Die Bestimmung der natürlichen Antibiotika-Empfindlichkeit
Die Bestimmung der natürlichen Antibiotika-Empfindlichkeit
Die Bestimmung der natürlichen Antibiotika-Empfindlichkeit
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Stock · Wiedemann · <strong>Bestimmung</strong> <strong>der</strong> natürlichen <strong>Antibiotika</strong>-<strong>Empfindlichkeit</strong><br />
Tab. 5. Unterschiedliche natürliche Populationen (Fettdruck) gegenüber Fosfomycin innerhalb<br />
<strong>der</strong> gleichen Genospezies am Beispiel von Bio-/Serovaren von Salmonella enterica [19] und<br />
Yersinia enterocolitica [16]. Dargestellt ist die Anzahl (n) <strong>der</strong> bei einem bestimmten<br />
MHK-Wert detektierten Stämme. Der senkrechte Balken kennzeichnet den<br />
klinischen Grenzwert zwischen sensibel und resistent nach SFM [ssp.: subspecies; bv.: biovar]<br />
Taxon n Anzahl <strong>der</strong> Stämme und MHK-Häufigkeitsverteilung<br />
(Fosfomycin-Konzentration [mg/l])<br />
0,25 0,5 1 2 4 8 16 32 64 128 256 > 256<br />
S. enterica ssp. enterica 1 68 2 50 5 4 4 2 1<br />
S. enterica ssp. enterica 16 1 3 8 4<br />
bv. typhi<br />
S. enterica ssp. enterica 6 3 3<br />
bv. paratyphi A<br />
Y. enterocolitica bv. 1A 22 8 10 3 1<br />
Y. enterocolitica bv. 2 12 2 6 4<br />
Y. enterocolitica bv. 4 63 15 31 17<br />
1<br />
Ausgenommen S. enterica ssp. enterica bv. typhi, S. enterica ssp. enterica bv. paratyphi A<br />
Bei <strong>der</strong> klinischen Beurteilung einer<br />
natürlichen Population mit unterschiedlichen<br />
Standards muß in jedem<br />
Fall <strong>der</strong> für die Datenerhebung<br />
verwendete Standard beziehungsweise<br />
die Methode angegeben werden.<br />
Spezifität <strong>der</strong> natürlichen<br />
<strong>Antibiotika</strong>-<strong>Empfindlichkeit</strong><br />
<strong>Die</strong> natürliche <strong>Antibiotika</strong>-<strong>Empfindlichkeit</strong><br />
bezieht sich nach unseren<br />
Erfahrungen bis auf eine sichere<br />
Ausnahme (siehe unten) auf die Genospezies<br />
einer beschriebenen Art.<br />
Innerhalb einer Genospezies ist nur<br />
eine natürliche Population für jedes<br />
Antibiotikum zu erwarten. Deshalb<br />
sollten bei Untersuchungen von<br />
Stämmen einer nur aus einer Genospezies<br />
bestehenden Art alle Isolate<br />
einer natürlichen Population die<br />
gleiche natürliche <strong>Empfindlichkeit</strong><br />
gegenüber einem Antibiotikum besitzen<br />
und die gleichen diese <strong>Empfindlichkeit</strong><br />
beeinflussenden Eigenschaften<br />
aufweisen. Ein Beispiel<br />
hierfür ist die natürliche <strong>Antibiotika</strong>-<br />
<strong>Empfindlichkeit</strong> von Escherichiacoli-Stämmen<br />
und Stämmen <strong>der</strong> Shigella-Subgruppen.<br />
Stämme verschiedener<br />
Shigella-Subgruppen zeigten<br />
in unseren Untersuchungen untereinan<strong>der</strong><br />
und im Vergleich zu E. coli bis<br />
auf eine Ausnahme keine signifikanten<br />
Unterschiede in ihrer natürlichen<br />
<strong>Empfindlichkeit</strong> gegenüber <strong>Antibiotika</strong>,<br />
wohingegen sich die natürliche<br />
<strong>Empfindlichkeit</strong> an<strong>der</strong>er Escherichia-Spezies<br />
untereinan<strong>der</strong> und gegenüber<br />
Shigellen und E. coli gegenüber<br />
bestimmten <strong>Antibiotika</strong> unterschied<br />
[17]. Mit <strong>der</strong> Ausnahme<br />
von Shigella Subgruppe C Serogruppe<br />
13 bilden Shigellen und E.<br />
coli eine Genospezies. Ein an<strong>der</strong>es<br />
Beispiel ist die noch immer zur<br />
Diskriminierung von Morganellamorganii-Stämmen<br />
verwendete Tetracyclin-<strong>Empfindlichkeit</strong>.<br />
In unseren<br />
Studien konnte gezeigt werden,<br />
daß die <strong>Empfindlichkeit</strong> gegenüber<br />
Tetracyclin nicht zur Diskriminierung<br />
<strong>der</strong> relativ nah miteinan<strong>der</strong> verwandten<br />
Cluster von M. morganii<br />
geeignet ist [14].<br />
Besteht hingegen eine Bakterienspezies<br />
aus mehreren Genospezies,<br />
können innerhalb einer Bakterienart<br />
verschiedene natürliche <strong>Empfindlichkeit</strong>en<br />
gegenüber einem Antibiotikum<br />
beziehungsweise unterschiedliche<br />
natürliche Resistenzmechanismen<br />
auftreten. Ein Beispiel hierfür<br />
sind die unterschiedlichen natürlichen<br />
<strong>Empfindlichkeit</strong>en <strong>der</strong> verschiedenen<br />
Genospezies von Proteus<br />
vulgaris („Proteus-vulgaris-Komplex“)<br />
gegenüber Tetracyclin, die<br />
auch zu einer unterschiedlichen klinischen<br />
Beurteilung führen [13].<br />
<strong>Die</strong>se Unterschiede in <strong>der</strong> natürlichen<br />
Tetracyclin-<strong>Empfindlichkeit</strong><br />
sind nicht überraschend, da die<br />
natürliche Tetracyclin-<strong>Empfindlichkeit</strong><br />
auch ein wichtiges diskriminierendes<br />
Merkmal für an<strong>der</strong>e Proteus-<br />
Spezies ist. So ist P. mirabilis natürlich<br />
resistent gegenüber Tetracyclin,<br />
während P. penneri natürlich sensibel<br />
gegenüber diesem Antibiotikum ist<br />
(Tab. 4).<br />
Natürliche <strong>Empfindlichkeit</strong><br />
gegenüber Fosfomycin<br />
Fosfomycin stellte sich in unseren<br />
Untersuchungen zur natürlichen <strong>Antibiotika</strong>-<strong>Empfindlichkeit</strong><br />
<strong>der</strong> Enterobacteriaceae<br />
als das einzige Antibiotikum<br />
heraus, bei dem mit Sicherheit<br />
angenommen werden kann, daß<br />
innerhalb einer Genospezies mehrere<br />
natürliche Populationen existieren<br />
können. So sind Salmonella Typhi<br />
(S. enterica subspecies enterica biovar<br />
typhi) und S. Paratyphi A (S.<br />
enterica subspecies enterica biovar<br />
paratyphi A) natürlich resistent gegenüber<br />
Fosfomycin, während zu an<strong>der</strong>en<br />
Bio- beziehungsweise Serovaren<br />
gehörende Stämme <strong>der</strong>selben<br />
Unterart gegenüber dieser Substanz<br />
natürlich sensibel sind (Tab. 5). Eine<br />
Biovar-abhängige natürliche <strong>Empfindlichkeit</strong><br />
gegenüber Fosfomycin<br />
findet sich auch innerhalb <strong>der</strong><br />
Genospezies Yersinia enterocolitica<br />
(Tab. 5), und eine Subspezies-spezifische<br />
ist möglicherweise innerhalb<br />
<strong>der</strong> Spezies Klebsiella pneumoniae<br />
auffindbar [19]. Über die zugrundeliegenden<br />
Mechanismen ist noch wenig<br />
bekannt. Möglicherweise bedingt<br />
ein verän<strong>der</strong>tes L-α-Glycerophosphat-Transport-(GlpT-)System<br />
(ein<br />
auch für Fosfomycin geeignetes<br />
Transportsystem in die Zelle) o<strong>der</strong><br />
eine vermin<strong>der</strong>te GlpT-Expression<br />
die geringere <strong>Empfindlichkeit</strong> einiger<br />
Biovare. Möglicherweise verringert<br />
auch die Expression des von<br />
Salmonella Typhi gebildeten Vi-<br />
Antigens, eines kapsulären aus<br />
N-Acetylglucosaminuronsäure bestehenden<br />
Polysaccharids, die Aufnahme<br />
des ebenfalls negativ geladenen<br />
Fosfomycins.<br />
Detektion <strong>der</strong> natürlichen<br />
Population<br />
Von wenigen Ausnahmen abgesehen<br />
repräsentiert die zum linken Peak<br />
einer bimodalen MHK-Häufigkeitsverteilung<br />
gehörende Population die<br />
natürliche Population. <strong>Die</strong> <strong>der</strong> <strong>Antibiotika</strong>-<strong>Empfindlichkeit</strong><br />
dieser Population<br />
zugrundeliegenden Mechanismen<br />
sind in <strong>der</strong> Regel chromosomal<br />
codiert und bei allen Stämmen<br />
<strong>der</strong> betreffenden Art genotypisch<br />
vorhanden. Üblicherweise ist die<br />
Anzahl <strong>der</strong> Stämme innerhalb <strong>der</strong><br />
132<br />
Chemotherapie Journal · 7. Jahrgang · Heft 4 / 1998