Handlungs- und Forschungsempfehlungen - WBGU
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7 <strong>Handlungs</strong>empfehlungen<br />
42<br />
internationaler <strong>und</strong> EU-Ebene bereits teils anspruchsvolle,<br />
wenn auch unverbindliche Leitlinien <strong>und</strong> Strategien,<br />
allen voran der FAO-Verhaltenskodex für verantwortungsvolle<br />
Fischerei (FAO, 1995: Art. 9; Kap. 3.3,<br />
4.3.3.1). Diese Ziele <strong>und</strong> Empfehlungen werden bislang<br />
aber nur unzureichend umgesetzt. Die Aquakultur<br />
sollte, global gesehen, dringend in Richtung einer<br />
nachhaltigen <strong>und</strong> verantwortungsvollen Wirtschaftsweise<br />
umgestaltet werden. Dies gilt umso mehr, da sie<br />
gegenwärtig in einem rasanten Wachstum begriffen ist<br />
<strong>und</strong> sich besonders stark dort entfaltet, wo schwache<br />
Regulierungen oder schwache Umsetzungen existieren.<br />
Der <strong>WBGU</strong> gibt folgende übergreifende Empfehlungen,<br />
die auf den nachfolgenden Seiten detaillierter dargestellt<br />
werden:<br />
> Die für Aquakultur relevanten Empfehlungen des<br />
FAO-Verhaltenskodex für verantwortungsvolle<br />
Fischerei <strong>und</strong> späterer Vereinbarungen sollten Basis<br />
für die Entwicklung anspruchsvoller Standards in<br />
der Aquakultur auf internationaler <strong>und</strong> EU-Ebene<br />
sein <strong>und</strong> von den Staaten in Form effektiver <strong>und</strong><br />
umsetzungsfähiger Regulierungen in ihrem nationalen<br />
Recht verankert werden.<br />
> Der ökosystemare Ansatz sollte weltweit als Gr<strong>und</strong>lage<br />
für die Entwicklung einer nachhaltigen Aquakultur<br />
dienen.<br />
> Der zusätzliche Druck auf wilde Fischbestände durch<br />
die Futtermittelproduktion für den Aquakultursektor<br />
sollte gestoppt werden. Aquakultur sollte in die<br />
Lage versetzt werden, wilde Fischbestände zu entlasten.<br />
> Umweltbelastende <strong>und</strong> zerstörerische Produktionsverfahren<br />
sollten zugunsten umweltschonender Verfahren<br />
eingestellt werden.<br />
> Angebot <strong>und</strong> Nachfrage nach nachhaltig produzierten<br />
Aquakulturprodukten sollten insbesondere in<br />
Industrie- <strong>und</strong> Schwellenländern mit Hilfe von<br />
Anreizen <strong>und</strong> Informationen gefördert werden.<br />
7.4.2.1<br />
Wissens- <strong>und</strong> Datenbasis verbessern<br />
Für die Entwicklung einer nachhaltigen Aquakultur <strong>und</strong><br />
entsprechender Governance- <strong>und</strong> Managementstrukturen<br />
werden verlässliche Daten benötigt. In vielen<br />
Ländern ist die Datenlage im Aquakultursektor (z. B.<br />
Produktionsdaten, Daten für Entwicklungsplanung<br />
sowie zu Umwelt- <strong>und</strong> Ökosystembelastungen) jedoch<br />
ungenügend. Datenbanken sollten entwickelt <strong>und</strong> die<br />
notwendigen finanziellen Ressourcen dazu bereitgestellt<br />
werden. Insoweit wäre es sinnvoll, verschiedene<br />
Datenerhebungsmethoden (z. B. durch Aquakulturfarmer<br />
selbst, durch Behördenvertreter) zu evaluieren<br />
<strong>und</strong> die kosteneffektivsten zu implementieren. Eine<br />
wichtige Voraussetzung für eine bessere Datenlage zu<br />
den ökologischen Auswirkungen der Aquakultur <strong>und</strong><br />
letztendlich für effektive Managementmaßnahmen ist<br />
die Entwicklung eines langfristigen, flächendeckenden<br />
<strong>und</strong> finanziell sowie personell ausreichend abgesicherten<br />
Umwelt-Monitorings. Deutschland könnte<br />
durch finanzielle <strong>und</strong> technische Zusammenarbeit <strong>und</strong><br />
Kapazitätsaufbau im personellen oder institutionellen<br />
Bereich Entwicklungsländer beim Aufbau effektiver<br />
Datenbanken <strong>und</strong> Monitoring-Programme unterstützen.<br />
In internationalen <strong>und</strong> europäischen Gremien<br />
sollte sich Deutschland für eine verlässlichere Datenerhebung<br />
einsetzen. Die entsprechenden <strong>Forschungsempfehlungen</strong><br />
finden sich in Kapitel 8.3.3.2.<br />
7.4.2.2<br />
Entwicklung nachhaltiger Aquakultursysteme<br />
fördern<br />
Um die Aquakultur nachhaltig <strong>und</strong> umweltschonend<br />
zu gestalten, müssen die Kopplung an die Wildfischerei<br />
aufgr<strong>und</strong> des Fangs von Futterfischen aufgelöst <strong>und</strong><br />
die Umweltbelastungen durch den Aquakulturbetrieb<br />
stark verringert werden. Dem zunehmenden Nutzungsdruck<br />
an Küsten, wo sich die meisten Aquakulturanlagen<br />
befinden, sollte ebenso begegnet werden wie sich<br />
ändernden Umweltbedingungen, die durch den Klimawandel<br />
verursacht werden <strong>und</strong> eine Anpassung der<br />
Aquakultur erfordern.<br />
Fischmehl <strong>und</strong> Fischöl im Aquakulturfutter ersetzen<br />
Biologisch-technische Lösungen zur teilweisen Substitution<br />
von Fischmehl <strong>und</strong> -öl z. B. durch pflanzliche<br />
Stoffe stehen bereits zur Verfügung <strong>und</strong> werden auch<br />
schon umgesetzt (Kap. 4.4.3). Weitere Forschung zu<br />
Substituten ist allerdings erforderlich (Kap. 8.3.3.2).<br />
Wesentlich hierbei wäre, diese Umstellung auf der<br />
Gr<strong>und</strong>lage einer umweltschonenden <strong>und</strong> möglichst<br />
regionalen landwirtschaftlichen Produktion durchzuführen,<br />
um eine Verlagerung von Umweltproblemen in<br />
den Landnutzungssektor zu vermeiden. Perspektivisch<br />
sollte die Verwendung von Fischmehl in der landwirtschaftlichen<br />
Tierproduktion sowie bei herbi- <strong>und</strong> omnivore<br />
Aquakulturarten eingestellt werden. Wichtig ist<br />
auch, das Verhältnis der eingesetzten Menge Futter zu<br />
produzierter Einheit Fisch (Food Conversion Ratio) in<br />
Ländern mit Defiziten in diesem Bereich zu verbessern,<br />
z. B. durch optimierte Fütterungstechniken, um Futterverluste<br />
zu reduzieren. Hinsichtlich der Nutzung von<br />
Restprodukten aus der landwirtschaftlichen Tierzucht<br />
wäre (aufgr<strong>und</strong> der BSE-Problematik in der Vergangenheit)<br />
Aufklärungsarbeit bei Verbrauchern hilfreich, um<br />
die Akzeptanz für die Nutzung als Futter in der Aquakultur<br />
zu erhöhen (Kap. 8.3.3.2).