Frankenstein (1931) - Das Dokument des Grauens
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<strong>Das</strong> <strong>Dokument</strong> <strong>des</strong> <strong>Grauens</strong><br />
<strong>Frankenstein</strong> und sein Diener begeben sich umgehend zu Werke und graben den<br />
frisch Beerdigten wieder aus. Diese Szene wird gerne als Beispiel für James Whales<br />
schwarzen Humor genannt. Hinter den beiden Männern ist am rechten Bildrand erneut<br />
die Statue <strong>des</strong> To<strong>des</strong> zu sehen und mit seinem ersten Schaufelstich befördert <strong>Frankenstein</strong>,<br />
<strong>des</strong>sen erklärtes Ziel bekanntlich ist, dem Tod ein Schnippchen zu schlagen,<br />
eine kapitale Ladung Dreck in das Gesicht <strong>des</strong> Sensenmannes. Dies geschieht herrlich<br />
beiläufig und fällt bei oberflächlichem Sehen nicht sofort auf.<br />
Nachdem der Sarg teilweise aus dem Grab gewuchtet worden ist, wird das Publikum<br />
über das Vorhaben aufgeklärt. In einem Close-Up blickt <strong>Frankenstein</strong> in die<br />
Kamera, tätschelt seinen Sarg und kündigt an, dass der Insasse nur ruht und auf ein<br />
neues Leben wartet. Dann geht es weiter. Der Sarg landet auf einem Karren und die<br />
beiden Grabschänder machen sich auf den Weg zu der nächsten Leiche.<br />
Abbildung 11.14: Ein Galgen am Wegesrand<br />
Die folgende Szene war nach dem<br />
damaligen Empfinden ebenfalls an der<br />
Grenze zur Geschmackslosigkeit angesiedelt.<br />
<strong>Frankenstein</strong> und Fritz gehen zu<br />
einem an einer Kreuzung stehenden Galgen,<br />
von welchem noch ein Erhängter<br />
baumelt. <strong>Frankenstein</strong> weist Fritz an, auf<br />
den Galgen zu klettern und den Körper<br />
loszuschneiden. Wie kontrovers derartige<br />
Inhalte damals waren, wird nachvollziehbar,<br />
als auch Fritz plötzlich Skrupel<br />
zu haben scheint. Er weigert sich zuerst,<br />
doch <strong>Frankenstein</strong> setzt sich durch. Fritz<br />
durchtrennt das Henkersseil, die Leiche<br />
fällt zu Boden und <strong>Frankenstein</strong> beginnt<br />
sofort, sie zu untersuchen. Doch das Genick ist gebrochen und das Gehirn somit nutzlos.<br />
<strong>Frankenstein</strong> blickt wieder in die Kamera und verkündet seine Erkenntnis: Sie<br />
müssen ein anderes Gehirn finden!<br />
Diese Möglichkeit ergibt sich in der medizinischen Fakultät der Stadt Goldstadt.<br />
Dr. Waldman führt vor Studenten eine Autopsie durch. Dr. Waldman hat bei seiner<br />
Vorlesung einen ungebetenen und unbemerkten Zaungast, denn Fritz schaut heimlich<br />
durch ein Fenster zu.<br />
Auch hier baute James Whale wieder eine provokante Aufnahme ein, als er zu Beginn<br />
die nackten Füße der ansonsten mit einem Tuch bedeckten Leiche in die Richtung<br />
der Kamera ragen ließ.<br />
Dr. Waldman referiert über die Unterschiede zwischen den Gehirnen eines normalen<br />
Menschen und denen eines Verbrechers. Hier lauert bereits der nächste Schockeffekt<br />
für die zeitgenössischen Kinogänger, denn die in Alkohol eingelagerten Gehirne<br />
werden in einem Close-Up gezeigt. Während<strong>des</strong>sen erklärt Dr. Waldman die „wissen-<br />
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