Handlungs- und Forschungsempfehlungen - WBGU
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7 <strong>Handlungs</strong>empfehlungen<br />
30<br />
aus seinem Sondergutachten „Die Zukunft der Meere“<br />
(<strong>WBGU</strong>, 2006), insbesondere die Zielsetzung, dass ein<br />
ökologisch repräsentatives <strong>und</strong> effektiv betriebenes<br />
Meeresschutzgebietssystem mindestens 20–30 % der<br />
Fläche mariner Ökosysteme umfassen sollte.<br />
Internationale Ziele für Schutzgebietsausweisungen<br />
umsetzen <strong>und</strong> verschärfen<br />
Das auf der 10. Vertragsstaatenkonferenz der CBD in<br />
Nagoya beschlossene Flächenziel von 10 % für Meeresschutzgebiete<br />
bis 2020 erscheint nicht ambitioniert<br />
genug (Kap. 3.3.2), auch wenn die Betonung<br />
von Repräsentativität, Vernetzung, Effektivität des<br />
Managements <strong>und</strong> die Integration in die umgebende<br />
„Meereslandschaft“ sehr zu begrüßen ist (Aichi-Target<br />
11: CBD, 2010a). Angesichts des derzeitigen Schutzniveaus<br />
von nur 1,6 % der weltweiten Meeresfläche insgesamt,<br />
4 % der AWZ <strong>und</strong> 7,2 % der Küstengewässer<br />
(Bertzky et al., 2012) erscheint allerdings die Beschleunigung<br />
einer wissensbasierten Umsetzung der bisherigen<br />
Zielsetzungen noch dringender als die Anhebung<br />
der Flächenziele (Kap. 8.3.2.2). Besonderer <strong>Handlungs</strong>bedarf<br />
besteht beim Meeresschutz der Hohen See<br />
(Kap. 7.3.4.2). Die B<strong>und</strong>esregierung sollte ihren Einsatz<br />
für die effektive Durchsetzung von Meeresschutzgebieten<br />
im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit<br />
verstärken (zur Finanzierung siehe Kap. 7.3.6).<br />
Meeresschutzgebiete als Instrument nachhaltigen<br />
Fischereimanagements einsetzen<br />
Meeressschutzgebiete, dort insbesondere die Zonen,<br />
die räumlich oder zeitlich für die Fischerei gesperrt<br />
sind, sind nicht nur für den Schutz biologischer Vielfalt<br />
von entscheidender Bedeutung. Sie können darüber<br />
hinaus auch ein wichtiges Instrument für die Erhaltung<br />
<strong>und</strong> den Wiederaufbau übernutzter Fischbestände darstellen,<br />
da in derartigen Schutzgebieten höhere Fischbiomasse<br />
aufgebaut wird <strong>und</strong> Larven an die umgebenden<br />
befischten Gebiete exportiert werden können<br />
(Kap. 3.6.2). Zusammenhängende <strong>und</strong> großflächige<br />
Nullnutzungszonen sollten vorrangig dort eingerichtet<br />
werden, wo sie dem Schutz wichtiger Lebensräume<br />
(z. B. Laichgebiete) <strong>und</strong> Lebensstadien (z. B. Jungfische)<br />
dienen. Sie können aber auch wichtige Referenzgebiete<br />
für die Meeresforschung sein, um einen Vergleich zu<br />
den genutzten bzw. befischten Gebieten zu ermöglichen.<br />
Habitatschädigende Nutzungen, wie z. B. aktiv<br />
gr<strong>und</strong>berührende Fischereimethoden (Kap. 7.4.1.4),<br />
sollten in Meeresschutzgebieten nicht gestattet sein.<br />
Blockaden gegen Meeresschutzgebiete auf Hoher<br />
See lösen<br />
Meeresschutzgebiete sind auch auf der Hohen See<br />
wichtige Instrumente nicht nur für die Erhaltung biologischer<br />
Vielfalt, sondern auch für die Nachhaltigkeit<br />
der Fischerei. Sie sind aber auf der Hohen See noch weit<br />
stärker unterrepräsentiert als in den AWZ. Der <strong>WBGU</strong><br />
(2006) hat bereits auf den dringenden <strong>Handlungs</strong>bedarf<br />
<strong>und</strong> die Regelungslücken bei MPA auf der Hohen<br />
See hingewiesen <strong>und</strong> Empfehlungen abgeleitet. Seither<br />
konnte die OSPAR-Kommission zum Schutz der Meeresumwelt<br />
des Nordostatlantiks einen wegweisenden<br />
Erfolg für den Meeresschutz auf Hoher See verbuchen:<br />
Im Jahr 2010 wurde erstmals ein regionales Netzwerk<br />
von Meeresschutzgebieten auf der Hohen See zum<br />
Schutz von Tiefseehabitaten eingerichtet. Die dortige<br />
RFMO (NEAFC) hat daraufhin in weiten Teilen dieser<br />
Gebiete die Schleppnetzfischerei untersagt. Entsprechende<br />
Schutzvereinbarungen mit der Meeresbodenbehörde<br />
stehen noch aus. Auch wenn Um- <strong>und</strong> Durchsetzung<br />
dieser Bestimmungen eine große Herausforderung<br />
bleiben, sollten diese Erfolge möglichst auf andere<br />
Regionen übertragen werden. Das Konzept der FAO zu<br />
vulnerablen Meeresökosystemen (Vulnerable Marine<br />
Ecosystems, VME) <strong>und</strong> die FAO-Leitlinien für die Tiefseefischerei<br />
(FAO, 2009b) bieten bei der Ausweisung<br />
von Meeresschutzgebieten in der Tiefsee wertvolle<br />
Hilfe.<br />
Diese positiven Erfahrungen sollten auch für die<br />
Überwindung der Blockaden genutzt werden, die derzeit<br />
die Verhandlungen über ein neues Durchführungsübereinkommen<br />
zur biologischen Vielfalt auf Hoher See<br />
erschweren (Kap. 7.3.4.2). Die umfassendsten Bestrebungen<br />
zum Aufbau eines Netzwerks von Schutzgebieten<br />
auf der Hohen See finden seit 2004 im Rahmen<br />
der informellen BBNJ-Arbeitsgruppe der UN-Generalversammlung<br />
statt (BBNJ – Biological Diversity Beyond<br />
Areas of National Jurisdiction). Die Biodiversitätskonvention<br />
(CBD) leistet für die BBNJ-Arbeitsgruppe<br />
wertvolle wissenschaftliche <strong>und</strong> technische Zuarbeit<br />
<strong>und</strong> liefert Kriterien für die Gebietsauswahl <strong>und</strong> erste<br />
Gebietslisten. Die B<strong>und</strong>esregierung sollte den durch<br />
die CBD erneut verdeutlichten <strong>Handlungs</strong>bedarf nutzen,<br />
um erhöhten Druck in der BBNJ-Arbeitsgruppe<br />
auszuüben mit dem Ziel, die Verhandlungen zum entsprechenden<br />
Durchführungsübereinkommen möglichst<br />
zeitnah zu beginnen <strong>und</strong> rasch abzuschließen<br />
(Kap. 7.3.4.2). In der Zwischenzeit könnte die Sammlung<br />
<strong>und</strong> Verbreitung positiver Beispiele <strong>und</strong> Ergebnisse<br />
zu MPA im nationalen oder regionalen Rahmen<br />
die internationalen Bemühungen für MPA beflügeln.<br />
Die Einrichtung von MPA im Bereich der Antarktis<br />
im Rahmen der Commission for the Conservation of<br />
Antarctic Marine Living Resources (CCAMLR) musste<br />
wegen des Widerstands einiger Länder auf 2013 vertagt<br />
werden. Da die nächste Sitzung in Deutschland<br />
stattfindet, hat die B<strong>und</strong>esregierung als Gastgeberin<br />
eine besondere Chance <strong>und</strong> Verantwortung, die Ver-