Handlungs- und Forschungsempfehlungen - WBGU
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7 <strong>Handlungs</strong>empfehlungen<br />
34<br />
wissenschaftlichen Unsicherheiten <strong>und</strong> Informationslücken<br />
ist die Anwendung des Vorsorgeprinzips<br />
besonders wichtig, um die Bestände <strong>und</strong> somit die<br />
Zukunft der Fischerei zu sichern (Kap. 4.X).<br />
> Nachhaltige Ertragsgrenzen festlegen: Für die meisten<br />
Regionen <strong>und</strong> Bestände wäre die Bewirtschaftung<br />
gemäß dem wissenschaftlich bestimmten höchstmöglichen<br />
Dauerertrag (Maximum Sustainable Yield,<br />
MSY) bereits ein erheblicher Fortschritt, weil die<br />
Erträge diese Grenze regelmäßig <strong>und</strong> zum Teil erheblich<br />
überschreiten. Bei der Festlegung der Fangmengen<br />
sollte der MSY lediglich als oberste Bewirtschaftungsgrenze<br />
angesehen werden, zu welcher ein<br />
Sicherheitsabstand einzuhalten ist, um u. a. den Auswirkungen<br />
von Fischerei auf Meeresökosysteme<br />
(Nahrungsnetze, Habitate, Biodiversität usw.), der<br />
natürlichen Variabilität in Meeresökosystemen <strong>und</strong><br />
den neu hinzukommenden Anpassungsanforderungen<br />
durch z. B. Klimawandel <strong>und</strong> Ozeanversauerung<br />
(Kap. 4.5.1, 4.5.2) besser gerecht zu werden (Kasten<br />
4.2-3). Zudem sollten die Fangmengen bei dezimierten<br />
Beständen anfangs ohnehin deutlich konservativer<br />
gesetzt werden, um ihre rasche Erholung zu<br />
ermöglichen. Der Sicherheitsabstand sollte aus ökologischen<br />
Gründen bei Futterfischbeständen besonders<br />
groß gewählt werden (Kap. 4.X). Diese neue<br />
Rolle des MSY als äußerster Grenzwert <strong>und</strong> nicht als<br />
Zielgröße sollte in der Fischerei-Governance auf den<br />
verschiedenen Ebenen gesetzlich bzw. durch zwischenstaatliche<br />
Übereinkommen festgeschrieben<br />
werden. Auf dieser Basis sollten ökosystembasierte,<br />
über mehrere Jahre hinwegreichende <strong>und</strong> regional<br />
angepasste Managementpläne für Bewirtschaftung<br />
<strong>und</strong> Wiederaufbau der Bestände erstellt <strong>und</strong> eingehalten<br />
werden.<br />
> Nachhaltige Ertragsgrenzen einhalten: Die wissenschaftlich<br />
basierten Empfehlungen für zulässige<br />
Gesamtfangmengen sollten möglichst weitgehend<br />
berücksichtigt werden; heute werden sie aus<br />
Rücksicht auf Partikularinteressen regelmäßig überschritten.<br />
Stattdessen sollte die Befischung übernutzter<br />
Bestände solange verringert werden, bis sich die<br />
Bestände wieder erholt haben <strong>und</strong> die<br />
Nachhaltigkeitsanforderungen eingehalten werden.<br />
> Globalen Fischereiaufwand verringern: Eine entscheidende<br />
Voraussetzung für das Einhalten der Ertragsgrenzen<br />
ist die erhebliche Verringerung des aggregierten<br />
globalen Fischereiaufwands durch den Abbau<br />
von Überkapazitäten (Kap. 7.4.1.3). Maßnahmen<br />
zum Abbau von Überkapazitäten sollten gefördert<br />
werden; abgebaute Kapazitäten, z. B. außer Betrieb<br />
genommene industrielle Fischerboote, sollten abgewrackt<br />
werden müssen <strong>und</strong> sollten nicht exportiert<br />
oder ausgeflaggt werden dürfen.<br />
> Effektive Überwachung sicherstellen: Die Überprüfung<br />
der Einhaltung von Nutzungs- <strong>und</strong> Zugangsrechten<br />
durch Institutionen (z. B. durch Inspektoren<br />
an Bord wie im Hafen, Satellitentransponder oder<br />
Kameras) ist von entscheidender Bedeutung, um die<br />
Einhaltung der Managementpläne sicherzustellen.<br />
> Ökologische Risiken <strong>und</strong> Nebenwirkungen minimieren:<br />
Die derzeitige Fischerei übt nicht nur durch die<br />
Entnahme von vermarktbarem Fisch eine Wirkung<br />
auf Meeresökosysteme aus, sondern auch durch Beifang<br />
<strong>und</strong> durch zerstörerische oder verschwenderische<br />
Fangmethoden (Kap. 4.2.1, 7.4.1.4). Eine<br />
nachhaltige Fischerei sollte diese Wirkungen minimieren<br />
<strong>und</strong> dazu die vorhandenen technischen<br />
Lösungen nutzen.<br />
7.4.1.2<br />
Voraussetzungen für eine wissensbasierte<br />
Fischerei verbessern<br />
Meeres- <strong>und</strong> Fischereiforschung sind Voraussetzungen<br />
für eine wissensbasierte Fischerei. Unabhängig<br />
vom gewählten Ansatz oder Indikator wird es notwendig<br />
sein, die wissenschaftliche Gr<strong>und</strong>lage für das<br />
Monitoring von Fischbeständen <strong>und</strong> Erträgen sowie die<br />
Zustandsbewertung der Meeresökosysteme zu verbessern.<br />
Basis hierfür ist hinreichendes Wissen um die Biologie<br />
<strong>und</strong> Ökologie der Zielarten <strong>und</strong> des Ökosystems,<br />
wie auch um die Schlüsseltreiber bei der Nutzung dieser<br />
Ressource (Kap. 7.3.1). Entsprechende <strong>Forschungsempfehlungen</strong><br />
finden sich in Kapitel 8.3.3.1 Es sollte<br />
angestrebt werden, die Kooperation unter den Wissenschaftlern<br />
sowie zwischen Wissenschaftlern <strong>und</strong><br />
Fischern zu verbessern.<br />
> Indikatoren weiterentwickeln: Das klassische Fischereimanagement<br />
richtet sich vor allem an der Maximierung<br />
des Ertrags einzelner Zielarten aus <strong>und</strong> vernachlässigt<br />
ökosystemare Faktoren wie z. B. Habitatbeschaffenheit<br />
oder die Interaktionen mit anderen<br />
Arten. Um einem ökosystemaren Ansatz besser<br />
gerecht zu werden, sollte das Fischereimanagement<br />
schrittweise um Indikatoren ergänzt werden, die<br />
nicht nur die mit den Zielarten in Beziehung stehenden<br />
Arten einbeziehen (ökosystembasierter Mehrartenansatz,<br />
inkl. Nichtzielarten), sondern den ökosystemaren<br />
Zustand insgesamt widerspiegeln. Es<br />
gibt eine Reihe interessanter Ansätze, die durch Forschung<br />
<strong>und</strong> Entwicklung geprüft <strong>und</strong> weiterentwickelt<br />
werden sollten (Kap. 8.3.3.1), so dass sie<br />
schnell für die Anwendung bereit stehen.<br />
> Datenlage verbessern: In vielen Regionen gibt es<br />
keine sicheren Daten über Fischbestände oder Fänge.<br />
Dort müssen die wissenschaftlichen Gr<strong>und</strong>lagen erst<br />
geschaffen bzw. verbessert werden (Monitoring,<br />
Bestandsdaten, Modelle; Kap. 8.3.3.1). Die Länder