06.02.2014 Aufrufe

Editorial

Editorial

Editorial

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

für die Glaubensvorstellungen<br />

seiner Zeit sein könnte.<br />

Dementsprechend gehen die<br />

verschiedenen Beiträge dieses<br />

Sammelbandes der Frage nach,<br />

von welchen Bewegungen des<br />

religiösen Zeitgeistes der letzte<br />

Hohenzoller auf dem Thron<br />

am Ende des 19., Anfang des<br />

20. Jahrhunderts beeeinflußt<br />

wurde. Dabei spielten drei<br />

Faktoren eine wichtige Rolle:<br />

der ererbte Protestantismus<br />

calvinistischer Prägung (dazu<br />

die Aufsätze von Martin<br />

Friedrich und Klaus Erich<br />

Pollmann), für den das Wilhelm<br />

als König von Preußen<br />

zugefallene Summepiskopat<br />

ebenso wichtig war wie die<br />

Versuche einer konservativen<br />

Modernisierung in Gestalt der<br />

christlich-sozialen Bewegung<br />

(dazu der Aufsatz von Norbert<br />

Friedrich), dann ein imperiales<br />

Selbstverständnis des Kaisers,<br />

das ihn seit den 1890er Jahren<br />

zur Annäherung an das „staufische“<br />

Modell einerseits (besonders<br />

erhellend Jürgen Krüger<br />

über die Sakralbauten Wilhelms),<br />

an den Katholizismus<br />

andererseits (dazu der Aufsatz<br />

von Jürgen Strötz) führte,<br />

und schließlich gewann noch<br />

eine aus der Popularisierung<br />

religionswissenschaftlicher Erkenntnisse<br />

gespeiste Kritik des<br />

traditionellen Offenbarungsverständnisse<br />

Einfluß, verbunden<br />

mit dem Wunsch nach<br />

einem „arischen“ Alten Testament<br />

(hierüber der allerdings<br />

relativ schwache Text von Michael<br />

Spöttel zur Exilzeit).<br />

Man könnte die Ergebnisse<br />

der einzelnen Untersuchungen<br />

über Wilhelm II. und die Religion<br />

als weiteren Beleg dafür<br />

nehmen, daß der Kaiser – wie<br />

Walther Rathenau als Mitlebender<br />

äußerte – ein „Fabeltier<br />

unserer Zeit“ war, nichts als<br />

ein Fokus jener Tendenzen,<br />

die seine Ära bestimmten. Der<br />

Herausgeber des vorliegenden<br />

Bandes, Stefan Samerski,<br />

warnt allerdings vor Verkürzungen<br />

und betont, wie viele<br />

Hinweise es auf die religiöse<br />

Ernsthaftigkeit Wilhelms gebe,<br />

der selbst im Alter ein Buch<br />

über den „Königsmythos“<br />

schrieb und wenigstens für einen<br />

deutschen Dichter, Rudolf<br />

Borchardt, zum Gegenstand<br />

des Mythos wurde (dazu der<br />

Essay von Patrick Bahner).<br />

Karlheinz Weißmann<br />

Der Weg zum Krieg I<br />

Gerd Schultze-Rhonhof: 1939<br />

– Der Krieg, der viele Väter<br />

hatte. Der lange Weg zum II.<br />

Weltkrieg. München: Olzog<br />

2003. 562 S., geb, 34 €<br />

General Schultze-Rhonhof war<br />

schon immer ein couragierter<br />

Mann: Nicht nur als es darum<br />

ging, eingefahrene Gleise in<br />

der Bundeswehr zu verlassen<br />

und als mündiger Staatsbürger<br />

in Uniform Mißstände auch<br />

bei ihrem Namen zu nennen.<br />

Mit der gleichen Konsequenz<br />

stellte er in seinem ersten Buch<br />

Warum noch tapfer sein? die<br />

Frage nach dem Soldatentum<br />

in unserer Zeit und vertrat dabei<br />

Auffassungen, die sonst<br />

unter führenden Militärs so<br />

nicht üblich sind.<br />

Vor kurzem ist sein neues<br />

Buch erschienen, 1939 – Der<br />

Krieg, der viele Väter hatte.<br />

Wie der Titel schon sagt, zieht<br />

Schultze-Rhonhof dabei die<br />

angeblich unwiderlegbare Tatsache<br />

der Alleinschuld Hitlers<br />

und der Führung des Deutschen<br />

Reiches am Ausbruch<br />

des 2. Weltkrieges in Zweifel.<br />

Diesmal hat er also sein Metier<br />

verlassen und „wildert“<br />

sozusagen auf dem Gebiet der<br />

Geschichtsschreibung.<br />

In der Suche nach den Ursachen<br />

des 2. Weltkrieges beginnt<br />

Schultze-Rhonhof richtigerweise<br />

nicht mit dem Jahr<br />

1919, mit dem aufgezwungenen<br />

Vertrag von Versailles<br />

oder 1933, mit der Machtübernahme<br />

durch die Nationalsozialisten,<br />

sondern mit<br />

der Darstellung der langfristigen<br />

politischen Konstanten<br />

der späteren Kriegsgegner des<br />

Deutschen Reiches im 1. und<br />

2. Weltkrieg am Ende des 19.<br />

Jahrhunderts und mit der Bewertung<br />

der aufkommenden<br />

wirtschaftlichen, finanziellen<br />

und militärischen Macht des<br />

Deutschen Reiches als künftiger<br />

stärkster Macht in Mitteleuropa<br />

und damit als Herausforderer<br />

der etablierten Mächte.<br />

Er schildert und bewertet<br />

die gnadenlosen Abrechnungen<br />

im Rahmen der Pariser<br />

Vorortverträge nach dem 1.<br />

Weltkrieg, das Scheitern der<br />

Genfer Abrüstungsverhandlungen<br />

1933 und des Völkerbundes,<br />

den Kampf gegen den<br />

„Vertrag“ von Versailles und<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

60<br />

Rezensionen

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!