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Oktober (Doppelseiten) - experimenta.de

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Bei <strong>de</strong>r Vernehmung <strong>de</strong>s Försters verstrickte dieser sich in Wi<strong>de</strong>rsprüche. Bei <strong>de</strong>r Frage, wieso<br />

er Nähna<strong>de</strong>ln und Garn dabei gehabt hätte, konnte er keine glaubwürdige Antwort geben. Von<br />

Untersuchungshaft sah man ab, allerdings darf er die Stadt bis auf weiteres nicht verlassen. Dazu<br />

muss er sich zweimal am Tag bei einer Polizeistation mel<strong>de</strong>n. Seine Waffen wur<strong>de</strong>n konfisziert.<br />

Der Wolf, <strong>de</strong>r damals ohne Verhandlung von <strong>de</strong>m Förster erschossen wor<strong>de</strong>n war, soll exhumiert,<br />

und <strong>de</strong>r Pathologie überstellt wer<strong>de</strong>n.<br />

Hänsel und Gretel, inzwischen erwachsen, haben sich bei <strong>de</strong>r Polizei gemel<strong>de</strong>t. Angeblich hätten<br />

sie Rapunzel bei Aldi gesehen. Dort konnte sich niemand daran erinnern. Wahrscheinlich wollten<br />

die zwei nur mal erwähnt wer<strong>de</strong>n. Nach ihrem Kindheitstrauma, haben die bei<strong>de</strong>n ein inzestuöses<br />

Verhältnis begonnen. Da Hänsel nicht zeugungsfähig ist, lässt man sie weitgehend in Ruhe. Die<br />

Eltern, vor Jahren gestorben, konnten nicht mehr zu Rechenschaft gezogen wer<strong>de</strong>n. Ob die Hexe<br />

wirklich verbrannt ist, konnte auch nicht ein<strong>de</strong>utig mit ja beantwortet wer<strong>de</strong>n. Nach <strong>de</strong>r Geschichte<br />

hatten die zwei das Lebkuchenhaus besetzt und wohnen bis heute da. Es soll niemals mehr eine<br />

Hexe in dieses Haus einziehen können. Wenn zufällig Kin<strong>de</strong>r in die Nähe <strong>de</strong>s Hauses kommen,<br />

gibt es für sie Lebkuchenherzen von Aldi. Gretel hat lei<strong>de</strong>r das Backen nie erlernt. Hänsel ist sehr<br />

gut im Holzhacken und schnitzt nebenher Hexen. Diese, an einem Strick hängend, verkauft er auf<br />

<strong>de</strong>m Markt. Ansonsten leben sie von Hartz IV und <strong>de</strong>m, was ein Förster ihnen ab und zu vorbei<br />

bringt. Möchte nicht näher darauf eingehen, weil vielleicht das Jobcenter o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>nunzieren<strong>de</strong><br />

E-Mail Adressen mitlesen? Bitte nicht persönlich angesprochen fühlen. Ich re<strong>de</strong> von fehlgeleiteten<br />

E-Mails.<br />

29.04.<br />

Kurz etwas in eigener Sache: Ein E-Mail-Informant hat mich fälschlicherweise zum Verwandtenkreis<br />

<strong>de</strong>r Brü<strong>de</strong>r Grimm erklärt. Sicherlich hat er es nur gut gemeint, aber ich möchte mich hier und<br />

in aller Entschie<strong>de</strong>nheit davon distanzieren. Ich bin nicht mit <strong>de</strong>r Familie Grimm verwandt o<strong>de</strong>r<br />

verschwägert. Mit solchen grausamen, perfi<strong>de</strong>n, abartigen Geschichten habe ich nichts zu tun.<br />

Habe auch keine Verbindung zu Kidnapping, Meuchelmord und sonstigen Abscheulichkeiten.<br />

Nun weiter mit meiner Reportage über <strong>de</strong>n Nikolausskandal.<br />

Rotkäppchen hat sich bei <strong>de</strong>n ermitteln<strong>de</strong>n Beamten gemel<strong>de</strong>t und die wahre Geschichte<br />

erzählt.<br />

Der angeblich böse Wolf sei kein böser Wolf son<strong>de</strong>rn ein pazifistischer Werwolf. Er sei ihr Vater<br />

und Sohn <strong>de</strong>r Großmutter. Wer die Vaterschaft innehätte, konnte Rotkäppchen nicht sagen. Die<br />

Großmutter hatte nie darüber gesprochen. Allerdings wur<strong>de</strong> damals gemunkelt, dass <strong>de</strong>r zu<br />

dieser Zeit amtieren<strong>de</strong>r Bischof nicht ganz unschuldig daran gewesen sei.<br />

Bitte, es reicht nicht die Vaterschaft eines Bischofs, um ein Werwolf zu wer<strong>de</strong>n.<br />

Zu <strong>de</strong>r damaligen Zeit lief ein junger Mann je<strong>de</strong>n Tag durch <strong>de</strong>n Wald. Alle Welt nannte ihn<br />

Beelzebub.<br />

Nicht zu vergleichen mit <strong>de</strong>m, <strong>de</strong>r heutzutage mit diesem Begriff benannt ist.<br />

Beelzebub, das war die Bezeichnung für „Herr <strong>de</strong>r Fliegen“ und genau dies war <strong>de</strong>r junge Mann.<br />

Täglich fing er für alle Angler im Ort Fliegen. Als Bezahlung bekam er regelmäßig einen Fisch<br />

geschenkt. Die Mutter, <strong>de</strong>r ihr Mann davon gelaufen war, freute sich darüber, wenn <strong>de</strong>r Sohn<br />

diesen mit nach Hause brachte. Der Sohn freute sich, wenn die Mutter sich freute, auch wenn<br />

er immer nur die Gräten ablutschen durfte. Er brauchte auch nicht soviel Fisch, zumal er oft<br />

Regenwürmer grillte, die er im Wald einsammelte. Damit <strong>de</strong>ckte er seinen Omega 3-Bedarf.<br />

Später hatte er gelernt mitzu<strong>de</strong>nken und die Gemeinheiten seiner Mutter erkannt. Eines Tages,<br />

es war im Sommer, lies er <strong>de</strong>n Fisch drei Tage in <strong>de</strong>r Sonne liegen bevor die Mutter ihn bekam.<br />

Die Mutter, die aus unbekannten Grün<strong>de</strong>n keinen Geruchssinn hatte, freute sich wie immer.<br />

www.eXperimenta.<strong>de</strong> 28 <strong>Oktober</strong> 2013<br />

<strong>Oktober</strong> 2013<br />

29<br />

Beelzebub verzichtete dieses Mal darauf, die Gräten abzulutschen, und verließ pfeifend das<br />

Haus. Einige Stun<strong>de</strong>n später im Wald hörte er schwach die Sirenen eines Krankenwagens.<br />

Er sah und hörte niemals wie<strong>de</strong>r von seiner Mutter. Gestorben war sie nicht, aber nach ihrem<br />

Krankenhausaufenthalt muss sie fluchtartig die Gegend verlassen haben.<br />

Das war das erste Mal, dass Beelzebub auffällig wur<strong>de</strong>. Man hatte ihn immer für dumm, auch<br />

tölpelhaft gehalten und so behan<strong>de</strong>lt.<br />

Seit <strong>de</strong>m Ereignis fingen die Angler ihre Fliegen wie<strong>de</strong>r selbst und einige wechselten das Revier.<br />

Beelzebub wur<strong>de</strong> wegen <strong>de</strong>r Sache nicht weiter verfolgt, da er die Schuld <strong>de</strong>n Anglern zuschob.<br />

Welcher Angler ihm <strong>de</strong>n Fisch gegeben hatte, konnte bzw. wollte er nicht sagen. Der Angler<br />

konnte ja nichts dafür, dass er <strong>de</strong>n Fisch drei Tage in <strong>de</strong>r Sonne hat liegen lassen. So blieb dies<br />

ein ungelöster Fall.<br />

Hier muss ich die „Rotkäppchen-Akte“ vorübergehend schließen, <strong>de</strong>nn es kommen neue und<br />

wichtige Informationen, die <strong>de</strong>n Skandal noch weiter aufwerten und ausweiten.<br />

Dies sind die ersten 6 Seiten <strong>de</strong>r bisher unveröffentlichten Geschichte. Sie en<strong>de</strong>t nach mehr als<br />

50 weiteren am 18.08.2013. Wer an <strong>de</strong>r Fortsetzung interessiert ist, möge sich bitte per eMail<br />

an redaktion@<strong>experimenta</strong>.<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r direkt <strong>de</strong>n Autoren cellobrother@t-online.<strong>de</strong> wen<strong>de</strong>n. Er<br />

freut sich auf Ihre Rückmeldungen!<br />

Zitate von INKAS Absolvent(inn)en<br />

Sehr hilfreich war für mich die Auseinan<strong>de</strong>rsetzung mit <strong>de</strong>m formalen Text, aber auch mit <strong>de</strong>m<br />

Klang <strong>de</strong>r Sprache. Ich habe das Gefühl, zum Schriftsteller gereift zu sein.<br />

Manuel Göpferich, Kraichtal<br />

Leser(innen)briefe<br />

Ich bekomme regelmäßig die eXperimenta zugesandt. so wie es meine Freizeit erlaubt, lese ich<br />

darin. An dieser Stelle nochmal ein herzliches Dankeschön. Ich selbst habe einmal vor gut fünf<br />

Jahren einen Text in <strong>de</strong>r eXperimenta veröffentlichen dürfen. Darin ging es um das Gilgamesh-<br />

Projekt, das auch bei <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sgartenschau in Bingen aufgeführt wur<strong>de</strong>.<br />

Michael Römer, Bad Sobernheim<br />

ZeitRaum. Die unwichtigste Sache <strong>de</strong>r Welt. Kerker für <strong>de</strong>n Körper. Inspiration für <strong>de</strong>n Geist.<br />

Freiraum, Freizeit für die wichtigste Sache <strong>de</strong>r Welt. LIEBE.<br />

Lydia Naar<br />

Cellobrother von <strong>de</strong>r Nahe Land wur<strong>de</strong> 1948 in Köln geboren. Seit seiner Zeit als<br />

Zivildienstleisten<strong>de</strong>r lebt er in Bad Kreuznach. 1980 machte er seine Berufung zum Beruf<br />

und wur<strong>de</strong> Künstler. Er beschäftigte sich mit <strong>de</strong>r Malerei und an<strong>de</strong>ren Künsten. Seit einigen<br />

Jahren ist er, aufgrund einer halbseitigen Erblindung, zum Schreiben gewechselt.<br />

www.eXperimenta.<strong>de</strong>

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