GNOR Info Nr. 117
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Naturschutz<br />
umfasst die Jahre 2000-2011 an drei<br />
Orten, wovon einer von 2006 bis<br />
2011 mit BTI behandelt wurde. Signifikante<br />
Rückgänge aufgrund der<br />
Stechmückenbekämpfung wurden<br />
bei sieben der häufigsten Arten<br />
beobachtet (Bläßhuhn -70%,<br />
Stockente -37% und Pfeifente -56<br />
%), wobei die mittlere monatliche<br />
Abundanz insgesamt von 3.809<br />
Vögeln vor der Behandlung auf<br />
2.370 Vögel während der Behandlung<br />
zurückging. Dieser Rückgang<br />
hat vermutlich drei Ursachen:<br />
Störung durch die BTI-Ausbringung<br />
aus der Luft, Abnahme der<br />
Nahrung und veränderte Hydrologie<br />
zur Verringerung der Stechmückenproduktivität.<br />
Insgesamt<br />
bilden diese Studien den ersten<br />
deutlichen Nachweis für einen Einfluss<br />
auf Wirbeltierpopulationen,<br />
der die Umweltfreundlichkeit von<br />
BTI in Frage stellt. Obwohl BTI<br />
hochselektiv ist, kann seine Toxizität<br />
über Monate anhalten und die<br />
Abundanz aquatischer Organismen<br />
wie Zuckmücken reduzieren, mit<br />
ernsten Folgen für die Avifauna.<br />
Brigitte Poulin,<br />
Tour du Valet<br />
Stechmückenbekämpfung mit integriertem Ansatz<br />
Bei dem nachfolgenden Beitrag<br />
handelt es sich um die Zusammenfassung<br />
eines Artikels von Iris KRÖ-<br />
GER: Tatort Pfütze - Wasserflöhe im<br />
Kampf gegen Mückenplagen (Spektrum<br />
der Wissenschaft - Extra, 12,<br />
2012. S. 10-13). Er diente mir dazu,<br />
das <strong>GNOR</strong>-Forum "Schnakenbekämpfung"<br />
anzustoßen.<br />
Vor allem in stehenden Gewässern,<br />
egal ob kleine Pfütze, der eigene<br />
Gartenteich oder die Altrhein-<br />
Schlute, finden wir die Stechmücken,<br />
und das oftmals in nicht<br />
allzu kleiner Anzahl. Die Bekämpfung<br />
ist sehr aufwändig und verschlingt<br />
Jahr für Jahr große Summen<br />
bei der KABS (siehe vorstehenden<br />
Artikel), die von den Anliegergemeinden<br />
getragen werden müssen.<br />
Das Problem bei den aktuell durchgeführten<br />
Bekämpfungsaktionen ist<br />
zum einen die kurzfristige Wirkung:<br />
Meist muss nach wenigen Tagen<br />
erneut der BTI-Wirkstoff ausgebracht<br />
werden, weil er von Schnakenlarven<br />
aufgenommen wurde<br />
oder weil er sich zersetzt hat. Das<br />
andere Problem ist die Tatsache, dass<br />
nicht unerhebliche Mengen an Biomasse<br />
dem natürlichen Kreislauf<br />
entzogen werden. Das ist vor allem<br />
in Schutzgebieten sehr kritisch zu<br />
sehen und gewinnt durch die beiden<br />
Richtlinien des Natura 2000-Netzes<br />
(Vogelschutz- und FFH-Richtlinie)<br />
aktuelle Brisanz.<br />
Einen eleganten Ansatz bieten die<br />
Forschungen von Iris KRÖGER, die<br />
einen integrierten Weg beschreibt,<br />
wie eine Bekämpfung der<br />
Stechmücken (Culex pipiens) aussehen<br />
könnte. In verschiedenen Versuchen<br />
wurde herausgefunden, dass<br />
das BTI-Toxin die Mückenlarven<br />
zwar relativ schnell abtötet, doch<br />
sobald das Insektizid abgebaut ist,<br />
nimmt die Anzahl der Larven<br />
schnell wieder zu. Setzt man statt<br />
BTI hingegen Wasserflöhe (Daphnia<br />
spp.) hinzu, verdrängen diese die<br />
Larven nur langsam. Werden beide<br />
Bekämpfungsmethoden kombiniert,<br />
bleibt die Anzahl der Mückenlarven<br />
durchgehend niedrig. Beim kombinierten<br />
Ansatz konnten sich die<br />
Wasserflöhe nach dem Absterben<br />
der Mückenlarven kräftig vermehren,<br />
und als nach ca. zwei Wochen<br />
die Wirkung des Insektizids nachließ,<br />
waren ausreichend Krebstierchen<br />
vorhanden, um auf natürliche<br />
Weise eine Neubesiedlung zu unterbinden.<br />
Bereits eine einmalige<br />
Behandlung von BTI und gleichzeitige<br />
Zugabe von Wasserflöhen<br />
genügte, um den Mückenlarven<br />
durch die natürliche Konkurrenz<br />
den Rest zu geben.<br />
Selbstkritisch gibt die Autorin aber<br />
auch zu, dass noch etliche Fragen bis<br />
zum großen Praxiseinsatz zu klären<br />
sind, so z. B., ob lebende Wasserflöhe<br />
oder deren Dauerstadien zum Ausbringen<br />
taugen oder gegen welche der<br />
bei uns vorkommende Plagegeister<br />
die Methode eingesetzt werden kann.<br />
Die Herangehensweise, natürliche<br />
Prozesse für die Stechmückenbekämpfung<br />
zu nutzen, hat es in jedem<br />
Fall verdient, dass weiter daran<br />
geforscht wird und dass es bald,<br />
zumindest testweise, zum großflächigen<br />
Feldeinsatz kommt.<br />
Peter Keller<br />
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