Politik und Kultur - Deutscher Kulturrat
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KULTURELLE BILDUNG<br />
politik <strong>und</strong> kultur • März – April 2007 • Seite 30<br />
Bildung ist inzwischen zum Schlüsselbegriff<br />
in der <strong>Politik</strong> geworden.<br />
Dass dies für die Schulpolitik gilt,<br />
liegt auf der Hand. Aber inzwischen<br />
gilt dies auch für die Jugend- <strong>und</strong><br />
Sozialpolitik, für die Wirtschafts<strong>und</strong><br />
hier v.a. für die Arbeitsmarktpolitik.<br />
A<br />
uch in der <strong>Kultur</strong>politik ist so viel<br />
wie noch niemals zuvor „kulturelle<br />
Bildung“ zentrales Thema. In<br />
der Europäischen Union war dies<br />
allerdings immer schon der Fall.<br />
Zwar war es nicht immer „Bildung“,<br />
sondern oft genug die Qualifikation<br />
(„employability“), also der ökonomische<br />
Bereich mit seinen Anforderungen<br />
an den Einzelnen, der das Interesse<br />
bestimmte, <strong>und</strong> weniger die<br />
Humboldtsche „harmonische Entwicklung<br />
der Kräfte zu einem Ganzen“.<br />
Doch selbst dies nimmt man<br />
in heutigen Bildungsdiskursen hin,<br />
spätestens seitdem der damalige<br />
B<strong>und</strong>espräsident Johannes Rau dem<br />
Forum Bildung, einer erfolgreichen<br />
B<strong>und</strong>-Länder-Kooperation während<br />
der ersten rot-grünen Regierung, seinen<br />
dreifach gegliederten Bildungsbegriff<br />
mit auf den Weg gegeben hat.<br />
Demzufolge hat das Bildungssystem<br />
die Aufgabe, für die spätere Berufstätigkeit,<br />
für ein kompetentes Engagement<br />
in der politischen Mitgestaltung<br />
<strong>und</strong> – vielleicht sogar als Kern<br />
– für die Entwicklung der Persönlichkeit<br />
gleichermaßen zu sorgen. Bildung<br />
als individuelle Disposition,<br />
sein Leben kompetent führen zu<br />
können, muss daher auch bedeuten,<br />
in den einzelnen Bereichen der Gesellschaft,<br />
also in Wirtschaft <strong>und</strong> <strong>Politik</strong>,<br />
im Sozialen <strong>und</strong> in der <strong>Kultur</strong>,<br />
souverän agieren zu können <strong>und</strong><br />
dabei das Beste aus seinen Möglichkeiten<br />
zu machen. Eine solche Bildung<br />
fällt nicht vom Himmel. Sie<br />
braucht vielmehr viele Orte, auch<br />
solche, die sich nicht primär als Bildungseinrichtungen<br />
verstehen. Sie<br />
braucht viele Helfer, auch solche, die<br />
sich nicht primär als PädagogInnen<br />
verstehen. Bildung, so sagt man heute,<br />
ist „Koproduktion“ vieler, <strong>und</strong> sie<br />
ist nach wie vor Selbstbildung: Der<br />
Einzelne muss sie wollen <strong>und</strong> realisieren.<br />
Er muss natürlich auch<br />
immer wieder erleben, dass es Sinn<br />
macht, gebildet zu sein. Daher dürfen<br />
Wirtschaft, <strong>Politik</strong>, Soziales <strong>und</strong><br />
<strong>Kultur</strong> nicht bloß Forderungen an<br />
die Bildung des Einzelnen stellen, sie<br />
müssen auch die doppelte Möglichkeit<br />
schaffen, dass Bildung zum einen<br />
entstehen kann, also entsprechende<br />
Ressourcen bereitstellen,<br />
<strong>und</strong> dass Anwendungsmöglichkeiten<br />
einer solchen Bildung existieren,<br />
etwa Ausbildungs- <strong>und</strong> Arbeitsplätze.<br />
Letzteres ist sogar weltweit<br />
höchstrangig als Menschenrecht abgesichert.<br />
Teilhabe heißt das Stichwort,<br />
das – obwohl vom Sinngehalt<br />
gleichbedeutend mit Partizipation<br />
(im Englischen heißt es auch participation)<br />
– sehr viel kräftiger als diese<br />
daherkommt.<br />
Man kann in den letzten Jahren<br />
dabei durchaus eine Tendenz feststellen.<br />
So beschreiben die laut Gesetz<br />
regelmäßig von der B<strong>und</strong>esregierung<br />
vorzulegenden Kinder- <strong>und</strong><br />
Jugendbericht des B<strong>und</strong>es (alle auf<br />
der Homepage des B<strong>und</strong>esjugendministeriums)<br />
zwar auch immer<br />
wieder die gesetzlichen Rahmenbedingungen.<br />
Sie beschreiben aber<br />
auch deren tatsächliche Umsetzung.<br />
Und dies nicht immer zur Freude der<br />
auftraggebenden Regierung. Manche<br />
erinnern sich noch an den Skandal,<br />
als ein solcher Kinder- <strong>und</strong> Jugendbericht<br />
– es war am Ende der<br />
Ära Kohl – offen von Kinderarmut in<br />
Deutschland sprach. Eine nicht gut<br />
beratene Jugendministerin wollte<br />
diesen Armutsbef<strong>und</strong> als bloßes Definitionsproblem<br />
abtun. Natürlich<br />
hat Armut verschiedene Gesichter<br />
<strong>und</strong> stellt sich in Schwarz-Afrika<br />
anders dar als in Deutschland. Doch<br />
ist Kinderarmut in Deutschland zwar<br />
ein skandalöser, aber nicht mehr zu<br />
bezweifelnder Bef<strong>und</strong>. Dieser Meinung<br />
war auch das internationale<br />
Kontrollgremium in Genf, das die<br />
regelmäßig vorzulegenden staatlichen<br />
Berichte zur Umsetzung der<br />
UN-Kinderrechtskonvention überprüft.<br />
Einigermaßen beschämt<br />
musste sich seinerzeit der deutsche<br />
Vertreter die Unzulänglichkeit des<br />
eigenen Berichtes um die Ohren<br />
schlagen lassen. Denn die Beamten<br />
hatten zwar sorgfältig alle toll klingenden<br />
Rechtsvorschriften aufgelistet,<br />
dabei aber die Lebenswirklichkeit<br />
der Kinder <strong>und</strong> Jugendlichen<br />
vergessen. Es ließ sich der traurige<br />
Tatbestand von Kinderarmut – auch<br />
international – nicht länger verschweigen.<br />
Die folgenden nationalen<br />
Kinder- <strong>und</strong> Jugendberichte vertieften<br />
<strong>und</strong> qualifizierten das Thema:<br />
Das Konzept des Aufwachsens<br />
stellte Erziehungs- <strong>und</strong> Bildungsprozesse<br />
in einen gesellschaftlichen<br />
Kontext. Im nächsten Bericht war<br />
schon von der „<strong>Kultur</strong> des Aufwachsens“<br />
die Rede, gefolgt von einem<br />
Bericht, der die öffentliche Verantwortung<br />
für diese <strong>Kultur</strong> des Aufwachsens<br />
in den Mittelpunkt stellt.<br />
PISA hat bekanntlich aus Schulsicht<br />
diese Bef<strong>und</strong>e flankiert:<br />
Nirgendwo sonst auf der Welt ist der<br />
Schulerfolg so abhängig von dem<br />
sozialen Status der Familie wie in<br />
Deutschland. Materielle Armut zieht<br />
also geistige <strong>und</strong> kulturelle Armut<br />
unmittelbar nach sich. Heute weiß<br />
man dies <strong>und</strong> man versucht allerlei,<br />
dieses Problem anzugehen. Notwendig<br />
ist in jedem Fall eine kohärente<br />
<strong>und</strong> integrierte Jugend-, Familien-,<br />
Sozial-, <strong>Kultur</strong>-, Schul- <strong>und</strong> Wirtschaftspolitik.<br />
Das Mandat hierzu<br />
hat die Jugendpolitik allemal. Denn<br />
lange bevor man im <strong>Kultur</strong>bereich<br />
von einer „<strong>Kultur</strong>verträglichkeitsklausel“<br />
sprach, kannte man in der<br />
Jugendpolitik das advokatorische<br />
Einmischungsmandat, alle Regierungsmaßnahmen<br />
in Hinblick auf<br />
ihre kinder- <strong>und</strong> jugendpolitischen<br />
Auswirkungen zu überprüfen. Man<br />
muss es allerdings auch tun.<br />
Nun ist Deutschland eingebettet<br />
in internationale Kontexte. Wie werden<br />
diese Fragen dort diskutiert? Auf<br />
der Ebene der EU gibt es eine institutionalisierte<br />
Zusammenarbeit sowohl<br />
der Staaten (hier: der JugendministerInnen)<br />
als auch der freien<br />
Träger <strong>und</strong> Nichtregierungsorganisationen<br />
(NGO’s). Gerade die Jugendpolitik<br />
hat eine große Tradition<br />
– in Deutschland sogar in einem entsprechenden<br />
Gesetz, im Kinder- <strong>und</strong><br />
Jugendhilfegesetz (KJHG) festgelegt<br />
– einer Zusammenarbeit von Staat<br />
<strong>und</strong> Zivilgesellschaft, in deutscher<br />
Terminologie: von öffentlichen <strong>und</strong><br />
feien Trägern. Hiervon können andere<br />
<strong>Politik</strong>felder durchaus lernen,<br />
denn es ist ein ganz modernes <strong>Politik</strong>konzept,<br />
dass nämlich <strong>Politik</strong> viele<br />
Akteure hat, die in Form eines Netzwerkes<br />
die Fachpolitik „koproduzieren“.<br />
Inzwischen hat sogar die Fachöffentlichkeit<br />
in der mehrsprachigen<br />
(!) Zeitschrift FORUM 21, Europäische<br />
Zeitschrift für Jugendpolitik, ein<br />
Organ, an dem höchstens eine gewisse<br />
Staatsnähe zu bemängeln ist.<br />
Geht man auf die internationale<br />
Ebene, so findet man gut eingeführte<br />
<strong>und</strong> hochangesehene jugendpolitische<br />
Akteure wie Unicef <strong>und</strong><br />
UNESCO. Mit Bildung – man wird<br />
sich nicht w<strong>und</strong>ern – beschäftigen<br />
sich natürlich Akteure aller <strong>Politik</strong>felder.<br />
So muss man immer wieder<br />
daran erinnern, dass der wichtigste<br />
Global Player der Bildungspolitik die<br />
OECD ist, die nicht nur PISA verantwortet,<br />
sondern die immer schon<br />
Immer diese Jugend!<br />
Ein Blick in internationale Jugendstudien • Von Max Fuchs<br />
über eine riesige Erziehungsabteilung<br />
verfügte (quasi mit einer Standverbindung<br />
zum Bildungskommissar<br />
der EU). Zwei, drei Hinweise auf<br />
vielleicht weniger bekannte interessante<br />
Entwicklungen will ich geben.<br />
Der Zusammenhang von Armut, Bildungsausschluss<br />
<strong>und</strong> fehlenden Zukunftsperspektiven<br />
wurde oben<br />
bereits angesprochen. Man kann<br />
diese Überlegungen noch dadurch<br />
zuspitzen, dass man auf die wechselseitige<br />
Abhängigkeit von kultureller,<br />
sozialer, ökonomischer <strong>und</strong> politischer<br />
Teilhabe verweist. Denn<br />
immer noch erscheint gerade „<strong>Kultur</strong>“<br />
als eine Art Luxus, fast so wie die<br />
Moral, die nach Brecht erst nach<br />
dem Fressen käme. Dies ist definitiv<br />
falsch. Am prominentesten belegt<br />
dies immer wieder der indisch-amerikanische<br />
Wirtschaftsnobelpreisträger<br />
Amartya Sen. Gerade kulturelle<br />
<strong>und</strong> politische Partizipation – so<br />
zeigt er an Beispielen der Armutsbekämpfung<br />
<strong>und</strong> Hungerbewältigung –<br />
sind die besten Mittel zur Prävention<br />
(vgl. sein Buch „Ökonomie für<br />
den Menschen“, 2000). Armut <strong>und</strong><br />
Hunger führen sofort zur Frage der<br />
Moral, v.a. der Gerechtigkeit bei der<br />
Verteilung von Ressourcen. Sen hat<br />
mit der amerikanischen Philosophin<br />
Martha Nussbaum am Helsinki-Institut<br />
für Entwicklungspolitik der Vereinten<br />
Nationen vor einigen Jahren<br />
eine Arbeitsgruppe von Wissenschaftlern<br />
<strong>und</strong> Philosophen geleitet,<br />
die sich mit „Lebensqualität“ befassten.<br />
Ihre Idee war, mehr Rationalität<br />
in die Armutsbekämpfung dadurch<br />
zu bekommen, dass man eine klarere<br />
Vorstellung dessen hat, was<br />
Menschsein bedeutet. Denn dann<br />
hat man eine Messlatte für den Grad<br />
der Unterversorgungen (Sen/Nussbaum<br />
(eds.): The Quality of Life.<br />
1993). Ergebnis war der Vorschlag<br />
einer „schwachen Anthropologie“,<br />
die auch <strong>und</strong> gerade für kulturpolitische<br />
(Begründungs- <strong>und</strong> Legitiomations-)Zwecke<br />
taugt, da sie das<br />
Menschenrecht auf kulturelle Teilhabe<br />
erneut solide begründet. Ein solcher<br />
Ansatz geht weit über eine lange<br />
geübte Praxis hinaus, Lebensqualität<br />
einfach mit einem ökonomisch<br />
definierten Lebensstandard (z. B.<br />
Sozialprodukt pro Kopf) gleichzusetzen.<br />
Die weltweit einflussreichste<br />
Umsetzung dieser Idee ist der Human<br />
Development Index (HDI), der<br />
den (ökonomischen) Lebensstandard<br />
mit der Lebenserwartung <strong>und</strong><br />
der Lese- <strong>und</strong> Schreibfähigkeit verbindet.<br />
Auf dieser Basis veröffentlicht<br />
das Entwicklungshilfeprogramm<br />
der Vereinten Nationen<br />
(UNDP) jährlich ein „Ranking der<br />
Armut“ im Rahmen des „Berichtes<br />
über die menschliche Entwicklung“.<br />
Interessant in unserem Zusammenhang<br />
ist die Ausgabe 2004 („<strong>Kultur</strong>elle<br />
Freiheit in unserer Welt der Vielfalt“),<br />
in der ein integratives <strong>Politik</strong>konzept<br />
gefordert <strong>und</strong> auch skizziert<br />
wird, das Wachstum, Demokratie,<br />
Teilhabe, Vielfalt <strong>und</strong> Respekt vor<br />
Unterschieden gleichermaßen realisiert.<br />
Einen zweiten „Weltentwicklungsbericht“<br />
legt regelmäßig die<br />
Weltbank vor. Der Bericht 2007 trägt<br />
den Titel „Development and the Next<br />
Generation“ (alle Texte sind als<br />
downloads über das Internet verfügbar;<br />
einfach googlen). All diesen Berichten<br />
der UNESCO, der Unicef<br />
oder der Sozialabteilung der Vereinten<br />
Nationen liegen als Referenz die<br />
so genannten acht Millenium-Ziele<br />
der UN zugr<strong>und</strong>e. Diese geben u.a.<br />
vor, Hunger <strong>und</strong> Armut, Kindersterblichkeit<br />
sowie HIV/AIDS <strong>und</strong><br />
andere Krankheiten zu bekämpfen<br />
sowie Geschlechtergerechtigkeit,<br />
Primarbildung <strong>und</strong> eine internationale<br />
Partnerschaft für Entwicklung<br />
zu fördern. Der Weltbank-Bericht<br />
Bildung für alle: Solide Gr<strong>und</strong>lagen. Frühkindliche Förderung <strong>und</strong> Erziehung.<br />
Deutsche Zusammenfassung des UNESCO Education for All Global. Monitoring<br />
Reports 2007: Der seit 2002 jährlich erscheinende UNESCO-Bildungsbericht<br />
evaluiert, wie weit sich die Länder sechs Bildungszielen genähert haben,<br />
die sie nach der Selbstverpflichtung auf dem Weltbildungsforum „Education<br />
for All“ (EFA) in Dakar bis 2015 erreichen wollen.<br />
Copyright: Deutsche UNESCO Kommission<br />
zeigt die besondere jugendpolitische<br />
Relevanz dieser Milleniumsziele auf,<br />
deren Zwischenbilanz nach 5 Jahren<br />
u.a. auch deshalb desaströs war, weil<br />
sich kaum ein Land – Deutschland<br />
eingeschlossen – an die zugesagten<br />
Förderquoten hält. Die jugendpolitische<br />
Relevanz ergibt sich schon alleine<br />
daraus, dass gerade in den<br />
ärmsten Ländern der Anteil der Kinder<br />
<strong>und</strong> Jugendlichen besonders<br />
hoch ist. Der Weltbankbericht nennt<br />
fünf zentrale Lebensphasen bzw.<br />
-momente für das gelingende Aufwachsen:<br />
Lernen, Arbeiten, Ges<strong>und</strong><br />
bleiben, Familiengründung <strong>und</strong> politisches<br />
Engagement <strong>und</strong> zeigt, wie<br />
<strong>Politik</strong> das Gelingen dieser Phasen<br />
unterstützen kann. Zwar liegt in all<br />
den Weltberichten der Focus auf den<br />
armen <strong>und</strong> ärmsten Ländern. Doch<br />
sind die genannten Problembereiche<br />
gerade dort, wo es um die Übergänge<br />
der Lebensphasen geht (Familie/Kindergarten,<br />
Kindergarten/<br />
Schule, Primarstufe/Sek<strong>und</strong>arstufe,<br />
Schule/Beruf, Eingehen von Partnerschaften)<br />
auch im reichen Deutschland<br />
kritische Phasen, auf die sich<br />
daher die Erziehungswissenschaft<br />
(<strong>und</strong> <strong>Politik</strong>) zunehmend konzentriert.<br />
Der UNESCO-Weltkongress für<br />
künstlerische Bildung in Lissabon im<br />
März 2006 hat dabei gezeigt, dass<br />
gerade in armen Ländern die lebensstärkende<br />
Kraft kultureller Bildung<br />
(„empowerment) gelegentlich besser<br />
erkannt wird als in reichen Ländern,<br />
so dass sich hier etliche Lernmöglichkeiten<br />
für uns ergeben.<br />
In eine ähnliche Richtung geht<br />
der (zweite) World Youth Report<br />
(2005) des Departments of Economic<br />
and Social Affairs (DESA) der<br />
Vereinten Nationen. Die Relevanz<br />
eines eigenen Jugendberichtes ergibt<br />
sich aus den demographischen<br />
Daten. Denn es schrumpfen zwar die<br />
reichen Länder, doch weltweit sieht<br />
es anders aus: Die Hälfte der Welt-<br />
Bevölkerung ist unter 25, alleine 1,8<br />
Mrd. Menschen sind unter 15 Jahre<br />
alt. Die Probleme sind auch bekannt:<br />
Ein Viertel aller Kinder ist unterernährt,<br />
die Kindersterblichkeit ist<br />
hoch, viele Kinder <strong>und</strong> Jugendliche<br />
gehen gar nicht zur Schule. Daher<br />
kommt auch dieser Bericht zu der<br />
Schlussfolgerung, dass die Milleniumsziele<br />
sehr stark jugendpolitische<br />
Ziele sind.<br />
Der Bericht identifiziert vier globale<br />
Trends: Globalisierung, Erziehung,<br />
Beschäftigung <strong>und</strong> Hunger<br />
<strong>und</strong> Armut. Weitere Teile beschäftigen<br />
sich mit der aktiven Rolle der<br />
Jugend in der Zivilgesellschaft <strong>und</strong><br />
den Einflüssen globaler Medien auf<br />
die Jugendkulturen. Innerhalb der<br />
Vereinten Nationen ist dieser Jugendbericht<br />
eine Art Evaluation des im<br />
Jahre 1995 von der Vollversammlung<br />
verabschiedeten „World Programme<br />
of Action for Youth for the Year 2000<br />
and Beyond“ mit 10 Zielen (Bildung,<br />
Beschäftigung, Armut, Ges<strong>und</strong>heit,<br />
Ökologie, Drogenmissbrauch etc.),<br />
die von der Vollversammlung 2003<br />
um weitere fünf Ziele ergänzt wurden<br />
(Globalisierung, Informationstechnologie,<br />
HIV/Aids, bewaffnete Konflikte,<br />
intergenerationelle Beziehungen).<br />
Umgesetzt wurde dieses Programm<br />
über Nationale Aktionspläne.<br />
Einen Nationalen Aktionsplan (NAP)<br />
gibt es auch in Deutschland: „Für ein<br />
kindgerechtes Deutschland 2005 –<br />
2010“. Federführend ist das B<strong>und</strong>esjugendministerium.<br />
Die UNESCO-Aktivitäten in diesem<br />
Feld seien hier nur erwähnt. Sie<br />
dürften unter den genannten die<br />
Bekanntesten sein (z. B. die „Education<br />
for All“-Ziele). Gemeinsam ist<br />
die Konzentration auf eine (elementare)<br />
Bildung für Alle. Insbesondere<br />
hat sich die Ausrufung von Weltdekaden<br />
als gutes Instrument zur Beförderung<br />
einer Idee oder eines Konzeptes<br />
erwiesen. So läuft zur Zeit<br />
<strong>und</strong> bis auf weiteres die „Weltdekade<br />
für eine Bildung zur nachhaltigen<br />
Entwicklung“. Es sei zudem darauf<br />
hingewiesen, dass die neue Konvention<br />
zur kulturellen Vielfalt in ihrem<br />
entwickelten begrifflichen Gr<strong>und</strong>gerüst<br />
versucht, die unterschiedlichen<br />
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