Infostand.<br />
Wir verteilten einen Folder, der auf der Vorder- und Rückseite mit einem Gedicht<br />
und zusätzlich auf der Vorderseite mit einem Tribal versehen war. Den Folder<br />
versahen wir mit unserer Pressemitteilung, der aktuellen gemeinsamen<br />
Stellungnahme des Bundesverbandes der Eltern und Angehörigen für akzeptierende<br />
Drogenarbeit e. V. , Landesverbandes der Eltern und Angehörigen für humane und<br />
akzeptierende Drogenarbeit NRW e. V., des JES Bundesverbandes, des<br />
Landesverbandes JES NRW e. V., der DAH e. V., der DGS e. V. und von akzept e.<br />
V.. Des Weiteren enthielt der Folder unsere Forderungen zur schrittweisen<br />
Legalisierung bisher illegalisierter Substanzen. Wir postierten 26 Grablichter als Zahl<br />
(die Zahl der im Jahr 2008 verstorbenen DrogengebraucherInnen).<br />
74
Wir verzeichneten eine gute Presseresonanz, vor Ort waren die NRZ und WAZ, das<br />
WDR Lokalfernsehen Duisburg und Sat 1. Es gab einen Artikel in NRZ online und<br />
der 1. Vorsitzende Rolf Ringeler wurde im Studio 47 interviewt.<br />
5.2.5 Teilnahme an Arbeitskreisen<br />
Die AIDS-Hilfe Duisburg/Kreis Wesel e. V. ist durch den hauptamtlichen Mitarbeiter<br />
für den vorgenannten Bereich in dem Arbeitskreis Suchtmedizin (Qualitätszirkel der<br />
substituierenden Ärzte) und an der PSAG Basisarbeitsgruppe „Suchtkrankenhilfe“<br />
vertreten.<br />
Für den Arbeitskreis Suchtmedizin organisierten wir in Zusammenarbeit mit der<br />
Firma Gilead am 04. Juni eine Fortbildung zum Thema „Grundlagen der HIV-<br />
Therapie in der Suchtmedizin“ mit dem Referenten Herrn Oberarzt Dr. Stefan<br />
Esser von der Uniklinik Essen, der wie immer einen interessanten und kurzweiligen<br />
Vortrag über das aktuelle HIV-Geschehen hielt. Die Veranstaltung fand bei den<br />
substituierenden Ärzten ein sehr positives Feedback, da auch Rückfragen möglich<br />
waren und diese umfassend beantwortet wurden.<br />
5.3 HIV und Strafvollzug<br />
Das Angebot der „Strukturellen HIV- und STI- Präventionsarbeit im Strafvollzug“<br />
wurde auch <strong>2009</strong> durch die AIDS-Hilfe Duisburg/Kreis Wesel e.V. auf der lokalen und<br />
landesweiten Ebene umgesetzt. Auf der landesweiten Ebene erfolgte die Arbeit<br />
ausschließlich in Vernetzung und Kooperation mit Institutionen, die im Bereich „HIV<br />
und Strafvollzug“ tätig sind (wie z.B. bei dem Landesarbeitskreis Drogen und Haft der<br />
AIDS-Hilfe NRW e.V.).<br />
Auf der lokalen Ebene wurde mit den vorhandenen Untersuchungshaftanstalten, dem<br />
offenen Vollzug sowie den Gerichten und Staatsanwaltschaften der Region<br />
kooperiert, um die Präventionsarbeit Bedienstete und Inhaftierte im Bereich<br />
Strafvollzug zu platzieren. Ziel war die Wissensvermittlung von Übertragungswegen<br />
75
und Schutzmöglichkeiten im Themenfeld STD´s, vor allem im Hinblick auf HIV und<br />
die Hepatitiden. Weitere Arbeitsschwerpunkte waren die Begleitung HIV-positiver<br />
Inhaftierter sowie die Einzelberatung von Inhaftierten im Rahmen von<br />
Sprechstunden.<br />
5.3.1 Einführung<br />
Die Arbeit in den Untersuchungshaftanstalten, sowie neuerdings seit dem Jahr <strong>2009</strong><br />
in der Haftanstalt für Männer in Oberhausen, wurde, den Gegebenheiten des<br />
Vollzugsalltages angepasst, umgesetzt. Hierbei ist eine beständige und regelmäßige<br />
Arbeit unabdingbar, da der Vollzug eher durch einen strukturierten Alltag und durch<br />
ein hohes Maß an Regelmäßigkeit geprägt ist.<br />
Daher wurde in dem Berichtszeitraum kein neues innovatives Projekt in den<br />
Haftanstalten umgesetzt.<br />
Was im Jahr <strong>2009</strong> jedoch neu war und den Fachbereich „Gesundheitsförderung bei<br />
Menschen in Haft“ geprägt hat, ist die erstmalig erreichte Refinanzierung der<br />
primärpräventiven Arbeit der AIDS-Hilfe durch das Justizministerium NRW. Diese<br />
unabdingbare Voraussetzung zum Erhalt der entsprechenden Angebote konnte<br />
durch die Überzeugungskraft eines, im vorangegangenen Jahr erstellten Konzeptes<br />
erreicht werden, an dem neben MitarbeiterInnen aus der AIDS-Hilfe NRW e.V. vor<br />
allem auch Personen aus den Haftanstalten beteiligt waren und ihr Wissen mit<br />
eingebracht haben. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an alle, die an der<br />
Konzepterstellung beteiligt waren! Für diese neue, auf einer vertraglichen Grundlage<br />
basierende Kooperation mit der Haftanstalt wurde zu Bewerbungszwecken unserer<br />
Angebote in den Haftanstalten ein Flyer entwickelt. Dieser wurde durch einen<br />
Mitarbeiter der AIDS-Hilfe Bochum e.V. layoutet. Auch hier ein herzliches<br />
Dankeschön für die Unterstützung!<br />
Es sei zum Ende noch erwähnt, dass nach unseren Kenntnissen die AIDS-Hilfe<br />
Duisburg/Kreis Wesel e.V. bundesweit die erste in der Präventionsarbeit tätige<br />
Einrichtung ist, die über ein Justizministerium eine Refinanzierung für ihre<br />
primärpräventivenTätigkeiten im Vollzug erhält.<br />
5.3.2 Landesweite Vernetzung<br />
Teilnahme an Arbeitskreisen<br />
Der hauptamtliche Mitarbeiter hat regelmäßig an dem Landesarbeitskreis „Drogen<br />
und Haft“ der AIDS-Hilfe NRW e.V. teilgenommen. Durch den regelmäßig<br />
stattfindenden fachlichen Austausch wurde die Arbeit kontinuierlich modifiziert,<br />
einheitliche Standards erarbeitet und somit die lokale Arbeit weiter professionalisiert.<br />
Der hauptamtliche Mitarbeiter nahm im Rahmen der landesweiten Vernetzung an<br />
verschiedenen Arbeitskreisen und Tagungen teil.<br />
Seit mehreren Jahren ist der hauptamtliche Mitarbeiter der AIDS-Hilfe Duisburg/Kreis<br />
Wesel e.V. Sprecher des Landesarbeitskreises Drogen und Haft. Mit dieser Tätigkeit<br />
ist ein erhöhter zeitlicher Aufwand verbunden, da die Funktion des Sprechers unter<br />
anderem die regelmäßige Absprache mit der zuständigen Mitarbeiterin der<br />
76
Landesgeschäftsstelle zu Themenschwerpunkten für Landesarbeitskreise „Drogen<br />
und Haft“ sowie die Vertretung bei landesweiten Gremien beinhaltet.<br />
5.3.3 Lokale Arbeit des Projektes ,HIV und Strafvollzug’<br />
Der Arbeitsbereich „Gesundheitsförderung für Menschen in Haft“ bedient die<br />
Untersuchungshaftanstalt Duisburg-Hamborn sowie die Zweiganstalten Duisburg-<br />
Mitte, Dinslaken, Oberhausen und den offenen Vollzug in Moers Kapellen. Inhaltliche<br />
Schwerpunkte der Arbeit sind:<br />
- Primär- und Sekundärprävention zum Themenfeld HIV/AIDS, Hepatitiden<br />
sowie andere sexuell übertragbare Krankheiten<br />
- Begleitung und Interessensvertretung HIV-positiver Inhaftierter<br />
- Einzelberatung von Inhaftierten<br />
- Mitarbeiterschulungen<br />
- Verschiedene Veranstaltungen<br />
5.3.4 Gesundheitliche Belastungen von Inhaftierten<br />
Die Hauptinfektionswege von HIV und Hepatitiden sind das gemeinsame Benutzen<br />
gebrauchter Spritzutensilien beim i.v. Drogenkonsum, sexuelle Kontakte und<br />
Tätowieren / Piercen. Daher hat die Präventionsarbeit der AIDS-Hilfe Duisburg/Kreis<br />
Wesel e.V. eine starke Fokussierung auf diese Übertragungswege.<br />
Hier ein Umriss der Risikosituationen anhand statistischer Forschungsergebnisse:<br />
Drogenkonsum<br />
I.v. Drogenkonsum ist bei inhaftierten Drogenabhängigen zwar weniger verbreitet als<br />
außerhalb, aber die Inhaftierten, die ihren Konsum in Haft fortsetzen, tun dies unter<br />
hoch riskanten Bedingungen und in der Regel in Form eines gemeinsamen<br />
Gebrauches von Spritzen, Nadeln und Spritzutensilien. Wedershoven (s.<br />
Wedershoven C. Katamnese der HIV-Infektion bei drogenabhängigen und nichtdrogenabhängigen<br />
Inhaftierten im Vergleich im Justizvollzug des Landes Nordrhein-<br />
Westfalen. 1998) bestätigt, dass unsterile Spritzutensilien die Hauptinfektionsquelle<br />
der von ihr untersuchten Gefangenen darstellt. Knapp fand, dass bei den von ihm<br />
befragten Inhaftierten positiven Strafgefangenen bis zu neun Personen eine Spritze<br />
zusammen benutzten (s. Knapp R. AIDS im Strafvollzug. Zur Situation HIV-Infizierter<br />
und AIDS-Kranker Strafgefangener unter besonderer Berücksichtigung der<br />
Problematik intramuralen Drogenkonsums: Ergebnisse einer empirischen Erhebung<br />
und rechtliche Konsequenzen. Bonn (Unveröff. Diss.) 1996).<br />
Sexuelle Beziehungen<br />
Sexualität ist in den Haftanstalten genauso präsent, wie der illegale Drogenkonsum.<br />
Die Thematisierung von gleichgeschlechtlicher Sexualität ist jedoch so gut wie<br />
unmöglich. Wenige Haftanstalten gestatten Langzeitinhaftierten heterosexuelle<br />
Kontakte im Rahmen der Besuchszeit von (Ehe-) PartnerInnen (z.B. JVA Werl, JVA<br />
für Frauen Vechta) oder bei Haftlockerungen der Inhaftierten sexuelle Kontakte im<br />
Rahmen des Urlaubes.<br />
77
Es scheint jedoch, dass das „Verbot“ der Ausübung von Sexualität als Teil der Strafe<br />
angesehen wird. Dies wird nicht zuletzt von den Inhaftierten selbst so gesehen. Der<br />
Drang nach sexuellen Handlungen führt zu einer Abspaltung der Sexualität von der<br />
allgemeinen sozialen Haltung der Inhaftierten. Es werden gleichgeschlechtliche<br />
Handlungen praktiziert, die konträr zur Haltung und allgemeinen Aussage der<br />
Inhaftierten stehen. Durch diese abgetrennte, nicht akzeptierte Sexualität wird<br />
teilweise bzw. vollständig auf Kondomgebrauch verzichtet. Die Prävention steht hier<br />
vor einem Dilemma. Der Thematisierung von gleichgeschlechtlicher Sexualität in<br />
Präventionsveranstaltungen wird mit Anlehnung begegnet. Um Inhaftierten die<br />
Möglichkeit eines Beratungsgespräches zu ermöglichen, wo Fragen zu<br />
Übertragungswegen vertrauensvoll beantwortet werden, bietet die AIDS-Hilfe daher<br />
seit 2007 eine Hepatitis- / HIV-Sprechstunde in den Haftanstalten Hamborn und<br />
Dinslaken an.<br />
Tätowieren / Piercen<br />
Tätowieren und Piercen ist wie das Benutzen unsteriler Injektionsnadeln eine<br />
Übertragungsmöglichkeit von Hepatitis C und, in geringerem Ausmaß, von HIV.<br />
Leider wurden bis dato keine Studien in Haftanstalten durchgeführt, um hier eine<br />
Aussage in Richtung Risiko, Gebrauch und Infektionszahlen von Inhaftierten über<br />
Tätowieren und Piercen zu treffen.<br />
Die AIDS-Hilfe thematisiert diese gesundheitsgefährdenden Verhaltensweisen bei<br />
ihrer Präventionsarbeit und bietet den Rahmenbedingungen entsprechende<br />
Lösungsansätze an.<br />
5.3.4.1 Primär- und Sekundärprävention<br />
Der hauptamtliche Mitarbeiter hat regelmäßig Informationsveranstaltungen in den<br />
Justizvollzugsanstalten durchgeführt. Neben den Übertragungswegen von HIV und<br />
Hepatitiden wurden die Behandlungsmöglichkeiten und mögliche Schutzmaßnahmen<br />
angesprochen (Desinfektion von gebrauchten Spritzen, Förderung des<br />
„Blutbewusstseins“, Vorgehen bei Nadelstichverletzungen und Safer Sex - Praktiken<br />
{bei Männern, die Sex mit Männern haben sowie Frauen, die Sex mit Frauen<br />
haben}).<br />
5.3.4.2 Begleitung<br />
Der Arbeitsbereich „Strukturelle HIV- und STI- Präventionsarbeit im Strafvollzug“<br />
bietet den inhaftierten Frauen und Männern die Möglichkeit, regelmäßig (in der Regel<br />
alle zwei Wochen) mit einem Mitarbeiter der AIDS-Hilfe Duisburg/Kreis Wesel e.V. zu<br />
sprechen. Die Erstgespräche werden von dem hauptamtlichen Mitarbeiter<br />
durchgeführt. Hier werden folgende Aspekte erörtert: Bedarf des Inhaftierten,<br />
Stadium der HIV-Infektion, medizinische Behandlung sowie die Angebote der AIDS-<br />
Hilfe (z.B. Knastpakete, Therapievermittlung, Resozialisierung nach der<br />
Haftentlassung etc.). Die regelmäßigen Besuche werden durch einen<br />
hauptamtlichen Mitarbeiter oder ggf. von einem ehrenamtlichen Mitarbeiter<br />
durchgeführt. Im Sinne einer professionellen psycho-sozialen Begleitung besteht für<br />
die ehrenamtlichen Mitarbeiter das Angebot der „Drogen- / Knast-Gruppe“. Ziel des<br />
78
zweiwöchentlich verfügbaren Angebotes ist der fachliche Austausch von<br />
Begleitungsfällen, Absprachen von Veranstaltungen und eine supervisorische<br />
Beratung für die Begleiter.<br />
Außenansicht des neu erstellten Flyers<br />
5.3.4.3 HIV- und Hepatitissprechstunde<br />
Nach Absprache mit dem Anstaltsarzt der JVA-Hamborn bietet die AIDS-Hilfe<br />
Duisburg/Kreis Wesel e.V. seit 2006 in der Zweiganstalt Dinslaken eine HIV- und<br />
Hepatitissprechstunde an und seit 2007 in der Haftanstalt Hamborn. Seit <strong>2009</strong><br />
werden auch die Zweiganstalten Duisburg-Innenstadt und Oberhausen bedient.<br />
Ziel der Sprechstunde ist es, in einem geschützten Rahmen Fragen an den<br />
Mitarbeiter der AIDS-Hilfe stellen zu können, die bei einer Informationsveranstaltung<br />
im größeren Rahmen durch Scham, gesellschaftliche Tabuisierung bzw.<br />
Sanktionsgefahr von Seiten der Anstalten nicht thematisiert werden (Needlesharing,<br />
Drogenkonsum, MSM und FSF). Die Sprechstunde wird durch Plakate und den neu<br />
erstellten Flyer beworben und Interessierte können sich durch einen Antrag an den<br />
Sozialdienst für die Sprechstunde anmelden.<br />
Innenansicht des neu erstellten Flyers<br />
79
5.3.4.4 Mitarbeiterschulung<br />
Durch den Arbeitsbereich „Strukturelle HIV- und STI- Präventionsarbeit im<br />
Strafvollzug“ werden für die Bediensteten der Justizvollzugsanstalten, den Gerichten<br />
sowie den Staatsanwaltschaften Informationsveranstaltungen angeboten (siehe<br />
hierzu: Infektionsschutz „Gemeinsamer Runderlass des Ministeriums für Inneres und<br />
Justiz (4550 – IV B. 65) und des Ministeriums für Frauen, Jugend, Familie und<br />
Gesundheit (V A 4 – 0392.3)“) . Inhalte der Veranstaltungen sind vornehmlich die<br />
Einhaltung der Hygienestandards, Vorgehen nach einer Nadelstichverletzung und die<br />
Wissensvermittlung von Übertragungswegen, Behandlungsmöglichkeiten im Bezug<br />
auf HIV und Hepatitiden und darüber hinaus die Impfmöglichkeiten bei einigen<br />
Hepatitiden.<br />
5.3.4.5 Veranstaltungen<br />
Der hauptamtliche Mitarbeiter war bei mehreren Veranstaltungen in den<br />
Justizvollzugsanstalten präsent, um als Ansprechpartner bekannt zu werden.<br />
Darüber hinaus wurden medienwirksame Veranstaltungen selbst organisiert, um das<br />
Thema „HIV und Strafvollzug“ in der Öffentlichkeit zu thematisieren.<br />
Zu diesen Veranstaltungen zählten unter anderem die Teilnahme am Sommerfest<br />
der Frauenhaftanstalt sowie die Amtseinführung der neuen Haftanstaltsleiterin sowie<br />
die Teilnahme an einer Weihnachtsfeier in der Haftanstalt Hamborn.<br />
5.3.5 Resümee<br />
Der Arbeitsbereich „Strukturelle HIV- und STI- Präventionsarbeit im Strafvollzug“<br />
kann auf ein erfolgreiches Jahr zurückschauen. Die Kooperation mit den Anstalten ist<br />
konstant, kontinuierlich und produktiv. Die Angebote der AIDS-Hilfe wurden sehr gut<br />
angenommen.<br />
Gerade durch die vertragliche Grundlage mit den Haftanstalten konnte eine<br />
regelmäßige und kontinuierliche Arbeit sichergestellt werden. Jedoch ist damit auch<br />
eine erhöhte Verbindlichkeit und durch die Ausweitung des Betätigungsfeldes auf die<br />
Haftanstalt Oberhausen auch ein erhöhter zeitlicher Aufwand verbunden.<br />
5.4 Frauen und AIDS - Prävention bei Frauen in besonderen<br />
Lebenslagen<br />
Auch im Jahr <strong>2009</strong> ließ sich das Projekt ‚Frauen und AIDS’ der AIDS-Hilfe Duisburg /<br />
Kreis Wesel e.V. mithilfe der Zielgruppenspezifischen Mittel des Landes NRW<br />
erfolgreich umsetzen, aufgrund personeller Fluktuation allerdings nur in erheblich<br />
begrenztem Umfang (s. 1.).<br />
Die Stelleninhaberin Judith Dewald trat Anfang April in den Mutterschutzurlaub ein<br />
und ihr Vertrag endete am 14.06. des Berichtsjahres. Wir bedanken uns bei Frau<br />
Dewald für zwei erfolgreiche Jahre, wünschen ihr für die Zukunft alles Gute und<br />
freuen uns, dass sie in begrenztem Umfang im AIDS-Hilfe-Dunstkreis verbleiben<br />
wird. Unter anderem wird sie als ehrenamtliche Mitarbeiterin der AIDS-Hilfe<br />
Oberhausen die Funktion als `Knotenfrau´ des bundesweiten Netzwerkes „Frauen<br />
und AIDS“ für die Region Ruhrgebiet und nordöstliches NRW weiter wahrnehmen.<br />
80
Die im Mai auserwählte Nachfolgerin konnte ihren Dienst erst am 01. August<br />
antreten und hat uns nach vielversprechendem Start bereits nach zwei Wochen aus<br />
unbekannten Gründen wieder verlassen. Somit mussten wir die Stelle erneut<br />
ausschreiben und konnten diese endlich ab dem 01.11.<strong>2009</strong> mit der Diplom-<br />
Pädagogin, Frau Petra Kurek, höchst kompetent besetzen. In der fast<br />
siebenmonatigen Vakanz hat natürlich nicht nur der Frauenbereich gelitten, sondern<br />
auch die verbliebene hauptamtliche Mannschaft durch mögliche Vertretungen an<br />
Belastungsgrenzen geführt. Ganz besonders hilfreich zur Wahrnehmung der<br />
dringendsten Angelegenheiten war der Umstand, dass Frau Anika Walther im<br />
Rahmen ihrer geringfügigen Beschäftigung (s. 5.6.) hier eingesprungen ist.<br />
Somit können wir nunmehr auch für das Berichtsjahr über die Umsetzung der<br />
strukturellen Prävention im Arbeitsbereich ‚Frauen und AIDS’ auf lokaler, regionaler<br />
und landesweiter Ebene berichten.<br />
Die Schwerpunkte im Jahr <strong>2009</strong> galten den Arbeitsbereichen Begleitung von HIVpositiven/<br />
an AIDS erkrankten Frauen, Gestaltung bedarfsgerechter<br />
Versorgungsstrukturen, Abbau gesellschaftlicher Diskriminierungen und<br />
Primärprävention spezifischer Zielgruppen innerhalb des Frauenbereiches.<br />
Auch in diesem Jahr erfolgte die Arbeit auf der landesweiten und regionalen Ebene<br />
ausschließlich in Vernetzung und Kooperation mit Institutionen, die im Bereich<br />
‚Frauen und AIDS’ tätig sind. Diese Vorgehensweise stellt vorhandene Ressourcen<br />
sicher und führt zu einer effizienten Arbeit im Bereich ‚Frauen und AIDS’.<br />
In der lokalen Arbeit ließ sich die Ausdifferenzierung der Aufgaben durch die<br />
Einbeziehung von ehrenamtlicher Arbeit –allerdings in reduzierter Weise- bei der<br />
Unterstützung der HIV-positiven / an AIDS erkrankten Frauen realisieren. Darüber<br />
hinaus waren auch auf dieser Ebene Kooperationen mit Institutionen relevant, um die<br />
begrenzten personellen Ressourcen möglichst effizient zu nutzen.<br />
5.4.1 Arbeitsbereich ‚Frauen und AIDS’ auf der lokalen Ebene<br />
Sicherstellung frauenspezifischer Beratung und Begleitung<br />
Auch im Jahr <strong>2009</strong> stellten die Projektnehmerinnen sicher, dass für Frauen, die sich<br />
telefonisch oder persönlich an die AIDS-Hilfe wendeten, die Option bestand, sich mit<br />
einer Frau über ihre Themen auseinandersetzen zu können. Für eine qualifizierte<br />
Beratung und Betreuung spielen geschlechtsspezifische Faktoren eine wichtige<br />
Rolle, die sich nicht ohne weiteres von männlichen Kollegen bearbeiten lassen.<br />
Besonders bei Frauen, deren kultureller oder religiöser Hintergrund einen offenen<br />
Umgang bezüglich Sexualität ausschließlich bei gleichgeschlechtlichen Personen<br />
akzeptiert, ist eine weibliche Ansprechpartnerin wichtig.<br />
Zusammenarbeit mit Ehrenamtlerinnen / betroffenen Frauen<br />
Für die lokale Arbeit ist es weiterhin notwendig, die Kapazitäten mithilfe von<br />
Ehrenamtlerinnen und positiven Frauen zu erweitern. Die Strategie der<br />
Projektnehmerinnen, sowohl Ehrenamtlerinnen als auch betroffene Frauen in die<br />
81
aktuelle frauenspezifische Arbeit mit einzubinden, wurde auch <strong>2009</strong> fortgesetzt und<br />
ließ sich zu Aktionen zum Internationalen Frauentag und zum Welt-Aids-Tag<br />
umsetzen. Trotz der Angst des unfreiwilligen „Outings“, die bei Aktionen vor Ort meist<br />
vorhanden ist, war es den Frauen möglich, uns für ein paar Stunden tatkräftig unter<br />
die Arme zu greifen.<br />
Primärprävention bei Frauen in besonderen Lebenslagen<br />
<strong>2009</strong> ließ sich die Präventionsarbeit auf dem Duisburger Straßenstrich –mit nahezu<br />
gleicher Frequenz wie im Vorjahr- erfolgreich mit dem Gesundheitsamt der Stadt<br />
Duisburg fortführen. Mit der regelmäßigen aufsuchenden Arbeit (in einem ca.<br />
zweiwöchigen Rhythmus) wird ein langfristiger Beziehungsaufbau zu den einzelnen<br />
Sexarbeiterinnen ermöglicht.<br />
In dem Arbeitsbereich der Bordelle in Duisburg wurde eine Nikolausaktion<br />
durchgeführt, in der Give-aways und Informationsmaterial zum Beratungs- und<br />
Untersuchungs-angebot an die Sexarbeiterinnen verteilt wurden.<br />
Öffentlichkeitsarbeit<br />
Unsere 3 Frauen in <strong>2009</strong>, v. li. n. re.: Judith Dewald, Anika Walther und Petra Kurek<br />
<strong>2009</strong> galt es neben der Kommunikationskampagne ‚XXelle’ auch die lokale AIDS-<br />
Hilfe und die Arbeit in dem Bereich ‚Frauen und AIDS’ zu präsentieren. Die<br />
Homepage war aufgrund ungeklärter Administration letztes Jahr nur zeitweise<br />
zugängig. Durch die freundliche finanzielle Unterstützung der AIDS-Hilfe NRW ist es<br />
gelungen, einen neuen Administrator zu finden, der die Seite zum Jahresende neu<br />
gestaltet hat. Mit der Umbenennung der Homepage von ‚venus-ruhrgebiet’ in ‚XXelle-<br />
Ruhrgebiet’ ist die Seite auch inhaltlich überarbeitet und der Internetauftritt der AIDS-<br />
Hilfen aus dem Ruhrgebiet an die landesweite Kommunikationskampagne ‚XXelle’<br />
gekoppelt worden, um einen einheitlichen Bezug zur Frauenarbeit in NRW<br />
herzustellen. An dieser Stelle gilt ein herzlicher Dank an die AH NRW, dass sie uns<br />
die Mittel für den Layouter und das ‚XXelle’-Logo zur Verfügung gestellt hat.<br />
82
Ein wichtiger Anspruch im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit ist es, das Thema<br />
‚Frauen und AIDS’ ins Bewusstsein breiter Bevölkerungskreise zu transportieren.<br />
Neben den eigenen Darstellungsmedien (z. B. Homepage) und<br />
öffentlichkeitswirksamen Aktionen (s. o.), spielen natürlich die Medien dazu eine<br />
Rolle. Trotz wieder einmal nennenswerter Anfragen, konnte es im Berichtsjahr leider<br />
nicht gelingen, Frauen für Interviews oder Reportagen zu gewinnen, die dem Thema<br />
auch für unsere Region gewissermaßen ein authentisches „Gesicht“ hätten verleihen<br />
können.<br />
Es zeigte sich einmal mehr, dass es für HIV-positive Frauen offenbar noch<br />
schwieriger erscheint als für viele Männer, sich selbstbewusst in der Öffentlichkeit<br />
outen zu können. Das bereits erwähnte Beispiel von Nadja B. macht in<br />
erschreckender Weise deutlich, dass dies auch nicht immer empfehlenswert ist.<br />
Schulung Multiplikator/innen<br />
In Duisburg und dem Kreis Wesel steht für den Projektbereich ‚Frauen und HIV/AIDS’<br />
ausschließlich die Stelle der Projektnehmerin zur Verfügung. Diese Situation macht<br />
es notwendig, eine Struktur zu schaffen, in der frauenspezifische Projekte über das<br />
Thema ‚Frauen und AIDS’ informiert sind. Ein Zugang ist mit dem Medium Internet<br />
und der Ruhrgebietshomepage geschaffen worden. Ein weiterer Zugang hat sich<br />
durch die Übernahme der Funktion der ‚Knotenfrau’ ergeben, aus der sich neue<br />
Kooperationsmöglichkeiten zumindest für das erste Quartal des Berichtzeitraumes<br />
ergeben haben. Einige davon sind allerdings gewiss auch ohne die „Knotenfrau-<br />
Funktion“ zu erhalten.<br />
Teilnahme an Arbeitskreisen<br />
83
An dem in Duisburg existierenden Arbeitskreis, der sich an Frauengruppen und<br />
frauenspezifische Institutionen aus Duisburg richtet, nahmen die Projektnehmerinnen<br />
an den Arbeitstreffen teil, die eine thematische Relevanz für die lokale Arbeit hatten.<br />
Durch diese Kontakte wird die Begleitungsarbeit im Frauenbereich optimiert, da enge<br />
Kooperationsmöglichkeiten zwischen den Einrichtungen entstehen. Die<br />
Netzwerkarbeit gewinnt zunehmend an Bedeutung, da HIV-positive Frauen auch in<br />
anderen Einrichtungen in Erscheinung treten, wie z. B. Frauenhäusern oder<br />
Krankenhäusern, und sich die Bedarfe durch das sich verändernde Sozialrecht und<br />
die Gesundheitsreformen weiter ausdifferenzieren.<br />
5.4.2 Regionale Vernetzungsarbeit im Arbeitsbereich ‚Frauen und AIDS’<br />
Homepageprojekt ‚www.XXelle-ruhrgebiet.de’<br />
Wie schon an früherer Stelle erwähnt, wurde im Jahr 2008 die bestehende<br />
Homepage des Ruhrgebietes ‚venus-ruhrgebiet.de’ in www.XXelle-ruhrgebiet.de’<br />
umbenannt. Weiterhin wird die Seite in Kooperation mit der AIDS-Hilfe Dortmund e.V.<br />
gestaltet und präsentiert das Thema ‚Frauen und AIDS’ für positive Frauen,<br />
Multiplikator/innen und Interessierte im Internet im neuen Look. Demnächst wird mit<br />
einem Newsflash auf aktuelle Angebote der AIDS-Hilfen des Ruhrgebietes<br />
aufmerksam gemacht und weiterhin werden unterschiedliche Aspekte des Themas<br />
‚Frauen und AIDS’ dargestellt. Dazu werden Links zu anderen Homepages,<br />
Terminen und Hilfsangeboten für betroffene Frauen aufgeführt.<br />
Somit bietet die Homepage zum einen die Option, frauenspezifische Institutionen im<br />
Ruhrgebiet zu informieren und zu sensibilisieren, und zum anderen schafft sie für<br />
positive Frauen einen niedrigschwelligen und anonymen Zugang zu Informationen<br />
und persönlichen Kontakten. Die neue Homepage steht kurz vor der Freischaltung.<br />
Hintergrund der Stabilisierung und Modifizierung der Homepage bleibt weiterhin,<br />
Frauen mit HIV und AIDS die Möglichkeit zu geben, Informationen zu aktuellen<br />
medizinischen Neuerungen / Veränderungen bedarfsgerecht und anonym über das<br />
Internet jeder Zeit abrufen zu können. Darüber hinaus soll der neue<br />
Veranstaltungskalender online über Vernetzungstreffen im Ruhrgebiet Auskunft<br />
geben sowie Termine der einzelnen AIDS-Hilfen veröffentlicht werden, um den<br />
betroffenen Frauen verbesserte Möglichkeiten zu bieten, sich an den Angeboten<br />
beteiligen zu können.<br />
84
Das sekundärpräventive Angebot auf der Homepage (Austausch von betroffenen<br />
Frauen im Rahmen der Selbsthilfe), konnte im Jahr <strong>2009</strong> noch nicht genutzt werden,<br />
da die Homepage nicht zugänglich war. Hier gilt es zukünftig wieder, die Zielgruppe<br />
durch intensivere Bewerbung auf dieses Angebot hinzuweisen.<br />
Eine Evaluation konnte noch nicht erfolgen, da die Anzahl von Kontakten noch nicht<br />
für eine aussagefähige statistische Auswertung ausreichte.<br />
Rundbriefprojekt ‚Infoletter für HIV-positive Frauen’<br />
Die bestehenden Angebote der AIDS-Hilfe können nicht von allen Frauen genutzt<br />
werden. Zum einen haben viele Klientinnen keinen Internetanschluss und können so<br />
nicht auf die Homepage zugreifen, zum anderen wird das Beratungsangebot in<br />
unserer Einrichtung von einigen Frauen aus unterschiedlichen Gründen nicht<br />
genutzt. Daher wurde von der Stelleninhaberin, Judith Dewald, quartalsweise ein<br />
‚Infoletter für Frauen mit HIV und Aids’ erstellt, der wahrscheinlich fortgesetzt werden<br />
soll. Dieser Infoletter erhält Informationen, die per Post an die Frauen der Einrichtung<br />
versendet werden. Es handelt sich dabei um Artikel aus Fachzeitschriften über<br />
neueste Erkenntnisse von HIV und Schwangerschaft oder der HIV-Medikamente und<br />
Medikamententherapie, die von der Stelleninhaberin zusammengestellt werden.<br />
Darüber hinaus wird der Infoletter zur Bewerbung der DAH-Frauenseminare genutzt,<br />
um den besonders wichtigen Zugang zur Selbsthilfe zu ermöglichen.<br />
Förderung der Selbsthilfepotentiale und Stabilisierung der bestehenden<br />
Selbsthilfeangebote<br />
Ein wesentliches Ziel auf der Ruhrgebietsebene ist es, positiven Frauen eine<br />
Möglichkeit zu geben, sich persönlich auszutauschen und eine Vernetzung zu<br />
ermöglichen. Dies ist besonders relevant, da die Zielgruppe ‚Frauen’ sehr heterogen<br />
ist und sich eine stabile persönliche Beziehung nicht ausschließlich auf die HIV-<br />
Infektion / AIDS-Erkrankung gründen lässt.<br />
In Zusammenarbeit mit der AIDS-Hilfe Dortmund e.V., der AIDS-Hilfe Essen e.V., der<br />
AIDS-Hilfe Oberhausen e.V., der AIDS-Hilfe Bochum e. V. und der AWO Niederrhein<br />
e.V. wurden im Jahr <strong>2009</strong> zwei Vernetzungstreffen mit den frauenrelevanten<br />
Schwerpunktthemen angeboten. Die Evaluation hat ergeben, dass die Frauen<br />
besonders zufrieden damit waren, für zwei Tage die heimische Umgebung verlassen<br />
zu können und ohne die Kinder ein Wochenende für sich zur Entspannung zu haben.<br />
Viele Frauen wären gerne für zwei Nächte verreist, für andere war es mit einer<br />
Übernachtung genug.<br />
Hebammenschulung<br />
Im Jahr <strong>2009</strong> gab es keine Schulung der Hebammen zum Thema ‚HIV / AIDS’,<br />
obwohl die Hebammenschule weiteren Bedarf und Wunsch nach Kooperation<br />
geäußert hat.<br />
Öffentlichkeitsarbeit<br />
In der Öffentlichkeitsarbeit im Jahr <strong>2009</strong> wurde der Schwerpunkt erneut auf die<br />
Präsentation der landesweiten Kommunikationskampagne ‚XXelle’ gelegt. Im<br />
Rahmen der Ruhrgebietsvernetzung ließen sich wieder Öffentlichkeitsaktionen zum<br />
Thema ‚Frauen und AIDS’ platzieren, zu denen es aus den angegebenen Gründen<br />
allerdings keine personelle Beteiligung der AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel gab .<br />
85
5.4.3 Landesweite Vernetzungsarbeit im Arbeitsbereich ‚Frauen und<br />
AIDS’<br />
Teilnahme an Arbeitskreisen<br />
Die regelmäßige Teilnahme an der Landesarbeitsgemeinschaft ‚Frauen und AIDS’<br />
vertiefte den landesweiten Bezug des Projektes. Dieser ist notwendig, um die<br />
kontinuierliche Modifizierung der Arbeit in dem Bereich ‚Frauen und AIDS’ zu<br />
gewährleisten. Mithilfe der fachlichen Auseinandersetzung auf der Landesebene wird<br />
zum einen die lokale Projektarbeit weiterqualifiziert und zum anderen die Erarbeitung<br />
und Umsetzung von Projektideen in NRW gefördert.<br />
Öffentlichkeitsarbeit<br />
<strong>2009</strong> galt es, die landesweite Kommunikationskampagne ‚XXelle’<br />
öffentlichkeitswirksam zu präsentieren.<br />
Die NRW-weit erstellten Materialien ließen sich für unterschiedliche Aktionen (s.<br />
Öffentlichkeitsarbeit auf lokaler / regionaler Ebene) erfolgreich nutzen. Darüber<br />
hinaus trugen die von der AIDS-Hilfe NRW e.V. erstellten Presseartikel zu einer<br />
gelungenen Öffentlichkeitsarbeit bei.<br />
5.5 AIDS und Migration<br />
Zur personellen Situation in diesem Arbeitsbereich verweisen wir auf die<br />
Erläuterungen in den Kapiteln 1. und 5.4.<br />
Lokale Ebene<br />
Interkulturelle Wochen Duisburg<br />
Im Rahmen der Interkulturellen Wochen, die jährlich in Duisburg stattfinden, werden<br />
von städtischer Seite aus auf Vielfalt von Kultur, Lebensweise und Religion von<br />
Mirgrantinnen und Migranten in der Stadt aufmerksam gemacht. Mit über 100<br />
kulturellen Veranstaltungen wie Lesungen, Konzerten, Vorträgen, Feste für Kinder u.<br />
86
v. m., die von verschiedenen Vereinen organisiert werden, wird auf eine gewisse<br />
Weltoffenheit der Stadt hingewiesen.<br />
Auch die AIDS-Hilfe Duisburg/ Kreis Wesel e. V. hat sich an diesem Fest der Stadt<br />
beteiligt und für Interessierte einen Vortrag zum Thema „Die Welt im Fokus von<br />
HIV/AIDS“ vorbereitet. Thematisiert werden sollten neben einer Power-Point-<br />
Präsentation zum weltweiten Infektionsgeschehen die Besonderheiten, die vor Ort in<br />
der Begleitung Schwarzafrikaner auftreten können (s. Pkt. 5.5.1).<br />
Leider hat der Workshop wie schon im Vorjahr wegen zu geringer Anmeldezahlen<br />
nicht stattfinden können.<br />
Stattgefunden jedoch hat ein Infostand zur Abschlussveranstaltung der<br />
Interkulturellen Wochen, dem Fest der Kulturen am 02. Oktober 09 in der<br />
Innenstadt, bei dem es uns einerseits gelungen ist, mit einer<br />
personalkommunikativen Glücksradaktion Kontakt zur Bevölkerung aufzunehmen,<br />
andererseits konnten wir Kontakte zu vielen anderen Kooperations-partnern<br />
aufnehmen bzw. vertiefen.<br />
Es zeigt sich auf der lokalen Ebene der AIDS-Hilfe Duisburg/ Kreis Wesel, dass die<br />
Begleitungszahlen der Menschen mit HIV / AIDS, die einen Migrationshintergrund<br />
haben, die deutschlandweiten Zahlen widerspiegeln. Die Begleitungsarbeit bei dieser<br />
Zielgruppe erfordert spezifische sprachliche, interkulturelle und fachliche<br />
Kompetenzen. Da sich die Präventions- und Öffentlichkeitsarbeit in der Zielgruppe<br />
der Migranten oftmals problematisch darstellt, weil das Thema ‚HIV/AIDS’<br />
weitestgehend tabuisiert wird, ist hier ein langer Atem erforderlich und immer wieder<br />
Gelegenheiten zu nutzen, um die Theamtik auch öffentlichkeitswirksam wach zu<br />
halten. Im Berichtsjahr konnte dazu aufgrund der personell schwierigen Situation<br />
allerdings wenig umgesetzt werden.<br />
5.5.1 Migration und Begleitung<br />
Von den HIV-positiven / an AIDS-erkrankten Menschen, die im Jahr <strong>2009</strong> von der<br />
AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V. begleitet wurden, hatten ca. 30% einen<br />
Migrationshintergrund. Besonders bei den Frauen zeigte sich, dass Migrantinnen<br />
unsere Institution für sich nutzten. Von den positiven Frauen, die von der AIDS-Hilfe<br />
begleitet wurden, waren 45% Migrantinnen. Bei den Männern hingegen waren nur<br />
22% der Personen, die <strong>2009</strong> begleitet wurden, Migranten.<br />
Besonders Menschen aus Subsahara-Afrika suchten <strong>2009</strong> die AIDS-Hilfe Duisburg /<br />
Kreis Wesel e.V. auf. Sie waren, wie auch in vorangegangenen Berichtsjahren die<br />
zahlenmäßig größte Gruppe der Migrant/innen. Als Herkunftsländer ragten dabei<br />
schwerpunktmäßig Togo und Kamerun heraus.<br />
Darüber hinaus begleitete die AIDS-Hilfe Menschen mit italienischem, polnischem,<br />
serbokroatischem und türkischem Migrationshintergrund.<br />
Im Gegensatz zu der Gruppe aus Subsahara-Afrika war diese jedoch zahlenmäßig<br />
deutlich kleiner.<br />
In der Begleitung zeigt sich, dass viele Thematiken, die in der Beratungs- und<br />
Versorgungssituation eine Rolle spielen, kulturell geprägt sind. Dieses führt in<br />
87
Beratungssituationen leicht zu Missverständnissen, Fehlentscheidungen und<br />
kontraproduktiven Unterstützungs- und Behandlungsangeboten. Oft wird die<br />
Verständigung durch die sprachlichen Barrieren erschwert. Zusätzlich zu den<br />
sprachlichen und kulturellen Barrieren ist die Begleitung der HIV-Infizierten / an<br />
AIDS-erkrankten Migrant/innen durch deren spezifische Lebenssituation<br />
gekennzeichnet. So sind die Regelung des Aufenthaltsstatus und der Umgang mit<br />
dem fremden Aufenthaltsland ein existentielles Thema.<br />
Darüber hinaus gilt für viele Migrant/innen, dass sie ihre Familien in den<br />
Herkunftsländern zurück lassen. Besonders in der Begleitung der Menschen aus<br />
Subsahara-Afrika ist die Trennung von Eltern, Geschwistern, Kindern und<br />
Ehepartner/innen Thema. Die Einsamkeit und Isolation verstärkt sich mit der<br />
Diagnose: ‚HIV-positiv’. In der Begleitung der Schwarzafrikaner/innen stellten wir in<br />
diesem Berichtsjahr erneut fest, dass die HIV-Infektion in der Community der<br />
Schwarzafrikaner/innen nicht Thema werden darf. Selbst die eigene Familie wird in<br />
der Regel nicht informiert.<br />
Diese spezifische Lebenssituation führt dazu, dass die HIV/AIDS-Erkrankung<br />
gegenüber den psychischen und existentiellen Belastungen in den Hintergrund treten<br />
kann.<br />
Die aufgeführten Faktoren zeigen, dass die Begleitung der Migrant/innen oftmals<br />
einen anderen inhaltlichen Rahmen einnimmt. Die Problematik, dass ein großer Teil<br />
der Migrant/innen kein Deutsch verstehen bzw. lesen kann, nimmt darüber hinaus<br />
größere zeitliche Ressourcen in Anspruch. Da es keine Stelle gibt, die dafür<br />
zuständig ist, Briefe (u. a. von den jeweiligen Ämtern) zu übersetzen, geschieht<br />
dieses meist innerhalb der AIDS-Hilfe.<br />
Sowohl hinsichtlich der Inhalte als auch im Hinblick auf die Zeitressourcen ist die<br />
Kooperation mit anderen Institutionen bei der Begleitung von Migrant/innen dringend<br />
notwendig.<br />
5.5.2 Arbeitskreis ‚Migration’<br />
Der Arbeitskreis Migration ist ein Zusammenschluss von Organisationen, die regional<br />
im Bereich Migrant/innen mit HIV / AIDS tätig sind (AIDS-Hilfe Duisburg/ Kreis Wesel<br />
e. V., Gesundheitsamt der Stadt Duisburg - Beratungsstelle zu AIDS und anderen<br />
sexuell übertragbaren Krankheiten, AIDS-Hilfe Düsseldorf e.V., AIDS-Hilfe<br />
Oberhausen e. V., AIDS-Hilfe Krefeld e.V., Projekt Aids + Kinder, Köln, Deutsche<br />
AIDS-Stiftung, Bonn).<br />
88
Der Arbeitskreis „Migration & AIDS“, NRW (zu Jahresbeginn<strong>2009</strong>)<br />
Ziel ist der fachliche Austausch, die Vernetzung regionaler Angebote und die<br />
Durchführung gemeinsamer Projekte und Veranstaltungen.<br />
Im Berichtsjahr <strong>2009</strong> hat der kollegiale Austausch über spezifische Themen im<br />
Rahmen der Begleitung im Vordergrund gestanden. Erste Überlegungen, nochmals,<br />
wie im Jahr 2007, eine Fachtagung anzubieten, sind erfolgt. Eine solche wird im Jahr<br />
2010 wieder einmal in Duisburg durchgeführt und ist im Berichtsjahr intensiv<br />
vorgeplant worden.<br />
Präventions- und Öffentlichkeitsveranstaltungen<br />
Wie für die Jahre zuvor bleibt auch für das Jahr <strong>2009</strong> zu berichten, dass es nach wie<br />
vor schwierig ist, Präventions- oder Öffentlichkeitsveranstaltungen im kleineren Kreis,<br />
wie z. B. in Seminarform, im Migrationsbereich anzubieten.<br />
5.6 Youthwork / Prävention in der Allgemeinbevölkerung<br />
89
„Jugendliche sind umfassend und nachhaltig aufgeklärt<br />
Jede nachwachsende Generation wird erreicht<br />
Im Jugendbereich sind die Themen HIV / AIDS in ein kultursensibles,<br />
sexualpädagogisches Angebot eingebettet<br />
Jugendliche sind für das Thema Solidarität mit Menschen mit HIV / AIDS<br />
sensibilisiert<br />
Jugendliche erfahren, dass offen über den Schutz der eigenen Gesundheit<br />
und den der Sexualpartnerin und des Sexualpartners gesprochen werden<br />
kann und dass Schutzverhalten gesellschaftlich erwünscht ist<br />
Die Wirkung von illegalen und legalen Drogen, insbesondere von Alkohol, auf<br />
das Schutzverhalten wird thematisiert<br />
Sozial benachteiligte Jugendliche werden mit spezifischen Maßnahmen<br />
erreicht“<br />
(Quelle : Aktionsplan zur Umsetzung der HIV / AIDS-Bekämpfungsstrategie der Bundesregierung,<br />
Bonn/Berlin, 3. überarbeitete Aufl., März 2007, S.15)<br />
So lauten die im Aktionsplan der Bundesregierung zur Umsetzung der HIV / AIDS-<br />
Bekämpfungsstrategie vom März 2007 formulierten Ziele für die „besondere<br />
Zielgruppe“ Jugendliche. Eine deutliche Bekräftigung des erfolgreichen `deutschen<br />
Präventionsansatzes´ und eine deutliche Bestätigung für und Stärkung des<br />
Präventionsansatzes des bisherigen NRW-Landesprogrammes „Youthwork“,<br />
welches bei der AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V. seit nunmehr über 20 Jahren<br />
durch eine hauptamtliche Fachkraft verortet ist und auch nach dem formalen Ende<br />
der alten Richtlinienförderung des Landes hier erhalten werden soll / muss, wie es<br />
die Landesrahmenvereinbarung über Grundsätze zur Umsetzung der<br />
Kommunalisierung der Landesförderung für Präventions- und Hilfemaßnahmen im<br />
Sucht- und AIDS-Bereich in NRW (s. 1.) vorsieht.<br />
Die Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit dieser AIDS-Prävention in<br />
sexualpädagogischem Kontext mit dem vorrangigen Ziel der Vermeidung von<br />
90
Primärinfektionen hat nichts an Bedeutung verloren. Die stabil hohe Zahl bei den<br />
HIV-Neuinfektionen quer durch alle Bevölkerungsgruppen –so auch bei jugendlichen<br />
und jungen Menschen- sind ein deutlicher Beleg dafür.<br />
Dennoch ist festzuhalten, dass diese Arbeit, die vor allem durch personale<br />
Kommunikation zielgruppenadäquate Informationsarbeit und Aufklärung leistet,<br />
offenbar weiterhin sehr erfolgreich ist. Laut ECDC (European Center for Disease<br />
Control and Prevention, Stockholm) weist Deutschland mit 33,5 Neudiagnosen pro<br />
Million Einwohner die niedrigste Inzidenz in Europa auf. „Das ist auf den Erfolg einer<br />
umfangreichen und nachhaltigen Präventionsstrategie zurückzuführen“ (BZgA<br />
aktuell, November <strong>2009</strong>, S. 2).<br />
„Aktuelle Studien zeigen, dass es weder eine wachsende Sorglosigkeit noch<br />
Nachlässigkeit beim Schutz gibt. Schützten sich vor 15 Jahren noch weniger als die<br />
Hälfte der sexuell aktiven jungen Menschen regelmäßig mit Kondomen, so hat sich<br />
ihr Anteil in den letzten Jahren auf etwa zwei Drittel erhöht. In der<br />
Gesamtbevölkerung verwenden zu Beginn neuer Beziehungen 80 Prozent Kondome<br />
– so viele wie noch nie. Parallel zu dieser Entwicklung steigen die<br />
Kondomabsatzzahlen. (…) Dies zeigt, dass es der AIDS-Prävention in Deutschland<br />
erfolgreich gelungen ist, kontinuierlich Wissen über Safer Sex und Schutzverhalten<br />
so zu vermitteln, dass es auch umgesetzt werden kann. Das gilt sowohl für die<br />
heranwachsende Generation als auch für Erwachsene. (…) Bei Jugendlichen tragen<br />
die Schulen entscheidend zur Informationsvermittlung bei. 94 Prozent der 16- bis 20-<br />
Jährigen geben heute an, das Thema AIDS in der Schule behandelt zu haben, vor 10<br />
Jahren waren es 88 Prozent. Schulische Sexualaufklärung gewinnt daher für die<br />
AIDS-Aufklärung immer mehr an Bedeutung“ (BZgA „aktuell“, 11/08, S.2), was sich<br />
auch daran zeigt, dass die spezifischen Youthwork-Angebote der AIDS-Hilfe<br />
Duisburg / Kreis Wesel e.V. stabil bis vermehrt nachgefragt werden.<br />
Der niedrigschwellige, emanzipatorische und akzeptanzorientierte Ansatz ist richtig.<br />
Repressive Ansätze sind eindeutig kontraproduktiv, wie insbesondere Beispiele aus<br />
Osteuropa, aber auch Ergebnisse von sog. Abstinenzprogrammen der USA und<br />
einiger afrikanischer Länder belegen.<br />
Die besondere Akzeptanz dieses Ansatzes wird uns auch vor Ort durch<br />
Rückmeldungen, Resonanzen und Evaluationserfahrungen zu unseren<br />
Veranstaltungen in diesem Sektor (s. Abb. Veranstaltungsverteilung nach<br />
Arbeitsfeldern) bestätigt.<br />
Dem Rechnung tragend gestalten wir unsere AIDS-Prävention in<br />
sexualpädagogischem Kontext und zielen auf einen Dialog in offener und angstfreier<br />
Atmosphäre und ohne pädagogischen Zeigefinger.<br />
5.6.1 Veranstaltungsinhalte<br />
91
In aller Regel werden personalkommunikative Formen massenmedialen vorgezogen.<br />
Das erfordert allerdings auch eine jeweilige Reduktion auf zielgruppenadäquate und<br />
bedürfnisorientierte Themenbereiche. Um diese Reduktion pädagogisch<br />
verantwortungsvoll vornehmen zu können, finden entsprechende Vor- und<br />
Nachgespräche mit den Veranstaltungspartnern statt.<br />
Je nach Zielgruppe, Zugangsvoraussetzungen und Rahmenbedingungen können<br />
u.a. folgende Themenfelder behandelt werden :<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
Medizinisch, biologische Grundlagen zu HIV und AIDS, und<br />
andere STI`s (Virologie, Immunologie, ...)<br />
Verlaufsformen der HIV-Infektion<br />
Aktueller Forschungsstand und Therapieansätze<br />
Übertragungswege und –risiken<br />
Infektionsschutzmöglichkeiten<br />
Testverfahren und ihre Problematiken<br />
Epidemiologische Entwicklung und daraus resultierende<br />
Präventionserfordernisse und –strategien<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
Lebenssituation von Betroffenen und An- oder Zugehörigen<br />
Umgang mit HIV-positiven oder/und an AIDS erkrankten<br />
Menschen<br />
Vorurteile gegenüber sog. Hauptbetroffenengruppen<br />
Drogen- und Substitutionsproblematik<br />
HIV und AIDS als gesellschaftliches Phänomen<br />
Juristische und ethische Fragestellungen<br />
Probleme in der Begleitung und Pflege<br />
Sterbebegleitung, Tod und Trauer<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
Liebe, Sexualität und Partnerschaft<br />
Probleme im Umgang mit der eigenen Sexualität<br />
Homosexualität (Schwul-lesbische Aufklärungsarbeit)<br />
Geschlechterrollen und ihre Problematiken<br />
Normen, Werte und deren Wandel im Umfeld der Sexualität<br />
u.a.m.<br />
92
5.6.2 Schulische Prävention / Youthwork<br />
Wir bieten für Sie an:<br />
AIDS-Präventionsveranstaltungen im<br />
Rahmen von Sexualpädagogik und<br />
ganzheitlicher<br />
Gesundheitsförderung<br />
Fort- und Weiterbildung für<br />
MultiplikatorInnen und LehrerInnen<br />
Beratung (telefonisch, persönlich,<br />
schriftlich und via Internet) für<br />
Jugendliche, Eltern, LehrerInnen,<br />
ErzieherInnen etc.<br />
Kooperation, Koordination und<br />
Vernetzung<br />
Geschlechtsspezifische Angebote für<br />
Mädchen und Jungen<br />
Beratung<br />
Einzel-, Paar,<br />
Gruppenberatung;<br />
-telefonisch<br />
-persönlich<br />
-schriftlich<br />
-via Internet<br />
Angebote<br />
Kooperation,<br />
Präventionsveranstaltungen<br />
Weiterbildung<br />
Fort- und<br />
Koordination,<br />
Vernetzung<br />
Gruppenarbeit, Moderation, Workshop,<br />
Seminar, Expertengespräch, Diskussion,<br />
Projekt, Fachtagung, Event, Vortrag,<br />
Referat, Infostand etc.<br />
Arbeitskreise,<br />
Gremien,<br />
Ausschüsse,<br />
Lobbyarbeit, etc.<br />
AIDS-präventive Veranstaltungen in sexualpädagogischem Kontext wurden von der<br />
AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V. für Schülerinnen und Schüler aller<br />
Regelschulformen sowie Kollegschulen durchgeführt. In der Regel werden unsere<br />
Angebote in den Jahrgängen ab der Klasse 8, in einzelnen begründeten Ausnahmen<br />
auch in jüngeren Jahrgängen platziert.<br />
Form und Inhalte werden jeweils bedürfnis- und lebensweltorientiert konzipiert. Das<br />
Angebotsspektrum reicht hier von Formen eines „Expertengespräches“ im Rahmen<br />
von Unterrichtsreihen vor unterschiedlichem Fachhintergrund bis hin zu Projekttagen<br />
und – wochen, die günstigenfalls außerhalb des Schulrahmens durchgeführt werden.<br />
Um darüber hinaus eine zumindest grobe Übersicht über das „Produkt Youthwork“,<br />
über Zielebenen, Methoden und Ansätze bekommen zu können, sei an dieser Stelle<br />
auf die Internetseite www.youthwork-nrw.de verwiesen.<br />
Mit dem Berichtsjahr <strong>2009</strong> blicken wir im Bereich Youthwork / Prävention in der<br />
Allgemeinbevölkerung auf ein sehr aktives Jahr zurück. Weiterhin konzentrieren sich<br />
die schulischen Veranstaltungsanfragen stark auf das erste Halbjahr und<br />
insbesondere auf das erste Quartal. Vor allem die Anfragen von weiterführenden<br />
Schulen sind so stabil, dass wir leider nicht alle Anfragen wunschgemäß bedienen<br />
konnten. Es gibt allerdings viel Bemühen um terminliche Flexibilität von Seiten der<br />
Schulen, die unser Angebot sehr zu schätzen gelernt haben.<br />
Angesichts der Größe des Zuständigkeitsgebietes, der wachsenden Bedarfe, der<br />
wachsenden Notwendigkeit, auch andere sexuell übertragbare Krankheiten<br />
93
einzubeziehen und der Einzigartigkeit des Youthwork-Angebotes in der Region<br />
haben wir in den letzten Jahren immer wieder die Sinnhaftigkeit bekräftigt, eine<br />
weitere Fachkraft zu gewinnen. Wünschenswert wäre insbesondere eine<br />
Youthworkerin, die sich verstärkt der Mädchenarbeit widmen könnte. Zumindest<br />
phasenweise und themenabhängig sind geschlechtsspezifische Angebote und<br />
Arbeitsweisen im Bereich der Sexualpädagogik wichtig. Die `Sinnhaftigkeit´ beginnt<br />
gewissermaßen bei dem Eindruck, dass Defizite bzgl. des individuellen<br />
Körperbewusstseins und –verständnisses aus meiner Sicht zunehmen und<br />
Basiskenntnisse zu Körperbau und –funktionen, die zum Verstehen von sexuellen<br />
Vorgängen unentbehrlich sind, oft nur rudimentär vorhanden sind. Dies gilt allerdings<br />
durchaus für beide Geschlechter.<br />
Darüber hinaus können wir uns mit unseren Kapazitäten leider nicht im gewünschten<br />
Maße um sozial benachteiligte Schüler/innen kümmern, die nicht nur, aber gewiss<br />
mit höherer Quote in Haupt- und Förderschulen anzutreffen sind, für die die<br />
beschriebenen Defizite in besonderem Maße gelten und die bei den STI-Inzidenzen<br />
eine Rolle spielen.<br />
Im Berichtsjahr haben wir im Rahmen unserer Möglichkeiten konsequent gehandelt<br />
und mit unserer ehemaligen Fachkraft im Bereich „Frauen & AIDS“ und „AIDS &<br />
Migration“, der Diplom-Pädagogin Anika Walther, auf Basis einer geringfügigen<br />
Beschäftigung im Umfang von sechs Wochenstunden eine zusätzliche Kraft<br />
eingestellt. Das war für uns als kleinem, freien Träger ein mutiger Schritt, da es für<br />
diese Erweiterung keine öffentliche Förderung gab und wir die Finanzierung dieser<br />
Stelle vollständig aus Eigenmitteln bestreiten mussten.<br />
Neben der Kapazitätserweiterung diente diese Maßnahme allerdings auch der<br />
Entlastung des Youthworkers, der in zunehmendem Maße geschäftsführende<br />
Tätigkeiten übernehmen muss. Darüber hinaus hat Frau Walther einige Aufgaben<br />
der o.a. Frauenstelle in der langen Vakanzzeit übernomen, wofür wir ihr äußerst<br />
dankbar sind. Dennoch konnte es gelingen, insbesondere einzelnen Haupt- und<br />
Förderschulen Veranstaltungsangebote zu unterbreiten.<br />
Grundsätzlich aber konstatieren wir für den Arbeitsbereich weiterhin knappe<br />
personelle Ressourcen und somit bleibt die Einbindung und entsprechende<br />
Qualifizierung von ehrenamtlichen Kräften und Multiplikator/innen ein zentrales<br />
Anliegen der AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V.<br />
Unser Dank gilt hier insbesondere den aktiven HIV-positiven Ehrenamtler/innen, die<br />
sich immer wieder bereit erklären, in authentischer Weise zur Frage „HIV-positiv sein<br />
– was heißt das?“ Rede und Antwort zu stehen. Die Einbeziehung dieser<br />
Selbsthilfeaktivisten ist hier, wie bei Bedarf auch zum Thema „Homosexualität“ fester<br />
Bestandteil vieler Präventionsveranstaltungen. Der besondere Wert dieser<br />
Authentizität wird uns auch immer wieder rückgemeldet. Hier gilt auch den<br />
Mitarbeitern des Herzenslust-Teams ein herzliches Dankeschön.<br />
Den von uns (mit-) initiierten Präventions-Vernetzungen in Duisburg und für die<br />
Region um Dinslaken kommen ebenfalls besondere Bedeutungen zu. Dabei geht es<br />
uns vor allem darum, über Multiplikator/innen eine kontinuierliche Präsenz der<br />
Präventionsthemen in den Institutionen zu schaffen und von `nur´ punktuellen<br />
Veranstaltungen wegzukommen. Durch die Vernetzung und die damit verbesserte<br />
Kooperation und Koordinierung werden Synergieeffekte erzielt. Durch begleitende<br />
94
Öffentlichkeitsarbeit wird für die potentiellen Kunden mehr Transparenz zu den<br />
Präventionsangeboten geschaffen.<br />
Nach der alljährlich durchgeführten repräsentativen Umfrage der BZgA aus dem<br />
Jahre 2007 bezeichnen „nur noch 29 Prozent der Allgemeinbevölkerung und 38<br />
Prozent der 16- bis 20-Jährigen (…) AIDS heute als eine der gefährlichsten<br />
Erkrankungen“ (BZgA-„aktuell“, 11/08; S.2).<br />
Wir konstatieren weiterhin insbesondere Defizite im Bereich von sprachlichen und<br />
kommunikativen Kompetenzen im Feld von Liebe, Sexualität und Partnerschaft. Ein<br />
Erklärungsansatz mag in der neuartigen Nutzung von virtuellen Medien und den<br />
damit verbundenen spezifischen Kommunikationsmustern sein (SMS, Messengerund<br />
Chat-Plattformen, …). Ein anderer Ansatz ist uralt, nämlich dass auch heute der<br />
Eintritt in das Abenteuer „Liebe, Sex und Partnerschaft“ immer noch mit ganz viel<br />
Aufregung, Nervositäten und auch Ängsten und Sorgen verbunden ist, trotz oder<br />
gerade wegen der vermeintlichen Banalisierung der Thematik durch vielfältige<br />
einschlägige Medien, die den Jugendlichen vermeintliche Realitäten und / oder<br />
Normalitäten vorspiegeln. Hier ist einfühlsame Sexualpädagogik gefordert.<br />
Nach unserer Auffassung sind hierzu die Informations- und Vermittlungsmethoden<br />
und der Zeitpunkt der thematischen Auseinandersetzung von entscheidender<br />
Bedeutung. Die Erkenntnis ist nicht neu, dass AIDS-Prävention mit Jugendlichen im<br />
Kontext von Sexualpädagogik anzusiedeln ist, dass personalkommunikative<br />
Methoden (d.h. „Veranstaltungen von Mensch zu Mensch“, vgl. BzgA-Ansatz), die an<br />
der Lebenswelt der Schüler/innen orientiert und hinsichtlich der ersten Erfahrungen<br />
zeitnah zu platzieren sind, massenmedialen oder eindimensionalen<br />
Vermittlungsformen vorzuziehen sind, bzw. diese unbedingt ergänzen sollten.<br />
In den Jahrgangsstufen bis zur 10. Klasse erscheint uns zudem eine – zumindest<br />
phasenweise und themenabhängige – geschlechtergetrennte Bearbeitung sinnvoll<br />
(vgl. o.). Hier müssen einfach die nicht selten durchaus großen Unterschiede im<br />
Reife- und Erfahrungsgrad zwischen Mädchen und Jungen einer Jahrgangsstufe<br />
Berücksichtigung finden. In Anwesenheit des anderen Geschlechtes fällt es<br />
manchmal schwerer, in offene und ehrliche Kommunikationsprozesse<br />
hineinzufinden.<br />
Erst recht, wenn die eigene Identitätsfindung (Wer bin ich? Was mag ich? Was mag<br />
ich nicht? …) noch in vollem Gange ist. Dennoch sind angesichts der mehrheitlich<br />
heterosexuellen Orientierungen, Erfahrungen gelingender Kommunikation zwischen<br />
den Geschlechtern unentbehrlich und nicht zuletzt besonders wichtig für die<br />
Verabredung von Verhütungsmethoden, für die Durchsetzung individueller<br />
Schutzbedürfnisse.<br />
Verstärkt wird der Trend zu problematischer bzw. nicht erfolgreicher Face-to-face-<br />
Kommunikation durch die rasante Nutzung der neuen Medien zur Kontaktanbahnung<br />
oder für Verabredungen. Die anfängliche Anonymität wird einerseits sehr geschätzt,<br />
aber andererseits auch zunehmend missbraucht. Der Ansatz, kommunikative<br />
Kompetenzen zu fördern wird aus unserer Sicht immer wichtiger (vgl. o.).<br />
95
Es bleibt dabei, Emanzipation, Selbstbewusstsein und –bestimmung mit sozialer<br />
Verantwortung und solidarischem Handeln in Einklang zu bringen, ist eine zentrale<br />
Aufgabe von Erziehung, (Aus-) Bildung und Präventionsarbeit (Vgl. „Ziele“, o.).<br />
Auch vor diesem Hintergrund ist eine optionale Einbeziehung des Spezialthemas<br />
„Homosexualität“, welches durch die Richtlinien zur Sexualerziehung zum<br />
verbindlichen Thema aufgewertet wurde, wichtig. Umso mehr, als auf den<br />
Schulhöfen wieder deutlich mehr verbale Ausgrenzungsattacken zu vernehmen sind.<br />
Das passt leider zur oben beschriebenen Tendenz. Die nach wie vor stark<br />
klischeegeprägte Vorstellung vom „Schwul-Sein“ gilt sehr häufig geradezu als das<br />
Antivorbild für Jungen. Trotz aller gesamtgesellschaftlichen Fortschritte im Feld der<br />
Akzeptanz und Toleranz gegenüber gleichgeschlechtlichen Lebensweisen, gilt es<br />
hier aus Sicht des Verfassers sehr genau zu beobachten und frühzeitig den<br />
Anfängen neuer Diskriminierungstendenzen zu wehren.<br />
Hier sei wieder einmal der Hinweis gestattet, dass beim Youthworker der AIDS-Hilfe<br />
Duisburg /Kreis Wesel e.V. die sog. „SCHLAue Kiste“ des MAGS NRW mit Medien<br />
und Materialien zur schwul-lesbischen Aufklärungsarbeit prinzipiell auszuleihen ist.<br />
Darüber hinaus können über den Youthworker der AIDS-Hilfe (ggf. im Verbund mit<br />
dem „Herzenslust-Team der AH) Multiplikatorenfortbildungen zu diesem Themenfeld<br />
vereinbart werden.<br />
Durch Veranstaltungen im Sektor Youthwork und Präventionsveranstaltungen in der<br />
Allgemeinbevölkerung konnten wir im Berichtsjahr über 6.660 Personen mit<br />
personalkommunikativen Formen erreichen, davon 180 sog. Multiplikator/innen<br />
(Lehrkräfte und sonstige Pädagog/innen sowie ehrenamtliche Mitarbeiter/innen).<br />
Allein im schulischen Bereich (-> Youthwork-Angebote) erreichten wir 1471<br />
Jugendliche aus allen Schulformen, über 690 in außerschulischen<br />
Zusammenhängen wie offener Jugendarbeit u.a. und über 4200 Jugendliche im<br />
Rahmen von personalkommunikativen Formen bei Großveranstaltungen (wie z.B.<br />
beim Jugendfestival in Wesel). 31 % der Jugendlichen kamen aus dem<br />
Alterssegment zwischen 14 und 17 Jahren, 19 % der Jugendlichen hatten einen<br />
Migrationshintergrund.<br />
96
5.6.3 (Präventions-) Veranstaltungen für Jugendliche und Multiplikatoren<br />
Erfreulich war auch in diesem Berichtszeitraum erneut die Nachfrage nach<br />
Präventionsberatungen von Schüler/innen, die für Fach- oder Projektarbeiten<br />
unseren Rat suchten. Dies ist gewiss auch als Zeichen zu deuten, dass die AIDS-<br />
Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V. bei vielen Schulen als gute und wichtige<br />
Anlaufstelle bekannt ist. Über das direkte Aufsuchen lassen sich im Übrigen leicht<br />
denkbare Schwellenprobleme abbauen. Zudem können wir hierüber natürlich auch<br />
unsere Youthwork-Angebote bekannt machen.<br />
Aus dem Bereich berufsbildender Einrichtungen (z.B. Berufskollegs, insbesondere<br />
der Sektor der sog. Berufsgrundschuljahre) gab es im Berichtsjahr stabil hohe<br />
Anfragen zu vermerken. Hier finden wir in der Regel wichtige Zielgruppen;<br />
Jugendliche im Alter zwischen 16 und 25 Jahren, die oftmals problembehaftete<br />
Sozialisationen und einen geringen Grad an Aufklärungsniveau (z.T. auch<br />
migrationsbedingt) aufweisen.<br />
Bis auf einzelne Ausnahmen – vorwiegend im Zusammenhang mit schulischen<br />
Projekttagen und im Umfeld des Welt-AIDS-Tages – sind direkte Kooperationen mit<br />
Einrichtungen der offenen Jugendarbeit eher selten. Dass wir hier allerdings auch<br />
keine Offensiven starten konnten, hat unsererseits einfach mit Kapazitätsgrenzen zu<br />
tun.<br />
5.6.4 Multiplikatoren- und Erwachsenenbildung<br />
Wie bereits erwähnt, investiert die AIDS-Hilfe Duisburg / Kreis Wesel e.V. viel in die<br />
Aus- und Weiterbildung ihrer ehrenamtlichen Mitarbeiter/innen, ohne die einfach die<br />
Vielzahl an Anfragen auch aus diesem Präventionsfeld nicht befriedigt werden<br />
könnten. Dies ist und bleibt eine wichtige Aufgabe, der wir uns gerne widmen. Dazu<br />
führen wir u.a. alljährlich intensive Grundlagenausbildungen (s. 6.) im Verbund mit<br />
drei anderen Ruhrgebiets-AIDS-Hilfen durch, um darüber einerseits den<br />
Ehrenamtler/innen eine Möglichkeit zu bieten, ein Einsatzfeld zu finden, dass Ihren<br />
Ressourcen, Fähigkeiten und Neigungen entspricht und andererseits sie gemäß<br />
unserer Qualitätsstandards auszubilden und zu rüsten und die vorhandene<br />
Motivation zu stärken. In 2006 hatten wir diese Schulungsreihe erstmalig inhaltlich<br />
stark auf die Präventions- und Öffentlichkeitsarbeit konzentriert und ein reformiertes<br />
Seminarkonzept entwickelt. Diese neue Form ist nach der Evaluation wieder ein<br />
wenig zurückgeschraubt worden, da von Seiten der Teilnehmer/innen ein großer<br />
Bedarf an möglichst umfassendem Einblick in die Vielfältigkeit der Arbeitsgebiete von<br />
AIDS-Hilfen geäußert wurde. Für den Bereich der Öffentlichkeitsarbeit ist dies<br />
sicherlich auch besonders bedeutungsvoll, da es ja auch um die Außendarstellung<br />
dessen geht, was insgesamt geleistet und angeboten wird. Es spricht aber vieles<br />
dafür, ehrenamtliche Ressourcen gerade auch im Bereich der (Primär-)<br />
97
Präventionsarbeit weiter zu mobilisieren und zu qualifizieren, z.B. für den peer-to<br />
peer-Ansatz. Die aktiven Ehrenamtler/innen sind unsere wichtigste Ressource und<br />
die wichtigsten Multiplikator/innen.<br />
Eine weitere ganz wichtige Gruppe von potentiellen MultiplikatorInnen sind in diesem<br />
Präventionsfeld natürlich die Lehrenden in schulischen und außerschulischen<br />
Einrichtungen. Die Anfragen nach Lehrerfortbildungen im Hinblick auf und im Vorfeld<br />
von Projektformen bleiben allerdings weiterhin noch hinter den Vorjahren zurück.<br />
Dies hat unter anderem mit den vielfältigen Veränderungen im Schulbereich mit<br />
erheblichen Zusatzbelastungen für die Lehrkräfte zu tun. Fortbildungen, die mit<br />
Unterrichtsausfall verbunden sind, sind nicht leicht zu installieren.<br />
Das Themenspektrum reicht hier von der Präsentation des aktuellen Wissensstandes<br />
zu HIV und AIDS über die epidemiologische Entwicklung und daraus resultierender<br />
Präventionskonsequenzen und –strategien bis hin zu Aspekten spezieller Fortbildung<br />
im Feld der Kommunikation, wie Gesprächsführung und Moderation.<br />
Auch vor diesem Hintergrund erweisen sich die erwähnten<br />
Präventionsvernetzungsaktivitäten als höchst sinnvoll. Darüber lassen sich<br />
Synergieeffekte erzielen, mittelfristig gesehen Ressourcen zusammenführen und<br />
nicht zuletzt Chancen eines ökonomischeren Haushaltens mit den vorhandenen<br />
Kapazitäten entwickeln.<br />
Umso mehr gewinnt das Feld der Multiplikatorenausbildung an Bedeutung. Ein<br />
zentrales Anliegen ist es, die Präventionsthemen und die damit verbundenen Ziele<br />
an Schulen und in außerschulischen (Jugend-) Einrichtungen möglichst ganzjährig<br />
zu platzieren. Geschulte Pädagog/innen, Erzieher/innen oder Sozialarbeiter/innen<br />
und –pädagog/innen sollten diese repräsentieren, zumindest mit<br />
Verweisungskompetenzen ausgestattet sein und als AnsprechpartnerInnen für die<br />
Jugendlichen bekannt sein/ werden.<br />
Einmal mehr gut angenommen wurde hier wieder die im Berichtsjahr angebotene 8.<br />
Fachtagung des Präventions-Vernetzungskreises Duisburg am 01. April. Unter dem<br />
Titel „Zu den Risiken und Nebenwirkungen von Sexualität fragen Sie bitte …“<br />
befassten sich fast 80 Teilnehmer/innen schwerpunktmäßig mit den<br />
jugendspezifischen Angeboten und Möglichkeiten der im Arbeitskreis vernetzten<br />
Einrichtungen lernten neben inhaltlichen Anregungen und methodischen<br />
Zugangsformen die Präventionsinfrastruktur in Duisburg kennen.<br />
Der Vernetzungskreis „ProVer“ für die Region um Dinslaken hat sich auf einen<br />
regelmäßigen Erfahrungsaustausch (2 x p.a.) verständigt, mehr ist zur Zeit leider<br />
nicht leistbar. Dennoch erweist sich der gepflegte Kontakt als ungemein sinnvoll, weil<br />
einige Kooperationen über das Jahr verteilt so leichter einzustilen und zu verabreden<br />
sind.<br />
98
5.6.5 Berufsspezifische Erwachsenenbildung<br />
Hier sind im Wesentlichen Fortbildungsveranstaltungen in Krankenpflegeschulen, bei<br />
sonstigen Pflegeanbietern und im medizinischen Versorgungssystem verortet. Auch<br />
in diesem Bereich verzeichnen wir stabile Nachfragen und hocherfreuliche<br />
Rückmeldungen. Insbesondere wird geschätzt, dass wir von der medizinischen Seite<br />
bis zu den Tiefen im psychosozialen Bereich die ganze Bandbreite des komplexen<br />
Themenfeldes rund um das Phänomen „HIV / AIDS und andere sexuell übertragbare<br />
Krankheiten“ abdecken können. Nicht zuletzt auch in diesem Tätigkeitsfeld bewährt<br />
sich das „3-Säulen-Modell AIDS-Hilfe“ mit der Verbindung von Selbsthilfe-,<br />
Interessen- und Fachverband sowie der Ansatz der Strukturellen Prävention.<br />
5.6.6 Sonstige Aufgaben und Tätigkeiten<br />
Anzuführen sind hier für den Stelleninhaber :<br />
Beteiligung an der Grundlagenausbildung für EhrenamtlerInnen in der<br />
Ruhrgebietsvernetzung der AIDS-Hilfen<br />
Präventionsvernetzungsarbeit im Kreis Wesel und Duisburg<br />
Vertretung der AH DU / KW e.V. bei den NRW-Youthworker-<br />
Arbeitskreisen und dem Youthwork-Qualitätszirkel<br />
Evaluation im Rahmen des Verfahrens beim Youthwork-<br />
Förderprogramm-Controlling des MAGS, NRW<br />
Beratung / Information für Zeitungs- und Radio-Redaktionen sowie für<br />
politische Entscheidungsträger<br />
Koordinierung von haupt- und ehrenamtlichen Einsätzen bei<br />
Informations- und Präventionsprojekten<br />
Einarbeitung in und Bereitstellung von Materialien für Lehrende und<br />
Multiplikator/innen<br />
Beratung von pädagogischen Fachkräften bzgl. der Unterrichts- oder<br />
Projektgestaltung zum Thema HIV / AIDS und anderer STI`s<br />
Telefonische und persönliche Informations- und Beratungsgespräche<br />
E-mail Beratung<br />
Unterstützung von Jugendvertretungs- und<br />
SchülerzeitungsredakteurInnen<br />
Geschäftsführung<br />
u.a.m. (Vgl. 4. Öffentlichkeitsarbeit)<br />
99
Abb.: Veranstaltungsverteilung nach Arbeitsfeldern<br />
6. Ehrenamtliche Mitarbeit<br />
6.1. Begleitung der ehrenamtlichen MitarbeiterInnen<br />
Im Berichtsjahr waren 26 Personen ehrenamtlich für die AIDS-Hilfe tätig.<br />
Die ehrenamtlichen MitarbeiterInnen engagieren sich in den vielfältigen<br />
Aufgabengebieten der AIDS-Hilfe. Diese umfassen die Begleitung, Knastarbeit,<br />
Präventions- und Öffentlichkeitsarbeit, Herzenslust, Methadonvergabe, Telefon- und<br />
E-Mail-Beratung, Chat-Beratung, Vorstandsarbeit, Freitagsfrühstück,<br />
Substitionsfrühstück und Weihnachtsfeier. Einige ehrenamtliche MitarbeiterInnen<br />
arbeiten in mehreren Bereichen, andere unterstützen die Arbeit der AIDS-Hilfe<br />
punktuell.<br />
Die ehrenamtlichen MitarbeiterInnnen sind in den unterschiedlichsten Berufen aktiv,<br />
sind HIV-negativ oder HIV-positiv, setzen sich aus Frauen und Männern aus allen<br />
sozialen Lebensbereichen zusammen und stammen aus den unterschiedlichsten<br />
politischen Richtungen. Dies bedeutet für die Arbeit der AIDS-Hilfe einen enormen<br />
Erfahrungsschatz, der in unsere Arbeit mit einfließt.<br />
100
Eine Möglichkeit des Austausches bietet weiterhin unser Mittwochs-Café (siehe auch<br />
Punkt 3.5). Hier ist der zentrale Anlaufpunkt, um sich mit Betroffenen zu treffen oder<br />
untereinander oder mit den hauptamtlich Tätigen auszutauschen.<br />
Im Berichtsjahr fanden – wie in 2008 beschlossen - im Anschluss an das Mittwochs-<br />
Café zwei Aktiventreffen (Juni und Oktober) und ein „Sonder-Aktiventreffen“<br />
(Dezember) statt. Bei diesen Aktiventreffen sollen die Mitglieder zwischen den<br />
Mitgliederversammlungen aktuell informiert und in Entscheidungsprozesse mit<br />
eingebunden werden. Des Weiteren soll ein Austausch zwischen den einzelnen<br />
ehrenamtlichen Gruppen erfolgen.<br />
Die Hauptthemen des Juni Treffens waren die Vorbereitungen zum CSD in Duisburg,<br />
der Stand der Dinge zur Benefiz-Veranstaltung im Juni, das Positionspapier zu EKAF<br />
der DAH und die Ergänzung unseres Namens um den Zusatz „Fachstelle für<br />
sexuelle Gesundheitsförderung“.<br />
Im Oktober-Treffen ging es um WAT-Planung und Organisation der Weihnachtsfeier.<br />
Beide Aktiventreffen waren mit 15 Personen gut besucht.<br />
Das Dezember-Aktiven-Treffen ist traditionell als Termin für den Dank an die<br />
ehrenamtlichen MitarbeiterInnen für Ihre geleistete Arbeit bestimmt. An diesem<br />
Termin kochten die hauptamtlichen MitarbeiterInnen für die ehrenamtlichen<br />
MitarbeiterInnen. Der Abend bot die Möglichkeit, sich bei kulinarischen Genüssen in<br />
gemütlicher Atmosphäre über den Verlauf des Jahres auszutauschen.<br />
6.2. Schulung und Fortbildungen für ehrenamtliche MitarbeiterInnen<br />
Wie im Vorjahr geplant, fand in Kooperation mit den AIDS-Hilfen Bochum, Essen und<br />
Oberhausen eine Ehrenamtlerschulung für zukünftige ehrenamtliche Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter Anfang des Jahres <strong>2009</strong> statt. Aufgrund der wenigen<br />
TeilnehmerInnen aus den beteiligten AIDS-Hilfen nahmen auch Interessierte von der<br />
AIDS-Hilfe Kleve an der Schulung teil. Die Schulung umfasste folgende Themen:<br />
Termin Zeitrahmen Inhalt<br />
MO 19.01.09 19.00-21.30 Uhr Grundlagenwissen Teil 1<br />
MO 26.01.09 19.00-21.30 Uhr Grundlagenwissen Teil 2<br />
DI 03.02.09 19.00-21.30 Uhr Positiv sein – was heißt<br />
das?<br />
MO 09.02.09 18.00-22.00 Uhr Kommunikation und<br />
Wahrnehmung<br />
SO 15.02.09 10.00-18.00 Uhr Liebe, Sexualität und<br />
Partnerschaft<br />
DI 24.02.09 19.00-21.30 Uhr Xxelle/Herzenslust<br />
Kampagne<br />
MO 16.03.09 19.00-21.30 Uhr Illegalisierte Drogen,<br />
Knast und Substitution<br />
101
Leider war diese Gruppe sehr fragil, die TeilnehmerInnen aus Kleve besuchten in der<br />
Mehrzahl nur die Abende Grundlagenwissen Teil 1 und Teil 2. Einige Abende waren<br />
nur mit 2-3 TeilnehmerInnen besucht. Obwohl aus unserer AIDS-Hilfe nur zwei<br />
Teilnehmer an der Schulung teilnahmen, stellten wir bis auf einen Abendtermin<br />
traditionell mindestens einen Trainer bzw. Trainerin und drücken damit die<br />
Wichtigkeit der Schulung aus.<br />
In der Nachbetrachtung stellte sich heraus, dass die Anfahrtswege für die<br />
ehrenamtlichen MitarbeiterInnen der AIDS-Hilfe Kleve doch zu weit sind, um an der<br />
vernetzten Schulung der bisherigen AIDS-Hilfen teilzunehmen. Daher wurde eine<br />
weitere Zusammenarbeit für die Zukunft zunächst ausgesetzt.<br />
Da die AIDS-Hilfe Essen hauptsächlich ehrenamtliche Mitarbeiter in der HIV-<br />
Prävention bei MSM hat und diese die Schulung auf Landesebene durch die AIDS-<br />
Hilfe NRW erfolgt, überlegt die AIDS-Hilfe Essen, sich aus der Vernetzung<br />
auszuklinken.<br />
Externe Fortbildungen<br />
Weiterhin besteht in unserer Einrichtung ein Fortbildungsetat für ehrenamtliche und<br />
hauptamtliche MitarbeiterInnen. Nicht nur im eigentlichen HIV/AIDS-Bereich, sondern<br />
auch bei anderen sexuell übertragbaren Krankheiten und in der Sozialgesetzgebung<br />
ergeben sich immer schneller Veränderungen. Fortwährende Weiterbildungen<br />
garantieren somit eine kompetente und aktuelle Beratung.<br />
Im Berichtsjahr sind hierzu insbesondere der SÖDAK (Schweizerisch-Österreichisch-<br />
Deutscher AIDS-Kongress) zu erwähnen. Des Weiteren buchten wir die<br />
Medizinische Rundreise der Deutschen AIDS-Hilfe zum Thema „Sexuelle Gesundheit<br />
schwuler Männer“. In Kooperation mit der AIDS-Hilfe Oberhausen führten wir je ein<br />
Fachgespräch in Duisburg und Oberhausen durch (näheres in Kapitel<br />
Öffentlichkeitsarbeit).<br />
102
Bericht der Kassenprüfer /in<br />
Edgar Böhme und Christa Lemm.<br />
Am 21.04.10 wurden von uns die Kassenbelege und Bestände nach<br />
unserem besten Wissen und Gewissen überprüft. Wir konnten keine<br />
Abweichungen feststellen.<br />
Alle Belege waren vollständig und fortlaufend nummeriert, auch<br />
inhaltlich stimmten die Belege mit den Statuten des Vereins überein.<br />
Der Kassenbestand am 31.12.09 belief sich auf 84,98 € . Die Summe<br />
aller Bank und Sparkassenkonten und Sparbücher betrug 145.503,73 € .<br />
Alle Buchungseintragungen waren mit Belegnummern versehen. Die<br />
Verbuchung aller Belege der Monate September, Oktober und<br />
Dezember 09 wurden überprüft. Dabei konnten keine Beanstandungen<br />
festgestellt werden.<br />
Spenden, sind durch Überweisungsbelege oder Einzahlungsquittungen<br />
belegt.<br />
Barauszahlungen waren durch den Empfang quittiert.<br />
Der letzte Körperschaftssteuerfreistellungsbescheid wurde am<br />
21.10.2008 erteilt.<br />
Weiterhin haben wir die Existenz von Vereinsträgern überprüft (/<br />
Haftpflicht, Feuer, Einbruch und Leitungswasserschäden).<br />
Der Verein kommt seiner gesetzlichen Pflicht zur Unfallversicherung der<br />
Haupt- und Ehrenamtlichen Mitarbeiten bei der Berufsgenossenschaft<br />
nach.<br />
Lohnsteuer und Sozialversicherungspflicht wurde überprüft.<br />
Die Beträge wurden ordnungsgemäß abgeführt.<br />
Die Kassenprüfer empfehlen der Hauptversammlung den Vorstand für<br />
das Jahr <strong>2009</strong> zu entlasten.<br />
7. Bericht der Verwaltung<br />
Finanzbuchhaltung<br />
Doppelte Buchführung, Kontierung, Monats-/Jahresabschluss, Erstellung der<br />
jährlichen Einnahme-Überschuss-Rechnung und Mitarbeit bei der Erstellung des<br />
103
jährlichen Haushaltsplanes der AIDS-Hilfe, Erstellung von Quartalsübersichten,<br />
Kontoführung, Beleg- und Rechnungsprüfung, ordnungsgemäße Belegablage,<br />
allgemeiner Finanzverkehr, Korrespondenz<br />
Kasse<br />
Verwaltung von Bargeld (Einnahmen und Ausgaben), Ausstellen von Quittungen,<br />
Belegprüfung, Kassenbuchführung, Monatsabschluss, Kassenabstimmung<br />
Personalwesen<br />
Personalführung: Lohn-/Gehaltskarten, Fehlkarten (für Urlaub, Sondertage,<br />
Krankheitstage) Lohnsteuerkarten, Versicherungsnachweis,<br />
Lohn-/Gehaltsabrechnung;<br />
Krankenkassen: An-/Abmeldungen, Beitragsrechnung zur Sozialversicherung<br />
(Kranken-/ Renten-/Arbeitslosenversicherung);<br />
Finanzamt: monatliche Lohnsteueranmeldung und Abführung der Lohn- und<br />
Kirchensteuer;<br />
EDV-Gehalts-Service: Prüfung der Abrechnungs-Journale, Kostenverteilung,<br />
Meldungen und Beiträge an die Berufsgenossenschaft, Fahrt- und<br />
Reisekostenabrechnungen;<br />
Personalmittel: Anträge an Bund, Land NRW und Kommunen,<br />
Zuwendungsbescheide, Verwendungsnachweise, Verwaltungsarbeiten im Bereich<br />
Zivildienst (Personalaktenführung, Soldabrechnung);<br />
Arbeitszeitnachweis: monatliche Ausrechnung der Soll-/Ist-/Überstunden für<br />
Mitarbeitende;<br />
Bußgeldauflagen<br />
vom Land-/Amtsgericht zugunsten der AIDS-Hilfe; Kontrolle der Bußgeld- bzw.<br />
Bußgeldratenzahlungen, Verwendungsnachweise der Bußgelder gegenüber dem<br />
Gericht, Korrespondenz<br />
Vereinsmitglieder<br />
Kontoführung über gezahlte Vereinsbeiträge, Mahnungen bei Nichtzahlung,<br />
Zuordnung neuer Mitglieder, Nummernvergabe, Mitgliedschaftsbestätigungen<br />
Spenden<br />
Vor- und Nachbereitung der rechtlichen und organisatorischen Spendenformalitäten<br />
(z. Bsp. bei Veranstaltungen und Straßensammlungen; Sammelerlaubnis;<br />
Einnahmemeldungen), Dankschreiben und Ausstellung von<br />
Spendenbescheinigungen, Akquise von Spenden allgemein und zweckgebundenen<br />
Spenden (z. Bsp. Positivenfreizeit)<br />
Terminsachen<br />
Einhaltung von Terminen bei Korrespondenz und Zahlungen, z. Bsp.<br />
Mitgliedsbeiträge der AIDS-Hilfe an diverse Organisationen und Vereine,<br />
104
Versicherungen, Kfz-Steuer, Lohnsteuer, Krankenkassenbeiträge, Lohn- und<br />
Gehaltsüberweisungen, Verwendungsnachweise, Mieten<br />
Schreibarbeiten<br />
allgemeine Korrespondenz, Protokolle. Konzepte, Statistik, etc...<br />
Zusätzliche Bürotätigkeit<br />
Einkauf von Büromaterial, Inventarbeschaffung, Spritzen, Tupfer, Kondome,<br />
Schleifen, telefonische Beratungsgespräche, Überbrückung von Wartezeiten bei<br />
Klienten und bei Krisenintervention, Vorbereitung für die Jahreshauptversammlung<br />
der Vereinsmitglieder<br />
Wochenendvergabe Methadon<br />
Organisation der Wochenendvergabe, am Freitag bzw. vor Feiertagen Erstellen der<br />
Listen mit den Klienten für die Methadonvergabe in der AIDS-Hilfe. Annahme des<br />
Methadons von den Apotheken und Aufteilung nach den Vergabeterminen.<br />
Abgabe der Kassetten mit dem Methadon bei der Kriminalpolizei.<br />
Sonstiges<br />
Teilnahme an Teamsitzungen (wöchentlich), Supervision (monatlich),<br />
Fortbildungsseminare für den Bereich Personalwesen, Telefondienst,<br />
Spritzentauschprogramm<br />
105
106
Anhang und Pressespiegel<br />
107