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Editorial

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konnte er in seinen Reflections on the Revolution in France mit dem ganzen<br />

Gewicht einer zuvor erworbenen Autorität von der sich abzeichnenden<br />

Barbarei der Zukunft und von der „Finsternis unseres aufgeklärten<br />

Zeitalters“ sprechen, während sein wichtigster Schüler in Deutschland,<br />

Friedrich Gentz, der Revolution alle diejenigen Vorwürfe zu machen imstande<br />

war, die diese gegen das Ancien régime gerichtet hatte: sie sei ein<br />

Despotismus und habe eine neue Inquisition ins Leben gerufen.<br />

Burke stützte seine Zuversicht hinsichtlich der Zukunft auf die Festigkeit<br />

der englischen Verhältnisse, das heißt einer Verfassung, die ohne<br />

schriftliche Fixierung konstitutionell war und sich weder der Monarchie<br />

noch der Aristokratie entgegenstellte. Gentz wiederum wurde zum<br />

wichtigsten Mitarbeiter des Fürsten Metternich und damit einer der Baumeister<br />

der „Restauration“, welche trotz aller Umbrüche für ein ganzes<br />

Jahrhundert einer christlich-adlig-dynastischen Gesellschaftsordnung die<br />

Fortexistenz sicherte.<br />

Von allen Gegnern der Französischen Revolution entwickelte Thomas<br />

Robert Malthus das zukunftsvollste Konzept, indem er den Optimismus<br />

der Aufklärer durch eine ganz empirische Argumentation in Zweifel<br />

zog, nämlich durch die Herausstellung des „Bevölkerungsprinzips“, das<br />

der Macht der Vermehrung in allen Lebewesen und auch im Menschen<br />

einen unbedingten Vorrang vor allen technischen Verbesserungen zuschrieb,<br />

denn im biologischen Bereich schaffe jede Verbesserung des Angebots<br />

sofort ihre eigene Nachfrage, weil jede Vermehrung der Lebensmittelproduktion<br />

ein entsprechendes Ansteigen der Geburtenzahlen zur Folge<br />

habe; daher seien die Lehren von Condorcet und anderen utopistisch und<br />

hätten keinerlei Aussicht auf Verwirklichung. Aber Condorcet selbst hatte<br />

schon den Gedanken der Geburtenverhütung ins Spiel gebracht, und<br />

wenn Malthus unter dem Heilmittel des prudential check die christliche<br />

Selbstbeherrschung in einer tugendhaften Gesellschaft verstand, so lag<br />

es nur allzu nahe, daß einige seiner Schüler, wie John Stuart Mill, auf<br />

eben jenes Verfahren der künstlichen Einschränkung der Geburtenzahlen<br />

verfielen, das in der Zukunft ständige Verbesserungen sichern konnte, das<br />

aber von Malthus selbst als lasterhaft verworfen wurde.<br />

Weder für Condorcet noch für Burke oder Malthus ist der Gedanke<br />

vom „goldenen Zeitalter“ vor dem Beginn der Geschichte wichtig,<br />

aber für den ganzen „Deutschen Idealismus“ ist er als Vorstellung einer<br />

„Wiederherstellung auf höherer Stufe“ von grundlegender Bedeutung.<br />

Für Fichte, den Anhänger der Französischen Revolution, der seine Hoffnungen<br />

hinsichtlich der Zukunft schließlich von den Franzosen auf die<br />

Deutschen übertrug, ist der Endzustand der vollständigen Versittlichung<br />

Edmund Burke: Über die<br />

Französische Revolution,<br />

zuletzt Zürich 1987<br />

Pläne für einen neuen<br />

Menschen und eine neue<br />

Welt – Palast der Sowjets,<br />

Entwurf, 1933<br />

Nolte – Zukunft Europas<br />

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