27.02.2014 Aufrufe

Handlungs- und Forschungsempfehlungen - WBGU

Handlungs- und Forschungsempfehlungen - WBGU

Handlungs- und Forschungsempfehlungen - WBGU

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

7 <strong>Handlungs</strong>empfehlungen<br />

36<br />

der zurückgesetzt werden. Um die Verluste an mariner<br />

Biodiversität durch Beifang zu verringern, sollten<br />

ökosystemgerechte, d. h. umweltschonende Fanggeräte<br />

<strong>und</strong> -praktiken verpflichtend eingeführt werden.<br />

Fischereimethoden, bei denen hohe Anteile von Beifang<br />

von Nichtzielarten (Fische, aber auch u. a. Seevögel,<br />

Meeresschildkröten, Meeressäuger) technisch nicht<br />

vermeidbar sind, sollten verboten <strong>und</strong> durch andere<br />

Methoden ersetzt werden. Durch das Anlandungsgebot<br />

werden zudem die Unsicherheiten bei den Bestandsabschätzungen<br />

verringert. Der durch technische Maßnahmen<br />

nicht zu vermeidende Beifang sollte nicht nur<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich angelandet, sondern auch verwertet werden,<br />

wenn möglich für den direkten menschlichen Verzehr.<br />

Wo dies nicht möglich ist, kann die Verarbeitung<br />

des Beifangs zu Fischmehl oder -öl eine Futterquelle für<br />

nachhaltige Aquakultur sein <strong>und</strong> so die Futterfischerei<br />

vermindern (Kap. 7.4.2.2). Die Rahmenbedingungen<br />

sollten so gestaltet sein, dass der Anreiz besteht, Beifang<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich zu minimieren, so dass auch der Beifang<br />

von Nichtzielarten innerhalb nachhaltiger Grenzen<br />

bleibt. Die Herausforderung besteht darin, trotz möglichst<br />

sinnvoller Nutzung keine Anreize zu einer Steigerung<br />

des Beifangs zu schaffen. Zu diesen wichtigen Fragen<br />

besteht Forschungsbedarf (Kap. 8.3.3.1).<br />

Zerstörerische <strong>und</strong> verschwenderische Fischerei<br />

verbieten <strong>und</strong> Verbote durchsetzen<br />

Zerstörerische Fischereitechniken sollten sowohl im<br />

Küstenmeer, in der AWZ als auch auf Hoher See verboten<br />

<strong>und</strong> diese Verbote auch effektiv durchgesetzt<br />

werden. Dazu gehört nicht nur das Fischen mit Dynamit<br />

oder Gift, das vor allem im Küstenbereich der Tropen<br />

immer noch vorkommt, sondern auch die habitatschädigende<br />

Fischerei (z. B. Gr<strong>und</strong>schleppnetzfischerei,<br />

Baumkurren) in sensiblen Ökosystemen, wie z. B.<br />

Riffen, Seegraswiesen, Sandbänken <strong>und</strong> in Meeressschutzgebieten.<br />

Dies gilt insbesondere für Tiefseegebiete<br />

mit fragilen Habitaten <strong>und</strong> reicher Biodiversität<br />

(z. B. Kaltwasserkorallenriffe, Unterwasserberge). Die<br />

FAO-Leitlinien für die Tiefseefischerei im Bereich der<br />

Hohen See sollten daher vordringlich umgesetzt werden<br />

(FAO, 2009b). Nachhaltige Alternativen zur gr<strong>und</strong>berührenden<br />

Fischerei sollten erforscht <strong>und</strong> angewandt<br />

werden (z. B. Elektro- oder Puls fischerei; Kap. 8.3.3.1).<br />

Verschwenderische Fischereimethoden, bei denen<br />

nur ein kleiner Bruchteil der gefangenen Biomasse Verwendung<br />

findet, sollten verboten werden. Ein Beispiel<br />

ist das shark finning, bei dem nur die Flossen von Haien<br />

für die Zubereitung einer Suppe verwendet werden <strong>und</strong><br />

der tödlich verletzte Hai ungenutzt wieder über Bord<br />

geht. Hier ist die Ausweitung der bestehenden Regelungen<br />

vieler Länder (u. a. EU, USA) <strong>und</strong> Institutionen<br />

(RFMO, FAO, CITES) in Richtung eines globalen<br />

Verbots erforderlich, weil Haie eine wichtige Rolle in<br />

Meeresökosystemen einnehmen <strong>und</strong> viele Haiarten<br />

durch Fischerei akut gefährdet sind (Kap. 4.2.2.3). Das<br />

Memorandum of Understanding on Migratory Sharks<br />

der Bonner Konvention (CMS, 2010) hat für die Untergruppe<br />

der wandernden Haiarten einen Schutzplan<br />

vereinbart. Allerdings haben die Länder, in denen Haifischerei<br />

eine große Rolle spielt, sowie die wichtigen<br />

asiatischen Importländer das Memorandum bislang<br />

nicht gezeichnet.<br />

Futterfischerei reglementieren<br />

Etwa ein Drittel der marinen Fangmenge wird zur<br />

Erzeugung von Fischmehl <strong>und</strong> -öl vor allem für Tierfutter<br />

genutzt. Ein großer Teil davon wird zu Futter für<br />

Aquakultur von Raubfischen mit einem Effizienzverlust<br />

von bis zu 1:5 (vereinzelt sogar mehr) verarbeitet<br />

(„Reduktion“; Kap. 4.4). Der Fang von Wildfischen für<br />

die Aquakultur von Raubfischen („Reduktionsfischerei“)<br />

stellt keinen wesentlichen Beitrag zur Ernährungssicherung<br />

dar <strong>und</strong> sollte verringert werden. Stattdessen<br />

sollten Alternativen entwickelt <strong>und</strong> gefördert werden<br />

(Kap. 7.4.2.2). Es sollten konservative ökosystembasierte<br />

Fangbeschränkungen für Reduktions-, Futterbzw.<br />

Industriefischereien auf niedriger trophischer<br />

Ebene vereinbart, umgesetzt <strong>und</strong> durchgesetzt werden,<br />

um die Nahrungsversorgung für natürliche Prädatoren<br />

im Nahrungsnetz zu sichern <strong>und</strong> gegen Unsicherheiten<br />

etwa auch im Zusammenhang mit dem Klimawandel<br />

vorzusorgen (Kap. 4.4). Es sollten Initiativen<br />

hinzukommen, Futterfischereien möglichst vollständig<br />

in Bezug auf Nachhaltigkeit <strong>und</strong> Herkunft zu zertifizieren.<br />

Je nach lokalem Kontext kann es auch sinnvoll<br />

sein, lokale Fischmehlindustrien für lokale Aquakulturfarmen<br />

aufzubauen. Alternativ zur Verarbeitung dieser<br />

Erträge zu Tierfutter sollten Forschung, Entwicklung<br />

<strong>und</strong> Infrastruktur gefördert werden, um neue Wege<br />

zur direkten Nutzung der Futterfischbestände für den<br />

menschlichen Verzehr zu finden, wie es z. T. bereits<br />

geschieht (Kap. 4.4.2; 8.3.3.1).<br />

7.4.1.5<br />

Illegale, nicht gemeldete <strong>und</strong> unregulierte<br />

Fischerei bekämpfen<br />

Etwa ein Siebtel bis ein Drittel des globalen Fischfangs<br />

geht auf das Konto des illegalen, nicht gemeldeten <strong>und</strong><br />

unregulierten Fischfangs (illegal, unreported and unregulated<br />

fisheries, IUU-Fischerei; Kap. 4.2.2.3). Das<br />

politische Ziel der Beendigung der IUU-Fischerei, insbesondere<br />

auf Hoher See, ist seit Jahren Konsens der<br />

Staatengemeinschaft <strong>und</strong> wurde auf der Rio+20-Konferenz<br />

erneut bekräftigt.<br />

Die Empfehlungen zur Bekämpfung der IUU-Fischerei<br />

sollten an den wichtigsten Ursachen ansetzen: die

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!