Interview Die nächste Kate Moss? - Cara Delevingne (Vorschau)
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kurzgeschichte<br />
kurzgeschichte<br />
Zwei- oder dreihundert<br />
Dinge, die ich von ihr weiß<br />
Ich sehe sie auf der Twitterseite<br />
einer Bekannten, ich<br />
sehe nur ein winziges Foto<br />
und klicke auf ihr Lächeln,<br />
ich weiß nicht, warum. Ich folge<br />
bloß einem Impuls und bin schon<br />
auf ihrer Profilseite, sehe das<br />
gleiche Foto größer, sie lächelt<br />
und trägt eine grüne Bluse, ich<br />
mag dich, Katja Niehaus, denke<br />
ich und lese ihre letzten Tweets.<br />
Lese, daß sie einen Arbeitsplatz<br />
in einer neu gegründeten Bürogemeinschaft<br />
in Kreuzberg bezogen<br />
hat, ich mag deinen Mund,<br />
Katja, und mir gefallen deine<br />
Haare; ich markiere und kopiere<br />
ihren Namen in die Suchleiste,<br />
klicke und sehe sofort andere<br />
Fotos von ihr, darunter das<br />
Profil bild ihrer Facebookseite.<br />
Sowohl von ihrer Twitter- als<br />
auch von ihrer Facebookseite gibt<br />
es Links zu ihrer Homepage, dort<br />
verrät sie, daß sie Visuelle Kommunikation<br />
studiert hat, an der<br />
UDK, hier in Berlin; sie ist dreißig<br />
Jahre alt. Ich sehe sie wieder<br />
in der enggeschnittenen grünen<br />
Bluse, sie lächelt mich an. Wer ist<br />
diese Frau? Was will sie von mir?<br />
Und warum gibt es auf ihrer<br />
Homepage einen Link zu einem<br />
ausführlichen Lebenslauf? Geht<br />
ihr ausführlicher Lebenslauf<br />
mich etwas an? Darüber denke<br />
ich noch nach, da hat die Hand<br />
auf die Maus, sie macht, was sie<br />
will, schon geklickt, die PDF<br />
springt auf, ich lese:<br />
06/1999 Allgemeine Hochschulreife,<br />
Gymnasium Leopoldinum,<br />
Detmold<br />
Leistungskurse: Kunst, Mathematik;<br />
Abschlußnote: 1,9<br />
Ihre Leistungskurskombination<br />
gefällt mir. Sie hat für die<br />
Töchter + Söhne GmbH, Studentische<br />
Kommunikationsagentur,<br />
ge arbeitet, Sprachen sind<br />
vielleicht nicht so ihr Ding, sie<br />
nennt sich verhandlungssicher in<br />
Englisch und bescheinigt sich<br />
Basiskenntnisse in Französisch,<br />
ihre Softwarekenntnisse hingegen<br />
beeindrucken: MacOS (Profi),<br />
Adobe Creative Suite (InDesign,<br />
Photoshop, Illustrator, Acrobat<br />
Professional), MS Office, Neo-<br />
Office, HTML, Wordpress,<br />
Freehand, QuarkXPress, Dreamweaver.<br />
Dreamweaver klingt<br />
vielversprechend, welche Träume<br />
sie wohl webt?<br />
Ihre Interessen, wie der Lebenslauf<br />
sie verrät, lauten:<br />
Musik: Klavier spielen (Jazz,<br />
Improvisation), Musik hören<br />
Sport: Joggen, Beachvolleyball,<br />
Segeln, Yoga, Tennis<br />
Kultur: (Kunst-)Ausstellungen<br />
besuchen, Kino, Musik-<br />
Konzerte, Theater<br />
Sonstiges: Fahrradfahren,<br />
Ausflüge, Wandern, Lesen.<br />
Theoretisch hätte ich ihr<br />
auf einem Geburtstagsessen<br />
begegnen können.<br />
Wir hätten uns<br />
vielleicht unterhalten und uns<br />
angelächelt, ich sie und sie mich.<br />
Und hätten wir uns interessant<br />
oder sympathisch gefunden, wir<br />
hätten uns vielleicht lose verabredet,<br />
vielleicht wie früher Telefonnummern<br />
ausgetauscht oder,<br />
weil unverbindlicher, uns einfach<br />
auf Facebook angefreundet – weil<br />
weder sie noch ich dem Gegenüber<br />
einen Satz mit mein Freund,<br />
mein Mann oder meine Freundin,<br />
meine Frau markiert hätten. Wären<br />
wir uns so begegnet, auf dem<br />
Geburtstag einer gemeinsamen<br />
von<br />
DaviD Wagner<br />
Bekannten mit Kind, auf einem<br />
Konzert oder in einer Bar, nach<br />
einer Ausstellungseröffnung oder<br />
einem Theaterbesuch, hätte ich<br />
mich nicht auch gleich informiert?<br />
Hätte ich sie nicht sofort<br />
gegoogelt und mir ihre Bücherwunschliste<br />
auf amazon.de angesehen?<br />
Achtunddreißig Bücher<br />
stehen auf dieser Liste, Fachbücher<br />
über Design und Belletristik,<br />
jeder Amazon-Kunde kann<br />
sich solch einen Wunschzettel<br />
anlegen, allerdings scheinen nicht<br />
alle zu wissen, daß dieser öffentlich<br />
ist und für jeden einsehbar;<br />
ich könnte ihr eines dieser Bücher<br />
per one click buy bestellen<br />
und schicken lassen, ich könnte<br />
ihr einen Wunsch erfüllen, am<br />
besten gefällt mir der Titel Designers<br />
Are Wankers, sie sind also<br />
Wichser, die Designer, habe ich<br />
mir das nicht schon immer gedacht?<br />
Katja Niehaus interessiert<br />
sich außerdem für Island, zwei<br />
Reiseführer für diese Insel stehen<br />
auf der Liste, sie wünscht sich<br />
J. M. Coetzee, Warten auf die Barbaren,<br />
Austerlitz von W. G. Sebald<br />
und ein Buch von Raymond Carver,<br />
natürlich, was sonst, Wovon<br />
wir reden, wenn wir von Liebe reden;<br />
sie interessiert sich also für<br />
Literatur, sie liest noch, gute Bücher,<br />
ja, wieso aber wünscht sie<br />
sich <strong>Die</strong> verlorene Ehre der Katharina<br />
Blum? Mußte sie Böll nicht<br />
in der Schule lesen, oder stand<br />
der in ihrer Schulzeit nicht mehr<br />
auf dem Lehrplan?<br />
Ich klicke zu ihrem Profil bei<br />
last.fm, sie heißt dort nicht Katja<br />
Niehaus, sondern führt ihren<br />
Account unter dem Moniker<br />
schokobella. Von ihrer Homepage<br />
führt jedoch ein direkter<br />
Link zu last.fm, sie will ihre Musik<br />
nicht verstecken, will zeigen,<br />
was sie hört, ja, sieh, bin ich nicht<br />
die Musik, die ich spiele? 357 Mal<br />
hat sie Calexico und 209 Mal<br />
Vampire Weekend gehört, Razorlight<br />
144 Mal, Miles Davis<br />
123 Mal, weiter hinten, 46 Mal<br />
gespielt, folgen Amy Macdonald<br />
und Fleetwood Mac (was machen<br />
Fleetwood Mac auf dieser Liste?),<br />
Kings of Convenience, Brad<br />
Mehldau Trio, Carlos Kleiber<br />
und die Wiener Philharmoniker.<br />
Und dann, noch weiter hinten,<br />
taucht mit The Style Council<br />
eine Band auf, die einmal so etwas<br />
wie meine Lieblingsband<br />
war, immerhin 23 Mal gespielt.<br />
Sie kündigt an, daß sie zum Vampire-Weekend-Konzert<br />
im Astra<br />
gehen wird, die Mitteilung ist<br />
allerdings ein paar Monate alt;<br />
das Konzert hat schon stattgefunden,<br />
und ja, sie war da, ich weiß<br />
es, ich habe es in einem ihrer älteren<br />
Tweets gelesen. Toll soll es<br />
gewesen sein.<br />
Ich wandere weiter auf ihre<br />
noch nicht gelöschte MySpace-<br />
Seite mit einem Bild, auf dem sie<br />
mir noch besser gefällt, sie trägt<br />
große Kopfhörer über einer Mütze<br />
und lacht. Und ihr Lachen,<br />
obwohl ich es nicht hören kann,<br />
gefällt mir. Gefällt mir sehr. Sie<br />
hat bloß achtzehn MySpace-<br />
Freunde, trotzdem wurde ihre<br />
Seite, soviel verrät der Zähler,<br />
schon 1 231 Mal angesehen.<br />
Vorgestern hat sie sich<br />
über das Natur-Pur-<br />
Resort Kolbatzer<br />
Mühle informiert und<br />
ein Lesezeichen auf ihrer Bookmarkseite<br />
gesetzt, auch die ist<br />
verlinkt und einsehbar, sie benutzt<br />
delicious. Sie will wohl bald<br />
hinaus aufs Land, ein paar ruhige<br />
Tage verbringen, wandern, sie<br />
interessiert sich auch für zwei<br />
Ferienwohnungen in der Uckermark,<br />
die Links hat sie unter den<br />
Schlagwörtern traveling und<br />
brandenburg abgespeichert.<br />
Am 2. Februar hat Katja über<br />
zweihundert Fotos auf ihre flickr-<br />
Seite hochgeladen, leider ist nur<br />
ein Bild dabei, auf dem sie selbst<br />
zu sehen ist – spricht dafür, daß<br />
sie die Fotografin war, in London,<br />
Paris und New York. Es gibt<br />
Bilder von blühenden Kirschzweigen<br />
und Fotos von Eierkartons.<br />
Und Fotos von Zeichnungen<br />
von Eierkartons. Und<br />
von einer Wiese, die vielleicht im<br />
schottischen Hochland liegt. Es<br />
sind auch ältere Bilder aus Berlin<br />
dabei, die Aufnahmen zeigen<br />
Bauarbeiten des neuen Potsdamer<br />
Platzes. Damals, ich weiß ja,<br />
daß sie erst 1999 Abitur gemacht<br />
hat, ging sie noch zur Schule.<br />
Hat sie diese Fotos vielleicht auf<br />
einer Klassenfahrt aufgenommen<br />
und später digitalisiert? Hat sie<br />
auf dieser Klassenfahrt entschieden,<br />
eines Tages in Berlin zu studieren?<br />
Es gibt auf flickr auch ein<br />
Foto ihres Ateliers, aber ich weiß<br />
ja, sie arbeitet dort nicht mehr,<br />
sie hat doch ein Bild ihres neuen<br />
Arbeitsplatzes über ihren Blog<br />
gepostet, ja, sie führt auch einen<br />
Blog, er ist über ihre Twitter-<br />
Seite verlinkt. Außerdem, die<br />
Seiten sehe ich mir ebenfalls an,<br />
ist sie bei Xing und linked.in, sie<br />
bietet dort Schnittstellenkompetenz,<br />
Kampagnenentwicklung,<br />
Ideen, Kreativität, ganzheitliches<br />
Denken, Kontakte in die Nachhaltigkeitsszene,<br />
Kontakte zu NPOs,<br />
Workshops und Vorträge.<br />
Grafikdesignerin um die<br />
30, eher prekär beschäftigt,<br />
engagiert,<br />
sympathisch, musikalisch,<br />
sportlich. Und ledig, wie<br />
sie in ihrem Lebenslauf schreibt.<br />
Ledig, frage ich mich nun,<br />
schreibt jemand das auch, wenn<br />
er oder sie mit einem Mann oder<br />
einer Frau zusammenlebt und<br />
nicht verheiratet ist? Oder heißt<br />
es dann liiert statt ledig? Wieso<br />
habe ich das Gefühl, daß diese<br />
Traumfrau alleine wohnt? In<br />
einer sonnigen 2-Zimmer-Wohnung<br />
mit kleinem Balkon zum<br />
Hinterhof, Duftseifen liegen in<br />
ihrem Wäscheschrank, der Wäscheschrank<br />
steht im Flur und ist<br />
aus Weichholz, hell gebeizt, die<br />
<strong>Die</strong>len sind selbstverständlich<br />
abgezogen und umweltfreundlich<br />
bioversiegelt.<br />
Ein Kind hat sie nicht<br />
– hätte sie eines, sie<br />
hätte keine Zeit für all<br />
diese Onlineaktivitäten.<br />
Und in ihrem Projektkatalog<br />
(was war heißt die Rubrik auf ihrer<br />
Homepage) gibt es keine<br />
größere Lücke, keine Babypause.<br />
Immer war da ein Praktikum, ein<br />
Projekt, ein Engagement für eine<br />
Non-Profit-Organisation. Hätte<br />
sie ein Kind, es wäre hier zu sehen,<br />
auf ihrer Amazon-Wunschliste<br />
zum Beispiel, da stünde dann<br />
ein Buch von Remo H. Largo.<br />
Womöglich denkt sie, eine Frau<br />
von dreißig Jahren, manchmal an<br />
ein Kind, in letzter Zeit vielleicht<br />
sogar immer öfter.<br />
Ich klicke zurück in das Fenster<br />
mit ihrem ausführlichen Lebenslauf.<br />
Sie hat, das habe ich<br />
eben beim ersten Lesen übersehen,<br />
nicht nur ihre vollständige<br />
Adresse, Schenkendorfstraße 11,<br />
10965 Berlin, sondern auch ihre<br />
Festnetz- und die Mobilnummer<br />
angegeben; ich könnte sie anrufen,<br />
jetzt gleich, sofort, ich könnte<br />
ihr eine SMS schicken, von<br />
meinem Telefon oder anonym,<br />
aus dem Netz. Stehen ihre Nummern<br />
so offen da, weil sie hofft,<br />
daß ich anrufe? Könnte ich nicht<br />
ein Auftraggeber sein? Jemand,<br />
der, wie es auf ihrer Seite heißt,<br />
eine Querschnittsdenkerin sucht?<br />
Was bitte ist eine Querschnittsdenkerin?<br />
Ihre Festnetznummer beginnt<br />
mit einer Acht, was eigentlich<br />
nicht zu der Gegend um den<br />
Chamissoplatz paßt, aber das war<br />
einmal, daß Telefonnummern den<br />
Bezirk und im Bezirk den ungefähren<br />
Wohnort verrieten, Telefonnummern<br />
werden heute bei<br />
Umzügen mitgenommen. Ich<br />
kenne ihre Straße, eine kurze<br />
Querstraße zwischen Arndt- und<br />
Bergmannstraße, ich gehe durch<br />
die Schenkendorfstraße, wenn ich<br />
zu meinem Hausarzt gehe. Und<br />
selbst wenn ich ihren Kiez, ihre<br />
Straße und deren geschlossene<br />
Altbauzeilen nicht zufällig kennen<br />
würde, ich könnte mir ihr<br />
Haus nun auf Google Street View<br />
ansehen, ich könnte ihren Hauseingang<br />
finden und versuchen zu<br />
raten, welche Fenster zur Straße<br />
die ihrer Wohnung sind – aber<br />
ich vermute, sie wohnt im Seitenflügel,<br />
anderthalb Zimmer,<br />
dritter oder vierter Stock, das<br />
kleinere, halbe Zimmer ist ihr<br />
Schlafzimmer und auf ihrem<br />
Nachttisch liegen ein paar Bücher.<br />
Oder sie hat gar keinen<br />
Nachttisch, die Bücher stapeln<br />
sich neben dem Bett auf den <strong>Die</strong>len,<br />
ihr Wecker steht da, eine<br />
Wasserflasche, eine Packung Taschentücher,<br />
ihre Pille. Ihr Bett<br />
ist schlicht und nicht von Ikea,<br />
das ist ihr wichtig, nicht sehr<br />
hoch und eins vierzig breit, der<br />
Freund, Freundinnen, Freunde<br />
von früher haben da Platz.<br />
Ich könnte ihr, überlege ich<br />
nun, in der Markthalle auf dem<br />
Marheinekeplatz begegnen, auf<br />
dem Weg zum U-Bahnhof Gneisenaustraße<br />
oder in dem österreichischen<br />
Restaurant Ecke Heimstraße,<br />
aber ich vermute, sie ist<br />
Vegetarierin und mag keine Wiener<br />
Schnitzel. Ich könnte mich<br />
vor ihr Haus stellen und auf sie<br />
warten, ich weiß ja, welche Hausnummer;<br />
und selbst wenn ihre<br />
Adresse nicht da stünde, ihre<br />
Homepage ist bei der Domainverwaltungsgesellschaft<br />
Denic auf<br />
ihren Namen eingetragen, die<br />
Anfrage dauert nur Sekunden<br />
und ergibt die gleiche Anschrift:<br />
Schenkendorfstraße 11.<br />
Ich könnte mich, denke ich<br />
mir dann, auch vor den großen<br />
Biomarkt am Marheinekeplatz<br />
stellen, vor das Gebäude, in dem<br />
sich früher die Post befand, und<br />
auf sie warten. Und ich könnte,<br />
kurz bevor sie mich kreuzt, etwas<br />
fallen lassen, Biotomaten aus einer<br />
zuvor präparierten braunen<br />
Packpapiertüte zum Beispiel, sicher<br />
würde sie mir helfen, meine<br />
über den Boden kullernden Tomaten<br />
aufzusammeln, ich könnte<br />
sie anlächeln, sie könnte mich<br />
an lächeln, ich könnte etwas unverfängliches<br />
über Tomaten oder<br />
Packpapiertüten sagen, mich bedanken<br />
und sie zu einem Kaffee<br />
einladen. <strong>Die</strong> erforderliche Ungezwungenheit<br />
müßte ich vorher<br />
allerdings proben, vielleicht vor<br />
einem anderen Biomarkt, in einem<br />
anderen Bezirk, mit einer<br />
anderen unbekannten Frau.<br />
Ihr letzter Tweet ist schon<br />
vier Stunden alt, zuletzt<br />
gebloggt hat sie vorgestern,<br />
ihre Facebook-Postings<br />
kann ich nicht sehen – ausgerechnet<br />
dort teilt sie nicht allen alles<br />
mit. Eine Freundschaftsanfrage<br />
möchte ich ihr allerdings nicht<br />
schicken, denn dann wüßte sie ja<br />
von mir.<br />
Was sie jetzt wohl macht?<br />
18 Uhr 21, an einem <strong>Die</strong>nstagabend?<br />
Sitzt sie noch in ihrem<br />
Büro? An ihrem neuen Arbeitsplatz?<br />
Vor ihrem Rechner und<br />
schaut auf ihre Facebookseite?<br />
Oder ist sie schon zu Hause, in<br />
ihrer Wohnung, und schaut dort<br />
auf ihrem Küchencomputer ihre<br />
Facebookseite an? Ist sie dabei,<br />
die Wäsche aufzuhängen? Auf<br />
einem Klappständer im Bad, weil<br />
sie im Flur, dort steht neben dem<br />
Schrank noch ein Regal mit aussortierten<br />
Büchern, sonst so<br />
schlecht an der Wäsche vorbeikommt?<br />
<strong>Die</strong> Bluse, die grüne<br />
Bluse, die sie auf dem Foto anhat,<br />
hat sie schon gestern gewaschen<br />
und aufgehängt, morgen Abend<br />
wird sie die bügeln und währenddessen<br />
Kulturzeit auf 3sat schauen,<br />
die Wohnung riecht nach<br />
Waschmittel, Biowaschmittel,<br />
nach Aloe vera.<br />
ausgewählt von JAn BrAnDt<br />
DaviD Wagner, 1971 geboren,<br />
studierte Literaturwissenschaft und<br />
kunstgeschichte und verbrachte<br />
längere zeit in rom, Barcelona und<br />
Mexiko-stadt. sein Debütroman<br />
Meine nachtblaue Hose über eine<br />
Jugend in Westdeutschland erschien<br />
2000. neun Jahre später<br />
veröffentlichte er den roman Vier<br />
Äpfel. zwischendurch schrieb er für<br />
verschiedene zeitungen. sein<br />
jüngster, autobiografischer roman<br />
Leben (rowohlt) über einen<br />
Patienten, der an einer autoimmunhepatitis<br />
leidet und eine<br />
spenderleber erhält, wurde im<br />
März mit dem Preis der Leipziger<br />
Buchmesse ausgezeichnet.<br />
<strong>Die</strong>se kurzgeschichte erscheint<br />
exklusiv in <strong>Interview</strong>.<br />
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