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nachlesen. - Kultur macht Europa

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38 Lorenz Richter<br />

tigkeit und Vielgestaltigkeit« 70 der Rokokozeit stellte dabei die beteiligten<br />

Kunst- und Museumsfachleute vor die Herausforderung, dennoch der Idee<br />

der kulturellen Einheit <strong>Europa</strong>s gerecht zu werden.<br />

Die zeitliche Einengung des Ausstellungsthemas sollte das Problem<br />

lösen. Man einigte sich auf eine ungefähre Spanne von 1720 bis 1760 als<br />

die Phase, die »am ehesten im europäischen Sinne als Einheit dargestellt<br />

werden kann.« 71 Das Bild <strong>Europa</strong>s, das zur Vermittlung des »europäischen<br />

Gedankens« anvisiert wurde, war demnach ein »Hochglanzbild« und somit<br />

die Inszenierung des Ideals einer kulturellen europäischen Einheit. Es wäre<br />

jedoch verfehlt, diese Tatsache allein dem politischen Kalkül zuzuschreiben,<br />

über die Ausstellungen ein ideales Einheitseuropa konstruieren und kommunizieren<br />

zu wollen. Schon im ersten offiziellen Schriftstück zur Bewerbung<br />

der Ausstellungsidee vom Herbst 1952 wurde hervorgehoben, dass die<br />

Exponate »of a popular nature« sein müssten, »if we are to impress not only<br />

the educated public but the man in the street.« 72 Schon auf der nächsten<br />

<strong>Europa</strong>ratsausstellung, 1959 in London, zeigte sich, dass diese Forderung<br />

durchaus begründet war.<br />

Die Romantik-Schau wurde in zwei getrennten Galerien untergebracht,<br />

von denen eine nur wenige Besucher zu verzeichnen hatte. In der – stark<br />

besuchten – Tate Gallery wurden ausschließlich Gemälde und Skulpturen<br />

ausgestellt, während in der – schwach besuchten – Arts Council Gallery die<br />

Graphiken, Drucke, Manuskripte und Bücher ausgelagert wurden. Nur ein<br />

Bruchteil der Ausstellungsgäste <strong>macht</strong>e sich die Mühe, den zweiten Teil der<br />

Romantik-Ausstellung mit seinem eher informativen Anspruch zu besuchen.<br />

Der <strong>Europa</strong>rat sah sich darauffolgend mit der Frage konfrontiert, ob<br />

man zugunsten visuell ansprechender aber wenig edukativer Ausstellungen<br />

auf einen gewissen Informationsgehalt verzichten sollte, bzw. wie solche<br />

Informationen in die Ausstellungen eingearbeitet werden könnten, ohne<br />

deren Anziehungskraft zu verringen.<br />

Die Anziehungskraft der Münchener Rokoko-Ausstellung hingegen bot<br />

keinen Anlass zur Sorge. Über 260.000 Besucher wurden an den 113 Ausstellungstagen<br />

gezählt, mehr als doppelt so viele wie in der bislang erfolgreichsten<br />

europäischen Kunstausstellung in Rom. »Eine derart hohe Besucherzahl<br />

für eine Ausstellung hat es wohl in München noch nie gegeben«,<br />

so der wissenschaftliche Sekretär der Ausstellung in der Süddeutschen Zeitung.<br />

»Englische Kollegen haben uns versichert, dass sogar in dem viel grö-<br />

70 Dos. 20018, 7. 5. 1957, Brief von Theodor Müller, Direktor des Bayrischen Nationalmuseums,<br />

an Werner von Schmieden.<br />

71 Dos. 20018, 5. 2. 1957, »Protokoll über die erste Sitzung des Ausschusses zur wissenschaftlichen<br />

Vorbereitung der Ausstellung des <strong>Europa</strong>rats in München 1958«, S. 3.<br />

72 Dos. 20015–1, 29. 8. 1953, EXP/Cult/Art(53)1, »Memorandum presented by the<br />

Belgian delegation on the organisation of an exhibition devoted to humanist<br />

Europe«, S. 2.

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