Die Bestimmung der natürlichen Antibiotika-Empfindlichkeit
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Stock · Wiedemann · <strong>Bestimmung</strong> <strong>der</strong> natürlichen <strong>Antibiotika</strong>-<strong>Empfindlichkeit</strong><br />
natürlichen Population wesentlich<br />
höher als die Anzahl <strong>der</strong> Stämme<br />
mit einer vermin<strong>der</strong>ten <strong>Empfindlichkeit</strong><br />
(sekundär resistente Stämme,<br />
rechter Peak <strong>der</strong> Bimodalverteilung).<br />
Innerhalb <strong>der</strong> Enterobacteriaceae gilt<br />
dies unter an<strong>der</strong>em für die Chinolone,<br />
Carbapeneme, Aztreonam und<br />
einige Cephalosporine. In einigen<br />
wenigen Fällen ist die natürliche<br />
Population aber kleiner als die sekundär<br />
resistente Population. So<br />
zeigte sich bei unseren Untersuchungen<br />
zur natürlichen <strong>Empfindlichkeit</strong><br />
von E. coli, daß 68 % von 139 E.-<br />
coli-Stämmen klinisch resistent und<br />
32 % klinisch sensibel gegenüber<br />
Sulfamethoxazol waren [17]. Dennoch<br />
ist E. coli natürlich sensibel gegenüber<br />
Sulfamethoxazol, da (1)<br />
zahlreiche Literaturdaten eine weitverbreitete<br />
plasmidcodierte Sulfamethoxazol-Resistenz<br />
bei E. coli belegen<br />
und (2) bei Annahme einer<br />
natürlichen Resistenz gegenüber dieser<br />
Substanz ein Mechanismus für<br />
die zahlreichen sekundär sensiblen<br />
Stämme (siehe unten) postuliert werden<br />
müßte.<br />
Problematisch kann eine Datenanalyse<br />
werden, wenn nur einzelne<br />
Stämme gegenüber einer Substanz<br />
eine gewisse „niedrige“ <strong>Empfindlichkeit</strong><br />
aufweisen, die meisten an<strong>der</strong>en<br />
Stämme aber wesentlich weniger<br />
empfindlich sind. <strong>Die</strong>s kann insbeson<strong>der</strong>e<br />
dann gelten, wenn nur eine<br />
kleine Population einer Art (n ≤ 20)<br />
untersucht werden kann und nur wenig<br />
über die Resistenzmechanismen<br />
<strong>der</strong> Spezies gegenüber dieser Substanz<br />
bekannt ist. So kann beispielsweise<br />
nicht sicher gesagt werden,<br />
daß Escherichia hermannii natürlich<br />
resistent gegenüber Sulfamethoxazol<br />
ist. Innerhalb unserer Studien wurde<br />
die <strong>Empfindlichkeit</strong> von 20 E.-hermanni-Isolaten<br />
gegenüber dieser<br />
Substanz getestet; 85 % <strong>der</strong> Stämme<br />
waren klinisch resistent, aber 15 %<br />
(3 Stämme) klinisch sensibel gegenüber<br />
Sulfamethoxazol [17]. Treten<br />
einzelne Stämme mit einer niedrigen<br />
<strong>Empfindlichkeit</strong> bei Untersuchungen<br />
größerer Populationen auf,<br />
so ist allerdings davon auszugehen,<br />
daß <strong>der</strong> rechte Peak <strong>der</strong> Bimodalverteilung<br />
die natürliche Population präsentiert.<br />
Sekundär sensible Stämme<br />
(siehe unten) sollten zur Absicherung<br />
<strong>der</strong> Ergebnisse näher charakterisiert<br />
werden.<br />
Probleme bei <strong>der</strong><br />
<strong>Bestimmung</strong> <strong>der</strong><br />
natürlichen <strong>Antibiotika</strong>-<br />
<strong>Empfindlichkeit</strong><br />
Im folgenden werden einige weitere<br />
Probleme bei <strong>der</strong> <strong>Bestimmung</strong> <strong>der</strong><br />
natürlichen <strong>Antibiotika</strong>-<strong>Empfindlichkeit</strong><br />
anhand von Beispielen einiger<br />
Spezies aus <strong>der</strong> Familie <strong>der</strong><br />
Enterobacteriaceae diskutiert.<br />
Natürliche <strong>Empfindlichkeit</strong> von<br />
Providencia stuartii gegenüber<br />
Aminoglykosiden vom Gentamicin-<br />
Typ<br />
Aufgrund <strong>der</strong> von uns erhaltenen<br />
MHK-Häufigkeitsverteilungen müßte<br />
P. stuartii als natürlich sensibel, intermediär<br />
und resistent gegenüber<br />
Aminoglykosiden vom Gentamicin-<br />
Typ (Gentamicin, Netilmicin und<br />
Tobramycin) eingestuft werden (mit<br />
einer MHK-Spannweite <strong>der</strong> natürlichen<br />
Population von 1 bis 16 mg/l<br />
gegenüber Gentamicin und ähnlichen<br />
Verteilungen gegenüber Netilmicin<br />
und Tobramycin werden die<br />
Verteilungen nach den meisten Standards<br />
allen drei Bewertungsstufen<br />
zugeordnet) [15]. In <strong>der</strong> Literatur ist<br />
allerdings eine natürliche Resistenz<br />
von P. stuartii gegenüber den genannten<br />
Aminoglykosiden aufgrund<br />
einer chromosomal codierten, die betreffenden<br />
<strong>Antibiotika</strong> inaktivierenden<br />
2´-N-Acetyltransferase [AAC(2´)-<br />
Ia] beschrieben, welche offensichtlich<br />
in allen Stämmen <strong>der</strong> Art<br />
gefunden werden kann [12]. Zwar<br />
konnten wir in unseren Studien keine<br />
einheitliche Resistenz von P. stuartii<br />
gegenüber diesen Aminoglykosiden<br />
auffinden, dennoch erwies sich P.<br />
stuartii als weniger empfindlich gegenüber<br />
diesen Substanzen als<br />
gleichfalls untersuchte P.-rettgeri-,<br />
P.-alcalifaciens- und P.-rustigianii-<br />
Stämme [15]. Eine an<strong>der</strong>e Arbeitsgruppe<br />
konnte zeigen, daß die Acetyltransferase<br />
von P. stuartii in <strong>der</strong><br />
Regel nur auf einem niedrigen Niveau<br />
exprimiert wird, daß aber eine<br />
vollständige Expression des Enzyms<br />
eine Resistenz gegenüber Aminoglykosiden<br />
vom Gentamicin-Typ bedingt<br />
[12]. Nach mehrfachem Überimpfen<br />
und erneuter <strong>Empfindlichkeit</strong>stestung<br />
wiesen in unserer Studie<br />
zwei P.-stuartii-Stämme tatsächlich<br />
MHK-Werte von 16 mg/l gegenüber<br />
Gentamicin, Tobramycin und Netilmicin<br />
auf (erste Messung 2 mg/l) [19].<br />
Aufgrund des vorhandenen „Resistenzpotentials“<br />
schlagen wir deshalb<br />
– trotz an<strong>der</strong>slauten<strong>der</strong> Daten<br />
aus <strong>der</strong> <strong>Empfindlichkeit</strong>sbestimmung<br />
– vor, P. stuartii als natürlich<br />
resistent gegenüber Gentamicin,<br />
Tobramycin und Netilmicin zu betrachten.<br />
Natürliche <strong>Empfindlichkeit</strong> von<br />
Providencia-Spezies gegenüber Beta-<br />
Lactam-<strong>Antibiotika</strong> [15]<br />
Bei einigen Spezies ist die natürliche<br />
<strong>Empfindlichkeit</strong> gegenüber bestimmten<br />
<strong>Antibiotika</strong> nicht o<strong>der</strong> nur<br />
schwer zu ermitteln, weil sehr breite,<br />
flache und häufig polymodale Häufigkeitsverteilungen<br />
gemessen werden,<br />
so daß natürliche Populationen<br />
kaum detektierbar sind. So war in<br />
unseren Studien die natürliche <strong>Empfindlichkeit</strong><br />
von Providencia-Spezies<br />
gegenüber Aminopenicillinen und<br />
gegenüber Cefaclor, Cefazolin und<br />
Loracarbef sowie die natürliche<br />
<strong>Empfindlichkeit</strong> von P. alcalifaciens<br />
gegenüber Ticarcillin nur grob abschätzbar<br />
o<strong>der</strong> nicht zu bestimmen.<br />
Natürliche Resistenz gegenüber<br />
Beta-Lactam-<strong>Antibiotika</strong> bei Providencia-Stämmen<br />
ist wahrscheinlich<br />
auf bisher kaum charakterisierte<br />
chromosomal codierte, induzierbare<br />
Beta-Lactamasen zurückzuführen.<br />
Nach unseren Ergebnissen verursachen<br />
bereits kleine Variationen des<br />
Inokulums Än<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> MHK-<br />
Werte über einige Konzentrationsintervalle.<br />
Mit einem Inokulum von<br />
10 6 KBE/ml waren bestimmte Stämme<br />
aller untersuchter Providencia-<br />
Spezies gegenüber Dritt- und Viertgenerations-Cephalosporinen<br />
(z. B.<br />
Ceftazidim und Cefepim) resistent.<br />
Aber auch Ergebnisse von wie<strong>der</strong>holten<br />
MHK-<strong>Bestimmung</strong>en mit einem<br />
konstanten Inokulum waren in<br />
den Studien variabel. So erwies sich<br />
ein P.-alcalifaciens-Stamm in zwei<br />
von vier parallel angesetzten <strong>Empfindlichkeit</strong>stests<br />
(bei einem konstanten<br />
Inokulum von 1 x 10 5 KBE/ml)<br />
als klinisch empfindlich (MHK 0,5<br />
bzw. 2 mg/l), in einem Test als<br />
klinisch intermediär (MHK 8 mg/l)<br />
und in einem weiteren Test als<br />
klinisch resistent (MHK 32 mg/l)<br />
Chemotherapie Journal · 7. Jahrgang · Heft 4 / 1998 133