Thyssenkrupp techforum 1/2011
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Bild 4 / Wohlbehaltene Ankunft der ersten Brasilien-Bramme am weiterverarbeitenden<br />
Produktionsstandort Duisburg<br />
ThyssenKrupp <strong>techforum</strong> 1 I <strong>2011</strong><br />
Dieser bedruckt das Etikett und programmiert zeitgleich<br />
den enthaltenen RFID-Chip mit dem zugewiesenen Identen.<br />
Ein Mitarbeiter entnimmt das Etikett, faltet es an der dafür<br />
vorgesehenen Knick-Perforation und bringt es parallel zur<br />
Brammenkante mittig an der entsprechenden Brammen-<br />
seite an. Jede Bramme wird an beiden Längsseiten mit<br />
jeweils einem RFID-Etikett versehen. So ist gewährleistet,<br />
dass die Bramme, unabhängig von ihrer Orientierung bei<br />
der Verladung möglichst früh erkannt werden kann. Weiter-<br />
hin erhöht die so vorhandene Redundanz die Chancen für<br />
eine automatisierte Identifikation, auch wenn ein Etikett<br />
beim Transport der Bramme physisch beschädigt wurde.<br />
Die RFID-Lesegeräte für die Identifikation der Brammen<br />
bei der Verladung sind an den Querstreben der Kräne oder<br />
direkt an den magnetischen Lasthebemitteln montiert.<br />
Die Erfassung erfolgt automatisch, während die Brammen<br />
in Richtung Schiff bzw. Kaikante bewegt werden. Eine aus-<br />
geklügelte Software-Logik analysiert die von den RFID-<br />
Lesegeräten zurückgelieferten Rohdaten und filtert eventuell<br />
durch Reflektion der Radiosignale entstandene Fehlerfassungen<br />
aus. Übrig bleiben nur die relevanten logistischen<br />
Ereignisse, wie die Bestätigung der Verladung bzw.<br />
der Vereinnahmung einer Bramme, die vom RFID-System<br />
an das jeweils angebundene lokale IT-System weiterge-<br />
leitet werden. So können an den Häfen die Verladelisten<br />
zügig abgeglichen und die Zielpositionen der Brammen<br />
rechtzeitig an die Kranfahrer kommuniziert werden. Zu-<br />
sätzlich zu den Kränen, befindet sich ein letzter Lesepunkt<br />
am so genannten „Ofenrollgang“ im Warmbandwerk von<br />
Calvert. Dort werden die Brammen vor der Weiterverarbeitung<br />
zu Warmband-Coils erneut erfasst, um sicherzustellen,<br />
dass die richtige Bramme mit der richtigen Qualität in den<br />
Produktionsprozess eingeht.<br />
Die ersten Brammen wurden im April 2010 von<br />
Duisburg-Walsum aus über Rotterdam und Pinto Island/<br />
USA nach Calvert verschifft, gefolgt von der ersten<br />
Brammenlieferung aus Brasilien im November desselben<br />
Jahres / Bild 4 /. Die automatisierte Erkennungsrate der<br />
ersten Lieferung lag am Zielhafen bei über 95 % und über-<br />
traf damit – gerade im Hinblick auf die extremen Bedin-<br />
gungen während des Brammentransportes – alle Erwar-<br />
tungen. Nicht automatisiert identifizierbare Brammen – z.B.<br />
RFID-Brammenlogistik / 77<br />
weil die RFID-Etiketten physisch zerstört wurden – werden<br />
an allen Stellen mit mobilen Barcode-Scannern schnell<br />
und fehlerfrei nacherfasst.<br />
Innovative IT-Lösung<br />
Neben der Entwicklung der benötigten RFID-Komponenten<br />
und der zugehörigen Abläufe an den beteiligten Standorten,<br />
bestand eine weitere Herausforderung darin,<br />
leistungsfähige IT-Systeme für diese weltumspannend<br />
automatisierte Supply Chain aufzubauen.<br />
Im Hinblick auf die hohen Entwicklungskosten, sowie<br />
Aspekte der Wiederverwendbarkeit und Zukunftssicherheit,<br />
war es dabei umso wichtiger, dass die so geschaffene<br />
IT-Lösung auf anerkannten Industriestandards aufbaut.<br />
Vor diesem Hintergrund ist ThyssenKrupp bereits 2008<br />
als erstes Unternehmen seiner Art der Standardisierungsorganisation<br />
EPCglobal™ beigetreten und setzt seit-<br />
dem konsequent auf relevante Normen für den Einsatz<br />
von RFID-Technologie und den elektronischen Austausch<br />
von Bewegungsdaten zwischen Supply Chain Partnern.<br />
So kommt beispielsweise bei der Kennzeichnung der<br />
Brammen das zukunftsweisende Nummerierungskonzept<br />
Electronic Product Code (EPC) zum Einsatz, das eine<br />
eindeutige Identifizierbarkeit der Brammen weltweit<br />
und unternehmensübergreifend sicherstellt. Auch die<br />
verwendeten RFID-Transponder und -Lesegeräte sind<br />
konform zum EPC Class 1 Gen 2 Standard, wodurch<br />
die internationalen Inbetriebnahmen vereinheitlicht und<br />
deutlich vereinfacht wurden. Ein eigens für ThyssenKrupp<br />
aufgebautes EPC Information System (EPCIS) ermöglicht<br />
allen internen und externen Teilnehmern an der Wertschöpfungskette,<br />
relevante Logistikereignisse einheitlich<br />
und in Echtzeit auszutauschen. So haben alle Beteiligten<br />
jederzeit Zugang zu den für sie relevanten logistischen<br />
Informationen und können Entscheidungen quasi in<br />
Echtzeit fällen.<br />
Der generische Aufbau dieser konzernintern als<br />
“ThyssenKrupp RFID-Logistics Platform“ bekannten IT-<br />
Lösung macht es möglich, neue Anwendungsfälle für RFID<br />
schnell, kostengünstig und mit Schwerpunkt auf den zu<br />
gestaltenden Geschäftsprozessen in tragfähige Lösungen<br />
umzusetzen.<br />
Ausblick<br />
Mit der erfolgreichen Einführung von RFID in der Brammenlogistik<br />
nimmt ThyssenKrupp im Umgang mit dieser<br />
innovativen Technologie eine Vorreiterstellung unter den<br />
global agierenden Werkstoff- und Technologiekonzernen<br />
ein. Durch die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten sind der<br />
RFID-Technologie auch in anderen Anwendungsgebieten<br />
kaum Grenzen gesetzt. Mittlerweile hat RFID in vielen<br />
anderen Bereichen des Konzerns alte Technologien<br />
ergänzt bzw. abgelöst, oder es ist geplant dies zu tun.<br />
So etwa für die Verfolgung von Anlagenteilen, betriebseigenen<br />
Transportmitteln und -behältnissen, bis hin zu<br />
Zwischenmaterial und Endprodukten. Mit RFID können<br />
künftig auch diese Prozesse automatisierter und sicherer<br />
ablaufen und das bei gleichzeitig deutlich verbesserter<br />
Einsicht in die Wertschöpfungskette.