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Linzer Bibelsaat 103 (pdf 8 MB - Diözese Linz

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Biblische Schlüsselstellen <strong><strong>Linz</strong>er</strong> <strong>Bibelsaat</strong> Nr. <strong>103</strong>/Dezember 2007<br />

Psalm 42 und 43<br />

Danach gefragt, was für mich in der Bibel<br />

eine Schlüsselstelle ist, kommt mir ganz<br />

spontan der Psalter in den Sinn. Das ist<br />

gleichsam ein ganzer Schlüsselbund, der<br />

viele Türen zu sperren vermag – manche<br />

öffnet er, aber manche kann er zum Glück<br />

auch verschließen.<br />

Der Psalm 42, der mit Psalm 43 eine<br />

Einheit bildet, wie der gleichbleibende<br />

Refrain deutlich zeigt, begleitet mich schon<br />

sehr lange. Mit ihm verbindet mich auch ein<br />

durchaus amüsantes Ereignis.<br />

Es war am Vorabend meiner Primizfeier,<br />

am 9. 9. 1989, als mich meine Heimatpfarre<br />

bei einer Kapelle außerhalb des<br />

Ortes festlich empfing. Natürlich begrüßte<br />

mich auch der damalige Pfarrer und<br />

hob am Ende seiner Rede mit beinahe<br />

beschwörenden Worten hervor, dass<br />

ich meinem Heimatort immer verbunden<br />

bleiben soll: „Vergiss -- es -- nie, -- du -<br />

- bist -- ein -- Hirsch -- bacher!“ Natürlich<br />

ging die letzte Silbe im Schmunzeln der<br />

anwesenden Leute fast unter. „Hirsch“ hin,<br />

„Hirschbacher“ her, Tatsache ist, dass auf<br />

meinem Bildchen zur Priesterweihe schon<br />

längst ein Psalmvers gedruckt war: „Wie<br />

der Hirsch lechzt nach frischem Wasser, so<br />

lechzt meine Seele, Gott, nach dir.“ Das ist<br />

der Beginn von Psalm 42.<br />

Und die Wahl fiel auch nicht zufällig<br />

auf dieses alttestamentliche Lied, sondern<br />

weil ich mich (durch die Diplomarbeit) intensiv<br />

mit diesem Wandlungsgebet beschäftigt<br />

habe. Einige Aspekte möchte ich<br />

in diesem Artikel hervorheben, die mich im<br />

Psalm besonders ansprechen.<br />

Die lebendige Gottesbeziehung<br />

Die ersten beiden Verse dieses intensiven<br />

Gebetes berühren in ihrer Dichte und<br />

Schönheit:<br />

Wie der Hirsch lechzt<br />

nach frischem Wasser,<br />

so lechzt meine Seele, Gott,<br />

nach dir.<br />

Meine Seele dürstet nach Gott,<br />

nach dem lebendigen Gott.<br />

Wann darf ich kommen<br />

und Gottes Antlitz schauen?<br />

(Ps 42,2-3)<br />

Schon hier zeigt sich eine Tendenz, die<br />

den ganzen Psalm durchzieht: der „abwesend-gegenwärtige“<br />

Gott. Der Beter dieses<br />

Psalmes spürt in sich die schmerzhafte<br />

Abwesenheit Gottes, die ihm aber – fast<br />

paradox – letztlich eine tiefe Gottesbeziehung<br />

eröffnet. Diese Tatsache spiegelt<br />

sich auch im Gesamteindruck der Gottesbezeichnungen<br />

wider. Obwohl der Psalmist<br />

von Gott ferne ist und seine Feinde ständig<br />

Gottes Abwesenheit ansprechen, begegnet<br />

Gott gleichsam auf Schritt und Tritt.<br />

Nirgends sonst finden wir im Psalter so vie-

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