Politik und Kultur - Deutscher Kulturrat
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STAATSZIEL KULTUR<br />
politik <strong>und</strong> kultur • März – April 2007 • Seite 20<br />
Debatte zum Staatsziel <strong>Kultur</strong><br />
Das Thema Staatsziel <strong>Kultur</strong> wurde<br />
durch die Enquete-Kommission des<br />
Deutschen B<strong>und</strong>estags „<strong>Kultur</strong> in<br />
Deutschland“ wieder auf die Tagesordnung<br />
gesetzt. Bereits in den Jahren<br />
1981–1983 hatte eine vom B<strong>und</strong>esministerium<br />
des Innern <strong>und</strong> B<strong>und</strong>esministerium<br />
der Justiz eingesetzte<br />
Sachverständigenkommission<br />
„Staatszielbestimmungen / Gesetzgebungsaufträge“,<br />
die Frage nach einem<br />
Staatsziel <strong>Kultur</strong> im Gr<strong>und</strong>gesetz eingehend<br />
untersucht. Sie hat sich mehrheitlich<br />
für die Aufnahme einer Staatszielbestimmung,<br />
die gleichermaßen<br />
kulturelle <strong>und</strong> natürliche Lebensgr<strong>und</strong>lagen<br />
schützt, ausgesprochen.<br />
Auch im Einigungsvertrag vom 31.<br />
August 1990 <strong>und</strong> in der Gemeinsamen<br />
Verfassungskommission im Jahr<br />
1992 spielte das Staatsziel <strong>Kultur</strong><br />
eine bedeutende Rolle. Bei der abschließenden<br />
Abstimmung fand sich<br />
in der Gemeinsamen Verfassungskommission<br />
allerdings keine Mehrheit für<br />
das Staatsziel <strong>Kultur</strong>.<br />
Im Sommer 2005 hat die Enquete-<br />
Kommission „<strong>Kultur</strong> in Deutschland“<br />
des Deutschen B<strong>und</strong>estages sich einstimmig,<br />
also über alle Parteigrenzen<br />
hinweg, für das Staatsziel <strong>Kultur</strong> im<br />
Gr<strong>und</strong>gesetz ausgesprochen. Sie hatte<br />
in ihrem Zwischenbericht im Juni<br />
2005 dem Deutschen B<strong>und</strong>estag die<br />
Handlungsempfehlung unterbreitet,<br />
dass Gr<strong>und</strong>gesetz um einen Artikel 20b<br />
mit dem Wortlaut: Der Staat schützt<br />
<strong>und</strong> fördert die <strong>Kultur</strong>.“ zu ergänzen.<br />
In politik <strong>und</strong> kultur kamen in der Ausgabe<br />
4/2005 die Befürworter <strong>und</strong> die<br />
Gegner des Staatsziels <strong>Kultur</strong> zu Wort.<br />
Autoren in dieser Ausgabe waren die<br />
Verfassungsrechtler Peter Badura, Max-<br />
Emanuel Geis, Ulrich Karpen <strong>und</strong> Bodo<br />
Pieroth, die B<strong>und</strong>estagsabgeordneten<br />
Eckhardt Barthel, Wolfgang Gerhardt<br />
<strong>und</strong> Angela Merkel sowie die Ministerpräsidenten<br />
Dieter Althaus, Ole von<br />
Beust, Peter Müller, Jürgen Rüttgers<br />
<strong>und</strong> Henning Scherf.<br />
Zur B<strong>und</strong>estagswahl 2005 fragte der<br />
Deutsche <strong>Kultur</strong>rat die im Deutschen<br />
B<strong>und</strong>estag vertretenen Parteien, ob sie<br />
sich für ein Staatsziel <strong>Kultur</strong> in der nächsten<br />
Legislaturperiode einsetzen werden.<br />
Bündnis 90/Die Grünen, Die Linke, FDP<br />
<strong>und</strong> SPD sprachen sich klar für die Verankerung<br />
des Staatsziels <strong>Kultur</strong> aus,<br />
CDU/CSU wollten die Pro- <strong>und</strong> Contra-<br />
Argumente unvoreingenommen prüfen.<br />
Die vollständige Antwort der Parteien<br />
kann in der Ausgabe 5/2005 von politik<br />
<strong>und</strong> kultur nachgelesen werden.<br />
In der Ausgabe 3/2006 macht Olaf Zimmermann<br />
deutlich, dass das Staatsziel<br />
<strong>Kultur</strong> mehr ist als ein Symbol.<br />
Zusammen mit der B<strong>und</strong>esakademie<br />
Wolfenbüttel führte der Deutsche <strong>Kultur</strong>rat<br />
im Mai 2006 eine Tagung zum<br />
Thema Staatsziel <strong>Kultur</strong> durch. In der<br />
Ausgabe 4/2006 von politik <strong>und</strong> kultur<br />
setzten sich Max Fuchs, Karl Ermert <strong>und</strong><br />
Ulrich Karpen mit dem Thema<br />
auseinander.<br />
Eine Erweiterung erfuhr die Diskussion<br />
um das Staatsziel <strong>Kultur</strong> im Frühjahr<br />
2006, als deutlicher als zuvor von<br />
Sportpolitikern im Deutschen B<strong>und</strong>estag<br />
<strong>und</strong> vom Deutschen Olympischen<br />
Sportb<strong>und</strong> die Forderung nach dem<br />
Staatsziel Sport vorgebracht wurde. Anlässlich<br />
des Gründungsaktes des Deutschen<br />
Olympischen Sportb<strong>und</strong>es im<br />
Frühjahr 2006 sprach sich der Festredner<br />
Ministerpräsident Kurt Beck für das<br />
Staatsziel Sport <strong>und</strong> das Staatsziel<br />
<strong>Kultur</strong> aus. In der Ausgabe 6/2006 von<br />
politik <strong>und</strong> kultur haben sich daher Thomas<br />
Bach, Hans-Joachim Otto <strong>und</strong><br />
Peter Danckert mit der Verankerung des<br />
Staatsziels <strong>Kultur</strong> <strong>und</strong> des Staatsziels<br />
Sport im Gr<strong>und</strong>gesetz befasst.<br />
Die Beiträge in den Ausgaben 4/<br />
2005, 5/2005, 3/2006, 4/2006 <strong>und</strong><br />
6/2006 von politik <strong>und</strong> kultur können<br />
im Internet unter der nachfolgenden<br />
Adresse abgerufen werden: http://<br />
www.kulturrat.de/puk_liste.php?<br />
rubrik=puk.<br />
Der Rechtsausschuss des Deutschen<br />
B<strong>und</strong>estags führte am 29.01.2007<br />
eine öffentliche Anhörung zum Staatsziel<br />
<strong>Kultur</strong> <strong>und</strong> zum Staatsziel Sport<br />
durch, in der noch einmal das Für <strong>und</strong><br />
Wider der beiden Staatszielen von den<br />
geladenen Experten abgewogen wurde.<br />
Nachfolgend nehmen Klaus<br />
Stern, Rupert Scholz <strong>und</strong> Paul Raabe,<br />
die auch vom Rechtsausschuss<br />
angehört wurden, Stellung.<br />
Die Redaktion<br />
Eine <strong>Kultur</strong>staatsklausel für das Gr<strong>und</strong>gesetz<br />
Verfassungsrechtliche Überlegungen aus aktuellem Anlass • Von Klaus Stern<br />
ConBrio Verlagsgesellschaft<br />
Regensburg<br />
Im Gegensatz zu den Landesverfassungen<br />
kennt das Gr<strong>und</strong>gesetz keine<br />
<strong>Kultur</strong>(staats)klausel, obwohl im<br />
Parlamentarischen Rat 1948/49 vorgeschlagen<br />
wurde, die <strong>Kultur</strong> auch<br />
verfassungsrechtlich zu verankern.<br />
Wohl mit Rücksicht auf die <strong>Kultur</strong>hoheit<br />
der Länder verzichtete man<br />
darauf. <strong>Kultur</strong> taucht deshalb nur an<br />
einigen Stellen in spezifischen Zusammenhängen<br />
auf. Erst später gab<br />
es wieder Initiativen für eine <strong>Kultur</strong>(staats)klausel,<br />
die jedoch scheiterten,<br />
u.a. 1983 von der von der<br />
B<strong>und</strong>esregierung eingesetzten Sachverständigenkommission<br />
„Staatszielbestimmungen/Gesetzgebungsaufträge<br />
<strong>und</strong> 2005 von der Enquête-Kommission<br />
des B<strong>und</strong>estages<br />
„<strong>Kultur</strong> in Deutschland“. Jüngst unterbreitete<br />
die FDP-Fraktion wieder<br />
einen dahin zielenden Vorschlag.<br />
„Der Staat schützt <strong>und</strong> fördert die<br />
<strong>Kultur</strong>“ sollte als Art. 20 b GG normiert<br />
werden.<br />
Der Rechtsausschuss des Deutschen<br />
B<strong>und</strong>estages veranstaltete<br />
dazu am 29. Januar diesen Jahres<br />
eine Anhörung von Sachverständigen,<br />
die sich mehrheitlich dafür<br />
aussprachen, die <strong>Kultur</strong> als Staatsziel<br />
im Gr<strong>und</strong>gesetz zu verankern. Dafür<br />
plädierte auch der Verfasser dieses<br />
Beitrags. Allerdings ist für ihn der<br />
richtige Standort Art. 20 Abs. 1 GG.<br />
Anknüpfend an Art. 3 Bayerische<br />
Verfassung sollte dort neben Demokratie,<br />
B<strong>und</strong>esstaat <strong>und</strong> sozialer<br />
Rechtsstaat auch der <strong>Kultur</strong>staat genannt<br />
werden. Damit sollte zugleich<br />
der Verheißung des Art. 35 Abs. 1 Satz<br />
3 des Einigungsvertrages entsprochen<br />
werden, der davon spricht,<br />
dass „Stellung <strong>und</strong> Ansehen eines<br />
vereinten Deutschlands in der Welt<br />
außer von seinem politischen Gewicht<br />
<strong>und</strong> seiner wirtschaftlichen<br />
Leistungskraft ebenso von seiner<br />
Bedeutung als <strong>Kultur</strong>staat abhängen“.<br />
Das sind goldrichtige Worte,<br />
deren man sich 17 Jahre später<br />
wieder erinnern sollte.<br />
Mit der Verankerung einer <strong>Kultur</strong>staatsklausel<br />
wird ein gerade<br />
Deutschland wohlvertrauter Staatszweck<br />
aufgegriffen. <strong>Kultur</strong> <strong>und</strong> Staat<br />
wurden bekanntlich seit Beginn des<br />
19. Jahrh<strong>und</strong>erts miteinander in Verbindung<br />
gebracht, vorzugsweise<br />
allerdings von der Philosophie des<br />
Idealismus. Es genügt, die Namen<br />
Johann Gottlieb Fichte, Johann Gottfried<br />
Herder <strong>und</strong> Wilhelm von Humboldt<br />
zu nennen. Aber auch rechtswissenschaftliche<br />
Autoren wie Otto<br />
von Gierke, Edm<strong>und</strong> Bernatzik <strong>und</strong><br />
Hans Kelsen traten für einen <strong>Kultur</strong>zweck<br />
des Staates ein <strong>und</strong> gebrauchten<br />
den Begriff <strong>Kultur</strong>staat, meist in<br />
Verbindung mit dem Rechtsstaat im<br />
Gegensatz zum Machtstaat.<br />
Unter der Herrschaft des Gr<strong>und</strong>gesetzes<br />
gab es nach einigen Äußerungen<br />
unmittelbar nach dem Ende<br />
des Zweiten Weltkriegs aufgr<strong>und</strong><br />
mehrerer Beiträge des Verfassungshistorikers<br />
Ernst-Rudolf Huber seit<br />
1957 eine ausführliche Diskussion<br />
über die Kennzeichnung des Staates<br />
als <strong>Kultur</strong>staat. Nach vielen literarischen<br />
Äußerungen namhafter Verfassungsrechtler<br />
ließen sich Thema<br />
<strong>und</strong> Funktion der <strong>Kultur</strong>staatlichkeit<br />
aus dem deutschen Staatsrecht <strong>und</strong><br />
der Staatslehre nicht mehr verdrängen.<br />
Der <strong>Kultur</strong>staat war nicht mehr<br />
nur ein Gegenstand, mit dem sich<br />
Philosophie, Anthropologie, Soziologie<br />
<strong>und</strong> die <strong>Kultur</strong>wissenschaften<br />
beschäftigten. Er wurde vor allem<br />
auch dem Wirtschaftsstaat entgegengesetzt.<br />
Aber die <strong>Politik</strong> zögerte<br />
noch, eine <strong>Kultur</strong>klausel in das<br />
Ernst Burger<br />
ERROLL GARNER<br />
Leben <strong>und</strong> Kunst eines genialen<br />
Pianisten<br />
Mit CD: Ausgewählte Aufnahmen<br />
1946–1955<br />
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mit Schutzumschlag<br />
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Sabina Martin in der Oper „Endstation Sehnsucht“ von A. Previn. Inszenierung am Landestheater Eisenach.<br />
Foto: Inka Lotz<br />
Gr<strong>und</strong>gesetz aufzunehmen. Offenbar<br />
war die Zeit dafür noch nicht reif.<br />
Das ist verw<strong>und</strong>erlich, haben doch<br />
zahlreiche europäische Verfassungen,<br />
wie die Italiens, Spaniens, Portugals,<br />
Schwedens <strong>und</strong> der Schweiz<br />
sowie des östlichen <strong>und</strong> südöstlichen<br />
Mitteleuropas die <strong>Kultur</strong> in ihren<br />
Verfassungstexten verankert,<br />
nicht zuletzt auch Art. 151 EG-Vertrag<br />
seit 1992. Mehrfach ist die <strong>Kultur</strong><br />
auch Bestandteil des Entwurfs<br />
der EU-Verfassung. Auch das B<strong>und</strong>esverfassungsgericht<br />
spricht im<br />
Zusammenhang mit Art. 5 Abs. 3 GG<br />
– Kunst- <strong>und</strong> Wissenschaftsfreiheit –<br />
vom <strong>Kultur</strong>staat, aber mehr als Aperçu<br />
denn substantiell.<br />
Zwar lässt sich aus der bisherigen<br />
Nichtaufnahme einer <strong>Kultur</strong>klausel<br />
in das Gr<strong>und</strong>gesetz keine Absage an<br />
die <strong>Kultur</strong>fre<strong>und</strong>lichkeit des Verfassungsrechts<br />
ableiten; dies würde<br />
gänzlich der deutschen kulturstaatlichen<br />
Tradition widersprechen.<br />
Aber mit einer <strong>Kultur</strong>staatsklausel<br />
könnte eine Gesamtkonzeption aller<br />
kulturrelevanten Normen zum Ausdruck<br />
gebracht werden, die den<br />
Staat B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland<br />
auf <strong>Kultur</strong>pflege <strong>und</strong> <strong>Kultur</strong>förderung<br />
hin orientieren. <strong>Kultur</strong>pflege<br />
<strong>und</strong> <strong>Kultur</strong>förderung würden<br />
dadurch als Staatsaufgabe festgeschrieben,<br />
ohne dass die Zuständigkeitsverteilung<br />
zwischen B<strong>und</strong>, Ländern<br />
<strong>und</strong> Kommunen verschoben<br />
würde. Das Gr<strong>und</strong>gesetz würde mit<br />
einer solchen Staatszielbestimmung<br />
eine kulturverfassungsrechtliche<br />
Mitte erhalten, die vor allem für die<br />
Auslegung der kulturellen Gr<strong>und</strong>rechte<br />
von Gewicht wäre. Die <strong>Kultur</strong>klausel<br />
würde auch die vielfältige<br />
Wechselbezüglichkeit von Staat <strong>und</strong><br />
<strong>Kultur</strong> in Gesetzgebung <strong>und</strong> Verwaltung<br />
verdeutlichen <strong>und</strong> diese Staatsgewalten<br />
auf die Berücksichtigung<br />
kultureller Gehalte <strong>und</strong> Werte verpflichten.<br />
Allerdings ist Bedacht darauf zu<br />
nehmen, dass die <strong>Kultur</strong>klausel nicht<br />
die Vielfalt, Autonomie <strong>und</strong> Freiheit<br />
der <strong>Kultur</strong> gefährdet; sie darf auch<br />
nicht die vielfältigen Initiativen privater<br />
<strong>Kultur</strong>schaffender <strong>und</strong> <strong>Kultur</strong>förderer<br />
behindern. Diese Freiheiten<br />
sind vor allen Dingen durch die kulturellen<br />
Gr<strong>und</strong>rechte der Art. 5 Abs.<br />
1 – Meinungs-, Medien- <strong>und</strong> Filmfreiheit<br />
– <strong>und</strong> Abs. 3 – Kunst- <strong>und</strong> Wissenschaftsfreiheit<br />
–, Art. 7 – Bildung<br />
<strong>und</strong> Schule –, Art. 4 <strong>und</strong> Art. 140 –<br />
Religion, Weltanschauung <strong>und</strong> Kirchen<br />
– gesichert. Diese Gr<strong>und</strong>gesetznormen<br />
würden dann zusammen mit<br />
der <strong>Kultur</strong>klausel das maßgebliche<br />
<strong>Kultur</strong>verfassungsrecht der B<strong>und</strong>esrepublik<br />
Deutschland bilden. Dieses<br />
kulturelle Verfassungsrecht könnte<br />
dann auch wichtige Impulse für das<br />
einfache Gesetzesrecht abgeben.<br />
Ein Bekenntnis zum <strong>Kultur</strong>staat<br />
in der Verfassung würde zudem eine<br />
wertvolle Ergänzung zum sozialen<br />
Rechtsstaat bedeuten <strong>und</strong> an beste<br />
Traditionen der Nation anknüpfen,<br />
die sich in ihrem ersten Einigkeitsstreben<br />
als <strong>Kultur</strong>nation verstand.<br />
Eine normative Verankerung der <strong>Kultur</strong>staatlichkeit<br />
würde einem so<br />
dringend notwendigen Impuls für<br />
<strong>Kultur</strong>pflege <strong>und</strong> <strong>Kultur</strong>förderung<br />
Richtung geben <strong>und</strong> die <strong>Kultur</strong> in<br />
Abwägungsprozessen nicht – wie so<br />
oft – zur quantité négligeable abwerten,<br />
der man – jedenfalls finanziell –<br />
ganz leicht an den Kragen gehen<br />
kann. Ein verfassungsrechtliches<br />
Staatsziel <strong>Kultur</strong>staat gäbe der staatlichen<br />
<strong>Kultur</strong>politik Rückhalt, könnte<br />
identitäts- <strong>und</strong> integrationsstiftend<br />
wirken. Bloße Verfassungslyrik<br />
wäre es mitnichten.<br />
<strong>Kultur</strong>staatlichkeit in der Verfassung<br />
würde auch die Verantwortung<br />
des Staates für das kulturelle Erbe<br />
der Deutschen stärken. Dadurch<br />
würde zugleich der Stellenwert der<br />
<strong>Kultur</strong> bei Abwägungen mit anderen<br />
staatspolitischen Zielen erhöht. <strong>Kultur</strong>staatlichkeit<br />
als Verfassungsaussage<br />
würde dem Staat eine Wertorientierung<br />
geben, die sich anderen –<br />
eher materiellen – Staatszielen würdig<br />
zur Seite stellt. Darin läge eine<br />
Aufwertung der <strong>Kultur</strong> in einer oft<br />
beklagten kulturfremden Gegenwart.<br />
Zugleich würde die vielfältige<br />
Wechselbezüglichkeit von Staat <strong>und</strong><br />
<strong>Kultur</strong> deutlich.<br />
Der Verfasser ist Professor an der<br />
Universität zu Köln