Politik und Kultur - Deutscher Kulturrat
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BLICK IN DIE ZUKUNFT<br />
politik <strong>und</strong> kultur • März – April 2007 • Seite 25<br />
Wie immer war der Kongress des<br />
mächtigen Dachverbandes der deutschen<br />
Bildungs- <strong>und</strong> Informationseinrichtungen<br />
Bildung <strong>und</strong> Information<br />
für Deutschland! B<strong>und</strong>esvereinigung<br />
deutscher Bildungs- <strong>und</strong> Informationsverbände<br />
e. V. (BID!) ein<br />
politisches <strong>und</strong> gesellschaftliches<br />
Ereignis allerersten Ranges. B<strong>und</strong>eskanzlerin<br />
Yüzgül Schiller hatte<br />
es sich nicht nehmen lassen, den<br />
Kongress am Abend des 3. Oktober<br />
in der neuen riesigen Leibniz-Halle<br />
der Hannover-Messe <strong>und</strong> damit<br />
zugleich die zentrale Veranstaltung<br />
zum deutschen Nationalfeiertag zu<br />
eröffnen.<br />
Schiller, die, bevor sie ihre steile politische<br />
Karriere in der Christlich-<br />
Islamischen Partei (CIP) begann, selbst<br />
eine bibliothekarische Ausbildung in<br />
Hamburg absolviert <strong>und</strong> einige Jahre in<br />
Berlin <strong>und</strong> München gearbeitet hatte,<br />
betonte in ihrer programmatischen Eröffnungsrede,<br />
dass die derzeitige wirtschaftlich<br />
wie politisch starke Position<br />
der B<strong>und</strong>esrepublik in der internationalen<br />
Völkergemeinschaft vor allem auf<br />
ihrer konzertierten <strong>und</strong> intensiven Förderung<br />
von Wissenschaft <strong>und</strong> Bildung<br />
beruhe. Ausdrücklich wies sie dabei<br />
anerkennend auf die Unterstützung der<br />
oppositionellen Parteien in diesen Bereichen<br />
hin.<br />
Wenn seitens der Neuen Kommunistischen<br />
Wirtschaftspartei Deutschlands<br />
(NKWD) <strong>und</strong> der Männer-Partei für<br />
Deutschland (MPD) auch in Detailfragen<br />
Widerspruch gegen einige Maßnahmen<br />
der Regierungskoalition aus<br />
CIP, SPD <strong>und</strong> Freien Grünen Radikalen<br />
(FGR) erhoben worden wäre, so hätten<br />
sowohl die starke linke wie die nur wenig<br />
kleinere konservative Partei bei der<br />
entscheidenden Abstimmung im B<strong>und</strong>estag<br />
über das Gesetz zur „Intensiven<br />
<strong>und</strong> extensiven Förderung von Bildung,<br />
Wissenschaft <strong>und</strong> <strong>Kultur</strong>“ dem<br />
Koalitionsentwurf zugestimmt. Gleiches<br />
sei nur einmal noch geschehen, nämlich<br />
2010 bei der Abstimmung über das<br />
Gesetz zur „Förderung von Bibliotheken“.<br />
In der Tat zeigten sich alle am Kongress<br />
Beteiligten, die Vortragenden (die meisten<br />
waren persönlich erschienen, nur<br />
wenige traten als Hologramm auf oder<br />
hatten ihre Avatare geschickt), die in<br />
reicher Zahl anwesenden Parlamentarier<br />
<strong>und</strong> Regierungsvertreter, die Teilnehmer<br />
<strong>und</strong> natürlich vor allem die<br />
haupt- <strong>und</strong> ehrenamtlichen Ausrichter<br />
von BID! mit den Entwicklungen der<br />
letzten Jahre sehr zufrieden. Dies war<br />
auch deutlich an der hervorragenden<br />
Stimmung des Kongresses bemerkbar.<br />
Zudem trugen das herrliche Herbstwetter<br />
<strong>und</strong> ein ebenso anspruchsvolles wie<br />
fröhliches Begleitprogramm, zu dem<br />
Massennacktbaden im künstlich erwärmten<br />
Maschsee <strong>und</strong> Tagesflüge mit<br />
Touristen-Zeppelinen zu besonders reizvollen<br />
Gegenden dieses nördlichsten<br />
B<strong>und</strong>eslandes gehörten, zum Gelingen<br />
des Kongresses bei.<br />
Seit 2015 nunmehr findet dieser Kongress<br />
in den „ungeraden“ Jahren statt,<br />
dabei alle vier Jahre in Leipzig. 2017<br />
hatte man sich in der Hauptstadt des<br />
aus den ehemaligen Ländern Hessen,<br />
Rheinland-Pfalz <strong>und</strong> Saarland gebildeten<br />
neuen B<strong>und</strong>eslandes Rheinland<br />
getroffen, die, wie bekannt, seit 2015<br />
Frankfurt am Main ist.<br />
Für das Jahr 2021 also war die Wahl<br />
für den Kongressort auf die Metropole<br />
des B<strong>und</strong>eslandes Nordostseeland gefallen,<br />
die seit jenem denkwürdigen<br />
Jahr 2015, in dem die große Strukturreform<br />
der B<strong>und</strong>esrepublik wirksam<br />
wurde, Hannover heißt. Die Wahl des<br />
Kongressortes hatte allerdings im Wesentlichen<br />
einen anderen Gr<strong>und</strong>; ganz<br />
Deutschland feiert ja, wie in allen Medien<br />
nicht zu übersehen, in diesem Jahr<br />
den 375. Geburtstag von Gottfried Wilhelm<br />
Leibniz. Der Name dieses „letzten<br />
Universalgenies“, Bibliothekars <strong>und</strong><br />
Bildung <strong>und</strong> Information in Deutschland<br />
Bericht über den BID!-Kongress in Hannover (3. bis 5. Oktober 2021) • Von Georg Ruppelt<br />
Bürgerschaftliches Engagement im Verband<br />
Foto: www.pixelquelle.de<br />
Zur gegenwärtigen Diskussion der Arbeiterwohlfahrt (AWO) • Von Wilhelm Schmidt<br />
Unter der Bezeichnung „Verbandsentwicklung“<br />
wird in der Arbeiterwohlfahrt<br />
(AWO) gegenwärtig eine<br />
Debatte über die inhaltliche <strong>und</strong><br />
strukturelle Erneuerung des Gesamtverbandes<br />
als Mitgliederorganisation<br />
<strong>und</strong> als soziales Dienstleistungsunternehmen<br />
geführt. Konkret<br />
geschieht das im Wechsel von zentralen<br />
<strong>und</strong> regionalen Konferenzen,<br />
an denen alle Verbandsgliederungen<br />
beteiligt sind. Eine B<strong>und</strong>eskommission<br />
begleitet, stützt <strong>und</strong> steuert<br />
diesen Prozess. Am Ende soll<br />
eine Sonderkonferenz entsprechende<br />
Reformbeschlüsse für den Gesamtverband<br />
fassen.<br />
L<br />
ange Zeit konnte sich die verbandliche<br />
Arbeit der Arbeiterwohlfahrt<br />
auf den Gr<strong>und</strong>konsens<br />
über die Aufgaben der Freien Wohlfahrtspflege<br />
im Sozialstaat <strong>und</strong> ihre<br />
besondere Rolle in Deutschland<br />
stützen. Das hat sich spätestens seit<br />
den 90er Jahren gr<strong>und</strong>legend geändert,<br />
als der politisch eingeleitete<br />
Systemwechsel einen tiefgreifenden<br />
Wandel in der sozialstaatlichen Versorgung<br />
ausgelöst hat. Anlass dazu<br />
waren vor allem die massiven Finanzierungsprobleme<br />
bei den Sozialversicherungen<br />
<strong>und</strong> in den öffentlichen<br />
Haushalten. Bedarfspläne <strong>und</strong> partnerschaftliche<br />
Vereinbarungen mit<br />
öffentlichen Trägern sind ersetzt<br />
worden durch Marktanalysen <strong>und</strong><br />
Auftragsvergaben über Ausschreibungsverfahren.<br />
Seitdem der Sozialmarkt<br />
für gewerbliche Anbieter geöffnet<br />
ist, die offensiv <strong>und</strong> b<strong>und</strong>esweit<br />
expandieren, haben es kleine Betriebseinheiten<br />
besonders schwer,<br />
weil sie vorwiegend in engen Wirtschaftsräumen<br />
agieren <strong>und</strong> ihnen die<br />
Overheadkosten rasch über den Kopf<br />
wachsen. Wer nicht ausreichend Eigenkapital<br />
vorweisen kann, wird sich<br />
dem Preiswettbewerb kaum stellen<br />
können. Vorstände <strong>und</strong> Geschäftsführungen<br />
in der AWO können<br />
längst ein Lied davon singen, welche<br />
existentiellen Fragen damit für ihre<br />
Einrichtungen <strong>und</strong> Dienste verb<strong>und</strong>en<br />
sind. Sich unternehmerisch zu<br />
verhalten heißt, sein Handeln konsequent<br />
an Kriterien des Qualitäts<strong>und</strong><br />
Preiswettbewerbs zu orientieren,<br />
was eine gänzlich andere Handlungslogik<br />
zur Folge hat, als eine anwaltschaftliche<br />
<strong>und</strong> Gemeinsinn orientierte<br />
Auffassung von sozialer Arbeit<br />
zu vertreten.<br />
Der Verband befindet sich im<br />
Spannungsfeld zwischen Marktzwängen<br />
<strong>und</strong> der Geschichte <strong>und</strong><br />
<strong>Kultur</strong> eines sozialpolitisch <strong>und</strong><br />
bürgerschaftlich engagierten Traditionsverbandes.<br />
Das bleibt natürlich<br />
nicht ohne Auswirkungen auf die ehrenamtliche<br />
Mitgliederorganisation<br />
<strong>und</strong> stellt die Bindekräfte einer Wertegemeinschaft<br />
auf eine harte Probe.<br />
Mit gemischten Gefühlen verfolgen<br />
Ehrenamtliche, wenn sich soziale<br />
Aufgaben im Verband zunehmend<br />
verrechtlichen, die unternehmerischen<br />
Aktivitäten sich immer mehr<br />
verselbständigen <strong>und</strong> damit auch<br />
ideelle <strong>und</strong> politische Ziele der AWO<br />
rührigen Praktikers steht synonym für<br />
die Neuformulierung deutscher Bildungs-<br />
<strong>und</strong> Wissenschaftspolitik. Und<br />
so konnte in diesem Jahr der Ortsname<br />
für den BID!-Kongress nur Hannover<br />
lauten.<br />
Merkwürdigerweise scheint auch bei<br />
der älteren Generation der ursprüngliche<br />
deutsche Föderalismus völlig in<br />
Vergessenheit geraten zu sein, <strong>und</strong><br />
man muss gelegentlich daran erinnern,<br />
dass bis zum Jahr 2015 die B<strong>und</strong>esrepublik<br />
aus 16 B<strong>und</strong>esländern bestand.<br />
Man macht sich heute kaum noch eine<br />
Vorstellung, mit welch unendlicher<br />
Mühe die bereits seit 2005 begonnene<br />
Föderalismusdebatte in aktives Handeln<br />
<strong>und</strong> schließlich sogar in ein Gesetz<br />
transformiert werden musste. Auch<br />
nach der Reform ist es, wie wir alle<br />
wissen, nicht gerade einfach, die<br />
insgesamt nunmehr acht Länder <strong>und</strong><br />
den B<strong>und</strong> in der <strong>Kultur</strong>- <strong>und</strong> Bildungspolitik<br />
auf einen Nenner zu bringen.<br />
Auf dem Kongress allerdings war man<br />
sich dieser Tatsache durchaus bewusst,<br />
denn im Mittelpunkt stand eine Evaluation<br />
der Bildungs- <strong>und</strong> Wissenschaftspolitik<br />
der letzten sechs Jahre, an der<br />
zwei B<strong>und</strong>esregierungen <strong>und</strong> zahlreiche<br />
Landesregierungen beteiligt waren. Die<br />
BID!-Vertreter zeigten sich mit dem<br />
Ergebnis durchaus zufrieden <strong>und</strong> unterließen<br />
es auch nicht, den eigenen<br />
Anteil am Erfolg dieser neuen <strong>Politik</strong><br />
hervorzuheben.<br />
Die BID!-Sprecherin Ludmilla Samarowa<br />
erinnerte in ihrer Eröffnungsansprache<br />
an die Ursprünge des Dachverbandes,<br />
der noch Anfang unseres Jahrh<strong>und</strong>erts<br />
vornehmlich aus Bibliotheksverbänden<br />
bestand. Erst als die Bibliotheken<br />
sich als wichtigen Teil eines übergreifenden<br />
Bildungsauftrages begriffen<br />
<strong>und</strong> die Zusammenarbeit, ja den Zusammenschluss<br />
mit dem Goethe-Institut,<br />
der Bertelsfrau-Stiftung (sie hieß<br />
bis 2010 noch Bertelsmann-Stiftung),<br />
den Informations-, Archiv- <strong>und</strong> Museumsfachleuten<br />
suchten <strong>und</strong> fanden,<br />
erst als der Börsenverein des Deutschen<br />
Buchhandels sowie einige Verbände<br />
aus dem Schul- <strong>und</strong> Hochschulbereich<br />
als korrespondierende Mitglieder<br />
gewonnen werden konnten, erst<br />
von da an gelang es, die Bildungs- <strong>und</strong><br />
Wissenschaftspolitik entscheidend mit<br />
zu beeinflussen, ja mitzubestimmen.<br />
Die Erfolge gaben ihnen Recht. Die Bibliotheksgesetzgebung<br />
in B<strong>und</strong> <strong>und</strong><br />
Ländern wurde zum Vorbild für Europa<br />
<strong>und</strong> darüber hinaus. Keine Schule, keine<br />
Gemeinde mehr, in der sich nicht<br />
eine Bibliothek mit einer angemessenen<br />
herkömmlichen wie modernen Medienauswahl,<br />
mit Veranstaltungsräumen<br />
<strong>und</strong> mehr oder weniger anspruchsvoller<br />
Gastronomie, mit einschlägigen<br />
Geschäften <strong>und</strong> oft auch Sporteinrichtungen<br />
findet. In den Hochschulen ist<br />
die Bibliothek integraler Bestandteil<br />
einer jeden Fachrichtung <strong>und</strong> trägt auch<br />
durch ein reichhaltiges Veranstaltungsprogramm<br />
zur Begegnung von Natur<strong>und</strong><br />
Geisteswissenschaften bei.<br />
Dies gilt besonders für die Staats- <strong>und</strong><br />
Landesbibliotheken, wie etwa die Gottfried<br />
Wilhelm Leibniz Bibliothek am<br />
Kongressort Hannover. Diese Regionalbibliotheken<br />
leisten durch ihre Zukunftsorientiertheit<br />
wie durch ihr Geschichtsbewusstsein<br />
für die Identitätsstärkung<br />
ihrer Region <strong>und</strong> deren kulturelle<br />
Entwicklung in unserem globalisierten<br />
Zeitalter ganz Wesentliches.<br />
Ihnen ist auch die Initiative für die enge<br />
Zusammenarbeit von Schulen <strong>und</strong> Bibliotheken<br />
in der Leseförderung <strong>und</strong> in<br />
der voruniversitären Bildung zu danken.<br />
Als Ende des zweiten Jahrzehnts unseres<br />
Jahrh<strong>und</strong>erts die neue bio-thermische<br />
Informationstechnologie zum Einsatz<br />
kommen sollte, wurde sie zuerst<br />
in den Regionalbibliotheken getestet.<br />
Bei allem Einsatz der jeweils neuesten<br />
Hochtechnologie haben die Bibliotheken<br />
ihre Wurzeln durchaus nicht vergessen,<br />
was sich auch im Kongressprogramm<br />
ihrer Sektion niederschlug.<br />
Neben Berichten <strong>und</strong> Diskussionen zu<br />
aktuellen Fragen, etwa „Konvertierung<br />
von Daten aus Kristall-Speichern auf<br />
Biomasse“ oder „die Anwendung neuer<br />
Antigrav-Technologie im Magazinbereich“<br />
standen auch Beiträge zur Aus<strong>und</strong><br />
Fortbildung, zu F<strong>und</strong>raising-Fragen,<br />
zur Bibliotheksgeschichte, zur Buchrestaurierung<br />
oder auch zur allgemeinen<br />
<strong>Kultur</strong>- <strong>und</strong> Literaturgeschichte auf dem<br />
Programm.<br />
Der dreitägige Kongress klang am<br />
Abend des 5. Oktober 2021 hinter dem<br />
Hannoveraner Rathaus aus mit einem<br />
gemeinsamen Singen der r<strong>und</strong> 9500<br />
Kongressteilnehmer. Neben aktuellen<br />
Liedern, besonders solchen aus Südostasien,<br />
begeisterte man sich vor allem<br />
an den hochklassischen Songs der<br />
Gruppe ABBA aus dem 20. Jahrh<strong>und</strong>ert.<br />
Der Verfasser ist Sprecher<br />
der Deutschen Literaturkonferenz<br />
<strong>und</strong> Direktor der Gottfried<br />
Wilhelm Leibnitz-Bibliothek –<br />
Niedersächsische Landesbibliothek<br />
Hannover<br />
an Prägekraft verlieren. Die AWO<br />
steht seitdem unter erheblichem Veränderungsdruck,<br />
denn ohne einen<br />
gr<strong>und</strong>legenden strukturellen Reformprozess<br />
droht genau jener Verbandsteil<br />
auf der Strecke zu bleiben, der den<br />
zivilgesellschaftlichen Beitrag <strong>und</strong><br />
ebenso die unverwechselbare Besonderheit<br />
sozialer Dienstleistungen der<br />
AWO ausmacht.<br />
Unter der Bezeichnung Verbandsentwicklung<br />
wird derzeit in<br />
der AWO eine Reformdebatte über<br />
die Modernisierung des Gesamtverbandes<br />
geführt. Wie in anderen<br />
Branchen auch, benötigt die AWO<br />
dringend ein Gerüst, das dem fortschreitenden<br />
Wandel gewachsen ist.<br />
Damit sind keine Schönheitskorrekturen<br />
der Organisation, sondern<br />
strukturelle Weichenstellungen gemeint.<br />
Gefragt sind für alle verbindliche<br />
Strategien, die gemeinsam getragen<br />
werden <strong>und</strong> den einzelnen<br />
Gliederungen zugleich eigene Gestaltungsmöglichkeiten<br />
sichern. Das<br />
Vorhaben ist anspruchsvoll, weil es<br />
unterschiedlichste Anforderungen<br />
an den Verband zu bewältigen hat.<br />
Die AWO muss ihre Rolle im Markt<br />
der Sozialwirtschaft aktiv gestalten,<br />
die Qualität ihrer Leistungen verbessern<br />
<strong>und</strong> die Effizienz ihrer Leistungserbringung<br />
optimieren. Wer<br />
nicht seinen Bestand riskieren will,<br />
darf sich in ökonomischen Fragen<br />
keine strategischen Halbheiten leisten.<br />
Ohne unternehmerisches Handeln<br />
im klassischen Sinne lassen sich<br />
soziale Betriebe auf Dauer nicht aufrecht<br />
erhalten. Zugleich wird der<br />
AWO eine aktive Rolle als sozialpolitischer<br />
Interessenverband abverlangt.<br />
Dazu muss sie das Vertrauen<br />
jener rechtfertigen, in deren Interesse<br />
sie ihren anwaltschaftlichen Auftrag<br />
wahrnimmt. Und nicht zuletzt<br />
zählt bürgerschaftliches Engagement<br />
von Mitgliedern <strong>und</strong> Freiwilligen<br />
zu den herausragenden verbandspolitischen<br />
Aufgaben <strong>und</strong> hier<br />
gilt, sich gezielt auf ganz neue Entwicklungen<br />
einzustellen. Freiwillig<br />
für eine gute Sache aktiv zu sein, ist<br />
mittlerweile eng gekoppelt an eigene<br />
Bedürfnisse, Interessen <strong>und</strong> Zeitvorgaben.<br />
Leitbilder des Helfens wie<br />
dauernde Verfügbarkeit <strong>und</strong> Opferbereitschaft<br />
sind nicht mehr deckungsgleich<br />
mit den Erwartungen<br />
<strong>und</strong> Motiven der Menschen in einer<br />
hoch differenzierten Arbeits- <strong>und</strong><br />
Freizeitgesellschaft.<br />
Die Gemengelage dieser Anforderungen<br />
hat dazu geführt, die Entflechtung<br />
der Verantwortung für die<br />
operativen Geschäfte im Unternehmensbereich<br />
<strong>und</strong> für die bürgerschaftlichen<br />
Aufgaben im Mitgliederverband<br />
in den Mittelpunkt der<br />
Verbandsentwicklung zu stellen. Die<br />
Überlegung geht dahin, die Aufgaben<br />
der AWO nicht mehr in ein <strong>und</strong><br />
derselben Verbandsstruktur zu organisieren<br />
<strong>und</strong> vom selben Personenkreis<br />
verantworten zu lassen. Soziale<br />
Betriebe der AWO würden in Zu-<br />
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