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2. Ausgabe Leselicht

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Millionen von Büchern und eine Kirche<br />

Hinter den Kulissen der ULB<br />

Rumms! Schwer fällt die Tür hinter mir ins Schloss. Überall Bücher<br />

– vor mir und neben mir. Blicke ich nach oben, sehe ich durch die<br />

Gitterzwischenböden sieben weitere Stockwerke, die gefüllt sind<br />

mit Forschungsliteratur, wissenschaftlichen Zeitschriften, Lexika,<br />

Dissertationen, Mikrofilme, CD-Roms und Romanen. Ich befinde<br />

mich zwischen etwa einer Million Schriftstücken im Hauptgebäude<br />

des Magazins der Universitäts- und Landesbibliothek<br />

Sachsen-Anhalt.<br />

Das mächtige Gebäude in der August-Bebel-Straße verbirgt<br />

dieses beeindruckende Geheimnis gut – nur wenige hallische<br />

Studenten wissen um den Schatz, den es hütet. Bereits beeindruckt<br />

von dieser Zahl wird einem fast schwindelig, wenn man<br />

erfährt, dass die größte wissenschaftliche Allgemeinbibliothek<br />

Sachsen-Anhalts den unglaublichen Bestand von 5,42 Millionen<br />

Einheiten umfasst, verteilt auf die Hauptbibliothek und 24 Zweigbibliotheken.<br />

Die wahren Goldstücke<br />

Dieser Bestand blickt auf eine über dreihundertjährige Geschichte<br />

zurück, schließlich wurde die Bibliothek schon 1696 gegründet.<br />

Im 18. Jahrhundert kamen dann Teile der Universitätsbibliothek<br />

Wittenberg (die bereits 1502<br />

entstand) hinzu, die heute einige<br />

der ältesten Schriftstücke der Bibliothek<br />

darstellen, z.B. die Sondersammlung<br />

Ponickau. Die von<br />

dem Geheimen Kriegsrat Johann<br />

August von Ponickau zusammengetragene,<br />

einmalige Sammlung<br />

enthält Drucke des 17. Jahrhunderts<br />

(die übrigens jeder Nutzer<br />

im Lesesaal einsehen kann). Andere<br />

Sammlungen enthalten sogar<br />

noch ältere Werke; so verfügt<br />

die ULB über ca. 28.000 wertvolle<br />

Drucke des 16. Jahrhunderts, die<br />

vor allem im Zuge der Reformation<br />

entstanden sind. Diese sensiblen<br />

Zeitzeugen stehen dem<br />

Leser selbstverständlich nur begrenzt<br />

zur Verfügung, aber ein<br />

Bücherwurm- und Leserattenbiotop<br />

bemerkenswertes Projekt lässt<br />

hoffen: Im Rahmen der von der Deutschen Forschungsgemeinschaft<br />

unterstützten Digitalisierung historischer Drucke wurden<br />

seit 2007 bereits zahlreiche Schriftstücke digital konserviert<br />

und sind jedem registrierten Nutzer der ULB in einer Datenbank<br />

online zugänglich. Die wahren Goldstücke der Universitätsbibliothek<br />

sind allerdings die rund 115.000 Handschriften und<br />

Autographen, 1.600 Wiegedrucke des 15. Jahrhunderts und 400<br />

mittelalterliche Handschriften.<br />

Als Landesbibliothek hat die ULB heute die besondere Aufgabe,<br />

sämtliche in Sachsen-Anhalt veröffentlichten Schriftstücke zu<br />

sammeln, also von Veranstaltungskalendern über wissenschaftliche<br />

Zeitschriften bis hin zu Dissertationen.<br />

Was die meisten Leser nicht wissen<br />

Die für das tägliche Studium relevante Literatur ist jedoch für alle<br />

Studenten leicht zugänglich. Über den OPAC online aufgegebene<br />

Literaturbestellungen werden an der Ortsleihe ausgedruckt und<br />

fleißige Mitarbeiter suchen die gewünschten Bücher aus dem Bestand<br />

der Bibliothek heraus. Diese stehen dann an der Theke der<br />

Ortsleihe zur Abholung bereit. Was die Leser meist nicht wissen:<br />

Manchmal nehmen ihre bestellten Bücher den Weg durch die<br />

ganze Stadt, denn die ULB bewahrt die Bücher in verschiedenen,<br />

über die Stadt Halle verstreuten Magazinen auf. Dazu gehören<br />

ein Gebäude am Gimritzer Damm, eines in der Heide und die aus<br />

dem späten 19. Jahrhundert stammende Stephanuskirche (Nähe<br />

Reileck). Die Kirche wird seit 1972 von der Bibliothek genutzt;<br />

heute sind etwa 700.000 Bände auf vier Etagen darin untergebracht.<br />

Die Organisation und rechtzeitige Bereitstellung der bestellten<br />

Literatur birgt also einige logistische Herausforderungen.<br />

Aber diese werden gemeistert, und so können den 30.000 Benutzern<br />

im Jahr die rund 1,2 Millionen<br />

gewünschten Medien an der<br />

Theke der Ortsleihe zügig hinterlegt<br />

werden.<br />

Sollte die benötigte Literatur<br />

nicht zum Bestand der ULB gehören,<br />

kann per Fernleihe ein Exemplar<br />

einer anderen Bibliothek<br />

angefordert werden. Dabei ist die<br />

Auskunftsstelle besonders hilfreich,<br />

sie unterstützt die Nutzer<br />

bei der Suche nach Fakten, Daten<br />

und Adressen, bei der Literaturrecherche<br />

und informiert zu den<br />

verschiedenen Lieferdiensten.<br />

Ähnlich funktioniert das umgekehrt:<br />

Für die zum Teil internationalen<br />

Leser außerhalb stehen<br />

die Medien der Landesbibliothek<br />

durch die Fernleihe zur Verfügung.<br />

So werden Aufträge, also<br />

z.B. die Suche nach bestimmten, nur in Halle vorhandenen Büchern<br />

oder auch nur einigen Seiten einer bestimmten Zeitschrift,<br />

durch die Mitarbeiter herausgesucht und schnell zur Verfügung<br />

gestellt, per Post- oder Emailversand.<br />

Wer noch genauer wissen möchte, wo die Bibliotheksliteratur<br />

fürs Studium herkommt und wie diese den Weg zum Leser findet,<br />

kann an einer der informativen Führungen durch das Magazin<br />

der August-Bebel-Straße teilnehmen, die jeden ersten Samstag<br />

im Monat angeboten werden.<br />

Katharina Kraus<br />

Foto: Katharina Kraus<br />

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