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Editorial

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Männer in der Kriminalitätsstatistik<br />

überrepräsentiert,<br />

überdeutlich sogar, wo es um<br />

schwere Verbrechen geht. Aber,<br />

erstens, im Gegenzug waren ja<br />

auch die meisten Hexen der<br />

frühen Neuzeit weiblich, und<br />

zweitens dürfen Männer in<br />

heutigen modernen Gesellschaften<br />

ihre Härte und<br />

Tapferkeit eben auch kaum<br />

mehr unter Beweis stellen.<br />

Kriminalität also als Ventil<br />

anthropologischer Notwendigkeit.<br />

Einige Seiten später dann<br />

widerspricht sich van Creveld<br />

selbst, wenn er nämlich die<br />

harten Initiationsriten beklagt,<br />

denen junge Männer sich noch<br />

heute in den weitesten Teilen<br />

der Welt aussetzen müssen.<br />

Im ganzen betrachtet der<br />

Autor die Frauen als das wehleidige<br />

Geschlecht, ewig jammernde<br />

eingebildete Kranke,<br />

während Männer für gewöhnlich<br />

wirklich krank sind und<br />

dennoch die Anstrengungen<br />

moderner medizinischer Forschung<br />

entbehren müssen.<br />

Traumatisierte männliche<br />

Kriegsopfer wurden mit grausamen<br />

Elektroschocks behan-<br />

zustecken, ja von Kindesbeinen<br />

an mit bereits elterlicher<br />

„Verachtung und Bedrohung“,<br />

später mit allumfassender Repression<br />

groß geworden ist,<br />

um dann die zivilisierte Welt<br />

mit all den Annehmlichkeiten<br />

zu schaffen, die den Frauen<br />

nun ein längeres Leben in<br />

Muße und Bequemlichkeit zu<br />

ermöglicht.<br />

Alles in allem fühlt frau sich<br />

nach der van Creveld-Lektüre<br />

unversehens zur Feministin<br />

werden, derart haarsträubend<br />

ist seine „Beweisführung“, die<br />

sich mittels zahlreicher Fußnoten<br />

als wissenschaftliche Studie<br />

ausgibt und dennoch nicht<br />

über den Rang einer wilden,<br />

argumentativ leicht aufzulösenden<br />

Polemik hinauskommt.<br />

Ein weiterer, ebenfalls rund<br />

500 Seiten dicker Wälzer –<br />

dabei noch enger gedruckt –<br />

mit vergleichbarem Grundtenor<br />

ist nun im Windschatten<br />

von van Crevelds Buch<br />

ans Licht der Öffentlichkeit<br />

gelangt. Der Medienwissenschaftler<br />

Arne Hoffmann<br />

hatte sein Buch Sind Frauen<br />

die besseren Menschen? bedelt,<br />

schreibt van Creveld,<br />

während die später einsetzende<br />

Elektroschockbehandlung<br />

depressiver Frauen dagegen<br />

ein Klacks gewesen sei. In<br />

kryptischer Logik resümiert<br />

der Autor: „Die Behandlung,<br />

der man Soldaten unterzog,<br />

verhielt sich zu der von Patientinnen<br />

wie die Beschneidung<br />

eines dreizehnjährigen Jungen<br />

zur Klitorisbeschneidung bei<br />

einem Mädchen gleichen Alters“.<br />

Das versteht, wer zuvor<br />

gelesen hat, daß die weibliche<br />

Genitalverstümmelung („Markierung“,<br />

schreibt van Creveld)<br />

„einigen Frauen größere<br />

sexuelle Lust“ schenkt.<br />

Als besonders gemein empfindet<br />

der Autor die längere<br />

Lebenserwartung von Frauen,<br />

gerecht wäre da zumindest<br />

eine höhere Rente für Männer,<br />

die klischeehaft als „lebende<br />

Geldautomaten“ bezeichnet<br />

werden. Eigentlich nämlich, so<br />

wird versichert, müßte doch<br />

den Männern ein längeres<br />

Leben beschert sein, sind sie<br />

doch das robustere, widerstandsfähigere<br />

Geschlecht, das<br />

von kleinauf gelernt hat, ein-<br />

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