Handlungs- und Forschungsempfehlungen - WBGU
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7 <strong>Handlungs</strong>empfehlungen<br />
18<br />
nance zu überwinden <strong>und</strong> eine nachhaltige Nutzung<br />
der Meere fortzuentwickeln <strong>und</strong> zu stärken. Dem Seerechtsübereinkommen<br />
kommt im Umweltvölkerrecht<br />
aufgr<strong>und</strong> seiner weitreichenden gewohnheitsrechtlichen<br />
Anerkennung eine herausragende Bedeutung zu.<br />
Dennoch ist es von einigen Küstenstaaten (u. a. USA,<br />
Kolumbien, Türkei, Libyen) noch nicht gezeichnet worden.<br />
Die internationale Anerkennung dieses Völkerrechtsvertrages<br />
sollte weiter gestärkt werden, indem<br />
die Vertragsstaaten ihre diplomatischen Bemühungen<br />
intensivieren, um die noch verbleibenden Küstenstaaten<br />
zur Zeichnung <strong>und</strong> die Unterzeichnerstaaten, bei<br />
denen die Ratifizierung noch aussteht, zur Ratifizierung<br />
zu bewegen. Ebenso sollte verstärkter diplomatischer<br />
Druck ausgeübt werden, damit das bereits bestehende<br />
Recht <strong>und</strong> die vereinbarten politischen Zielsetzungen<br />
konsequenter umgesetzt <strong>und</strong> angewandt<br />
werden.<br />
7.3.4.2<br />
Ein neues Durchführungsübereinkommen<br />
zur biologischen Vielfalt auf der Hohen See<br />
vereinbaren<br />
Seit etwa 10 Jahren wird, gestützt auf wissenschaftliche<br />
Erkenntnisse, zunehmend erkannt, dass es für Schutz<br />
<strong>und</strong> nachhaltige Nutzung biologischer Vielfalt auf der<br />
Hohen See Regelungslücken gibt. Die Beschlüsse des<br />
World Summit on Sustainable Development in Johannesburg<br />
(auch Rio+10-Konferenz genannt; WSSD,<br />
2002) sowie verschiedene Entscheidungen im Rahmen<br />
der Biodiversitätskonvention, haben dazu beigetragen,<br />
dass die UN-Generalversammlung 2004 die<br />
BBNJ-Arbeitsgruppe eingerichtet hat (BBNJ – Biological<br />
Diversity Beyond Areas of National Jurisdiction).<br />
Gegenstand der Diskussion sind dort vor allem drei konkrete<br />
Regelungslücken, die durch ein neues Durchführungsübereinkommen<br />
zum Seerechtsübereinkommen<br />
geschlossen werden sollen: (1) nachhaltige Nutzung<br />
mariner genetischer Ressourcen (inklusive Zugang <strong>und</strong><br />
Vorteilsausgleich), (2) Naturschutzmaßnahmen, insbesondere<br />
auch durch Meeresschutzgebiete, (3) Umweltverträglichkeitsprüfungen,<br />
die aufgr<strong>und</strong> der durch den<br />
technischen Fortschritt zunehmenden neuen Aktivitäten<br />
<strong>und</strong> Nutzungen auf der Hohen See an Bedeutung<br />
gewinnen.<br />
Der <strong>WBGU</strong> hält diese Entwicklung für sehr hilfreich<br />
<strong>und</strong> empfiehlt, diesen Prozess mit Nachdruck zu verfolgen<br />
<strong>und</strong> zu unterstützen. Angesichts der wissenschaftlichen<br />
Sachlage, des dringenden <strong>Handlungs</strong>bedarfs<br />
sowie der politischen Zielsetzungen gab es im Vorfeld<br />
der Rio+20-Konferenz die Hoffnung, dass dort der<br />
Beginn konkreter Verhandlungen beschlossen werden<br />
kann. Diese Hoffnungen wurden enttäuscht. Es wurde<br />
zwar vereinbart, ein Durchführungsübereinkommen<br />
zum Seerechtsübereinkommen zu entwickeln, aber der<br />
Beginn der konkreten Verhandlungen wurde erneut<br />
verzögert. Die Gründung der „Global Ocean Commission“,<br />
eine unabhängige Initiative internationaler Führungspersönlichkeiten,<br />
soll helfen, diesen Prozess wieder<br />
zu beschleunigen (GOC, 2013).<br />
Die B<strong>und</strong>esregierung sollte sich weiter mit hoher Priorität<br />
dafür einsetzen, dass die politischen Blockaden<br />
auf dem Weg zu diesem geplanten Durchführungsübereinkommen<br />
überw<strong>und</strong>en werden können. Das Abkommen<br />
sollte rechtlich bindend sein <strong>und</strong> neben den oben<br />
genannten beiden Themen (1) <strong>und</strong> (3) die Ausweisung<br />
eines Netzwerks von Meeresschutzgebieten auf der<br />
Hohen See zum Ziel haben. Dieses Schutzgebietsnetzwerk<br />
sollte zumindest den qualitativen <strong>und</strong> quantitativen<br />
Ansprüchen genügen, die im Strategischen Plan der<br />
CBD vereinbart wurden (Aichi-Target 11; CBD, 2010a)<br />
<strong>und</strong> perspektivisch die quantitativen Zielsetzungen<br />
des <strong>WBGU</strong> (2006) umsetzen (Kap. 7.2.4, 7.3.9.1). Um<br />
besondere Aufmerksamkeit <strong>und</strong> politische Bedeutung<br />
zu erzielen, könnte am Ende der Verhandlungen eine<br />
politisch hochrangige „UN-Meereskonferenz“ stehen,<br />
auf der die letzten Probleme gelöst <strong>und</strong> die Abkommen<br />
gezeichnet werden. Der <strong>WBGU</strong> empfiehlt zu prüfen,<br />
ob nicht auch ein Finanzierungsmechanismus in<br />
das Abkommen aufgenommen werden kann, mit dem<br />
einige der Empfehlungen in Kapitel 7.3.6.1 umgesetzt<br />
werden könnten. Ein solches Durchführungsübereinkommen<br />
wäre auch ein wichtiger Baustein für eine<br />
gr<strong>und</strong>legende Reform des Seerechts, wie sie der <strong>WBGU</strong><br />
in Kapitel 7.2 skizziert.<br />
7.3.4.3<br />
UN Fish Stocks Agreement <strong>und</strong> regionale<br />
Fischereiorganisationen (RFMO) weiterentwickeln<br />
Die Nutzung der Fischbestände auf der Hohen See<br />
ist dringend reformbedürftig, damit nicht weiterhin<br />
Bestände gefährdet werden <strong>und</strong> Schäden an Meeresökosystemen<br />
eintreten. Die Governance der Hochseefischerei<br />
sollte entsprechend gestärkt <strong>und</strong> höher auf die<br />
politische Agenda gesetzt werden.<br />
Das UN-Übereinkommen über die Erhaltung <strong>und</strong><br />
Bewirtschaftung gebietsübergreifender Fischbestände<br />
<strong>und</strong> weit wandernder Fischbestände (UN Fish Stocks<br />
Agreement, FSA) aus dem Jahr 1995 ist als Durchführungsübereinkommen<br />
zum Seerechtsübereinkommen<br />
zentrales Element der globalen Fischerei-Governance<br />
mit besonderer Relevanz für die Hohe See. Die generellen<br />
Prinzipien des FSA für eine vorsorgeorientierte<br />
<strong>und</strong> wissensbasierte Fischerei mit Berücksichtigung<br />
ihrer ökosystemaren Wirkungen sind deutlich weitreichender<br />
formuliert als im Seerechtsübereinkommen<br />
<strong>und</strong> betreffen auch Bestände in den AWZ, was einen<br />
wesentlichen Fortschritt darstellt (Kap. 3.X.Y). Daher