Demokratisch Handeln im Alltag - Zentrum für Demokratie
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35<br />
Themen – Jüdisches Leben<br />
Im ehemaligen Bezirk Treptow ist vor allem der<br />
BdA-Treptow e.V. (Bund der Antifaschisten)<br />
beteiligt.<br />
Antisemitismus in Treptow-Köpenick<br />
Seit Jahren gibt es <strong>im</strong> Bezirk Treptow-Köpenick<br />
<strong>im</strong>mer wieder antisemitische Vorfälle. Das<br />
reicht von judenfeindlichen Aussprüchen über<br />
die Verwendung des Begriffs „Jude“ als<br />
Sch<strong>im</strong>pfwort auf Schulhöfen über antisemitische<br />
Schmierereien bis hin zu Übergriffen begleitende<br />
judenfeindliche Parolen. Hervorzuheben ist<br />
sicherlich das Beschmieren des Grabes der Familie<br />
Rathenau auf dem Waldfriedhof in Schöneweide<br />
<strong>im</strong> Jahr 1992.<br />
Erscheinungsformen gibt es viele auch <strong>im</strong> <strong>Alltag</strong>.<br />
Die Verwendung antisemitischer Redewendungen<br />
reicht bis<br />
Antisemitismus <strong>im</strong><br />
<strong>Alltag</strong><br />
tief in den vermeintlich<br />
anständigen<br />
Teil der Gesellschaft.<br />
So gehören<br />
Aussagen wie „Hier geht es ja zu wie in<br />
einer Judenschule“ oder „Wetten tun nur Juden“<br />
zum Sprachgebrauch vieler. Zwar geschieht dies<br />
quasi automatisch und unreflektiert, aber genau<br />
das ist das Problem.<br />
Gegen wen richten sich aber diese Aussagen<br />
konkret? Wissen die, die so etwas sagen, denn,<br />
wen sie damit meinen? Kennen sie denn Juden<br />
aus ihrem Umfeld und haben sie persönlich negative<br />
Erfahrungen mit Menschen jüdischen<br />
Glaubens gemacht?<br />
Dies soll jetzt allerdings nicht in die Richtung<br />
missverstanden werden, dass man den Menschen<br />
nur Juden/Jüdinnen vorzustellen bräuchte<br />
und schon hätte sich das Problem Antisemitismus<br />
erledigt. So einfach ist das nun auch wieder<br />
nicht. Erfahrungsgemäß neigen die Menschen<br />
dann eher zum „Ausnahmen machen“.<br />
Etwa dergestalt, dass bekannte Juden/Jüdinnen<br />
aus der Vorurteilsstruktur ausgenommen werden.<br />
Das belegen zahllose Zeitzeugenaussagen<br />
aus der Zeit des Nationalsozialismus, die dann<br />
ungefähr so funktionieren: Die Juden an sich<br />
sind was-auch-<strong>im</strong>mer, aber der oder die persönlich<br />
bekannte Jude/Jüdin nicht, sie bilden die<br />
Ausnahmen.<br />
Trotzdem kann die Auseinandersetzung und<br />
Beschäftigung mit deutsch-jüdischer Geschichte<br />
einen Teil zum Abbau von Antisemitismus beitragen.<br />
Zu betonen sind hier vor allem die Begriffe<br />
„kann“ und „Teil“. Vertrauter werden mit<br />
dem Themenkomplex ist kein Allheilmittel und<br />
bewahrt nicht davor, sich mit der Vorurteilsstruktur<br />
und den dahinterliegenden Annahmen<br />
und Einstellungen zu beschäftigen. Im Gegenteil,<br />
beides sollte erfolgen, das eine kann das<br />
andere nicht ersetzen.<br />
Lokale Ansatzpunkte zu finden und die Lebenswelt<br />
des Bezirks mit einzubeziehen, macht diese<br />
Auseinandersetzung greifbarer und bringt sie<br />
uns näher, schließlich ist es unser Lebensumfeld,<br />
das dann dabei ein Rolle spielt. Die Geschichte<br />
unseres Bezirks ist eng mit jüdischem Leben<br />
verbunden, deshalb lässt sich die Beschäftigung<br />
mit Antisemitismus und jüdischem Leben in<br />
Treptow-Köpenick auch gut mit Stadtteilgeschichte<br />
verbinden.<br />
In der Regel nicht. Diese Aussagen sind Ausdruck<br />
eines in der Bevölkerung offensichtlich<br />
akzeptierten alltäglichen Antisemitismus, der<br />
aufgrund mangelnder Gegenwehr nicht hinterfragt<br />
wird und sich so <strong>im</strong>mer weiter manifestiert.<br />
Darüber hinaus wird mit diesen Aussagen<br />
eine Gruppe beschrieben und in die Verantwortung<br />
für etwaiges <strong>Handeln</strong> gezogen, die nebulös<br />
bleibt. Es ist also ganz einfach festzustellen, dass<br />
Antisemitismus, und das nicht nur in Treptow-<br />
Köpenick, ohne Juden auskommt, jedenfalls ohne<br />
leibhaftig bekannte. Das ist ein Grundmuster<br />
des modernen Antisemitismus.<br />
<strong>Demokratisch</strong> <strong>Handeln</strong> <strong>im</strong> <strong>Alltag</strong> – Anregungen und Methoden für MultiplikatorInnen