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nachlesen. - Kultur macht Europa

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22 Lorenz Richter<br />

Zum <strong>Europa</strong>rat: Der <strong>Europa</strong>rat und seine Ziele<br />

Um »die europäische Völkerfamilie in einer regionalen Organisation neu<br />

zusammen[zu]fassen, die man vielleicht die Vereinigten Staaten von <strong>Europa</strong><br />

nennen könnte«, regte Sir Winston Churchill in einer vielzitierten Rede vom<br />

19. September 1946 in Zürich an, einen »<strong>Europa</strong>rat« zu schaffen. 7 Vor seiner<br />

Gründung durch das Statut, das zehn westeuropäische Staaten am 5. Mai<br />

1949 unterzeichneten, waren große Hoffnungen an den <strong>Europa</strong>rat geknüpft:<br />

Der <strong>Europa</strong>rat sollte nach den Jahren der kriegerischen Auseinandersetzung<br />

innerhalb <strong>Europa</strong>s die politische Einheit des Kontinents ermöglichen. Doch<br />

in der Satzung des <strong>Europa</strong>rats war nur noch von einem zu verwirklichenden<br />

»engeren Zusammenschluss unter seinen Mitgliedern« die Rede, oder − wie<br />

es im englischen und französischen Original heißt − von einer »größere[n]<br />

Einheit«. 8 Schon dieser Wortlaut <strong>macht</strong> deutlich, dass die Hoffnungen zur<br />

politischen Einigung <strong>Europa</strong>s durch den <strong>Europa</strong>rat von diesem kaum zu<br />

erfüllen waren. 9<br />

Dass der <strong>Europa</strong>rat bald in der politischen Bedeutungslosigkeit versank,<br />

lag vornehmlich an seiner Organisationsstruktur, die seit seiner Gründung<br />

Anlass für stete Konflikte innerhalb des Rates geboten hatte: Die wesentlichen<br />

Impulse für die Arbeit des Rates lieferte die »Beratende Versammlung«,<br />

»die erste parlamentsähnliche Institution (…), die bei einer internationalen<br />

Organisation jemals gebildet wurde«. 10 Dieses Organ, das 1974 seinen heutigen<br />

Namen »Parlamentarische Versammlung« erhielt, hatte nur beratende<br />

Aufgaben. 11 Verhandelt und verabschiedet wurden seine Empfehlungen vom<br />

Exekutivorgan des <strong>Europa</strong>rats, dem Ministerkomitee, allerdings nur nach<br />

einstimmigen Beschlüssen. Diese Bedingung − Per Fischer nannte sie den<br />

»Geburtsfehler« des <strong>Europa</strong>rats 12 − lähmte die Arbeit der Straßburger Organisation.<br />

Spätestens als dann 1952 die Beneluxstaaten, Frankreich, Italien<br />

und die Bundesrepublik Deutschland die Europäische Gemeinschaft für<br />

Kohle und Stahl (EGKS) ins Leben riefen, zeichnete sich ab, dass der <strong>Europa</strong>rat<br />

nicht der erhoffte Motor für die europäische Einigung werden würde.<br />

7 Zit. nach: Uwe Holtz (Hg.): 50 Jahre <strong>Europa</strong>rat, Baden-Baden 2000, S. 310.<br />

8 Im Englischen heißt es »a greater unity« und im Französischen »une union plus<br />

étroite«.<br />

9 Per Fischer: Zielsetzungen und Leistungen des <strong>Europa</strong>rats 1949–1989, in: Otto<br />

Schmuck (Hg.): Vierzig Jahre <strong>Europa</strong>rat: Renaissance in gesamteuropäischer Perspektive?<br />

S. 65–79, hier S. 65–72.<br />

10 Karl Carstens: Das Recht des <strong>Europa</strong>rats, Berlin 1956, S. 158.<br />

11 Fischer, S. 65–79, hier: S. 65–72. Fischer schreibt zur Entstehung der Beratenden<br />

Versammlung: »Zur Welt kam schließlich ein Bastard: eine Versammlung, mit dem<br />

Beinamen ›Beratende‹ geschmückt, der ihre Rechtlosigkeit deutlich machen sollte«<br />

(S. 68).<br />

12 Fischer, S. 65–79, hier S. 72.

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