Heft 43
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16 E. FRANCKE<br />
Von beiden Partnern werden fundierte Kenntnisse auf dem Gebiet der elektronischen<br />
Datenverarbeitung gefordert.<br />
Das Meßsystem BS/63 wurde am Institut für Meereskunde ab Herbst 1973 auf FS "Professor<br />
Albrecht Penck" in den Routinebetrieb überführt. Der Einsatz erfolgte vorerst nur<br />
mit einem Ausdruck der gewonnenen Frequenzen für die einzelnen Sensoren und mußte<br />
für ausgewählte Tiefen per Hand umgerechnet werden. Trotz dieser Einschränkung wurde<br />
die Anlage zum frühest möglichen Zeitpunkt voll eingesetzt und auf allen Ostsee-Expeditionen<br />
genutzt. Mit der gleichen Arbeitsweise wurde das Meßsystem 1974 und 1976 auf FS<br />
"A. v. Humboldt" während des GATE-Unternehmens und vor der westafrikanischen Küste<br />
im Atlantik erfolgreich eingesetzt. Den entscheidenden Qualitätssprung stellte der 1976<br />
eingeführte on line-Betrieb über einen Kleinsteuerrechner KSR 4100 dar, mit dem die zweite<br />
Version des Systems, die ozeanologische Meßkette OM 75, ausgerüstet ist.<br />
Erst dadurch wurde die vollkommene Bearbeitung umfangreicher Meßreihen ermöglicht<br />
und der manuelle Bearbeitungsaufwand auf ein Mindestmaß reduziert.<br />
Bevor auf die bisher genutzten Möglichkeiten der OM 75 eingegangen. wird, soll auf<br />
einige Probleme bei ihrem Einsatz hingewiesen werden.<br />
Die gegenwärtig zur Verfügung stehenden Sensoren aus eigener Entwicklung und aus<br />
Importen genügen noch nicht in allen Fällen den Ansprüchen, die von seiten der Ozeanologen<br />
an sie gestellt werden. Das betrifft sowohl ihre Langzeitkonstanz als auch in verschiedenen<br />
Fällen die Eichgenauigkeit.<br />
Besonders schwierig ist aber die Druckmessung zur späteren Tiefenbestimmung in einem<br />
stark temperaturgeschichteten Meer, wie es die Ostsee darstellt. Infolge ~der Temperaturabhängigkeit<br />
der zur Verfügung stehenden Drucksensoren verschiedener Produktion in<br />
Verbindung mit den recht hohen Genauigkeitsanforderungen der Nutzer (Fehler nicht<br />
größer als 1 0 100) konnten hier die Erwartungen noch nicht befriedigt werden. Insbesondere<br />
in den Sommermonaten ist es deshalb notwendig, durch längere Exposition des Sensors<br />
im Tiefenwasser für zufriedenstellende Ergebnisse über den größten Teil der Meßstrecke<br />
zu sorgen.<br />
Besondere Aufmerksamkeit erfordert auch die Gewinnung qualitätsgerechter Wasserproben.<br />
Die Ringwasserschöpfer aus PTFE bieten die Gewähr, daß Proben geschöpft<br />
werden können, die den hohen Reinheitsanforderungen der Chemie und der Biologie<br />
genügen. Mangels eines geeigneten Gummis ist es allerdings erforderlich, für den Schließmechanismus<br />
Edelstahlfedern zu verwenden, mit denen das geschöpfte Wasser längere Zeit<br />
in Berührung kommt. Damit ergeben sich gewisse Einschränkungen bei der Untersuchung<br />
von Spurenmetallen. Hinzu kommt, daß in den Metallspiralen Luftreste haften bleiben, die<br />
besonders in dem sauerstoffarmen Tiefenwasser der Ostsee zu Meßwertverfälschungen<br />
führen. Das ist ein Grund dafür, im Falle der Entnahme von Wasserproben nur während<br />
des Hievens der Sonde zu messen. Damit werden brauchbare OrWerte gesichert, weil sich<br />
in diesen Fällen die Luftreste unter dem hohen Druck des Tiefenwassers schnell auflösen.<br />
Intensive Untersuchungen haben diese Annahme bestätigt. .<br />
Für die routinemäßig durchgeführten Expeditionen zur Untersuchung großräumiger<br />
ozeanologischer Veränderungen in der Ostsee mit sehr komplexen Meßprogrammen ergeben<br />
sich im übrigen weitere Vorteile daraus, daß die Vertikal serien am Grtlnd zu beginnen sind.<br />
Einmal können die Wasserschichten auch bei unreinem Grund bis dicht über den Boden<br />
sorgfältig erfaßt werden, was gerade in der Ost see von großer Bedeutung für viele Forschungsaufgaben<br />
ist. Zum anderen sind die Schöpfer über den Sensoren angebnicht;<br />
dadurch werden weitgehend ungestörte Wasserproben für chemisch und biologische Labor-<br />
Einsatzerfahrungen mit der Meßkette OM 75 17<br />
untersuchungen gewonnen. Nicht zuletzt besteht aufgrund der elektronischen Lösung der<br />
Sonde eine geringe Zeitverschiebung zwischen der Meßwertgewinnung durch die Sensoren<br />
und dem Schließen des Schöpfers sowie der Speicherung dieser Daten an Bord. Diese<br />
Verschiebung wird durch das Messen während des Hievens weitgehend aufgehoben.<br />
Selbstverständlich wird die Arbeitsmethodik im Interesse spezieller Programme (z. B.<br />
für Feinstrukturuntersuchungen von Parametern, die über elektronisch arbeitende Sensoren<br />
gemessen werden) entsprechend abgeändert. In diesen Fällen wird während des Fierens die<br />
ungestörte Struktur der Wasserrnassen durch die im unteren Teil angebrachten Meßfühler<br />
erfaßt.<br />
Die bisher mit der Meßkette OM 75 während einer größeren Anzahl von ozeanologischen<br />
E~pedi~.io~en g~machten Erfahrungen sind insgesamt sehr gut. Die Anlage hat sich als wenig<br />
storanfalhg erwiesen. Der Wartungs aufwand hält sich in Grenzen, wenn während der Hafenliegezeiten<br />
eine sorgfältige Durchsicht der bekannten VerschleißsteIlen gesichert wird.<br />
Relativ anfällig sind die Teile des Systems, an denen sich gehäuft mechanische Bauteile<br />
befinden, das sind besonders der Schließmechanismus der Ringwasserschöpfer und die<br />
Peripherie des Rechners (Stanzer, Leser).<br />
Obwohl der bordgebundene Teil der Anlage einschließlich des Rechners auf FS<br />
"Prof. Albrecht Penck" in einem relativ kleinen und nichtklimatisierten Labor untergebracht<br />
ist, traten bisher keine größeren Störungen an dem Meßsystem auf. Nach Verbesserungen<br />
der Auslegetechnik wurden die Decksarbeiten entscheidend verbessert und erleichtert.<br />
Die Sonde wurde bei zumutbaren Arbeitsbedingungen noch bis Windstärke<br />
6- 7 vom "Penck" aus eingesetzt, womit gleichzeitig die Grenze der Arbeitsmöglichkeit<br />
auf dem Schiff überhaupt erreicht wurde.<br />
Eine erhebliche Intensivierung wurde bei den Stationsarbeiten erreicht. Im Mittel werden<br />
für eine 100 rn-Station nach der oben beschriebenen Arbeitsmethode 8 Minuten Arbeitszeit<br />
benötigt. Im Arkonabecken bei 47 m Meßtiefe dauert eine Station noch 5- 6 Minuten<br />
(einschließlich der Probengewinnung für die Biologie) gegenüber 40 Minuten mit konventionellen<br />
Methoden. Hinzu kommen die genannten Vorteile der einheitlichen Probengewinnung<br />
und der erheblichen Erleichterung des körperlichen Einsatzes. Dieser günstige Zeitfaktor<br />
wirkt sich vor allem bei Forschungsreisen in Seegebieten mit dichten Stationsnetzen aus.<br />
Wichtiger noch als die Fortschritte in bez~g auf die Forschungstechnologie erweist sich<br />
der Einsatz der OM 75 für eine neue Qualität der Meßdaten.<br />
Ozeanologische Untersuchungen mit Wasser schöpfern und Tiefseekippthermometern<br />
erlaubten bekanntlich nur Messungen an diskreten Punkten über Zeiträume von ca. 10 min.<br />
pro Meßwert. Sie stellten also quasi ein Mittel dar, bei dem der Zustand kurz Vor dem<br />
Schließen bzw. Kippen stärker gewichtet wurde. Mit Meßsystemen, wie der OM 75 ist es<br />
möglich, annähernd kontinuierliche Punktreihen auf Vertikal-, Horizontal- oder Zeitprofilen<br />
zu gewinnen. . .<br />
Die Datenerfassung erfolgt synchron im Abstand von 1,2 sec., wobei die Zeitkonstanten<br />
der Sensoren in der Sekundengröße liegen. Die Tiefenzuordnung für die einzelnen Meßwerte<br />
ist trotz der bekannten Mängel wesentlich sicherer geworden, und die bereits erwähnten<br />
komplexen Meßmöglichkeiten führen zu einer besseren Vergleichbarkeit der Daten.<br />
Einige Parameter (u. a. Temperatur, Salzgehalt) können jetzt mit höherer Genauigkeit vonetwa<br />
einer Zehnerpotenz gemessen werden. Diese Eigenschaften des Meßsystems erlauben<br />
eingehende Untersuchungen von Vorgängen in der Feinstruktur des Meeres. 4 Beispiele<br />
sollen verschiedene bisher genutzte Anwendungsmöglichkeiten zeigen.<br />
In Abb. I wird die Zeitreihe der Temperatur in 10 cm Tiefe im: Bornholmbecken während