nachlesen. - Kultur macht Europa
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28 Lorenz Richter<br />
gen; zweitens, die Ernennung des Veranstaltungslandes und, drittens, die<br />
finanzielle Bezuschussung der Expositionen. Die Themenfindung erfolgte<br />
auf Bewerbung einer Nation beim Komitee der <strong>Kultur</strong>experten oder durch<br />
einen Vorschlag dieses Ausschusses. Belgien etwa hatte sich um die erste<br />
Ausstellung eigenständig beworben. Die skandinavischen Länder waren hingegen<br />
wiederholt von Straßburg eingeladen worden, eine eigene Ausstellung<br />
zu realisieren, ehe dies 1964 mit »Christina von Schweden« in Stockholm<br />
geschah.<br />
Als Vertretern des <strong>Europa</strong>rats oblag es den <strong>Kultur</strong>experten über eine Ausstellungsidee<br />
und die durchführende Nation zu entscheiden. Doch schon<br />
auf den nächsten Arbeitsschritt hatte der <strong>Europa</strong>rat faktisch keine Einflussmöglichkeit<br />
mehr. Es kam nun dem Veranstalterland zu, interessierte Mitgliedstaaten<br />
und Unterzeichnerstaaten des <strong>Kultur</strong>abkommens anzuhalten,<br />
nationale Kunstfachleute zu benennen − in den meisten Fällen Direktoren<br />
und Kuratoren staatlicher Museen. Sie diskutierten technische Details wie<br />
die Versicherung der Leihgaben oder den Katalogdruck. Vor allem aber<br />
bestimmten sie die Exponate, die in der Ausstellung gezeigt werden sollten.<br />
Pro Ausstellung trafen sie sich lediglich zwei oder drei Mal. In den Händen<br />
dieser zumeist international renommierten Kunstfachleute lag demnach die<br />
ungefähre inhaltliche Ausrichtung der Ausstellung. Ohne ihre internationale<br />
und gleichberechtigte Zusammenarbeit wäre es nicht möglich gewesen,<br />
den Reichtum an <strong>Kultur</strong>gütern aus den Ländern Westeuropas zusammenzutragen,<br />
der die Qualität und die Einzigartigkeit der Europäischen Kunstausstellungen<br />
zwischen 1954 und 1960 aus<strong>macht</strong>e.<br />
Die technische Organisation und die genaue inhaltliche Gestaltung der<br />
Ausstellung wurden in einem weiteren Schritt entweder von der Regierung<br />
selbst oder von einem Team von Kunst- und Museumsexperten übernommen.<br />
29 Im Kontext der technischen Organisation stellte die Beschaffung<br />
von Leihgaben die schwierigste Aufgabe dar. Von unschätzbarer Hilfe waren<br />
dabei die konkrete Hilfe des diplomatisch erfahrenen Straßburger Sekretariats<br />
und der Umstand, dass die Ausstellungsmacher im Namen des <strong>Europa</strong>rats<br />
handeln durften. 30<br />
Für die dargestellten Inhalte übernahmen die nationalen Organisatoren<br />
die alleinige Verantwortung. Seitens des <strong>Europa</strong>rats lag kein inhaltlicher Leitfaden<br />
zur Gestaltung der Ausstellungen vor. 31 So delegierte die Straßburger<br />
Organisation die konkrete Konstruktion des Bildes vom kulturell geeinten<br />
29 Siehe dazu auch Ettore Allegri: Die 16. <strong>Europa</strong>ratsausstellungen in Florenz 1980.<br />
Einrichtung, Probleme, Schlussfolgerungen, in: Klaus Bleker (Red.): Ausstellungen<br />
– Mittel der Politik? Internationales Symposium 10. 9.–12. 9. 1980 in Berlin,<br />
Berlin 1981, S. 130–144.<br />
30 Dos. 20018, 5. 2. 1957, Protokoll über die erste Sitzung des Ausschusses zur wissenschaftlichen<br />
Vorbereitung der Ausstellung des <strong>Europa</strong>rats in München 1958, S. 5.<br />
31 Dos. 2905, 27. 11. 1959, Bericht des Justiziars des <strong>Europa</strong>rats: »Il n’existe aucun texte<br />
statutaire ou réglementaire sur l’organisation des expositions européennes«.