Grün modern
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<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> – Gärten und Parks<br />
der 1950er bis 1970er Jahre
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> –<br />
Gärten und Parks der<br />
1950er bis 1970er Jahre<br />
Ein Kulturerbe als Herausforderung für Denkmalpflege und Vermittlungsarbeit<br />
Dokumentation der Tagung am 15. und 16. Oktober 2013 in Hamburg
Impressum<br />
Herausgeber: Bund Heimat und Umwelt in Deutschland (BHU)<br />
Bundesverband für Kultur, Natur und Heimat e.V.<br />
Adenauerallee 68, 53113 Bonn<br />
Tel. 0228 224091, Fax 0228 215503<br />
E-Mail: bhu@bhu.de, Internet: www.bhu.de<br />
Redaktion: Dr. (des.) Martin Bredenbeck, Dr. Inge Gotzmann<br />
Mitarbeit: Anna Lisa Schauff, Beate Lippert, Edeltraud Wirz<br />
Verantwortlich für den Inhalt: Dr. Inge Gotzmann<br />
Bildnachweis:<br />
vordere Umschlagseite: Forstbotanischer Garten Köln, angelegt Anfang der 1960er Jahre.<br />
Foto: © Superbass / CC-BY-SA-3.0 (via Wikimedia Commons)<br />
hintere Umschlagseite: links oben und unten Westliche Wallanlagen Hamburg (Fotos: Anna Lisa Schauff),<br />
rechts: Neue Nationalgalerie Berlin (Foto: J. Köppler)<br />
Layout und Druck: Messner Medien GmbH, Rheinbach<br />
ISBN 978 3 925374 35 7<br />
Nachdruck – auch auszugsweise – honorarfrei mit Quellenangabe gestattet.<br />
Belegexemplar an den Herausgeber erbeten.<br />
Das Buch wird an Mitglieder und Interessenten kostenlos abgegeben. Spende erwünscht. Bestellung beim Herausgeber<br />
Förderer<br />
Der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages (BKM)<br />
Der Förderer übernimmt keine Gewähr für die Richtigkeit, Genauigkeit und die Vollständigkeit der Angaben<br />
sowie für die Beachtung privater Rechte Dritter.<br />
Kooperationspartner<br />
Verein Freunde der Denkmalpflege e.V. (Denkmalverein Hamburg)<br />
Deutsche Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur e.V. (DGGL)<br />
Deutsche Bundesgartenschau-Gesellschaft (DBG)<br />
Gleichstellung von Frau und Mann<br />
Wir sind bemüht, so weit wie möglich geschlechtsneutrale Formulierungen zu verwenden. Wo uns dies nicht gelingt, haben<br />
wir zur schnelleren Lesbarkeit die männliche Form verwendet. Natürlich gilt in allen Fällen jeweils die weibliche und männliche<br />
Form.<br />
Bonn 2013
Inhalt<br />
Inhalt<br />
Seite<br />
Herlind Gundelach und Wolfgang Börnsen ............................................ 5<br />
Vorwort<br />
Helmuth Barth .................................................................. 7<br />
Hamburgs Gärten laden ein<br />
Martin Bredenbeck .............................................................. 9<br />
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> – zur Einführung<br />
Elisabeth Szymczyk .............................................................. 13<br />
Gartenkünstlerische Tendenzen der sechziger und siebziger Jahre<br />
Peter Fibich . ................................................................... 25<br />
Landschaftsarchitektur in der DDR der 1960er- und 1970er-Jahre.<br />
Handlungsstrukturen, Gestaltungstendenzen und heutige Akzeptanz<br />
Isabel Finkenberger . ............................................................. 31<br />
Vox populi. (Transformations-)potenziale nachkriegs<strong>modern</strong>er Freiraumressourcen<br />
Jens Beck ..................................................................... 39<br />
<strong>Grün</strong>anlagen in Hamburg nach 1945<br />
Heino Grunert . ................................................................. 47<br />
Kontinuität durch Wandel. Stadtentwicklung durch Gartenschauen am Beispiel des westlichen<br />
Hamburger Wallrings<br />
Holger Paschburg. ............................................................... 55<br />
Exkursion: Planten un Blomen, Hamburg/Westlicher Wallring<br />
Jürgen Pietsch . ................................................................. 60<br />
Licht, Luft und Sonne revisited. Nachkriegs<strong>modern</strong>e und Stadtgrün in Hamburg<br />
Erkennen, Erfassen, Bewerten<br />
Petra Martin ................................................................... 66<br />
Zwischen Interpretation und Intervention. Gartenkunst der Nachkriegszeit als Denkmalschicht<br />
Bettina Bergande ............................................................... 73<br />
Erkennen, Erfassen, Bewerten. Drei Beispiele aus der Planungspraxis<br />
Wolfgang Gaida ................................................................ 81<br />
Kommunale <strong>Grün</strong>flächen der 1950er und 1960er Jahre: Das Erfassen – gegen das Vergessen<br />
3
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
Erzählen und Vermitteln<br />
Frauke Röth ................................................................... 89<br />
Die neuen Herausforderungen der Denkmalpflege in Potsdam:<br />
Komplexität und Widerspruch einer zeittypischen Debatte<br />
Gabriele Schabbel-Mader. ......................................................... 96<br />
Der Park um die Ecke. Ein Plädoyer für eine geheime Oase<br />
Josef Mangold ................................................................. 98<br />
Das Museum als Garten – der Garten im Museum.<br />
Das LVR-Freilichtmuseum Kommern<br />
Sylvia Borgmann ................................................................ 106<br />
„Gärten brauchen Gärtner!“<br />
Schützen, Entwickeln und Benutzen<br />
Jens Beck. ..................................................................... 111<br />
Urban gardening – ein Mittel zur Wiederbelebung öffentlicher Parks?<br />
Gudrun Lang ................................................................... 114<br />
Siedlung Marienhöhe in Quickborn. Eine Handreichung für den interessierten Gartenbesitzer<br />
Sibylle Eßer .................................................................... 121<br />
Gartenschau-Parks der Nachkriegs<strong>modern</strong>e<br />
Zu guter Letzt<br />
Barbara Schwöppe. .............................................................. 131<br />
Für eine lebendige Stadt. Freiraumplanung in der HafenCity Hamburg<br />
Anna Lisa Schauff und Franziska Dösinger . ............................................ 134<br />
Unterwegs in den westlichen Wallanlagen und der HafenCity Hamburg. Impressionen<br />
von der Tagungsexkursion am 15. Oktober 2013<br />
Gärten und Parks der 1950er bis 1970er Jahre: eine Bilderreise durch Deutschland .............. 137<br />
Teilnehmerinnen und Teilnehmer .................................................... 153<br />
Autorinnen und Autoren .......................................................... 155<br />
Anschriften: BHU, BHU-Landesverbände und Kooperationspartner. .......................... 158<br />
Bewahren und Gestalten. Der Bund Heimat und Umwelt in Deutschland ...................... 162<br />
4
Herlind Gundelach und Wolfgang Börnsen: Vorwort<br />
Vorwort<br />
Herlind Gundelach und Wolfgang Börnsen<br />
Liebe Leserinnen, liebe Leser,<br />
Kurz vor der Tagung „<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong>“<br />
des Bund Heimat und Umwelt<br />
(BHU), Mitte Oktober 2013, ist in Hamburg<br />
die Internationale Gartenschau zu<br />
Ende gegangen. Ihre Gestaltung und<br />
Durchführung gaben in der Stadt in<br />
diesen Tagen zu erheblichen Diskussionen<br />
Anlass, da sie mit einem nicht unerheblichen<br />
Defizit abgeschlossen hat.<br />
In vielen Zuschriften und öffentlichen<br />
Meinungsäußerungen wird darauf abgehoben,<br />
das Ausstellungskonzept sei<br />
zu <strong>modern</strong> gewesen, das sei keine Gartenschau,<br />
wie sie die Menschen mögen<br />
und wie sie auch ausreichend Besucher<br />
anlockten usw. Die IGS war konzipiert<br />
als ein Volkspark des 21. Jahrhunderts,<br />
der den veränderten Wünschen der<br />
Menschen Rechnung tragen und zum<br />
Ort der Identifikation der Bewohner der Flussinsel<br />
Wilhelmsburg mit ihrem lange vernachlässigten und<br />
mit vielen stadtentwicklungspolitischen Sünden der<br />
Vergangenheit belasteten Umfeld werden soll. Möglicherweise<br />
ist dies bei vielen Menschen nicht angekommen.<br />
Wir schließen daraus: Über Gartengestaltungen<br />
und ihre Konzepte lässt sich trefflich streiten,<br />
und es besteht allgemein viel Kommunikations- und<br />
Vermittlungsbedarf.<br />
Unmittelbar im Anschluss an die IGS hat unsere<br />
Tagung stattgefunden, die sich mit Gärten und<br />
Parks der Nachkriegs<strong>modern</strong>e und der Wirtschaftsboomjahre<br />
beschäftigt, also mit Anlagen der 1950er<br />
bis 1970er Jahre. Dass dies ein aktuelles Thema ist,<br />
zeigt schon die überwältigende Resonanz<br />
auf die Einladung nach Hamburg.<br />
Der BHU ist der Bundesverband der<br />
Heimat- und Bürgervereine. Gegründet<br />
1904 als Bund Heimatschutz steht<br />
er heute in seinem 110. Jahr. Über seine<br />
bundesweit vertretenen Landesverbände<br />
vereinigt der BHU die Interessen<br />
von rund 500.000 Bürgerinnen und<br />
Bürgern und ist damit eine der größten<br />
kulturellen Bürgerbewegungen in<br />
unserem Land.<br />
Der Begriff Heimat ist natürlich ein<br />
weites Feld: Er umfasst die Themengebiete<br />
Landschaft und Kulturlandschaft,<br />
Baukultur und Denkmalpflege, Bräuche,<br />
Sprachen, immaterielles Kulturerbe<br />
und manches mehr. Lange Zeit<br />
nach 1945 nur mit Vorsicht und mit<br />
Anführungszeichen verwendet, wird<br />
der Begriff Heimat heute wieder wie<br />
selbstverständlich benutzt. Er findet sich schon seit<br />
einiger Zeit wieder in den Reden führender Repräsentanten<br />
unserer Gesellschaft, in Wirtschaft und<br />
Politik, aber auch im Bereich von Literatur, Zeitschriften<br />
und Magazinen, ja bis hin in die Angebote von<br />
Reiseveranstaltern und Wellness-Anbietern. Heimat,<br />
wie der BHU und seine Landesverbände sie verstehen,<br />
hat viele Facetten und Erscheinungsformen.<br />
Heimat ist das Lebensumfeld, wie wir es vorfinden<br />
und selber mitgestalten. Kulturlandschaften des<br />
ländlichen Raumes und der Städte werden zur Heimat,<br />
weil wir mit ihnen biographisch eng verbunden<br />
sind und weil wir diese Verbundenheit zum Beispiel<br />
durch persönliches Engagement zum Ausdruck brin-<br />
5
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
gen: Heimat ist, wo man sich verantwortlich fühlt,<br />
sich einbringt und mitredet. Das schließt nicht aus,<br />
dass Menschen mehrere Heimaten haben, Heimat<br />
wechseln und wählen. Auf jeden Fall ist Heimat Partizipation<br />
und Engagement. Heimatpflege im 21.<br />
Jahrhundert hat nichts Altbackenes oder Rückwärtsgewandtes:<br />
Heimatpflege heute bedeutet zum Beispiel:<br />
• neue Bevölkerungsgruppen einzubeziehen, sie<br />
ankommen und Heimat finden und bzw. Heimat<br />
gestalten zu lassen<br />
• Kulturlandschaften unter dem Einfluss der Energiewende<br />
weiterzuentwickeln<br />
• und auch, sich mit unserem jüngeren kulturellen<br />
Erbe wie den Bauten und Anlagen nach 1945<br />
auseinanderzusetzen.<br />
Gerade die letzten beiden Punkte zeigen, wie aktuell<br />
der Heimatbegriff ist:<br />
• Schon in der <strong>Grün</strong>dungszeit des BHU wurde über<br />
eine Energiewende gestritten, als nämlich nach<br />
1900 im Prozess der Elektrifizierung Deutschlands<br />
zunehmend Freileitungen und Trafohäuschen in<br />
den Landschaften auftauchten.<br />
• Und für viele jüngere Menschen sind die Bauten<br />
und Anlagen aus der Zeit nach 1945 selbstverständliche<br />
Heimat, denn sie sind ihr vertrautes<br />
Umfeld, mit ihnen sind sie groß geworden.<br />
Dr. Herlind Gundelach, MdB<br />
Präsidentin des BHU<br />
Wir werden uns in dieser Publikation u.a. mit<br />
den Themen „<strong>modern</strong>e <strong>Grün</strong>anlagen“, Denkmalpflege<br />
und bürgerschaftliches Engagement beschäftigen.<br />
Die Bedeutung der Anlagen als kulturelles<br />
Erbe soll ebenso herausgearbeitet werden<br />
wie Wege, möglicherweise auch ungewohnte<br />
Wege, diese Anlagen zu pflegen und sie mit veränderten<br />
Akzenten neu zu beleben. Besonders<br />
interessiert uns, was Bürgerinnen und Bürger für<br />
die nun auch schon historischen <strong>Grün</strong>anlagen der<br />
Nachkriegsjahrzehnte tun können, um das Erbe zu<br />
bewahren, zu pflegen und weiterzuentwickeln.<br />
Wir danken allen Mitwirkenden für Ihre Beiträge<br />
und den Kooperationspartnern für ihre vielfältige<br />
Unterstützung – vor Ort natürlich besonders<br />
dem Denkmalverein Hamburg, unserem Landesverband.<br />
Über die Kooperation mit der Deutschen<br />
Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur<br />
sowie mit der Deutschen Bundesgartenschau-<br />
Gesellschaft freuen wir uns ebenso. Besonders ist<br />
dem Förderer des Projekts zu danken, dem Beauftragten<br />
der Bundesregierung für Kultur und<br />
Medien (BKM): Er hat unsere Aktivitäten auch auf<br />
dem Gebiet des jüngeren Kulturerbes stets unterstützt<br />
und sehr konstruktiv begleitet!<br />
Wolfgang Börnsen (Bönstrup)<br />
Vizepräsident des BHU<br />
6
Hamburgs Gärten laden ein<br />
Hamburgs Gärten laden ein<br />
Helmuth Barth<br />
Wir begrüßen Sie herzlich in der<br />
Freien und Hansestadt Hamburg,<br />
in der, und die Feststellung werden<br />
Sie mir als gebürtigem Hamburger<br />
nachsehen, schönsten Stadt der Welt.<br />
Im Hinblick auf die Tagung möchte ich<br />
diese Aussage an einem Farbenspiel erläutern.<br />
Hamburg ist eine grüne Stadt. Fast<br />
14% der Stadtfläche sind <strong>Grün</strong>anlagen,<br />
obwohl wir so gut wie keine Waldgebiete<br />
besitzen. Es sind die großen und kleinen Parks<br />
an Alster und Elbe, es ist das Ufergrün, es sind die<br />
Naturschutzflächen, es ist aber auch das sogenannte<br />
Straßenbegleitgrün, das in die Statistik eingeht.<br />
Mehr als 250.000 Straßenbäume spenden Schatten<br />
und verbessern die Luftqualität. Im Stadtteil Ohlsdorf<br />
befindet sich der größte Parkfriedhof der Welt.<br />
2014 feiern die <strong>Grün</strong>verwaltung und die beiden<br />
größten Parks, der Winterhuder Stadtpark und der<br />
Altonaer Volkspark, ihr 100jähriges Jubiläum.<br />
Eine zweite Farbe Hamburgs wird durch das Wasser<br />
bestimmt. Blau präsentiert sich die innere Stadt<br />
aus der Luft, mit Alster und Elbe und den vielen<br />
Wasserläufen, Fleeten und Kanälen, über die nicht<br />
weniger als eintausend Brücken führen.<br />
Die Farben <strong>Grün</strong> und Blau prägen auch die ehemaligen<br />
Wallanlagen. Sie sind bereits 1953 das<br />
Areal der ersten Gartenbauausstellung gewesen, die<br />
dann im 10-Jahre-Rhythmus 1963 und 1973 wiederholt<br />
wurde. Und in diesen Tagen geht die Internationale<br />
Gartenschau im Stadtteil Wilhelmsburg,<br />
der zweitgrößten bewohnten Flussinsel der Welt, zu<br />
Ende; zurück bleibt ein 100 ha großer neuer Gartenpark.<br />
Kurz gesagt: Hamburg ist grüne Metropole am<br />
Wasser, ein gelungenes Zusammenspiel<br />
von Wasser und <strong>Grün</strong>flächen inmitten<br />
der bebauten Stadt.<br />
Hamburg ist aber auch eine <strong>modern</strong>e<br />
Stadt. Jüngstes Beispiel ist die entstehende<br />
HafenCity auf einer Fläche<br />
von 157 ha, das größte zusammenhängende<br />
Bauvorhaben Europas für<br />
ein Innenstadtquartier, mit öffentlichen<br />
Räumen und wachsendem <strong>Grün</strong>,<br />
mit futuristischer Architektur und wenigen<br />
historischen und denkmalgeschützten Ankerbauwerken.<br />
Hier sind zwei kleinere Parks angelegt<br />
worden, ein größerer, der 4 ha große Lohsepark, ist<br />
im Entstehen.<br />
Hamburg scheint also in zweierlei Hinsicht – grüne<br />
Stadt und <strong>modern</strong>e Architektur – prädestiniert,<br />
dem Motto einer Tagung mit dem Titel „<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong>“<br />
gerecht zu werden. Die Stadt hat aber neben<br />
„<strong>Grün</strong> und Blau“ noch andere reizvolle Kontraste<br />
aufzubieten, und damit komme ich zu einem weiteren<br />
Farbenspiel. Gemeint sind hier das weiße<br />
und das rote Hamburg. Die weißen Landhäuser<br />
und Stadtvillen und der rote Backstein der Kontor-,<br />
Wohn- und Fabrikbauten liegen dicht bei einander<br />
und machen die Schönheit der Stadt aus. Die Elbe<br />
und die Alster können dabei als Klammer betrachtet<br />
werden, welche die innere Stadt zusammenhalten,<br />
sie sind Lebensader und Freizeitrevier zugleich.<br />
Das Weiß und das Rot im Stadtbild werden wesentlich<br />
geprägt durch das Schaffenswerk von berühmten<br />
Baumeistern und Architekten, die in Hamburg<br />
gewirkt und unverkennbare Spuren hinterlassen<br />
haben. Bei den Hochbauten waren es Fritz<br />
Schumacher, Gustav Oelsner und Frederik Hansen,<br />
7
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
bei den <strong>Grün</strong>anlagen Ferdinand Tutenberg und<br />
Otto Linne. Sie haben hinterlassen, was später als<br />
„Kunstwerk Hamburg“ bezeichnet wurde. Es nimmt<br />
deshalb nicht Wunder, dass sich die Stadt um einen<br />
Welterbestatus bemüht, für den die historische Speicherstadt<br />
und das Kontorhausviertel angemeldet<br />
worden sind. 2015 wird die UNESCO über diesen<br />
Antrag entscheiden, hoffentlich in positivem Sinne.<br />
Verabschiedet hat das Hamburger Parlament, die<br />
Bürgerschaft, aber schon in diesem Jahr ein neues<br />
Denkmalschutzgesetz, das Tausende von Denkmälern<br />
besser als bislang schützt und auch Gartenanlagen<br />
mit einbezieht. Als Denkmalverein, der sich für<br />
den Erhalt des kulturellen Erbes der Stadt einsetzt,<br />
haben wir an dieser Novellierung mitgewirkt und<br />
sind verständlicherweise glücklich über das Ergebnis.<br />
Der Denkmalverein, der als Mitveranstalter bei<br />
der heutigen Tagung auftritt, ist 1982 von engagierten<br />
Bürgern gegründet worden und fungiert seit<br />
2009 als Landesverband Hamburg des Bundes Heimat<br />
und Umwelt. Wir freuen uns über das Zustandekommen<br />
der Tagung und wünschen uns, dass von<br />
den Fachgesprächen fruchtbare Anregungen und<br />
Impulse ausgehen und dass die Teilnehmer unsere<br />
Hansestadt mit ihrem historischen und <strong>modern</strong>en<br />
<strong>Grün</strong> in guter Erinnerung behalten.<br />
Helmuth Barth<br />
Vorsitzender des Vereins Freunde<br />
der Denkmalpflege e.V.<br />
Wiedergabe des Grußworts, das Helmuth Barth am 15. Oktober<br />
2013 auf der Tagung „<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong>“ in Hamburg gehalten<br />
hat.<br />
8
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> – zur Einführung<br />
Martin Bredenbeck<br />
Martin Bredenbeck: <strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> – zur Einführung<br />
Die Geschichte der Gartenkunst der<br />
zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts<br />
ist noch nicht abschließend geschrieben.<br />
Es fehlt dafür eine breite Erfassung der<br />
in Frage kommenden Objekte, auf deren<br />
Grundlage dieses Kulturerbe in seiner<br />
ganzen Bedeutung erkannt werden<br />
könnte. Auch wenn etliche besonders<br />
wichtige, schützens- und sogar denkmalwerte<br />
Anlagen im Blick von Gartenfreunden<br />
stehen, sind umfassende Aussagen über<br />
dieses Kapitel nicht möglich. Unübersehbar ist<br />
jedenfalls, dass ein großer Teil unserer öffentlichen<br />
<strong>Grün</strong>anlagen und Freiräume aus der zweiten Hälfte<br />
des 20. Jahrhunderts stammt. Genauso wie ältere<br />
Anlagen haben sie eine große Bedeutung für die<br />
Öffentlichkeit: Neben ihrem ästhetischen Gehalt<br />
dienen sie der Erholung, sind Orte sozialer Kontakte,<br />
bieten Lebensräume für Pflanzen und Tiere, haben<br />
Einfluss auf das Stadtklima usw.<br />
Doch ist diese Tatsache wirklich „unübersehbar“?<br />
Etwas übersehen zu können scheint vorauszusetzen,<br />
dass man in der Lage ist, es überhaupt zu<br />
sehen, und zwar nicht im Sinne einer reinen Wahrnehmung,<br />
sondern eines Erkennens. Die Grundlagen<br />
für solches Erkennen fehlen vielfach noch,<br />
sowohl bei den Fachleuten als auch in der breiten<br />
Öffentlichkeit. Und es gilt zugleich die bekannte<br />
Wahrheit, dass man nicht wertschätzt, was man<br />
nicht erkannt hat. Der gegenwärtige Umgang mit<br />
dem baukulturellen Erbe insbesondere der Nachkriegs<strong>modern</strong>e<br />
und der Wirtschaftswunderjahre ist<br />
dementsprechend zwiespältig.<br />
Einerseits werden einige architektonische,<br />
städtebauliche und gartengestalterische<br />
Spitzenleistungen dieser Zeit geschätzt,<br />
als Kulturdenkmäler geschützt<br />
und intensiv genutzt: Das Münchener<br />
Olympia-Gelände von 1972 gilt als „Kultobjekt“.<br />
Dazu trägt auch eine anhaltende<br />
Welle der Retro-Begeisterung bei. In<br />
der Bevölkerung überwiegt andererseits<br />
insgesamt die Ablehnung dieser Bauten<br />
und Anlagen, wohl weil diese nicht mehr jung, aber<br />
auch noch nicht alt genug sind: Wer hat sich den<br />
Stadtgarten oder Park aus den 1950er Jahren, obwohl<br />
vor der eigenen Haustüre gelegen, schon genauer<br />
angeschaut? Diese Nichtbeachtung rührt von<br />
einer fehlenden Sensibilisierung her, einer zu ge-<br />
Abb. 1: Abwechslungsreiche Pflanzungen und Architektur<br />
der Zeit um 1960 im Kurpark Malente, instand gesetzt dank<br />
des Engagements der „Freunde des Kurparks e.V.“ – bürgerschaftliches<br />
Engagement für einen <strong>modern</strong>en Garten.<br />
Foto: Arne Biederbeck,<br />
Planung Siller Landschaftsarchitekten, Kiel<br />
9
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
10<br />
Abb. 2: Ein qualitätvolles gestalterisches Detail der Außenanlagen des Juridicums<br />
sind die Stelen mit dem Fakultätsnahmen.<br />
Foto: Gregor Wiescholek<br />
ringen Kenntnis über die Entstehungsbedingungen<br />
und Gestaltungsabsichten, und sie liegt auch im oft<br />
unbefriedigenden Pflege- und Erhaltungszustand<br />
begründet.<br />
Zeitgleich ist das Interesse vieler Menschen an<br />
Engagement für <strong>Grün</strong> (nicht nur in der Stadt) sehr<br />
hoch: Eine Fülle von gärtnerischen Projekten auf Brachen<br />
und Baulücken, von <strong>modern</strong>en Schrebergärten<br />
und Gärten für die Nahversorgung, von interkulturellen<br />
und Migrantengärten, Schul- und Lehrgärten<br />
usw. zeigt dies deutlich. Engagement für die Pflege<br />
von <strong>Grün</strong>anlagen 1950er bis 1970er Jahre sowie<br />
zu deren Verteidigung im Falle von privatisierenden<br />
und kommerzialisierenden Überplanungen scheint<br />
jedoch die Ausnahme zu sein.<br />
Der akute Umbau und Abbruch nachkriegs<strong>modern</strong>er<br />
Gebäude und die häufigen Veränderungen<br />
an städtebaulichen Situationen und Ensembles jener<br />
Epoche finden ihre Entsprechung bei den <strong>Grün</strong>anlagen.<br />
Neugestaltungen im privaten, vor allem aber<br />
im öffentlichen Bereich sind an der Tagesordnung.<br />
Das Erbe geht verloren, bevor es ausreichend dokumentiert<br />
ist und bevor es in seiner<br />
ästhetischen, sozialen und geschichtlichen<br />
Gehaltfülle vermittelt<br />
und erkannt werden konnte. Dabei<br />
wäre viel herauszufinden: über die<br />
Weiterentwicklung gartengestalterischer<br />
Konzepte seit dem 19.<br />
Jahrhundert, über den Umgang<br />
mit Kriegsbeschädigungen, zu den<br />
Kontinuitäten über die Zeit des<br />
Nationalsozialismus hinweg, zur<br />
Neugestaltung und Überformung<br />
historischer Anlagen nach 1945,<br />
über neuentwickelte Gartentypen,<br />
zum Format der Gartenschauen,<br />
die seit den 1950er Jahren auf Länder-,<br />
Bundes- und Europaebene<br />
ungeheuer populär wurden und<br />
stilbildend wirkten, überhaupt zur Stilgeschichte jener<br />
Jahrzehnte, die an den Gärten und ihren Ausstattungen<br />
sichtbar wird.<br />
Neben diesen Aspekten haben die Verluste eine<br />
soziale Dimension, was mit dem Hinweis auf Privatisierungen<br />
bereits angedeutet wurde. Da das Bedürfnis<br />
nach öffentlichem Raum ungebrochen ist und<br />
sich in den letzten Jahren Strategien der Eroberung<br />
bzw. Rückeroberung solcher Räume beobachten lassen,<br />
könnten die Themen Modernes Gartenkulturelles<br />
Erbe, Öffentlicher Raum und Bürgerschaftliches<br />
Engagement an dieser Stelle sinnvoll zusammengeführt<br />
werden: Bürgerschaftliches Engagement, das<br />
die jüngeren Gärten und Parks wiederbelebt und<br />
weiterenwickelt, ist ein schöner Gedanke!<br />
Handlungsbedarf besteht jedenfalls akut. Ein Beispiel<br />
aus Bonn fasst die Lage trefflich zusammen:<br />
Die Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät<br />
der Universität errichtete von 1963 bis 1967 einen<br />
Neubau für Forschung und Lehre, das sogenannte<br />
Juridicum an der Adenauerallee. In einem Architekturführer<br />
von 1969 wird es als einer der besten Uni-
Martin Bredenbeck: <strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> – zur Einführung<br />
versitätsneubauten seiner Zeit in<br />
Bonn gewürdigt! Kein Geringerer<br />
als Heinrich Raderschall schuf die<br />
Gärten, und zwar auf dem ehrenhofartigen<br />
Vorplatz, auf der Rückseite<br />
zur Lennéstraße hin und in<br />
den beiden Innenhöfen. Mit einem<br />
als Steinintarsien ausgeführten Linienraster<br />
gliederte er die Flächen,<br />
fasste Rasenstücke ein und hob<br />
Beete durch erhöhte Steineinfassungen<br />
hervor. Aufgeständerte<br />
Sitzsteine und zwei Stelen mit dem<br />
in grazilen Kupferbuchstaben ausgeführten<br />
Fakultätsnamen leitete<br />
er gestalterisch aus den Einfassungen<br />
ab. Höhepunkt war die Brunnengestaltung<br />
der Innenhöfe, wo<br />
die klare Geometrie von Steinscheiben<br />
mit kupfernen Wasserdüsen<br />
und den feinen Wasserstrahlen in<br />
Dialog tritt. Anno 2013 ist wenig<br />
übrig davon, und es erhebt sich die<br />
Frage: Muss die durchdachte Gestaltung<br />
der 1960er Jahre notwendig<br />
standardisierten Neubauteilen<br />
weichen, sollte eine Rampe nicht<br />
besser die vorhandene Materialität<br />
aufgreifen und ein neues Geländer<br />
sich an der rechtwinkeligen<br />
Formensprache orientieren? In der<br />
insgesamt an öffentlichen Gärten<br />
nicht reichen Bonner Innenstadt<br />
stellt das Juridicum (wie auch der<br />
Vorgarten der schräg gegenüber<br />
Abb. 2a/b: Gartenhof im Juridicum Bonn (Heinrich Raderschall, um 1967), Zustand<br />
1967 und 2013.<br />
Fotos: Archiv Heinrich Raderschall (RMP Stephan Lenzen) (1967),<br />
Constanze Moneke (2013)<br />
liegenden Universitätsbibliothek) einen wichtigen<br />
grünen Ruheraum dar, der zum Sitzen und Verweilen<br />
einlud. Wer erkennt das heute noch? Mit den<br />
Standardlösungen der Gegenwart bleibt wenig davon<br />
erhalten. Die Verluste sind schleichend, und kleine<br />
Änderungen führen irgendwann zu einem Stand,<br />
bei dem vom Alten nicht mehr hinreichend da ist,<br />
während das Neue nicht konsequent und eigenständig<br />
entwickelt ist. Unbefriedigend für alle Seiten!<br />
11
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
Abb. 4a/b: Nach der 2008 abgeschlossenen Erweiterung und Restaurierung der<br />
1960 eingeweihten Universitäts- und Landesbibliothek Bonn wurde die Gartengestaltung<br />
von Heinrich Raderschall weitgehend wieder hergestellt; der unterirdische<br />
Magazinausbau ist an den neuen niedrigen Aufbauten im Rasen sichtbar.<br />
Fotos: Archiv Heinrich Raderschall / RMP Stephan Lenzen (oben),<br />
Hans Weingartz (unten)<br />
Man könnte einwenden: Es gibt eine neue <strong>Grün</strong>gestaltung;<br />
und auf der Rückseite ist sogar noch<br />
mehr neues <strong>Grün</strong> geplant. Das ist wahr, aber die<br />
Gegenfragen lauten, ob die Neugestaltung in Verbindung<br />
mit dem Bauwerk am Ende stimmig aussehen<br />
wird, warum der Bestand nicht gepflegt wurden,<br />
um Ressourcen zu sparen und warum überhaupt<br />
alles immer neu werden muss.<br />
Erfassen, Erkennen, Bewerten,<br />
Pflegen und Entwickeln von jüngeren<br />
Gartenanlagen – dies sind<br />
die Ziele, um die es dem Bund<br />
Heimat und Umwelt (BHU) mit<br />
dem Projekt „<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong>“ geht.<br />
Wenn es es gelingt, Menschen ein<br />
Bewusstsein für die Bedingungen<br />
und Qualitäten von Gestaltungen<br />
zu vermitteln, wird dieses, so hoffen<br />
wir, dazu führen, dass eine<br />
positive Auseinandersetzung mit<br />
dem Bestand einsetzt. Dazu gilt<br />
es, die Akteure zu identifizieren<br />
und die Wege zu finden, wie man<br />
sie in geeigneter Form ansprechen<br />
kann.<br />
Es wäre schön, wenn die Gärten<br />
des Juridicums und mit ihnen<br />
viele weitere unserem Alltag als<br />
lebendige und zugleich historisch<br />
bedeutsame Orte bewahrt bleiben<br />
und wenn wir von ihnen mehr<br />
haben als nur die Erinnerung angesichts<br />
von Schwarzweiß-Fotografien.<br />
Beim Juridicum haben<br />
die Verantwortlichen der Öffentlichkeitsarbeit<br />
die Potentiale der<br />
Gärten erkannt und sie als Teil der<br />
baulichen Identität ihrer Fakultät<br />
entdeckt. Wie vermitteln wir diese Einsicht nun an<br />
diejenigen, die das Gebäude nutzen, also die Studierenden<br />
und Lehrenden? Und wie an diejenigen, die<br />
in der Bauverwaltung die Entscheidungen bislang<br />
aus rein wirtschaftlichen <strong>Grün</strong>den fällen? <br />
12
Gartenkünstlerische Tendenzen der<br />
sechziger und siebziger Jahre<br />
Elisabeth Szymczyk<br />
Elisabeth Szymczyk: Gartenkünstlerische Tendenzen der sechziger und siebziger Jahre<br />
Einleitung<br />
ber Gestalt und Aussehen, über<br />
„ÜStil oder gar Gartenkunst wird<br />
nur noch wenig diskutiert so wie dies<br />
zu Anfang des Jahrhunderts und in den<br />
20er- und 30er-Jahren in jeder Nummer<br />
der ‚Gartenkunst‘ selbstverständlich<br />
war. […] Heute muss bei öffentlichen<br />
Ausschreibungen Planung und Ausführung<br />
getrennt sein, alles muss VOB- und<br />
DIN-normgerecht sein. Es braucht sich niemand zu<br />
wundern, wenn sich bei unseren Anlagen eine zunehmende<br />
Standardisierung und damit Verarmung<br />
bemerkbar macht“, klagt der Stuttgarter Gartenarchitekt<br />
Hans Luz 1961 in seinen „Betrachtungen<br />
zur Entwicklung der Gartengestaltung“ und fährt<br />
fort: „Wohin nun die Entwicklung weitergeht, darauf<br />
weiß ich als praktisch Tätiger […] auch keine<br />
schlüssige Antwort“. 1 Im nachfolgenden Beitrag<br />
wird der Versuch unternommen, diese „schlüssige<br />
Antwort“ zu finden.<br />
Nachkriegszustand bis ca. 1960<br />
Gewissermaßen als Urzelle mit dem weitestgehenden<br />
Einfluss, der bis über den hier behandelten<br />
Zeitraum hinauswirkte, muss der 1912 von Karl Foerster<br />
in Bornim bei Potsdam angelegte „Senkgarten“<br />
genannt werden. Karl Foerster (1874–1970)<br />
war Gartenarchitekt mit besonderem Interesse an<br />
Staudenpflanzungen, der in seinem Büro zahlreiche<br />
Gartenarchitekten beschäftigte, die sich zusammen<br />
mit Musikern, Malern, Architekten und Wissenschaftlern<br />
zum sogenannten Bornimer Kreis zusammenschlossen.<br />
Den meisten dieser<br />
jungen Mitarbeiter gelang in den 50er-<br />
Jahren ein rascher Wiedereinstieg in das<br />
Berufsleben. Sie beeinflussten, meist als<br />
Freischaffende, ganz überwiegend die<br />
gartenkünstlerische Betätigung jener<br />
Jahre im gelernten Stil, der malerischlandschaftlich<br />
geprägt war und großen<br />
Wert auf die richtige Verwendung der<br />
Materialien legte. An der Spitze dieser<br />
Gartenkünstler stand Hermann Mattern (1902–<br />
1971).<br />
Von 1927 bis 1936 arbeitete er als Planer bei und<br />
mit Karl Foerster in Potsdam. Nach dem Krieg war<br />
er Hochschullehrer an der Werkakademie in Kassel<br />
und an der Technischen Universität in Berlin und be-<br />
Abb. 1: Hermann Mattern um 1962.<br />
Foto: beatefoto, aus: H. Mattern 1902–1971.<br />
Ausstellung der Akademie der Künste und der<br />
Technischen Universität Berlin 1982, S. 4<br />
13
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
Abb. 2: Bundesgartenschau Kassel 1955.<br />
Foto: beatefoto, aus: wie Abb. 1, S. 85<br />
trieb als Freischaffender auch ein eigenes Büro mit<br />
guten Aufträgen, zum Beispiel die Planung der Bundesgartenschau<br />
in Kassel 1955.<br />
Gartenkünstlerische Entwicklung vom Ende<br />
der 1950er bis Anfang der 1980er Jahre<br />
Beispielhaft für erste stilistische Veränderungen<br />
– hier die Abkehr von der malerisch-reizvollen<br />
zur reduziert-klassischen Haltung – verdienen die<br />
Außenanlagen um den Deutschen Pavillon auf der<br />
Weltausstellung in Brüssel 1958 ausdrückliche Erwähnung.<br />
Es handelt sich um eine Planung von Walter Rossow<br />
(1910–1982). Rossow studierte in Berlin und<br />
war teils freischaffender Gartenarchitekt, ab 1948<br />
Dozent an der Hochschule für Bildende Künste in<br />
Berlin und ab 1966 Direktor des Instituts für Landschaftsplanung<br />
an der Technischen Hochschule in<br />
Stuttgart.<br />
Der Entwurf für die Gebäude stammt von den<br />
Architekten Egon Eiermann und Sep Ruf. Sowohl dem<br />
Hochbau- wie den Gartenarchitekten konnte nichts<br />
Besseres passieren als die Forderung des Grundstückeigentümers<br />
– das belgische Königshaus –, die<br />
alten Parkbäume nicht anzutasten. Rossow macht<br />
sie gewissermaßen zu den Hauptdarstellern und verzichtet<br />
ganz auf weiteren Schmuck. Beiden gelingt<br />
14<br />
Abb. 3a/b: Der Deutsche Pavillon auf der Weltausstellung in<br />
Brüssel 1958 und Modellfoto.<br />
Fotos: Nachlass Egon Eiermann, Institut für Baugeschichte,<br />
Universität Karlsruhe, aus: G. Mader, Gartenkunst des<br />
20. Jahrhunderts, Stuttgart 1999, S. 143 (links)
Elisabeth Szymczyk: Gartenkünstlerische Tendenzen der sechziger und siebziger Jahre<br />
Abb. 4: Prof. Walter Rossow.<br />
Foto: Norbert Daldrop, aus: M. van Rijn u. V. Voracek (Hrsg.):<br />
Festschrift zum 70. Geburtstag von Professor Walter Rossow,<br />
Stuttgart 1980, S. 4<br />
Abb. 5: Gedenkhalle der Kriegsgräberstätte München-Waldfriedhof<br />
1962.<br />
Foto: Herbert Seiler, aus: H. Schöner u. L. Roemer, Kriegsgräberstätte<br />
München, in: Garten und Landschaft, 11/1962, Titelblatt<br />
eine höchst <strong>modern</strong>e Formensprache, deren jeweilige<br />
Eleganz sich gegenseitig ergänzt.<br />
Hier zeigt sich schon, was sich in späteren Entwürfen<br />
von Walter Rossow noch bestätigen wird:<br />
seine Nähe zur Architektur. Die weißen Korbsessel<br />
hat Eiermann selbst entworfen, und die Wasserkunst<br />
stammt von dem Bildhauer Hans Kindemann.<br />
Sie erinnert an die Japan-Begeisterung der späten<br />
50er Jahre. Auch sie steht der zurückhaltenden<br />
Eleganz der übrigen Bebauung in nichts nach. 2<br />
Die Kriegsgräberstätte im Münchener Waldfriedhof<br />
repräsentiert das Schaffen der Hochbau- und<br />
Landschaftsarchitekten der frühen 1960er Jahre in<br />
zweierlei Hinsicht: Erstens handelt es sich um eine<br />
– wen wundert’s – der häufigsten Bauaufgaben dieser<br />
Zeit, und zweitens findet hier der nun im großen<br />
Stil einsetzende Materialienwechsel statt, der in den<br />
folgenden Jahrzehnten nicht mehr umzukehren<br />
ist. Die Rede ist vom Siegeszug des Sichtbetons im<br />
Bauwesen, hier insbesondere im Garten- und Landschaftsbau.<br />
Abb. 6: Kriegsgräberstätte München-Waldfriedhof 1962.<br />
Bruchsteinmauern umgrenzen das Grundstück.<br />
Foto: wie Abb. 5, S. 310<br />
15
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
16<br />
Abb. 7: Kriegsgräberstätte München-Waldfriedhof 1962.<br />
Sechs Trittflächen führen über einen Wasserkanal nach „Drüben“<br />
zu den Toten. Foto: wie Abb. 5, S. 313<br />
Abb. 8: Kriegsgräberstätte München-Waldfriedhof 1962.<br />
Jedes Grab hat einen liegenden Namensstein mit eingehauener<br />
Schrift. Foto: wie Abb. 5, S. 311<br />
Die Gedenkstätte, 1960 bis 1964 errichtet, stellt<br />
in dieser Entwicklung ein frühes Beispiel dar: Die<br />
in hoch<strong>modern</strong>er Formensprache entworfene Gedächtnishalle<br />
wurde in Sichtbeton mit weißem<br />
Quarzsplitt errichtet, während im landschaftsgärtnerischen<br />
Teil, dem eigentlichen Friedhof, zwar noch<br />
überwiegend Natursteine Verwendung finden, jedoch<br />
sind die drei Kreuzblöcke, „leuchtend weiß“,<br />
ebenfalls aus Quarzsplitt-Sichtbeton und nehmen<br />
dadurch Verbindung zur Gedenkhalle auf. Das polygonale<br />
Grundstück wird allseits von einer Bruchsteinmauer<br />
umgeben.<br />
„Eine dunkle Wasserfläche hält den Eingangshof<br />
klar vom Felde der Toten getrennt, nur sechs Trittflächen<br />
erschließen das ‚Drüben‘ [gewissermaßen das<br />
Jenseits; Anm. d. Verf.], „eine ebene Fläche, rasenbewachsen<br />
und in drei Grabfelder gegliedert“.<br />
Und der Satz, dass „die gewählten Materialien<br />
zu der ihnen innewohnenden Wirkung gebracht<br />
wurden“, stammt hinsichtlich Inhalt und Formulierung<br />
noch ganz aus der Tradition Foerster-Matternscher<br />
Ideale. 3 Der Entwurf für die Gedenkhalle<br />
stammt von dem Architekten Helmut Schöner-Fedrigotti,<br />
Deisenhofen bei München, die gärtnerische<br />
Gestaltung lag in den Händen von Professor<br />
Ludwig Roemer, Landschaftsarchitekt in München.<br />
1964 erschien in der Reihe der Bauwelt Fundamente<br />
ein Buch von unglaublicher Breitenwirkung.<br />
Der Titel lautet: „Gras darf nicht mehr wachsen“,<br />
der Autor ist Hermann Mattern. Zur Inhaltsangabe<br />
schreibt der Verlag (Ullstein): „Höherer Profite<br />
wegen wird unsere Landschaft immer bedenkenloser<br />
ausgebeutet. Ihre Reserven jedoch sind nicht<br />
unerschöpflich. Die 12 Kapitel dieses Bandes zeigen<br />
die ungeheuerlichen Konsequenzen des Verbrauchs<br />
von Boden, Wasser und Wald; sie wollen<br />
gleichzeitig alle Zusammenhänge aufdecken, die<br />
es zur Rettung der Landschaft zu erkennen gilt“.<br />
Die immense Popularität, die dieses Buch erreichte,<br />
beruhte vermutlich im Wesentlichen auf zwei
Elisabeth Szymczyk: Gartenkünstlerische Tendenzen der sechziger und siebziger Jahre<br />
Abb. 9: Günther Grzimek.<br />
Foto: Juliane Grzimek, aus: W. Jerney, Rasen betreten<br />
erlaubt, in: Garten und Landschaft, 8/2003, S. 13<br />
Faktoren: Erstens traf es den Nerv der Zeit, zweitens<br />
vermittelte es nicht nur trockenes Fachwissen,<br />
sondern ist in seinem Duktus eine sehr emotional<br />
vorgetragene Anklage, ein Aufschrei eines tief Verletzten<br />
angesichts der geschundenen Natur. Von<br />
ganz anderem Duktus zeigt sich eine fast gleichzeitig<br />
entstandene Publikation mit dem Titel „Das<br />
Leistungsgrün“ aus dem Jahr 1963. 4 Der Autor ist<br />
Günther Grzimek (1915–1996), bekannt als der<br />
Schöpfer des Olympia-Parks in München.<br />
Grzimek studierte von 1937 bis 1942 Gartenund<br />
Landschaftsgestaltung an der Humboldt-Universität<br />
in Berlin und wurde nach dem Krieg zunächst<br />
Gartenamtsleiter in Ulm. 1965 übernahm er<br />
die Nachfolge von Hermann Mattern an der Kunsthochschule<br />
in Kassel. Der Untertitel seines Aufsatzes<br />
lautet: „Anregung zu einer neuen Betrachtung<br />
der <strong>Grün</strong>planung“. Zunächst übt er Kritik<br />
und schreibt: „[…] dass unsere <strong>Grün</strong>flächen in vier<br />
entscheidenden Punkten ungenügend, ja zu verschwenderisch<br />
angelegt sind: 1. Die Benutzbarkeit<br />
ist zu gering; 2. Die <strong>Grün</strong>oberfläche ist zu klein; 3.<br />
Möglichkeiten der Isolierung werden nicht genutzt;<br />
4. Die Unterhaltskosten sind zu hoch. […]Das Ziel<br />
muss es sein, mit dem heute üblichen Aufwand die<br />
Durchgrünung unserer Städte wesentlich weiterzutreiben<br />
und die Wirksamkeit auf der Fläche zu erhöhen.“<br />
Zum Schluss regt er an, einen Forschungsauftrag<br />
zu vergeben, der folgendes beinhalten soll:<br />
1. Definition und Klassifizierung der <strong>Grün</strong>formen<br />
zur klaren Absetzung ihrer Funktionen und Leistungen,<br />
2. Wertbestimmung der <strong>Grün</strong>elemente<br />
in Bezug auf ihre städtische Sozialfunktion, 3. Bestimmung<br />
der <strong>Grün</strong>typen nach ihrer Leistung und<br />
schließlich 4. Rationalisierungsvorschläge.“ Und<br />
Grzimek weiter: „Unter ‚Leistungsgrün‘ ist jeweils<br />
das funktionell, sozial, therapeutisch, hygienisch<br />
und biologisch wirksamste <strong>Grün</strong> zu verstehen, das<br />
durch ein Minimum an Aufwand für seine Pflege zu<br />
erreichen ist.“ Dies ist eine Definition, die man fast<br />
gleichlautend bei dem amerikanischen Architekten<br />
und Gartenarchitekten Garrett Eckbo (1910–2000)<br />
in seinem 1950 erschienenen Werk „Landscape<br />
for Living“ findet. „Zum Maximum an Vergnügen<br />
soll ein Minimum an Pflegeaufwand treten“, fasst<br />
Wimmer in seiner „Geschichte der Gartentheorie“<br />
Eckbos Postulate zusammen. 5 Und Wimmer weiter:<br />
„Der Wert der Wissenschaft wird [bei Eckbo; Anm.<br />
d. Verf.] von Anfang an betont. Wissenschaft und<br />
Intuition sind keine Widersprüche, denn alles sei<br />
letztlich erforschbar, auch die Kunst“.<br />
Von 1962 bis 1967 arbeitete Hermann Mattern<br />
an der Umgestaltung des alten Palaisgartens in<br />
Detmold. „Unter ständigen Protesten und Kontrollen<br />
der Detmolder Bürger fügten Architekt und<br />
Gartenarchitekt in engster Zusammenarbeit den<br />
neuen Konzertsaal […] sehr sensibel in den alten<br />
Palaisgarten ein“, heißt es im Katalog zur Mattern-Ausstellung<br />
1982. 6 „Ein Rosengarten, der<br />
das Saalfoyer als Außenfoyer ergänzt, umgibt den<br />
Konzertsaal. Die breiten Treppen ziehen sich den<br />
17
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
Abb. 10: Gartenanlagen am Konzertsaal im alten Palaisgarten<br />
in Detmold um 1967, Gartenarchitekt: Hermann Mattern.<br />
Foto: beatefoto, aus: wie Abb. 1, S. 61<br />
Abb. 11: Der 1972 fertiggestellte Olympia-Park in München<br />
von Günther Grzimek, Foto um 1990.<br />
Foto: Günter Mader, aus: wie Abb. 3, S. 160<br />
18<br />
Hang hinauf – Zuhörerränge bei Sommerkonzerten“.<br />
Stützmauern aus Sichtbeton – dieser Werkstoff<br />
beherrscht nun fast ausschließlich die baulichen<br />
Einrichtungen der Außenanlagen – gleichen<br />
die Höhenunterschiede aus. Der hohe Rang des<br />
Kulturgebäudes wird durch üppigen Schmuck, die<br />
Rosen, verstärkt. Den Hang hinauf zieht sich eine<br />
gepflegte Parkanlage mit Bänken zum Ausruhen.<br />
Eine <strong>Grün</strong>anlage von kultivierter Bürgerlichkeit.<br />
Sie repräsentiert eine Gesellschaftsschicht, gegen<br />
die bereits heftig rebelliert wird und die in dieser<br />
Ausprägung im Verschwinden begriffen ist.<br />
Ein Jahr nach Fertigstellung dieses Parks begannen<br />
die Planungen am Münchner Olympia-Park,<br />
zunächst durch das Architekturbüro Behnisch<br />
alleine, später gab Behnisch die Planung und<br />
Durchführung an Günther Grzimek weiter, der<br />
ihn schließlich 1972 zu Ende führte. Das Gelände<br />
ist stark modelliert, es herrscht außerordentlich<br />
viel Bewegung vor, sowohl vertikal als auch horizontal.<br />
Auf Ziergehölz wird völlig verzichtet.<br />
„Das auffälligste Element der Freiraumgestaltung<br />
ist der 60 m hohe Berg, der aus Schuttmassen des<br />
zweiten Weltkrieges und Aushubmaterial besteht, das<br />
im Zuge der Baumaßnahmen anfiel. […] Das Wegenetz<br />
wurde nach einem klar differenzierten, hierarchischen<br />
System von Haupt- und Nebenwegen angelegt.<br />
[…] In verschiedenen Bereichen durchziehen Trampelpfade<br />
das Gelände. […] Auch die Vegetation wurde<br />
von Grzimek systematisch nach einzelnen Kategorien<br />
geplant. Der Entwurf sah einen dreigeschossigen Vegetationsaufbau<br />
vor und differenzierte […] zwischen<br />
Bodendeckern, Sträuchern und Bäumen. Durch bestimmte<br />
Arten von Leitbäumen bezeichnete Grzimek<br />
unterschiedliche Bereiche. Entlang der Hauptwege<br />
und in Gebäudenähe pflanzte er Linden, am Ufer des<br />
Sees Silberweiden, am Berg Bergkiefern und Kastanien<br />
beim Parkplatz. An bestimmten Stellen löste sich Grzimek<br />
von dieser strikten Regel und sah sogenannte Ereignisbäume<br />
vor, einzelne oder in Gruppen stehende<br />
Hängeeschen, Säuleneichen, Pappeln oder Gingobäume“.<br />
7 Letzteres erinnert wieder an Garrett Eckbo.
Elisabeth Szymczyk: Gartenkünstlerische Tendenzen der sechziger und siebziger Jahre<br />
Abb. 12: Olympia-Park in München. Eine Gruppe von Säuleneichen<br />
als „Ereignisbäume“.<br />
Foto: Günter Mader, aus: wie Abb. 3, S. 163<br />
„Eine ‚general continuity‘ soll durch accenting<br />
landmarks unterbrochen werden“, zitiert Wimmer<br />
den amerikanischen Gartenarchitekten. Wimmer<br />
fährt fort: „Das wichtigste Element sei, betont Eckbo<br />
immer wieder, der Mensch. ‚Gardens and parks<br />
are for people first and for plants second […] Our<br />
work is done for people, to provide settings and<br />
surroundings for their life and activities. Therefore<br />
all its forms must relate definitively to the forms of<br />
people’“. 8<br />
Die siebte These, überschrieben mit „Die Ästhetik<br />
des Selbstverständlichen“ aus Grzimeks und Rainer<br />
Stephans 1983 erschienenem Aufsatz mit dem Titel<br />
„Die Besitzergreifung des Rasens“, lautet: Die Ästhetik<br />
einer <strong>Grün</strong>anlage soll sich nicht nach den von<br />
künstlerischem Ausdruckswillen geprägten Idealen<br />
der Planer, sondern nach den Ansprüchen der<br />
Benutzer bestimmen. 9 Nicht die Verwaltung habe<br />
diese Ansprüche zu formulieren, erklären sie, sondern<br />
die Benutzer selbst, indem sie sich nach ihren<br />
eigenen Bedürfnissen verhalten. „Der Benutzerpark<br />
schafft eine neue Art von Ästhetik, die nicht der<br />
Repräsentation dient, sondern Inhalte aufzeigt, Gebrauchswerte<br />
vermittelt und den agierenden Men-<br />
Abb. 13a/b: Fischsterben im Rhein bei Ehrenbreitstein und<br />
Emmerich, Foto um 1970.<br />
Foto: dpa, aus: H. W. Wolf, Der Rhein wälzt sich im<br />
Krankenbett, in: Garten und Landschaft, 4/1971, S. 119<br />
19
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
20<br />
Abb. 14: Naturgarten in Zürich von Eduard Neuenschwander,<br />
Foto um 1977. Foto: vermutl. Eduard Neuenschwander, aus:<br />
K. Spitzer, Naturgärten im Stadtmilieu, in: Garten und Landschaft,<br />
7/1978, S. 457<br />
schen als Erscheinung mit einbezieht: Eine Ästhetik<br />
von unten“. Grzimek betont immer wieder, dass er<br />
kein Künstler sei. Er bezeichnet sich selbst nicht als<br />
Gartenarchitekt, sondern als Ingenieur für <strong>Grün</strong>planung.<br />
Ästhetische Aspekte traten allerdings, hauptsächlich<br />
in den 70er Jahren, angesichts alarmierender<br />
Meldungen über Umweltschäden zunächst in<br />
den Hintergrund. Die Stimmung und Befindlichkeit<br />
jener Jahre war von tiefem Erschrecken und angstvoller<br />
Betroffenheit gekennzeichnet. Im April 1971<br />
berichtete Hans Wolf unter der aufrüttelnden und<br />
anklagenden Überschrift „Der Rhein wälzt sich im<br />
Krankenbett“ vom Fischsterben durch Giftstoffe im<br />
Rhein. 10<br />
Ein Jahr später erschien die Studie des Club of<br />
Rome über die Grenzen des Wachstums, in der<br />
Wachstum und Fortschritt als Problem des Industriesystems<br />
gekennzeichnet und zugleich als Ursache<br />
für das Umweltproblem benannt werden. Gleichzeitig<br />
formierte sich unter dem Vorsitz von Conrad<br />
Lorenz, Direktor am Max-Planck-Institut für Verhaltenspsychologie,<br />
eine Gruppe von Wissenschaftlern,<br />
Journalisten und Künstlern hauptsächlich aus dem<br />
süddeutschen Raum, sie nannte sich „Gruppe Ökologie“,<br />
und veröffentlichte 1972 „Das ökologische<br />
Manifest“. Darin heißt es unter anderem: „Wenn<br />
wir uns retten wollen, dann müssen wir die Natur<br />
für den Menschen vor dem Menschen schützen“. 11<br />
Unter dem Titel „Naturgärten im Stadtmilieu“ informiert<br />
Klaus Spitzer, ein Kunsterzieher aus Neuss,<br />
1978 in „Garten und Landschaft“ über die neuesten<br />
Versuche, dem aufgrund ökologischer Kriterien veränderten<br />
Verhältnis zum <strong>Grün</strong>raum in formaler<br />
Hinsicht Rechnung zu tragen. 12 „Die vieldiskutierte<br />
Umweltproblematik bewirkte auch ein Überdenken<br />
der Gartengestaltung unter ökologischen Gesichtspunkten“,<br />
schreibt er. „Rousseaus Leitbild vom verwilderten<br />
Hausgarten im Roman ‚Die neue Heloise‘<br />
lebt wieder auf. Doch jetzt – statt in romantischer<br />
Schwärmerei mit pantheistischem Hintergrund – in<br />
nüchtern wissenschaftlichem Kalkül. Ziel ist es, angesichts<br />
der scheinbar zwangsläufigen Verstädterung<br />
die verlorene Natur in die Stadt zurückholen.<br />
Natur wird mit einem Mal nicht mehr nur als optischästhetisches<br />
Erscheinungsbild gesehen, sondern als<br />
ein diffiziles ökologisches Gefüge“. Die Abbildung<br />
14 zeigt das Werk von Eduard Neuenschwander in<br />
einer Siedlung in Zürich. Durch Wildwuchs entsteht<br />
auf den Hügeln des Bauaushubs, angereichert durch<br />
Feldsteine und herumliegende, ver<strong>modern</strong>de Baumstämme,<br />
eine „ökologische Nische“. Dargestellt ist<br />
der Zustand ein Jahr nach der Fertigstellung.<br />
Der Zürcher Architekt und Leiter des Schweizer<br />
Instituts für Umweltfragen, schreibt Spitzer weiter,<br />
„hat seine ‚ökologische Methode‘ konsequent<br />
durchdacht und angewandt. Seine Erfahrungen<br />
sammelte er in Finnland bei Alvar Aalto“. Neuenschwander,<br />
angesprochen auf ästhetische Kriterien<br />
in seinen Werken, antwortet: „Natur ist schön.<br />
Woher sonst sollen unsere ästhetischen Kriterien<br />
stammen?“ Die Ästhetik wird bejaht, „aber nicht<br />
beherrschend, sondern in dienender Funktion“. 13<br />
Im selben Artikel beschreibt Spitzer auch einige<br />
„Schuttgärten“ des niederländischen Kunsterzie-
Elisabeth Szymczyk: Gartenkünstlerische Tendenzen der sechziger und siebziger Jahre<br />
hers und Künstlers Louis Le Roy, 1924 in Amsterdam<br />
geboren. Le Roy ist Ehrenmitglied des Deutschen<br />
Werkbundes und Honorarprofessor für Ökologie<br />
und experimentelle Umweltgestaltung im Studiengang<br />
Architektur an der Technischen Universität<br />
Braunschweig. Berühmt geworden ist beispielsweise<br />
das Projekt „Regenbogen“ („Regenboog“) in Kerk,<br />
„wo die Benutzer, Schüler und Lehrlinge, in Handarbeit<br />
Treppen und Terrassen aus Schutt mauerten<br />
und aus verschiedenem Bodenmaterial Mulden,<br />
Wälle und Hügel schufen, die eine Vielzahl wechselnder<br />
Feuchtigkeitsgrade und mikroklimatischer<br />
Situationen ergaben. Jeder konnte kreativ werden.<br />
Die herumliegenden Steinbrocken verhindern eine<br />
maschinelle Bearbeitung, der Boden bleibt locker,<br />
die Struktur vielschichtig. Es ist kein Zufall, wenn in<br />
diesen „Schuttgärten“ bereits die ersten Pflanzen<br />
und Insekten wieder auftauchen, die man in den<br />
Niederlanden seit Jahrzehnten für ausgestorben<br />
hielt“. 14<br />
„Natur ausschalten – Natur einschalten“ ist der<br />
Titel des 1973 entstandenen, 1978 auf Deutsch erschienen<br />
Buches von Louis Le Roy, das für internationales<br />
Aufsehen sorgte. „‚Natur einschalten‘ heißt,<br />
die natürliche Dynamik akzeptieren, die ständig<br />
veränderte Zustände hervorbringt, bis ein Klimaxstadium<br />
erreicht ist“, schreibt Wimmer. 15 Le Roy<br />
stellt für die Herstellung eines Projekts keine starren<br />
Regeln auf, aber er nennt Prinzipien, auf deren Beachtung<br />
er großen Wert legt:<br />
„1. Arbeiten mit der Natur. Die Pflanze, nicht der Planer<br />
bestimmt, wo sie wächst. Nicht der Mensch,<br />
die Natur schafft die Ordnung und trifft die richtige<br />
Auswahl unter dem Überfluss vorgegebener<br />
Pflanzen.<br />
2. Bereicherung durch Vielfalt. Um Monokulturen<br />
und Einförmigkeit zu vermeiden, werden sehr abwechslungsreiche<br />
Reliefs […] und eine Vielzahl<br />
von Pflanzen vorgegeben. […]<br />
Abb. 15: Garten in Mildam bei Heerenveen, Niederlande,<br />
von Louis Le Roy, um 1978.<br />
Foto: Louis Le Roy, aus: wie Abb. 14, S. 459<br />
3. Garten als Prozess. Es wird kein Endzustand<br />
vorgeplant (kein gezeichneter Plan), sondern<br />
durch die vorgegebene Struktur wird ein Prozess<br />
eingeleitet. Das Wachstum wird nicht<br />
unter Leistungszwang forciert (Kunstdünger),<br />
sondern die natürliche Entwicklung wird geduldig<br />
verfolgt […]<br />
Abb. 16: Die durch strukturelle Vielfalt entstehenden Standortbedingungen<br />
schaffen einen großen Artenreichtum, der<br />
auch ästhetisch ein Genuss ist. Garten von Louis Le Roy, Foto<br />
um 1979.<br />
Foto aus: K. Spitzer: Wilde Gärten.<br />
Die informellen <strong>Grün</strong>anlagen von Louis Le Roy, in:<br />
Garten und Landschaft, 6/1980, S. 471<br />
21
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
22<br />
Abb. 17: Der Hafen und die Hafeninsel in Saarbrücken, Aufnahme von 1946.<br />
Foto aus: Landeshauptstadt Saarbrücken,<br />
Arbeitsberichte zur kommunalen Planung, Nr. 27, 1981<br />
4. Kreativität vor Ort. Die Einfälle kommen bei der<br />
Arbeit, nicht am Schreibtisch, nicht beim Planen<br />
[…]<br />
5. Beteiligung der Nutzer. Die <strong>Grün</strong>anlage ist nicht<br />
das Werk eines Einzelnen, sondern das Ergebnis<br />
gemeinsamer Gespräche und gemeinsamer<br />
Arbeit mit den Bürgern […]<br />
6. Minimaler Energieverbrauch. Es werden jeweils<br />
nur die örtlich vorhandenen Böden, die regionalen<br />
Baustoffe und in der Nachbarschaft anfallenden<br />
Abfälle (z.B. Bauschutt) verwendet (Recyclinggedanke).<br />
7. Schöpferische Handarbeit. Anstatt mit rigorosen<br />
Maschinen wird mit der einfühlsamen Hand gearbeitet.<br />
[…]<br />
8. <strong>Grün</strong> vor der Tür. Natur wird in die Stadt hinein<br />
geholt, Erholung vor der Haustür ist möglich<br />
[…]“. 16<br />
1982 veröffentlichte der Deutsche Werkbund ein<br />
Buch mit dem Titel „<strong>Grün</strong> in der Stadt“. Es enthält<br />
Aufsätze verschiedener Autoren und wurde von<br />
Michael Andritzky, einem Soziologen, und Klaus<br />
Spitzer herausgegeben. „<strong>Grün</strong> in der Stadt schließt<br />
sich an Le Roy an, arbeitet jedoch nicht so sehr den<br />
ökologischen als den gesellschaftlichen und ästhetischen<br />
Gesichtspunkt heraus“,<br />
schreibt Wimmer in seiner Geschichte<br />
der Gartentheorie. 17 Diesen<br />
Gesichtspunkt einer „neuen<br />
Ästhetik“ erläutert Spitzer folgendermaßen:<br />
„In einer Zeit, in der die<br />
wilde Natur, gegen die der Mensch<br />
einst die Zeichen seiner Ordnung<br />
setzte, auf kümmerliche Reservate<br />
reduziert wurde, in einer Situation,<br />
in der ökonomisches Denken und<br />
Leistungsorientierung den Boden<br />
zur Ware degradierte, seine Fruchtbarkeit<br />
vernichtete und viele Pflanzen-<br />
und Tierarten unwiderruflich<br />
zum Aussterben verurteilte, muss man die Frage<br />
stellen, ob nicht auch die alten Regeln ästhetischer<br />
Gestaltung überfällig wurden, die dieses System<br />
hervorbrachte. […] In dem Maße […] wie uns unsere<br />
Bedrohung bewusst wird, ändern sich auch unsere<br />
ästhetischen Maßstäbe. […] Statt die prunkende<br />
Pracht überdüngter, hochgezüchteter Modepflanzen<br />
und repräsentativer Exoten zu verherrlichen,<br />
entdecken wir die ästhetischen Qualitäten des bislang<br />
verachteten „Unkrauts“ und ziehen die blühende<br />
Wiese dem monotonen Rasenteppich vor“. 18<br />
Abb. 18: Lageplan des 1986 eröffneten Gartens auf der<br />
Hafeninsel in Saarbrücken von Peter Latz.<br />
Foto: C. Reisinger, Die Hafeninsel in Saarbrücken,<br />
in: Die Gartenkunst, 1/1991, S. 80f.
Elisabeth Szymczyk: Gartenkünstlerische Tendenzen der sechziger und siebziger Jahre<br />
Abb. 19: Ein Stapel alter Schienen weckt die Erinnerung an<br />
den alten Hafen in Saarbrücken.<br />
Foto: aus: wie Abb. 18, S. 90<br />
Eine der möglichen Antworten auf die Frage nach<br />
einer neuen Ästhetik gab der Gartenarchitekt Peter<br />
Latz mit der Gestaltung des „Bürgerparks Hafeninsel<br />
Saarbrücken“,1980–1989. Peter Latz wurde 1939<br />
geboren und wuchs im Saarland auf. Er studierte<br />
Landschaftsarchitektur und anschließend Städtebau<br />
in München und Aachen. 1968 erfolgte die Bürogründung<br />
zusammen mit seiner Frau. Ab 1983 war<br />
er Professor für Landschaftsarchitektur an der Technischen<br />
Universität in München-Weihenstephan.<br />
Das Luftfoto (Abb. 17) zeigt den ehemaligen<br />
brachliegenden Hafen, „Trümmerwüste, Schutthalde,<br />
wilde Müllkippe, undurchdringliches Gestrüpp“<br />
bedecken die künstliche Insel, schreibt<br />
Claus Reisinger in der „Gartenkunst“ aus dem<br />
Jahre 1991. 19 Der Lageplan (Abb. 18) zeigt den<br />
Entwurf für das Inselgelände, das nun über eine<br />
Brücke mit der Stadt verbunden wird.<br />
Neben städtebaulichen Maßnahmen gibt es eine<br />
Fülle unterschiedlicher ästhetischer Merkmale. Zum<br />
Beispiel: Ein Stapel alter Schienen und die wiedergefundene<br />
Ruine des Ofens vom alten Heizwerk evozieren<br />
Erinnerungen, und die Spurensicherung lässt<br />
eine alte Zeit wiederaufleben: Der Garten als Ort der<br />
Erinnerung. In der Westecke des Parks hat Latz die<br />
sogenannten verwilderten Gärten angelegt, „nach<br />
der Anregung und Anweisung aus Rousseaus Nouvelle<br />
Héloise“, wie Reisinger schreibt. Man erinnere<br />
sich: Die „Nouvelle Héloise“ war schon einmal Vorbild,<br />
als es um die Werke Eduard Neuenschwanders<br />
und Louis Le Roys ging. 20 Auch die in den 1980er<br />
Jahren <strong>modern</strong>e Post<strong>modern</strong>e kommt zum Zug:<br />
zum Beispiel bei der Rotunde, einem Ruhegarten, in<br />
dem auch Theater gespielt werden kann, oder bei<br />
der Wasserwand, dem Eingangstor zur Insel. Man<br />
wird an James Stirlings zeitgleich (1979–1984) errichtete<br />
Staatsgalerie in Stuttgart erinnert.<br />
Zusammenfassung<br />
Die frühen 1960er Jahre waren geprägt vom malerisch-landschaftlichen<br />
Stil, der sich schon in den<br />
1930er Jahren gebildet hatte und hauptsächlich<br />
durch den Gartenarchitekten Hermann Mattern vertreten<br />
wurde. Mitte der 1960er Jahre begannen die<br />
Bestrebungen, die Garten- und Landschaftsgestaltung<br />
zu verwissenschaftlichen. Diese Bestrebungen<br />
haben in Günther Grzimek einen besonders starken<br />
Verfechter gefunden. Der Olympia-Park Grzimeks<br />
vom Anfang der 70er Jahre zeigt sich formal noch<br />
ganz im Duktus des traditionellen landschaftlichen<br />
Stils, allerdings wurde das Malerische weitestgehend<br />
aufgegeben. Es sollte kein schöner, sondern in<br />
erster Linie ein benutzerfreundlicher Park werden.<br />
Diese Haltung setzt sich bei den meisten Gartenarchitekten<br />
bis Ende der 1970er Jahre durch. In der<br />
Mitte des siebten Jahrzehnts erreicht der Aufschrei<br />
über die Umweltzerstörung einen vorläufigen Höhepunkt<br />
und gipfelt in leidenschaftlichen Appellen<br />
23
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
an die Verantwortlichen, endlich zu handeln. Die<br />
Ära des malerisch-landschaftlichen Stils war nun<br />
definitiv zu Ende, er war nicht mehr die Sprache<br />
der Zeit. Die Suche nach neuen Ausdrucksmöglichkeiten<br />
führte zunächst zu den sogenannten Naturgärten<br />
oder den „Wilden Gärten“. Der bekannteste<br />
Vertreter dieser Gattung war der Niederländer Louis<br />
Le Roy. Vermutlich war diese Phase eine Durchgangsstation<br />
– allerdings mit der Wirkung eines<br />
Katalysators –, um den Durchbruch zu schaffen<br />
mit dem in ästhetischer Hinsicht bahnbrechenden<br />
Projekt „Bürgerpark auf der Hafeninsel“ in Saarbrücken<br />
von Peter Latz, bei dem eine neue, zeitgemäße<br />
Ästhetik entwickelt wurde.<br />
Der Beitrag von Prof. E. Szymczyk erschien zuerst in: Rheinische<br />
Heimatpflege, Sonderheft 1/2013, S. 81–90 (Dokumentation<br />
der Studienkonferenz „Zwischen Baukunst und<br />
Massenproduktion. Denkmalpflege für die Architektur der<br />
1960er- und 1970er-Jahre?“ vom 13. bis 15. September<br />
2011 in Bergisch Gladbach-Bensberg, veranstaltet vom<br />
Rheinischen Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz,<br />
der Thomas-Morus-Akademie und dem Bund Heimat<br />
und Umwelt); das Heft kann beim Rheinischen Verein<br />
gegen eine Spende von 5,- Euro bezogen werden, Kontakt:<br />
KarlPeter.Wiemer@lvr.de.<br />
1 LUZ, H. (1980): Stuttgarter Gärten. Betrachtungen zur<br />
Entwicklung der Gartengestaltung von 1900 bis heute,<br />
S. 148–150. – Stuttgart.<br />
2 MADER, G. (1999): Gartenkunst des 20. Jahrhunderts,<br />
S. 142–145. – Stuttgart.<br />
3 SCHÖNER, H., ROEMER L.: Kriegsgräberstätte München. –<br />
In: Garten und Landschaft, 11/1962, S. 310.<br />
4 GRZIMEK, G.: Das Leistungsgrün. – In: Garten und Landschaft,<br />
7/1963, S. 210–215.<br />
5 WIMMER, C. A. (1989): Geschichte der Gartentheorie.<br />
S. 381–393. – Darmstadt.<br />
6 MATTERN, H.: Ausstellung der Akademie der Künste und<br />
der Technischen Universität Berlin 1982. Akademie-Katalog<br />
135, S. 60.<br />
7 MADER – 1999 – (wie Anm. 2), – S. 158–163.<br />
8 WIMMER – 1989 – (wie Anm. 5) – ebd.<br />
9 GRZIMEK, G., Stephan R. (1983). – In: Die Besitzergreifung<br />
des Rasens, Katalog zur Ausstellung, S. 15. – München.<br />
10 WOLF, H. W.: Der Rhein wälzt sich im Krankenbett. – In:<br />
Garten und Landschaft, 4/1971, S 118–121.<br />
11 Reportage über das Ökologische Manifest. – In: Garten<br />
und Landschaft, 11/1972, S. 485.<br />
12 SPITZER, K.: Naturgärten im Stadtmilieu. – In: Garten und<br />
Landschaft, 7/1978, S 457–461.<br />
13 SPITZER – 1978 – (wie Anm. 12) – ebd.<br />
14 SPITZER – 1978 – (wie Anm. 12) – ebd.<br />
15 WIMMER – 1989 – (wie Anm. 5) - S. 398.<br />
16 SPITZER, K.: „Wilde Gärten“. – In: Garten und Landschaft,<br />
6/1980, S. 471–473.<br />
17 WIMMER – 1989 – (wie Anm. 5) – S. 405.<br />
18 WIMMER – 1989 – (wie Anm. 5) – S. 402.<br />
19 REISINGER, C.: Die Hafeninsel in Saarbrücken. – In: Die<br />
Gartenkunst, 1/1991, S. 73–101.<br />
20 SPITZER – 1978 – (wie Anm. 12) – ebd. <br />
24
Peter Fibich: Landschaftsarchitektur in der DDR der 1960er und 1970er Jahre<br />
Landschaftsarchitektur in der DDR der<br />
1960er und 1970er Jahre.<br />
Handlungsstrukturen, Gestaltungstendenzen und heutige Akzeptanz<br />
Peter Fibich<br />
Bei der Darstellung der Landschaftsarchitektur<br />
der 1960er und 1970er<br />
Jahre in der DDR ist es unverzichtbar,<br />
einige Worte über die vorangegangene<br />
Dekade zu verlieren. Nur so können die<br />
Handlungsstrukturen und Gestaltungstendenzen<br />
in der Landschaftsarchitektur<br />
dieser Zeit richtig verstanden werden;<br />
auch über die heutige Akzeptanz<br />
und den Umgang mit den Anlagen<br />
der 60er und 70er, der in vielen Fällen ja gerade<br />
noch kein denkmalpflegerischer ist, vermag dies<br />
einiges beizutragen. Die erste Zeit nach 1945 war<br />
vom Umgang mit Trümmerlandschaften der im<br />
Krieg zerstörten Städte geprägt; nur wenige nennenswerte<br />
Neuanlagen, etwa sowjetische Ehrenmale<br />
oder das Umfeld sozialer Einrichtungen des<br />
Bildungs- und Gesundheitswesens, entstanden<br />
in der Besatzungszeit. Im ersten Jahrzehnt der<br />
DDR wuchsen jedoch einige bedeutende Werke<br />
der Landschaftsarchitektur aus dem ökonomisch<br />
noch immer kargen Boden. Die Zeit war geprägt<br />
durch das Wirken einflussreicher Persönlichkeiten<br />
des Fachgebietes wie Georg Pniower, Reinhold<br />
Lingner, Walter Funcke oder Werner Bauch.<br />
Die genannten Fachleute hatten in der Weimarer<br />
Zeit ihre Ausbildung und Prägung genossen. Aber<br />
auch die nachrückende Generation bekam bald<br />
Chancen, etwa bei der Planung von Gedenkstätten<br />
für die Opfer des Nationalsozialismus.<br />
Die Kampagne zur Errichtung von<br />
„Kulturparks“ zeitigte lang anhaltende<br />
Wirkung in vielen Städten in der DDR.<br />
Leipzig lieferte mit dem Clara-Zetkin-<br />
Park, einem um zahlreiche Kultur- und<br />
Freizeiteinrichtungen bereicherten historischen<br />
Park, das wohl bedeutendste<br />
Beispiel. Die Kampagne sollte weit in<br />
die Zeit der DDR hineinwirken, etwa<br />
mit dem Bau der vielerorts anzutreffenden Freilichttheater.<br />
Abb. 1: Freilichtbühnen entstanden seit den 1950er Jahren<br />
in vielen Städten und Dörfern der DDR, hier in Berlin-Wuhlheide.<br />
Sie sind ein Ergebnis der Idee, Kulturparks nach<br />
sowjetischem Vorbild anzulegen.<br />
Foto: Klaus-Dietrich Gandert (1970)<br />
25
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
26<br />
Die in den 1950er Jahren geplante, im Frühjahr<br />
1961 eröffnete Internationale Gartenschau<br />
iga in Erfurt nach Entwurf von Reinhold Lingner<br />
und seinem Kollektiv an der Deutschen Bauakademie<br />
muss gewissermaßen als Schlusspunkt dieser<br />
Jahre gesehen werden, die trotz wirtschaftlicher<br />
Not beachtenswerte Freiräume hervorgebracht<br />
haben. Doch waren einer Fortsetzung auf diesem<br />
Niveau bereits 1952 die administrativen Grundlagen<br />
entzogen worden. Im Juni 1952, knapp drei<br />
Jahre nach <strong>Grün</strong>dung der DDR, erfolgte nämlich<br />
die Auflösung der Länder und die Etablierung einer<br />
Bezirksstruktur; zugleich verloren die Kommunen<br />
wichtige Befugnisse. So wurden fast alle Gartenämter<br />
in den Städten aufgelöst; nur in Berlin ist das<br />
Stadtgartenamt unangetastet geblieben. Die technisch-administrativen<br />
Aufgaben der Garten- und<br />
Friedhofsämter gingen an die neu gegründeten<br />
Volkseigenen Betriebe (VEB) für Garten- und Landschaftsgestaltung<br />
bzw. für Friedhofswesen über.<br />
Dies war ein gewaltiger Umbruch für die Landschaftsarchitektur,<br />
denn:<br />
1. Die qualifizierte kommunale <strong>Grün</strong>verwaltung hörte<br />
auf zu existieren. Das betraf nicht nur die Neugestaltung,<br />
sondern auch die so entscheidende<br />
Unterhaltung der existierenden <strong>Grün</strong>flächen.<br />
2. Die VEB waren voll in die zentrale Planwirtschaft<br />
integriert, konnten also wenig selbst entscheiden.<br />
3. Die Betriebe arbeiteten nach dem Prinzip der sogenannten<br />
„Ökonomischen Abrechnung“, das<br />
heißt, wirtschaftliche Fragen dominierten stets<br />
gestalterische und funktionale.<br />
4. Das System aus Auftraggebern, externen Planern<br />
und Auftragnehmern wurde aufgegeben, alles<br />
geschah innerhalb ein und derselben Institution.<br />
5. Etablierte Fachfirmen starben im Verlauf der<br />
1950er Jahre, da sie gegenüber dem Monopol<br />
der VEB Garten- und Landschaftsbau und einiger<br />
großer Genossenschaften keine Chance mehr<br />
hatten.<br />
6. Freischaffenden Landschaftsarchitekten wurde<br />
die Lizenz entzogen, nur noch einige „alte Hasen“<br />
wie Hermann Göritz oder Hermann Schüttauf<br />
durften auf Honorarbasis weiterarbeiten.<br />
7. Landschaftsarchitektonische Planung fand nun in<br />
Planungskollektiven, etwa in den Büros der Stadtarchitekten,<br />
Büros für Städtebau, in den genannten<br />
VEB und in Wohnungsbaukombinaten statt,<br />
wobei – was Zeitzeugen stets als positiv hervorheben<br />
– Landschaftsarchitekten neben Stadtplanern<br />
und Architekten durchaus gleichberechtig<br />
arbeiten konnten.<br />
In der Konsequenz dieser Entwicklung kam es zu<br />
einem allgemein sinkenden Niveau in der Landschaftsarchitektur<br />
der DDR. Darüber können auch<br />
einzelne Prestigeprojekte, eine fundierte Ausbildung<br />
am einzigen Institut für Landschaftsarchitektur (in<br />
Berlin, ab 1971 in Dresden), eine in Teilen fortschrittliche<br />
Gesetzgebung oder Erfolge in Spezialgebieten<br />
wie der Gartendenkmalpflege nicht hinwegtäuschen.<br />
Gestalterisch und funktional überzeugende<br />
Anlagen, wie sie – wenngleich vereinzelt – die<br />
1950er Jahre hervorgebracht haben, sind in den<br />
darauffolgenden Jahrzehnten nur noch selten zu<br />
finden. Ein stetig sinkendes Niveau in der Materialversorgung,<br />
der Personalausstattung und der Lehrlingsausbildung<br />
machte Sonderlösungen jenseits<br />
der normierten Einheitslösung nur noch auf zwei<br />
Wegen möglich: Entweder, das Projekt genoss die<br />
besondere Aufmerksamkeit der Partei- und Staatsführung,<br />
oder es war allenfalls durch Improvisation<br />
vorbei an den planwirtschaftlich bilanzierten Material-<br />
und Finanzausstattungen umzusetzen.<br />
Die 1960er Jahre – es ist noch die Ära Ulbricht –<br />
waren geprägt durch einige Prestigeprojekte in ausgewählten<br />
Innenstädten. Es war die Zeit nach dem<br />
Bau der Mauer, als man mit ökonomischen Zugeständnissen<br />
und identitätsstiftenden Wiederaufbauleistungen<br />
die Stimmung im Land aufzuheitern versuchte.<br />
In Ost wie West griff als Antwort auf die zu-
Peter Fibich: Landschaftsarchitektur in der DDR der 1960er und 1970er Jahre<br />
Abb. 2: Die Prager Straße in Dresden ist das Paradebeispiel eines neu angelegten<br />
Fußgängerbereiches. Sie steht für die Prestigeprojekte der Ära Ulbricht, ihre landschaftsarchitektonische<br />
Gestaltung war anspruchsvoll.<br />
Foto: aus: Andrä, Klinker, Lehmann: Fußgängerbereiche in Stadtzentren (1981)<br />
nehmende Mobilisierung die Idee der Fußgängerzone<br />
um sich, und man hat dabei in der DDR durchaus<br />
auch westliche Vorhaben studiert und in ihnen Vorbilder<br />
gefunden. Im Stadtgebiet erschienen Projekte<br />
wie der Alexanderplatz und der Park am Fernsehturm<br />
in Berlin, der „Rosenhof“ in Karl-Marx-Stadt,<br />
der „Sachsenplatz“ in Leipzig oder die Prager Straße<br />
in Dresden, um einige wichtige Beispiele zu nennen,<br />
letztlich als verkehrsumwogte Inseln. Ihrer Isoliertheit<br />
zum Trotz konnten sie dennoch mit einer intensiven<br />
Verbindung aus Städtebau und Landschaftsarchitektur<br />
konzeptionell überzeugen; gestalterisch<br />
taten sie dies durch eine großstädtisch-<strong>modern</strong>e<br />
Komposition aus schattenspendenden Bäumen,<br />
Hochbeeten mit Blumenschmuck, anspruchsvollen<br />
Wasserspielen und großformatigen Bodenbelägen.<br />
Auch hochwertige Details, die ästhetisch in die fortschrittsgläubige<br />
Zeit des Sputnik und des Beginns<br />
der bemannten Raumfahrt gehören, kamen vor.<br />
Beton war im Unterschied zu den 1950er Jahren<br />
das selbstbewusst verwendete und überaus positiv<br />
besetzte Material dieser Zeit: Es symbolisierte Fortschritt,<br />
war der Kontrast zum Alten, das es zu überwinden<br />
galt; Beton war der Baustoff der Zukunft.<br />
In der Ära Honecker ab 1971 nahm diese Zukunft<br />
jedoch andere Formen an. Die wenngleich vereinzelten,<br />
aber eben doch spektakulären Sonderprojekte<br />
der 1960er Jahre wichen einer nivellierenden<br />
Konzentration auf die Bedürfnisse der Masse. Die<br />
SED rief das Wohnungsbauprogramm aus, und<br />
das hieß im Außenraum zunächst vielerorts, nachdem<br />
die Plattenbauten in den Trabantenstädten errichtet<br />
waren: Mondlandschaften. Nach Abbau der<br />
Taktstraßen passierte in vielen Fällen erst einmal gar<br />
nichts, da die erforderlichen Mittel<br />
nicht eingestellt und die Voraussetzungen<br />
unzureichend waren. Die<br />
Planungen der gut ausgebildeten<br />
Landschaftsarchitekten blieben zu<br />
deren Leidwesen allzu oft auf dem<br />
Papier, oder sie wurden nur ansatzweise<br />
mit dem beschränkten<br />
und immer gleichen Vokabular der<br />
normierten Betonbauteile umgesetzt.<br />
Landauf, landab gab es die<br />
gleichen Großplatten im Raster von<br />
120x120 cm, die gleichen Banksockel,<br />
Hochbeet- und Sandkasteneinfassungen<br />
aus Waschbeton,<br />
die gleichen Kinderspielgeräte aus<br />
Stahlrohr. Diese langweilige, oft<br />
jede Detailästhetik vermissenlassende<br />
Uniformiertheit allein der Typisierung<br />
anzulasten, wäre verfehlt.<br />
Sie war vielmehr auf ökonomische<br />
<strong>Grün</strong>de und eine politische Geringschätzung<br />
landschaftsarchitektoni-<br />
27
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
scher Aspekte zurückzuführen. Typisierungen in der<br />
Landschaftsarchitektur der DDR waren hingegen der<br />
(vielfach gescheiterte) Versuch, unter den beschränkten<br />
materiellen Voraussetzungen Quantität und Qualität<br />
umzusetzen. Mehrere Landschaftsarchitekten in<br />
der Bauakademie der DDR widmeten sich jahrelang<br />
diesem Thema. Betrachtet man die Objekte, die in<br />
dieser Zeit entstanden sind, fallen hier und da Besonderheiten<br />
ins Auge. Wo immer man sie findet, sollte<br />
geprüft werden, ob sie als Zeichen dieser Zeit zu bewahren<br />
sind. Mauern aus individuellen Formsteinen,<br />
robuste Hockerbänke, die meist auf einen Entwurf des<br />
Metallgestalters Fritz Kühn zurückgehen, Beispiele der<br />
seinerzeit sehr vielfältig und oft programmatisch eingesetzten<br />
Kunst im öffentlichen Raum, individuelle<br />
Spielgeräte oder Sonderaufgaben wie Friedhöfe und<br />
Gedenkstätten gehören dazu. Wenn wir Baulichkeiten<br />
aus dieser Zeit bewahren wollen, ist es von besonderer<br />
Bedeutung, diese in ihrer ursprünglichen<br />
Materialästhetik zu zeigen. Auch wenn wir ihn heute<br />
nicht mehr besonders mögen, ist es eben gerade der<br />
Waschbeton, der diese Zeit geprägt hat, und wenn<br />
wir diese Jahre im kollektiven Gedächtnis bewahren<br />
wollen, müssen wir auch den Waschbeton bewahren!<br />
In den Grundrisslösungen finden wir zu dieser Zeit<br />
auffallend häufig Staffelungen, deren freie Anordnung<br />
im Raum zu den ebenfalls freistehenden Scheiben<br />
und Punkthochhäusern vermitteln. Auffällig ist<br />
zudem – und dies dauert bis zum Ende der DDR an –,<br />
dass in den Städten viel üppiger und ausgefeilter als<br />
heute Blumen und Stauden gepflanzt wurden. Insbesondere<br />
Wechselflor war weit verbreitet und wurde in<br />
wechselnden Kombinationen gezeigt.<br />
Abb. 3: Die Stadträume ausgewählter Innenstädte warteten<br />
mitunter mit anspruchsvoll geformten Freiraumdetails auf. Im<br />
Bild eine Uhr in der Stadtpromenade Cottbus (1960er Jahre).<br />
Foto: P. Fibich (2006)<br />
28<br />
Abb. 4: Diese Hockerbänke am Wilhelmsplatz in Görlitz gehen<br />
auf einen Entwurf des Metallgestalters Fritz Kühn zurück.<br />
Sie kamen vielerorts zum Einsatz, inzwischen sind sie eine<br />
Seltenheit. Foto: P. Fibich (2010)
Peter Fibich: Landschaftsarchitektur in der DDR der 1960er und 1970er Jahre<br />
Abb. 5a/b: In zahlreichen Innenstädten waren großzügige Wechselflorpflanzungen zu finden. Im Bild der Sachsenplatz in Leipzig<br />
(links) und der Postplatz in Görlitz (rechts). Fotos: Klaus-Dietrich Gandert (o.J.) und Henry Kraft (1969)<br />
In den Büros der Stadtarchitekten wurde ab<br />
den 1960er Jahren übergreifend städtebaulich<br />
geplant, und in den Planungen waren <strong>Grün</strong>flächen<br />
ein selbstverständlicher Bestandteil. Auch<br />
wenn viele der dort verankerten Gedanken unverwirklicht<br />
blieben, konnten doch einige Ideen<br />
beispielsweise aus der Generalbebauungsplanung<br />
der 1970er Jahre umgesetzt<br />
werden – befördert durch<br />
den Umstand, dass der Privatbesitz<br />
an Grund und Boden praktisch<br />
bedeutungslos war. Von den<br />
seinerzeit realisierten Gedanken<br />
der Freiraumvernetzung profitieren<br />
wir bis heute, etwa wenn<br />
man in Leipzig vom Auwald über<br />
den Johannapark und einen in<br />
der DDR etablierten <strong>Grün</strong>zug<br />
direkt bis zum Neuen Rathaus<br />
und in die Innenstadt gelangt.<br />
Die großräumige Weiterführung<br />
des Großen Gartens in Dresden<br />
bis zum Rathaus steht ebenfalls<br />
für diese Entwicklung, die wir<br />
wohl nicht denkmalpflegerisch<br />
behandeln, sondern nutzen und fortschreiben<br />
werden. Dennoch sind sie echte Zeugnisse der<br />
Landschaftsarchitektur dieser Zeit, die eben nicht<br />
gartenkünstlerisch ausgerichtet war, sondern<br />
städtebaulich operierte. Wiederaufbaustädte wie<br />
Frankfurt/Oder verdanken ihre gesamte extensiv<br />
durchgrünte Struktur diesem Anspruch.<br />
Abb. 6: Städtebauliches Denken dominierte die Landschaftsarchitektur der 1960er<br />
und 1970er Jahre. Im Bild die geplante Durchgrünung der Innenstadt von Frankfurt/Oder.<br />
Grafik: Erhard Stefke (1965)<br />
29
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
Abb 7: In den Großwohnsiedlungen wie in Leipzig-<strong>Grün</strong>au wurden auch Beiträge<br />
zur Entwicklung des gesamtstädtischen Freiraumsystems geleistet, hier mit dem<br />
<strong>Grün</strong>zug “Alte Salzstraße”. Foto: P. Fibich (2013)<br />
Befragt nach den besonderen<br />
Merkmalen der Landschaftsarchitektur<br />
dieser Zeit, ist die Großzügigkeit<br />
der städtischen Räume zu benennen,<br />
die mit unseren heutigen<br />
Sehgewohnheiten und Nutzungsansprüchen<br />
nicht mehr kompatibel ist,<br />
aber eben doch eine eigene Qualität<br />
darstellt. Wir sollten diese Räume,<br />
oft als Abstandsgrün gegeißelt,<br />
nicht überall verdichten. Wenn Leipzig-<strong>Grün</strong>au<br />
erstmals seit der Wende<br />
heute wieder Zuzug erlebt, wird<br />
in Befragungen und Erhebungen<br />
immer wieder genannt: Das <strong>Grün</strong><br />
ist ein wichtiger Standortfaktor.<br />
Es auch in seiner Großzügigkeit zu<br />
erhalten, scheint mir eine zentrale<br />
Aufgabe im künftigen Umgang zu<br />
sein.<br />
<br />
30<br />
Abb. 8: Die in Plattenbauweise errichteten Wohnkomplexe ließen die Idee der<br />
“Stadtlandschaft” wieder aufleben – in <strong>Grün</strong> eingebettete Bauten. Dieser Eindruck<br />
wird heute, durch die Abbrüche und Begrünungen der letzten Jahre, deutlicher als<br />
zur Bauzeit der Trabantenstädte. Foto: P. Fibich (2013)
Isabel Finkenbergen: Vox populi. (Transformations-)potentiale nachkriegs<strong>modern</strong>er Freiraumressourcen<br />
Vox populi. (Transformations-)potentiale<br />
nachkriegs<strong>modern</strong>er Freiraumressourcen<br />
Isabel Finkenberger<br />
„<strong>Grün</strong> ist nur eine Farbe.“ (B. SIEVERTS, 2013)<br />
Heute wie damals werden die großzügigen<br />
und offenen Siedlungsstrukturen<br />
der ersten Nachkriegsjahrzehnte<br />
mit ihrem hohen Anteil an „<strong>Grün</strong>“<br />
vielfach geschätzt und als solche nicht<br />
grundlegend hinterfragt. „<strong>Grün</strong>“ verheißt<br />
im Allgemeinen Licht, Luft und<br />
Sonne, Freizeit und Erholung und gilt als<br />
etwas Wünschenswertes im städtischen Kontext. Unbeachtet<br />
bleibt, dass dem Begriff „<strong>Grün</strong>“ zunächst<br />
keine Eigenschaften oder Qualitäten zugewiesen<br />
sind – er sagt noch lange nichts über dessen räumliche<br />
Qualität, dessen Nutzbarkeit, Erreichbarkeit<br />
Abb. 1: Legenda e.V.-Herbstwanderung „Testsite Stories II“ am 3.10.2013 in Duisburg.<br />
Foto: Isabel Finkenberger<br />
und Zugänglichkeit aus. Abstandsgrün<br />
und Straßenbegleitgrün ist eben auch<br />
„<strong>Grün</strong>“. Neben einer quantitativen Argumentation,<br />
welche ökologische Aspekte<br />
wie Biotopvernetzung, Stadt- und Mikroklima<br />
berücksichtigt, sollten wir verstärkt<br />
qualitativ denken und damit die Grundlage<br />
für einen erweiterten und wesentlich<br />
differenzierteren Diskurs über urbane<br />
Freiräume ebnen.<br />
„Nothing calls for too great a set of changes.<br />
Embellishment has no place here. Quality, charm,<br />
life exist. The square is already beautiful” (LACATON<br />
& VASSAL 2006). Lacaton & Vassal aus Paris wurden<br />
1996 von der Stadt Bordeaux mit der Neugestaltung<br />
des Place Léon Aucoc beauftragt.<br />
In ihrer Analyse des Ortes stellten<br />
sie jedoch fest, dass der Platz mit<br />
seinen Proportionen, seiner Gestaltung,<br />
den verorteten Nutzungen<br />
und der Lage im städtischen Gefüge<br />
bereits große Qualitäten aufweist<br />
und in seiner Authentizität<br />
exemplarisch für den dortigen öffentlich<br />
geförderten Siedlungsbau<br />
steht. In ihrem Vorschlag plädieren<br />
sie für die Annäherung an den Freiraum<br />
über dessen kulturelle Lesart<br />
und die Qualifizierung der bereits<br />
vorhandenen Aufenthalts- und<br />
Nutzungsqualität anstelle einer<br />
Neugestaltung durch ein <strong>modern</strong>eres<br />
Design. Während historisch<br />
31
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
32<br />
Abb. 2: Abriss-Neubau der Siedlung Buchheimer Weg in Köln. Architekten: ASTOC,<br />
Landschaftsarchitekten: JBBUG.<br />
Foto: google maps<br />
gewachsene Stadtstrukturen in Ihrer Entwicklung<br />
bereits vielfach überformt wurden, stehen die im<br />
Wesentlichen nutzungsgetrennten Siedlungsmuster<br />
der Nachkriegs<strong>modern</strong>e heute erstmals auf dem<br />
Prüfstand. Insbesondere deren Bauten weisen einen<br />
dringenden Handlungsbedarf auf, um heutigen gesellschaftlichen<br />
Ansprüchen und ökologischen sowie<br />
ökonomischen Anforderungen gerecht zu werden.<br />
Aber auch die Siedlungs- und Freiraumstrukturen<br />
insgesamt stehen aufgrund veränderter Rahmenbedingungen<br />
vor großen Herausforderungen. In den<br />
letzten Jahrzehnten wurden einige wesentliche Motoren<br />
einer insbesondere seit der Industrialisierung<br />
auf Expansion ausgelegten Stadtentwicklung ausgehebelt,<br />
andere neue sind hinzugekommen. An die<br />
Stelle von Wachstum tritt die Frage nach Transformation<br />
wieder in den Vordergrund. Während sich<br />
also die (Nachkriegs-)Moderne mit ihrem objektbezogenen<br />
Städtebau von der historischen Stadt<br />
abwendet und ein Gegenbild über Leitbilder wie<br />
die „gegliederte und aufgelockerte Stadt“ und die<br />
„autogerechte und organische Stadt“ formuliert, in<br />
der der Mensch neu geformt wird, sind wir heute<br />
an einem Punkt angekommen, an dem wir unser lineares<br />
Denken mit einer von oben implementierten<br />
Doktrin grundlegend überdenken<br />
müssen. Eine Stadt zu transformieren<br />
bedeutet nämlich insbesondere,<br />
die jeweiligen Begabungen und<br />
Potenziale des Vorhandenen zu<br />
erkennen, diese neu zu interpretieren<br />
und ihnen eine oder mehrere<br />
weitere Bedeutungsebenen zuzuweisen.<br />
Die Gleichzeitigkeit von<br />
wachsenden, stagnierenden und<br />
schrumpfenden Räumen, von konkretem<br />
Handlungsbedarf im Hier<br />
und Jetzt und langfristig angelegten<br />
Transformationsstrategien verlangt<br />
zudem nach neuen Lesarten<br />
und Instrumenten, welche den gesamten Organismus<br />
städtischer Realitäten in ihrer Vielschichtigkeit<br />
betrachten und weiterdenken.<br />
Transformationsstrategien<br />
Im Umgang mit dem Palimpsest unserer Siedlungsund<br />
Kulturlandschaft zwingen uns sich verändernde<br />
politische, gesellschaftliche, ökonomische und<br />
ökologische Rahmenbedingungen zum Umdenken.<br />
Globale Praktiken werden aufgrund eines neuen<br />
Bewusstseins für die Begrenztheit unserer Ressourcen<br />
und des engen Zusammenhangs zwischen der<br />
eigenen Lebensweise und dem Lebensumfeld zunehmend<br />
hinterfragt. Der demographische Wandel,<br />
eine multikulturelle Gesellschaft sowie sich verändernde<br />
Arbeits-, Mobilitäts- und Freizeitmuster<br />
konfrontieren uns mit neuen Aufgaben und Fragestellungen<br />
hinsichtlich der Nutzung unserer Städte,<br />
der Teilhabe an deren Gestaltung und der Herausbildung<br />
von Öffentlichkeiten. Nicht unwesentlich prägen<br />
auch das Auseinanderdriften von Anspruch und<br />
Realität eines kommunalen Fürsorgeverständnisses<br />
sowie die Instrumente unserer heutigen Planungspraxis<br />
den Fachdiskurs. Wer macht denn eigentlich<br />
Stadt? Und wem gehört die Stadt? Wie und wo wird
Isabel Finkenbergen: Vox populi. (Transformations-)potentiale nachkriegs<strong>modern</strong>er Freiraumressourcen<br />
Wissen generiert? Und welche Rolle spielen unsere<br />
Freiräume in diesem Spannungsfeld? Top-down<br />
und bottom-up sind Begriffe, die schon lange in den<br />
Planungsdiskurs eingegangen sind. Wir müssen uns<br />
aber vielmehr eingestehen, dass es diese scheinbar<br />
klare Trennung zwischen Schwarz und Weiß nicht<br />
gibt, sondern dass vielmehr eine ganze Reihe Grautöne<br />
mit unterschiedlichsten Schwerpunkten in der<br />
Entwicklung von Stadt eine Rolle spielen. Im Folgenden<br />
werden einige Beispiele benannt, die Baustruktur,<br />
Nutzung und Freiraum intelligent verknüpfen<br />
und die Herausbildung von Öffentlichkeiten im<br />
Spannungsfeld zwischen privaten, halböffentlichen<br />
und öffentlichen Strukturen neu denken. Alle beziehen<br />
sich in ganz spezifischer Art und Weise auf die<br />
Potenziale des <strong>modern</strong>en Städtebaus. Sie zelebrieren<br />
ihn, indem sie die vorhandenen Qualitäten zulassen,<br />
weiterdenken und dessen Defizite korrigieren. Nie<br />
geht es um den neuen großen Wurf. Vielmehr sind<br />
es Kombinationen unterschiedlicher Ansätze und<br />
Praktiken, die anstelle von top-down und bottomup<br />
offene und integrierte Strukturen herausbilden.<br />
Ermöglichen und Fördern von Eigeninitiative<br />
und Teilhabe<br />
Salford, eine Mittelstadt im Großraum von Manchester<br />
gelegen, entspricht in ihrer Entwicklung und<br />
heutigen Gestalt einer typischen, ehemals industriell<br />
geprägten Mittelstadt in England. Das in den<br />
1960 Jahren entstandene 16-stöckige Punkthochhaus<br />
Apple Tree Court in der Innenstadt von Salford<br />
steht exemplarisch für den zeitgeistigen Städtebau,<br />
der die bis dahin typischen englischen Back-to-Back<br />
Houses mit ihren privaten Gärten abgelöst hat. Um<br />
mehr Einfluss auf die Gestaltung des bis dahin heruntergekommenen<br />
Wohnumfeldes nehmen zu können,<br />
schlossen sich dessen Bewohner 1988 zu einer<br />
Mietvereinigung zusammen, der 1994 die Verwaltung<br />
des Gebäudes und des angrenzenden Grundstückes<br />
von Seiten der Stadt übertragen wurde.<br />
Kurz darauf gründeten sie in Kooperation mit dem<br />
Arid Lands and Community Trust die Initiative Urban<br />
Oasis mit dem Ziel, einen Nachbarschaftsgarten<br />
gemeinsam zu entwickeln und zu bewirtschaften.<br />
Diese besondere Akteurskonstellation ermöglichte<br />
es den Bewohnern zudem, leichter privatwirtschaftliche<br />
Mittel und Spenden zu akquirieren. Allein<br />
durch gemeinnützige Arbeit und unter Anwendung<br />
besonderer, vertikaler Anbaumethoden konnten sie<br />
auf kleinstem Raum im wörtlichen Sinne eine Oase<br />
mit verschiedenen Nutz- und Ziergärten (Kleingärten,<br />
Kräutergarten, Obstwiese, japanischer Garten,<br />
Wildblumenwiese) schaffen. Der Bau von Büro, Küche,<br />
Nachbarschaftscafé und Gewächshaus, welches<br />
ein Ausbildungszentrum für Besucher integriert,<br />
wurde durch Preisgelder in Höhe von ca. 200.000 £<br />
ermöglicht. Ein Trainingsprogramm für bis zu 20<br />
arbeitslose Jugendliche ergänzt das Angebot. Das<br />
Projekt beweist eindrucksvoll, dass durch Eigeninitiative<br />
und Aushandlungsprozesse auf unterschiedlichen<br />
Akteursebenen (Stadt, Stiftung, Förderer und<br />
Anwohner) der zunächst neutrale Planungsbegriff<br />
der Nachbarschaft und die bis dahin als Abstandsflächen<br />
fungierenden Freiräume mit Leben gefüllt<br />
werden können und damit einen Mehrwert für die<br />
ganze Umgebung leisten.<br />
Situative Praxis durch Aneignung und<br />
alternative Bewirtschaftungskonzepte<br />
Die kreisförmigen Hochstraße, genannt Rondel, ist<br />
eine für Žilina (Slowakei) wichtige infrastrukturelle<br />
Schnittstelle. Hier treffen auf zwei Ebenen Individualverkehr,<br />
lokaler Bahnverkehr mit Bahnhof, öffentlicher<br />
Busverkehr sowie die Hauptverbindung für<br />
Fußgänger und Radfahrer zwischen Innenstadt und<br />
den westlichen Stadtteilen zusammen. Umgeben ist<br />
das Rondel von sehr heterogenen Stadtstrukturen<br />
mit Wohnen, Industrie und Kasernennutzung. Die<br />
lokale NGO Truc Sphérique verbindet junge Berufstätige<br />
aus den Bereichen Kunst, Kultur und Sozial-<br />
33
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
Abb. 3: Stanica Žilina (Slowakei). Foto: Isabel Finkenberger (2009)<br />
Veranstaltungen und gleichzeitig<br />
eine Möglichkeit, in direkte Kommunikation<br />
mit der Öffentlichkeit<br />
zu treten. Nach und nach wurden<br />
mit einer Mischfinanzierung aus<br />
Ehrenamt, Förderung, Spenden<br />
und Muskelhypothek gemeinsam<br />
mit den angrenzenden Bewohnern<br />
ein neuer Veranstaltungsraum und<br />
eine Sommerbühne im Selbstbau<br />
addiert, ein Quartierspark angelegt<br />
und die Fußgängerunterführung<br />
qualifiziert. Im Bahnhofsgebäude<br />
selbst finden sich ein Café, ein<br />
Veranstaltungsraum, eine Galerie<br />
und Werkstätten für Workshops<br />
mit Kindern und Jugendlichen.<br />
Der bis dahin unwirtliche Ort und<br />
Angstraum wurde nach und nach<br />
zu einem kulturellen Zentrum und<br />
34<br />
arbeit miteinander. Auf der Suche<br />
nach neuen Räumlichkeiten konnte<br />
die Organisation in zweijährigen<br />
Verhandlungen mit der Stadt, der<br />
Slovakischen Bahn und dem regionalen<br />
Department für Infrastrukturen<br />
und Straßen einen Deal vereinbaren,<br />
der für alle eine Win-win-Situation<br />
darstellt. Für die Sicherung<br />
und Bewirtschaftung des Geländes<br />
innerhalb des Rondels wurden ihnen<br />
im Gegenzug der selbstständige<br />
Ausbau und die Nutzung des<br />
bis dahin leerstehenden Bahnhofsgebäudes<br />
gestattet. Mit dem 1993<br />
eröffneten Kulturzentrum und<br />
der parallel stattfindenden Bahnhofsnutzung<br />
findet Truc Sphérique<br />
einen geeigneten Ort für ihre<br />
Abb. 4: Stanica Žilina (Slowakei). Foto: Isabel Finkenberger (2009)
Isabel Finkenbergen: Vox populi. (Transformations-)potentiale nachkriegs<strong>modern</strong>er Freiraumressourcen<br />
Treffpunkt umgeformt, der einen erheblichen Mehrwert<br />
für die nähere Umgebung und die ganze Stadt<br />
darstellt. In der Nachkriegs<strong>modern</strong>e sind neben<br />
großmaßstäblichen Ingenieursbauwerken auch oft<br />
überdimensionierte Verkehrsräume (Straße und Parkierung)<br />
entstanden, die heute aufgrund veränderter<br />
Rahmenbedingungen und mangelnder Pflege oft<br />
unattraktiv sind oder sogar Barrieren darstellen. Aufgrund<br />
von einsetzenden Veränderungen im Mobilitätsverhalten<br />
und im Planungsverständnis werden<br />
sie mittel- bis langfristig neu interpretiert oder teilweise<br />
rückgebaut werden müssen. Umso wesentlicher<br />
ist es, deren jeweilige Qualität, aber auch deren<br />
Transformationspotenzial zu erfassen und situativ zu<br />
interpretieren.<br />
Entwickeln resilienter Stadtstrukturen durch<br />
integrierte Systeme<br />
R-Urban beschreibt eine Strategie des Pariser Büros<br />
Atelier D‘Architecture Autogérée, die urbane<br />
Determinanten wie Wohnen, Ökonomie, Mobilität,<br />
Landwirtschaft und Kultur in geschlossenen<br />
ökologischen Produktions- und Konsumptionszyklen<br />
verknüpft und damit neue Praktiken lokaler<br />
Widerstandsfähigkeit (Resilienz) etabliert. Gängige<br />
Verhaltensmuster und Lebensmodelle sollen durch<br />
direktes und alltägliches ökonomisches Handeln<br />
auf lokaler Ebene, durch Teilhabe, Selbstverwaltung,<br />
gemeinsames Handeln und solidarische<br />
Netzwerke sukzessive abgelöst werden. Ziel ist<br />
es, die materiellen (Wasser, Energie, Abfall, Nahrung)<br />
und immateriellen Ströme (lokales Wissen,<br />
soziale Ökonomie, lokale Kultur, Selbstbau etc.)<br />
in ein integriertes System zu überführen und anhand<br />
von Pilotprojekten sichtbar zu machen. Die<br />
Strategie agiert auf unterschiedlichen Maßstabsebenen<br />
(häuslich, nachbarschaftlich, städtisch,<br />
regional) und Zeitlichkeiten und ist auch für zukünftige<br />
Veränderungen offen. R steht dabei für<br />
die drei R-Imperative Reduce, Reuse, Recycle, aber<br />
beispielsweise auch für Repair, Re-design, Rethink,<br />
Re-assemble (PETCOU/PETRESCU 2012). Seit<br />
2011 wird R-Urban in Colombes, einer Stadt im<br />
Großraum Paris, mit Unterstützung des EU Life +<br />
Programms sowie der Stadt Colombes anhand von<br />
drei Pilotprojekten umgesetzt. Die AgroCité, eine<br />
Zelle mit urbaner Landwirtschaft, integriert eine<br />
experimentelle Mikro-Farm, Gemeinschaftsgärten,<br />
Bildungs- und Kulturräume sowie Bausteine zur<br />
Energiegewinnung, zur Kompostierung und zum<br />
Regenwassermanagement. Das RecycLab wurde<br />
in ökologischer Bauweise aus recycelten Materialien<br />
errichtet. Neben Infrastrukturen zum Sammeln<br />
und Entsorgen von Materialien bietet das Lab auch<br />
Räumlichkeiten für Veranstaltungen und Workshops<br />
zum Thema Recycling und nachhaltiges<br />
Bauen. Mit dem EcoHab wurde ein gemeinschaftliches,<br />
ökologisches Wohnprojekt realisiert, welches<br />
sieben experimentelle Gebäude mit differenzierten<br />
Wohntypen (sozialer Wohnungsbau, Wohnungen<br />
für Forscher und Studierende) und Gemeinschaftsräume<br />
umfasst und teilweise in Selbstbauweise errichtet<br />
sind. Nach und nach sollen sich die drei Einheiten<br />
mit weiteren städtischen Einrichtungen zu<br />
einem integrierten System von Orten, Infrastrukturen<br />
und Netzwerken verbinden und Colombes<br />
dadurch nachhaltig qualifizieren. Die Strategie R-<br />
Urban regt mit ihrem Ansatz zur Neuinterpretation<br />
unserer differenzierten, oft funktionsgetrennten<br />
Stadträume und alltäglichen Verhaltensweisen an.<br />
Integriertes Denken erfordert ein Verständnis für<br />
die Gleichzeitigkeit unterschiedlicher Systeme und<br />
Zeitschienen, für globale und lokale Nutzungsmuster.<br />
Insbesondere städtische Freiräume haben das<br />
große Potenzial, auf unterschiedlichen Maßstabsebenen,<br />
als lineare und vernetzte Strukturen, als<br />
einzelne Orte oder als Schnittstellen zu agieren<br />
und damit die singulären Systemgrenzen zu durchbrechen.<br />
35
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
36<br />
Abb. 5: Stanica Žilina (Slowakei). Foto: Isabel Finkenberger (2009)<br />
Plädoyer für eine neue kulturelle Lesart<br />
Die beschriebenen Projektstrategien sind in ihrer<br />
Ausprägung sehr spezifisch, können aber gleichwohl<br />
als Inspiration und erweiterter Denkansatz für<br />
andere städtische Räume dienen. Allen gemein ist<br />
die intensive Auseinandersetzung mit dem konkreten<br />
Ort. Sie identifizieren lokale Potentiale und Stellschrauben<br />
und reagieren auf die sich verändernden<br />
politischen, ökonomischen, sozialen und ökologischen<br />
Rahmenbedingungen von Raumproduktion.<br />
Sie denken Gebäude, Nutzung, Nutzer, Infrastruktur<br />
und Freiraum als integrale Systeme. Sie agieren in<br />
unterschiedlichen Akteurskonstellationen, finanzieren<br />
quer und aus unterschiedlichen Töpfen. Im Wesentlichen<br />
aber erkennen sie die große Qualität des<br />
Freiraums an, der sich vom nicht genauer definierten<br />
„Beiwerk“ des Städtebaus der (Nachkriegs-)Moderne<br />
als eigenständiger, wenn nicht sogar tragenden<br />
Baustein einer zukünftigen Stadtentwicklung etabliert.<br />
Neben den klassischen Freiräumen wie Plätzen,<br />
Parks und Gärten, die wir schon aus der historischen<br />
Stadt kennen, sind es neue Raumtypen wie Fußgängerzonen,<br />
Verkehrsinfrastrukturen, Universitätsneugründungen<br />
„auf der grünen Wiese“, Schulen und<br />
Bildungseinrichtungen, Sportstätteninfrastrukturräume<br />
und Wohnstrukturen der gegliederten und<br />
aufgelockerten Stadt, die in den kommenden Jahrzehnten<br />
ganz grundlegende Veränderungen erfahren<br />
werden. Veränderte Einzelhandelslandschaften,<br />
die Rückbesinnung darauf, dass Wissen nicht im<br />
spezialisierten Raum, sondern vielmehr durch Nähe<br />
und Erfahrungsaustausch generiert wird, ein verstärktes<br />
Engagement in Projekten anstatt in Parteien<br />
und die Renaissance durchmischter Stadtstrukturen<br />
sind nur einige wenige Stichworte, mit denen wir in<br />
Zukunft unsere urbane Umwelt neu denken müssen.<br />
Das Potential der Offenheit und der Flächenreserven,<br />
die uns die Nachkriegs<strong>modern</strong>e der 1950er und<br />
1960er Jahre hinterlässt, muss hinterfragt, gleichzeitig<br />
aber auch bestärkt werden. Es wird zukünftig<br />
sicherlich nicht darum gehen, alle Flächen zu programmieren<br />
oder für Nachverdichtung und Aneignung<br />
zur Verfügung zu stellen. Ebenso wenig kann<br />
man im Umgang mit diesen Räumen einfach so weiter<br />
machen wie bisher. Ähnlich einer Akupunktur<br />
werden wir stattdessen sehr genau Orte identifizieren<br />
und entwickeln müssen, die unerwartete Atmosphären<br />
erzeugen, Energien bündeln, Nischen und<br />
Charaktere ausbilden und damit als Komplementär<br />
die Qualitäten des vielen, doch recht ähnlichen<br />
„<strong>Grün</strong>s“ herausstellen und anreichern.<br />
Wir müssen die Stadt als<br />
Ganzes betrachten und den Freiraum<br />
als Grundvoraussetzung für<br />
eine resiliente und multikulturelle<br />
Gesellschaft verstehen. Wir müssen<br />
eine neue Transformationskultur<br />
etablieren, die die funktionale<br />
Trennung unserer zeitgenössischen<br />
Stadt neu interpretiert, die in Öffentlichkeiten<br />
und Zugänglichkeiten<br />
anstatt lediglich in Eigentumsverhältnissen<br />
denkt. Wir müssen die<br />
Gestaltung, die Nutzung und das<br />
Programm von Freiräumen flexibili-
Isabel Finkenbergen: Vox populi. (Transformations-)potentiale nachkriegs<strong>modern</strong>er Freiraumressourcen<br />
sieren und vorhandene Regeln neu<br />
interpretieren. Wir müssen Qualitäten<br />
zulassen, Potenziale stärken,<br />
Defizite korrigieren und Offenheit<br />
fördern.<br />
Was aber sind die Bewertungskriterien<br />
für unsere Stadträume?<br />
Wer entscheidet, was erhaltenswert,<br />
was veränderbar ist? Und wie<br />
entgehen wir dem Dilemma, nur<br />
durchschnittliche Räume zu produzieren,<br />
die von jedem für jeden und<br />
alles sind? Vox populi, die Stimme<br />
des Volkes, bedeutet eben nicht<br />
nur, wie im allgemeinen Sprachgebrauch<br />
oft verwendet, die von<br />
Francis Galton experimentell bewiesene<br />
Intelligenz der Masse (Wikipedia<br />
2013), sondern steht vielmehr<br />
auch für eine vielschichtige<br />
und heterogene Gesellschaft, die<br />
ihre Energien aus den differenzierten<br />
(Frei-)Räumen unser heutigen<br />
Stadtstrukturen nährt.<br />
Abb. 6: R-Urban Colombes (Frankreich), 2013. Foto: xkidx (www.flickr.com/photos/<br />
xkidx; creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0/deed.de; es wurden keine Änderungen<br />
vorgenommen)<br />
Quellen<br />
Atelier D‘Architecture Autogérée: R-<br />
URBAN – participative strategy for development,<br />
practices and networks of<br />
local resilience. www.urbantactics.org/<br />
projects/rurban/rurban.html. 2013-10-<br />
28.<br />
Atelier D‘Architecture Autogérée: R-<br />
Urban. www.r-urban.net/en/. 2013-10-<br />
28.<br />
Hochschule Biberach, IAS (2010).– In:<br />
Unscharfe Grenzen – Nutzungsoffene<br />
Zwischenräume in urbanen Projekten<br />
als Motoren und Stabilisatoren nachhaltiger<br />
Stadtentwicklung, S. 114–119/<br />
S.145–151. – Biberach.<br />
Abb. 7: Abriss-Neubau der Siedlung Buchheimer Weg in Köln. Architekten: ASTOC,<br />
Landschaftsarchitekten: JBBUG.<br />
Foto: Neikes<br />
37
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
Abb. 8a/b: Ausdifferenzierung der Freiräume: beim Abriss-Neubau der Siedlung Buchheimer Weg in Köln durch das Nebeneinander<br />
von öffentlichen und privaten Nutzungen.<br />
Fotos: JBBUG<br />
LACATON & VASSAL (2006): Place Léon Aucoc, Bordeaux.<br />
www.lacatonvassal.com/index.php?idp=37#. 2013-10-28.<br />
OSWALT, P. (Hrsg.) (2005): Apple Tree Court, Urban Oasis. –<br />
In: Schrumpfende Städte, Band 2: Handlungskonzepte, S.<br />
168. – Ostfildern-Ruit.<br />
PETCOU, C./PETRESCU, D. (2012): R-Urban: Zukunftsfähigkeit.<br />
– In: Hands-on Urbanism 1850–2012 – Vom Recht<br />
auf <strong>Grün</strong>, S. 332–346. – Wien.<br />
SIEVERTS, B. (2013) bei der Herbstwanderung „Testsite Stories<br />
II“ am 3.10.2013 in Duisburg.<br />
THORPE, D. (2006): Case study: Apple Tree Court Urban<br />
Oasis; www.davidthorpe.info/parkhistory/applecourt.<br />
html. 2013-10-28.<br />
Wikipedia: Vox populi; de.wikipedia.org/wiki/Vox_populi.<br />
2013-10-28.<br />
Literatur<br />
DÜWEL, J./MÖNNINGER, M. (Hrsg.) (2011): Zwischen Traum<br />
und Trauma – Stadtplanung der Nachkriegs<strong>modern</strong>e. –<br />
Berlin.<br />
BDA/VÖCKLER, K./DENK, A. (Hrsg.) (2009): In der Zukunft leben<br />
– Die Prägung der Stadt durch den Nachkriegsstädtebau.<br />
– Berlin.<br />
SPITTHÖVER, M. (Hrsg.) (2002): Freiraumqualität statt Abstandsgrün<br />
– Band 1: Geschichte der Freiräume im Mietgeschosswohnungsbau.<br />
– Kassel.<br />
V. BUTTLAR, A./HEUTER, C. (Hrsg.) (2007): Denkmal!<strong>modern</strong>e.<br />
Architektur der 60er-Jahre – Wiederentdeckung einer<br />
Epoche. – Berlin.<br />
<br />
38
Jens Beck: <strong>Grün</strong>anlagen in Hamburg nach 1945<br />
<strong>Grün</strong>anlagen in Hamburg nach 1945<br />
Jens Beck<br />
In Kürze<br />
Die Hamburger Stadtplanung nach<br />
dem Zweiten Weltkrieg war einerseits<br />
geprägt durch das Bestreben, die<br />
Zeit des Nationalsozialismus abzustreifen<br />
und an die erfolgreichen Konzeptionen<br />
der späten 1920er Jahre anzuknüpfen,<br />
andererseits durch die großflächigen Zerstörungen,<br />
die einen vollständigen Neubau<br />
ganzer Stadtteile notwendig machten.<br />
Dabei wurde schnell deutlich, dass in der wieder<br />
prosperierenden Stadt in neuen Maßstäben gedacht<br />
werden musste. Darüber hinaus suchte die Stadtplanung<br />
wieder Anschluss an die internationale Diskussion<br />
zu gewinnen und durch zukunftsweisende Projekte<br />
ihre architektonische Position zu bestimmen.<br />
In dieser Situation entstanden auch auf dem Sektor<br />
der Freiraumplanung wichtige Konzepte und einzelne<br />
Anlagen, die bis heute das Hamburger Stadtbild<br />
prägen.<br />
Die <strong>Grün</strong>anlagen<br />
Der Zweite Weltkrieg markiert einen tiefen Einschnitt<br />
in der Geschichte der deutschen Großstädte.<br />
Nicht nur die materielle Substanz, auch das soziale<br />
und politische Gefüge waren im Mai 1945 vielerorts<br />
völlig zerstört. Für die Gartenkunst brachte<br />
die Zeit ebenfalls schwere Verluste mit sich, einerseits<br />
durch direkte Zerstörungen, andererseits durch<br />
die Vernachlässigung der Pflege in den Kriegs- und<br />
Nachkriegsjahren, Abholzungen, Umnutzung zu<br />
Grabeland und ähnliches. Aber auch in den sich<br />
anschließenden Jahren der Prosperität wurden viele<br />
Anlagen durch die Stadtplanung, vor<br />
allem die Verkehrsplanung, verkleinert,<br />
durchschnitten oder ihrer städtebaulichen<br />
Einbindung beraubt. Dennoch ist<br />
bemerkenswert, dass die <strong>Grün</strong>planung<br />
insgesamt eine bedeutende Rolle beim<br />
Wiederaufbau der Großstädte spielte und<br />
dass viele neue Anlagen nach 1945 auch<br />
in bis dahin dicht bebauten Quartieren<br />
entstanden. Denn die außerhalb Deutschlands<br />
weiterentwickelten und erprobten Konzepte,<br />
die eine endgültige Abkehr vom Städtebau des 19.<br />
Jahrhunderts forderten, kamen nun auch hierzulande<br />
zum Tragen. <strong>Grün</strong>planer, Städtebauer und<br />
Architekten konnten nach dem Ende des nationalsozialistischen<br />
Regimes wieder am internationalen<br />
Diskurs über die Gestaltung der Stadt teilnehmen,<br />
von der sie 12 Jahre lang praktisch abgeschnitten<br />
waren. Dies brachte in den 1950er Jahren einen tief<br />
greifenden Wandel der großstädtischen Baustruktur<br />
mit sich. An die Stelle der über Jahrhunderte gewachsenen<br />
Stadt traten völlig neue Modelle, die das<br />
Verhältnis Stadt–Landschaft von einer anderen Seite<br />
betrachteten als diejenigen des 19. Jahrhunderts:<br />
Die aufgelockerte, gegliederte Stadt entwickelte<br />
sich. Den <strong>Grün</strong>anlagen fiel dabei die Rolle des Auflockerns<br />
zu, den Baukörpern diejenige der Gliederung.<br />
Ein wesentliches Element war der „fließende<br />
Raum“, dessen bewegter, schwingender Rhythmus<br />
sich zumindest in den Bereichen frei entfalten konnte,<br />
in denen der Krieg große Brachen zurückgelassen<br />
hatte. An erster Stelle standen dabei nicht die<br />
Schaffung einzelner neuer und die Restaurierung<br />
39
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
40<br />
alter Parkanlagen. Vielmehr war die Absicht, die neu<br />
zu bebauenden Stadtviertel vollständig zu durchgrünen<br />
und zusammenhängende Netze von <strong>Grün</strong>flächen<br />
unterschiedlicher Art zu konzipieren. Häufig<br />
wurden bestehende Parkanlagen einbezogen, aber<br />
auch alte Friedhöfe, Wasserflächen oder Elemente<br />
der Hamburger Kulturlandschaft wie Flussläufe oder<br />
Reliktwälder. So entstand ein komplexes System,<br />
dessen hohe Qualität auch heute noch in wesentlichem<br />
Maße die alltägliche Umwelt der Bewohner<br />
bestimmt. Während die städtebauliche Leistung in<br />
diesem Fall vor allem auf den Dimensionen des Geschaffenen<br />
beruht, zeigen die neu angelegten Parks,<br />
dass die Hamburger Gartenkunst auch nach 1945<br />
einen wichtigen Beitrag zur deutschen Gartenkultur<br />
geleistet hat. Dabei sind die <strong>Grün</strong>anlagen dieser Zeit<br />
nicht nur eine Manifestation der städtebaulichen<br />
Konzepte und künstlerischen Ideen, sondern auch<br />
der vorherrschenden gesellschaftspolitischen Strömungen,<br />
denen sie neue Räume öffnen: dem Bedürfnis<br />
nach Öffentlichkeit, Vielfalt, Individualität,<br />
freier Entfaltung und Mobilität. Hinzu kommen Internationalismus,<br />
zeitgenössische Kunst und die Suche<br />
nach neuen, kreativen Ausdrucksformen. Während<br />
der Park der City Nord und die Ost-West-Straße mit<br />
ihren Frei- und <strong>Grün</strong>anlagen exemplarisch für die radikale<br />
Umsetzung der autogerechten, aufgelockerten<br />
Stadt stehen, verkörpern die zur Gartenschau<br />
1953 entstandenen Parkanlagen Planten un Blomen<br />
und der Alsterpark die feingliedrige, differenzierte<br />
Gestaltung dieser Zeit, die ganz auf das unmittelbare<br />
Erleben durch den einzelnen Betrachter hin konzipiert<br />
ist. Die Außenanlagen der Grindel-Hochhäuser<br />
zeigen, wie eine völlig neue Art der <strong>Grün</strong>anlage, das<br />
Siedlungsgrün einer Hochhaus-Gruppe, auf einer<br />
quasi leeren Fläche ohne städtebauliche Vorgaben<br />
entstehen konnte, während der <strong>Grün</strong>zug des Dulsberges<br />
als Gegenstück dazu den Versuch darstellt,<br />
ähnliches innerhalb sehr enger baulicher Grenzen zu<br />
verwirklichen. Der im alten Stadtzentrum von Altona<br />
geschaffene <strong>Grün</strong>zug ist wiederum als Pendant zur<br />
Ost-West-Straße zu verstehen. Er ist ein wichtiges<br />
Bindeglied zwischen Altona und der Elbe und bietet<br />
dem Fußgänger die Möglichkeit, die Stadtlandschaft<br />
mit ihren einzelnen Komponenten von der<br />
Topografie bis zur plastischen Modellierung durch<br />
die vielgestaltige bauliche Struktur bewusst wahrzunehmen.<br />
Als „Sehhilfe“ fungiert dabei die äußerst<br />
qualitätvolle Gestaltung der Anlage. Der 1966 eröffnete<br />
Friedhof Öjendorf, einer der bedeutendsten<br />
Friedhöfe der Nachkriegszeit in Deutschland, führt<br />
anschaulich vor Augen, wie städtische Schemata<br />
auf eine sehr stark durch eine bestimmte Funktion<br />
definierte Anlage übertragen werden können. Die<br />
ausgewählten Beispiele sind in ihre Entstehungszeit<br />
eingebunden und bringen gleichzeitig Neuerungen<br />
und individuelle Ausformungen der theoretischen<br />
Konzepte, auf denen sie fußen. Dies wird bei der<br />
Analyse der einzelnen Anlagen sichtbar. Bereits die<br />
Auflistung der Entwerferinnen und Entwerfer verdeutlicht<br />
das gesamte Spektrum der damaligen<br />
konzeptionellen Ansätze: von sehr kreativen Einzelpersonen<br />
wie Herta Hammerbacher einerseits bis<br />
hin zur namentlich heute nicht mehr greifbaren Abteilung<br />
des <strong>Grün</strong>flächenamtes Hamburg-Nord, von<br />
künstlerischen Einzelgängern wie Günther Schulze<br />
bis zu Teamarbeiten hochspezialisierter Fachleute<br />
wie dem Planungsstab um Karl Plomin, der für<br />
die Gartenschau 1953 verantwortlich war. Entsprechend<br />
unterschiedlich und vielschichtig fällt die Gestaltung<br />
der Anlagen aus. Jede steht gleichsam für<br />
einen bestimmten städtebaulichen Ansatz, bei dem<br />
die Rolle der <strong>Grün</strong>anlagen jeweils anders definiert<br />
wird, zeigt aber gleichzeitig, welche Bedeutung den<br />
einzelnen Details zukommt und wie sich diese in deren<br />
Ausformung niederschlagen. Der Umgang mit<br />
dem vorgefundenen Gelände, seiner Topografie und<br />
dem städtischen Umfeld offenbart darüber hinaus<br />
grundsätzliche Positionen der <strong>Grün</strong>planung in den<br />
frühen Nachkriegsjahren. Am Ende bleibt die Frage
Jens Beck: <strong>Grün</strong>anlagen in Hamburg nach 1945<br />
nach dem planerischen Umgang mit dem gartenkulturellen<br />
Erbe dieser Zeit. Denn die gegenwärtig<br />
sehr dynamische Stadtentwicklung bringt einen<br />
großen Veränderungsdruck mit sich, der auch an<br />
diesen Anlagen nicht spurlos vorbeigehen wird. Um<br />
dennoch deren spezifische Eigenarten zu erhalten,<br />
ist die Darstellung ihrer besonderen Qualitäten eine<br />
wesentliche Voraussetzung. Dabei hilft die Beschäftigung<br />
mit der Entstehungsgeschichte der Anlagen<br />
ebenso wie die analytische Betrachtung ihrer Gestaltung,<br />
um die Absichten und planerischen Ziele<br />
der ursprünglichen Entwürfe zu erkennen und aus<br />
heutiger Sicht zu beurteilen. Die Ergebnisse dieses<br />
Prozesses bilden das Fundament, auf dem die <strong>Grün</strong>planung<br />
der kommenden Jahre aufbauen kann.<br />
Die Außenanlagen der Grindel-Hochhäuser<br />
Die auf Veranlassung der Alliierten errichtete Hochhausgruppe<br />
zählt zu den bedeutendsten Denkmalensembles<br />
der Nachkriegszeit in Deutschland. 1 Die<br />
Abb. 1: Parkanlage der Grindel-Hochhäuser, zwischen 1956 und 1958 fertig gestellt.<br />
Blick auf den zentralen Teich, links die Plastik „Schwäne“ von Karl-August<br />
Ohrt (1958).<br />
Foto: Jens Beck<br />
Planungen begannen bereits unmittelbar nach dem<br />
Ende des Krieges, weil auf dem Gelände das neue<br />
Hauptquartier der britischen Besatzungszone als ein<br />
in sich geschlossener Komplex aus zwölf Hochhausscheiben<br />
entstehen sollte. Von Anfang an war eine<br />
große <strong>Grün</strong>anlage als wesentlicher Bestandteil des<br />
neuen Quartiers vorgesehen, im Vordergrund der<br />
Planung stand jedoch die Bebauung. In einem Wettbewerb<br />
wurde über deren Gestaltung entschieden<br />
und bereits im September 1946 mit dem Bau begonnen.<br />
Die Zusammenlegung der Besatzungszonen<br />
1947 und die Aufgabe des eigenen britischen<br />
Hauptquartiers in Hamburg gaben dem Projekt eine<br />
entscheidende Wendung, denn nun sollten die geplanten<br />
900 Wohnungen für Hamburger Bürger zur<br />
Verfügung stehen. Auch von einer Abgrenzung des<br />
Komplexes war nun nicht mehr die Rede, allerdings<br />
wurde nach wie vor keine Planung für die große<br />
<strong>Grün</strong>anlage vorgelegt, in der die Hochhäuser stehen<br />
sollten. Und es ist rätselhaft, warum offenbar<br />
auch später kein Entwurfsplan für<br />
die Gestaltung dieser ersten großen<br />
Neuanlage in Hamburg nach<br />
dem Krieg erarbeitet wurde. Dies<br />
steht in merkwürdigem Gegensatz<br />
zu der sorgfältigen Durcharbeitung<br />
der Gebäude, die bis in die Details<br />
der Ausstattung Gegenstand eines<br />
längen Planungsprozesses waren.<br />
Insgesamt ist über die Arbeiten<br />
an den Außenanlagen kaum etwas<br />
bekannt. Vermutlich wurde kurz<br />
nach der Fertigstellung des letzten<br />
Blocks 1956 auch die Gestaltung<br />
der <strong>Grün</strong>anlage abgeschlossen.<br />
Spätestens mit der Aufstellung der<br />
Kunstwerke Ende der 1950er Jahre<br />
war die Anlage vollendet, spätere<br />
Umgestaltungen sind nicht dokumentiert.<br />
Da bereits früh befürch-<br />
41
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
Abb. 2 a/b: Parkanlage der Grindel-Hochhäuser, Blick nach Süden in die mittlere Zone (linkes Foto). Parkanlage der Grindel-<br />
Hochhäuser, Randpartie, Blick Richtung Süden (rechtes Foto).<br />
Fotos: Jens Beck<br />
42<br />
tet wurde, dass neben den geplanten Kleinbauten<br />
(Tankstelle, Wäscherei etc.) weitere Gebäude zwischen<br />
die Hochhäuser in die <strong>Grün</strong>anlage gesetzt<br />
werden könnten, wurde diese von Anfang an als<br />
öffentliche Anlage deklariert und nicht der Wohnungsbaugesellschaft<br />
unterstellt. Auch dies zeigt<br />
die große Bedeutung, die der Anlage beigemessen<br />
wurde.<br />
Formal ist die Anlage als Landschaftsgarten gestaltet<br />
mit sorgfältig ausgeführter, leichter Bodenmodellierung,<br />
einzelnen Bäumen und Baumgruppen,<br />
einem Teich in der Mitte und nur wenigen<br />
Ziersträuchern. Lediglich die Wege sind straff geführt<br />
und verlaufen streckenweise fast gerade durch<br />
die Anlage. Damit knüpft sie an die landschaftliche<br />
Gestaltung des 19. Jahrhunderts an und zeigt sich<br />
unberührt von der geometrischen Formsprache der<br />
1920er Jahre. Auch konzeptionell fällt sie hinter die<br />
Errungenschaften des Volksparks zurück, denn ursprünglich<br />
waren keine Spielplätze vorgesehen, und<br />
die Rasenflächen durften nicht betreten werden. Zu<br />
erklären ist dies möglicherweise mit der mangelnden<br />
planerischen Betreuung des Vorhabens, vielleicht<br />
aber auch mit der Nähe zum Innocentiapark,<br />
einer kleinen <strong>Grün</strong>anlage des späten 19. Jahrhunderts,<br />
an deren Gestaltung offenkundig angeknüpft<br />
wird. Trotzdem wäre es falsch, die Anlage als unbedeutend<br />
oder gesichtslos zu bewerten. Sie ist die<br />
erste Anlage dieser Art in Hamburg und steht somit<br />
am Beginn der Großwohnsiedlungen. Es ist sicherlich<br />
die Absicht der Planer bzw. der Ausführenden<br />
gewesen, den strengen Hochhausscheiben eine lockere,<br />
großzügige Außenanlage zu geben, die noch<br />
einmal den Gedanken der „Landschaft in der Stadt“<br />
aufgreift. Insofern geht es eher darum, den Gebäuden<br />
eine grüne Umgebung an die Seite zu stellen<br />
und weniger um eine eigenständige <strong>Grün</strong>anlage.<br />
Dies verbindet das Projekt auch mit der Interbau im<br />
Berliner Hansa-Viertel von 1953, deren Gebäude<br />
völlig anders konzipiert sind, deren <strong>Grün</strong>anlage jedoch<br />
deutliche Ähnlichkeit zeigt.<br />
Der Alsterpark<br />
Das westliche Schwemmland der Alster, dessen Ufer<br />
bis ins 18. Jahrhundert hinein nicht befestigt waren,<br />
wurde bereits um 1300 von den Zisterzienserinnen
Jens Beck: <strong>Grün</strong>anlagen in Hamburg nach 1945<br />
Abb. 3a/b: Alsterpark, nach Plänen von Gustav Lüttge angelegt, 1953 eröffnet.<br />
Blick Richtung Süden in die mittlere Partie (oberes Foto). Alsterpark, Blick Richtung<br />
Norden (unteres Foto).<br />
Fotos: Jens Beck<br />
des Klosters Harvestehude als Weideland<br />
genutzt, später auch von<br />
Anwohnern zum Gartenbau. Der<br />
Wasserstand der Alster war in diesem<br />
Bereich relativ gleichmäßig,<br />
weil für den Betrieb der Mühlen<br />
am Jungfernstieg schon im späten<br />
Mittelalter eine umfassende<br />
Regulierung der Außenalster notwendig<br />
war. 2 Im 18. Jahrhundert<br />
wurde die reizvolle Gegend von<br />
ersten wohlhabenden Familien<br />
für Sonntagausflüge entdeckt, es<br />
entstanden kleine Sommerhäuser,<br />
die im Lauf des 19. Jahrhunderts<br />
durch repräsentative Villen ersetzt<br />
wurden. Das Alstervorland wurde<br />
wegen des hohen Grundwasserstands<br />
nicht bebaut. Auch später<br />
unterblieb eine Bebauung, da die<br />
Stadt 1889 ein entsprechendes<br />
Verbot erließ. Denn Franz Andreas<br />
Meyer, der damalige Oberingenieur<br />
der Baudeputation, plante<br />
eine Ringstraße um die Außenalster,<br />
die von öffentlichen <strong>Grün</strong>anlagen<br />
begleitet werden sollte.<br />
Das Alstervorland war als größte<br />
und bedeutendste Parkanlage in<br />
diesem Konzept vorgesehen. Das<br />
Gelände, das in schmale Parzellen<br />
unterteilt war, sollte zusammengefasst<br />
und als öffentliche Parkanlage<br />
der Bevölkerung übergeben<br />
werden. Die 1875 begonnene Gestaltung<br />
blieb jedoch unvollendet,<br />
weil der Erwerb der Grundstücke<br />
schwierig und durch den hohen<br />
Grundwasserstand die Bepflanzung<br />
problematisch war.<br />
43
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
44<br />
Erst in der Nachkriegszeit hat das Gelände im Rahmen<br />
der IGA53 eine umfassende Gestaltung erfahren,<br />
und es scheint so, als hätten sich die Ideen des<br />
19. Jahrhunderts erst mit dem Entwurf von Gustav<br />
Lüttge konkretisiert. Denn Lüttge legte eine Planung<br />
vor, die nicht nur zu seinen besten Leistungen zählt,<br />
sondern das Alstervorland, von da an Alsterpark genannt,<br />
zu der bedeutendsten <strong>Grün</strong>anlage Hamburgs<br />
in den frühen 1950er Jahren macht. Hinzu kommt,<br />
dass die Ausstellung „Plastik im Freien“, die 1953<br />
auf dem Gelände gezeigt wurde und auf die hin<br />
Lüttges Entwurf konzipiert war, die erste große Präsentation<br />
<strong>modern</strong>er Skulpturen in Deutschland nach<br />
dem nationalsozialistischen Regime war. 3 Zwei Jahre<br />
vor der ersten dokumenta in Kassel wurde in Hamburg<br />
bereits ein wesentlicher Schritt getan, um die<br />
Diskreditierung der zeitgenössischen Kunst durch<br />
die Nationalsozialisten zu beenden und die deutsche<br />
Kunst wieder in den internationalen Kontext<br />
zu stellen. Der Entwurf von Lüttge beschränkte sich<br />
auf den mittleren Teil der Anlage; die nördlichen und<br />
Abb. 4: Alsterpark, Sitzmauer.<br />
südlichen Grundstücke des Alstervorlandes konnten<br />
erst in den Jahren nach der Gartenschau von der<br />
Stadt erworben werden. In den Jahren nach 1970<br />
sind einige Veränderungen an der Anlage erfolgt,<br />
die jedoch nicht grundlegend in die Gestaltung eingegriffen<br />
haben. Vor allem die Anpflanzung neuer<br />
Gehölze, etwa der 200 japanischen Zierkirschen<br />
oder der markanten Pappelrondelle, hat die Weitläufigkeit<br />
der Anlage beeinträchtigt. Auch der starke<br />
Kontrast zwischen der architektonischen Partie<br />
im Westen und dem landschaftlich geformten Teich<br />
an der Ostseite ist durch weitere Pflanzungen abgeschwächt<br />
worden. Insgesamt ist die Konzeption<br />
Lüttges noch gut erhalten, aber etwas verunklärt.<br />
Der Park der City Nord<br />
Der 1959 beschlossene Bau der City Nord als neuer Gewerbestandort<br />
am Stadtpark kam einem Befreiungsschlag<br />
gleich, denn in der zunehmend verdichteten<br />
Innenstadt war kein Raum mehr für größere Bürokomplexe,<br />
und alle anderen Überlegungen zu deren<br />
Ansiedlung (z.B. das Alstercenter in<br />
St. Georg) hatten sich wegen der<br />
dazu notwendigen Flächenabrisse<br />
zerschlagen. Mit der Entscheidung<br />
für das neue Geschäftszentrum, das<br />
fast so groß wie die Hamburger Altstadt<br />
sein sollte, weitgehend freies<br />
Gelände weit außerhalb der bisherigen<br />
Geschäftsquartiere zu erschließen,<br />
konnten die Planungen endlich<br />
beginnen. Ein erster Masterplan<br />
wurde noch im selben Jahr vorgelegt,<br />
die Ausführung dauerte über<br />
dreißig Jahre. 1991 wurde der dritte<br />
und vorerst letzte Bauabschnitt abgeschlossen,<br />
seitdem sind jedoch<br />
immer wieder neue Gebäude errichtet<br />
und weitreichende Veränderungen<br />
vorgenommen Foto: Jens Beck<br />
worden.
Jens Beck: <strong>Grün</strong>anlagen in Hamburg nach 1945<br />
Abb. 5: Park der City Nord. In dem 1965 durchgeführten Wettbewerb wurde der<br />
Entwurf von Günther Schulze mit dem 1. Preis ausgezeichnet. Nach langer Planungsphase<br />
und der Überarbeitung des Entwurfs wurde 1975 mit der Ausführung<br />
begonnen. Blick in die Anlage Richtung Norden.<br />
Foto: Jens Beck<br />
Günther Schulze, der auch mit der<br />
Ausführung der Planung beauftragt<br />
wurde. Der Entwurf führte zu<br />
einer kontroversen Diskussion, weil<br />
Schulze konsequent geometrische<br />
Formen verwendete und mit großen,<br />
zusammenhängenden Einheiten<br />
arbeitete. Die <strong>Grün</strong>anlage sollte<br />
den massigen Geschäftshäusern mit<br />
einer klaren Formsprache begegnen<br />
und nicht – wie im Fall der Grindelhochhäuser<br />
– eine weiche, landschaftliche<br />
Einbettung herstellen.<br />
Die Anlage bildet darüber hinaus<br />
neben dem Erschließungssystem<br />
der Straßen und Wege eine eigenständige<br />
Gliederungsebene; von<br />
der zentralen <strong>Grün</strong>anlage gehen<br />
Alleen, Baumreihen und schmale<br />
<strong>Grün</strong>streifen aus, die zwischen den<br />
Gebäuden hindurchführen.<br />
Wie bei den Grindel-Hochhäusern<br />
war von Anfang an eine<br />
große, zentrale <strong>Grün</strong>anlage geplant,<br />
denn die City Nord wurde als<br />
„Bürostadt im <strong>Grün</strong>en“ konzipiert.<br />
„Dem Inbegriff der ‚aufgelockerten<br />
Stadt‘ folgend sollten großzügige<br />
<strong>Grün</strong>flächen das Bild der Bürostadt<br />
prägen, den vielen Beschäftigten<br />
als Erholungsflächen dienen und<br />
den repräsentativen Charakter der<br />
großen Verwaltungsgebäude zur<br />
Geltung kommen lassen.“ (SOG-<br />
GIA 2009: 236). Außerdem war<br />
intendiert, die City Nord mit dem<br />
Stadtpark durch die <strong>Grün</strong>anlage<br />
zu verbinden. Den 1965 ausgeschriebenen<br />
Wettbewerb gewann<br />
Abb. 6: Park der City Nord, Blick in den Hauptweg nach Süden.<br />
Foto: Jens Beck<br />
45
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
Da in der Nachkriegszeit bei der Bebauung großer<br />
Quartiere, anders als noch in den 1920er Jahren,<br />
zuerst die Gebäude errichtet wurden und erst<br />
am Schluss die <strong>Grün</strong>anlagen, konnte mit der Ausführung<br />
des Parks erst zehn Jahre nach der Wettbewerbsentscheidung<br />
begonnen werden. Zu diesem<br />
Zeitpunkt hatten sich die Rahmenbedingungen jedoch<br />
schon erheblich verschlechtert, so dass für den<br />
Park deutlich weniger Mittel bereitstanden als ursprünglich<br />
geplant. Günther Schulze musste daher<br />
seinen Entwurf überarbeiten und auf wesentliche<br />
Elemente seiner ursprünglichen Planungsidee verzichten.<br />
1975 legte er einen modifizierten Entwurf<br />
vor, aus dem beispielsweise der große Kanal mit<br />
einem Wasserfall gestrichen war. An seine Stelle war<br />
ein hoher Erdwall getreten, der nun das Rückgrat<br />
der Anlage bildete. Andere Grundgedanken, vor allem<br />
die Verwendung linearer und blockhafter Gehölzstrukturen,<br />
konnte Schulze jedoch beibehalten.<br />
In dieser Form wurde der Plan ausgeführt. Obwohl<br />
die Gestaltung Schulzes von Anfang an kritisiert<br />
wurde und trotz der langen Planungszeit zählt die<br />
Anlage zu den wichtigsten <strong>Grün</strong>anlagen Hamburgs<br />
aus den 1960er Jahren. Vor allem im Hinblick auf<br />
die Gehölzverwendung und die Raumbildung unterscheidet<br />
sich der Park von anderen Anlagen der Zeit.<br />
Auch die Radikalität, mit der Schulze geometrische<br />
Grundformen einsetzt, wirkt heute noch <strong>modern</strong><br />
und kompromisslos. Dabei ist das Erscheinungsbild<br />
keineswegs abweisend, denn die Anzahl der sehr<br />
unterschiedlichen Aufenthaltsbereiche ist groß.<br />
1 Siehe dazu: SCHILDT 2007.<br />
2 Siehe dazu ASSCHENFELDT 2011.<br />
3 Siehe dazu: HEISE 1953.<br />
Literatur<br />
ASSCHENFELDT, V. (2011): Harvestehude – Eppendorf : Leben<br />
an der Alster – Hamburg von seiner besten Seite. – Hamburg.<br />
HEISE, C.-G. (1953): Plastik im Freien: Ausstellung anläßlich<br />
der Internationalen Gartenbau-Ausstellung auf dem Alstervorland<br />
am Harvestehuder Weg vom 30. April bis zum<br />
31. Oktober 1953. – Hamburg.<br />
SCHILDT, A. (2007): Die Grindelhochhäuser: eine Sozialgeschichte<br />
der ersten deutschen Wohnhochhausanlage<br />
Hamburg-Grindelberg 1945–1956. – München.<br />
SOGGIA, S. (2009): city nord – Europas Modellstadt der Moderne.<br />
– München/Hamburg.<br />
<br />
46
Heino Grunert: Kontinuität durch Wandel<br />
Kontinuität durch Wandel<br />
Stadtentwicklung durch Gartenschauen am Beispiel des westlichen<br />
Hamburger Wallrings<br />
Heino Grunert<br />
Zusammenfassung<br />
Gartenbauausstellungen haben in<br />
Hamburg bis weit zurück in das 19.<br />
Jahrhundert hinein eine lange Tradition.<br />
Auch wenn die Veranstalter wechselten,<br />
haben diese Ausstellungen immer wieder<br />
wichtige Impulse für die Stadtentwicklung<br />
gegeben. Insbesondere der gärtnerisch<br />
vor 200 Jahren erstmalig umgestaltete<br />
westliche Wallring bot mit seiner<br />
spannenden Topographie ideale Voraussetzungen.<br />
Und so wundert es nicht, dass insbesondere die<br />
IGA‘s der Nachkriegszeit auch auf der Grundlage<br />
der Niederdeutschen Gartenschau von 1935 eine Erfolgsgeschichte<br />
geschrieben haben. Heute können<br />
hier auf engstem Raum gärtnerische Gestaltungsprinzipien<br />
verschiedener Jahrzehnte in hoher Qualität<br />
unmittelbar nebeneinander in einem zusammenhängenden<br />
Kontext wahrgenommen werden.<br />
Hamburger Gartenbauausstellungen<br />
Gartenbauausstellungen haben in Hamburg seit<br />
Mitte des 19. Jahrhunderts wichtige Impulse für die<br />
Stadtentwicklung und, mehr noch, für die Identität<br />
der Stadt und ein starkes, grünes Selbstverständnis<br />
gegeben. Anders als heute waren seinerzeit<br />
die Gärtnerei und hier insbesondere die Pflanzenanzucht<br />
und die Jagd nach botanischen Raritäten<br />
aus Übersee ein bedeutender Teil großbürgerlicher<br />
Selbstdarstellung. Im Aufbau wertvoller Pflanzensammlungen<br />
taten sich damals auch Hamburger<br />
Ratsherren und Bürgermeister hervor,<br />
wie auch der Pflanzenhandel durch Hafen<br />
und Handelsbeziehungen hier von<br />
jeher fest verankert war. Und so ist es<br />
nicht verwunderlich, dass im Hamburger<br />
Raum schon früh bedeutende Gärtnereien<br />
und Baumschulen entstanden,<br />
die ihre Produkte nicht nur europaweit<br />
vertrieben. Baumschüler und Gärtner<br />
waren damals in der Lage, den Hunger<br />
des botanisch interessierten Bildungsbürgertums<br />
nach Neuheiten und Raritäten zu befriedigen, die<br />
dann vielfach auf Ausstellungen zum Ruhm ihrer<br />
Besitzer gezeigt und prämiert worden sind. Landwirtschaft,<br />
aber auch Gewerbe und Industrie nutzten<br />
damals ebenfalls diese Chance der Selbstdarstellung.<br />
Und letztendlich sind es seit 1851 auch<br />
die Weltausstellungen, die diese Thematik aufgegriffen<br />
haben und auf eine bisher nicht gekannte<br />
Ebene hoben.<br />
Neben den doch eher regionalen Ausstellungen<br />
des hiesigen Garten- und Blumenbauvereins lässt<br />
sich der Beginn des professionellen gärtnerischen<br />
Ausstellungswesens in Hamburg auf die Internationale<br />
Landwirtschaftliche Ausstellung 1863 mit einer<br />
Blumen- und Pflanzenausstellung auf dem Freigelände<br />
des Heiligengeistfeldes zurückführen. 1 Unweit<br />
hierzu wurde im gleichen Jahr der Zoologische Garten<br />
nördlich des bereits 1821 in den Wallanlagen<br />
gegründeten Botanischen Gartens eröffnet. Und<br />
dieser Zoologische Garten war auch immer Ausstel-<br />
47
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
48<br />
Abb. 1: Pflanzenhaus der Gartenbauausstellung 1869.<br />
Foto: aus: Bildband zur Gartenbauausstellung<br />
lungsgelände, eine Tradition, die am gleichen Ort bis<br />
heute fortgeführt wird (Messe).<br />
Die Ausrichtung einer Internationalen Gartenbauausstellung<br />
1869 initiierten die<br />
vereinigten Gärtner in Hamburg<br />
und Altona gemeinsam mit Kaufleuten<br />
und Vertretern der Stadt im<br />
südlichen Teil der ehemaligen Wallanlagen.<br />
Erstmalig wurde dazu ein<br />
etwa 14 ha großer Ausstellungspark<br />
zu beiden Seiten des Millerntors<br />
gebaut, ein Gelände, das<br />
rund 50 Jahre vorher im Rahmen<br />
der Entfestigung der Stadt durch<br />
den Bremer Kunstgärtner Isaak Altmann<br />
nach der damals geltenden<br />
landschaftlichen Mode gestaltet<br />
worden war. Für die gärtnerische<br />
Planung der Ausstellung war der<br />
Garteningenieur Friedrich J. C. Jürgens<br />
aus Ottensen verantwortlich.<br />
Der Ort war gut gewählt, bot die<br />
Topographie mit dem ehemaligen<br />
Wallgraben, den Anhöhen alter<br />
Bastionen und den Blicken auf die<br />
Elbe doch ein reizvolles Umfeld.<br />
Für die Ausstellungsarchitekturen<br />
war der namhafte Hamburger Baumeister<br />
Martin Haller zuständig.<br />
Glashäuser und Schweizerei, wie<br />
auch die Hängebrücke über den<br />
Wallgraben sind Themen, die auch<br />
bei späteren Ausstellungen wieder<br />
aufgegriffen worden sind.<br />
20 Jahre später fand 1889 parallel<br />
zur Hamburgischen Gewerbe-<br />
und Industrieausstellung eine<br />
halbjährige Gartenbauausstellung<br />
nördlich des Millerntors statt. Aufgrund<br />
der Länge der Veranstaltung<br />
konnten nun auch, je nach Jahreszeit, unterschiedliche<br />
Themen bedient werden. Träger der Ausstellung<br />
war diesmal der Hamburger Garten- und Blumen-<br />
Abb. 2: Rosarium der Gartenbauausstellung 1897.<br />
Foto: Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt, Archiv Gartendenkmalpflege
Heino Grunert: Kontinuität durch Wandel<br />
bauverein. Idee und Konzept müssen so überzeugend<br />
gewesen sein, dass 1897, acht Jahre später<br />
erneut eine halbjährige Ausstellung am gleichen Ort<br />
in den Wallanlagen stattfand. Die Stadt Hamburg<br />
war an maßgeblicher Stelle im Ausstellungskomitee<br />
vertreten und begriff die Veranstaltung auch für<br />
Zwecke der Selbstdarstellung und Eigenwerbung.<br />
Die Bauaufsicht hatte diesmal der Garteningenieur<br />
Rudolf Jürgens. Vor allem durch Begleitveranstaltungen<br />
wie Tagungen, Konzertabende und Freizeit- und<br />
Vergnügungseinrichtungen entwickelte sich diese<br />
Allgemeine Gartenbauausstellung zu einem Vorläufer<br />
heutiger Gartenbauausstellungen.<br />
Das Thema einer Gartenbauausstellung wurde in<br />
ganz Deutschland aufgegriffen, und insbesondere<br />
auch in der Folge der Ausstellungen von Düsseldorf<br />
1904, Darmstadt 1905 und Mannheim 1907 wurde<br />
auch das Thema der Gartenkunstreform angesprochen,<br />
das in Hamburg bei der zeitgleichen Diskussion<br />
um die Gestaltung eines <strong>modern</strong>en Stadtparks<br />
eine zentrale Rolle spielte. In der preußischen Stadt<br />
Altona wurde anlässlich des 250-jährigen Stadtjubiläums<br />
1914 eine große Gartenbauausstellung am<br />
Elbufer im Bereich Heinepark, Donners Park und<br />
des Altonaer Stadtparks beiderseits der Flottbeker<br />
Abb. 3: Gartenbauausstellung Altona 1914.<br />
Quelle: Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt, Archiv Gartendenkmalpflege<br />
Chaussee, heute Elbchaussee, durchgeführt. Kurz<br />
zuvor wurde in Altona die öffentliche <strong>Grün</strong>verwaltung<br />
eingerichtet und Ferdinand Tutenberg, der erste<br />
preußische Gartenbaudirektor in Altona, bekam<br />
nicht nur mit der Anlage des Volksparks, sondern<br />
mehr noch mit dieser Gartenbauausstellung eine<br />
große Aufgabe. Anders als Jahre zuvor in Hamburg<br />
gab es nun einen starken regionalen Bezug. So<br />
entstanden u.a. ein später in den Volkspark transloziertes,<br />
niederdeutsches Bauernhaus, ein Schulgarten,<br />
ein Bauerngarten, aber auch Vogelschutzgehölze<br />
und Musterkleingärten. Die Betonung des<br />
Niederdeutschen und die Kraft der Gestaltung eines<br />
schlichten Bauerngartens waren letztendlich ja auch<br />
Themen, die seinerzeit Alfred Lichtwark, Direktor der<br />
Hamburger Kunsthalle, immer wieder herausstellte,<br />
und die bei der nahezu zeitgleichen Gestaltung des<br />
Hamburger Stadtparks und des Altonaer Volksparks<br />
vor 100 Jahren aufgegriffen worden sind. Leberecht<br />
Migge, damals freiberuflich in Hamburg tätig und<br />
zweifellos einer der großen Gartenarchitekten seiner<br />
Zeit, urteilte im Ergebnis gleichwohl bissig über die<br />
Altonaer Ausstellung, weil die neuen Ideen in der<br />
Gartenkunst zu wenig umgesetzt worden seien. Das<br />
Gelände nördlich der Flottbeker Chaussee wurde bis<br />
weit in die 1920er Jahre hinein als<br />
Altonaer Ausstellungs- und Veranstaltungsgelände<br />
für verschiedene<br />
Zwecke genutzt.<br />
1935, 21 Jahre später, wurde<br />
die Niederdeutsche Gartenschau<br />
Planten un Blomen eröffnet. Auch<br />
hier spielte das Thema Ausstellung<br />
eine große Rolle. Das Vakuum der<br />
aufgelassenen Friedhöfe vor dem<br />
Dammtor wie auch eines insolventen<br />
Zoos an prominenter Stelle war<br />
eine städtebauliche wie grünplanerische<br />
Herausforderung. Sie wurde<br />
von den Nationalsozialisten auf-<br />
49
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
gegriffen, und innerhalb weniger<br />
Monate wurde eine Gartenschau<br />
mit Ausstellungsbetrieb gebaut.<br />
Wie bereits 1914 in Altona übernahm<br />
auch 1934/35 die städtische<br />
<strong>Grün</strong>verwaltung Planung und Bau<br />
der Anlage. 2 Verantwortlich waren<br />
in der zuständigen Behörde für<br />
Technik und Arbeit, Hans Meding,<br />
damals Leiter des Garten- und<br />
Friedhofswesens, zusammen mit<br />
seinem Mitarbeiter, Gartengestalter<br />
3 Karl Plomin, der sich mit dem<br />
Erfolg dieses Projektes später selbstständig<br />
machte. Diese Niederdeutsche<br />
Gartenschau war weniger eine Leistungsschau<br />
der Gewerbetreibenden, im Vordergrund stand vielmehr<br />
der Bau einer <strong>modern</strong>en Parkanlage. Und es<br />
war auch eine große, politisch motivierte Arbeitsbeschaffungsmaßnahme.<br />
Eher volkstümlichen Elementen<br />
wie der Niederdeutschen Bauernschänke<br />
(vergleichbare Architekturen wurden bereits 20 Jahre<br />
vorher beim Bau des Stadtparks oder auch der<br />
Gartenbauausstellung in Altona realisiert) wurden<br />
<strong>modern</strong>e Bauwerke wie die Betonkonstruktion der<br />
Abb. 4a: Wasserkaskade von 1935.<br />
Foto: Heino Grunert<br />
Orchesterplattform oder das Orchideencafé gegenübergestellt.<br />
Sommerblumen aus Ländern rund um<br />
den Erdball wurden genauso gezeigt wie eine Kakteensammlung,<br />
die noch im Kriegsjahr 1940 durch<br />
Pflanzenexkursionen nach Mexiko ausgebaut worden<br />
war und eine der bedeutendsten in Deutschland<br />
war. 4 Nach dem Ende der Niederdeutschen<br />
Gartenschau wurde das eintrittspflichtige Gelände<br />
mit seiner überzeugenden Parkgestaltung weiterhin<br />
herausragend gepflegt und weiter ausgebaut.<br />
Und es erfüllte vor allem auch als<br />
Ausstellungsparkanlage zumindest<br />
bis zu den verheerenden Bombenangriffen<br />
auf Hamburg 1943 ihren<br />
politischen Zweck.<br />
50<br />
Abb. 4b: Wasserkaskade von 1935.<br />
Foto: Heino Grunert<br />
Nachkriegszeit und Wiederaufbau<br />
Während Planten un Blomen und<br />
der Botanische Garten nach Kriegsende<br />
sehr schnell als präsentable<br />
<strong>Grün</strong>anlagen hergerichtet waren,<br />
wurden die südlich gelegenen Teile<br />
der sogenannten Großen und<br />
Kleinen Wallanlagen mit Trümmer-
Heino Grunert: Kontinuität durch Wandel<br />
Abb. 5: Übersichtsplan der IGA63.<br />
Quelle: Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt, Archiv Gartendenkmalpflege<br />
schutt egalisiert, der Wallgraben verfüllt und die<br />
Anlagen in vereinfachter Form hergerichtet. Dabei<br />
verschwanden u.a. auch letzte Elemente der Gartenbauausstellung<br />
von 1897 unter der Erde. 1948 fand<br />
die Ausstellung „Hamburg am Werk“ in Planten un<br />
Blomen statt und 1951 mit 800.000 Besuchern auf<br />
großen Teilen des Wallgeländes die Ausstellung der<br />
Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft DLG.<br />
Mit der IGA53 unter der gartenkünstlerischen Gesamtleitung<br />
von Karl Plomin wurden in der ursprünglich<br />
eher architektonisch ausgerichteten Anlage von<br />
Planten un Blomen nun landschaftliche Schwerpunkte<br />
gesetzt. Und Plomin sorgte dafür, dass wesentliche<br />
Teile seiner Planung von 1935 erhalten blieben und<br />
sich in die Nachkriegsgestaltung einfügten. Das alte<br />
Aufmarschgelände mit den Baracken für displaced<br />
persons an der Jungiusstraße und das in der Nähe liegende<br />
ehemalige Zwangsarbeiterlager wurden durch<br />
den Neubau des Messe- und Ausstellungsgeländes in<br />
Anspruch genommen, das nicht zuletzt auch durch<br />
die IGA erforderlich geworden ist. Politisch ging es<br />
vor allem auch darum, die Erfolge des Wiederaufbaus<br />
nicht nur hier, sondern beispielhaft in der ganzen<br />
Stadt zu zeigen. Licht und Beleuchtung spielte wie<br />
schon 1897 eine sehr große Rolle auf der IGA. Vor<br />
allem der gläserne Philipsturm mit seinen Neonröhren<br />
an der Stelle der ehemaligen Eulenburg des alten Zoologischen<br />
Gartens war ein neues, weithin sichtbares<br />
Wahrzeichen. Mit der seinerzeit viel beachteten Ausstellung<br />
„Plastik im Freien“ (Gartenarchitekt Gustav<br />
Lüttge) an der Außenalster gelang es nicht nur, über<br />
die bildende Kunst das <strong>modern</strong>e Deutschland international<br />
zu präsentieren, sondern auch das Thema der<br />
dezentralen Gartenbauausstellung anzusprechen.<br />
Die fünf Millionen Besucher 1953 waren Ansporn<br />
genug, zehn Jahre später erneut eine IGA in Hamburg<br />
51
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
Abb. 6: Übersichtsplan der IGA73.<br />
Quelle: Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt, Archiv Gartendenkmalpflege<br />
52<br />
durchzuführen. Auch die IGA63 ließ den Kern der Plominschen<br />
Planungen von 1935 und 1953 weitgehend<br />
unberührt. Günther Schulze und Heinrich Raderschall<br />
arbeiteten überwiegend in den Großen und Kleinen<br />
Wallanlagen, 5 während Plomin den Bereich von<br />
Planten un Blomen und dem Botanischen Garten bearbeitete.<br />
6 Hier entstand nun das einzigartige Ensemble<br />
von Mittelmeerterrassen, Schaugewächshäusern<br />
(Architekt Bernhard Hermkes) und der Johan-van-<br />
Valckenburgh-Brücke. Der gestalterische Aufbruch in<br />
die Neuzeit wurde dennoch vor allem in den Großen<br />
Wallanlagen, der Fläche der Allgemeinen Gartenbauausstellung<br />
von 1897, gezeigt. Wegweisende Leistung<br />
der IGA63 war die kreuzungsfreie Erschließung<br />
der Parkanlage durch die Untertunnelung der querenden<br />
Straßen. Dass es damals nicht gelang, auch den<br />
Bereich des Millerntors und des Alten Elbparks miteinzubeziehen,<br />
wirkt bis heute nach. Und so trennt heute<br />
die vielspurige Ost-West-Straßenverbindung immer<br />
noch die Durchgängigkeit des grünen Wallrings.<br />
Die Kosten der IGA63 waren vor allen durch die<br />
Brücken- und Tiefbaumaßnahmen erheblich, und für<br />
die Stadt, die noch die Folgen der Sturmflut von 1962<br />
trug, beträchtlich. Die IGA63 wird heute oft als eine<br />
der bedeutendsten Gartenbauausstellungen schlechthin<br />
bewertet. Alles schien möglich, selbst das Wasser<br />
floss bergauf. Moderne Technik im Gartenbau wurde<br />
auf dem benachbarten Heiligengeistfeld gezeigt.<br />
Das <strong>modern</strong>e Deutschland zeigte sich weltoffen vor<br />
allem auch über die zahlreichen internationalen Gärten.<br />
In respektabler Hausgartengröße zeigten damals<br />
einige der bedeutendsten Gartenarchitekten der Zeit<br />
ihre Vorstellungen <strong>modern</strong>er Gartenkunst. Mit dabei<br />
waren Gunnar Martinsson (Schweden), Roberto Burle<br />
Marx (Brasilien) oder Ernst Cramer (Schweiz), um nur<br />
einige zu nennen. Diese Gärten fanden in der Fach-
Heino Grunert: Kontinuität durch Wandel<br />
Abb. 7: IGA73 mit Hamburgmuseum.<br />
Foto: Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt,<br />
Archiv Gartendenkmalpflege<br />
welt zwar sehr großen Zuspruch, bei vielen Besuchern<br />
der IGA aber nur vergleichsweise geringes Interesse.<br />
Vielleicht waren sie für die Zeit doch zu <strong>modern</strong>?<br />
Publikumsliebling war unbestritten der Französische<br />
Garten. Und bis heute hat nur der marokkanische<br />
Schlangengarten die Zeit überdauert.<br />
Zur IGA73 wurden durch erhebliche Umgestaltungen<br />
die verschiedenartigen Teile der Wallanlagen<br />
zu einem einheitlichen Ausstellungsgelände zusammengefasst.<br />
Die ursprüngliche Idee, die Gartenbauausstellung<br />
in der Hamburger Peripherie zu zeigen,<br />
wurde wegen der vorteilhaften Infrastruktur der innenstadtnahen<br />
Lage wieder aufgegeben. 7 Das von<br />
1970 bis 1973 erbaute Congress Centrum Hamburg<br />
CCH und das SAS-Hotel griffen deutlich in den Bestand<br />
der Parkanlage ein und veränderten den Bereich<br />
des ehemaligen Haupteingangs der 1935er<br />
Gartenschau erheblich. Zusammen mit dem Fernsehturm<br />
von 1968 entstand eine neue Dimensionalität an<br />
den Rändern der Parkanlage. Zeitgleich mit den Planungen<br />
zur IGA wurde auch die Verlegung des Botanischen<br />
Gartens hinaus nach Klein-Flottbek betrieben.<br />
Im Gegensatz zu den erheblichen Eingriffen in die<br />
Parkanlage ist die großräumige Überdeckelung der<br />
Marseiller Straße und das dadurch ermöglichte Zusammenwachsen<br />
von Planten un Blomen mit dem<br />
Botanischen Garten positiv zu werten. Anders als<br />
1963 wurde nun auch weniger das Fachpublikum<br />
angesprochen als vielmehr die <strong>modern</strong>e Freizeitgesellschaft.<br />
Der Spielplatz Bullerberge begeistert heute<br />
noch genauso wie die damals neu entstandene Eisund<br />
Rollschuhbahn. Parallel zur IGA rief die Tagespresse<br />
über die Aktion „<strong>Grün</strong>es Hamburg“ zu Baumspenden<br />
in der ganzen Stadt auf. Und eines darf<br />
unter dem Blick auf die deutsch-deutsche Geschichte<br />
auch nicht vergessen werden: Die DDR, die mit einer<br />
Reihe von iga (zur Abgrenzung dort klein geschrieben)<br />
in Erfurt Erfahrungen hatte, war erstmalig offiziell<br />
auf einer westdeutschen Gartenbauausstellung<br />
vertreten.<br />
Unterstützt durch eine fast enthusiastische Berichterstattung<br />
durch die Hamburger Tagespresse übertraf<br />
die IGA73 die Erwartungen bei weitem, wenngleich<br />
es auch deutliche Kritik am ungenügenden Nachnutzungskonzept<br />
und der starken Verwendung von<br />
Beton gab. 8 1974 übernahm die Hamburger <strong>Grün</strong>verwaltung<br />
die Pflege des Parks, der bis dahin von einem<br />
Regiebetrieb der Hamburger Messe unterhalten worden<br />
war. Die verschiedenen Teile der westlichen Wallanlagen<br />
wurden nun als Wallringpark bezeichnet, die<br />
Parkanlage zum ersten Mal für die Bevölkerung ohne<br />
Eintritt erleb- und nutzbar. 9<br />
Abb. 8: IGA73, Kaskaden.<br />
Foto: Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt,<br />
Archiv Gartendenkmalpflege<br />
53
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
54<br />
Die zunächst geplante IGA83, nun endlich auch<br />
unter Einbeziehung des Alten Elbparks südlich des Millerntors,<br />
fand dann doch in München statt. Die letzten<br />
großen Eingriffe waren vor wenigen Jahren die Erweiterung<br />
des Congresszentrums in die Parkanlage hinein<br />
und ein neuer Messeeingang. Auch wenn bei den hier<br />
genannten Gartenbauausstellungen meist eine Leistungsschau<br />
gärtnerischer Selbstdarstellung im Vordergrund<br />
gestanden hat, haben diese oft raumgreifenden<br />
Freilandausstellungen der Stadt- und <strong>Grün</strong>entwicklung<br />
bedeutende Impulse gegeben. Die Bandbreite geht von<br />
der Sicherung ehemals privater Gartenanlagen als öffentliches<br />
<strong>Grün</strong> über die Nachnutzung eines ehemaligen<br />
Zoo- und Friedhofsgeländes, der Zugänglichkeit und<br />
Sicherung großer Flächen an der Außenalster bis zum<br />
Bau einer kreuzungsfreien <strong>Grün</strong>anlage vom Dammtor<br />
zum Millerntor, um nur einige zu nennen. Kernbereich<br />
Hamburger Gartenbauausstellungen waren jahrzehntelang<br />
die historischen Wallanlagen, die in diesen Jahren<br />
auf eine 200-jährige Geschichte öffentlicher Erholungsnutzung<br />
zurückblicken können. Die Gartenbauausstellungen<br />
boten mit ihren zahlreichen begleitenden Tagungen<br />
und Aktionen ein viel beachtetes Forum für den<br />
internationalen Austausch. Eine besondere Rolle spielt<br />
der Name Planten un Blomen. Heute gehört die aus den<br />
verschiedenen Gartenbauausstellungen hervorgegangene<br />
Parkanlage zu den herausragenden <strong>Grün</strong>flächen der<br />
Stadt; sie ist hier in besonderer Weise identitätsbildend,<br />
zu Recht in die Denkmalliste eingetragen und zählt zu<br />
den zehn bekanntesten Parkanlagen Deutschlands. Oft<br />
verdrängt oder vergessen ist heute aber auch die besondere<br />
Vergangenheit dieser Parkanlage. Zweifellos ist<br />
1935 eine neue, gestalterisch <strong>modern</strong>e, oft auch als zeitlos<br />
bezeichnete, innerstädtische Anlage entstanden. Die<br />
Vereinnahmung durch die Nationalsozialisten darf bei<br />
heutigen Betrachtungen und Bewertungen aber nicht<br />
außen vor bleiben. Heute geht es in der Stadtentwicklung<br />
nicht mehr um Wiederaufbau und Entdichtung.<br />
Hamburgs Schwerpunkte in der Stadtentwicklung liegen<br />
u.a. in der Hafencity und in Wilhelmsburg, und so<br />
war es mehr als folgerichtig, 40 Jahre nach der letzten<br />
Gartenbauausstellung nicht erneut die Wallanlagen umzugraben,<br />
sondern in einem neuen Gelände im Süden<br />
der Stadt mit dem Thema Gartenschau die Stadt-, <strong>Grün</strong>und<br />
Lebensqualität für die Bevölkerung zu verbessern.<br />
Maßgebliche Impulse zu den uns heute bewegenden<br />
Themen Verkehr und Lärmschutz, Sport, Bewegung<br />
und Gesundheit wie auch die Anbindung an das Wasser<br />
wurden durch die igs auf Grundlage der Gesamtplanung<br />
von Stephan Lenzen gegeben. Und die begleitende Bauausstellung<br />
zeigt nicht zuletzt auf ihre Weise, wie sich<br />
das <strong>modern</strong>e Hamburg entwickeln kann.<br />
Anmerkungen<br />
1 Vgl. auch STEINMEISTER, A. (2013): 150 Jahre Ausstellungstradition<br />
– Die Internationalen Hamburger Gartenbauausstellungen<br />
des 19. Jahrhunderts. – In: Stadt und <strong>Grün</strong> 4.2013, S. 23f.<br />
2 Vgl. auch Plansammlung der Behörde für Stadtentwicklung<br />
und Umwelt, Gartendenkmalpflege. Die Gartenschau war<br />
zunächst für zwei Jahre konzipiert.<br />
3 Unter Androhung einer Ordnungsstrafe untersagte die<br />
Reichskammer der bildenden Künste am 1.9.1934 die<br />
Verwendung der Berufsbezeichnung Garten- oder Landschaftsarchitekt<br />
und ordnete statt dessen die Bezeichnung<br />
Gartengestalter an.<br />
4 Siehe auch GRUNERT, H. (2010): 75 Jahre Planten un Blomen.<br />
Hamburgs Niederdeutsche Gartenschau von 1935.<br />
– In: Stadt und <strong>Grün</strong> 11.2010, S. 51–59.<br />
5 Siehe auch HAIST, M. (1996): Achtundzwanzig Männer<br />
brauchen einen neuen Anzug. Die internationalen Gärten<br />
auf der Internationalen Gartenbau-Ausstellung 1963 in<br />
Hamburg. – In: Die Gartenkunst 2.1996, S. 252–257.<br />
6 Siehe auch DÜHRING, A. und OERTZEN, J. von (1998): Karl<br />
Plomin – Ein Gartenarchitekt des 20. Jahrhunderts. Diplomarbeit<br />
an der Fachhochschule Osnabrück.<br />
7 Siehe auch MONARD, R. (1973): Die Wallanlagen als Erholungsraum.<br />
– In: Das Gartenamt 22, S. 191–200.<br />
8 Siehe auch ENDE, T. (1996): Planten un Blomen in Hamburg.<br />
Aktuelle Entwicklungen und Probleme seit dem Wettbewerb<br />
Wallringpark 1985. – In: (1996): Altstadt-City-Denkmalort,<br />
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Hamburg Nr. 16,<br />
Hamburg.<br />
9 Mündliche Auskunft des früheren Betriebsleiters Thomas<br />
Ende.
Exkursion<br />
Holger Paschburg: Exkursion: Planten un Blomen, Hamburg/Westlicher Wallring<br />
Planten un Blomen, Hamburg/Westlicher Wallring<br />
Holger Paschburg<br />
Zusammenfassung<br />
Der Park Planten un Blomen ist heute<br />
zentrale <strong>Grün</strong>anlage der inneren<br />
Stadt. Er besteht aus vier Bereichen:<br />
Aus dem Gelände der ehemaligen Niederdeutschen<br />
Gartenschau „Planten<br />
un Blomen“ im Nordwesten und dem<br />
westlichen Wallring mit „Altem Botanischen<br />
Garten“ im Norden, den „Kleinen<br />
Wallanlagen“ mit Sievekingplatz<br />
und den „Großen Wallanlagen“ im Süden. Die<br />
Parkbereiche sind heute wesentlich durch überkommene<br />
Elemente der Gartenbauausstellungen<br />
bis 1973 geprägt, bilden darüber hinaus aber in<br />
der Topographie und im Baumbestand die vielfältigen<br />
vorhergehenden Nutzungen ab. Besonders<br />
im westlichen Wallring sind die ehemaligen Begrenzungen<br />
und Befestigungen der Hamburger<br />
Alt- und Neustadt ablesbar, auch wenn diese<br />
mehrfach überformt wurden.<br />
Entwicklung<br />
Um 1609 begannen in Hamburg Planungen<br />
zur Befestigung der Stadt mit einem<br />
Wallring und Wallgraben. Die Ausführung<br />
erfolgte 1615 unter Johan van Valkenburgh,<br />
die Fertigstellung um 1626.<br />
Der Wallring mit 22 Bastionen umgab die<br />
Hamburger Alt- und Neustadt halbkreisförmig<br />
im Westen, Norden und Osten.<br />
Die Flanken der Flussläufe Elbe und Alster<br />
waren durch Befestigung der Ufer- bzw. Hafenanlagen<br />
sowie der Wasserflächen (Baumwall) gesichert.<br />
Der Wallring wurde in seiner bis heute rund<br />
400jährigen Geschichte mehrfach verändert. Während<br />
die eigentliche, militärisch-schützende Bedeutung<br />
durch Baumpflanzungen auf den Wällen<br />
ab 1700 und Entfestigungsmaßnahmen ab 1804<br />
schnell abnahm, konnte die folgende Nutzung als<br />
<strong>Grün</strong>anlage weitgehend gesichert werden. Lediglich<br />
der östliche und nördliche Bereich des Wallrings wur-<br />
Abb. 1: Große Wallanlagen Hamburg, Museum für Hamburgische Geschichte auf der ehemaligen Bastion Henricus.<br />
Foto: dpl Landschaftsarchitekten, N. McGill 2013<br />
55
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
1935 die Niederdeutsche Gartenschau<br />
„Planten un Blomen“.<br />
Abb. 2: Kleine Wallanlagen Hamburg, Blick von Süden nach Norden mit Natursteinterrassen<br />
und Wasserlauf IGA 1963 vor der Wiederherstellung.<br />
Foto: dpl Landschaftsarchitekten, H. Paschburg 2001<br />
Heutiger Bestand<br />
Der westliche Wallring unterscheidet<br />
sich heute, vor allem topographisch,<br />
in zwei Abschnitten: Während<br />
im nordwestlichen Bereich mit<br />
Altem Botanischen Garten noch<br />
weitgehend der Wallgraben um<br />
die ehemalige Bastion Rudolphus<br />
ablesbar ist, sind die südlich angrenzenden<br />
ehemaligen Gräben<br />
der Großen und Kleinen Wallanlagen<br />
durch Trümmerschuttverfüllungen<br />
in der Nachkriegszeit von<br />
1946 bis 1950 stark verändert. Zur<br />
Internationalen Gartenbauausstellung<br />
1953, deren zentrales Ausstellungsgelände<br />
weiter nordwest-<br />
56<br />
de mit Eisenbahnstrecken und dem<br />
Bau des Hauptbahnhofes 1898 bis<br />
1906 belegt. Dagegen ist der westliche<br />
Wallring bis heute Parkanlage<br />
geblieben. Hier wurde im nordwestlichen<br />
Bereich ab 1819 der<br />
botanische Garten angelegt. In den<br />
weiter südlich anschließenden Bereichen<br />
der heutigen Großen Wallanlagen<br />
und dem heutigen Alten<br />
Elbpark fanden ab 1869 mehrfach<br />
Gartenbau- sowie Gewerbe- und<br />
Industrieausstellungen statt. Unterdessen<br />
entstand im Bereich des<br />
ehemaligen nordwestlichen Glacis<br />
vor dem Dammtor zwischen Wallring<br />
und vorgelagerter Sternschanze<br />
ab 1861 der ehemalige Hamburger<br />
Zoo und in dessen Nachfolge<br />
Abb. 3: Kleine Wallanlagen Hamburg, Blick von Süden nach Norden mit Wassertreppe<br />
und Natursteinterrassen IGA 1963 nach der Wiederherstellung.<br />
Foto: dpl Landschaftsarchitekten, H. Paschburg 2005
Holger Paschburg: Exkursion: Planten un Blomen, Hamburg/Westlicher Wallring<br />
Abb. 4: Kleine Wallanlagen Hamburg, Natursteinterrassen IGA 1963 nach der<br />
Wiederherstellung. Foto: dpl Landschaftsarchitekten, H. Paschburg 2005<br />
lich im Bereich der ehemaligen Niederdeutschen<br />
Gartenschau/„Planten un Blomen“ lag, zeigten sich<br />
die Großen und Kleinen Wallanlagen als einfache<br />
Parkanlage mit nun sanft modelliertem Gelände, geschwungenen<br />
Wegen und einigen Neupflanzungen.<br />
Die ehemaligen Bastionen sind seitdem nur noch<br />
durch leichte Erhöhungen und erhaltene Bauwerke<br />
wie das Museum für Hamburgische Geschichte markiert.<br />
Wesentlich wirken zudem bis heute die Umgestaltungen<br />
aus der Internationalen Gartenbauausstellung<br />
1963 nach, die den westlichen Wallring<br />
weitgehend in ihr Ausstellungsgelände einbezog.<br />
Ein großer Verdienst ist dabei die Zusammenführung<br />
der Parkbereiche durch eine kreuzungsfreie,<br />
fußläufige Erschließung. Die ehemals zwischen den<br />
Grabenabschnitten liegenden Wälle mit Straßen,<br />
die aus der inneren Stadt herausführen, wurden<br />
nun durch großzügige Brückenbauwerke ersetzt.<br />
Noch heute überdeckt hier der Klang tosender Wasserspiele<br />
den Straßenverkehrslärm. Zudem wurde<br />
1963 über die Anlage umfangreicher<br />
Wasserbecken in den Großen<br />
und Kleinen Wallanlagen der Verlauf<br />
der ehemaligen Wallgräben<br />
abgebildet und neu interpretiert.<br />
Die erneute Internationale Gartenbauausstellung<br />
1973 hat diese<br />
Elemente im Wesentlichen bis in<br />
unsere Zeit erhalten, jedoch den<br />
Umfang der Wasserläufe reduziert<br />
und vereinfacht. Die Erschließung<br />
in den Großen und Kleinen Wallanlagen<br />
hat durch die drei Internationalen<br />
Gartenbauausstellungen<br />
1953 bis 1973 und durch Umgestaltungen<br />
in der Folge eines Rahmenplans<br />
von 1986 zwar mehrfache<br />
Veränderungen erfahren,<br />
grundsätzlich wurde aber das Prinzip<br />
eines Hauptweges jeweils westlich und östlich<br />
entlang der ehemaligen Wallgräben, dazwischenliegender<br />
Verbindungswege und -plätze sowie über<br />
die Wasserläufe führender Brücken beibehalten. So<br />
zeigen die Großen Wallanlagen heute im westlichen<br />
Bereich nach Rückbau und Neubau der Hauptwege<br />
und des Eingangsbereichs Millerntor ab 1993 in<br />
Materialität und Linienführung ein neues Parkbild<br />
mit wenigen Resten der Gartenbauausstellungen.<br />
Dagegen bildet der östliche Bereich der Großen<br />
Wallanlagen heute noch weitgehend den Charakter<br />
der Internationalen Gartenbauausstellung 1973 ab.<br />
Wesentliche Elemente sind hier aufgehellte Asphaltwege<br />
(120°-Winkel), besonders um die damals fertiggestellte<br />
Eis- und Rollschuhbahn, und flach terrassierte<br />
Plätze und Wege, besonders im südlichen<br />
Bereich unterhalb des Museums für Hamburgische<br />
Geschichte.<br />
In den Kleinen Wallanlagen sind heute vor<br />
allem Elemente der Internationalen Gartenbauausstellung<br />
1963 erhalten und wiederhergestellt<br />
57
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
58<br />
Abb. 5: Alter Botanischer Garten Hamburg, Blick von Süden nach Norden, im<br />
Hintergrund Mittelmeerterrassen und Gewächshäuser IGA 1963 sowie Congresszentrum<br />
1973. Foto: dpl Landschaftsarchitekten, H. Paschburg 2012<br />
wie die Aussichtsterrassen, die Wassertreppe, der<br />
Wasserlauf mit Seerosenteich, die Natursteinterrassen<br />
und der marokkanische Garten. Um diese<br />
wieder in den ursprünglichen<br />
Zusammenhang zu stellen und<br />
den verlorengegangenen räumlichen<br />
Charakter wieder hervorzuheben,<br />
sind Umgestaltungen<br />
der 1970er Jahre und die Folgen<br />
unterlassener Pflege der Gehölzbestände<br />
beseitigt worden. Leitlinien<br />
waren hier die in einem<br />
Artikel von Heinrich Raderschall,<br />
der diesen Bereich zur Internationalen<br />
Gartenbauausstellung<br />
1963 mit Günther Schulze umgestaltete,<br />
genannten Gestaltungsabsichten:<br />
„Die Kleinen<br />
Wallanlagen werden wie sonst<br />
kein Ausstellungsteil von außen<br />
bedrängt, von Hauptverkehrsstraßen<br />
und hohen Gebäuden<br />
umschlossen. Es schienen uns<br />
daher bei der Planung einige<br />
Grundsätze wichtig: Die Grenzpflanzungen<br />
zu verstärken und<br />
[...] die Mitte der Talmulde freizuhalten,<br />
den Rundgang möglichst<br />
an die Grenzen heranzuführen,<br />
damit der Blick von der häßlichen<br />
Umgebung nach innen gelenkt<br />
werde. [...] Wir strebten in<br />
den wesentlichen Teilen unseres<br />
Vorschlags fort von der üblichen<br />
Form der Gartenschau. Wir wollten<br />
nicht noch größere Flächen<br />
mit effekthaschenden Blüten<br />
und Farben ausstatten [...]. Das<br />
Detail sollte gezeigt werden,<br />
ohne die große Linie aus dem<br />
Auge zu verlieren. [...] Alle Gärten strahlen aus<br />
zu der großen Rasenmitte und haben trotz ihrer<br />
Abb. 6: Alter Botanischer Garten Hamburg, Blick von Westen nach Osten mit<br />
Brücke IGA 1963 und rechts ehemalige Bastion Rudolphus.<br />
Foto: dpl Landschaftsarchitekten, H. Paschburg 2012
Holger Paschburg: Exkursion: Planten un Blomen, Hamburg/Westlicher Wallring<br />
Randlage direkten oder optischen Kontakt mit<br />
dieser ruhigen Mitte.“ 1<br />
In dem nördlich anschließenden Bereich des<br />
Alten Botanischen Gartens ist heute nicht nur die<br />
Topographie des ehemaligen Wallgrabens und<br />
der Bastion ablesbar. Ein Abgleich und eine Überlagerung<br />
historischer Pläne hat gezeigt, dass hier<br />
wesentliche Elemente aus dem 19. Jahrhundert<br />
wie Hauptwege, der ehemalige Haupteingang am<br />
Stephansplatz und der Narzissenhang sowie das<br />
Alpinum von 1903 auch heute noch weitgehend<br />
in denselben Wegeführungen erhalten sind. Dazugehörige<br />
Elemente wie Wegeeinfassungen, -treppen<br />
und Natursteinmauern werden bei den zurzeit<br />
durchgeführten Wegesanierungen eingebunden.<br />
Wünschenswert wäre hier auch die denkmalgerechte<br />
Überarbeitung des zur Internationalen Gartenbauausstellung<br />
1963 in den Alten Botanischen<br />
Garten eingebrachten Ensembles aus Mittelmeerterrassen,<br />
Schaugewächshäusern und Johan-van-<br />
Valckenburgh-Brücke sowie der Wasserspiele des<br />
Quellgrundes im Übergang zu den Kleinen Wallanlagen.<br />
1 RADERSCHALL, H. (1963): Kleine Wallanlagen. – In: Garten<br />
und Landschaft 6, S. 184.<br />
<br />
59
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
Licht, Luft und Sonne revisited<br />
Nachkriegs<strong>modern</strong>e und Stadtgrün in Hamburg<br />
Jürgen Pietsch<br />
Mensch ist nur glücklich<br />
„Dunterzubringen, wenn er gesund<br />
wohnt, das heißt, wenn er im <strong>Grün</strong>en<br />
wohnt, wenn seine Wohnung Licht<br />
und Sonne hat, und wenn eine günstige<br />
Durchlüftung des Wohnbereichs gewährleistet<br />
ist.“ Woran haben sich die<br />
Gestalter des Stadtgrüns der Wiederaufbau<strong>modern</strong>e<br />
in Hamburg orientiert?<br />
Gab es vom Städtebau dieser Zeit unabhängige<br />
Strömungen, oder finden sich gemeinsame<br />
ideologische Wurzeln? Die ideologischen Wurzeln<br />
des Städtebaues dieser Ära sind inzwischen hinreichend<br />
ausgeleuchtet: Zuletzt in der Hamburger<br />
Ausstellung „Die erwartete Katastrophe“, in der die<br />
Planung der Parole gehorchte, die schon die Planer<br />
der Weimarer Republik ausgegeben hatten: Auflockerung<br />
der Stadt, Gliederung in „Zellen“ und<br />
„Bandstädte“, die so luftig und „grün“ angelegt<br />
sein sollten, dass ihnen künftige Kriege,<br />
selbst Gaskriege, nichts anhaben können<br />
würden. Also ein aus heutiger Sicht erschreckend<br />
großstadtfeindlicher Impetus,<br />
der vor allem in der Zwischenkriegszeit<br />
entwickelt wurde, aber auch bis in<br />
die Zeit der Hochindustrialisierung des<br />
19. Jahrhunderts zurückreicht. Die in der<br />
Zwischenkriegszeit noch nachvollziehbaren<br />
städtebaulichen Ideen und Konzepte<br />
waren in den Wirtschaftswunderzeiten mehr<br />
als überholt. Ein Argumentationsstrang für Zeilenbauten<br />
und die Durchgrünung von Wohnsiedlungen<br />
lautete „Licht, Luft und Sonne“. Dieses Konzept<br />
stammt aber ursprünglich nicht aus dem Städtebau<br />
der 1920er Jahre des letzten Jahrhunderts, sondern<br />
wurde schon rund 50 Jahre vorher im Krankenhausbau<br />
entwickelt. Herausragendes Beispiel war dafür<br />
in Hamburg das 1889 in Pavillonbauweise errichte-<br />
60<br />
Abb. 1: Zeitstrahl. Quelle: PIETSCH 2013
Jürgen Pietsch: Licht, Luft und Sonne revisited – Nachkriegs<strong>modern</strong>e und Stadtgrün in Hamburg<br />
Abb. 2: Titelseite von Leberecht Migges programmatischer<br />
Publikation 1919.<br />
Quelle: Archiv J. Pietsch<br />
te „Neue Allgemeines Krankenhaus“ in Eppendorf,<br />
mit dem höchste Hygienestandards erreicht werden<br />
sollten.<br />
Camillo Sitte fordert in seinen „Anmerkungen<br />
zum Großstadtgrün“ 1904 „einen größtmöglichen<br />
sanitären und ästhetischen Erfolg bei gleichzeitig<br />
geringstem Aufwand an Geld und Raum“. Die vor<br />
dem Ersten Weltkrieg zur Vermeidung von ‚verderblichen‘<br />
Großstadteffekten aufblühende Gartenstadtidee,<br />
wurde, nach den während des Ersten<br />
Weltkriegs auftretenden Versorgungsproblemen zu<br />
Selbstversorgungssiedlungen umdefiniert. Die von<br />
Leberecht Migge, einem der wesentlichen Akteure<br />
dieser Zeit, entwickelten Vorstellungen über die<br />
Gestaltung städtischer <strong>Grün</strong>raume, auch zu Versorgungszwecken,<br />
wurden bis zum Ende des 20. Jahrhunderts<br />
nicht mehr übertroffen.<br />
Nach der Weltwirtschaftskrise Ende der 1920er<br />
Jahre kamen mit den Siedlungsprogrammen für Erwerbslose<br />
marginalisierte Bauformen hinzu, die von<br />
einer breiten Selbsthilfebewegung, dem „wilden<br />
Siedeln“, geprägt waren. Sowohl reformsozialistische,<br />
als auch agrarkonservative, großstadtfeindliche<br />
Ideologien und Utopien fanden hier Abnehmer.<br />
Die wohlbekannte ‚Charta von Athen‘ manifestierte<br />
den Zeitgeist der Planerinnen und Planer<br />
für die Städte der Industrieländer nicht nur für die<br />
Zwischenkriegszeit mit ihren spezifischen sozioökonomischen<br />
und Umweltverhältnissen, sondern war<br />
auch noch Jahrzehnte später wirksam, als sich die<br />
Verhältnisse längst verändert hatten.<br />
„Der Städtebaukunst fällt die Aufgabe zu, die<br />
Hierarchie der Werte wiederherzustellen, mit deren<br />
Hilfe der Mensch die Wohltaten der wesentlichen<br />
Freuden‘ zu genießen vermag, die Gaben der Natur,<br />
der Sonnen, des Raumes und des <strong>Grün</strong>s …“<br />
Schon die Erfahrungen des Ersten Weltkrieges,<br />
dann aber Guernica und die Flächenbombardements<br />
des Zweiten Weltkrieges ließen europaweit<br />
Konzepte reifen, die dagegen „unempfindliche“<br />
Siedlungsstrukturen gewährleisten sollten: die Kern-<br />
Begründung des „Abstandsgrüns“ der 1950er Jahre.<br />
Insbesondere die Schäden der „Operation Gomorrha“<br />
forcierten den bei Architekten und Stadtplanern<br />
schon länger diskutierten Zusammenhang<br />
von „Luftkrieg und Städtebau“. Überall sahen die<br />
Planer in den Kriegsfolgen eine „einmalige Gelegenheit“<br />
zur radikalen Neuordnung der Städte.<br />
Die Tendenz zur „Entstädterung der Stadt“ (nach<br />
DURTH 1988) dauerte bis zum Ende der 1960er Jahre.<br />
Einige Jahre erzeugten die Kriegszerstörungen<br />
allerdings ungeplante Siedlungs-<strong>Grün</strong>strukturen:<br />
61
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
62<br />
Abb. 3: Titel der Broschüre „Neu Altona“, 1956<br />
Quelle: Archiv J. Pietsch<br />
Den ausgedehnten Notunterkünften in Form von<br />
Behelfswohnheimen in Kleingartenanlagen, die in<br />
Hamburg wie auch in Berlin sehr verbreitet waren.<br />
Bei der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für<br />
Gartenkunst und Landschaftspflege wurde 1962 der<br />
ideologische Unterbau formuliert:<br />
<strong>Grün</strong> hilft überall und allen …<br />
<strong>Grün</strong> fördert das Wohlbefinden …<br />
<strong>Grün</strong> senkt Gefahren …<br />
<strong>Grün</strong> bildet …<br />
<strong>Grün</strong> hilft dem Städtebauer, gut gegliederte Städte<br />
zu schaffen …<br />
Die Nachkriegs<strong>modern</strong>e manifestierte sich keineswegs<br />
nur im Bereich der inneren Stadt. Neue Einfamilienhausgebiete<br />
und Großsiedlungen im Geist der<br />
Charta von Athen und „Die gegliederte und aufgelockerte<br />
Stadt (1957)“ zeigen den Geist deutlicher<br />
als das ‚<strong>Grün</strong>‘ in den als „Stadt“ wahrgenommenen<br />
Bereichen. Die Planer der Nachkriegs<strong>modern</strong>e hatten<br />
so wenig Verständnis für Urbanität und Stadtkultur<br />
wie die heutigen Stadtklimatologen, deren<br />
irrationaler Maßstab das Klima der Maiswüsten<br />
des Umlandes ist (nicht etwa Lebensqualität). Unverdrossen<br />
wurde an der autogerechten Stadtlandschaft<br />
weitergeplant. Unter dem Oberbaudirektor<br />
Werner Hebebrand soll Hamburg in den 1950er<br />
und 1960er Jahren zu einer <strong>modern</strong>en gegliederten<br />
und aufgelockerten Stadt und natürlich autogerecht<br />
werden. 1958 beschloss der Hamburger Senat, die<br />
Straßenbahn zugunsten der Autos innerhalb von 20<br />
Jahren abzuschaffen – die letzte Straßenbahn fuhr<br />
denn auch 1978. Deshalb sei hier an eine <strong>Grün</strong>kategorie<br />
erinnert, die leicht vergessen wird: Das Straßenbegleitgrün<br />
der innerstädtischen Schnellstraßen.<br />
Im Hamburger Aufbauplan 1960 heißt es u.a.: „Die<br />
<strong>Grün</strong>flächen müssen grundsätzlich unbebaut bleiben.<br />
Sie erfüllen ihre Aufgabe am besten, wenn sie<br />
als zusammenhängendes <strong>Grün</strong>flächennetz das gesamte<br />
Stadtgefüge durchziehen.“<br />
Als gliederndes Grundgerüst sollten, ausgehend<br />
vom Alsterbecken, die größeren Flusstäler von Alster<br />
und Wandse sowie städtische <strong>Grün</strong>flächen zu einem<br />
radialen System entwickelt werden, das in großräumige<br />
landschaftliche Erholungsgebiete zwischen<br />
den Siedlungsachsen mündet. Dieser Ansatz wurde<br />
in den 1980er Jahren zum „Landschaftsachsenkonzept“<br />
weiterentwickelt.<br />
Peter Gleichmann hat 1963 in seiner Arbeit „Sozialwissenschaftliche<br />
Aspekte der <strong>Grün</strong>planung in<br />
der Großstadt“ die geistesgeschichtlichen Grundlagen<br />
und gesellschaftlichen Leitbilder der (Nachkriegs-)Moderne<br />
jenseits verklärender Tümelei präzise<br />
herausgearbeitet (nach GLEICHMANN 1963). Einige<br />
Beispiele veranschaulichen die unterschiedlichen<br />
Ausprägungen in Hamburg. Hervorzuheben, sind<br />
neben der Bundesgartenschau 1953, hier insbeson-
Jürgen Pietsch: Licht, Luft und Sonne revisited – Nachkriegs<strong>modern</strong>e und Stadtgrün in Hamburg<br />
Abb. 4: City Nord, <strong>Grün</strong>gestaltung.<br />
Foto: J. Pietsch<br />
dere der Teilabschnitt Alstervorland<br />
die Planungen für Neu-Altona in<br />
den 1950er Jahren, die City Nord<br />
in den 1970er Jahren und Steilshoop,<br />
eine Großwohnsiedlung<br />
für 22.000 Menschen Ende der<br />
1960er Jahre.<br />
Für die Bundesgartenschau 1953<br />
wurde das sogenannte Alstervorland<br />
östlich des Harvestehuder<br />
Wegs, bisher den Villen jenseits der<br />
Straße zugehörig, auf Initiative des<br />
Ersten Bürgermeisters Max Brauer<br />
in städtisches Eigentum überführt<br />
und durch den Gartenarchitekten<br />
Gustav Lüttge in einen Skulpturenpark<br />
verwandelt. Ein herausragendes,<br />
bundesweit beachtetes<br />
Beispiel der Wiederaufbauplanung<br />
war Neu-Altona: Mein langjähriger<br />
Kollege an der TUHH, Christian Fahrenholtz, der<br />
selbst noch unter Werner Hebebrand (1899–1966)<br />
an Hamburg-Neu Altona mitgeplant hat, gestand<br />
kürzlich im Gespräch ein: „Es war eine Illusion. Der<br />
<strong>Grün</strong>zug trennt, statt zu verbinden.“<br />
Die City Nord ragt positiv aus der Hamburger<br />
Stadtlandschaft heraus. Als „Bürostadt im <strong>Grün</strong>en“<br />
wurde das Projekt im August 1959 beschlossen und<br />
im selben Jahr auf dem 11. Kongress des Congrès<br />
Internationaux d’Architecture Moderne in Otterloo/<br />
Niederlande der internationalen Fachwelt präsentiert.<br />
Auch hier musste eine Kleingartenanlage weichen.<br />
„Zu dem ganzen Vorhaben ist zu sagen, daß<br />
eine derartige, städtebauliche Situation wie in der<br />
Geschäftsstadt Nord bisher nicht existiert. Außer der<br />
Zweckbestimmung treten hier auch völlig neue Maßstäbe<br />
auf. Da das Prinzip vertreten wird, daß jeder<br />
auf seinem Gelände tun kann, was er will, soweit es<br />
nicht gegen allgemeine Baugesetze und -verordnungen<br />
verstößt, ist für die Gestaltung der Außenanlagen<br />
das Problem der straffen Form aufgeworfen“<br />
(JANTZEN 1964: 2). Große orthogonale Baumraster,<br />
teilweise in engem Stand, teilweise alleeartig oder<br />
als einfache, oft parallel gegeneinander verschobene<br />
Reihen in weitem Stand, bildeten die Leitstruktur<br />
der Freiräume. „Der historische Wert der City Nord<br />
besteht zunächst in den architektur- und gartenhistorischen<br />
Neuerungen bzgl. der Formensprache.<br />
Zum anderen manifestiert sich hier ideengeschichtlich<br />
das Ideal einer „Bürostadt im <strong>Grün</strong>en“, der „organischen“<br />
Verschränkung von Anforderungen der<br />
Betriebsorganisation sowie der persönlichen Regeneration<br />
in einer <strong>modern</strong>en Massengesellschaft.“<br />
Der Ausgleich für den Wegfall der ursprünglich<br />
geplanten Wasserbecken sollte „im wesentlichen in<br />
einer weiteren Aktivierung der <strong>Grün</strong>flächen“ liegen,<br />
etwa durch Möglichkeiten für die Kurzzeiterholung<br />
in den Pausen und Einrichtungen für Betriebssportgruppen.<br />
In ihrer Lage im Stadtraum und ihrer frühen<br />
gestalterischen Konzeption unter Werner Hebe-<br />
63
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
64<br />
brand stellt die City Nord eine Weiterentwicklung<br />
historischer Freiraumkonzepte wie der des Volksparks,<br />
der Gartenstadt und der autogerechten Stadt<br />
zur „Bürostadt im <strong>Grün</strong>en“ dar.<br />
Die Idee der Stadtlandschaft verkümmert zu Abstandsgrün-Landschaft<br />
– dann „kippt“ die Wahrnehmung.<br />
Die Ausweitung der Siedlungsflächen rief<br />
zunehmend Kritik, vor allem aus der Profession der<br />
<strong>Grün</strong>- und Landschaftsplaner, hervor. Ob die <strong>Grün</strong>e<br />
Charta von der Insel Mainau, unterzeichnet am 20.<br />
April 1961 anlässlich des fünften Mainauer Rundgespräches,<br />
oder die Resolution des Deutschen Werkbundes<br />
von 1960 „Die Landschaft muß das Gesetz<br />
werden“, die Strömungen der Zeit zielten u.a. auf<br />
„die Verhinderung vermeidbarer, landschaftsschädigender<br />
Eingriffe, z.B. beim Siedlungs- und Industriebau,<br />
beim Bergbau, Wasserbau und Straßenbau“<br />
und auf die „Schonung und nachhaltige Nutzung<br />
des vorhandenen natürlichen oder von Menschenhand<br />
geschaffenen <strong>Grün</strong>s“.<br />
Abb. 5: Großwohnsiedlung Steilshoop, <strong>Grün</strong>gestaltung zwischen den Wohnhochhäusern.<br />
Foto: J. Pietsch.<br />
Die in der Zwischenkriegszeit nachvollziehbaren<br />
städtebaulichen Ideen und Konzepte waren in den<br />
Wirtschaftswunderzeiten durch die gesellschaftliche<br />
Realität mehr als überholt: Allein die Möglichkeiten,<br />
den Traum vom Häuschen im <strong>Grün</strong>en mit Hilfe des<br />
Bausparens zu realisieren, hat für viele Menschen<br />
den Wohnraum der Nachkriegs<strong>modern</strong>e lediglich<br />
zu einer gern mitgenommenen Zwischenlösung gemacht.<br />
Normativ beinflusste das „Memorandum zum<br />
Goldenen Plan für Gesundheit, Spiel und Erholung“<br />
von 1961, kurz der „Goldene Plan“ der Deutschen<br />
Olympischen Gesellschaft, deren Richtwerte als<br />
Quasi-Norm für die Freiflächenplanung dienten, die<br />
städtische Freiflächenplanung für Jahrzehnte entscheidend.<br />
Danach ergab sich 1960 ein Gesamtbedarf<br />
von 127 Millionen m² für Kinderspielplätze,<br />
Sportplätze, Sporthallen, Hallen- und Freibäder. Für<br />
die Schaffung von Erholungs-, Spiel- und Sportstätten<br />
hatte die Deutsche Olympische Gesellschaft<br />
einen öffentlichen Investitionsbedarf<br />
von 6,3 Milliarden D-Mark ermittelt.<br />
Auch daran war einer der<br />
Promotoren der Nachkriegs<strong>modern</strong>e,<br />
der Hannoveraner Städteplaner<br />
Professor Dr. Rudolf Hillebrecht,<br />
wesentlich beteiligt. „Der Goldene<br />
Plan: die menschliche Stadt“ hieß<br />
die neue DOG-Leitlinie ab 1974.<br />
Auch die Großsiedlung Steilshoop<br />
sollte ursprünglich nach dem<br />
Konzept der „gegliederten und<br />
aufgelockerten Stadt“ bebaut werden.<br />
Die gestalterisch prägenden<br />
Steilshooper Ringe wurden nach<br />
anfänglichen Zeilenbauideen von<br />
Candilis, Josic, Woods als Hoflösung<br />
geplant, so wie es auch schon<br />
Fritz Schumacher und Gustav Oelsner<br />
im Wohnungsbau der 1920er
Jürgen Pietsch: Licht, Luft und Sonne revisited – Nachkriegs<strong>modern</strong>e und Stadtgrün in Hamburg<br />
Jahre in Hamburg und Altona getan hatten. Dafür<br />
mussten 800 dauerbewohnte Parzellen in den<br />
Kleingärten weichen. Ein wichtiges Stichwort der<br />
damaligen Debatten war die „Gesundung“ der<br />
Städte, die durch eine Durchgrünung der Stadtgestalt<br />
erreicht werden sollte und die gleichzeitig<br />
als Erholungsfläche für die Bewohner der Städte<br />
gedacht war; so auch in Steilshoop. Die riesigen<br />
Innenhöfe, jeder einzelne größer als der Rathausmarkt,<br />
vermitteln den Eindruck des Wohnens in<br />
einem Park. Die Mittelachse, vor allem im Ostteil,<br />
hat im Sommer durchaus den Charakter einer Flaniermeile.<br />
Wie bei vielen anderen Großsiedlungen zeigten<br />
sich in Steilshoop durch das sozio-ökonomisch verspätete<br />
Konzept schnell schwerwiegende Probleme,<br />
so dass es 1986 in das Sanierungsprogramm<br />
des Bundes und der Länder aufgenommen wurde.<br />
Es folgte die förmliche Festlegung Steilshoops<br />
nach §142 BauGB als Sanierungsgebiet von 1991<br />
bis 2000. Wie bei den meisten Hamburger Großsiedlungen<br />
sind so in den ersten 30 Jahren nach<br />
Fertigstellung Sanierungsmaßnahmen erforderlich<br />
geworden, deren Kosten weit über dem Erstellungspreis<br />
lagen.<br />
Die in Hamburg in den 1970ern erfolgte Verlegung<br />
des Botanischen Gartens aus den Wallanlagen<br />
nach Klein-Flottbek wurde unter anderem mit der<br />
Belastung der Umwelt in der City begründet (die Planung<br />
stammt aber wiederum schon aus den 1930er<br />
Jahren; seinerzeit sollte dort die „Hanseuniversität“<br />
errichtet werden).<br />
Viele in den 1960er und 1970er Jahren geplante<br />
<strong>Grün</strong>flächen – von „<strong>Grün</strong>en Mitten“ bis zu vom<br />
Autoverkehr getrennten Wegeverbindungen – wurden<br />
ab den 1980er Jahren als „Angsträume“ wegen<br />
fehlender Einsehbarkeit und Überschaubarkeit<br />
negativ konnotiert – nachdem die zunächst kleinen<br />
Bäume und Sträucher gemäß ihrer Natur herangewachsen<br />
waren.<br />
Fazit<br />
Die Nachkriegs<strong>modern</strong>e hat städtebaulich im Wesentlichen<br />
von der Vergangenheit gezehrt, also<br />
keine neuen Impulse gegeben – allerdings hat das<br />
Stadtgrün aus dieser Zeit, so lange es nicht auf Abstandsgrün<br />
reduziert war, nachhaltige Akzente setzen<br />
können. Denkmalwürdig ist davon dennoch nur<br />
wenig – in Hamburg sind es aber mindestens der<br />
Alsterpark und die <strong>Grün</strong>flächen der City Nord.<br />
Literatur<br />
Bericht über die Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft<br />
für Gartenkunst und Landschaftspflege vom 27.-<br />
30.6.1962 in Mainz. – In: Garten und Landschaft, 8/1962,<br />
S. 235.<br />
BERNADOTTE, W. (1988): Die Inszenierung der Alltagswelt.<br />
– Basel.<br />
GLEICHMANN, P. (1963): Sozialwissenschaftliche Aspekte der<br />
<strong>Grün</strong>planung in der Großstadt. – Stuttgart.<br />
GÖDERITZ, J. und HOFFMANN, H. (1957): Die gegliederte und<br />
aufgelockerte Stadt. – Tübingen.<br />
JANTZEN, T. A. (1.9.1964): Niederschrift über die Besprechung<br />
für das Gutachten „Außenanlagen im Geschäftsgebiet<br />
Nord“. Archiv Bauamt Hamburg Nord, Geschäftsstadt<br />
Nord, 3, Gesamt, 2. Planung (S. 2). – Hamburg.<br />
LE CORBUSIER (1957): <strong>Grün</strong> und Wasser in der Stadt. – Bonn.<br />
RIMPL, H. (1953): Die geistigen Grundlagen der Baukunst<br />
unserer Zeit. – München.<br />
SCHNITTER J. (2009): City Nord; online abrufbar: www.<br />
gartenhistorie.de/v1_09/gartenhistorie/city-nord/. 2009-<br />
10-10.<br />
SITTE, C. (1983): Der Städtebau nach seinen künstlerischen<br />
Grundsätzen. Reprint der 4. Auflage. – Wiesbaden. <br />
65
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
Zwischen Interpretation und Intervention<br />
Gartenkunst der Nachkriegszeit als Denkmalschicht<br />
Petra M. Martin<br />
Dass in der Nachkriegszeit entstandene<br />
Gärten und <strong>Grün</strong>anlagen<br />
Denkmale darstellen können, ist für die<br />
deutsche Denkmalpflege eigentlich eine<br />
Selbstverständlichkeit. Wenn es noch<br />
Nachholbedarf gibt, dann deshalb, weil<br />
noch Forschungsdefizite bestehen und<br />
damit Bewertungsgrundlagen fehlen.<br />
Anders sieht es aus, wenn es darum geht,<br />
Eingriffe der Nachkriegszeit in älteren<br />
Gartenanlagen denkmalpflegerisch zu bewerten. Im<br />
Folgenden soll das anhand von zwei Beispielen aus<br />
dem Stuttgarter Raum skizziert werden. Zwei Beispiele,<br />
die Ähnlichkeiten aufweisen, die sich aber<br />
hinsichtlich Art und Umfang des Eingriffes, vor allem<br />
aber im Hinblick auf die denkmalpflegerische<br />
Akzeptanz unterscheiden. Dabei handelte es sich<br />
zum einen um den Südgarten am Ludwigsburger<br />
Schloss, zum anderen um den Park der Villa Berg in<br />
Stuttgart.<br />
Der Südgarten am Schloss in Ludwigsburg<br />
Die Errichtung des Schlosses begann 1704 unter Herzog<br />
Eberhard Ludwig von Württemberg. Mit dem<br />
Ausbau zur Sommerresidenz ab 1709 entstanden<br />
die umfangreichen Gärten, die mit den Planwechseln<br />
beim Schlossbau wiederholt geändert wurden. Als<br />
erster Entwurf für den Südgarten ist der 1715 von<br />
Donato Giuseppe Frisoni angefertigte überliefert. Es<br />
folgten weitere Pläne, wie beispielsweise 1729/33<br />
der von Johann Adam Classen, oder ein noch späterer<br />
Entwurf für das Broderie-Parterre, der<br />
August Wilhelm Sievert zugeschrieben<br />
wird. Nachdem sich der barocke Südgarten<br />
zum klassizistischen Garten gewandelt<br />
hatte, kam es unter Wilhelm II. im<br />
19. Jahrhundert zu erneuten einschneidenden<br />
Umgestaltungen. Mit Abtransport<br />
der Orangerie gab man die Aufstellung<br />
von Kübelpflanzen auf. Stattdessen<br />
pflanzte man Obstbäume entlang der<br />
Hauptwege und verzichtete gänzlich auf die die vier<br />
Rasenfelder rahmenden Blumenrabatten.<br />
Die Struktur dieses klassizistischen Gartens behielt<br />
man bis in das 20. Jahrhundert hinein bei. In<br />
den 1930er Jahren dieses Jahrhunderts fielen dann<br />
allerdings alle Obstbäume, sodass die bis dahin be-<br />
66<br />
Abb. 1: Schlossgarten Ludwigsburg auf einer Postkarte von 1910.<br />
Foto: Vorlage aus Privatbesitz
Petra M. Martin: Zwischen Interpretation und Intervention<br />
Abb. 2: Planierungsarbeiten am Schlossgartensee im Sommer 1953.<br />
Foto: aus Parkpflegewerk H. Wiegel<br />
stehende räumliche Gliederung des Gartens verlorenging.<br />
1938 regte Albert Schöchle, der zu jener<br />
Zeit Gartendirektor der Stuttgarter Gärten war,<br />
an, durch Anlage neuer Wege und Einfassung der<br />
großen Rasenquartiere mit Buchsbaumhecken<br />
die Situation zu verbessern.<br />
Während des Zweiten<br />
Weltkrieges und noch bis 1949<br />
nutzte man die Wiesenflächen im<br />
Südgarten landwirtschaftlich; jedoch<br />
blieb er als ausgeräumte Anlage<br />
erhalten.<br />
1954 jährte sich das Datum der<br />
Schlossgründung zum 250sten<br />
mal. Für Schöchle, seit 1948<br />
nun auch verantwortlich für die<br />
Ludwigsburger Gärten, war das<br />
die Gelegenheit für eine Umgestaltung<br />
und insbesondere eine<br />
neue Nutzung: die Ausrichtung<br />
einer Gartenschau. Nach Ansicht<br />
Schöchles kam dafür weder eine<br />
rekonstruktion in Frage, da keiner<br />
der barocken Entwürfe jemals<br />
vollständig umgesetzt wurde und<br />
„man nur rekonstruieren könne,<br />
was einmal bestanden habe“.<br />
Noch hielt er andererseits aber eine<br />
<strong>modern</strong>e Gestaltung für angemessen,<br />
da sie die Einheit von Schloss<br />
und Garten nicht respektieren könne.<br />
Ein besonderes Problem sah er<br />
freilich in der noch auf den Klassizismus<br />
zurückgehenden, mangelnden<br />
Gliederung und der ungünstigen<br />
Topographie. Vor allem in der<br />
Blickrichtung von Süden, von wo<br />
– in Umkehr der barocken Erschließung<br />
– der neue Haupteingang in<br />
den Garten erfolgen sollte, kamen<br />
für ihn weder die Schlossfassade noch der vorgelagerte<br />
See ausreichend zur Geltung.<br />
Abb. 3: Südgarten nach der Umgestaltung zur Jubiläumsschau 1954.<br />
Foto: aus Kalender von 1959<br />
67
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
68<br />
Die 1954 von Schöchle durchgeführten,<br />
entscheidenden Maßnahmen<br />
lassen sich folgendermaßen<br />
zusammenfassen:<br />
• Die Fläche vor dem Schloss wurde<br />
bis hinter die Achse des ovalen<br />
Sees nach Süden verlängert,<br />
wobei diese Ebene um die Südseite<br />
des Sees einen Halbkreis beschreibt.<br />
• Vom See anfangend bis 20 m vor<br />
dem neuen Hauptzugang, der<br />
im Süden von der Königsallee<br />
erfolgte, wurde ein 30 m breiter<br />
Mittelstreifen ausgehoben.<br />
Am See endet dieser in einer geschweiften<br />
Treppe. Das Gefälle ist<br />
so berechnet, dass der See jetzt in vollem Umfang<br />
zu sehen ist.<br />
• Das untere Parterre vor dem Schloss wurde mittels<br />
Heckenquartieren neu gestaltet. Diese sollten<br />
einen neuen Maßstab für das Schloss schaffen, indem<br />
sie zwischen diesem und den wuchtigen seitlichen<br />
Alleen vermitteln.<br />
Das Ergebnis verlieh dem Südgarten ein neues, charakteristisches<br />
Aussehen:<br />
• Vom Haupteingang im Süden neigt sich die Mittelachse<br />
zum See. Diese Hauptachse ist flankiert<br />
von schmalen langen Blumenrabatten, in denen<br />
große Brunnenschalen mit Fontänen eingebettet<br />
sind. Hinter dieser so genannten Fontänenstraße<br />
ist eine Reihe von Taxuspyramiden angeordnet,<br />
die zur Kaschierung der Böschungen dienen.<br />
„Dank der starken Gliederungen insbesondere<br />
der Beete vor dem Schloss ist der bisherige, erdrückende<br />
und verkleinernde Eindruck verschwunden“,<br />
kommentierte Schöchle selbst das Ergebnis.<br />
• Im Blick vom Schloss über die Hauptachse wird<br />
eine andere der Intentionen Schöchles deutlich.<br />
Von der Freitreppe aus soll über die Böschung am<br />
Abb. 4: Südgarten nach der Instandsetzung 2013.<br />
Foto: P. Martin<br />
See und die Königsallee im Hintergrund eine doppelte<br />
Verjüngung der Mittelachse und damit eine<br />
Steigerung des „Raumgefühls“ erreicht werden.<br />
• Wieder von allen Seiten erlebbar ist der ovale See,<br />
der in minimalistischer Weise lediglich mit einem<br />
breiten Rasenband umfasst und mit einem Fontänenkranz<br />
bestückt ist.<br />
• Die Heckenquartiere vor dem Schloss haben neue<br />
Vierpass-Brunnen erhalten. Von Schöchle als „Seitengärten<br />
mit Triangelbeeten“ bezeichnet, sollten<br />
sie eine „<strong>modern</strong>e“ Präsentation mit Farben- oder<br />
Rosengärten im Inneren ermöglichen.<br />
Der Erfolg der Gartenschau 1954 führte dazu, dass<br />
man beschloss, die Anlage auch in der Folgezeit als<br />
„Blühendes Barock“ fortzuführen. Im Gegensatz zu<br />
den übrigen Ludwigsburger Gärten wurden deshalb<br />
für den Südgarten keine weitergehenden Entwicklungsziele<br />
formuliert. Erst 1983 nahm Dieter<br />
Hennebo zur zukünftigen Behandlung des Südgartens<br />
Stellung und stellte dafür einen Rahmenplan<br />
auf. Darin definierte er als Hauptziel eine schrittweise<br />
Zurückführung auf den klassizistischen Garten.<br />
Im Zeitraum von 1985 bis 2006 wurden vereinzelt
Petra M. Martin: Zwischen Interpretation und Intervention<br />
Abb. 5: Villa Berg in Stuttgart, Ansicht von Südosten mit Nymphenbrunnen von<br />
Albert Güldenstein, 1852. Foto: Vorlage im Landesamt für Denkmalpflege, Bildarchiv<br />
dementsprechende Maßnahmen umgesetzt, wobei<br />
die Umgestaltung durch Schöchle allerdings immer<br />
wieder zur Sprache kam, bis schließlich 2005 ein<br />
Symposium der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst<br />
und Landschaftskultur (DGGL) die Frage nach<br />
dem Wert der „Schöchle-Phase“ öffentlich diskutiert.<br />
Ergebnis dieses Symposiums war zum einen,<br />
dass die Gestaltung Schöchles als eine für die Geschichte<br />
der Ludwigsburger Gärten relevante Zeitschicht<br />
anzusehen ist. Zum anderen hielt man es<br />
für notwendig, ein Parkpflegewerk nach heutigem<br />
fachlichem Standard in Auftrag zu geben.<br />
Das inzwischen vorliegende Gutachten schlüsselt<br />
sehr genau die verschiedenen Entwicklungsphasen<br />
auf und visualisiert neben den textlichen Erläuterungen<br />
die Erkenntnisse in verschiedenen Überlagerungsplänen.<br />
Vor dem Hintergrund dieser vertieften<br />
Analyse ist es heute allgemeiner Konsens, dass die<br />
Umgestaltung des Ludwigsburger Südgartens durch<br />
Schöchle als eigenständige Zeitschicht anerkannt<br />
und beibehalten wird. Inzwischen wurde diese Phase<br />
in der Denkmalbegründung des<br />
Schlosses Ludwigsburg und seiner<br />
Gärten nachgetragen und als<br />
Denkmalschicht eigens gewürdigt.<br />
Die „Schöchle-Anlage“ wieder instandzusetzen<br />
und erlebbar zu machen,<br />
war auch Maßgabe für die in<br />
den letzten Jahren bis 2013 durchgeführten<br />
Sanierungsmaßnahmen<br />
am Südgarten. Inzwischen präsentiert<br />
sich der Ludwigsburger Südgarten<br />
mit restaurierter Fontänenstraße,<br />
wassergebundenen Wegen<br />
und wiederhergestellten Wasserspielen<br />
im großen Ovalsee.<br />
Park der Villa Berg in Stuttgart<br />
Bei der Villa Berg handelt es sich<br />
um die für das württembergische<br />
Kronprinzen- und spätere Königspaar Karl und Olga<br />
errichtete königliche Villa. Nach Entwürfen des<br />
Architekten Christian Friedrich Leins entstand diese<br />
1845–53 im Stil der italienisierenden Neurenaissance<br />
auf einer Anhöhe über dem Dorf Berg. Für die<br />
herrschaftliche Sommerresidenz lieferte Leins nicht<br />
nur die Entwürfe für die Gebäude, sondern auch<br />
den Gartenplan mit direkt an die Villa angrenzenden<br />
achsensymmetrischen Anlagen mit Rosengarten,<br />
See und Pergolen im Westen, sowie einem Skulpturengarten<br />
im Süden. Die Gartenpartien im weiteren<br />
Umfeld des weitläufigen Parks wurden landschaftlich<br />
gestaltet. Die Ausführung bekam der Stuttgarter<br />
Hofgärtner Friedrich Neuner übertragen.<br />
Bis in das 20. Jahrhundert hinein blieb die<br />
Leins’sche Gartengestaltung der Villa Berg im Wesentlichen<br />
unangetastet. Veränderungen erfolgten<br />
erst mit dem Verkauf der Villa Berg an die Stadt<br />
Stuttgart 1915. Zunächst wurde die Villa im Ersten<br />
Weltkrieg als Lazarett genutzt und der Park für die<br />
Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Mit der Nutzung<br />
69
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
70<br />
der Villa als Gemäldegalerie 1925<br />
erfolgte unter dem Gartendirektor<br />
Ehmann eine „besucherfreundlichere“<br />
Umwandlung des Parks<br />
zu einem Stadtpark, indem er die<br />
pflanzliche Vielfalt reduzierte und<br />
die formalen Gartenpartien in ihrer<br />
Gestaltungsvielfalt vereinfachte.<br />
Abb. 6: Die kriegszerstörte Villa Berg 1945.<br />
Foto: Vorlage im Landesamt für Denkmalpflege, Bildarchiv<br />
Im Zweiten Weltkrieg wurde die<br />
Villa 1943 durch Bombenangriffe<br />
getroffen und stark beschädigt,<br />
wogegen die Schäden am Garten<br />
gering blieben und nur kleine Teilbereiche<br />
betrafen. Die bis auf die<br />
Fassaden ausgebrannte Villa wurde<br />
zusammen mit dem Park 1947<br />
an den Süd-Deutschen Rundfunk<br />
(SDR – späterer Südwestrundfunk,<br />
SWR) abgegeben. Nach dem Wiederaufbau<br />
der Villa in reduzierter Form und dem Einbau eines<br />
Sendesaals folgten 1955–59 nördlich der Villa das<br />
Funkstudio von Architekt Gutbrod sowie 1960–65<br />
östlich davon das Fernsehstudio und südlich der Villa<br />
1961 der Bau einer Tiefgarage.<br />
Diese Neubauten hatten auch größere Veränderungen<br />
und Eingriffe in das Gartengelände zur<br />
Folge. So entwickelte Gisbert Baumann vom städtischen<br />
Gartenbauamt 1964 für den Kern der Gartenanlage<br />
unmittelbar um die Villa und die neuen<br />
Rundfunkgebäude sowie für den entfernteren Bereich<br />
im Westen und das östliche Gelände bis zum<br />
Leinsweg eine neue gartenarchitektonische Gesamtkonzeption,<br />
die 1966–67 umgesetzt wird. Die Gestaltung<br />
Baumanns lässt sich wie folgt beschreiben:<br />
• Auf dem Dach der Tiefgarage entsteht ein in sich<br />
geschlossener rechteckiger Parkraum. Umgeben<br />
von Sandsteinmauern oder heckenartiger Bepflanzung<br />
schottet sich dieser nach außen hin ab. Im<br />
Inneren ist die Anlage rechtwinklig geometrisch<br />
aufgebaut mit Plätzen, Räumen und Pflanzflächen.<br />
Anwendung finden typische Materialien aus<br />
der Zeit wie Waschbetonplatten, Beton, Asphalt.<br />
• Eine Kaskade aus großen rechteckigen Betonschalen,<br />
ausgekleidet mit blauer und lilafarbener Karlsruher<br />
Majolika, staffelt sich von der Ebene der Villa<br />
die Böschung hinab und endet in einem großen<br />
Wasserbecken.<br />
• Auf der Hauptebene finden sich aus Betonsteinen<br />
mit U-Profil geschaffene Hochbeete, aber auch<br />
ebenerdige Pflanzflächen mit Kleingehölzen und<br />
Blütensträuchern. Es entsteht ein differenziertes<br />
Angebot zum Entspannen durch Sitzecken, einer<br />
variablen Bestuhlung an der Wasserkaskade oder<br />
am Brunnen mit der Quellnymphe, sowie ein großes<br />
Angebot zum Freiluft-Schach- und Damespielen.<br />
• Der Studiogarten zwischen den Rundfunkgebäuden<br />
ist dagegen als halböffentliche Eingangszone<br />
zum SDR kleinteiliger gestaltet und geprägt<br />
von einem Wegesystem, das in 30 oder 60 Grad<br />
kreuzenden Diagonalen schräg auf die Gebäudeeingänge<br />
zuläuft. Teppichartige Staudenbepflanzungen<br />
dominieren diesen Gartenteil. Als Wege-
Petra M. Martin: Zwischen Interpretation und Intervention<br />
Abb. 7: Blick von der oberen Terrasse auf den Garten um 1967.<br />
Foto: Stadtarchiv Stuttgart, H. Wilde<br />
belag dienen große Waschbetonplatten, vereinzelt<br />
werden beckenartige Hochbeete und bepflanzte,<br />
tischartige Entlüftungsschächte integriert.<br />
Die neuen Gartenpartien im Park der Villa Berg wurden<br />
nach ihrer Eröffnung von der Stadtteilbevölkerung<br />
gut angenommen; sie sind bis heute erhalten<br />
und werden vom <strong>Grün</strong>flächenamt der Landeshauptstadt<br />
Stuttgart auch noch kontinuierlich in Pflege<br />
gehalten. Allerdings ist die einstige Aufenthaltsqualität<br />
verblasst und auch die Spielbereiche werden<br />
nur mehr sporadisch genutzt. Noch in den 1970er<br />
Jahren in vollem Umfang funktionstüchtig, präsentiert<br />
sich die südlich an die Villa anschließende Anlage<br />
heute in einem auf ein Mindestmaß an Pflege<br />
zurückgenommenen Zustand. Die Kaskade mit<br />
ihren gefliesten Becken führt kein Wasser mehr. Das<br />
untere große Wasserbassin ist undicht; um die darunterliegende<br />
Tiefgarage zu schützen, wurde das<br />
Becken abgedeckt und mit Sedum bepflanzt. Am<br />
Hang, an dem die Wassertreppe liegt, wurde die ursprüngliche<br />
Cotoneaster-Bepflanzung aufgegeben<br />
und zur leichteren Pflege statt dessen Rasen eingesät.<br />
2005 beschloss der SWR, sich aus der Villa Berg<br />
vollständig zurückzuziehen. Intensive Diskussionen<br />
über unterschiedliche Konzepte sowohl für die leergezogenen<br />
Gebäude als auch für den Park folgten.<br />
Nach Scheitern der Übernahmeverhandlungen mit<br />
diversen Investoren ist die zukünftige Nutzung der<br />
Liegenschaft weiterhin ungewiss.<br />
Seit 1987 ist die Villa Berg mit ihrem Park als<br />
Sachgesamtheit gemäß § 2 Denkmalschutzgesetz<br />
in der Liste der Kulturdenkmale erfasst. Im Zusammenhang<br />
mit dem Verkauf galt es jedoch zu prüfen,<br />
ob sich die Kulturdenkmaleigenschaft auch auf die<br />
in den 1960er Jahren umgestalteten Gartenpartien<br />
erstreckt. Das Landesamt für Denkmalpflege kam<br />
zu folgendem Ergebnis: Wie die Villa selbst stellt<br />
sich der Park als mehrschichtige Anlage dar. Relevant<br />
sind die in reduzierter Form noch an das 19.<br />
Jahrhundert erinnernden Bereiche wie das ehem.<br />
Hauptparterre mit Halbmondsee, die Rosenpergola<br />
und die landschaftlichen Partien der Unteren Anlagen.<br />
Eine für das Gartendenkmal gleichermaßen<br />
unverzichtbare historische Schicht stellen aufgrund<br />
ihrer hohen gestalterischen Qualität und ihres gut<br />
überlieferten substanziellen Zustandes die 1964<br />
konzipierten Areale um die Villa und die Rundfunkgebäude<br />
dar. Die Landeshauptstadt Stuttgart<br />
teilt diese Auffassung der Denkmalpflege. Es gibt<br />
allerdings auch nach wie vor Stimmen, die sich für<br />
eine Rückführung der Parkanlage und Aufgabe der<br />
1960er Jahre-Gestaltung stark machen. Inzwischen<br />
beabsichtigt die Landeshauptstadt Stuttgart, die Vil-<br />
71
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
la Berg wieder zu erwerben. Statt<br />
einer Wohnbebauung im Park anstelle<br />
der Rundfunkgebäude ist geplant,<br />
das Gelände zu renaturieren<br />
und die Villa Berg mit ihrem Park<br />
den Stuttgarter Bürgern weiterhin<br />
insgesamt als öffentliche Anlage<br />
zu erhalten.<br />
Stellt man die beiden Beispiele<br />
gegenüber und befragt sie zusammenfassend<br />
nach ihren Aussagen,<br />
lassen sich folgende Thesen ableiten:<br />
1. Die Landschaftsarchitekten der<br />
Nachkriegszeit verhalten sich<br />
gegenüber dem Bestand ganz<br />
unterschiedlich: Albert Schöchle lehnt in Ludwigsburg<br />
die zwar in die Jahre gekommene, aber<br />
erhalten gebliebene klassizistische Gestaltung ab<br />
und propagiert eine Rückführung auf ein barockes<br />
Gesamterscheinungsbild des Ensembles.<br />
Gisbert Baumann in Stuttgart dagegen respektiert<br />
das Vorhandene und ergänzt Fehlstellen mit<br />
neuer, <strong>modern</strong>er Gartenkunst.<br />
2. Beides sind bedeutende, eigenständige gartenarchitektonische<br />
Leistungen. Auch Schöchle ist<br />
dabei „<strong>modern</strong>“, indem er die barocke Topographie<br />
im Hinblick auf die Funktion als Gartenschau<br />
optimiert. Umgekehrt verhält sich Baumann „anpassend“,<br />
wenn er mit seiner Wasserkaskade<br />
italienische Villengärten der Renaissance und des<br />
Barock zitiert.<br />
3. Die Eingriffe der Nachkriegszeit in den Bestand<br />
als Denkmalschicht anzuerkennen, ist immer<br />
noch keine Selbstverständlichkeit und bedarf intensiver<br />
Vermittlungsarbeit.<br />
4. Offensichtlich gelingt dies bei einer interpretierenden<br />
Lösung wie im Ludwigsburger Südgarten<br />
leichter als bei einer intervenierenden wie im Park<br />
der Villa Berg in Stuttgart.<br />
Abb. 8: Villa Berg mit Wasserkaskade 2013.<br />
Foto: P. Martin<br />
Literatur<br />
GOHL, U. (2007): Die Villa Berg und ihr Park. Geschichte und<br />
Bilder. – Hefte zum Stuttgarter Osten, Bd. 13. – Stuttgart.<br />
DRAEGER, U. (1989): Die Villa Berg in Stuttgart. Magisterarbeit<br />
Universität Stuttgart (unveröffentlicht).<br />
Gartenbauamt der Landeshauptstadt Stuttgart (Hrsg.)<br />
(1993): Stuttgart. Das grüne Erlebnis. – Stuttgart.<br />
SCHÖCK, H. (1925): Villa Berg. Stadtpark und Städtische Gemäldesammlung.<br />
– Stuttgart.<br />
SCHILLING, E. (2002): Die Sechziger-Jahre-Anlagen des Parks<br />
der Villa Berg in Stuttgart. – Diplomarbeit Technische Universität<br />
Dresden (unveröffentlicht).<br />
SZYMCZYK, E. (1988): Der Ludwigsburger Schloßgarten. –<br />
Dissertation Universität Stuttgart (ungedruckt).<br />
WIEGEL, H. (2008): Schlossgärten in Ludwigsburg. Parkpflegewerk.<br />
Im Auftrag von Vermögen und Bau Baden-Württemberg,<br />
Amt Ludwigsburg. – Bamberg (unveröffentlicht).<br />
BÄUERLE, G., Wenger, M. (1998): Schloß Ludwigsburg. Die<br />
Baugeschichte, das Leben am Hof, die Gärten und das<br />
„Blühende Barock“. – Karlsruhe.<br />
MERTEN, K. (1987): Schlösser in Baden-Württemberg. –<br />
München.<br />
Staatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg<br />
(Hrsg.) (2004): Schloß Ludwigsburg. Geschichte einer barocken<br />
Residenz. – Tübingen.<br />
DEISEROTH, W. u.a. (2004): Landkreis Ludwigsburg. Stadt<br />
Ludwigsburg. Denkmaltopographie Baden-Württemberg,<br />
Bd. 1.8.1. – Stuttgart.<br />
<br />
72
Bettina Bergande: Erkennen, Erfassen, Bewerten – drei Beispiele aus der Planungspraxis<br />
Erkennen, Erfassen, Bewerten –<br />
drei Beispiele aus der Planungspraxis<br />
Bettina Bergande<br />
Zusammenfassung<br />
Gärten und Parks der Klassischen<br />
und der Nachkriegs<strong>modern</strong>e sind<br />
ein gartendenkmalpflegerischer Arbeitsschwerpunkt<br />
von TOPOS, Berlin. Am<br />
Beispiel der Neuen Nationalgalerie in<br />
Berlin (1962–1968), des Olympiaparks in<br />
München (1967–1972) und der Freundschaftsinsel<br />
in Potsdam (1937, 1952,<br />
1967–1979) werden die Bedeutung von<br />
Anlagen aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts<br />
im Kontext von Denkmalpflege, Stadtraum<br />
und heutigen Nutzungsansprüchen dargestellt sowie<br />
Anlässe und Chancen für eine Wiederherstellung<br />
beschrieben.<br />
Neue Nationalgalerie in Berlin<br />
Das Spätwerk Mies van der Rohes gehört zu den<br />
Architektur-Ikonen des 20. Jahrhunderts. Bekannt<br />
ist das Museum als solitäres Bauwerk, das sich am<br />
Rande des Berliner Kulturforums mit einer gläsernen<br />
Ausstellungshalle tempelartig über einem quadratischen<br />
Podium erhebt. Der an die untere Ausstellungshalle<br />
anschließende Skulpturengarten nach<br />
dem Vorbild des Skulpturengartens im Museum<br />
of Modern Art von Uwe Johnson in New York gehört<br />
zu den bedeutendsten Skulpturengärten der<br />
Moderne. Weniger bekannt ist die Konzeption der<br />
landschaftlichen Einbindung Mies‘scher Bauten in<br />
ihre natürliche Umgebung, die sich erst über die<br />
Beschäftigung mit seinem Gesamtwerk und seinen<br />
philosophischen und architekturtheoretischen Gedanken<br />
erschließt. Als Mies, der 1938 aus Deutschland<br />
emigrieren musste, in den 1960er<br />
Jahren in Berlin mit der Bauaufgabe einer<br />
Galerie des 20. Jahrhunderts betraut<br />
wurde, fand er das Baufeld als kriegszerstörte,<br />
abgeräumte Fläche vor, zwischen<br />
dem bereits wieder herangewachsenen<br />
Großen Tiergarten im Norden und dem<br />
Lenné‘schen Landwehrkanal mit seinen<br />
erhaltenen alten Kastanien im Süden gelegen.<br />
Der erste Lageplan aus der Präsentationsmappe<br />
gibt diese räumliche Situation wieder.<br />
Form und Struktur des Bauwerks mit seiner Quadratrasterung<br />
sind bereits ausgearbeitet und gestalten<br />
das Baufeld über die Grundstücksgrenzen hinaus<br />
bis an die Straßenkanten. Die wiederaufgebaute<br />
Matthäuskirche gibt die Ausrichtung des Museums<br />
an der Orthogonalität des historischen Stadtgrundrisses<br />
vor. Über ein Geflecht von Baumpflanzungen<br />
wird das Gebäude der Neuen Nationalgalerie in<br />
diesem Plan mit dem angrenzenden Stadtraum in<br />
Beziehung gesetzt. Bereits im Frühwerk von Mies,<br />
dem Haus Riehl in Potsdam-Babelsberg von 1907,<br />
ist ein dualer Naturbezug zu erkennen: einerseits als<br />
erweiterter ebenerdiger Wohnraum, der – von einer<br />
Gartenmauer gefasst – dem Wohnhaus im Stil eines<br />
regelmäßigen Bauerngartens vorgelagert ist, andererseits<br />
als weiter Blick über das Hanggrundstück<br />
zum damals noch unverbauten Ufer des Griebnitzsees.<br />
Durch die Anlage von offenen Loggien wird<br />
der Blick in die Landschaft zum Bild gerahmt, ein<br />
Motiv, das sich in Mies van der Rohes späteren Bauwerken<br />
wiederfindet. Der Skulpturengarten, der<br />
trotz seiner Größe und den fünf Meter hohen Um-<br />
73
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
74<br />
Abb. 1: Räumliche Ausgangssituation, Aufnahme während der Bauarbeiten 1966.<br />
Foto: Landesarchiv Berlin/J. Willa, F Rep. 290, Bild Nr. 115546<br />
friedungen einen introvertierten<br />
und kontemplativen Charakter<br />
hat, spiegelt den Ausstellungsbereich<br />
im Untergeschoss ins Freie,<br />
auf der ganzen Länge nur durch<br />
Glasflächen von diesem getrennt.<br />
Die landschaftliche Gestaltung des<br />
westlich und südwestlich anschließenden<br />
Grundstücks mit Großbäumen<br />
verortet den Skulpturengarten<br />
dennoch in seinem umgebenden<br />
Landschaftsraum. Auf der Ebene<br />
der Terrasse und der oberen Ausstellungshalle<br />
weitet sich der Blick,<br />
bildhaft gefasst durch die großen<br />
Glasscheiben, bis zum Ufer des<br />
Landwehrkanals. Das Gebäude<br />
selber wird durch Bäume gerahmt,<br />
die als lockere vegetabile Formen<br />
bewusst in Kontrast zur Strenge der Architektur<br />
gesetzt sind. Obwohl von der Berliner Gartendenkmalpflege<br />
bereits Gutachten zu einer möglichen<br />
Wiederherstellung erarbeitet waren, eröffnete sich<br />
erst mit der erforderlichen Grundinstandsetzung<br />
des Museums nach nunmehr 25 Jahren die Chance,<br />
auch die Freianlagen einer Grundinstandsetzung zu<br />
unterziehen. Im bautechnisch schwer zugänglichen<br />
Skulpturengarten haben die Gehölze mit ihren ungebremst<br />
weit streifenden Flachwurzeln die Granitplatten<br />
so stark angehoben, dass die Fläche nicht<br />
mehr gefahrenfrei begehbar ist. Der Feuerdorn hat<br />
sich zu einem dichten Strauchfilz entwickelt und<br />
die fein differenzierte, mehrstufige Pflanzung mit<br />
Sträuchern, Stauden und Gräsern, an der der Berliner<br />
Gartenarchitekt und Gartenamtsleiter Eberhard<br />
Fink mitwirkte, weitgehend verdrängt. Der<br />
westlich an den Skulpturengarten angrenzende<br />
Grundstücksteil, der ursprünglich mit begrünten<br />
Stellplatzflächen und dichten Baumpflanzungen als<br />
<strong>Grün</strong>streifen konzipiert war, ist durch ungeordnetes<br />
intensives Parken und die große Zahl abgängiger<br />
und deshalb gefällter Bäume zu einer reinen<br />
Verkehrsfläche verkommen. Für die seit 1995 als<br />
Baudenkmal sowie als Teil des Denkmalensembles<br />
Kulturforum geschützte Neue Nationalgalerie wird<br />
die Grundinstandsetzung seit 2011 durch das Büro<br />
Chipperfield Architekten geplant, die Planungen<br />
für die Außenanlagen erfolgen durch das Büro TO-<br />
POS. Bauherr ist die Stiftung Preußischer Kulturbesitz,<br />
vertreten durch das Bundesamt für Bauwesen<br />
und Raumordnung. Die Fertigstellung ist für 2017<br />
geplant.<br />
Literatur<br />
BLASER, W., NOACK, W. (2008): Natur pur, Wita Noack im<br />
Gespräch mit Werner Blaser. – In: Mies Haus Magazin<br />
2008. Periodikum zur Kultur der Moderne, S. 14–19. –<br />
Berlin.<br />
CAVALCANTI BRAUN, R. (2006): Mies van der Rohe als Gartenarchitekt.<br />
Über die Beziehungen des Außenraums zur<br />
Architektur. – In: Landschaftsentwicklung und Umweltforschung<br />
Berlin, Sonderband S 17. – Berlin.
Bettina Bergande: Erkennen, Erfassen, Bewerten – drei Beispiele aus der Planungspraxis<br />
LINGENAUBER, K. (2008): Landschaftsarchitektur und Nachkriegs<strong>modern</strong>e.<br />
Das Zusammenspiel von Architektur, Freiraum<br />
und Wasser. – In: Mies Haus Magazin 2008. Periodikum<br />
zur Kultur der Moderne, S. 36–41. – Berlin.<br />
NEUMEYER, F. (1986): Mies van der Rohe. Das kunstlose<br />
Wort. Gedanken zur Baukunst. – Berlin.<br />
PUCHMAYR, O. (2000): Gartendenkmalpflegerische Untersuchung<br />
der Freianlagen der Neuen Nationalgalerie Berlin.<br />
Vorschläge zur Instandsetzung. Diplomarbeit an der Technischen<br />
Fachhochschule Berlin. – Berlin.<br />
Abb. 2: Blick von der Terrasse in den Skulpturengarten und<br />
darüber hinaus in den rahmenden Landschaftsraum.<br />
Foto: J. Köppler<br />
JACOBS & HÜBINGER (2006): Neue Nationalgalerie Berlin –<br />
Gartendenkmalpflegerisches Gutachten im Auftrag des<br />
Landesdenkmalamtes, Referat Gartendenkmalpflege. –<br />
Berlin.<br />
KÖPPLER, J. (2011): Natur und Poetik in Mies van der Rohes<br />
Berliner Werken. – In: ANDRITZ, I. u.a.: Mies als Gärtner. –<br />
Zürich.<br />
KRUSE, CH. (2004): Schöne Aussichten – Zur Konzeption<br />
der frühen Gärten Mies van der Rohes. – In: Mies van der<br />
Rohe. Frühe Bauten. Probleme der Erhaltung. Probleme<br />
der Bewertung. – Petersberg.<br />
Olympiapark in München<br />
Die organisch fließende Architekturlandschaft mit<br />
den Zeltdächern Frei Ottos erlangte durch die Olympischen<br />
Spiele 1972 weltweite Aufmerksamkeit und<br />
steht für die Nachkriegs<strong>modern</strong>e der Bundesrepublik<br />
Deutschland. Die landschaftliche Gestaltung<br />
des Parks von Günther Grzimek ist in Fachkreisen<br />
dagegen vor allem durch die von ihm selbst propagierten<br />
Schlagworte „Gebrauchspark“ und „Besitzergreifung<br />
des Rasens“ bekannt. Neben den Nutzungsaspekten<br />
ist der Olympiapark aber auch ein<br />
Gartenkunstwerk mit vielschichtigen Bedeutungsebenen.<br />
Hier wurde zum ersten und bisher einzigen<br />
Mal in der Geschichte der neuzeitlichen Olympischen<br />
Spiele mit dem Olympiaberg als heiligem<br />
Berg Kronos, dem zum See aufgestauten Nymphenburger<br />
Kanal als Fluss Alphaios und dem Erdstadion<br />
die antike olympische Landschaft neu interpretiert.<br />
Politisch sollten die Olympischen Spiele als „Fest der<br />
Musen und des Sports“ und als „Olympiade im <strong>Grün</strong>en“<br />
ein bewusster Gegenentwurf zu den nationalsozialistischen<br />
Olympischen Spielen in Berlin 1936<br />
sein und der Welt die junge demokratische Bundesrepublik<br />
Deutschland präsentieren. Allerdings wurde<br />
die BRD mit dem terroristischen Anschlag auf<br />
die israelischen Sportler von der politischen Realität<br />
und Vergangenheit wieder eingeholt. War die Neue<br />
Nationalgalerie das Werk eines einzelnen genialen<br />
Architekten, so steht der Olympiapark für das kongeniale<br />
Zusammenwirken der Architekten Behnisch<br />
75
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
76<br />
und Partner, des Landschaftsarchitekten<br />
Günther Grzimek und seiner<br />
Mitarbeiter und der Designer unter<br />
der Verantwortung von Otl Aicher.<br />
Neben den Gewässern und der<br />
ausdrucksstarken Topografie, mit<br />
der die leichten, bewegten Zelt-<br />
Dachlandschaften verschmelzen,<br />
beschränkt sich die Wahrnehmung<br />
der Landschaftsgestaltung von<br />
Günther Grzimek zumeist auf die<br />
Verwendung von Leitbaumarten<br />
wie Linden, Kastanien und Silberweiden.<br />
Darüber hinaus werden jedoch<br />
im Olympiapark unterschiedliche<br />
Landschaftsbilder inszeniert,<br />
wie mit der Abbildung der Isarauen,<br />
ihren Kiesstränden und Silberweiden,<br />
der Gebirgslandschaften mit Latschenfeldern<br />
und Krüppeleichen, der oberbayerischen<br />
Seen mit einer Pfeifengraswiese am Ufer, trockener<br />
Flussbetten mit Geröll und nicht zuletzt der Blumenwiesen.<br />
Ziergehölze und Stauden mit starken jahreszeitlichen<br />
Farbaspekten wie Zierobst, Rosen und<br />
Staudenflächen mit Salbei oder Thymian schaffen<br />
Stimmungsbilder. Vegetationsstrukturen wie Rasterpflanzungen,<br />
Baumreihen, Solitärbäume oder Haine<br />
markieren besondere Orte oder Nutzungen. So<br />
genannte „Nationenbäume“ erinnern an die Herkunftsländer<br />
der Olympioniken. Eine Besonderheit<br />
des Olympiaparks ist auch seine Wegekonzeption.<br />
Mit Hilfe unterschiedlicher Ebenen trennte Grzimek<br />
strikt den Kfz-Verkehr von den Fußgängern, optisch<br />
durch die Materialwahl betont. Das für den Olympiapark<br />
geschaffene und in zahlreichen Einzelelementen<br />
noch vorhandene Gesamterscheinungsbild<br />
bezog auch Ausstattungselemente ein, die eigens<br />
für den Olympiapark entwickelt wurden. Durch den<br />
Verzicht auf kommerzielle Werbung konnte dieses<br />
visuelle Erscheinungsbild zudem seine Wirkung voll-<br />
Abb. 3: Pfeifengraswiese am Olympiasee, 1972.<br />
Foto: G. Linder<br />
ständig entfalten. Dem Olympiapark kam nach Grzimeks<br />
Überlegungen nicht nur eine Nutzungs- und<br />
Erholungsfunktion zu, sondern er sollte als kommunikativer<br />
Stadtraum auch eine zentrale kulturelle<br />
Bedeutung erlangen. Seit 1998 ist das gesamte Gelände<br />
einschließlich der nördlich gelegenen Hochschulsportanlagen<br />
und des Olympischen Dorfes als<br />
„Ensemble Olympiapark“ in die Denkmalliste eingetragen.<br />
Olympiastadion, Olympiahalle, Schwimmhalle<br />
und Olympiaturm sind zudem als Baudenkmale<br />
unter Schutz gestellt. Mit der Bewerbung Münchens<br />
für die Olympischen Winterspiele 2018 rückte der<br />
Olympiapark wieder verstärkt in das öffentliche<br />
Bewusstsein, nachdem bereits durch bürgerschaftliches<br />
Engagement ein Umbau oder gar Abriss des<br />
Olympiastadions erfolgreich abgewehrt worden war.<br />
Im Zusammenhang mit der Bewerbung wurden umfassende<br />
Untersuchungen des Geländes ausgelöst<br />
und damit einhergehend im Herbst 2010 auch ein<br />
Parkpflegewerk beauftragt. Bezogen auf die Pflege<br />
und Wiederherstellung der <strong>Grün</strong>flächen ist die<br />
Umsetzung des Parkpflegewerks bereits sukzessive
Bettina Bergande: Erkennen, Erfassen, Bewerten – drei Beispiele aus der Planungspraxis<br />
Literatur<br />
Arbeitsgemeinschaft Katrin Schulze/TOPOS (2012): Olympiapark<br />
München Parkpflegewerk im Auftrag der Landeshauptstadt<br />
München, Baureferat Gartenbau und SWM<br />
Service GmbH. – München/Berlin.<br />
BERGANDE, B., SCHULZE, K. (2013): Der Olympiapark – ein<br />
„Gebrauchsgegenstand“ unter Denkmalschutz? – In: HEN-<br />
NECKE, KELLER, SCHNEEGANS (Hrsg.): Demokratisches <strong>Grün</strong> –<br />
Olympiapark München. – München.<br />
Architektengruppe Olympiapark (2012): Zukunft Olympiapark<br />
München? Plädoyer für die Wiederherstellung des<br />
Gesamterscheinungsbildes. – München.<br />
MARANO, G.: Olympiastadion und Olympiapark München –<br />
bürgerschaftliche Denkmalpflege. – In: Sport-Stätten-Kultur.<br />
Historische Sportanlagen und Denkmalpflege (Hefte<br />
des deutschen Nationalkomitees von ICOMOS, XXVIII), S.<br />
78ff. – München.<br />
KÖNIG, A. (1996): Günther Grzimek. Ein Landschaftsarchitekt<br />
der Nachkriegszeit, Diplom-Arbeit TU München (unveröffentl.)<br />
Abb. 4: Farbgestaltung mit Staudenpflanzungen, 1972.<br />
Foto: G. Linder<br />
Freundschaftsinsel in Potsdam<br />
Die Freundschaftsinsel in Potsdam ist mit ihrem in<br />
den 1930er Jahren erstmalig entstandenen Staudenschau-<br />
und Sichtungsgarten ein bedeutendes Denkmal<br />
der Gartenkunst und seines geistigen Vaters, des<br />
in Angriff genommen. Die Problematik der intensiven,<br />
zumeist kommerziellen Veranstaltungsnutzung<br />
dagegen ist erst zu lösen, wenn die Politik der Aufforderung<br />
von Hans-Joachim Vogel (Süddeutsche<br />
Zeitung, 1998) folgt: „Es muss Freiräume geben,<br />
die von den ökonomischen Prinzipien und den landläufigen<br />
Nützlichkeitsüberlegungen ausgenommen<br />
sind.“ Das vierzigjährige Jubiläum der Olympischen<br />
Spiele von 1972 bot der Fakultät für Architektur der<br />
Technischen Universität München Anlass und Verpflichtung,<br />
ein Symposium abzuhalten und damit<br />
eine größere Fachöffentlichkeit für Erhalt bzw. Wiederherstellung<br />
und Nutzung gemäß den ursprünglichen<br />
Planungsansätzen herzustellen.<br />
Abb. 5: Veranstaltungsnutzung auf dem Coubertinplatz mit<br />
der olympischen Zeltdachlandschaft als Hintergrund, 2013.<br />
Foto: K. Schulze<br />
77
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
Gartenphilosophen und Staudenzüchters Karl Foerster.<br />
Weniger bekannt ist, dass sie auch mit ihren<br />
Umgestaltungen in den 1950er und 1970er Jahren<br />
ein bedeutendes Gartenkunstwerk und Denkmal<br />
der Nachkriegs<strong>modern</strong>e darstellt. Der erste Schauund<br />
Sichtungsgarten nach den Entwürfen Hermann<br />
Matterns hatte nur kurze Zeit Bestand. Nachdem<br />
die Arbeiten 1940 eingestellt worden waren ohne<br />
wesentliche bauliche Teile zu realisieren, wurde der<br />
Garten im Zweiten Weltkrieg mit Ausnahme eines<br />
Torhauses und von Teilen der Sandsteinpergola fast<br />
völlig zerstört. Karl Foerster setzte sich schon kurz<br />
nach dem Krieg dafür ein, den Staudengarten wieder<br />
neu anzulegen. Auf der Grundlage eines kleinen<br />
Wettbewerbs, aus dem die Gartenarchitekten<br />
Bauch und Funcke als Sieger hervorgingen, wurde<br />
der Staudenschau- und Sichtungsgarten nach einem<br />
überarbeiteten Entwurf durch Walter Funcke und<br />
mit erweiterten Flächen neu angelegt. Der bedeutendste<br />
Gartenbereich aus den 1950er Jahren ist der<br />
Wassergarten mit der Wasserachse aus Fontänenbecken,<br />
Seerosenbecken und dem Übergang in eine<br />
differenziert bepflanzte Sumpf- und Uferzone. Begleitet<br />
wurde die Wasserachse von Iris- und Taglilienbeeten.<br />
Mit dem Heidegarten und den benachbarten<br />
Pflanzflächen zeichnete Hermann Göritz, der für<br />
die Pflanzplanung in allen Gestaltungsphasen verantwortlich<br />
war, ein für die damalige Zeit neuartiges<br />
Bild der Pflanzenverwendung. Flache, teppichartig<br />
wachsende Stauden sind großflächig eingesetzt, Solitärstauden<br />
und Gräser bilden Höhepunkte in den<br />
Pflanzenarrangements. Mit der Umgestaltung des<br />
Stadtzentrums und seiner Öffnung zum Wasser in<br />
den 1960er Jahren gewann die Insel eine neue Bedeutung<br />
für die innerstädtische Erholungsnutzung.<br />
Die erst anlässlich der Weltjugendfestspiele in Angriff<br />
genommenen Umgestaltungen der Insel von<br />
1973 gehen auf die Planungen für die gärtnerischen<br />
Anlagen der Freundschaftsinsel aus den 1960er Jahren<br />
zurück. Durch die Ausstellung „Plastik im Freien“<br />
im Jahr 1966 erhielt das kulturelle Angebot der Insel<br />
eine neue Dimension: In Anknüpfung an die Tradition<br />
der feudalen Gärten von Sanssouci sollte auch<br />
hier die harmonische Verbindung von Kunst und Natur<br />
hergestellt werden. Neben den Plastiken sind auf<br />
der Insel auch keramische Arbeiten wie Pflanzgefäße<br />
und Ziermauern von Hedwig Bollhagen zu sehen,<br />
deren Objekte seit den 1950er Jahren in einem Aus-<br />
78<br />
Abb. 6: Entwurf Gartendenkmalpflegerische Wiederherstellung. Quelle: TOPOS/B. Bergande, 1999
Bettina Bergande: Erkennen, Erfassen, Bewerten – drei Beispiele aus der Planungspraxis<br />
Abb. 7: Pflanzplan für die Rekonstruktion des Rosengartens von Walter Funcke<br />
(1974) unter Verwendung historischer DDR-Züchtungen der 1960er und 1970er<br />
Jahre. Quelle: TOPOS/B. Bergande, 1999<br />
stattungsprogramm für Schulen, Kindergärten und<br />
Parkanlagen eingesetzt wurden. Mit dem Ausbau<br />
der Freundschaftsinsel für Sport und Freizeit anlässlich<br />
der Weltfestspiele 1973 wurden Einrichtungen<br />
wie Ausstellungspavillon, Café, Bootsverleih und<br />
ein Spielplatz geschaffen, die die Freundschaftsinsel<br />
zu einem attraktiven Ziel für die Erholung machten.<br />
Dies entsprach durchaus auch<br />
dem ursprünglichen Anliegen von<br />
Karl Foerster. Mit der Ausrichtung<br />
einer Bundesgartenschau im Jahr<br />
2001 erhielt die Stadt Potsdam die<br />
Möglichkeit, die Freundschaftsinsel<br />
durch die Wiederherstellung und<br />
die harmonische Verbindung von<br />
Denkmalbereichen unterschiedlicher<br />
Gestaltungsphasen sowie<br />
durch die Rücknahme beeinträchtigender<br />
Nutzungen und die Auflösung<br />
gestalterischer Mängel<br />
das Vermächtnis Karl Foersters<br />
fortzuführen. Wichtigstes Ziel<br />
war die Wiederherstellung und<br />
zeittypische Bepflanzung zusammenhängender<br />
Denkmalbereiche<br />
im Schau- und Lehrgarten, die<br />
jeweils eine Hauptgestaltungsphase<br />
der Insel mit weitgehend<br />
originaler Denkmalsubstanz repräsentieren.<br />
Die Neupflanzung<br />
der rund 100.000 Stauden, die zu<br />
einem Teil aus den zwischenzeitlich<br />
ausgelagerten, noch zum Teil<br />
erhaltenen Beständen der Freundschaftsinsel<br />
selber stammten,<br />
orientierte sich thematisch, in der<br />
Pflanzenverwendung und in der<br />
Arten- und Sortenauswahl an der<br />
jeweils wiederherzustellenden Gestaltungsphase.<br />
Der Rosengarten<br />
als erhaltenes Ensemble von Ausstellungspavillon,<br />
Ziermauern, Rankgerüsten, Ausstattungsgegenständen<br />
und polygonalen Beeten dokumentiert in<br />
hervorragender Weise die Gestaltungsauffassung,<br />
Materialverwendung und Bepflanzung der 1970er<br />
Jahre, wie sie durch Walter Funcke vertreten wurde.<br />
Durch Instandsetzung nach Plänen Funckes und<br />
Abb. 8: Wiederhergestellter Rosengarten aus den 1970er Jahren. Foto: B. Bergande<br />
79
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
unter Verwendung zahlreicher DDR-Rosenzüchtungen<br />
konnte der besondere Charakter der Anlage<br />
bewahrt bleiben. Im Rahmen der Bundesgartenschau<br />
war es auch möglich, eine lange Fahrstraße<br />
zurückzubauen und den Erschließungsverkehr<br />
durch den Neubau einer Brücke in Nähe der Gastronomie<br />
und des Pflegestützpunktes zu reduzieren.<br />
Auch die Erneuerung der gesamten Infrastruktur,<br />
die Instandsetzung bzw. Wiederherstellung der<br />
Wege und die Neugestaltung eines Spielbereiches<br />
hätten ohne die Fördermittel einer Gartenschau nie<br />
realisiert werden können. Darüber hinaus war sowohl<br />
während der Bauzeit als auch im Jahr der Gartenschau<br />
nicht nur eine großes mediales Interesse<br />
für die Freundschaftsinsel und ihre gärtnerischen<br />
Anlagen geweckt, sondern es konnte einem großen<br />
Publikum die gartenkünstlerische Bedeutung<br />
dieser Anlage durch zahlreiche Ausstellungen, Veranstaltungen<br />
und Publikationen wie einen Gartenführer<br />
nahegebracht werden.<br />
Literatur<br />
BERGANDE, B./TOPOS (1996): Freundschaftsinsel. Gartendenkmalpflegerische<br />
Analyse und Konzeption. – Berlin.<br />
Fazit<br />
Jubiläen und Gartenschauen sind ein guter Anlass,<br />
um Anlagen der Nachkriegs<strong>modern</strong>e in das öffentliche<br />
Bewusstsein zu bringen, sie zu schützen oder<br />
wiederherzustellen.<br />
Um zu verhindern, dass neue qualitätsvolle Anlagen,<br />
deren möglicher späterer Denkmalwert zu vermuten ist,<br />
der Gefahr einer Vernachlässigung oder Veränderung<br />
ausgesetzt sind, empfiehlt es sich, grundsätzlich nach<br />
Fertigstellung auch ein Parkpflegewerk zu erarbeiten. <br />
80
Wolfgang Gaida: Kommunale <strong>Grün</strong>flächen der 1950er und 1960er Jahre<br />
Kommunale <strong>Grün</strong>flächen der 1950er und<br />
1960er Jahre:<br />
das Erfassen – gegen das Vergessen<br />
Wolfgang Gaida<br />
ei und gibt es keine historischen<br />
bis auf wenige Ausnahmen fast keine<br />
„BGärten und Parks aus diesem<br />
Anstrengungen unternommen worden,<br />
Zeitraum.“(MUSCHIOL 1994: 1) Nur zu oft<br />
kann man diese, wenn auch nicht repräsentative,<br />
Äußerung – auch von Mitarbeitern<br />
der <strong>Grün</strong>flächenämter – hören.<br />
Es stimmt nachdenklich, wenn Berufskollegen,<br />
diese Aussage treffen.<br />
Die Denkmalpflege bemüht sich zwar,<br />
Garten – und Baudenkmäler vergangener<br />
Epochen zu erfassen und einige auch zu erhalten<br />
oder wieder herzustellen. Dagegen sind bis<br />
heute von den zuständigen Ämtern und Behörden<br />
die wichtigen Zeitzeugen der 1950er<br />
und 1960er Jahre zu katalogisieren und<br />
zu konservieren. Es ist somit nicht bekannt,<br />
wie viele gartenhistorisch wertvolle<br />
Anlagen, heute überhaupt aus<br />
dieser Zeit noch existieren. Obwohl die<br />
„Charta der historischen Gärten“, genannt<br />
„Charta von Florenz“, aus dem<br />
Jahre 1981 den „Trägern politischer Verantwortung“<br />
ein Interesse für historische Gärten und Parks<br />
abfordert, beschränkt sich die Gartendenkmalpflege<br />
Abb. 1: Parkanlage in Zweibrücken.<br />
Foto: Almuth Spelberg<br />
in Deutschland auf einige wenige<br />
Vorzeigeobjekte und kann daher<br />
als Stiefkind der Verwaltungen und<br />
der Öffentlichkeit angesehen werden.<br />
Vielmehr haben sogar Fachkollegen<br />
aus den <strong>Grün</strong>flächenämtern<br />
und auch Politiker in der<br />
Vergangenheit und noch in der<br />
Gegenwart durch den allzu „laxen“<br />
Umgang mit diesen Anlagen<br />
dazu beigetragen, dass wertvolle<br />
Anlagen auf Dauer verloren gegangen<br />
sind oder noch verloren gehen.<br />
Ausgelöst von dieser Tatsache hat<br />
der GALK-Arbeitskreis „Kommunale<br />
Gartendenkmalpflege“ sich zum<br />
Ziel gesetzt, den Wert kommunaler<br />
<strong>Grün</strong>flächen nicht nur unter Erho-<br />
81
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
82<br />
lungs- und städtebaulichen Aspekten<br />
zu betrachten, sondern auch<br />
den Zeugniswert der Anlagen für<br />
die Entwurfs- und Planungskultur<br />
sowie den ihnen eigenen gartenkulturellen<br />
Wert zu erkennen und<br />
herauszuarbeiten. Der Schwerpunkt<br />
der Arbeit beschäftigt sich<br />
zur Zeit mit den Anlagen der<br />
1950er und 1960er Jahre des 20.<br />
Jahrhunderts. Anders als bei Gebäuden<br />
aus jener Zeit, deren Zeugniswert<br />
und Eigenschaft als Zeitdokument<br />
bereits anerkannt ist,<br />
ist das bei <strong>Grün</strong>flächen aus jener<br />
Epoche kaum der Fall. Diese <strong>Grün</strong>anlagen,<br />
in den Anfangsjahren<br />
der Bundesrepublik Deutschland<br />
und der Deutschen Demokratischen Republik mit<br />
dem Schwung und Aufbauwillen der Nachkriegszeit<br />
entstanden, sind ein Spiegelbild des Zeitgeistes<br />
jener Jahre. Ebenso spiegeln sie den gesellschaftlichen<br />
Stellenwert wieder, den Garten- und Parkanlagen<br />
– und damit nicht zuletzt<br />
auch Gartenämter in dieser Zeit<br />
hatten. Viele dieser Anlagen wurden<br />
in späteren Jahren, insbesondere<br />
in den 1970er und 1980er<br />
Jahren, bereits wieder überformt,<br />
verändert, „<strong>modern</strong>isiert“. Erst<br />
in letzter Zeit wird man sich zunehmend<br />
der Qualitäten dieser<br />
Anlagen wieder bewusst: ihr spielerischer,<br />
experimentierfreudiger<br />
Umgang mit neuem Material wie<br />
Stahlrohr, Eternit und Glas, Kombinationen<br />
aus Natur- und Betonstein.<br />
Das Wissen darüber ist<br />
jedoch recht dürftig. Der GALK-<br />
Arbeitskreis „Kommunale Garten-<br />
Abb. 2: Detail aus einer Parkanlage in Zweibrücken.<br />
Abb. 3: Historische Parkanlage in Köln.<br />
Foto: Almuth Spelberg<br />
denkmalpflege“ hat sich daher die Aufgabe gestellt,<br />
Qualitätskriterien und gestalterische Beispiele<br />
zu erarbeiten, an denen <strong>Grün</strong>flächen der 1950er<br />
und 1960er Jahre erkannt, zeitlich zugeordnet und<br />
bewertet werden können.<br />
Foto: Almuth Spelberg
Wolfgang Gaida: Kommunale <strong>Grün</strong>flächen der 1950er und 1960er Jahre<br />
Als erste Schritte gegen das<br />
Vergessen hat der Arbeitskreis<br />
zum 50-jährigen GALK-Jubiläum<br />
eine Umfrage nach denjenigen<br />
Gartenamtsleitern gestartet, die<br />
seit 1945 oder seit <strong>Grün</strong>dung der<br />
GALK 1958 in den beteiligten<br />
Gartenämtern tätig waren. Um<br />
dem beschriebenen Ziel und der<br />
sich gestellten Aufgabe gerecht<br />
zu werden, muss eine Bestandserfassung<br />
der Anlagen aus der<br />
angesprochenen Zeitepoche initiiert<br />
vom Arbeitskreis gemeinsam<br />
mit den Mitgliedskörperschaften<br />
der GALK erarbeitet werden. Die<br />
derzeitige Praxis der Erfassung<br />
historischer Gärten und Parkanlagen in Deutschland<br />
stützt sich auf verschiedene methodische<br />
Ansätze, die in Bezug auf den erforderlichen<br />
Aufwand und die Aussagekraft erhebliche Unterschiede<br />
aufweisen.<br />
1. Erfassungsmethoden<br />
1.1 Listenmäßige Erfassung<br />
Bei der listenmässigen Erfassung werden alle Freiraumtypen<br />
flächendeckend zusammengetragen<br />
und Aussagen zu Ort, Anschrift und Art des Objektes<br />
gegeben. Eine bau- und stilgeschichtliche<br />
Kurzbeschreibung ergänzen die Angaben. Der für<br />
die Erfassung je Objekt erforderliche Aufwand ist<br />
relativ gering. Die Listen geben nur eine grobe<br />
Übersicht über die möglicherweise zu schützende<br />
historische Substanz, ermöglichen aber eine<br />
schnelle, flächendeckende Bestandsaufnahme aller<br />
Anlagen (NEHRING 1985: 107f). Ein Beispiel für<br />
die Erfassung in Listen ist die Veröffentlichung des<br />
Deutschen Heimatbundes (heute BHU) „Erfassung<br />
der historischen Garten- und Parkanlagen in<br />
der Bundesrepublik Deutschland“ zu nennen.<br />
Abb. 4: Detailansicht aus einer Parkanlage in Köln.<br />
Foto: Almuth Spelberg<br />
1.2 Kurzinventar<br />
Im Vergleich zur listenmäßigen Erfassung stützen<br />
sich Kurzinventare auf eine ausführlichere wissenschaftliche<br />
Bearbeitung der historischen Substanz.<br />
Sie erhalten eine kurze Beschreibung der Objekte,<br />
z.T. mit Skizzen, verzichten jedoch auf eine wissenschaftliche<br />
Dokumentation. Kurzinventare stellen in<br />
knapper und übersichtlicher Form eine „Überbrückung“<br />
bis zur Erstellung von Inventaren dar (NEHRING<br />
1985: 107f).<br />
1.3 Inventar<br />
Die wissenschaftlich dokumentierende Methode,<br />
auch topologische Methode genannt, entspricht bei<br />
der Erfassung historischer Garten- und Parkanlagen<br />
den „klassischen“ Kunst- und Baudenkmalinventaren.<br />
Sie stellt eine wissenschaftliche Beschreibung<br />
des Objektes unter Berücksichtigung seiner historischen<br />
Entwicklung bis zur Gegenwart dar und verweist<br />
zudem auf Bildquellen, Archivalien und Literatur.<br />
Dabei findet auch der Bezug der Gartenanlage<br />
zu Gebäudesubstanz und Umgebung Berücksichtigung<br />
(NEHRING 1985: 107f). Diese Methode stellt<br />
83
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
das Optimum bei der Erfassung in<br />
der Gartendenkmalpflege dar.<br />
2. Das Erfassungssystem<br />
Bei der Bestandsaufnahme der<br />
historischen Gärten und Parks der<br />
1950er und 1960er Jahre kann<br />
das beim Regionalverband Ruhr<br />
erarbeitete und mit der Fachhochschule<br />
Weihenstephan und der<br />
ehemaligen Universität-Gesamthochschule<br />
Essen abgestimmte<br />
und für Diplomarbeiten zur Erfassung<br />
der historischen Gärten und<br />
Parks im Ruhrgebiet angewandte,<br />
bewährte System verwendet werden.<br />
Die durch zu führende Bestandserfassung<br />
entspricht in der<br />
Form den klassischen Kunst- und<br />
Baudenkmalinventaren. Sie stellt<br />
eine wissenschaftliche Beschreibung des Objektes<br />
unter Berücksichtigung seiner historischen Entwicklung<br />
bis zur Gegenwart dar und verweist zudem auf<br />
Bildquellen, Archivalien und Literatur.<br />
Dabei findet auch der Bezug<br />
der gärtnerischen Anlage zur evtl.<br />
vorhandenen Gebäudesubstanz<br />
und Umgebung Berücksichtigung.<br />
Abb. 5: Springbrunnen in einer Parkanlage aus den 1950er Jahren.<br />
Foto: Almuth Spelberg<br />
Unter dem Punkt „Lage/Topografie“ kann ein<br />
Ausschnitt aus der Deutschen Grundkarte im Maßstab<br />
1:5000 oder eine Verkleinerung im Maßstab<br />
84<br />
2.1 Die Erfassungskartei<br />
Der „Kopfteil“ eines jeden Karteiblattes<br />
enthält Angaben zu den<br />
Punkten:<br />
• Objektbezeichnung<br />
• Freiraumtyp nach dem Schlüsselsystem<br />
für Freiraumtypen (nach<br />
SCHMIDT 1981: 121)<br />
• Kommune/Ortsteil<br />
• Strasse<br />
• Eigentümer<br />
Abb. 6: Schlüsselsystem für Freiraumtypen nach E. Schmidt
Wolfgang Gaida: Kommunale <strong>Grün</strong>flächen der 1950er und 1960er Jahre<br />
Abb. 7 und 8: zwei Seiten aus dem Erfassungsbogen für historische Gartenanlagen, Beispiel Schloss Oberhausen<br />
1:10000 eingefügt werden, in dem die Abgrenzung<br />
des Objektes markiert ist. Unter „Aufnahme“ werden<br />
der Name der Bearbeiterin/des Bearbeiters und<br />
das Aufnahmedatum eingefügt. Unter „Objektgeschichte“<br />
werden in wenigen, kurzen, knappen<br />
Sätzen die geschichtliche Entwicklung der erfassten<br />
Anlage und der Zusammenhang mit der historischen<br />
Entwicklung der evtl. vorhandenen Gebäudesubstanz<br />
aufgezeigt.<br />
Der Punkt „Realisierung“ enthält, soweit es Hinweise<br />
gibt, das Entstehungsjahr, die an der Realisierung<br />
des Objektes beteiligten Bauherrn und die<br />
Mitwirkung von Architekten, Gartenarchitekten,<br />
Künstlern und Handwerkern. Unter „Rechtschutz“<br />
werden stichwortartig die Aussagen der Denkmalliste,<br />
des Landschaftsplanes und/oder weiterer verbindlicher<br />
Planungen und/oder Verordnungen zusammengefasst.<br />
Im Abschnitt „Bemerkungen“ werden<br />
Hinweise auf Erstellung von Parkpflegewerken<br />
oder -konzepten und mögliche Erweiterungen zum<br />
Schutz des Objektes gegeben. Das Kapitel „Quellen,<br />
Literatur“ enthält eine Auflistung, der bei der Erfassungsarbeit<br />
verwendeten Literaturquellen, mündlichen<br />
Quellen, Archive und sonstige Fundorte, die<br />
85
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
Abb. 9b<br />
Eine Sammlung historischen und aktuellen Text-,<br />
Plan- und Bildmaterials im Abschnitt „Anlagen zur<br />
Kartei“ komplettiert die Gesamtdokumentation.<br />
Abb. 9a: Erfassungsbogen für den Kaisergarten/Schloss Oberhausen<br />
(vgl. auch Abb. 9b und 10).<br />
86<br />
über Material zur jeweiligen Anlage verfügen. Darüber<br />
werden Angaben zu Archiven gemacht,<br />
in denen möglicherweise Material über das erfasste<br />
Objekt vorhanden ist, die aber im Rahmen<br />
der Erfassungsarbeiten nicht aufgesucht werden<br />
konnten.<br />
Eine ausführliche Beschreibung der erfassten<br />
Garten- und Parkanlage, die die Entstehungs- und<br />
Entwicklungsgeschichte, den heutigen Zustand und<br />
eine Beurteilung oder Bewertung beinhaltet, befindet<br />
sich im Abschnitt „Anlagenbeschreibung“.<br />
Abb. 10
Wolfgang Gaida: Kommunale <strong>Grün</strong>flächen der 1950er und 1960er Jahre<br />
Abb. 11a-f: historisches Bild- und Kartenmaterial aus dem Erfassungsbogen für den Kaisergarten/Schloss Oberhausen<br />
87
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
3. Schlussbemerkung<br />
Viele der <strong>Grün</strong>anlagen aus den 1950er und 1960er<br />
Jahren sind in Deutschland allein dadurch gefährdet,<br />
dass sie entweder unbekannt sind und/oder als<br />
nicht wertvoll eingeschätzt werden. Die Abnahme<br />
der historischen Freiräume aus dieser Zeitepoche ist<br />
nicht nur durch Inanspruchnahme von Grund und<br />
Boden und durch Versäumnisse und Fehler beim<br />
Umgang mit diesen Anlagen gekennzeichnet, sondern<br />
auch durch zunehmende Rigorosität bei der<br />
Durchsetzung konkurrierender Nutzungsansprüche<br />
und ökonomischer Interessen, öffentliches Desinteresse<br />
und fachlicher Geringschätzung und Inkompetenz<br />
hervorgerufen worden. Um dieser Entwicklung<br />
gegenzusteuern muss eine Bestandserfassung, wie<br />
sie der GALK-Arbeitskreis „Kommunale Gartendenkmalpflege“<br />
initiiert als ersten Schritt zu einer<br />
wirksamen, nachhaltigen Gartendenkmalpflege<br />
durchgeführt werden.<br />
Literatur<br />
Charta der Historischen Gärten, genannt „Charta von Florenz“.<br />
– In: Das Gartenamt 35, Juli 1986, S. 413–415.<br />
GAIDA, W.: Erfassung und Maßnahmen zum Schutz und Erhalt<br />
kulturell wertvoller Garten- und Parkanlagen im Ruhrgebiet.<br />
– In: Westfälisches Amt für Landschafts- und Baukultur,<br />
Beiträge zur Landschafts- und Baukultur in Westfalen-Lippe,<br />
Heft 4 (Hrsg.): 1. Symposium zur Gartenkunst in<br />
Westfalen-Lippe in Bad Driburg am 5. Juli 2002, S. 37–50.<br />
MUSCHIOL, U. (1994): Erfassung historischer Garten- und<br />
Parkanlagen in der Stadt Hagen und im Ennepe-Ruhr-<br />
Kreis, S. 1. – Iserlohn.<br />
NEHRING, D.: Erfassen und Inventarisieren historischer Gärten<br />
und Freiräume. – In: HENNEBO, D. (1985) (Hrsg.): Gartendenkmalpflege,<br />
S. 106–119. – Stuttgart.<br />
SCHMIDT, E.: Stadtparks im Ruhrgebiet als „Denkmäler“. –<br />
In: Kommunalverband Ruhrgebiet/Deutsche Gesellschaft<br />
für Gartenkunst und Landschaftspflege e.V. (1981) (Hrsg.):<br />
Fachtagung Historische Freiräume und Denkmalpflege<br />
8./9. Oktober 1980, S. 101–130. – Essen. <br />
88<br />
Abb. 12a-c: Bildmaterial zum Schloss Oberhausen aus dem<br />
Erfassungsbogen
Frauke Röth: Die neuen Herausforderungen der Denkmalpflege in Potsdam<br />
Die neuen Herausforderungen der<br />
Denkmalpflege in Potsdam<br />
Komplexität und Widerspruch einer zeittypischen Debatte<br />
Frauke Röth<br />
he Parthenon did not serve the<br />
„Tsame purpose as its wooden<br />
ancestor. An airline does not serve the<br />
same purpose as the Parthenon. Every<br />
form has its own meaning. Every man<br />
creates his meaning and form and goal.<br />
Why is it so important what others have<br />
done? Why does it become sacred by the<br />
mere fact of not being your own? Why<br />
is anyone and everyone right – so long<br />
as it´s not yourself? Why does the number of those<br />
others take the place of truth? Why is truth made a<br />
mere matter of arithmetic – and only a addition at<br />
that? Why is everything twisted out of all sense to fit<br />
everything else? There must be some reason. I don´t<br />
know. I´ve never known it. I´d like to understand.“<br />
(RAND 1943: 12–13)<br />
Die Potsdamer Situation<br />
„Vor den Luftangriffen am 15. April 1945 war<br />
Potsdam eines der bedeutendsten, fast vollständig<br />
erhaltenen barocken Stadtkunstwerke in Deutschland<br />
[...] Das Gesamtkunstwerk Potsdam ist zu definieren<br />
in der Einheit planmäßiger Stadtentwicklung,<br />
sowie bau-, bild- und gartenkünstlerischer<br />
Schöpfungen in einer Synthese mit der umgebenden<br />
Park- und Kulturlandschaft des 17. bis 20.<br />
Jahrhunderts. Das Gesamtkunstwerk greift damit<br />
über die Stadtgrenzen weit hinaus“ (KALESSE, KARTZ,<br />
PETERSEN 1991: 2548). Mit dem barocken Gesamtkunstwerk<br />
hat die Potsdamer Denkmalpflege umfassende<br />
Verantwortung für ein seit<br />
1991 ausgesprochenes UNESCO-Weltkulturerbe.<br />
Geradezu überwältigend<br />
ist, trotz der Zerstörung eines großen<br />
Teils der Potsdamer Innenstadt, wie viel<br />
historische Bausubstanz ganz selbstverständlich<br />
das Stadtbild weiterhin prägt.<br />
Dieser großen Verantwortung und<br />
Herausforderung versucht die Denkmalpflege<br />
gerecht zu werden und die<br />
Aufgaben zu bewältigen. Der Fokus liegt auf den<br />
Architekturen des 17.–19. Jahrhunderts. Auch einige<br />
Bauten der Weimarer Republik wurden unter<br />
Denkmalschutz gestellt. Die Zeitschicht einer mittlerweile<br />
besonders „schutzbedürftigen“ (M. ESCHE-<br />
RICH) Architektur fällt dabei aber komplett heraus:<br />
der Schutz der Bauwerke der Nachkriegszeit. Zu<br />
sehr ist man damit beschäftigt, dem Bild des perfekten<br />
barocken Gesamtkunstwerks gerecht zu<br />
werden und gerät immer mehr in die Problematik,<br />
Potsdams Innenstadt in ein Museum zu verwandeln.<br />
Das historische Zentrum Potsdams wurde bei<br />
den Luftangriffen 1945 sehr stark zerstört. Für den<br />
Ort, an dem 1959–60 die Ruinen der Zerstörung<br />
beseitigt wurden, erarbeitete man in den 1970er<br />
Jahren einen vom Zeitgeist geprägten, sozialistischen<br />
Städtebau, der sich an den Idealen der Moderne<br />
orientierte. Sein Herzstück ist der 1977–78<br />
erbaute Staudenhof. Der Staudenhof ist ein Kind<br />
seiner Zeit, mit hohen architektonischen Qualitäten.<br />
Bestehend aus zwei Solitärgebäuden, einem<br />
89
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
90<br />
Hof und Außenanlagen, ist es<br />
ein Ensemble, das die Integration<br />
von Landschaft in die Architektur,<br />
im Stadtzentrum, als <strong>modern</strong>en<br />
städtebaulichen Ansatz, erlebbar<br />
macht. 1 Die besondere städtebauliche<br />
Gestaltung setzt sich aus drei<br />
wichtigen Elementen zusammen.<br />
Das erste Element, das „Haus des<br />
Reisens“, wurde bereits 2009 abgerissen.<br />
Der zweite Teil ist der<br />
Komplex des Staudenhofs, er wartet<br />
darauf, 2017–18 abgerissen zu<br />
werden. Das ehemalige Interhotel<br />
am Eingang zur Stadt, der dritte<br />
Teil, soll von der Stadt gekauft<br />
werden, damit diese es rückbauen<br />
kann.<br />
In unmittelbarer Nachbarschaft<br />
zum Staudenhof ist der Potsdamer<br />
Landtag, mit der neuen Hülle, die<br />
der Knobelsdorffschen Fassade<br />
möglichst originalgetreu nachempfunden<br />
ist, bereits äußerlich fertiggestellt.<br />
Im kommenden Jahr soll er<br />
bezogen werden. Die Akzeptanz<br />
in der Potsdamer Bevölkerung ist<br />
groß, offenbar kann sie sich gut<br />
mit dieser Architektursprache identifizieren<br />
2 (FORSA 2007: 7). Die Stadt<br />
freut sich über die Wiedererlangung<br />
dieses architektonisch besonders<br />
gepriesenen Juwels aus dem<br />
18. Jahrhundert. Als weiterer Baustein<br />
der historischen Innenstadt<br />
arbeitet man an der Rekonstruktion<br />
des Palast Barbarini und plant<br />
den Aufbau der historischen Blockrandbebauung<br />
auf den Flächen des<br />
dann abgebrochenen Staudenhofs.<br />
Abb. 1: Blick vom Interhotel auf das Ensemble des Staudenhofs und die Nikolaikirche.<br />
Im Hintergrund am linken Bildrand markierte das „Haus des Reisens“ den<br />
Eingang in die Innenstadt.<br />
Foto: Gerard, ca.1980, Potsdam Museum<br />
Abb. 2: Seit 2001 verschwunden und kaum vermisst, der Omnibusverkehrshof von<br />
Karl-Heinz Neumann, Baujahr 1975/76.<br />
Foto: IRS
Frauke Röth: Die neuen Herausforderungen der Denkmalpflege in Potsdam<br />
Abb. 3: Überlagerung der Schwarzpläne von 1939 und 1978 links und von 1939<br />
und der Planung für 2020 rechts. 1978: Die innerstädtische Blockrandbebauung<br />
und das Schloss sind zerstört, an der Stelle der alten Blockrandbebauung entsteht<br />
der Staudenhof. 2020: Die Utopie der Nachbildung einer detailgetreuen Vergangenheit<br />
lässt sich nicht mit den heutigen Ansprüchen an Mobilität vereinen. Die<br />
historischen und geplanten Baufluchten stimmen nicht überein.<br />
Zeichnung: Daniel Felgendreher, ARCH+<br />
Was erwartet man sich von dieser Architektur?<br />
Philipp Oswalt meint im Bezug auf die vergleichbaren<br />
Entwicklungen in Berlin: „Für die klassische<br />
Phase der Moderne in den 1920er-Jahren war Utopie<br />
die Vision von einer anderen, besseren Zukunft.<br />
In Berlin der letzten 20, 30 Jahre entwickelte sich<br />
ein anderes, rückwärtsgewandtes<br />
Konzept von Utopie. Die Utopie<br />
adressiert nicht mehr die Zukunft,<br />
sondern die Vergangenheit. Am<br />
liebsten würde man die Dinge ungeschehen<br />
machen, was angesichts<br />
der deutschen Geschichte im<br />
20. Jahrhundert eine verständliche<br />
Sehnsucht ist. Da dies unmöglich<br />
ist, versucht man, den Anschein<br />
zu erwecken, als hätten sich Dinge<br />
nicht ereignet. […] Vielmehr<br />
will man bestehende Spuren und<br />
Repräsentationen der Vergangenheit<br />
auslöschen und durch neue<br />
Repräsentationen ersetzen. Diese<br />
neuen Geschichtsbilder und Narrative<br />
sollen das Identitätsverständnis<br />
der Gesellschaft verändern“ (OS-<br />
WALT 2011: 64). Es ist eine Theorie,<br />
die die ungebremste Tilgung der<br />
Nachkriegsarchitektur und das Bestreben,<br />
alte Gebäude zu rekonstruieren,<br />
erklären kann. Dieser<br />
Umgang mit Geschichte ist jedoch<br />
äußerst fragwürdig. Vielmehr ist<br />
es wichtig, die Geschichte nicht zu<br />
verdrängen, sondern einen Umgang<br />
mit der Geschichte zu finden.<br />
Interessanterweise gilt Deutschland<br />
international als Vorbild für<br />
die Auseinandersetzung mit seiner<br />
Vergangenheit. Das spiegelt sich in<br />
dieser neuen Utopie nicht wider.<br />
Abgesehen davon, dass Geschichte<br />
ausgeblendet wird, ist unklar, wohin diese Utopie<br />
führen soll. An der Stelle, wo eine Zeitschicht ausgelöscht<br />
werden soll, müsste der Denkmalschutz greifen.<br />
In Potsdam ist die Fokussierung auf die barocke<br />
Architektur für die Denkmalpflege verführerisch,<br />
Abb. 4: Die Eingangssituation zum Hof des Staudenhofensembles. Auf der linken<br />
Seite wird der Hof vom Wohnhaus, rechts von der Bibliothek eingefasst. Im Hintergrund<br />
ist die Nikolaikirche zu sehen. Foto: Frauke Röth, 2009<br />
91
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
92<br />
doch die wenigen herausragenden<br />
architektonischen Zeitzeugen der<br />
Nachkriegszeit sollten dringend geschützt<br />
und für die Nachwelt erhalten<br />
werden. Zeigen sie doch auch<br />
die Wunden, die das DDR-Regime<br />
der Stadt, als Zerstörung nach der<br />
Zerstörung, zugefügt hatten und<br />
geben andererseits der konträren<br />
Architekturauffassung einer neuen<br />
Zeit Raum. Darüber hinaus bliebe<br />
die Bedeutung beider städtebaulich<br />
und geschichtlich besonderer<br />
Einschnitte für die Bewohner, aber<br />
auch für die Touristen Potsdams,<br />
sichtbar und erlebbar.<br />
Die neuen Herausforderungen<br />
für die Denkmalpflege<br />
Denkmalwerte kommen nicht aus<br />
dem Objekt selbst heraus, sie müssen<br />
ihm sozial zugewiesen werden<br />
(HAUPT 2013). Die Wertigkeit zu<br />
definieren, ist nun die Herausforderung<br />
der Gesellschaft und der<br />
Denkmalpflege. Auch wenn es<br />
eine Mehrheit gibt, die den Wert<br />
der Architekturen noch nicht erkennt,<br />
muss die Denkmalpflege<br />
sachlich und ohne Vorbehalte<br />
die Gestaltungen der Geschichte<br />
prüfen, abwägen und urteilen.<br />
In mehreren Fällen, in denen die<br />
Denkmalbehörden ihren Aufgaben<br />
nicht gerecht werden, versuchen<br />
Initiativen einen Teil der Aufklärungsarbeit<br />
und Dokumentation<br />
zu erarbeiten und nachzuholen. Das passiert auch<br />
in Potsdam. So gibt es zum Beispiel nun für Potsdam<br />
eine Dokumentation der besonderen Werke<br />
Abb. 5: Leerstehende Nachkriegs<strong>modern</strong>e, der Kolonnadengang des ehemaligen<br />
Instituts für Lehrerbildung Foto: Gunnar Tessin, 2010<br />
Abb. 6: Transparente Räume einer transparenten Architektur. Das frühere Buchgeschäft<br />
wird vor dem Umbau des Bibliotheksgebäudes zwischengenutzt durch eine<br />
Galerie. Foto: Maike Swyter, 2009<br />
der Nachkriegsarchitektur als Buch zu kaufen (HAJDU/<br />
TESSIN 2011). Von verschiedenen Initiativen wie Localize<br />
und Metropolar gab und gibt es Festivals und
Frauke Röth: Die neuen Herausforderungen der Denkmalpflege in Potsdam<br />
Events, die leerstehende Gebäude nutzen und darüber<br />
die Qualitäten der Architektur vermitteln. Dabei<br />
spielt die Auseinandersetzung mit der Geschichte,<br />
der Stadt, der Architektur und mit den Planern eine<br />
wichtige Rolle. Von der Seite der Denkmalbehörde<br />
gibt es aber kein Interesse und keine Unterstützung<br />
der Aktivitäten.<br />
Die Problematik des Denkmalschutzes ist bei<br />
der Nachkriegsarchitektur vielschichtig. Gerade in<br />
Potsdam begründet man den Abriss oft mit den<br />
technischen Schwierigkeiten, die sich beim Erhalt<br />
eines Gebäudes zeigen. Darüber hinaus gibt<br />
es die Problematik der Energieeinsparung. In diesem<br />
Bereich warten Plattenbaukonstruktionen und<br />
Betonbauten mit schlechten Wärmedämmwerten<br />
auf. Damit gelten die Gebäude als zu sanierungsbedürftig<br />
und finanziell nicht tragbar. Tatsächlich<br />
stellen sich mit den neuen Denkmalanwärtern<br />
neue Herausforderungen, da sich die Konstruktionen<br />
und Materialien verändert haben. Die Aufgabe<br />
der Denkmalpflege und der Fachleute ist es,<br />
sich nun diesen Herausforderungen zu stellen,<br />
wie sie es bei anderen anspruchsvollen schützenswerten<br />
Denkmälern auch tun. Mit ihren vorproduzierten<br />
Elementen steht die Architektur auch<br />
für die Egalisierung der Nutzer und spiegelt damit<br />
den Zeitgeist der Nachkriegszeit in Ost- und<br />
Westdeutschland wider. Dies steht für den demokratischen<br />
Anspruch der Politik und der Gesellschaft,<br />
der immer wieder betont wird. Damit<br />
kann und will sich aber heute nicht jeder identifizieren.<br />
Hier steht das Interesse der Politik, der<br />
Gesellschaft und der Finanziers öfter den Interessen<br />
der Fachleute entgegen und damit auch den<br />
Denkmalschützern. Die Architektur der Innenstädte<br />
ist die wichtigste Repräsentationsfläche<br />
der politischen und gesellschaftlichen Ansprüche.<br />
„Die <strong>modern</strong>en Massenbauten kommunizieren in<br />
den Städten auch immer die Herrschaft der Masse“<br />
(FISCHER 2011: 78). Eine Herrschaft der Masse<br />
oder eine Architektur für jedermann ist eigentlich<br />
eine andere Formulierung für soziale Ideale<br />
oder eine soziale Utopie, für die die Architektur<br />
der Massenbauten steht. Das passt vielleicht nicht<br />
in die heutige Zeit. Zumindest scheinen sich Potsdamer<br />
Mäzene wie Hasso Plattner oder Günther<br />
Jauch besser mit monarchischen Bildern zu identifizieren<br />
(METZNER 2007; FELGENDREHER 2011: 88,<br />
90). Die Rekonstruktionsarchitektur repräsentiert<br />
heutzutage wieder eine elitäre Schicht. Dass der<br />
Potsdamer Landtag im kommenden Jahr ausgerechnet<br />
in ein Haus einziehen wird, das für die<br />
Darstellung der Macht eines Monarchen entworfen<br />
wurde, ist delikat. In Ostdeutschland stehen<br />
die Massenarchitekturen heutzutage verständlicher<br />
Weise nicht nur in positiver Hinsicht als Sinnbild<br />
sozialer Utopien. Sie sind eng verknüpft mit<br />
dem Bild der DDR-Diktatur. Die Architektur muss<br />
im Hinblick auf seine Geschichte untersucht werden.<br />
Die Zerstörungen architektonisch und kulturell<br />
wichtiger Werte von 1959–68, müssen losgelöst<br />
betrachtet werden von der Diskussion über<br />
die Qualitäten der folgenden Architektur. Zwar<br />
wurde viel Wertvolles und Erhaltenswertes in den<br />
1950er und 1960er Jahren vernichtet, doch das<br />
rechtfertigt nicht die Wiederholung der Zerstörung<br />
in der folgenden Generation an Zeugnissen<br />
der Geschichte. Im Kontext der Potsdamer Debatten<br />
formulierte der Leiter des Potsdamer Instituts<br />
für Zeithistorische Forschung sehr treffend: „Die<br />
kulturelle Deutungskraft eines opferorientierten<br />
Regenerationsparadigmas hat dafür gesorgt,<br />
dass das städtebaulich zunächst utopische Projekt<br />
einer Schlossrenaissance Wirklichkeit werden<br />
konnte und zugleich die Bauten der SED-Zeit aus<br />
der schützenswerten Vergangenheit herausfielen.<br />
Ganz im Gegenteil als bloße Hindernisse auf der<br />
Freilegung einer verborgenen Vergangenheit verstanden,<br />
erleiden sie das Schicksal einer visuellen<br />
Ausgrenzung, die ihr Verschwinden als Heilung<br />
93
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
zu verstehen erlaubt, ohne dass<br />
dies bislang überhaupt Gegenstand<br />
einer öffentlichen Debatte<br />
geworden ist“ (SABROW 2012).<br />
94<br />
Ausblick<br />
Für die meisten Bauwerke kommt<br />
das Umdenken der Politik und<br />
der Denkmalpflege zu spät. Vieles<br />
Schützenswerte ist Potsdam bereits<br />
verlorengegangen. Der Omnibusverkehrshof,<br />
der allein auf Grund<br />
seiner Konstruktion schützenswert<br />
gewesen wäre, wurde 2001 abgerissen.<br />
Im Jahr 2005–2006 folgte<br />
das Fernmeldeamt, 2009 das Haus<br />
des Reisens. Auch das Schuhkaufhaus<br />
und die Landschaftsgestaltung<br />
vor der Schwimmhalle am<br />
Brauhausberg sind verschwunden. Der Abriss der<br />
Schwimmhalle selbst – der baugleiche Typus steht in<br />
Dresden unter Denkmalschutz – und des Terrassenrestaurants<br />
Minsk werden wohl, trotz Gegenstimmen<br />
aus der Bevölkerung, folgen. Das Rechenzentrum<br />
und der Pavillon an der Breiten Straße werden<br />
wahrscheinlich der Rekonstruktion der Garnisonkirche<br />
zum Opfer fallen (HAJDU/TESSIN 2011). Oftmals<br />
hinterließ der Abriss eine Brache. Eine folgende Bebauung<br />
war teilweise nicht einmal geplant, so stark<br />
ist der Wille, sich vom alten, ungewollten Erbe zu befreien.<br />
Realistisch scheint mir, dass in Potsdam nicht<br />
nur ein wiederaufgebautes Schloss den Brandenburgischen<br />
Landtag repräsentieren und die historische<br />
Innenstadt wieder aufgebaut wird, sondern, dass<br />
sämtliche schützenswerte Nachkriegsbauten aus<br />
der Innenstadt systematisch getilgt werden. Aber<br />
der Prozess für die Denkmalämter geht weiter. Auch<br />
wenn für viele Gebäude ein Umdenken zu spät<br />
kommt, stehen doch die nächsten schützenswerten<br />
Bauten aus den 80ern und 90ern schon parat, die<br />
Abb. 7: Die Fotografische Serie „Nachbarn“ begann im Rahmen Metropolars. Über<br />
40 Portraits der Bewohner des Staudenhofs sind durch die dokumentarische Arbeit<br />
der Künstlerin Kathrin Ollroge bereits entstanden. Ein Versuch die individuellen Geschichten<br />
der Bewohner trotz drohendem Abriss vorm Verschwinden zu bewahren.<br />
Fotos: © Kathrin Ollroge<br />
momentan noch nicht im Fokus sind. Die Architektur<br />
wird immer die Gesellschaft spiegeln, die diese<br />
Stadt bewohnt und formt. Die Aufgabe der Fachleute<br />
ist es, sich damit weiter auseinanderzusetzen,<br />
was eine Gesellschaft ausmacht, die sich mit dieser<br />
alten Architektur schmücken mag. Was für die Zukunft<br />
auch spannend sein wird, ist die Frage, wie<br />
lange sich das Interesse an den Wiederaufbauten<br />
und Abrissen fortsetzen wird. Wie geht die nachfolgende<br />
Generation mit diesem Erbe der wiederaufgebauten<br />
Architektur um? Werden die fehlenden<br />
Zeitschichten, die uns jetzt so sehr am Herzen<br />
liegen, irgendwann vermisst? Wird man besondere<br />
Nachkriegsarchitekturen irgendwann wieder aufbauen?<br />
In Berlin ist man schon dafür gewappnet,<br />
dass auch die folgende Generation eine Chance hat,<br />
sich als Opfer zu gerieren. So wird auf facebook von<br />
Marion Pfaus für 2050 schon mal zur Großen Jubiläums-Schloss-Sprengung<br />
am Schlossplatz eingeladen<br />
(PFAUS 2012). So kann man Geschichte zelebrieren<br />
und das eigene Geschichtsverständnis und die Er-
Frauke Röth: Die neuen Herausforderungen der Denkmalpflege in Potsdam<br />
fahrungen der vorhergehenden Generation der<br />
nachfolgenden Jugend verständlich machen.<br />
Anmerkungen<br />
1 Städtebauliche Planung: W. Berg, H. Görl; Freiflächenplanung:<br />
Hiltrud Berndt; Planung des Instituts für Lehrerbildung:<br />
Sepp Weber, W. Merz, D. Lietz, H. Gödicke; Planung<br />
der Wissenschaftlichen Allgemeinbibliothek: S. Weber, H.<br />
Ebert, P. Mylo, F. Neuendorf; Planung des Wohnhauses: H.<br />
Ebert, P. Mylo, F. Neuendorf.<br />
2 Fünfzig Prozent der Potsdamer Bürger sprachen sich laut<br />
einer Forsa-Umfrage 2007 für den Wiederaufbau des Stadtschlosses<br />
mit historischer Fassade aus. Dabei war der Anteil<br />
der Befürworter bei den 18–29-jährigen höher (53%) als bei<br />
den über 60-jährigen (46%); forsa 2007.<br />
3 Die beiden Originalkunstwerke, von Dombois „Zugabe“ genannt,<br />
werden pavillonartige Ständerwerke sein, auf denen<br />
Aluminiumplatten angebracht sind. Auf diesen Platten wird<br />
in einer Malwerkstatt fotorealistisch das Schloss Sanssouci<br />
aufgemalt. Das zweidimensionale Schloss Sanssouci quasi<br />
als „Zugabe“ zur dreidimensionalen Stadtschloss-Kopie<br />
– soll das vielleicht ein ironischer Kommentar zu der<br />
Entscheidung sein, den Landtag mit einer Rekonstruktion<br />
der Stadtschlossfassade von Knobelsdorff zu versehen,<br />
Herr Dombois? Nicht ironisch, antwortet der Professor an<br />
Abb. 8: Der Siegerentwurf „Zugabe“ für „Kunst am Bau“ des Landtags, 2011. Zwei<br />
zweidimensionale Pavillonkopien des Schlosses Sanssoucis verschönern den Innenhof<br />
der dreidimensionalen Kopie des Stadtschlosses 3<br />
Foto: ©Florian Dombois, Bildbearbeitung von Lutz Wendenburg<br />
der Zürcher Hochschule der Künste, eher humorvoll: „Es<br />
hat etwas Heiteres“. Früher sei die Stadt ein „royalistisches<br />
Fantasieland“ gewesen, jetzt sei es eben ein „demokratisches“<br />
(GB PNN 2013).<br />
Literatur<br />
BARTMANN-KOMPA, I.; KUTSCHMAR, A.; KARN, H. (1982): Architekturführer<br />
DDR Bezirk Potsdam. – Berlin.<br />
ESCHERICH, M. (2012): Stadtzentrumsgestaltung der DDR-<br />
Moderne. – In: Bund Heimat und Umwelt (Hrsg.): Klötze und<br />
Plötze – Wege zu einem neuen Bewusstsein für Großbauten<br />
der 1960er und 1970er Jahre, S. 119–126. – Bonn.<br />
FELGENDREHER, D. (2011): Potsdam. Knobelsdorff ist nicht zu<br />
(s)toppen. – In: Arch+ 2011, Nr. 204, S. 86–91.<br />
FISCHER, J. (2011): Rekonstruktivismus als soziale Bewegung<br />
– Eine architektursoziologische Aufklärung. – In: Arch+<br />
2011, Nr. 204, S. 76–79.<br />
forsa/argus (2007): Ergebnisse forsa Umfrage 2007.<br />
www.argus-potsdam.de/downloads/Ergebnisse_Forsa-Umfrage_2007.pdf.<br />
Gb PNN (2013): Zugabe fürs Fantasieland. www.pnn.de/<br />
potsdam/743604/<br />
HAJDU, H.; TESSIN, G. (2011): Und der Zukunft zugewandt.<br />
Potsdam und der gebaute Sozialismus. – Potsdam.<br />
HAUPT, I. (2013): Denkmalschutz für<br />
Nachkriegsbauten. – In: Werk, Bauen +<br />
Wohnen 10/2013, S. 10–16.<br />
KALESSE, A.; KARTZ, M.; PETERSEN, P. (1991):<br />
Denkmalpflege in einem Gesamtkunstwerk.<br />
– In: Bauwelt 48/1991, S. 2548–<br />
2557.<br />
METZNER, TH. (2007): Plattner schenkt<br />
Potsdam das Schloss. www.tagesspiegel.<br />
de/berlin/brandenburg/knobelsdorfffassade-plattner-schenkt-potsdam-dasschloss/1106560.html.<br />
OSWALT, PH. (2011): Rekonstruktion und<br />
Utopie. Das Unbehagen in der Moderne.<br />
– In: Arch+ 2011, Ausg. 204, S. 62–65.<br />
PFAUS, M. (2012): Humboldt21. www.<br />
humboldt21.de.<br />
RAND, A. (1943): The Fountainhead. – Indianapolis.<br />
SABROW, M. (2012): Umgang mit DDR-<br />
Architektur in Potsdam. Verschwindende<br />
Brüche. – In: PNN 19.01.2012, online:<br />
www.pnn.de/potsdam/615273/. <br />
95
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
Der Park um die Ecke<br />
Ein Plädoyer für eine geheime Oase<br />
Gabriele Schabbel-Mader<br />
96<br />
Zusammenfassung<br />
Bei dem Begriff Park hat man fast immer<br />
eine stolze Anlage vor Augen,<br />
alte Bäume, sanft gewellte Rasenflächen,<br />
vielleicht sogar Freitreppen oder Wasserflächen.<br />
Hamburg bietet eine Fülle von<br />
Beispielen für diese Bilder: den Jenisch-<br />
Park, den Stadtpark, aber auch unsere berühmte<br />
Perlenkette an der Elbe, die Reihe<br />
der kleineren Parks wie Hessepark, Baurs<br />
Park oder den Hirschpark. Hamburg ist zu Recht<br />
stolz auf dieses grüne Erbe. Wenn aber Hamburg<br />
zu den grünsten Städten Europas zählt, dann auch<br />
deshalb, weil es unzählige kleine <strong>Grün</strong>anlagen über<br />
die ganze Stadt verteilt gibt. Der Park um die Ecke<br />
sozusagen, oft nur nebenbei, beim Fahren durch die<br />
Stadt, wahrgenommen. Aus meiner eigenen Biografie<br />
weiß ich, wie wertvoll diese Plätze sind. Aufgewachsen<br />
in einer Wohnung, zunächst in Hamburg,<br />
anschließend in Mülheim an der Ruhr, waren diese<br />
Anlagen für mich die erste Begegnung mit der Natur<br />
und den Jahreszeiten. Und damit wurde bei mir ein<br />
Grundinteresse geweckt, welches letztendlich sogar<br />
zielführend für meine Berufswahl „Landschaftsarchitektin“<br />
war.<br />
Was zeichnet sie nun aus, diese kleinen Parks?<br />
Zum einen zeichnen sie sich durch die räumliche Begrenztheit<br />
aus; oft sind sie eingezwängt zwischen<br />
Häuserblocks oder es sind Restflächen eines ehemaligen<br />
Gartens, dann vielleicht sogar mit einzelnen<br />
schönen Ziergehölzen wie Magnolien oder alten<br />
Bäumen. Blumenbeete findet man dort selten,<br />
eher Rasenflächen, auf denen die Hunde<br />
toben können, ein paar Bänke, oft ein<br />
kleiner Spielplatz mit Minimalausstattung<br />
wie Sandkiste, Schaukel und Rutsche.<br />
Aber so etwas kann ein Paradies sein<br />
und ist ein sozialer Mittelpunkt für die<br />
Bewohner eines Quartiers. Kinder lieben<br />
solche Plätze und finden dort ihre eigenen<br />
Nischen, oft genug neben den für sie<br />
vorgesehenen Geräten. Ich bitte nachträglich<br />
die große Buchengruppe mit ihrem herrlichen<br />
Wurzelwerk um Verzeihung, aber wir hatten<br />
dort als Kinder unsere Puppenwohnung, und ein<br />
hoch gewachsenes Wurzelknie war unser Herd. Aus<br />
meiner heutigen fachlichen Sicht natürlich unmöglich.<br />
Das Besondere an diesen Parks war nicht die<br />
Ausstattung, sondern die fußläufige Nähe zu den<br />
Wohnungen: man kann mal für ein halbe Stunde<br />
„rausgehen“. Mütter mit kleinen Kindern gehören<br />
zu den intensivsten Parknutzern, in einer Großstadt<br />
ersetzen die Parks den eigenen Garten. Endlose<br />
Nachmittage verbringen die Mütter dort, dabei liegt<br />
bei Ihnen die Arbeit genauso zu Hause wie bei den<br />
gartenbesitzenden Müttern, die ihre Kinder nebenbei<br />
beaufsichtigen können. Irgendwann ist der Park<br />
den Kindern so vertraut, dass sie sich allein dorthin<br />
trauen. Die Möglichkeit, sich auch einmal aus der<br />
Beengtheit einer 3- oder 4 Zimmer-Wohnung trennen<br />
zu können, empfinden auch schon Kinder als<br />
befreiend, und der „Park um die Ecke“ ist ein Platz,<br />
den sie allein erreichen können. Auch ältere Menschen<br />
nutzen den Park zum Ausruhen auf dem Weg<br />
zum Einkaufen, als Treffpunkt zum Klönschnack
Gabriele Schabbel-Mader: Der Park um die Ecke<br />
und auch mal als Möglichkeit, ohne eigene Enkelkinder<br />
spielende Kinder zu erleben. Wir reden über<br />
<strong>Grün</strong>züge, Siedlungsgrün, Abstandsgrün, Blockrandbebauung,<br />
der Park um die Ecke bricht all dies<br />
herunter auf ein menschliches Maß. Wir planen für<br />
Menschen, und unsere Erfolge müssen wir daran<br />
messen lassen, wie die Anlagen angenommen werden.<br />
Mein Großvater Siegfried Lange war ebenfalls<br />
Gartenarchitekt und Gartenamtsleiter in Lüneburg<br />
in den 1950er und 1960er Jahren. Er hat mir sein<br />
Gestaltungsprinzip für das Stadtbild verraten: Überall,<br />
wo es ging, kleine <strong>Grün</strong>inseln anzulegen: eine<br />
wohlplazierte Bank, ein Beet mit Rosen oder Sommerblumen.<br />
Nach dem Krieg lechzten die Menschen<br />
nach Farbe. „Ecken-Lange“ wurde er deshalb genannt.<br />
In Bezug auf die Mitarbeiter für die Pflege<br />
waren das damals goldene Zeiten. Eine Stadt wie<br />
Lüneburg mit 60.000 Einwohnern hatte eine eigene<br />
Stadtgärtnerei, in der die Sommerblumen selbst gezogen<br />
wurden. Alles dies wurde wegrationalisiert. Es<br />
ist doch eigentlich traurig, dass heute, in wirtschaftlich<br />
viel besseren Zeiten als nach dem Krieg, viel weniger<br />
Wert auf die Pflege gelegt wird und die <strong>Grün</strong>flächenämter<br />
chronisch unterbesetzt sind.<br />
Was sind die Lösungen?<br />
Wie schaffen wir es, dass den Parkflächen wieder<br />
eine größere Wertschätzung zukommt? Guerilla-<br />
Gardening? Patenschaften für <strong>Grün</strong>flächen? „Silbersommer<br />
& Co.“, also Pflanzkonzepte mit stadtklimafesten<br />
Stauden und anorganischen Mulchmaterialien?<br />
Meiner Meinung nach ist es das Wichtigste,<br />
die grünen Oasen zu erhalten, nicht jede Fläche<br />
zuzubauen, also beim Stichwort Nachverdichtung<br />
nicht zu sehr zu pressen, sondern Nischen bestehen<br />
zu lassen und nicht mal eben zugunsten einer geschlossenen<br />
Straßenfront zu bebauen. Eine Studie<br />
hat ergeben, dass gerade die kleinen <strong>Grün</strong>flächen<br />
innerhalb einer Stadt ganz entscheidend zum Temperaturausgleich<br />
beitragen. Eine zusammenhängende<br />
<strong>Grün</strong>fläche ist viel effektiver als einzelne Bauminseln,<br />
die viel zu schnell austrocknen. Die Zeichen<br />
der globalen Erwärmung spüren wir in der Stadt<br />
viel stärker als im Umland, wo große Ackerflächen<br />
die Temperaturen noch ausgleichen. Als Präsidentin<br />
der Gesellschaft zur Förderung der Gartenkultur ist<br />
es mir ein Anliegen, das Bewusstsein für den Wert<br />
von gestaltetem <strong>Grün</strong> zu schärfen, das Verständnis<br />
für Pflanzen als lebendigen Organismus zu stärken<br />
und sich selbst nur als einen Teil des ökologischen<br />
Gesamtsystems zu begreifen. Die Parks um die Ecke<br />
sind vergleichbar mit den Tante-Emma-Läden. Jedes<br />
Quartier hatte so einen kleinen Laden, fußläufig gut<br />
erreichbar für Mütter mit kleinen Kindern, Kinder,<br />
die losgeschickt wurden, ihre ersten Einkäufe zu machen,<br />
ältere Menschen ohne Auto. Mit der „Automobilmachung“<br />
in den 1970er Jahren entstanden<br />
die Einkaufszentren auf der „grünen Wiese“, die<br />
kleinen Läden verschwanden, den Stadtquartieren<br />
fehlte eine lebendige Mitte, eine Verödung ging damit<br />
einher. Aber seit einiger Zeit gibt es eine Wiederbelebung<br />
der Quartiere. Es sind die Türken mit Ihren<br />
herrlichen Obstläden, die Inder und Araber mit ihren<br />
rund um die Uhr geöffneten Familienbetrieben, die<br />
sich in den kleinen Läden eine Existenz aufbauen.<br />
Und die kleinen Parks? So wie es auch in den früheren<br />
Gestaltungsepochen immer eine Bewegung<br />
und eine Gegenbewegung gab, auf den Barock<br />
folgte der englische Landschaftspark, so warte ich<br />
nun auf die Gegenbewegung als Antwort auf die<br />
großen zentralen <strong>Grün</strong>anlagen, die es natürlich in<br />
einer Stadt geben muss, aber eben nicht ausschließlich.<br />
Und die ersten verheißungsvollen Anzeichen<br />
sind da, es entstehen Gartenprojekte wie das Gartendeck<br />
in Hamburg, die Prinzessinnengärten in Berlin<br />
oder gleich eine ganze essbare Stadt wie in Andernach.<br />
Die Politik ist aufgefordert, diese Tendenz<br />
zu erkennen und bewusst bei neuen Bauvorhaben<br />
zu hinterfragen und als Maßstäbe für neue menschliche<br />
Bauprojekte umzusetzen.<br />
<br />
97
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
Das Museum als Garten – der Garten<br />
im Museum<br />
Das LVR-Freilichtmuseum Kommern<br />
Josef Mangold<br />
98<br />
Freilichtmuseen sind ganz besondere<br />
Museen. Unter freiem Himmel präsentieren<br />
sie ihre oft sehr großen Exponate:<br />
Wohnhäuser, Scheunen, Ställe,<br />
Werkstätten, aber auch – je nach Anlage<br />
und Konzept – alte Haustierrassen sowie<br />
kulturlandschaftliche Besonderheiten der<br />
dazustellenden Region(en) mit Wiesen,<br />
Weiden, Äckern und Gärten. Daneben<br />
bieten sie mit landwirtschaftlichen Arbeiten<br />
und Vorführungen alter Handwerkstechniken<br />
einen lebendigen Einblick in das Leben vergangener<br />
Zeiten.<br />
Die Idee der Freilichtmuseen wurde Ende des 19.<br />
Jahrhunderts in Skandinavien entwickelt. Zu Beginn<br />
stand der Erhalt traditioneller Bauweisen und -techniken<br />
im Mittelpunkt, die verlorenzugehen drohten.<br />
So „sammelte“ man Häuser, zerlegte sie und<br />
richtete sie – wie in Skansen bei Stockholm ab den<br />
1890er Jahren – in einer parkähnlichen Umgebung<br />
wieder auf. Landschaft, Landwirtschaft, Lebens- und<br />
Arbeitsbedingungen spielten zunächst eine untergeordnete<br />
Rolle. Erst Mitte des 20. Jahrhunderts,<br />
verstärkt seit den 1970er Jahren, wurden auch das<br />
Wohnen, die Bewohnergeschichte, die Lebens- und<br />
Wirtschaftsverhältnisse zunehmend in den Forschungsmittelpunkt<br />
gerückt, damit wurde auch der<br />
Blick auf die regionalen Rahmenbedingungen und<br />
kulturlandschaftlichen Besonderheiten ausgeweitet.<br />
So sind vor allem die in Deutschland seit Ende der<br />
1950er Jahre gegründeten größeren Freilichtmuseen<br />
regional ausgerichtet und sammeln, bewahren,<br />
erforschen und vermitteln das<br />
ländliche kulturelle Erbe. Sie bieten zudem<br />
wertvolle Erholungsräume, soziale<br />
Kontaktflächen und – wie im LVR-Freilichtmuseum<br />
Kommern schon sehr früh –<br />
neben den Gebäuden auch Lebensräume<br />
für Pflanzen und Tiere.<br />
Immer aber stehen hier die Verbindungen<br />
zwischen Kultur und Natur, zwischen<br />
Haus und der umgebenden Kulturlandschaft, das<br />
Leben und Arbeiten, und damit auch die Wechselbeziehungen,<br />
der Eingriff des Menschen in dieses<br />
System, im Vordergrund.<br />
Das LVR-Freilichtmuseum Kommern<br />
Das im Jahre 1958 als Rheinisches Freilichtmuseum<br />
gegründete LVR-Freilichtmuseum Kommern ist das<br />
Abb. 1: Gartenzwerge am Bungalow Kahlenbusch.<br />
Foto: Ute Herborg-Oberhäuser/LVR-Freilichtmuseum Kommern
Josef Mangold: Das Museum als Garten – der Garten als Museum<br />
Abb. 3: Bauerngarten am Haus aus Kessenich.<br />
Foto: Ute Herborg-Oberhäuser/LVR-Freilichtmuseum Kommern<br />
Abb. 2: Dreifelderwirtschaft in der Baugruppe Eifel.<br />
Foto: Ute Herborg-Oberhäuser/LVR-Freilichtmuseum Kommern<br />
zweitälteste große regionale Freilichtmuseum<br />
in Deutschland. Nach<br />
kurzer Aufbauphase konnte es bereits<br />
im Jahre 1961 mit insgesamt<br />
elf zum Teil noch nicht ganz fertig<br />
gestellten Gebäuden eröffnet<br />
werden. Heute umfasst das Freilichtmuseum<br />
Kommern auf einem<br />
weitläufigen Gelände von ca. 100<br />
ha auf einem Bergrücken in der<br />
Eifel vier Baugruppen, die die Zeit<br />
zwischen dem 15. Jahrhundert und<br />
dem 20. Jahrhundert abdecken:<br />
die Baugruppen Westerwald, Eifel/<br />
Eifel-Vorland, Bergisches Land und<br />
Niederrhein mit insgesamt 69 originalen<br />
historischen, ins Museumsgelände<br />
versetzten Gebäuden. Schon<br />
von Anfang an ging es <strong>Grün</strong>dungsdirektor Adelhart<br />
Zippelius um eine – in der Wissenschaftsgeschichte<br />
der Volkskunde und der Freilichtmuseen vielzitierte<br />
– ganzheitliche Darstellung, also auch um ökologische<br />
Chancen und Möglichkeiten. Er meinte damit<br />
die Verklammerung und Präsentation von Natur und<br />
Kultur als zentralem Element. Damit verfolgte er<br />
einen zur damaligen Zeit innovativen und sehr visionären<br />
Ansatz und räumte diesem<br />
Präsentationsziel in den folgenden<br />
Aufbaujahren höchste Priorität ein.<br />
So gehörten landschaftsgestalterische<br />
Maßnahmen von Beginn an<br />
zum Aufbaukonzept, denn die im<br />
Rheinland regional unterschiedlichen<br />
Dorfstrukturen sollten entsprechend<br />
präsentiert werden: Die<br />
Eifel als kleines Straßendorf, der<br />
Niederrhein als Einzelhofsiedlung,<br />
der Westerwald mit seinem unregelmäßigen<br />
Dorfbild und das Bergische<br />
Land als kleiner Weiler. Zu<br />
dieser Häuseranordnung gehörten<br />
bewirtschaftete Äcker, Wiesen,<br />
Weiden, aber vor allem auch Gärten,<br />
die den Besucherinnen und<br />
99
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
100<br />
Besuchern natur- und kulturräumliche Wechselwirkungen<br />
im jahreszeitlichen Wandel veranschaulichen<br />
sollten. So standen und stehen noch heute in<br />
Kommern der kontinuierliche Gebäudeaufbau und<br />
die Präsentation der Kulturlandschaft gleichwertig<br />
nebeneinander.<br />
Durch Projekte und internationale Tagungen<br />
wurden Themen und Fragestellungen der ganzheitlichen<br />
Darstellung, der Kulturlandschaft und des<br />
Naturschutzes im LVR-Freilichtmuseum Kommern<br />
bereits seit den 1980er Jahren immer weiter vertieft:<br />
• 1980 startete das Projekt Anlage biogenetischer<br />
Reservate im Rheinischen Freilichtmuseum, 1 bei<br />
dem es erstmals um die Erstellung von Listen von<br />
Pflanzen ging, die vor dem Ende des 19. Jahrhunderts<br />
in Bauerngärten des Mittel- und Niederrheins<br />
beheimatet waren. Im Mittelpunkt stand<br />
die Frage, inwieweit Freilichtmuseen in der Lage<br />
sind, durch die systematische Ansiedlung von seltenen,<br />
vom Aussterben bedrohten Pflanzengesellschaften<br />
einen entscheidenden Beitrag zu deren<br />
Erhaltung zu leisten und so auch als Genpool zu<br />
fungieren. 2<br />
• 1981 folgte das vom Verband der Europäischen<br />
Freilichtmuseen und der Bundesforschungsanstalt<br />
für Naturschutz und Landschaftsökologie<br />
veranstaltete Internationale Symposium mit dem<br />
Titel „Dörfliche Vegetation im Freilichtmuseum.<br />
Erhaltung gefährdeter dörflicher Pflanzengesellschaften<br />
und historischer Nutzpflanzenkulturen“.<br />
Dabei ging es um Fragen der Pflanzenvielfalt, um<br />
Schutz gefährdeter Pflanzengesellschaften, Einbeziehung<br />
des naturräumlichen Milieus, Naturschutz<br />
als Aufgabe der Freilichtmuseen, Sensibilisierung<br />
der Besucher für die Anliegen des Pflanzenschutzes<br />
und des kulturellen Erbes.<br />
• Im 1985 veranstalteten Internationalen Symposium<br />
zum „Naturschutz durch Freilichtmuseen“ 3<br />
stand die Erweiterung des Themas in den europäischen<br />
Raum hinein im Vordergrund. Freilichtmuseen<br />
sollten gezielt Aufklärungsarbeit leisten und<br />
als Vorbild für weitere „edukative Zielsetzungen“<br />
in Europa dienen. 4<br />
• Seit 2008 griff man im LVR-Freilichtmuseum<br />
Kommern die Erfahrungen und Ergebnisse der<br />
Forschungsprojekte der 1980er Jahre wieder<br />
gezielt auf und rückte sie durch eigene und<br />
externe Untersuchungen verstärkt in den Fokus.<br />
In Zusammenarbeit mit der Stiftung Rheinische<br />
Kulturlandschaft wurde seit 2010 das<br />
Forschungsprojekt „Unkraut vergeht nicht –<br />
stimmt nicht!“ 5 betrieben. Das Ergebnis kann<br />
Abb. 4: Vermehrungsbeete des Projektes „Unkraut vergeht<br />
nicht – stimmt nicht!“.<br />
Foto: Ute Herborg-Oberhäuser/LVR-Freilichtmuseum Kommern
Josef Mangold: Das Museum als Garten – der Garten als Museum<br />
sich sehen lassen: Bereits nach<br />
zwei Jahren konnten 46 seltene<br />
und z.T. auf der Roten-<br />
Liste stehende Pflanzen im<br />
Museumsgelände gesammelt<br />
und wieder vermehrt werden<br />
– eine nicht vorhergesehene<br />
hohe Anzahl und Vielfalt. Damit<br />
wurde die 1981 von Seiten<br />
des Naturschutzes an die<br />
Museen gerichtete Frage, ob<br />
Freilichtmuseen als Genpool<br />
für vom Aussterben bedrohte<br />
Pflanzen dienen könnten, mit<br />
mehr als einem klaren „Ja“ beantwortet.<br />
Neben den Versuchs- und Vermehrungsbeeten<br />
des Unkraut-Projektes<br />
finden sich in Kommern seit den ersten Aufbaujahren<br />
eine Vielzahl von Gärten im Umfeld der bäuerlichen<br />
Gebäude – ausgerichtet nach ihrer Lage am<br />
alten Standort. Diese Gärten sind nach Archivalien,<br />
Pflanzeninventaren oder (falls noch möglich) nach<br />
Befragungen der ehemaligen Bewohner idealtypisch<br />
anlegt. Gepflegt werden sie durch eigenes Personal<br />
und Projektmitarbeiter und -mitarbeiterinnen. Ihre<br />
Erträge werden meist direkt verarbeitet und den<br />
Museumsgästen in Projekten zielgruppenorientiert<br />
vermittelt. 6<br />
Marktplatz Rheinland<br />
Seit 2009 wird in Kommern eine weitere, fünfte<br />
Baugruppe errichtet: Auf dem Marktplatz Rheinland<br />
wird nun die jüngere und jüngste Vergangenheit<br />
in den Blick gerückt: die Zeit zwischen 1945<br />
und 1990. Dabei steht die „Verstädterung“ des<br />
ländlichen Raumes im Mittelpunkt, die Veränderungen<br />
in der Zeit des Wirtschaftswunders und<br />
der Folgejahre und die damit einhergehende Auflösung<br />
der traditionellen Dorfbilder.<br />
Abb. 5: Marktplatz Rheinland, Gaststätte Watteler aus Eschweiler über Feld.<br />
Foto: Hans-Theo Gerhards/LVR-Freilichtmuseum Kommern<br />
Das stellt natürlich veränderte Anforderungen<br />
an den Abbau und den Transport, die Translozierung,<br />
der jetzt nicht mehr aus Holz, sondern aus<br />
Stein bestehenden Gebäude und deren Wiederaufbau<br />
im Museum, aber auch an die Gestaltung<br />
der Gärten und das Hausumfeld. So sollen auf<br />
dem Marktplatz Rheinland im Gegensatz zu den<br />
von alten Dorfstrukturen geprägten übrigen Baugruppen<br />
auch die sich in diesen Jahrzehnten verändernden<br />
Straßenbeläge (wassergebundene<br />
Decke, Kopfsteinpflaster, Asphalt …), Wege- und<br />
Straßenbeleuchtungen, Zäune und Abgrenzungen,<br />
öffentliche Plätze – wie z.B. ein kleiner Marktplatz<br />
mit Telefonzelle, Bushaltestelle, Kriegerdenkmal,<br />
Brunnen – entstehen, aber auch abgetrennte Gartenbereiche.<br />
Bei der Anlage der Gärten wie auch<br />
der Gestaltung des gesamten Marktplatzes stehen<br />
garten- und städtebauliche Konzepte aus der Zeit<br />
von etwa 1950 bis 1980 im Vordergrund. Jedem<br />
in dieser neuen Baugruppe wiederaufgebauten Gebäude<br />
werden auch die umgebenden Flächen im<br />
präsentierten Zeitschnitt angepasst.<br />
101
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
102<br />
Abb. 6: Blick aus der Küche des Bungalow Kahlenbusch,<br />
Marktplatz Rheinland.<br />
Foto: Ute Herborg-Oberhäuser/LVR-Freilichtmuseum Kommern<br />
Hausgärten seit den 1950er Jahren<br />
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden Gärten und<br />
Grundstücke zunächst als notwendige Anbauflächen,<br />
als Nutzgärten, genutzt und Grundnahrungsmittel<br />
wie Kartoffeln, Gemüse oder Salate<br />
angepflanzt. Seit den 1960er Jahren ist eine Entwicklung<br />
hin zu bürgerlicher Gartenkultur zu beobachten.<br />
Vermehrt werden nun (Einfamilien-)<br />
Wohnhäuser errichtet, bei denen Haus und Garten<br />
eine Einheit bilden und deren Gestaltungselemente<br />
unmittelbar aufeinander bezogen sind. Neben<br />
dem Wohngarten wies das Privatgrundstück der<br />
1950er und 1960er Jahre häufig noch einen Nutzgarten<br />
im hinteren Bereich auf (zwischen 1000 und<br />
1500 m²). Mit steigendem Wohlstand wurde aus<br />
dem Nutzgarten ein reiner Wohngarten. Nun verkleinerten<br />
sich die Grundstücke einschließlich des<br />
Nutzgartenanteils auf 500 bis 600 m². Eingefriedet<br />
waren die Gärten oft mit Scherenzäunen (Jägerzäunen).<br />
Um die Blicke abzuhalten, errichtete man<br />
kleine Mauern oder pflanzte Hecken und Sträucher.<br />
Für einen naturnahen Charakter des Gartens<br />
gestaltete man Wege, Terrassen und Mauern häufig<br />
mit Natursteinen. Ein besonders typisches Element<br />
dieser Wohngärten war ein mit Natursteinen<br />
gefasstes Wasserbecken mit Seerosen. Zur Wasserstelle<br />
führte dabei ein mit einzelnen Platten gelegter,<br />
geschwungener Pfad.<br />
Mit der ökologischen Bewegung der 1980er<br />
Jahre wurden Gärten mehr zu „Wildgärten“ –<br />
auch als „wirrer Garten“ zu bezeichnen – „gepflegt“,<br />
und es wurden wieder zunehmend Nutzbeete<br />
eingerichtet. Es war „in“, eigenes Gemüse,<br />
eigenen Salat anzubauen, es war schick, Gartenarbeit<br />
zu verrichten und im Einklang mit der Natur<br />
„ökologisch bewusst“ zu leben und zu arbeiten.<br />
Neben diesem Trend zur ökologischen Nutzung<br />
der Gärten gab es in wohlhabenden Schichten<br />
eine starke Hinwendung zu strenger Anlage von<br />
Wohngärten mit besonderen Pflanzen und Stauden,<br />
mit Blütenpracht und <strong>modern</strong>en Zutaten aus<br />
Beton oder Ton. Die Anlage dieser Gärten orientierte<br />
sich an Architekten-Entwürfen aus dem öffentlichen<br />
Raum, die somit nun in den privaten<br />
Bereich hineinwirkten.<br />
Das Forschungsprojekt zur Gartenkultur der<br />
1950er bis 1980er Jahre<br />
Um die Präsentation von Gärten auf dem Marktplatz<br />
Rheinland auf wissenschaftlich tragfähige<br />
Beine zu stellen, startete das LVR-Freilichtmuseum<br />
Kommern im Jahr 2012 das Forschungsprojekt<br />
„Präsentieren und Erhalten: Gartenkultur der<br />
1950er bis 1980er Jahre“, das sich diesen verän-
Josef Mangold: Das Museum als Garten – der Garten als Museum<br />
Abb. 7: Garten Bungalow Kahlenbusch.<br />
Foto: Ute Herborg-Oberhäuser/LVR-Freilichtmuseum Kommern<br />
Abb. 8: Terrasse und Garten Bungalow Kahlenbusch.<br />
Foto: Ute Herborg-Oberhäuser/LVR-Freilichtmuseum Kommern<br />
derten gesellschaftlichen Bedürfnissen und Ausprägungen<br />
in der Gartennutzung seit 1945 widmet.<br />
Erster Schritt: Die Anlage des Gartens um den Bungalow<br />
Kahlenbusch, der den Zeitschnitt der beginnenden<br />
1960er Jahre präsentiert. Er wurde im September<br />
2012 eröffnet.<br />
Garten Bungalow Kahlenbusch<br />
Der Flachdachbungalow Kahlenbusch (Baujahr<br />
1958) zeigt die für die Bungalowbauweise dieser<br />
Zeit typische L-Form und ist mit originalem Mobiliar<br />
im Zeitschnitt der 1960er Jahre eingerichtet:<br />
z.B. NeoChippendale im Wohnzimmer, die Küche<br />
der Firma TIELSA in gelb-orange mit den typischen<br />
orangefarbenen kleinen Küchenhelfern.<br />
Der Garten wurde ebenfalls im Stil der 1960er<br />
Jahre gestaltet und vollständig mit einem Jägerzaun<br />
eingefriedet. Der Zugang zum Haus liegt<br />
direkt neben der Garagenzufahrt. Ein Weg führt<br />
von hier um den Bungalow bis zur rückwärtig gelegenen<br />
Terrasse. Die großzügig angelegte Terrasse<br />
liegt leicht erhöht über der Rasenfläche. Von<br />
hier kann der Blick weit bis zum runden Wasserbecken<br />
schweifen. Den kleinen Zierteich erreicht<br />
man über einen geschwungenen, mit einzelnen<br />
Betonplatten gelegten Pfad. Der Rasen wird von<br />
Beeten mit typischer Bepflanzung eingerahmt.<br />
In die Gartenecke mit dem Wasserbecken wurde<br />
eine japanische Zierkirsche als Blickfang gepflanzt.<br />
Präsentieren und Erhalten<br />
Das Forschungsprojekt „Präsentieren und Erhalten:<br />
Gartenkultur der 1950er bis 1980er Jahre“<br />
erfüllt für die Präsentation der Wohnkultur dieser<br />
Zeit im Freilichtmuseum wichtige Aufgaben und<br />
Ziele: Im Mittelpunkt steht der Erhalt des gärtnerischen<br />
Wissens und der gärtnerischen Zeugnisse,<br />
wie Gartengeräte und Pflanzensorten, daneben<br />
die Erforschung der Lebensbedingungen und die<br />
Verwendung der Pflanzen in dieser Zeit. Ziel ist<br />
es, einen Wissensspeicher aufzubauen und den<br />
Fachaustausch über Gartenplanungen und Gartenkonzepte<br />
dieser Zeit oder die Formensprache<br />
der Gestalter aufzuzeigen und damit zu erhalten.<br />
Entscheidend ist das Einbeziehen von Zeitzeugen,<br />
103
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
104<br />
etwa durch Sammlung und Sichtung von Fotos<br />
und Zeitzeugenberichten. Dazu dient der „Talk<br />
am Tisch“, das Erzählcafé in der Gaststätte Watteler,<br />
die im Zeitschnitt 1974 präsentiert wird. Im<br />
Vordergrund steht aber stets die Vermittlung der<br />
Ergebnisse an die Besucherinnen und Besucher<br />
des Museums und die Weitergabe in Projekten,<br />
museumspädagogischen Angeboten, Publikationen<br />
und durch <strong>modern</strong>e Medien (Apps etc.). Mit<br />
diesem Projekt zur Gartenkultur der 1950er bis<br />
1980er Jahre, flankierend zum Ausbau der neuen<br />
Baugruppe Marktplatz Rheinland, geht das<br />
Freilichtmuseum Kommern seit 2012 einen konsequenten<br />
Schritt weiter auf einem innovativen<br />
Weg. Konsequent, weil sich nach dem Zweiten<br />
Weltkrieg Gebäude und Wohnkultur, aber auch<br />
die Menschen gerade auch im ländlichen Raum<br />
an die sich schnell verändernden Lebens- und<br />
Arbeitsbedingungen angepasst haben. Dies belegen<br />
gerade die Gärten mit ihren veränderten Gestaltungen.<br />
Waren vor und kurz nach dem Krieg<br />
im ländlichen Raum noch überwiegend Nutzgärten<br />
für die Eigenversorgung üblich, so veränderten<br />
sich spätestens mit dem gesellschaftlichen Umbruch,<br />
der Wirtschaftswunderzeit, die Rahmenbedingungen<br />
grundlegend. Zunehmend waren die<br />
Berufe nun nicht mehr primär im landwirtschaftlichen<br />
Umfeld angesiedelt, sondern im städtischen<br />
und städtisch-ländlichen Umfeld.<br />
Abb. 9: Seerosenteich im Garten Bungalow Kahlenbusch.<br />
Foto: Hans-Theo Gerhards/LVR-Freilichtmuseum Kommern<br />
Fazit<br />
Die seit der Mitte des 20. Jahrhundert gegründeten<br />
und aufgebauten Freilichtmuseen sammeln,<br />
bewahren, erforschen, präsentieren und vermitteln<br />
das kulturelle Erbe nicht nur von Gebäuden,<br />
also das baukulturell-technisch-konstruktive Erbe,<br />
sondern auch die Lebens- und Arbeitsbedingungen<br />
der Menschen und die kulturlandschaftlichen<br />
Rahmenbedingungen mit Pflanzen und Tieren.<br />
Sie sind neben der wissenschaftlichen Erforschung<br />
und Vermittlung der Sachzeugnisse auch<br />
Orte der Rekreation, der Freizeit. Freilichtmuseen<br />
bieten durch ihre besondere Anlage und Pflege<br />
herausragende Chancen und Möglichkeiten,<br />
neben Gebäuden und Tieren auch Pflanzen zu erhalten,<br />
zu vermehren und auf Dauer zu sichern.<br />
Sie leisten dabei einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung<br />
des gartenkulturellen Erbes, besonders<br />
auch durch anschauliche Präsentationen und Vorführungen<br />
von Geräten der Gartenbearbeitung.<br />
Daneben bieten sie eine Plattform zum Diskurs,<br />
zur theoretischen, aber auch zur praktischen Information<br />
und Betätigung – für Institutionen und<br />
auch für private Akteure. Wie die Gebäude sind<br />
auch Felder, Wiesen, Weiden und auch die Gärten<br />
kulturelles Erbe, das es zu erhalten, erforschen,<br />
pflegen und zu vermitteln gilt. In einem Freilichtmuseum<br />
müssen aber immer die Zusammenhänge<br />
von Haus und umgebender Kulturlandschaft in<br />
den gewählten Präsentationszeiten nachvollziehbar<br />
werden.<br />
Das Beispiel des LVR-Freilichtmuseums Kommern<br />
zeigt eindrucksvoll, wie hier das Gartenerbe<br />
dauerhaft gesichert und erhalten werden kann<br />
– ob es die Gartenkultur des 18. oder 19. Jahr-
Josef Mangold: Das Museum als Garten – der Garten als Museum<br />
hundert ist – oder die Gartenkultur der 1950er bis<br />
1980er Jahre auf dem Marktplatz Rheinland.<br />
Literatur<br />
BÄRNTHOL, R. (2011): Ein „grünes Zimmer“ – Wohngärten<br />
der 1960er Jahre. – In: Umbruchzeit – Die 1960er und<br />
1970er Jahre auf dem Land. Siedlung – Architektur – Wohnen,<br />
hrsg. von Herbert May und Michaela Eigmüller, S.<br />
275–281.<br />
BERNATZKY, A. (1962): Gärten für uns. Ihre Anlage und Gestaltung.<br />
– Gütersloh.<br />
Bernatzky, A. (1977): Der Gartenratgeber. Planung, Bepflanzung<br />
und Pflege von Hausgärten. – München.<br />
Dörfliche Vegetation im Freilichtmuseum. Internationales<br />
Symposium zur „Erhaltung gefährdeter dörflicher Pflanzengesellschaften<br />
und historischer Nutzpflanzenkulturen“<br />
vom 22.–26.6.1981 im Rheinischen Freilichtmuseum<br />
Kommern. – In: Aus Liebe zur Natur. Schriftenreihe Heft 3,<br />
hrsg. von der Stiftung zum Schutze gefährdeter Pflanzen,<br />
Selbstverlag 1983.<br />
HEIN, G. (2011): Freilichtmuseen machen „Biologische Vielfalt“<br />
erlebbar und begreifbar. – In: Natur in NRW 3/2011,<br />
hrsg. vom Landesamt für Natur, Umwelt- und Verbraucherschutz<br />
Nordrhein-Westfalen, Boss Verlag.<br />
HERBERS, G. (1952): Der Wohngarten. Seine Raum- und<br />
Bau-Elemente. – München.<br />
MANGOLD, J. (2011): Freilichtmuseum Kommern verbindet<br />
historische Kultur und Natur. – In: Natur in NRW 3/2011,<br />
hrsg. vom Landesamt für Natur, Umwelt- und Verbraucherschutz<br />
Nordrhein-Westfalen, Boss Verlag.<br />
MAY, H. (2011): „In jedem Fall wollten die Leute was Neues…“<br />
Umbruchzeit – Die 1960er und 1970er Jahre auf<br />
dem Land. Ein Ausstellungsprojekt der Freilichtmuseen<br />
Cloppenburg, Fladungen und Bad Windsheim.<br />
Naturschutz durch Freilichtmuseen. Internationales Symposium<br />
vom 2./3.9.1985 im Rheinischen Freilichtmuseum<br />
Kommern. – In: Aus Liebe zur Natur. Schriftenreihe Heft 4,<br />
hrsg. von der Stiftung zum Schutze gefährdeter Pflanzen,<br />
Selbstverlag 1986.<br />
VALENTIEN, O. (1958): Der Garten am Haus. – Berlin.<br />
ZIPPELIUS, A. (1981): Das Rheinische Freilichtmuseum und<br />
Landesmuseum für Volkskunde in Kommern. Geschichte<br />
und Ausblick. – Köln.<br />
Anmerkungen<br />
1 Das Projekt wurde gefördert durch das Bundesministerium<br />
für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Vgl. Dörfliche<br />
Vegetation im Freilichtmuseum (1983), S. 7.<br />
2 Vgl. Zippelius 1981: 72.<br />
3 Veranstaltet vom Bundeslandwirtschaftsministerium in<br />
Zusammenarbeit mit der Stiftung zum Schutze gefährdeter<br />
Pflanzen. Vgl. Naturschutz durch Freilichtmuseen<br />
(1986): 13.<br />
4 Ganz aktuell: Im Mai 2013 fand im LWL-Freilichtmuseum<br />
in Detmold das Internationale Symposium „Pflanzenvielfalt<br />
ländlicher Gärten“ statt. Ein Tagungsreader ist in Vorbereitung.<br />
Vgl. hierzu: Herborg-Oberhäuser, Ute/Mangold,<br />
Josef: Ökologische Chancen und Möglichkeiten der Freilichtmuseen.<br />
5 Vgl. über das Projekt: www.rheinische-kulturlandschaft.de/<br />
srk_.dll?pageID=85 und den Flyer: www.rheinische-kulturlandschaft.de/downloads/srk/Ackerwildkrautflyer-Freigabe.<br />
pdf<br />
6 Vgl. hierzu: Museumspädagogisches Faltblatt „Mitmachen<br />
und Erleben“ unter www.kommern.lvr.de, und: www.<br />
kommern.lvr.de/media/freilichtmuseum_kommern/dateien/museumspaedagogik/Museumspaed_2012_A4_web.<br />
pdf)<br />
<br />
105
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
„Gärten brauchen Gärtner!“<br />
Sylvia Borgmann<br />
106<br />
Welch ein Glück, dass meine Mutter<br />
mich im Frühjahr 1950 als Säugling<br />
in eine Ackerfurche im Park legte! Bewusst<br />
kann ich mich an mein Träumen in<br />
der Ackerfurche natürlich nicht erinnern;<br />
und doch ist der Park mein Traum geworden,<br />
tief in der Seele verwurzelt als nicht<br />
versiegender Quell von Lebensfreude.<br />
Heute, über 60 Jahre später, beginnen<br />
auch die 1950er Jahre zum Gegenstand<br />
gartenkultureller Forschung und Bewertung zu werden.<br />
Die Ackerfurche, die ich hautnah miterlebte,<br />
war ein Stückchen Grabeland, das den Anwohnern<br />
der Hamburger Parks in der Nachkriegszeit zum<br />
Kartoffelanbau zur Verfügung gestellt wurde. Die<br />
Erwartungen waren riesig, die Erträge aber mäßig.<br />
Ende der 1940er und Anfang der 1950er Jahre<br />
durchwehte die Stadt noch immer das Erinnern an<br />
die Schrecken des Krieges. In dem vergilbten, unscheinbaren<br />
Heftchen der Nachkriegszeit mit dem<br />
Titel „Drei Jahre Arbeit für den Wiederaufbau der<br />
Freien und Hansestadt Hamburg, nach amtlichen<br />
Behördenberichten im Auftrage des Senats zusammengestellt<br />
und bearbeitet von Erich Lüth, Direktor<br />
der Staatlichen Pressestelle“ werden die Leistungen<br />
aufgezählt: Bis 1949 wurden 69 Schulhöfe und<br />
etwa ebenso viele Kinderspielplätze wieder benutzbar<br />
gemacht, von den 70.000 zerstörten oder verheizten<br />
Straßenbäumen 9000 nachgepflanzt und<br />
für die weitere Aufforstung der Stadt eine Millionen<br />
Pflanzen angezüchtet. Weiter heißt es im Tonfall der<br />
damaligen Zeit: „Mit der Instandsetzung der Moorweide<br />
wurde begonnen, das Wandsbeker Gehölz<br />
und der Hammer Park in Angriff genommen. Auf<br />
dem Ohlsdorfer Friedhof werden die Besucher nicht<br />
übersehen haben, dass viele Schäden<br />
durch Kriegseinwirkungen und Plünderungen<br />
schon zu einem guten Teil behoben<br />
sind. Das Mahnmal für die KZ-Opfer<br />
in Ohlsdorf ist in würdiger Ausgestaltung<br />
verwirklicht.“ Bausenator Büll beklagte<br />
jedoch Vandalismus beim „Versuch,<br />
reizende Blumenbeete anzulegen“ und<br />
wünscht Volkserziehung: „Wir befinden<br />
uns nämlich im Aufbau und nicht mehr<br />
im Massenwahn sinnloser Zerstörung.“<br />
Im Zuge aufstrebender Wirtschaft machten sich<br />
das Garten- und Friedhofsamt der Baubehörde und<br />
die Gartenämter der Bezirke daran, die Parks neu<br />
zu kartieren, ihre Wege und hauptsächlichen Strukturen<br />
aufzuzeichnen und dafür zu sorgen, dass die<br />
notdürftigen Grabeländereien für die Bürger verschwanden.<br />
Auch vieles andere verschwand: Am<br />
hohen Elbufer in Hamburg-Altona z.B. wurde die<br />
Ruine des ausgebombten Donnerschlosses im Donnerspark<br />
in den großen Teich daneben geschoben<br />
und unter einer Wiese begraben oder das nicht<br />
mehr beheizte Palmen- und Orchideenhaus im Jenischpark,<br />
einst viel gerühmtes Zeugnis weltoffener<br />
Gartenkultur, abgerissen.<br />
Zur Internationalen Gartenbauausstellung 1953<br />
präsentierte sich nicht nur „Planten un Blomen“ in<br />
den ehemaligen Wallanlagen in einem neuen grünen<br />
Kleid auf neu modelliertem Gelände, sondern<br />
die Hamburger Bürger konnten auch wieder an<br />
der Elbe und Alster spazieren gehen. Der berühmte<br />
Hamburger Stadtpark und der Harburger Volkspark<br />
am Außenmühlenteich wurden wieder begehbar.<br />
Bombentrichter und Granatlöcher waren verfüllt.<br />
Unglaubliches war in wenigen Jahren geleistet wor-
Sylvia Borgmann: „Gärten brauchen Gärtner!“<br />
Abb. 1: Zeitschichten erkennen, bewerten und bewahren:<br />
Eine große Aufgabe auch der Hamburger Gartendenkmalpflege.<br />
Das Bild der 1950er Jahre-Lampen vor dem brillanten<br />
Abendhimmel am Elbufer tröstet nur für kurze Momente über<br />
den vernachlässigten Pflegezustand des öffentlichen <strong>Grün</strong>s der<br />
Hansestadt hinweg. Gärten brauchen vor allem Gärtner!<br />
Foto: Sylvia Borgmann<br />
den: Die Schuttberge der Kriegsverwüstungen waren<br />
verschwunden, die Trümmergrundstücke leerund<br />
aufgeräumt, die Fahrrinne der Elbe von Wracks<br />
befreit.<br />
Was äußerlich wieder in Ordnung erschien, war<br />
innerlich noch längst nicht erledigt. Das provokante<br />
Transparent: „Unter den Talaren – Muff von 1000<br />
Jahren“ wurde 1967 von Studenten durch den<br />
Hamburger Universitätscampus in das Audimax getragen.<br />
Der Von-Melle-Park mit den Universitätsgebäuden<br />
der Nachkriegszeit wurde stiller Zeuge von<br />
Zeitgeschichte, jedoch bereits in den 1970er Jahren<br />
von wucherndem Kraut verfremdet. Die Tendenz,<br />
über alles „Gras wachsen zu lassen“, war in den<br />
1970er Jahren verbreitete Methode. Naturschutz<br />
nahm Aufschwung und sollte wo möglich <strong>Grün</strong>pflege<br />
ersetzen.<br />
In den 1980er Jahren wurde gerade von der<br />
jüngeren Generation die Rückbesinnung auf die<br />
Stadtgeschichte der <strong>Grün</strong>derzeit und der 1920er<br />
Jahre eingefordert. Historische Postkarten um 1900<br />
wurden gesammelt und analysiert, Hamburgs Oberbaudirektor<br />
Egbert Kossak inspirierte in seinen bildreichen<br />
Vergleichen von Alt und Neu zu einer Rückbesinnung<br />
auf tradierte Werte des Städtebaus, auf<br />
Maßstäblichkeit, Sorgfalt von Eckbebauungen, Gestaltung<br />
von Plätzen und Freiräumen und die Verbindung<br />
zum Wasser. Mit dem Polizeihubschrauber<br />
und umgeschnallter Leica überflog er die Stadt und<br />
„schoss“ eindrucksvollste Dias aus der Vogelschau.<br />
Es galt, Hamburgs landschaftliche Qualitäten wiederzuentdecken<br />
und Elbe, Alster und Bille mit <strong>Grün</strong>zügen<br />
und Parks für die Schönheit und Lebensqualität<br />
der Stadt nutzbar zu machen. Langsam setzte sich<br />
die Erkenntnis durch, dass Hamburg nicht nur von<br />
oben, sondern auch von unten gesehen „schön“<br />
sein sollte. Zaghaft wagten die Gartenämter, zugewucherte<br />
Ausblicke auf die Elbe freizuschneiden,<br />
immer darauf bedacht, die altehrwürdige Hamburger<br />
Baumschutzverordnung zu achten. Diese war<br />
ansonsten gerade auf dem hohen Elbufer und an<br />
der Alster das wichtigste Instrument, Bebauungsübermut<br />
in Form uniformer Eigentumswohnungshäuser<br />
in historischen Gärten auszubremsen.<br />
Im Jahre 1990 titelte Frank Pieter Hesse in einer<br />
Veröffentlichung: „Was nützet mir ein schöner Garten<br />
...“. Als damals junger Mitarbeiter des Denkmalamtes<br />
Hamburg fand er mit dieser Frage in seinem<br />
Amt wenig Anklang, denn dort war man mit den<br />
Fragen zur Baukultur bereits überlastet. Die auch als<br />
107
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
108<br />
„Freie und Abrißstadt Hamburg“ kritisch benannte<br />
Hansestadt behandelte das Denkmalamt in der<br />
Kulturbehörde weniger als Partner, denn als Störenfried.<br />
Entsprechend ablehnend war die Stimmung,<br />
sich nun auch noch um Parks und Gärten zu kümmern.<br />
Doch in Flottbek drohte wertvolle Parklandschaft<br />
des 18. Jahrhunderts zersiedelt und bebaut zu werden.<br />
Es war ein harter Kampf engagierter Bürger,<br />
dieses zu verhindern und zum wohl abgewogenen<br />
Besseren zu wenden. Auch war es schwierig, sich<br />
gegen die Gestaltungswünsche der damit befassten<br />
Landschaftsplaner durchzusetzen, die das teilweise<br />
zugeschüttete Terrain von Bach und Quellgebiet<br />
begraben lassen und darauf eine Seenlandschaft in<br />
Plastikfolie verkaufen wollten. Dank Kampfmittelräumdienst<br />
und dessen Freude über historisches<br />
Kartenmaterial, das ich ungebeten beibringen konnte,<br />
wurde das ursprüngliche Bachbett der Kleinen<br />
Flottbek zum Nulltarif (für das <strong>Grün</strong>budget) ausgebuddelt.<br />
Nie habe ich einen Bagger sorgfältiger graben<br />
sehen, wobei allerdings auch eine zu entschärfende<br />
Startbahnbombe gefunden wurde.<br />
Gleichzeitig wurde 1990 in der damaligen Umweltbehörde<br />
von Senator Jörg Kuhbier eine Stelle für<br />
Gartendenkmalpflege eingerichtet, die mittlerweile<br />
eng mit dem Denkmalamt zusammenarbeitet. Auch<br />
wurde Frank Pieter Hesse nach seiner Zeit in Berlin<br />
als Leiter des Denkmalamtes nach Hamburg berufen.<br />
Ihm ist es gelungen, mit einem im Jahre 2013<br />
verabschiedeten Denkmalgesetz, das dem Ipsa-Lege-<br />
Prinzip verpflichtet ist, die Weichen neu zu stellen.<br />
Die mittlerweile als Denkmale erkannten und archivierten<br />
historischen Gärten stehen nun automatisch<br />
unter Denkmalschutz. Für sie werden in den <strong>Grün</strong>verwaltungen<br />
nun Parkpflegewerke erarbeitet.<br />
Nach Öffnung der innerdeutschen Grenze hat<br />
Gartendenkmalpflege in Deutschland einen neuen<br />
Stellenwert erlangt. Bewundernswert und vorbildlich<br />
sind nicht nur die als Weltkulturerbe ausgewiesenen<br />
Gartenlandschaften Potsdam, Wörlitz und<br />
Bad Muskau, sondern auch viele kleinere Anlagen in<br />
den neuen Bundesländern. Für die kunstgeschichtliche<br />
Grundlagenforschung der Gartendenkmalpflege<br />
setzten in Norddeutschland Adrian von Buttlar<br />
(Universität Kiel) und Margita Meyer (Denkmalamt<br />
Schleswig-Holstein) neue Maßstäbe: Die Ergebnisse<br />
des Forschungsprojektes „Historische Gärten in<br />
Schleswig-Holstein“ wurden im Jahre 1995 veröffentlicht.<br />
Unter „Altona“ ist u.a. auch die Grundlagenforschung<br />
über die heutigen Hamburger Elbgärten<br />
dokumentiert, das Ergebnis meiner fünfjährigen<br />
Forschungsarbeit.<br />
„Lost paradise“ rief mir ein Hamburger Spaziergänger<br />
jüngst zu, der durch die Pfützen des Hirschparks<br />
watete. Mit riesigem Gerät wird der Park „in<br />
Ordnung“ gehalten, und auch die Müllabfuhr dreht<br />
dort ihre Runden. Das hinterlässt unvermeidlich grobe<br />
Spuren, die dem Park als Narben erhalten bleiben.<br />
Um zu etwas mehr Sensibilität zu animieren, hatte<br />
ich der vorletzten Kultursenatorin im Jahre 2006<br />
zusammen mit dem Vorsitzenden des Blankeneser<br />
Bürgervereins einen Strauß von blühenden Rhododendren-<br />
und Azaleenzweigen in das Amt getragen,<br />
den Pflanzen, die so typisch für die Hamburger Parks<br />
und Gärten sind und scheinbar unverwüstlich jedes<br />
Frühjahr die Elbchaussee zur schönsten Straße der<br />
Welt erheben.<br />
Von „Pflegevandalismus“ in Hamburger Parks<br />
wollte die Senatorin nichts hören, so schlimm sei es<br />
doch noch nicht, meinte sie. Der Bau der Elbphilharmonie<br />
verwehrte ihr, Gelder für die Bestellung z.B.<br />
eines Hamburger Gartenbaudirektors abzuzweigen,<br />
obwohl sie den Gedanken interessant fand, übergeordnet<br />
eine erfahrene und integrative Persönlichkeit<br />
für Hamburgs Gartenkultur sorgen zu lassen. Sie<br />
lud Klaus-Henning von Krosigk aus Berlin zu einem<br />
Vortrag in der Speicherstadt ein und, es war einem<br />
auserwählten Kreis Hamburger Bürger einen Abend<br />
lang vergönnt, davon zu träumen, dass inspirie-
Sylvia Borgmann: „Gärten brauchen Gärtner!“<br />
render Geist und Charme, dass das Vorbild begeisternder<br />
Gartendenkmalpflege in der neu erblühten<br />
Hauptstadt Berlin auch die Hamburger Politik und<br />
Verwaltung dazu beflügeln könnten, für Hamburgs<br />
öffentliche Gärten adäquat zu sorgen.<br />
Mittlerweile tragen Hamburgs ehemalige Gartenämter<br />
der Bezirke den Namen „Fachamt Management<br />
des öffentlichen Raums“. Ressourcen rationell<br />
ausnutzend sind die Bauhöfe von Tiefbau- und Gartenbauamt<br />
zu einem Bauhof pro Bezirk vereint. Das<br />
Budget ist brutal zusammengestrichen. Durch Alter<br />
oder Krankheit freiwerdende Stellen werden nicht<br />
mehr neu besetzt, neue Stellen nicht geschaffen.<br />
Plätze für Auszubildende gibt es nicht, womit auch<br />
die Wissens-Kontinuität nicht mehr gegeben ist. Nur<br />
weniger als die Hälfte der dringend notwendigen<br />
Pflegearbeiten kann von dem kargen Budget geleistet<br />
werden. In behördlicher Eigenarbeit werden<br />
die größeren Maschinenarbeiten verrichtet, Handarbeit<br />
wird an Fremdfirmen vergeben. Anleitung<br />
und Überwachung leiden unter kärgsten Budgets.<br />
Der Hamburger Rechnungshof hat im Jahre 2012<br />
einen Pflegerückstand beziffert, der nur mit Instandsetzungsinvestitionen<br />
von schätzungsweise 700<br />
Millionen Euro aufgeholt werden könne. Im bundesdeutschen<br />
Vergleich gibt Hamburg sehr wenig für<br />
öffentliche <strong>Grün</strong>pflege aus. Der Vergleich mit anderen<br />
Europäischen Metropolen fällt kläglich aus.<br />
Als Kind fragte ich: „Wem gehört der Park?“ Die<br />
Antwort lautete: „Er gehört uns allen!“ Das bedeutete<br />
Glück und Verpflichtung zugleich. Soll unsere<br />
Hamburger Traumlandschaft der Parks und Gärten<br />
für uns alle nicht verloren gehen, gilt es, den Pflegenotstand<br />
öffentlich zu annoncieren und die Politik<br />
trotz knapper Mittel zu mehr Fürsorglichkeit für<br />
Hamburgs wunderbare Parklandschaft zu animieren.<br />
Die Hamburger Parks könnten Hamburgs Visitenkarte<br />
in beneidenswerter Weise zieren, jedoch signalisieren<br />
sie heute eher ein Armutszeugnis städtischer<br />
Vernachlässigung. Es gibt vielen guten Bürgerwillen,<br />
die Misere zu mindern oder gar zu beseitigen; nur<br />
muss sich die Freie und Hansestadt Hamburg auch<br />
zu wirklicher Wertschätzung ihrer Parklandschaft<br />
aufraffen.<br />
Gärten brauchen einfach Gärtner!<br />
Bibliographie zur Hamburger Gartengeschichte<br />
seit 1945<br />
ERICH LÜTH (1949): Drei Jahre Arbeit für den Wiederaufbau<br />
der Freien und Hansestadt Hamburg o.J.<br />
HANS LEIP (1953): Die unaufhörliche Gartenlust – Ein Brevier<br />
der Hamburger Gartenkultur und Gartenkünste seit Karl dem<br />
Großen – Hamburg.<br />
GÜNTHER GRUNDMANN (1957): Jenischpark und Jenischhaus –<br />
Hamburg.<br />
KARL HEINZ HANISCH (1963): Internationale Gartenbauausstellung<br />
– Hamburg (Hrsg. Karl Passarge, Vorsitzender der<br />
Gesamtleitung der IGA 63 Hamburg).<br />
KARL-HEINZ RÜCKE (1963): Städtebau und Gartenkunst, Kleine<br />
Studie über ein vernachlässigtes Thema – Hamburg.<br />
BERND DIETER (1963): 125 Jahre Gartenbauverein Hamburg<br />
e.V. 1836–1961 – Hamburg.<br />
IRMGARD SORGE-GENTHE (1973): Hammonias Gärtner, Geschichte<br />
des Hamburger Gartenbaues in den letzten drei Jahrhunderten<br />
– Hamburg.<br />
ULRICH BAUCHE, MANFRED F. FISCHER, PETER GABRIELSSON, GISELA<br />
JAAKS, HANS DIETER LOOSE, KAI MATHIEU, UTE SCHEURLEN (1975):<br />
Gärten, Landhäuser und Villen des Hamburgischen Bürgertums<br />
– Hamburg. (Zur Ausstellung hrsg. vom Museum für<br />
Hamburgische Geschichte).<br />
MICHAEL GOECKE (1981): Stadtparkanlagen im Industriezeitalter:<br />
Das Beispiel Hamburg, Hannover, Berlin (Geschichte des<br />
Stadtgrüns Bd.5, hrsg. von Dieter Hennebo).<br />
FRANK PIETER HESSE, SYLVIA BORGMANN, JÖRG HASPEL, VOLKER DETLEF<br />
HEYDORN, HORST GUNTER LANGE, ROSEMARIE OTTO, H.O. DIETER<br />
SCHOPPE: (1990): „Was nützet mir ein schöner Garten ...“<br />
Historische Parks und Gärten in Hamburg – Hamburg (hrsg.<br />
von der Patriotischen Gesellschaft von 1765 und dem Verein<br />
der Freunde der Denkmalpflege e.V.).<br />
SABINE BLUMENRÖDER (1990): Von der Schönheit des Nützlichen,<br />
200 Jahre Kulturlandschaft Klein Flottbek – Hamburg.<br />
(Ausstellung im Barlachhaus in Verbindung mit dem<br />
Altonaer Museum, Mitarbeit CHARLOTTE SCHOELL-GLASS,<br />
SYLVIA BORGMANN, FRANK P. HESSE, FRANZISKA BORRIES und DIETER<br />
OTTE).<br />
ADRIAN VON BUTTLAR, MARGITA MEYER (Hrsg.) (1996): Historische<br />
Gärten in Schleswig-Holstein – Heide (u.a. mit Beiträgen von<br />
SYLVIA BORGMANN: Altona – Elbgärten, Altona – Klein Flottbek;<br />
109
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
M. BRECKWOLDT: Altona – Gartenbauausstellung 1914, Altona<br />
– Volkspark).<br />
EGBERT KOSSAK (1996): Hamburg – Die grüne Metropole –<br />
Hamburg.<br />
AXEL IWOHN, MARTINA NATH-ESSER, CLAUDIA WOLLKOPF (1998):<br />
Hamburg <strong>Grün</strong> – Die Gärten und Parks der Stadt – Hamburg.<br />
JENS BECK UND RALF G. VOSS (1999): Die Alster – Ein Fluß prägt<br />
die Stadt – Hamburg.<br />
BÄRBEL HEDINGER und JULIA BERGER (Hrsg.) (2003): JOSEPH RAMEÉ,<br />
Gartenkunst, Architektur und Dekoration. Ein internationaler<br />
Baukünstler des Klassizismus – München, Berlin (Zur Ausstellung<br />
im Jenischhaus mit Beiträgen von AXEL FEUSS, PAUL<br />
V. TURNER, WERNER SZAMBIEN, ANDREAS BEYER, INGRID A. SCHUBERT,<br />
JULIA BERGER, BÄRBEL HEDINGER, SYLVIA BORGMANN, CHRISTIANE<br />
SÖRENSEN, MARGRETHE FLORYAN, LAMBERT ROSENBUSCH).<br />
SYLVIA BORGMANN (2004): Hamburger Elbgärten – Blankenese<br />
– Altes Land. Eine historische Verbindung – Hamburg-Blankenese<br />
(hrsg. von Hamburgs Elbregion e.V., Arbeitsgemeinschaft<br />
Weltkulturerbe für das Alte Land, KERSTIN HINTZ, SILVIA<br />
HOTOPP-PRIGGE und ANDREA RACHOW, Mittelnkirchen und Jork<br />
2004).<br />
CLAUDIA HORBAS für das Museum für Hamburgische Geschichte<br />
(Hrsg.) (2006): Die Unaufhörliche Gartenlust. Hamburgs<br />
Gartenkultur vom Barock bis ins 20. Jahrhundert, Ausstellung<br />
im Museum für Hamburgische Geschichte – Hamburg (mit<br />
Beiträgen von GISELA JAAKS, CLAUDIA HORBAS. INGRID A. SCHUBERT,<br />
DIETRICH ROTH, CARSTEN PRANGE, STEPHAN KAISER, MARTINA SITT,<br />
CLAUDIA KANOWSKI, JOACHIM W. FRANK, GERHARD HIRSCHFELD,<br />
HANS-HELMUT POPPENDIECK, HEINO GRUNERT).<br />
EVA HENZE (2009): Hamburgs <strong>Grün</strong> zwischen Tradition und<br />
Trends: Streifzuge durch Parks und Naturlandschaften (hrsg.<br />
von der Freien und Hansestadt Hamburg, Behörde für Stadtentwicklung<br />
und Umwelt, als E-Paper) – Hamburg.<br />
HANS WALDEN (2010): 75 Jahre Planten un Blomen: ein<br />
Rückblick auf die bewegte Geschichte der „<strong>Grün</strong>en Oase“<br />
im Zentrum Hamburgs, hrsg. vom Freundeskreis Planten un<br />
Blomen e.V. – Hamburg.<br />
JOACHIM SCHNITTER (2011): Einblicke und Ausblicke, 110<br />
Jahre DGGL Hamburg/Schleswig-Holstein – Hamburg (Hrsg.<br />
Deutsche Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur<br />
(DGGL) Landesverband Hamburg/Schleswig-Holstein<br />
e.V. unter Mitwirkung von PAULA BOEDECKER, IRINA DECHOW,<br />
KIRA JENSEN, GUDRUN LANG, SILKE LUCAS (REDAKTION) und ANNETTE<br />
GRUNERT, HEINO GRUNERT, EVA HENZE, JÖRG MATTHIES, MARGITA M.<br />
MEYER (Lektorat)).<br />
HEINO GRUNERT (2012): Neue Gartenkunst im Hamburger Westen.<br />
In: Villen und Landhäuser, Bürgerliche Baukultur in den<br />
Hamburger Elbvororten von 1900 bis 1935 (hrsg. VON HANS<br />
BUNGE und GERT KÄHLER in der Schriftenreihe des Hamburgischen<br />
Architekturarchivs, hrsg. von HARTMUT FRANK UND ULRICH<br />
SCHWARZ) – Hamburg.<br />
JÖRN WALTER, MICHAEL ZAPF (Fotos), HEINER BAUMGARTEN, HEINO<br />
GRUNERT, KATRIN SCHMERSAHL,<br />
HANS-HELMUT POPPENDIECK, KLAUS DE BUHR, JÖRG KUHBIER, MICHAEL<br />
SACHS, GÜNTER ELSTE (2012): Das grüne Hamburg: Metropole<br />
und Umwelthauptstadt an Alster und Elbe – Hamburg.<br />
KATRIN SCHMERSAHL (2012): Hamburger Elbblicke: die Geschichte<br />
der Parks, Landhäuser und Familien entlang der Elbchaussee<br />
– Hamburg.<br />
KATRIN SCHMERSAHL und JÜRGEN WEBER (2012): Spaziergänge am<br />
Elbufer und durch die Parks. – Hamburg<br />
JÖRG SEIFERT (2013): Substanzverzehr stoppen! Die permanente<br />
Krise des Hamburger Stadtgrüns. In: Architektur in<br />
Hamburg, Jahrbuch 2013, hrsg. von der Hamburgischen<br />
Architektenkammer – Hamburg.<br />
<br />
110
Jens Beck: Urban gardening – ein Mittel zur Wiederbelebung öffentlicher Parks?<br />
Urban gardening – ein Mittel zur<br />
Wiederbelebung öffentlicher Parks?<br />
Jens Beck<br />
In Kürze<br />
Das Thema „Gärtnern in der Stadt“<br />
ist keineswegs neu; gleichwohl wird<br />
ihm in den letzten Jahren verstärkt öffentliches<br />
Interesse entgegen gebracht.<br />
Während sich das eigentliche Tun – die<br />
Erzeugung von Gartenprodukten auf<br />
engstem Raum im städtischen Kontext<br />
– seit Jahrzehnten nicht verändert hat,<br />
sind es vor allem die Gärtner selbst, die<br />
die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Denn sie entstammen<br />
meist nicht den klassischen Kleingärtnermilieus,<br />
sondern setzen sich als Trendsetter gerne in<br />
Szene oder sehen das Gärtnern als Teil eines unabhängigen,<br />
selbstbestimmten Lebensabschnitts. Die<br />
gegenwärtige vielleicht nicht lang anhaltende, aber<br />
unübersehbare Lust am Gärtnern ist zweifellos eine<br />
Bereicherung des städtischen Lebens, ihrem Wesen<br />
nach an bislang wenig genutzte Freiräume gebunden<br />
und ohne feste Formen. Die Frage ist, ob sich<br />
die neue Leidenschaft in gewissem Rahmen nutzen<br />
ließe, um zur Belebung von öffentlichen <strong>Grün</strong>anlagen<br />
beizutragen.<br />
Urban gardening<br />
Die in den letzten Jahren nach der Krise des Kleingartenwesens<br />
neu erwachte und durch eine Vielzahl<br />
von Printmedien begleitete Gärtnerlust, die in erster<br />
Linie die Städter erfasst hat, ist ihrem Wesen nach<br />
eine sehr vielschichtige Erscheinung. Es ist kaum<br />
möglich, alle Formen des urban gardening zu beschreiben;<br />
außerdem ist strittig, was überhaupt dazu<br />
zu zählen ist. Sind traditionelle Formen wie Blumentöpfe<br />
auf dem Balkon und die Schrebergärten<br />
Teil des Phänomens oder sogar<br />
dessen Ausgangspunkt? Oder ist es gerade<br />
die Abkehr von der Tradition, die neue<br />
Formen des Gärtnerns entstehen lässt,<br />
deren Kennzeichen das Fehlen von festen<br />
Formen und Organisationen ist? Wie<br />
nachhaltig ist die neue Gärtnerlust und<br />
wie verändert sie die Gesellschaft? Und<br />
schließlich: Warum sollte sich eine Tagung,<br />
deren Thema die <strong>Grün</strong>anlagen der 1950er<br />
und 1960er Jahre sind, mit diesem Teil der zeitgenössischen<br />
Gartenkultur befassen? Spätestens seit<br />
sich die Idee von Dr. Schreber, dass der Mensch<br />
durch das Bearbeiten eines Stücks Gartenland etwas<br />
für seine Gesundheit tun kann, mit der deutschen<br />
Vorliebe für die <strong>Grün</strong>dung von Vereinen gepaart<br />
hat, ist die vermutlich schon im Umfeld der ersten<br />
menschlichen Siedlungen betriebene Gärtnerei seit<br />
der Mitte des 19. Jahrhunderts zu einer festen Institution<br />
geworden. Hinzu kommt das sich gleichzeitig<br />
enorm entwickelnde Floristikgeschäft, das den<br />
Großstädtern nicht nur üppig bepflanzte Wintergärten,<br />
Balkone und Vorgärten brachte, sondern auch<br />
neueste Blumendekorationen wie die beliebten Tableaus<br />
des Frankfurter Gartenkünstlers Heinrich Siessmayer.<br />
Welchen Anteil die Großstädter selbst an<br />
diesen Dingen hatten, ob sie nur Konsumenten oder<br />
auch Akteure waren, ist schwer zu sagen. Vermutlich<br />
gab es alle denkbaren Abstufungen, von dem<br />
mittellosen Arbeiter, dem die selbst gezogenen Kartoffeln<br />
neben Bahngleisen das Überleben sicherten,<br />
bis zur Frau des reichen Bankiers, die es sich nicht<br />
111
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
112<br />
nehmen ließ, die Rosen in den Gestecken ihrer Villa<br />
selbst zu ordnen. Für die Stadtplanung des 19. und<br />
20. Jahrhunderts war die Bereitstellung von Räumen<br />
für das Gärtnern ein wichtiger Teil ihrer Arbeit. In der<br />
Idee des Volksparks ist das Gärtnern fest verankert,<br />
entsprechende Flächen sind wesentlicher Teil einer<br />
solchen Parkanlage. Und dabei geht es nicht nur um<br />
die Befriedigung von Grundbedürfnissen. Eines der<br />
berührendsten Fotos aus den 1920er Jahren zeigt<br />
den damaligen Hamburger Gartendirektor Otto Linne<br />
an einem Spielplatz. Er hält eine Blume in der<br />
Hand und ist wohl darum bemüht, den sonst in rußigen<br />
Hinterhöfen spielenden Kindern die Schönheit<br />
und den Duft der Blüte nahe zu bringen. Vermutlich<br />
war er auch einer der ersten, die Baumstämme zum<br />
Klettern aufstellen ließen, damit die fern der Wälder<br />
lebenden Kinder den Bezug zur Natur nicht ganz<br />
verlören. Freilich war das feste Einbinden in den<br />
Stadtorganismus ein wesentliches Anliegen, denn<br />
das „wilde“ Gärtnern, das Aneignen von ungenutzten<br />
Flächen, war selbstverständlich nicht beabsichtigt.<br />
Dennoch ist auch dieses Phänomen aus der Vergangenheit<br />
hinlänglich bekannt. Vor allem in den<br />
Notzeiten nach den beiden Weltkriegen war das ungeregelte,<br />
nur den Gesetzen der Not gehorchende<br />
Umgraben und Bebauen von öffentlichem oder<br />
auch privatem Land weit verbreitet. Auffällig am<br />
urban gardening der letzten Jahre ist allerdings ein<br />
gewisser Zug zum Anarchistischen, auf jeden Fall<br />
aber das Pochen auf die eigene Unabhängigkeit und<br />
nicht selten auch das Ignorieren gerade von gängiger<br />
gärtnerischer Praxis. Insofern könnte man die<br />
urban gardener auch als Verwandte von Pippi Langstrumpf<br />
betrachten, die ihre Blumen im strömenden<br />
Regen gießt, weil sie sich vorgenommen hatte, genau<br />
dies am Nachmittag zu tun. Dennoch sind alle<br />
Formen der Gärtnerei an elementare Grundsätze gebunden,<br />
die es zu befolgen gilt, und so sind auch die<br />
jüngsten Kinder von Flora und Pomona in die großen<br />
Kreisläufe dieser Welt eingebunden. Vermutlich<br />
wäre es falsch, die neu erwachte Lust am Gärtnern<br />
als reine Modeerscheinung einer gelangweilten<br />
Überflussgesellschaft zu deuten; wenig überzeugend<br />
ist aber auch die Ansicht, darin käme wieder<br />
einmal die Suche der von ihren Lebensgrundlagen<br />
entfremdeten Menschen nach dem Ursprünglichen<br />
zum Ausdruck. Dazu ist das Ganze zu vielfältig und<br />
meist auch zu wenig ernsthaft. Denn auch dies ist<br />
auffallend: Neben der mancherorts zu beobachtenden<br />
Spießigkeit zeigt sich in der Regel eher das Spielerische,<br />
Spontane und Unbekümmerte, das zwar<br />
den gelernten Gärtner manchmal den Kopf schütteln<br />
lässt, oft aber durch die schiere Freude an der<br />
Gartenarbeit im Kleinen verblüfft. Und darin liegt<br />
der Reiz des urban gardening, und darin läge eigentlich<br />
eine Chance für die oft tristen <strong>Grün</strong>flächen in<br />
vielen Stadtquartieren: die gärtnerische Aneignung<br />
der brachliegenden Rasenflächen, im Prinzip der<br />
Traum jedes <strong>Grün</strong>planers. Denn natürlich wäre es<br />
wünschenswert, wenn die Anwohner ihre <strong>Grün</strong>anlagen<br />
stärker in Besitz nehmen würden, wenn die<br />
Bedeutung der <strong>Grün</strong>flächen wachsen und die Wertschätzung<br />
auch weniger attraktiver Flächen steigen<br />
würde. Allerdings ist es vermutlich kaum möglich,<br />
eine Bewegung planerisch gezielt zu lenken, deren<br />
Kennzeichen das Ungebundene, Selbstbestimmte<br />
ist. Die nur bedingt erfolgreichen Versuche, den Freizeitaktivitäten<br />
wie dem Skaten oder Sprayen von<br />
Graffiti bestimmte Flächen zuzuweisen, lässt vermuten,<br />
dass auch beim urban gardening die eigene Suche<br />
nach geeigneten Orten und die von einem Ort<br />
ausgehende Inspiration wichtige Teile der Aktion<br />
sind. Es wird schwer sein, die Gärtnerlust der Bevölkerung<br />
planerisch so zu steuern, dass damit eine allgemeine<br />
Aufwertung von vernachlässigten <strong>Grün</strong>anlagen<br />
verbunden ist. Und wahrscheinlich würde das<br />
urban gardening gerade dadurch seinen Charme<br />
verlieren. Trotzdem könnte es möglich sein, in einigen<br />
Fällen einen gewissen Rahmen zu setzen, innerhalb<br />
dessen einzelne Personen oder Gruppen frei
Jens Beck: Urban gardening – ein Mittel zur Wiederbelebung öffentlicher Parks?<br />
gärtnern. Vor allem die großen Parkanlagen aus der<br />
ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts mit ihrem stark<br />
gegliederten Gelände wären dafür geeignet. Beispielsweise<br />
könnten frühere Sondergärten wie Stauden-<br />
oder Rosengärten, die heute nicht mehr von<br />
den Kommunen unterhalten werden, in die Betreuung<br />
interessierter Gärtner gegeben werden. Es wäre<br />
eine Weiterführung der bereits bestehenden Patenschaften<br />
oder Pflegegemeinschaften, die sich zur<br />
Bepflanzung und Unterhaltung eines Beetes oder<br />
eines Parkteils verpflichtet haben. Falls es sich um<br />
unter Denkmalschutz stehende Anlagen handelt,<br />
müssten selbstverständlich gewisse Vorgaben eingehalten<br />
werden. Ob dies die Lust der urban gardener<br />
schmälern würde, bleibt abzuwarten. In bestimmten<br />
Fällen sollten jedoch neue Wege beschritten werden.<br />
Ein Beispiel aus Hamburg für die Erhaltung<br />
eines historischen Geländes durch freies Gärtnern<br />
wäre der ehemalige Anzuchtgarten des Stadtparks.<br />
Auf der schmalen Fläche südlich des Parks wurde<br />
früher ein großer Teil der für die Bepflanzung des<br />
Parks benötigten Blumen und Gehölze herangezogen.<br />
Fritz Schumacher, der als Oberbaudirektor vor<br />
der Einrichtung einer eigenen <strong>Grün</strong>planungsabteilung<br />
auch für die <strong>Grün</strong>anlagen zuständig war, hatte<br />
für diese Funktion ein einfaches Grundrissschema<br />
entworfen mit einem geraden, mittigen Weg, an<br />
dem sich beiderseits verschieden große, durch Hecken<br />
getrennte Parzellen aufreihten. In dieser Form<br />
ist der Anzuchtgarten bis heute erhalten, er wird<br />
gegenwärtig außer Betrieb genommen, ist aber als<br />
wichtiger Teil des Ensembles Stadtpark zunächst vor<br />
Veränderungen geschützt. Die kurzzeitig angedachte<br />
Bebauung scheiterte vor allem durch die Nähe zur<br />
U-Bahn, die im Süden den Garten mit einem hohen<br />
Wall begrenzt. Gegenwärtig wird die Verlegung von<br />
Kleingärten auf das Gelände geprüft, es wäre aber<br />
auch denkbar, die zwischen den historischen Hecken<br />
liegenden Parzellen für die Allgemeinheit freizugeben<br />
und ein wie auch immer geartetes Gärtnern<br />
dort zuzulassen. Voraussetzung wäre die Erhaltung<br />
der Hecken und das Verbot fester, einer Baugenehmigung<br />
unterliegenden Einbauten. Ansonsten<br />
könnten auf dem Gelände auch ohne die übergeordnete<br />
Struktur eines Vereins oder die Aufsicht<br />
einer Behörde die Flächen den Bürgern überlassen<br />
werden. Da in diesem Fall keine Verluste an historischer<br />
Substanz zu befürchten wären, die gärtnerische<br />
Nutzung eines wesentlichen Parkteils jedoch<br />
weiterhin gewährleistet wäre, könnte das urban gardening<br />
in diesem Fall einen Beitrag zur langfristigen<br />
Sicherung der Fläche leisten.<br />
<br />
113
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
Siedlung Marienhöhe in Quickborn<br />
Eine Handreichung für den interessierten Gartenbesitzer<br />
Gudrun Lang<br />
114<br />
Anlässlich der Unterschutzstellung<br />
der (Neutra-)Siedlung Marienhöhe<br />
in Quickborn beauftragt das<br />
Landesamt für Denkmalpflege Schleswig-Holstein<br />
in Kiel 2005/06 die Freie<br />
Landschaftsarchitektin Gudrun Lang<br />
mit einer Handreichung. Das Ziel dieses<br />
Leitfadens besteht darin, den gegenwärtigen<br />
Bewohnern der Siedlung Ratschläge<br />
für eine im Sinne der Denkmalpflege<br />
angemessene Pflege<br />
und Restaurierung des<br />
Siedlungsgrüns und der<br />
Wohngärten zu geben.<br />
Es handelt sich nicht um<br />
verbindliche Empfehlungen,<br />
sondern um das Angebot<br />
einer Hilfestellung.<br />
Neben den ganz praktischen<br />
Hinweisen enthält<br />
dieser eine Darstellung<br />
der Entwurfskonzeption,<br />
Erläuterungen zu den<br />
Einzelelementen und<br />
Einbauten, Pflegeanleitungen,<br />
Pflanzenlisten,<br />
Lieferadressen und Ansprechpartner,<br />
wo sich<br />
der interessierte Gartenbesitzer<br />
hinwenden<br />
kann.<br />
Entstehung und Standortwahl<br />
Die Siedlung Marienhöhe in Quickborn<br />
ist als herausragendes Beispiel der<br />
Nachkriegs<strong>modern</strong>e von hoher städtebaulicher<br />
und landschaftsprägender Bedeutung.<br />
Sie entstand ab 1963 auf rund<br />
20 ha unbebauter, landwirtschaftlich genutzter<br />
Heide- und Waldlandschaft mit<br />
günstigem Verkehrsanschluss nördlich<br />
von Hamburg.<br />
Abb. 1: Quickborn, Übersichtsplan Siedlung Marienhöhe, Überlagerung des Luftbildes (v.<br />
18.05.2006) mit dem Katasterplan. Graphik: Gudrun Lang, Freie Landschaftsarchitektin
Gudrun Lang: Siedlung Marienhöhe in Quickborn<br />
Auftraggeberin war die Hamburger<br />
Betreuungs- und Wohnungsbaugesellschaft<br />
mbH (BE-<br />
WOBAU). Man hatte die Absicht,<br />
für den gehobenen Mittelstand<br />
„attraktive Eigenheime im <strong>Grün</strong>en“<br />
nach den neuesten Stan-<br />
Abb. 3: Situationsplan aus dem Verkaufsprospekt der BEWO-<br />
BAU, 1963.<br />
Abb. 4: Aquarell Richard J. Neutra, Verkaufsprospekt der<br />
BEWOBAU, 1963.<br />
Abb. 2: Lageplan der Stadt Quickborn mit Verkehrsanbindung<br />
aus dem Verkaufsprospekt der BEWOBAU, 1963.<br />
dards der <strong>modern</strong>en Architektur zu schaffen. Deshalb<br />
gewann man den international renommierten,<br />
in die USA ausgewanderten österreichischen<br />
Architekten Richard Josef Neutra (1892–1970)<br />
für das Projekt. In Fachkreisen war dieser bekannt<br />
durch seine einzigartigen Flachdachbungalows im<br />
115
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
Abb. 5: Blick in den Straßenraum der Siedlung mit den halböffentlichen Vorgärten<br />
kurz nach Fertigstellung, 1965.<br />
Foto: Otto Rheinländer<br />
sonnigen Kalifornien. Neben der Marienhöhe in<br />
Quickborn plante und baute Neutra auch die typgleiche<br />
Siedlung in Mörfelden-Walldorf bei Frankfurt<br />
am Main. Beide Siedlungen zählen zu Neutras<br />
Spätwerk. Mit der Gestaltung der Gärten wurde<br />
der Hamburger Gartenarchitekt<br />
Gustav Lüttge (1909–1968) beauftragt,<br />
der mit den norddeutschen<br />
Gegebenheiten bestens<br />
vertraut war.<br />
Städtebauliche Konzeption und<br />
landschaft liche Einbindung<br />
Bei der städtebaulichen Planung<br />
berücksichtigte Neutra vorhandene<br />
Landschaftsstrukturen wie die<br />
Knicks 1 und die topografische Gegebenheiten.<br />
Ihr Verlauf bestimmte<br />
die Aufteilung der Grundstücke.<br />
Während die Siedlung in Mörfelden-Walldorf<br />
in einen bestehenden<br />
Kiefern-Buchenwald hineinkomponiert<br />
wurde, sollte sich in Quickborn<br />
erst im Laufe der Jahre durch<br />
die Neuanpflanzung standortgerechter<br />
Baumarten wie Waldkiefer,<br />
Erle und Birke ein schirmartiger,<br />
lockerer, lichtdurchlässiger Baumbestand<br />
entwickeln. Die Landschaft<br />
strömt gewissermaßen in den Siedlungsraum<br />
ein: „...denn hier wird<br />
im Planen die gewachsene Lanndschaft<br />
zur gemütsmäßigen Regel<br />
und Matrix des menschlichen Wohnungswohlseins<br />
gemacht“. 2 Neutra<br />
bezeichnete seine Wohnsiedlungen<br />
auch als „Wohn- und Lebensankerplatz“.<br />
Neben der organischen Eingebundenheit<br />
seiner Bauten in die<br />
umgebende Landschaft und Natur<br />
waren Neutra auch die individuellen Wünsche seiner<br />
Bauherren wichtig. Für die einzelnen Häuser konnten<br />
deshalb wie in einem Baukastensystem die Materialien<br />
und Formen der verschiedenen architektonischen<br />
Elemente und Ausstattungsgegenstände ausgewählt<br />
116<br />
Abb. 6: Beispiel eines Gartenhofs mit „spider leg“ (Spinnenbein) von R. J. Neutra<br />
und den Stabgitterwänden von Gustav Lüttge.<br />
Foto: Otto Rheinländer
Gudrun Lang: Siedlung Marienhöhe in Quickborn<br />
Abb. 7a/b: Quickborn, Marienhöhe, Beispiel intensiv gestalteter Stauden- und Rosenbeete mit schwebender Steineinfassung<br />
aus Waschbeton kurz nach der Entstehung und heute.<br />
Fotos: Otto Rheinländer (links), Gudrun Lang (rechts)<br />
werden; die Elemente selbst waren jedoch vorgegeben.<br />
So konnte bei hoher Individualität ein einheitliches,<br />
harmonisches Siedlungsbild entstehen.<br />
Das Siedlungsgrün – öffent liche, halböffentliche<br />
und private Freiflächen<br />
Neutra gliederte den Außenraum in ein abgestuftes<br />
System aus öffentlichen, halböffentlichen und privaten<br />
Bereichen. Als öffentliche Freiflächen sind die Verkehrs-<br />
und Straßenräume und die fußläufigen <strong>Grün</strong>verbindungen<br />
anzusehen. Haus und Straße sollten<br />
nicht durch die in Deutschland üblichen repräsentativen<br />
Vorgärten mit ihren Einzäunungen voneinander<br />
getrennt, sondern nach Neutras Vorstellung durch<br />
eine offene, parkartige <strong>Grün</strong>fläche ohne Barriere zum<br />
Wohnhaus verbunden werden.<br />
Auch in den privaten Bereichen zwischen den<br />
Häusern war ein fließender, offener Raum vorgesehen,<br />
wie er in den USA bis heute vorherrscht. Gerade<br />
dieser Aspekt des nachbarschaftlichen Wohnens<br />
konnte sich jedoch in der bundesrepublikanischen<br />
Gesellschaft nicht durchsetzen. Dem Bedürfnis nach<br />
Abgrenzung versuchte Lüttge in Form von Hecken<br />
und Stabgitterwänden Rechnung zu tragen, ohne die<br />
Großzügigkeit des Gesamtkonzepts zu gefährden. Er<br />
grenzte die Grundstücke zwar durch höhere Bepflan-<br />
Abb. 8: Drei Beispiele verschiedener Haustypen von R. J.<br />
Neutra mit dazugehörigen Außenräumen, die die Verzahnung<br />
von Innen- und Außenraum zeigen, gezeichnet von Gustav<br />
Lüttge, veröffentlicht in Garten + Landschaft, Heft 1, 1963<br />
117
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
118<br />
Abb. 9: Das Wasserbecken zeigt in Anlehnung an das terrassennahe<br />
Stauden- und Rosenbeet eine quadratische Form.<br />
Foto: Otto Rheinländer<br />
Abb. 10: Beispiel eines Reflecting Pools, dieses spiegelt das<br />
Haus, einen interessanten Teil der Landschaft oder eine Pflanze<br />
mit einem Teil des Himmels wider. Foto: Otto Rheinländer<br />
zung und Rankwände gegeneinander ab, aber Zäune<br />
im eigentlichen Sinne gab es nicht. Das Bedürfnis<br />
nach festen Abgrenzungen des eigenen Heims zum<br />
Nachbarn – statt Hinwendung und Öffnung zu einer<br />
Gemeinschaft – ist bis heute in der Siedlung Marienhöhe<br />
3 wie andernorts ungebrochen und erschwert es<br />
oft, den ursprünglichen Geist des Projekts zu wahren<br />
oder wieder herzustellen.<br />
Analog zu den Häusern herrschte auch in den<br />
Außenräumen die architektonische Ordnung als<br />
oberstes Formprinzip. So wie die Innenräume eines<br />
Hauses bestimmten Funktionen, z.B. Wohnen, Schlafen,<br />
Kochen, zugeordnet werden, so wurden auch im<br />
Garten verschiedene offene und geschlossene Flächen<br />
und Räume sowie sogenannte Wohnhöfe 4 angelegt.<br />
Diese gliedern sich in einen Einfahrtsbereich mit Garage,<br />
den Vorgarten, eine Terrasse, eine zentrale Rasenfläche<br />
als Sonnenplatz mit begleitenden Pflanzbeeten,<br />
einen Küchenhof, einen Wäschetrockenplatz und<br />
einen kleinen Wirtschaftsgarten. Ähnlich wie Neutra<br />
für die Gebäude entwickelte Lüttge für die Gärten<br />
eine Reihe sich wiederholender charakteristischer Elemente,<br />
die zwar individuelle Variationen erlaubten,<br />
aber ein einheitliches Gesamtbild garantierten.<br />
Die flachen Haustypen stehen einzeln oder bilden<br />
Zweiergruppen. Im Anschluss an die dem großen<br />
Wohnraum vorgelagerte Terrasse sind kleine Wohnhöfe<br />
entwickelt worden, die pflanzlich außerordentlich<br />
intensiv behandelt werden, so dass über das ganze<br />
Jahr hinweg ein buntes Gartenbild entsteht. Einzelne<br />
Entwürfe enthalten auch flache Vogelbäder oder<br />
kleine Pflanzbecken in welchen Wasserpflanzen gut<br />
gedeihen. Das Hauptmerkmal dieser kleinen Gärten<br />
ist die absolute Intimität und eine Komposition von<br />
Abb. 11: Die Wohnterrasse vor dem Wohnzimmer wurde im<br />
Verband aus hellen Waschbetonplatten mit dunklen, anthrazitfarbenen<br />
Betonplatten im Streifenmuster verlegt.<br />
Foto: Otto Rheinländer
Gudrun Lang: Siedlung Marienhöhe in Quickborn<br />
Pflanzen, die aufeinander abgestimmt den Garten zu<br />
einer „festlichen Wohnstube“ machen und auch im<br />
Winter, durch Verwendung von wintergrünen Blattund<br />
Nadelgehölzen, ein vollständiges Bild vermitteln. 5<br />
Charakteristische Elemente und Einbauten<br />
Neutras Häuser greifen mit mannshohen Mauerscheiben<br />
als Raumabschluss am Ende der Terrassen in den<br />
Garten hinein. Diese bieten neben ihrer Funktion als<br />
Sicht- und Windschutz Rankern eine Kletterhilfe. An<br />
Stellen, wo solche Mauern nicht vorgesehen waren, ein<br />
Sichtschutz aber dennoch notwendig erschien, z.B. als<br />
Abgrenzung zum Nachbargrundstück oder zur Wohnstraße,<br />
entwarf Lüttge Rankwände aus Holzstäbchen<br />
und Eternitplatten mit und ohne Sitzbank. Vom Haus<br />
ausgehend wurden die befestigten Terrassen und die<br />
anschließenden Wegeflächen orthogonal angeordnet.<br />
Entsprechend dem Zeitgeschmack kombinierte Gustav<br />
Lüttge hellen Waschbeton mit dunklen, anthrazitfarbenen<br />
Betonplatten und entwickelte hieraus Streifenund<br />
Schachbrettmuster, Rasterungen aus hellen Platten<br />
mit dunklem Feld und umgekehrt dunkle Felder mit<br />
hellen Plattenbändern. Der Werkstoff Beton war ein<br />
wesentliches Merkmal der neuen, <strong>modern</strong>en Bauweise<br />
von Belägen in den 1960er Jahren.<br />
Alle Gartenräume bekamen eine ruhige, benutzbare<br />
Rasenfläche vor der Terrasse, an deren Rändern<br />
ursprünglich Pflanzbeete angelegt waren. Haus, Sitzplätze<br />
auf der Terrasse und Rasen lagen niveaugleich<br />
und waren vom Innenraum einsehbar. Die Gärten<br />
bildeten in ihrer Struktur eine absolute räumliche Einheit<br />
mit den Wohnräumen. Die konsequente optische<br />
Öffnung bedeutete, dass diese voll in den Lebensbereich<br />
einbezogen wurden. Mit der Anlage lang gezogener<br />
Rasenflächen versuchte Lüttge immer eine<br />
Rasenachse zu verwirklichen, die den kleinen Garten<br />
in der Diagonale maximal weiten konnte. Ein immer<br />
wiederkehrendes Element stellte das wegbegleitende,<br />
über einer Schattenfuge schwebend gesetzte Bord<br />
des Stauden- und Rosenbeets dar. Die Beete mit ihrer<br />
Abb. 12: Eine neu gestaltete Vogeltränke mit Quarzit-Plättchen<br />
im Sinne Lüttges.<br />
Foto: Gudrun Lang<br />
überwiegend fremdländischen Bepflanzung standen<br />
im bewussten Kontrast zu den natürlich wirkenden<br />
lockeren Gehölzgruppen und Bäumen, 6 die an der<br />
Grundstücksgrenze angeordnet waren und verschiedene<br />
jahreszeitliche Stimmungen zum Ausdruck bringen<br />
konnten. Es beginnt, so schreibt Lüttge, mit den<br />
ersten Krokussen, Narzissen und Tulpen, und setzt sich<br />
dann mit blühenden Stauden fort. Den Kernpunkt des<br />
Blühens bilden die neuen, vielblütigen Buschrosen, die<br />
von Juni bis zum Frost bei leichter Pflege durchblühen.<br />
Sie werden in vielen Fällen ergänzt durch teils remontierenden<br />
Rankrosen und einzelne Blütengehölze, wie<br />
japanische Kirschen, Zieräfel oder die kanadische Felsenbirne.<br />
Weiterhin wird die intensive Bepflanzung<br />
noch durch Einjahresblumen gesteigert. 7 Eine große<br />
Bereicherung für den Garten sah Lüttge in einer offenen<br />
Wasserstelle. Vogelbäder und -tränken sind die<br />
kleinsten und billigsten Wasserbecken und ein Ort der<br />
Naturbeobachtung. Viele schöne Beispiele wurden von<br />
Gustav Lüttge gestaltet und auch veröffentlicht. Entgegen<br />
den von Neutra bevorzugten Unterstellplätzen<br />
realisierte die BEWOBAU für ihre deutsche Klientel geschlossene<br />
Garagen, die an die Baukörper angegliedert<br />
wurden. Die Zufahrten zu den Garagen hatten<br />
ursprünglich einen Belag aus Kies. Der Kies und die für<br />
119
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
120<br />
die sonstigen Beläge verwendeten Waschbetonplatten<br />
ergänzen sich sehr schön in ihrer Materialwirkung.<br />
Ausblick<br />
Der Umgang mit dem Bestand der Siedlung hat sich<br />
im Laufe der Zeit mehrmals gewandelt. Die erste Generation<br />
der Eigentümer kaufte und baute ihre Siedlungsbungalows<br />
noch bei der BEWOBAU, weil sie genau<br />
diesen „funktionalistischen Stil“ und diesen besonderen<br />
Haustyp mit seinen Gärten schätzte. Diese<br />
Eigentümer kannten Prof. Neutra oft noch persönlich<br />
oder hatten direkten Kontakt zu Gustav Lüttge. Sie ließen<br />
sich bei der gestalterischen Umsetzung individueller<br />
Wünsche beraten. Schwieriger sind die Altbesitzer<br />
der zweiten und dritten Generation, die nicht von Anfang<br />
an dabei waren und keine Wertschätzung für die<br />
Siedlung mitbringen, sondern sich durch die Unterschutzstellung<br />
eher eingeengt und bevormundet fühlen.<br />
Leider sind die Hinterlassenschaften der unmittelbaren<br />
Vergangenheit häufig durch das Unverständnis<br />
der folgenden Generationen gefährdet. Sie werden<br />
damit leichter zur Verfügungsmasse heutigen Baugeschehens.<br />
Unpassende Nutzungsanforderungen, wie<br />
beispielsweise das zweite und dritte Auto je Familie,<br />
sowie notwendige Reparaturen führten in der Vergangenheit<br />
zu zahlreichen Veränderungen am Bestand,<br />
die mit den ursprünglichen Ideen kaum noch in Einklang<br />
zu bringen sind. In jüngster Zeit hat sich jedoch<br />
bei vielen Menschen das Verhältnis zur Gestaltung der<br />
Nachkriegszeit gewandelt. Heute ist die Marienhöhe<br />
kein günstiger Wohnstandort mehr. Glücklicherweise<br />
werden die Objekte zunehmend bei neuen Käufern<br />
als „Liebhaberstücke“ nachgefragt. Mit einem<br />
halben Jahrhundert Abstand zur Entstehungszeit gilt<br />
die Siedlung wieder als en vogue. Man besinnt sich<br />
langsam auf die Werte des Entwurfsgedankens und<br />
schätzt das daraus resultierende Raumgefüge in Zeiten<br />
immer gesichtsloser werdender Neubausiedlungen.<br />
Diese „Wiedergeburt“ der Wertschätzung für<br />
die Bau- und Gartenkunst der Moderne eröffnet neue<br />
Chancen für die Siedlung Marienhöhe in Quickborn.<br />
Dabei kommt der Handreichung die wichtige Rolle zu,<br />
den guten Willen der Eigentümer in die richtigen Bahnen<br />
zu lenken.<br />
Literatur<br />
Verkaufsbroschüre der BEWOBAU „Von Prof. Richard J. Neutra<br />
entworfen. Von der BEWOBAU verwirklicht“. Hamburg<br />
Frühjahr 1963.<br />
Von ENGELBERG-DOCKAL, E. (2003): Richard Neutras Siedlung in<br />
Quickborn – „Kalifornische Moderne“ in Schleswig-Holstein.<br />
– In: DenkMal, 10. Jg., S. 37–47.<br />
Schlossmacher + Jungk Architekten (2006): Neutra-Siedlung<br />
Quickborn, Bestand und Sanierung, Landesamt für Denkmalpflege<br />
Schleswig-Holstein, Kiel.<br />
BECHTOLD, M. (2005): Die Neutra-Siedlung in Mörfelden-Walldorf.<br />
Eine gartendenkmalpflegerische Analyse. Masterarbeit:<br />
Otto-Friedrich-Universität Bamberg und Fachhochschule Coburg.<br />
MEYER, M. (2006): Die Siedlung Marienhöhe in Quickborn –<br />
Kalifornische Moderne in Schleswig-Holstein? – In: Arbeitsheft<br />
des Thüringischen Landesamtes für Denkmalpflege und<br />
Archäologie, N.F. 28 zum Symposium Stadt- und <strong>Grün</strong>planung<br />
der 1950er und 1960er Jahre in Deutschland, S. 38–49.<br />
LANG, G. (2006): Die Siedlung „Marienhöhe“ in Quickborn.<br />
Leitfaden zum denkmalgerechten Umgang mit den Siedlungsgärten,<br />
Handreichung im Auftrag des Landesamtes für<br />
Denkmalpflege Schleswig-Holstein.<br />
Die Handreichung ist auf Anfrage zu beziehen über:<br />
info@gudrunlang.com oder denkmalamt@ld.landsh.de<br />
Anmerkungen<br />
1 In Norddeutschland, insbesondere in Schleswig-Holstein<br />
werden Wallhecken, von Gehölzen bewachsene breite Geländestreifen,<br />
als Knick bezeichnet; diese wurden im 18. Jahrhundert<br />
im Rahmen der Verkoppelung als „lebende Zäune“<br />
angelegt und dienten ursprünglich als Feldbegrenzung, Brennholzlieferanten<br />
und Schutz gegen äolische Erosion.<br />
2 Richard Neutra, Naturnahes Bauen, Stuttgart 1970.<br />
3 Vgl. MEYER, M. 2006.<br />
4 Die neuen Wohngärten der Nachkriegszeit wurden auch<br />
„Wohnhöfe“ genannt – ein Begriff, der in den Publikationen<br />
der Zeit immer wieder genannt wird.<br />
5 Vgl. LÜTTGE, Verkaufsbroschüre in Quickborn, 1963.<br />
6 Spiel mit den Gegensätzen von formaler und naturnaher<br />
Gartengestaltung.<br />
7 LÜTTGE, Verkaufsbroschüre in Quickborn, 1963.
Sibylle Eßer: Gartenschau-Parks der Nachkriegs<strong>modern</strong>e<br />
Gartenschau-Parks der Nachkriegs<strong>modern</strong>e<br />
Sibylle Eßer<br />
BUGA – Bundesgartenschau und IGA<br />
– Internationale Gartenbauausstellung<br />
sind in Deutschland schon in der<br />
vierten Generation bekannt. Seit mehr<br />
als 60 Jahren findet alle zwei Jahre eine<br />
BUGA und alle zehn Jahre eine IGA statt.<br />
Die Deutsche Bundesgartenschau-Gesellschaft<br />
lizensiert diese Marken und berät<br />
die Kommunen von der ersten Idee über<br />
die Machbarkeit bis zur <strong>Grün</strong>dung einer<br />
Durchführungsgesellschaft und über den Zeitraum<br />
der Gartenschau hinaus. Sie dokumentiert, beobachtet,<br />
berät und zertifiziert die mit diesem Veranstaltungsformat<br />
entstandenen <strong>Grün</strong>anlagen ein Parkleben<br />
lang. Heute werden die längst zu Bürgerparks<br />
entwickelten Freiräume der Nachkriegs<strong>modern</strong>e<br />
mehr denn je auf ihre Nachhaltigkeit geprüft. Dafür<br />
verleiht die DBG alle zwei Jahre den „Ehrenpreis für<br />
hervorragende nachhaltige Parknutzung“ – auch an<br />
einige der Parks, die hier in ihrer Entstehung und<br />
Entwicklung betrachtet werden. Fünf Beispiele stehen<br />
für Stadtreparatur und Wiederaufbau, für das<br />
Schließen von Baulücken zerstörter Städte, aber ab<br />
den 1970er Jahren auch für <strong>Grün</strong>-Renovierung und<br />
Neuanlage: Noch im kriegszerbombten Kassel wird<br />
eine Gartenschau 1955 wesentliche Impulse für den<br />
Wiederaufbau auslösen, Köln mit seiner zweiten<br />
BUGA 1957 erfolgreich den Sprung über den Rhein<br />
unternehmen und den <strong>Grün</strong>gürtel in der rechtsrheinischen<br />
Aue anschließen, Dortmund 1959 den innerstädtischen<br />
Westfalenpark bauen und Stuttgart 1961<br />
die Restauration seines Schlossparks und den <strong>Grün</strong>zug<br />
„Das grüne U“ starten. Und dann folgt 1965 die<br />
Erfolgsgeschichte des GRUGA Parks mit einer BUGA,<br />
die Maßstäbe für Nachhaltigkeit gesetzt hat.<br />
1955 BUGA Kassel – vom Schutthügel<br />
zum Rosenhang<br />
Starten wir in Kassel, das 1950, im Jahr<br />
der Bewerbung, zu 70% zerstört war. Die<br />
Erfolge der BUGA Hannover und der IGA<br />
Hamburg machten den Kasseler Stadtvätern<br />
Mut, zehn Jahre nach Kriegsende<br />
auf dem Gelände der im Stil eines barocken<br />
Parks angelegten Karlsaue, die 1785<br />
eine englische Ausprägung erhielt, eine<br />
Bundesgartenschau auszurichten. Mit typischen<br />
Bauelementen der Nachkriegs<strong>modern</strong>e: Bruchsteinplatten<br />
auf Wegen, Blumenkübeln aus Eternit und<br />
Kunst aus Stahl. Aber bis das Gelände modelliert,<br />
restauriert und dermaßen zeitgemäß bestückt war,<br />
hatten die Kasseler einen harten Weg vor sich: Ein<br />
Schuttberg riegelte die Stadt von der Karlsaue ab.<br />
Hierhin hatte man die Trümmermassen der Innenstadt<br />
entsorgt, die eine schier unüberwindbare Barriere<br />
für die BUGA darstellten. Der Kasseler Gartenarchitekt<br />
Prof. Hermann Mattern entwickelte den<br />
Plan, die Trümmer nicht abzuräumen, sondern den<br />
Hang zu schleifen und einen blühenden Rosenwall<br />
darauf anzulegen. Stück für Stück wurde er modelliert,<br />
seine Neigung von 37 Grad auf 25 Grad reduziert.<br />
1950 pflanzte man nach einem Konzept von<br />
Hermann Mattern Pioniergehölze, die für die Erstbesiedelung<br />
und Aufschließung des Bodens geeignet<br />
waren: Birken, Erlen und Robinien, ehe der Hang<br />
für die Gartenschau mit Ahorn, Hainbuche und Vogelkirsche<br />
neu gestaltet wurde. 25.000 Rosen begleiteten<br />
zusätzlich die neuen Wegeverbindungen<br />
über die Hangschulter in die Karlsaue hinein. Dies<br />
war aber nicht die einzige Aufgabe, die sich mit<br />
der Restaurierung verband. Zur Vorbereitung der<br />
121
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
122<br />
Abb. 1: Eine Seilbahn, die Teile des 50 ha großen Geländes<br />
überspannte, verschaffte dem Publikum einen guten Überblick.<br />
Foto: Alte Postkarte – Fotograf unbekannt<br />
Gartenschau wurden 15.000 m²<br />
Bombentrichter zugeschüttet und<br />
eine extensive Baumpflege des Altbaumbestandes<br />
betrieben. Zugleich<br />
legte man die Strukturen des englischen<br />
Landschaftsparks wieder frei.<br />
Mit dem Projekt BUGA hatte man<br />
nach Mattern damit einen „Vorgriff<br />
der städtischen Entwicklung<br />
von 20–30 Jahren“ vorweggenommen.<br />
Ebenso wichtig war, dass die<br />
Kasseler Bürger mit dem BUGA Park für den Aufbaugedanken<br />
gewonnen werden konnten. So initiierte<br />
diese Gartenschau in Kassel auch Attraktionen wie<br />
die erste Fußgängerzone Deutschlands, ein neues<br />
Staatstheater, den Neubau der Gemäldegalerie und<br />
machte die vorläufige Nutzung der Orangerie möglich.<br />
Auf dem Gelände selbst wurden nicht nur Visionen<br />
der Landschaftsarchitektur wahr, sondern auch<br />
der Hochbauarchitektur: Hier entstand der erste Versuch<br />
im Leichtbau mit Membranen, dem sogenannten<br />
4-Punkt-Segel, das der Münchner Architekt Frei<br />
Otto entwickelte. Seine erste Membran, die er von<br />
einem Spezialhersteller bezog, war 18 m weit, sattelförmig<br />
und gekrümmt gespannt. Ein Novum. So weit<br />
überdachten „Zelte“ nie zuvor. Dieses Experiment<br />
führte zur Weiterentwicklung bis zum Olympia-Zeltdach<br />
in München 1972.<br />
1955 bekam nicht nur die elegante Zeltdacharchitektur<br />
von Frei Otto Aufwind über eine BUGA, sondern<br />
auch die Kunst im Freiraum. Im Beiprogramm<br />
wurde erstmals eine „documenta“ gezeigt. Die von<br />
Kunstprofessor Arnold Bode initiierte Ausstellung<br />
stellte vor allem Werke aus, die im Nationalsozialismus<br />
als „Entartete Kunst“ galten. Das Interesse war<br />
groß: Die Kunstausstellung allein hatte 150.000 Besucher.<br />
Alle fünf Jahre gibt es seitdem eine documenta<br />
– 2013 waren es 750.000 Besucher, die in<br />
Kassel in die Museen, den Park und die Stadt strömten.<br />
Und so spielt der Park, spielt Natur als Konter-<br />
Abb. 2: Der Musikpavillon mit dem Zeltdach von Frei Otte, das eine Spannweite<br />
von 18 m aufbot.<br />
Foto: ZVG
Sibylle Eßer: Gartenschau-Parks der Nachkriegs<strong>modern</strong>e<br />
Abb. 3a–d: Die Stadt erwirbt Kunst aus der Freiraumausstellung<br />
anläßlich jeder documenta: z.B. die Spitzhacke von<br />
Claes Oldenburg, oder den bronzenen Baum von Giuseppe<br />
Penone 2013. Schon Joseph Beuys konnte in einer Kunstaktion<br />
7000 Eichen pflanzen, die „Stadtverwaldung“ anstelle<br />
von „Stadtverwaltung“ symbolisieren sollten.<br />
Fotos: Penone Baum – dpa. Beuys Eichen – dpa. Claes Oldenburg<br />
– dpa. Aiweiwei vor „Ruine“ – Getty Images<br />
part der Kunst oder deren Tableau auch heute noch<br />
eine wichtige Rolle: Die Stadt kauft nach jeder Ausstellung<br />
Kunst für den Freiraum an.<br />
Wie hat sich das Gelände weiterentwickelt?<br />
Der BUGA 1955 folgte 1981 eine weitere Gartenschau<br />
und mit dem Neubau des großen Auesees<br />
auch der Anschluss der Fuldaaue. Sie dient heute<br />
vor allem dem Hochwasserschutz. Große Teile<br />
sind Naturschutzgebiet. Eine Fußgängerbrücke<br />
verbindet beide Parkteile zu einer der größten<br />
innerstädtischen Parkanlagen Deutschlands, die<br />
Pflege durch unterschiedliche Budgets erhält: Das<br />
BUGA-Gelände liegt im Stadtteil Waldau und ist<br />
eine städtische Anlage, während die Karlsaue ein<br />
Staatspark ist und heute vom Land Hessen unterhalten<br />
wird.<br />
1957 BUGA Köln – Seilbahn und Brunnen sind<br />
zeitgemäße Attraktionen<br />
Unternehmen wir einen Sprung an den Rhein: Ende<br />
1953 erhielt Köln als dritte Stadt den Zuschlag, eine<br />
Gartenschau durchzuführen. Sie sollte auf der „anderen<br />
Rheinseite“ durchgeführt werden, auf der<br />
123
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
124<br />
Abb. 4: Hier sieht man einige der prägenden Elemente der BUGA Köln: das Parkcafé,<br />
eine geschwungene Betonkonstruktion von Frei Otto, das mit einer eleganten<br />
Brücke in den Park führte, und typische Kunst der Nachkriegszeit: die Störche von<br />
Philipp Harth.<br />
Foto: www.bilderbuch-koeln.de<br />
rechtsrheinischen: Zwar hatte Köln viele <strong>Grün</strong>anlagen,<br />
die alle massiv unter den Zerstörungen während<br />
des Krieges gelitten hatten, der Rheinpark war<br />
jedoch war durch Ansprüche aus der Wirtschaft<br />
zusätzlich bedroht. Sowohl die Kölner Messe als<br />
auch die im Osten angrenzende Industrie benötigte<br />
zusätzlichen Raum und hätte sich gern bis an<br />
das Rheinufer ausgedehnt. Die BUGA würde eine<br />
deutliche Antwort auf diese Ansprüche geben und<br />
das Gelände als Erholungsgebiet für die Kölner Bevölkerung<br />
sichern. Unter der Leitung von Hertha<br />
Hammerbacher, Günther Schulze, Joachim Winkler,<br />
Friedrich Schaub und des Kölner Gartendirektors<br />
Kurt Schönbohm begannen auf einer Fläche von<br />
48 ha die Planungen für den Rheinpark. Weitläufige<br />
Wiesenflächen wurden durch Baum- und Buschgruppen<br />
aufgelockert, 2,5 Mio. Blumen, Sträucher<br />
und Bäume wurden gepflanzt und Staudengärten<br />
an Teichen und Weihern in hügeligen und ebenen<br />
Bereichen eingerichtet. Dazu mussten auch hier<br />
über 40.000 m² Trümmerschutt mit einer Schicht<br />
Humus überzogen werden. Eine besondere Anziehungskraft<br />
auf dem neuen Parkgelände<br />
sollten die Kölner Brunnen,<br />
Brunnengarten und Wasserspiele<br />
auslösen. 4,8 Mio. Besucher kamen<br />
– viele von ihnen mit der neu<br />
eingerichteten Seilbahn über den<br />
Rhein. Bis zur Koblenzer Seilbahn<br />
zur BUGA 2011 war sie übrigens<br />
die einzige 624 m Fluß überspannende<br />
Seilbahn in Europa. In 28<br />
m Höhe hat sie bis heute 16 Mio.<br />
Menschen unfallfrei transportiert<br />
und gilt als Kölns sicherstes Verkehrsmittel.<br />
Werfen wir einen Blick in die<br />
Aue 1957: die räumlichen Konturen<br />
und die freigelassenen Sichtachsen<br />
zu den Gebäuden ermöglichen<br />
eine optische Verbindung zur linksrheinischen<br />
Innenstadt. Großzügige Wiesen, in die Blumenbeete<br />
in Wellen eingelassen waren, entsprachen dem Zeitgeist<br />
und sind teils heute noch zu erkennen. Ein 19<br />
km langes Wegenetz in Windungen sollte der Naturlandschaft<br />
nachempfunden sein. Es entsprach<br />
der Tendenz der 1950er Jahre, regelmäßige geometrische<br />
Formen zu vermeiden und stumpfe Winkel<br />
oder Rundungen und unregelmäßige Gliederungen<br />
zu bevorzugen. Klassisch waren hier wieder die gefärbten<br />
Betonplatten im Einsatz – auch ein Design<br />
der Zeit. Möbel wie ein Freisitz mit Überdachung<br />
aus gewelltem Plastik waren von Merete Mattern,<br />
der Tochter des schon in Kassel tätigen Garten- und<br />
Landschaftsarchitekten, Hermann Mattern, entworfen<br />
worden.<br />
Ein weiteres Alleinstellungsmerkmal bis heute ist<br />
der Tanzbrunnen. Er wurde schon 1928 von Architekt<br />
Adolf Abel in seiner Grundstruktur geschaffen,<br />
aber von Hertha Hammerbacher neu gestaltet. Frei<br />
Otto schuf 1957 das Sternwellenzelt darüber. Wasser<br />
spielte als Gestaltungselement in diesem Park
Sibylle Eßer: Gartenschau-Parks der Nachkriegs<strong>modern</strong>e<br />
eine große Rolle: Brunnen, Fontänen und Weiher<br />
zeugen noch heute davon. Allein 14 sprudelnde<br />
Quellen im sogenannten Brunnengarten durchzogen<br />
das Gelände auf einer Gesamtfläche von 4000<br />
m². Die Zierbrunnen selbst bestanden aus Zehntausenden<br />
von Rheinkieseln, die quirlige Mosaiken bildeten,<br />
aus denen muntere Wasserspiele sprudelten<br />
– von Grauwackeplatten umlegt. Eine Bürgerinitiative<br />
der Nachfahren des Erbauers sorgt seit 2011 für<br />
die Instandhaltung.<br />
Der Rheinpark heute<br />
Die zweite BUGA 1971 hat den Rheinpark wenig<br />
verändert. Das Leitbild der Anlage in ihren drei<br />
Nutzungszonen blieb erhalten: Mit der Rheinparkpromenade,<br />
dem Erlebnisbereich mit Wiesen und<br />
den Gartenräumen zur Entspannung. 2003 erfolgte<br />
Abb. 5: Ein Blick in den heutigen Park zeigt, dass sich viele<br />
architektonische Elemente erhalten haben – einige, wie der<br />
Beachclub und der Biergarten, sind hinzugekommen und<br />
haben den Park zum Wasser erweitert.<br />
Foto: Kölner Stadtarchiv<br />
die Aufnahme in ein städtisches Erneuerungsprogramm.<br />
Fritz Schramma, Oberbürgermeister Kölns,<br />
bewilligte 2006 eine gründliche Sanierung und gärtnerische<br />
Aufwertung. 2007 wurde der Rheinpark<br />
zum schönsten Park Deutschlands gewählt und erhielt<br />
den Nachhaltigkeitspreis der DBG. Heute ist er<br />
eine geliebte Kölner <strong>Grün</strong>fläche, sicher auch durch<br />
den Charme, den das Gelände mit seinen 50er-Jahre<br />
Gestaltungselementen bewahrt hat. Allein durch<br />
die Veranstaltungen am Tanzbrunnen zieht es im<br />
Sommer tausende linksrheinische Kölner jedes Wochenende<br />
auf die „andere“ Rheinseite. Inzwischen<br />
hat sich unter der Schirmherrschaft von Oberbürgermeister<br />
Jürgen Roters 2013 eine Bürgerinitiative<br />
zum Erhalt des Rheinparks gebildet. Roters liegt aktuell<br />
auch eine Machbarkeitsstudie für eine mögliche<br />
BUGA 2025 vor.<br />
1959 – BUGA Dortmund bringt Naherholung in<br />
die Stadt<br />
Erholen, Erfahren, Erleben sollten die Werte des<br />
Dortmunder Westfalenparks ausmachen. Der Bedarf<br />
an Naherholungsflächen nahm zu und die<br />
BUGAs wurden immer größer. Während die erste<br />
BUGA noch auf 21 ha stattfand, nahm die Dortmunder<br />
Schau eine dreimal so große Fläche ein. Die<br />
Stadtväter beschlossen, sie um den seit 1894 existierenden<br />
Kaiserhain stattfinden zu lassen, der eine<br />
perfekte Baumkulisse bot. Behelfsheime, Schrebergärten<br />
und Kleingewerbe drumherum gab man<br />
auf. In sanften Hügeln zog sich die neue BUGA-<br />
Parkfläche bis zur Emscher herunter. Die Wegeführung<br />
zeichnete die Bewegung des Geländes nach<br />
und bot schöne Sichtachsen. Unübersehbar aber<br />
blieb der Kontext zwischen blühender Landschaft<br />
und gigantischer Industriekulisse. Was hat man<br />
unternommen, um hier einen Park zu gestalten?<br />
Es mussten 10.000 rußfeste Bäume gepflanzt werden,<br />
denn 1957 waren die Hütten noch in Betrieb.<br />
Durch den Wechsel von Garten- und Pflanzenthe-<br />
125
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
men und großzügigen Rasenflächen entstand eine<br />
Fülle an reizvollen Ausblicken. Auch vom Floriansturm,<br />
dem mit 219,3 m höchsten Turm Deutschlands<br />
in seiner Zeit mit dem ersten Drehrestaurant<br />
überhaupt.<br />
Breite Achsen und schmale Nebenwege waren<br />
charakteristisch für diesen BUGA-Park. Man hat mit<br />
verschiedenen Materialien wie dem Ibbenbürener<br />
Lehmkies als Belag experimentiert – später wurden<br />
diese Wege geteert. Natürliche Quellen speisten Bäche<br />
und Wasserläufe, Teiche wurden mit Trittsteinen<br />
überbrückt – besonders schön im japanischen Garten,<br />
der 2014 einen neuen Teepavillon nach altem<br />
Vorbild erhalten wird.<br />
Abb. 6: Hier ist der Park mit seiner Kulisse, dem Dortmund-<br />
Hörder Hüttenwerk zu sehen.<br />
Foto: ZVG<br />
126<br />
Restauration mit der zweiten BUGA 1969<br />
In den 1970er Jahren erhält der Park eine Erweiterung<br />
um 10 ha. Nun wurde ein Rosarium mit 3000<br />
Sorten eingerichtet und der japanische Garten überarbeitet.<br />
30 neue Themenpflanzungen durchzogen<br />
den Westfalenpark. Eine spektakuläre Seebühne mit<br />
einem Sonnensegel von Frei Otto – jetzt schon 1400<br />
m² groß – war die Attraktion im Hochbau. Heute bemüht<br />
man sich, diese Kernelemente restauratorisch<br />
zu erhalten. Mit der dritten BUGA 1991 schließlich<br />
hält das Naturschutzhaus zur Naturerforschung Einzug<br />
auf das Gelände. Die Wegeführung wurde stark<br />
überarbeitet: es gab nun schmalere Wege mit Abzweigungen<br />
– dafür wurden die Promenaden rückgebaut.<br />
Auf diese Weise sollte der Besucher nah an<br />
das <strong>Grün</strong> herangeführt werden. Alle Teichanlagen<br />
von 1959 blieben erhalten – Bachläufe wurden allerdings<br />
trockengelegt.<br />
Abb. 7: In den 1950er Jahren ging es rund – 2010 hat die<br />
Anlage des Floriansgartens den gestalterischen Gedanken<br />
aufgegriffen.<br />
Foto: Westfalenpark<br />
BUGA Dortmund – heute mit Deutschlands<br />
größtem Open-Air-Kino<br />
Heute ist der BUGA-Park ein beliebter Bürgerpark<br />
mit neuen Sportanlagen wie dem Soccerfeld und<br />
einem überarbeiteten Robinson-Spielplatz, in dem<br />
noch wie 1959 die Wasserbottiche die größte Attraktion<br />
sind. Die Rhododendronpflanzung, eine<br />
Heidelandschaft und die ostasiatische Pflanzenwelt<br />
sind in ihrer Grundstruktur erhalten geblieben. Mit<br />
vielen Veranstaltungen ist der Westfalenpark der<br />
Sonntagspark für die Dortmunder und ein bedeutender<br />
Imagefaktor für den Freizeitwert und die<br />
Standortwerbung Dortmunds.<br />
1961 – BUGA Stuttgart erneuert den Schlosspark<br />
Insbesondere vernachlässigte <strong>Grün</strong>anlagen sollten<br />
in den 1960er Jahren in Stuttgart rekultiviert werden.<br />
Und man wollte verhindern, dass sie in dieser<br />
Zeit der Verkehrs- und Hochbauplanung zum Opfer
Sibylle Eßer: Gartenschau-Parks der Nachkriegs<strong>modern</strong>e<br />
Abb. 8a/b: Die Parkbahn – einmal historisch von 1959<br />
und heute mit herausgeputzter DKW Haube.<br />
Fotos: ZVG (historische Aufnahme),<br />
Westfalenpark (aktuelle Aufnahme)<br />
fielen. Als erstes nahm man sich den Schlossgarten<br />
vor. Der schmale <strong>Grün</strong>zug, der sich vom oberen,<br />
mittleren und unteren Schlossgarten bis zum Neckar<br />
zog, war durch zunehmenden Autoverkehr in<br />
Bedrängnis geraten. Man nutzte eine Gartenschau,<br />
um Aufmerksamkeit und Gelder für die Umgestaltung<br />
und Restaurierung zu bekommen. Beim landschaftsarchitektonischen<br />
Wettbewerb gab es eine<br />
hohe Beteiligung. 90 Büros boten ihr Können an.<br />
Die Modernisten setzten sich durch. Zuerst wurde<br />
die Parkanlage von teilenden Straßen wie der Witzlebenstraße<br />
befreit. So blieb der Park ausschließlich<br />
Fussgängern vorbehalten. Eine Brücke sollte den<br />
mittleren und oberen Schlossgarten verbinden. Zu<br />
den Besonderheiten der Gestaltung gehörten auch<br />
der asymmetrische Eckensee und die Freilegung der<br />
Blickachsen. Es gab räumliche Bezüge nicht nur zum<br />
Schloss, sondern auch zu übrigen Gebäuden wie<br />
dem Staatstheater oder weiter in die Stadt hinein.<br />
Wasserspiele und Fontänen belebten die Wasserflächen.<br />
Als hervorgehobenes Gestaltungselement<br />
fungierte das Quadrat – bei der Beetgestaltung wie<br />
der Pflasterung und den Trittsteinen. Auch 1961<br />
legt die BUGA in Stuttgart den Grundstein zur<br />
Stadterneuerung: mit ihr entstand der Neubau des<br />
Schauspielhauses, des Staatsheaters Stuttgart und<br />
des Landtages von Baden-Württemberg.<br />
Zweite BUGA 1977 – Entwicklung zum „<strong>Grün</strong>en U“<br />
Die zweite BUGA, die Stuttgart 1977 ausrichtete,<br />
verband den unteren Schlossgarten mit dem oberen<br />
Geländeteil. Das Ergebnis war eine großzügige<br />
<strong>Grün</strong>fläche, die auch die Mineralbäder der badenwürttembergischen<br />
Landeshauptstadt harmonisch<br />
mit einbettete. Damals stand die hohe Summe von<br />
630.000 DM für die Baumsanierung und die Durchlichtung<br />
des Parks zur Verfügung. Ein Novum stellte<br />
die Schlosswiese mit Wildkräutern dar. Zur Nutzbarkeit<br />
des Parks führten zehn neue Übergänge,<br />
um das Gartenschaugelände fußgängerfreundlich<br />
127
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
unverbrauchte Luft nachströmen.<br />
Heute ist der Schlossgarten wie<br />
1955 durch die Bahn – Stuttgart 21<br />
– in die Enge getrieben: Die Fällung<br />
und Versetzung von 238 Bäumen<br />
für den geplanten Tiefbahnhof<br />
haben trotz massiver Proteste der<br />
Parkschützer 2010 begonnen.<br />
128<br />
Abb. 9: Freiflächen auf dem Killesberg waren der Standort für die Gartenwelten,<br />
die Themengärten mit Hausattrappen und die gärtnerischen Wettbewerbe.<br />
Foto: ZVG<br />
mit den angrenzenden Stadtteilen in die Oststadt,<br />
über den Neckar oder über die S-Bahn hinweg zu<br />
verbinden. 1993 fand die dritte, diesmal internationale<br />
Gartenschau in Stuttgart statt. Im Rahmen der<br />
IGA entstand ein neugeschaffener <strong>Grün</strong>zug über<br />
acht Kilometer, das so genannte „<strong>Grün</strong>e U“. Über<br />
Brücken und Stege verband es die Schlossgartenanlagen,<br />
den Park der Villa Berg, den Rosensteinpark,<br />
die Wilhelma, den Leibfriedschen Garten, den Wartberg<br />
und den Höhenpark Killesberg zu einer großen<br />
zusammenhängenden Parklandschaft. Neben dem<br />
Erholungswert der zusammenhängenden <strong>Grün</strong>anlage<br />
ist auch heute noch ihr klimatischer Effekt<br />
wichtig: Aufgeheizte, verbrauchte Luft kann aus<br />
dem Stuttgarter Stadtzentrum abziehen und frische,<br />
BUGA Essen 1965 – ein Landschaftspark<br />
mitten in der Stadt<br />
Essen hat eine lange Erfahrung<br />
mit Gartenschauen: Bereits 1929<br />
fand hier die Große Ruhrländische<br />
Gartenbau-Ausstellung statt,<br />
die GRUGA. Auf dem seither<br />
GRUGA-Park genannten Gelände<br />
sollte 1965 auch die achte BUGA<br />
ausgerichtet werden. Durch die<br />
Neugestaltung der Anlage schufen<br />
die Essener Stadtväter einen<br />
der bekanntesten und beliebtesten<br />
Volksparks Deutschlands, der<br />
mit seinen 80 ha zudem zu den<br />
größten deutschen Parks gehört.<br />
Wie wurde das GRUGA-Gelände zur BUGA umgestaltet?<br />
Öffentliche Wege zwischen Botanischem<br />
Garten und Gruga wurden aufgehoben,<br />
es entstanden Sichtachsen wie im englischen<br />
Landschaftspark. Aus dem ehemaligen Pflanzenschauhaus<br />
wurde die große Gewächshausanlage<br />
mit dem Garten der Sinne. Eine Orangerie wurde<br />
gebaut und das Alpinum neu gestaltet. Auch<br />
ein Ökogarten für Obst und Gemüse entsprach<br />
dem Interesse der Bevölkerung. Der Lebensraum<br />
für Wildtiere und Pflanzen wurde vor allem in den<br />
Wiesen und dem Feuchtbiotop im Margarethental<br />
geschaffen. Dort gab es eine sensationell große<br />
3000 m²-Freiflugvoliere für Störche, Reiher und<br />
Ibisse, die den Besuchern einzigartige Tierbeob-
Sibylle Eßer: Gartenschau-Parks der Nachkriegs<strong>modern</strong>e<br />
Abb. 10a–c: Kunst hat auf dieser BUGA eine große Rolle<br />
gespielt: Im freien Gelände verteilt wurden und werden<br />
derzeit über 40 Skulpturen und Kunstwerke. Sie reichen von<br />
der Klassischen Moderne bis zur Zeitgenössischen Kunst: von<br />
Rodin über Kolbe bis zu Henry Moore.<br />
Fotos: GRUGA Park Essen<br />
achtungen ermöglichten. Mit der Ausgestaltung<br />
des Geländes wurde eine Gratwanderung zwischen<br />
der Erhaltung vertrauter, der Bevölkerung<br />
liebgewordener Elemente und notwendiger zeitentsprechender<br />
Erneuerung versucht.<br />
GRUGA-Park bietet Kurklima<br />
Ab 1977 gab es bauliche Ergänzungen wie die Grillplätze,<br />
auch die Rollschuhbahn wurde grundsaniert.<br />
1985 ersetzten Glaspyramiden die Gewächshäuser.<br />
1995 zog ein Kleintiergarten und die „Schule Natur“<br />
auf das Gelände. 2003 fanden Meteorologen<br />
heraus, dass Kurklima im Park herrscht, und seither<br />
findet hier in einem Gebäudeteil die „Kur vor<br />
129
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
Ort“ statt. Friedensreich Hundertwasser baute das<br />
Mc-Donald‘s-Kinderhilfe-Haus. Und 2012 zog auch<br />
noch das Lehr- und Forschungsgewächshaus der<br />
Universität in den Botanischen Park – einen angeschlossenen<br />
Teil des GRUGA-Geländes. Bis 2004,<br />
zur 75-Jahrfeier, besuchten den Park 120 Mio. Besucher.<br />
Drei berühmte Bereiche der Anlage sind auch<br />
heute noch besonders attraktiver Anziehungspunkt:<br />
das Alpinum, die Dahlienarena und das Rosarium.<br />
Der GRUGA-Park ist aus diesen <strong>Grün</strong>den auch für<br />
Fotoshootings sehr beliebt. Wie so viele andere<br />
Gartenschauparks wurde auch der Grugapark ein<br />
echter Volkspark, der den Bürgern am Herzen lag.<br />
So schlossen sich 2013 mehrere große und mittelständische<br />
Unternehmen zu einem Stiftungsverein<br />
„GRUGA-Park“ zusammen. Bürgerinitiativen werden<br />
auch in Zukunft helfen, das <strong>Grün</strong> der Innenstädte<br />
zu bewahren. Und das ist die Chance einer<br />
Bundesgartenschau: den Bürgern, den Kommunalpolitikern<br />
und den Gartenämtern den Wert des<br />
<strong>Grün</strong>s immer wieder bewußt zu machen, innerhalb<br />
der Stadtentwicklung für die <strong>Grün</strong>entwicklung zu<br />
sorgen, und in Zeiten zunehmender Versiegelung<br />
Freiraum für Generationen zu sichern. <br />
130
Barbara Schwöppe: Für eine lebendige Stadt. Freiraumplanung in der HafenCity Hamburg<br />
Für eine lebendige Stadt. Freiraumplanung<br />
in der HafenCity Hamburg<br />
Barbara Schwöppe<br />
Mit der Entwicklung des ehemaligen<br />
Freihafenareals hat Hamburg<br />
einen ambitionierten Weg eingeschlagen.<br />
Freiraum wird nicht mehr als auszugestaltende<br />
Restfläche begriffen, sondern<br />
ist integraler Bestandteil einer Stadtentwicklung,<br />
die sich als ein Interaktionsprozess<br />
zwischen vielen Akteuren versteht.<br />
Gleichzeitig greift das international positionierte<br />
Waterfront-Projekt auf die lange<br />
Tradition Hamburgs als „Stadt am Wasser“ zurück.<br />
Durch Alster, Bille und Elbe verfügt die Stadt über<br />
drei markante Flüsse, die schon seit Jahrzehnten die<br />
Stadtentwicklung prägen.<br />
Mit dem Bekenntnis zur Qualität der Freiräume<br />
in der HafenCity als Instrument einer erfolgreichen<br />
Stadtentwicklung können alle planerischen Potentiale<br />
ausgeschöpft werden – immerhin wird das<br />
neue Entwicklungsgebiet die Hamburger City mit<br />
Ihrer innerstädtischen Dichte um 40% erweitern<br />
und es wird möglich, den ehemals für die Öffentlichkeit<br />
nicht zugänglichen Hafenbereich mit direktem<br />
Anschluss zur Elbe in die innerstädtischen Bezüge zu<br />
integrieren. Damit spielen über das klassische Repertoire<br />
der Freiraumplanung wie Parks, Plätze oder Alleen<br />
hinaus, die Promenaden entlang der Kaikanten<br />
eine entscheidende funktionale Rolle. Sie verbinden<br />
als Schnittstelle die Stadt mit dem Strom der Elbe<br />
und prägen auf über 10 Kilometer den schon traditionellen<br />
hanseatischen Begriff der „Waterkant“. In<br />
Verbindung mit den ehemaligen Hafenbecken ergeben<br />
sich hier Zentren, um die sich mit der Initialisierung<br />
innerstädtische Dichte eine urbane Lebensqualität<br />
ausgestaltet, die sich entscheidend<br />
durch den freiraumplanerischen Duktus<br />
generieren.<br />
Daneben stellt die Lösung des Hochwasserschutzes<br />
eine besondere Herausforderung<br />
dar. Der Verzicht auf eine<br />
Eindeichung des Entwicklungsgebietes<br />
kann durch die Aufschüttung aller<br />
sensiblen Bereiche auf ein hochwassersicheres<br />
Niveau erreicht werden. Durch<br />
dieses Warft-Prinzip bleibt der direkte Zugang zur<br />
Elbe erhalten. Daraus ergibt sich die Herausforderung,<br />
für den Bereich zwischen Kaikante und<br />
Straßenniveau mit einem Höhenunterschied von<br />
bis zu 4 Metern planerische Lösungen der Erschließungs-Infrastruktur<br />
auf engstem Raum zu<br />
entwickeln, um die Zugänglichkeit aller Freiräume<br />
zu ermöglichen.<br />
Abb. 1: Luftaufnahme der HafenCity Hamburg.<br />
Foto: Kuhn/Fotofrizz<br />
131
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
132<br />
Abb. 2: Übersicht Freiraumplaner der HafenCity<br />
Graphik: HafenCity Hamburg GmbH<br />
Mit EMBT gewann ein Büro den freiraumplanerischen<br />
Wettbewerb für die westliche HafenCity, das<br />
in hervorragender Weise mit den besonderen Vorgaben<br />
der Topografie umgegangen<br />
ist. Das spanische Büro gestaltet mit<br />
eher spielerischer Formensprache,<br />
die skulpturale Motive aufnimmt,<br />
aber stets auch dem Genius Loci<br />
in Form der ehemaligen Hafennutzung<br />
gerecht wird. Am ehemaligen<br />
Hafenbecken beginnend, entwickelt<br />
sich der Höhensprung über<br />
eine Pontonanlage, die verschachtelten<br />
Ebenen der Marco-Polo-Terrassen<br />
auf das Straßenniveau und<br />
schließt mit dem Grasbrookpark<br />
ab. Bei der Konzeption dieser Parkanlage<br />
hat ein Beteiligungsverfahren<br />
die Planung maßgeblich durch<br />
die späteren Nutzer qualifiziert.<br />
Mit der feinkörnigen Nutzungsmi-<br />
Abb. 3: Dalmannkai-Promenade<br />
schung aus Kindertagesstätte, Biorestaurant<br />
und Einzelhandel in dem<br />
anliegenden Hochbauvorhaben ist<br />
dem Grasbrookpark ein korrespondierendes<br />
Gegenüber an die Seite<br />
gestellt. Ein weiterer Aspekt des<br />
Interaktionsprozesses stellt die Auflösung<br />
der starren Trennung von<br />
öffentlichen und privaten Flächen<br />
dar. Sie werden in einem gemeinschaftlichen,<br />
auch von den Grundeigentümern<br />
getragen, Gestaltkanon<br />
zusammengefasst. Diese „Veröffentlichung“<br />
privater Flächen<br />
gibt die Chance, urbane Lebensqualität<br />
auch bei knappen Platzressourcen<br />
erfolgreich zu potenzieren.<br />
Mit der gestalterischen Handschrift<br />
von 7 Planungsbüros werden Freiräume<br />
für eine vielfältige Stadtlandschaft auf rund<br />
42 Hektar entwickelt, die in ihrer Vielschichtigkeit<br />
diesen neuen Stadtteil beispielhaft repräsentieren.<br />
Foto: ELBE&FLUT
Barbara Schwöppe: Für eine lebendige Stadt. Freiraumplanung in der HafenCity Hamburg<br />
Durch den Ausbau der Hafen-<br />
City hat Hamburg seine Chance<br />
ergriffen, im stadtplanerischen<br />
Kontext Freiraumplanung ambitioniert<br />
zu interpretieren. Die daraus<br />
abgeleitete Erkenntnis, dass<br />
attraktive Freiräume ein essenzielles<br />
Merkmal lebenswerter Stadträume<br />
darstellen ist eine notwendige<br />
Einsicht und basiert auf dem<br />
Gedanken einer prozesshaften<br />
Stadtentwicklung. Diese Entwicklung<br />
gilt es zu stärken und soll<br />
Anstoß auch über Hamburg hinaus<br />
sein.<br />
<br />
Abb. 4: Marco-Polo-Terrassen<br />
Foto: ELBE&FLUT<br />
Abb. 5: Marco-Polo-Terrassen Foto: ELBE&FLUT Abb. 6: Grasbrookpark Foto: ELBE&FLUT<br />
133
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
Unterwegs in den westlichen<br />
Wallanlagen und der HafenCity Hamburg<br />
Impressionen von der Tagungsexkursion am 15. Oktober 2013<br />
Anna Lisa Schauff und Franziska Dösinger<br />
134
Anna Lisa Schauff und Franziska Dösinger: Impressionen von der Tagungsexkursion<br />
135
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
136<br />
Fotos: Anna Lisa Schauff/Franziska Dösinger
Gärten und Parks der 1950er bis 1970er Jahre: eine Bilderreise durch Deutschland<br />
Gärten und Parks der 1950er bis 1970er<br />
Jahre: eine Bilderreise durch Deutschland<br />
Die Bilderreise führt durch öffentliche Gärten und Parks der 1950er bis 1970er Jahre in ganz Deutschland.<br />
Die 16 abgebildeten Motive können als Postkartenset (Klappkarten) beim Bund Heimat und Umwelt bestellt<br />
werden.<br />
Planten un Blomen (Hamburg)<br />
Wo sich früher ein Friedhof erstreckte, befindet sich heute ein ausgedehnter Park als Teil des <strong>Grün</strong>gürtels<br />
im Raum der westlich der Alster gelegenen Wallanlagen. Zur Internationalen Gartenbauausstellung 1953<br />
entstanden terrassierte Gartenquartiere, ein großer Parksee und eine Wasserorgel: eine Erholungsfläche<br />
im <strong>Grün</strong>en, mitten in der Stadt. 2013 war Planten un Blomen ein Exkursionsziel der BHU-Tagung „<strong>Grün</strong><br />
<strong>modern</strong>“.<br />
Foto: Helmuth Barth<br />
Öffnungszeiten: ganzjährig 7-20 Uhr geöffnet, April bis September länger | Eintritt: frei<br />
137
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
Gärten der Beethovenhalle Bonn (Nordrhein-Westfalen)<br />
Die 1959 eingeweihte Beethovenhalle schuf der Architekt Siegfried Wolske im Geiste des organischen Bauens<br />
und platzierte sie auf einer Anhöhe oberhalb des Rheinufers. Die Architektur ist mit der Gartengestaltung<br />
von Heinrich Raderschall eng verzahnt, so dass die Beethovenhalle rundherum von Gärten umgeben<br />
ist. Höhepunkte sind der als Trockengarten gestaltete Innenhof mit einer Platane aus dem 19. Jahrhundert<br />
und der Foyergarten. Trotz einiger Überformungen ist die Anlage gut erhalten. Die Beethovenhalle steht seit<br />
1990 unter Denkmalschutz, der mittlerweile auch für die Gartenanlagen beantragt wurde.<br />
Foto: Archiv Heinrich Raderschall / RMP Stephan Lenzen, Bonn<br />
Öffnungszeiten: ganzjährig zugänglich | Eintritt: frei<br />
138
Gärten und Parks der 1950er bis 1970er Jahre: eine Bilderreise durch Deutschland<br />
Rheinpark Köln (Nordrhein-Westfalen)<br />
Der heutige Rheinpark wird im Wesentlichen durch die Gestaltung geprägt, die 1957 anlässlich der Bundesgartenschau<br />
unter der technischen und künstlerischen Oberleitung von Kurt Schönbohm entstand. Damals<br />
wurden hier landschafts- und gartengestalterische Gesichtspunkte in gleicher Weise berücksichtigt wie städtebauliche<br />
und architektonische Aspekte. Die Anlage mit den farbigen Blumenrabatten sollte fließend in die<br />
natürliche Uferlandschaft mit Wiesen und Pappeln übergehen. Rhein- und Parkcafé sind gestalterisch in die<br />
Gartenlandschaft integriert. Der so als Einheit geplante grüne Freiraum ist in seine städtebauliche Umgebung<br />
eingepasst, zur Straße und Eisenbahnlinie kulissenhaft mit dichter Bepflanzung und Verbauung abgeschirmt.<br />
Foto: J. Bauer<br />
Öffnungszeiten: ganzjährig zugänglich | Eintritt: frei<br />
139
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
Gartenkunst der 1950er Jahre im Nordpark Düsseldorf (Nordrhein-Westfalen)<br />
Entstanden ist der Nordpark 1937 im Rahmen der „Großen Reichsausstellung Schaffendes Volk“. Bei der<br />
teilweisen Umgestaltung ab 1954 wurden die Veränderungen in ihrer Formensprache bewusst in deutlichen<br />
Kontrast zur strengen axialen Grundkonzeption gesetzt. Die beiden Sondergärten – Kakteen- und<br />
Sommerblumengarten – wurden 1958 von Landschaftsarchitekt Georg Penker angelegt und zeigen typische<br />
Merkmale der 1950er Jahre: Asymmetrische Formen, geschwungene Linien und fließende Übergänge<br />
sollen Transparenz und Leichtigkeit vermitteln. Die beiden Parkbereiche wurden 1992 unter Denkmalschutz<br />
gestellt.<br />
Foto: Uwe Alexander Kirsten<br />
Öffnungszeiten: ganzjährig zugänglich | Eintritt: frei<br />
140
Gärten und Parks der 1950er bis 1970er Jahre: eine Bilderreise durch Deutschland<br />
Paderquellengebiet in Paderborn (NRW)<br />
1955 begann die Neugestaltung des Paderquellgebietes durch den Gartenarchitekten Rudolf Reuter. Es entstand<br />
eine sanft modellierte Parkanlage in freien geschwungenen Formen, die bewusst asymmetrisch unter<br />
Vermeidung jeglicher Axialität konzipiert wurde. Die organische Formensprache vermittelt Leichtigkeit und<br />
Dynamik, ausgedehnte Wasser- und Rasenflächen sowie ein geschwungenes Wegenetz, Sitzplätze am Wasser,<br />
von Natursteinmauern gefasste Kaskaden und kleinteilige Schmuckpflanzungen mit Stauden und Rosen<br />
boten eine hohe Aufenthaltsqualität. Bis heute gibt das Paderquellengebiet einen Eindruck von der zeitgenössischen<br />
Gartenkunst der 1950er und frühen 1960er Jahre wider.<br />
Foto: Darius Pfeiffer, Studio Blickfang GmbH, Paderborn<br />
Öffnungszeiten: ganzjährig zugänglich | Eintritt: frei<br />
141
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
Gartenkunst und Ideologie (Berlin)<br />
In den 1950er Jahren entstanden im<br />
geteilten Berlin zeitgleich zwei städtebauliche<br />
Anlagen, die mitsamt der<br />
<strong>Grün</strong>gestaltung heute als Zeugnis<br />
der konkurrierenden Ideologien gelten<br />
können: Während in Ost-Berlin<br />
die prestigeträchtige Magistrale der<br />
Karl-Marx-Allee an die Boulevard-<br />
Tradition des 19. Jahrhunderts anknüpfte,<br />
führte West-Berlin mit der<br />
Neugestaltung des Hansaviertels<br />
die Stadtlandschaft der Nachkriegs<strong>modern</strong>e<br />
ins Feld. Obwohl keine der<br />
beiden Gestaltungsweisen je ausdrücklich<br />
„sozialistisch“ oder „kapitalistisch“<br />
war, war die bewusste<br />
Gegensätzlichkeit durchaus politisch<br />
gemeint und wurde so auch verstanden.<br />
Die Qualität beider Anlagen ist<br />
unabhängig davon sehr hoch, wie<br />
die beiden Fotos (um 1960) zeigen.<br />
Foto: Zentrum für Berlin-Studien<br />
Öffnungszeiten: ganzjährig zugänglich<br />
| Eintritt: frei<br />
142
Gärten und Parks der 1950er bis 1970er Jahre: eine Bilderreise durch Deutschland<br />
Die Treppenstraße in Kassel (Hessen)<br />
Zweifellos zählt die 1955 fertig gestellte Treppenstraße zu den Glanzstücken des Kasseler Wiederaufbaus<br />
nach dem Zweiten Weltkrieg, war sie doch ein in dieser Form in der Bundesrepublik einmaliger Straßenzug,<br />
der ausschließlich dem Fußgängerverkehr vorbehalten ist. Mit ihren reizvollen Fußgängerkaskaden, ihrer aufgelockerten<br />
Bebauung mit zahlreichen Läden, Gastronomie und viel <strong>Grün</strong> wurde sie geradezu zum Symbol<br />
des optimistischen Neuanfangs nach den verheerenden Ereignissen des Krieges. Das Bild zeigt die Anlage um<br />
1955/1960. Foto: Stadtmuseum Kassel<br />
Öffnungszeiten: ganzjährig zugänglich | Eintritt: frei<br />
143
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
Der iga-Park in Erfurt (Thüringen)<br />
Das ehemalige Gelände der Stadtfestung war 1885 zur öffentlichen <strong>Grün</strong>anlage umgestaltet und in der<br />
Folge mehrfach erneuert worden. Eine erste Gartenausstellung fand 1950 statt. Für die 1961 erstmals durchgeführte<br />
Internationale Gartenbauausstellung der DDR (iga) überformte Reinhold Lingner die Anlage erneut,<br />
Themengärten wurden angelegt und verschiedene Pavillonbauten und Gewächshäuser errichtet. 1991 kam<br />
der Park in neue Trägerschaft und wurde in egapark umbenannt, seit 1992 steht er als bedeutendes Zeugnis<br />
der Gartenarchitektur der 1960er Jahre unter Denkmalschutz. Das Motiv zeigt die Hauptachse mit Besuchern<br />
und Blumenbeet in einer Aufnahme der 1960er Jahre.<br />
Foto: Postkarte des Auslese-Bild-Verlags Bad Salzungen (Archiv: Deutsches Gartenbaumuseum Erfurt)<br />
Öffnungszeiten: ganzjährig zugänglich | Eintritt: kostenpflichtig<br />
144
Gärten und Parks der 1950er bis 1970er Jahre: eine Bilderreise durch Deutschland<br />
Völkerfreundschaft im Deutsch-Französischen Garten Saarbrücken (Saarland)<br />
Eine Wiesen- und Waldlandschaft südwestlich von Saarbrücken wurde im 19. Jahrhundert zur <strong>Grün</strong>anlage<br />
ausgebaut und beliebtes Ausflugsziel. Das spannungsvolle Verhältnis Deutschlands und Frankreichs spielte<br />
sich im weiteren Schicksal des Geländes: 1870/71 Teil eines Schlachtfeldes, 1900 Kaiser-Wilhelm-Park,<br />
Grenzlage ab 1919, Teil des Westwalls ab 1935. Nach 1945 prägten Kriegsbauten das Bild, bis heute sind<br />
18 Bunker zu sehen. Eine grenzübergreifende Gartenschau sollte nach der Eingliederung des Saarlandes in<br />
die Bundesrepublik 1959 die Freundschaft zwischen Frankreich und Deutschland zum Ausdruck bringen: Bei<br />
der Gestaltung des 1960 eröffneten Geländes wirkten deutsche und französische Gartenarchitekten zusammen.<br />
Als bedeutendes Kulturdenkmal dokumentiert der Garten zeitgenössische Gestaltungsweisen, z.B. das<br />
Sechseckraster des „Gartens am Silberahorn“.<br />
Foto: Landeshauptstadt Saarbrücken<br />
Öffnungszeiten: ganzjährig zugänglich | Eintritt: frei (außer Sonderveranstaltungen)<br />
145
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
<strong>Grün</strong>e Großsiedlungen: Leipzig-<strong>Grün</strong>au (Sachsen)<br />
Der Siedlungsbau der späten Nachkriegs<strong>modern</strong>e ist geprägt von Großsiedlungen, den „vertikalen Städten“.<br />
Sie entstanden in Ost- und Westdeutschland gleichermaßen, oft aus Fertigteilen konzipiert. Zur Steigerung<br />
der Lebensqualität tragen <strong>Grün</strong>anlagen bei: Plattierte Wege und Plätze, Schmuckbeete, Baum- und Strauchpflanzungen<br />
und Rasenflächen ergeben eine abwechslungsreiche Umgebung, deren Nutzbarkeit durch Mobiliar<br />
gesteigert wird. Bei aller Schlichtheit sind diese Anlagen für die Gesamtkonzeption der Siedlungen von<br />
großer Bedeutung und spiegeln den Alltag authentisch wieder. Ihre Pflege und Weiterentwicklung sollten<br />
beim Umgang mit den Ensembles ein wichtiges Anliegen sein. Der Grundstein für die abgebildete Siedlung<br />
Leipzig-<strong>Grün</strong>au wurde 1976 gelegt. Die Siedlung verzeichnet in den letzten Jahren wieder Bevölkerungszuwachs.<br />
Als positiver Standortfaktor werden auch die zahlreichen älteren und jüngeren <strong>Grün</strong>flächen genannt.<br />
Foto: Peter Fibich<br />
Öffnungszeiten: ganzjährig zugänglich | Eintritt: frei<br />
146
Gärten und Parks der 1950er bis 1970er Jahre: eine Bilderreise durch Deutschland<br />
Erholung im Kurpark Malente (Schleswig-Holstein)<br />
1958 erhielt der Gartenarchitekt Karl Plomin den Auftrag, ein im Zentrum Malentes gelegenes Erholungsgebiet<br />
zum Kurpark umzugestalten. 1962 begannen die Arbeiten an der Schwentinewiese, wo acht runde<br />
Teiche angelegt und farbenfrohe Stauden- und Gehölzpflanzungen geschaffen wurden. Zwischen 1964 und<br />
1969 wurde der Brahmberg gestaltet: Architekt Peter Arp errichtete Liegehalle, Musikpavillon und Haus des<br />
Kurgastes. Karl Plomin ergänzte den vorhandenen Buchen- und Eichenbestand um Rhododendren und Magnolien,<br />
Waldstauden und verwildernde Zwiebelgewächse. Die schwebend-leichten Bauten und die zwanglos<br />
wirkenden Pflanzungen prägen bis heute das Bild. Dank des Engagements Malenter Bürger konnte 2003<br />
bis 2008 eine nötige Sanierung des einzigartigen Gartendenkmals durchgeführt werden. Das Foto zeigt den<br />
Festplatz mit den „Tulpenschirmen“.<br />
Foto: Julia Freese<br />
Öffnungszeiten: ganzjährig bis 18 Uhr zugänglich, Sommermonate länger | Eintritt: frei<br />
147
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
Zelte und Hügel im Olympiapark München (Bayern)<br />
Die Olympischen Spiele 1972 in München sollten Leichtigkeit und Offenheit als Geist der Bundesrepublik<br />
Deutschland zum Ausdruck bringen. Günter Behnisch, der mit Frei Otto die filigranen Zeltdächer der<br />
Sportstätten entwarf, hatte die Idee, die Architektur zum Teil einer „olympischen Landschaft“ zu machen.<br />
Der Gartenarchitekt Günther Grzimek entwickelte daraus ein Konzept, das gesellschaftliche Umbrüche der<br />
1960er Jahre abbilden sollte: eine ökologisch gedachte <strong>Grün</strong>versorgung für alle als Abbild der Demokratie<br />
statt elitär gestalteter Freiräume, die Privilegierten vorbehalten sind. Landschaft als übergreifendes Architekturthema<br />
der Nachkriegs<strong>modern</strong>e fand mit der Münchener Anlage eine der qualitätvollsten Umsetzungen in<br />
ganz Deutschland. In diesem Sinne ist der Park als Denkmal geschützt. Foto: Bbb auf wikivoyage shared<br />
Öffnungszeiten: ganzjährig zugänglich | Eintritt: frei<br />
148
Gärten und Parks der 1950er bis 1970er Jahre: eine Bilderreise durch Deutschland<br />
Stadtpark Hannover (Niedersachsen)<br />
Gleichzeitig mit der 1914 eingeweihten Stadthalle in Hannover entstand der Stadthallengarten, eine streng<br />
axial auf die Architektur bezogene Anlage. Von gartenhistorischer Bedeutung ist die hier 1933 durchgeführte<br />
Jahresschau Deutscher Gartenkultur, für deren Planungen der Gartenarchitekt Wilhelm Hübotter verantwortlich<br />
zeichnete. 1951 wurde das Gelände für die historisch ebenfalls sehr bedeutende erste Bundesgartenschau<br />
genutzt, deren Gestaltung wiederum nach Plänen Hübotters erfolgte. Unter dem heutigen Namen<br />
Stadtpark bietet das Gelände eine Fülle verschiedener Gehölz-, Stauden- und Wechselflorpflanzungen,<br />
Wasseranlagen und einen Rosengarten mit Rosencafé. Große Teile der BUGA von 1951 blieben erhalten und<br />
stellen ein außergewöhnliches Gartendenkmal der Nachkriegs<strong>modern</strong>e dar.<br />
Foto: Landeshauptstadt Hannover, Bereich Geoinformation<br />
Öffnungszeiten: ganzjährig zugänglich | Eintritt: frei<br />
149
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
Die Gärten der Freundschaftsinsel in Potsdam (Brandenburg)<br />
In den 1930er Jahren schufen der Staudenzüchter Karl Foerster und der Gartenarchitekt Hermann Mattern<br />
auf der Freundschaftsinsel einen Staudengarten. Im Zweiten Weltkrieg fast völlig zerstört, wurde die Anlage<br />
in den 1950er Jahren von Walter Funcke neu angelegt und erweitert. Es entstanden u.a. ein Wassergarten<br />
mit Wasserachse und der von Hermann Göritz geplante Heidegarten. Durch die Ausstellung „Plastik im<br />
Freien“ im Jahr 1966 erhielt das kulturelle Angebot der Insel eine neue Dimension. Mit dem Ausbau der<br />
Freundschaftsinsel für Sport und Freizeit anlässlich der Weltfestspiele 1973 wurden Einrichtungen wie Ausstellungspavillon,<br />
Café, Bootsverleih und ein Spielplatz geschaffen, die die Insel zu einem attraktiven Ziel für<br />
die Erholung machen. Die Bundesgartenschau 2001 nutzte die Stadt, um die Gartenbereiche unterschiedlicher<br />
Zeitschichten miteinander zu verbinden und Teile wiederherzustellen. Das Bild zeigt den erneuerten<br />
Rosengarten, in dem zahlreiche DDR-Rosenzüchtungen verwendet wurden. Foto: Bettina Bergande<br />
150<br />
Öffnungszeiten: ganzjährig bis Einbruch der Dunkelheit zugänglich | Eintritt: frei, außer Einzelveranstaltungen<br />
im Pavillon
Gärten und Parks der 1950er bis 1970er Jahre: eine Bilderreise durch Deutschland<br />
Gartenhof des neuen Rathauses<br />
Reutlingen (Baden-Württemberg)<br />
Da das Rathaus von 1872 im Zweiten<br />
Weltkrieg stark beschädigt<br />
worden war, errichtete die Stadt<br />
Reutlingen 1962 bis 1966 ein neues<br />
Rathaus nach Plänen von Wilhelm<br />
Tiedje und Rudolf Volz. Mit seinem<br />
dekorativen Betontragwerk, den<br />
prägenden Glasflächen und einer<br />
qualitätvollen Innenausstattung<br />
zählt es zu den bedeutenden Bauten<br />
dieser Epoche in Baden-Württemberg.<br />
Ein Höhepunkt ist der<br />
Gartenhof: Schmale Wasserbecken<br />
werden von Pflanzbeeten eingefasst<br />
und sind durch Überläufe und<br />
Brücken untereinander verbunden.<br />
Kunstwerke fügen sich zwanglos<br />
ein. Es entstand ein intimer Platz,<br />
der auch durch die ansässige Gastronomie<br />
sehr attraktiv ist.<br />
Foto: Rose Hajdu, www.rosehajdu.de<br />
Öffnungszeiten: ganzjährig zugänglich<br />
| Eintritt: frei<br />
151
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
Vorderer und Hinterer Gotthardteich in Merseburg (Sachsen-Anhalt)<br />
Ursprünglich Steinbruch, wurde der Gotthardteich im 15. Jahrhundert durch Bischof Thilo von Trotha als<br />
Fischgewässer angelegt. Der Bau einer Bahnlinie führte zur Teilung in den vorderen und hinteren Gotthardteich.<br />
Die Parkanlage grenzt unmittelbar ans Stadtzentrum und wurde mehrfach verändert. In den 1960er<br />
und 1970er Jahren sollte sie neu strukturiert und zu einem Naherholungsgebiet umgestaltet werden. Nach<br />
mehrmaliger Entschlammung und Umbauarbeiten standen der Merseburger Bevölkerung seit den 1970er<br />
Jahren ca. 17 km Parkwege für Spaziergänge im <strong>Grün</strong>en zur Verfügung. Das im Bild zu sehende Planetarium<br />
wurde 1969 eröffnet. Die Betonschalenkonstruktion der Kuppel ist charakteristisch für die DDR-Architektur<br />
seit den 1960er Jahren. Sie wurde als <strong>modern</strong>es städtebauliches Gestaltungsmittel eingesetzt – sozusagen<br />
als Blickfang an hervorgehobener Stelle.<br />
Foto: Dr. Wolfgang Kubak<br />
Öffnungszeiten: ganzjährig zugänglich | Eintritt: frei<br />
152
Teilnehmerinnen und Teilnehmer<br />
Teilnehmerinnen und Teilnehmer<br />
Tagung „<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong>“ – Gärten und Parks aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts als Herausforderung<br />
für Gartendenkmalpflege und Vermittlungsarbeit (15. und 16. Oktober 2013 in Hamburg)<br />
Andreas, Karen<br />
Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-<br />
Brandenburg, Abteilung Gärten, Potsdam<br />
Baingo, Gudrun<br />
Landschaftsarchitektin, Büro <strong>Grün</strong> Plan-Hannover<br />
Barth, Helmuth<br />
Denkmalverein Hamburg<br />
Beck, Dr. Jens<br />
Kulturbehörde Hamburg, Denkmalschutzamt-<br />
Gartendenkmalpflege<br />
Bergande, Bettina<br />
TOPOS Stadtplanung, Landschaftsplanung,<br />
Stadtforschung, Berlin<br />
Beth, Dr. Karin<br />
Kunsthistorikerin, München<br />
Biehl, Anne<br />
Die Zusammenarbeiter, Berlin<br />
Borgmann, Sylvia<br />
Hamburg<br />
Bredenbeck, Dr. (des.) Martin<br />
Bund Heimat und Umwelt, Bonn<br />
Butenschön, Dr. Sylvia<br />
TU Berlin, FG Denkmalpflege<br />
Doebler, Sonja<br />
Stiftung Denkmalpflege Hamburg<br />
Dösinger, Franziska<br />
Niedersächsischer Heimatbund e. V., Hannover<br />
Ehlers, Mareile<br />
Eßer, Sibylle<br />
Deutsche Bundesgartenschau-Gesellschaft mbH<br />
(DBG), Bonn<br />
Esser, Annelie<br />
Denkmalschutzbehörde des Kreises Pinneberg<br />
Fibich, Dr. Peter<br />
Freiraumkonzepte GbR, Bad Lausick OT Glasten<br />
Finkenberger, Isabel<br />
Freie Stadtplanerin, Köln<br />
Freese, Julia<br />
Freunde des Kurparks e. V., Bad Malente-Gremsmühlen<br />
Gaida, Wolfgang<br />
RVR Ruhr <strong>Grün</strong>/GALK, Oberhausen<br />
Glabau, Dr. Leonie<br />
Landesdenkmalamt Berlin<br />
Großkopf, Linda<br />
Dresden<br />
Gröschl, Maren<br />
Landesamt für Denkmalpflege Schleswig-Holstein<br />
Grunert, Heino<br />
Gartendenkmalpflege Freie und Hansestadt<br />
Hamburg<br />
Gundelach MdB, Dr. Herlind<br />
Bund Heimat und Umwelt, Bonn<br />
Hagemann, Michaele<br />
Hannover<br />
Heinemann, Stephanie<br />
Stiftung Denkmalpflege Hamburg<br />
Hesse, Frank P.<br />
Hamburg<br />
Heyde, Anita<br />
Freie und Hansestadt Hamburg, Finanzbehörde,<br />
Schulbau Hamburg, Referat Freianlagen<br />
Hindersin, Ariane<br />
Garten- und Landschaftsarchitektin, Fachbereich<br />
Parkpflege, Wilhelma-Zoologisch-Botanischer Garten<br />
Stuttgart<br />
153
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
154<br />
Jagow, Irina von<br />
Stiftung Denkmalpflege Hamburg<br />
Jockel, Nils<br />
Hamburg Museum<br />
Krüger, Bernd<br />
Freier Gartenarchitekt, Gartenhistoriker, Berlin<br />
Kuncar, Jens<br />
Bund Heimat und Umwelt, Bonn; Student der<br />
Geographie, Bonn<br />
Lang, Gudrun<br />
Freie Landschaftsarchitektin, Hamburg<br />
Lauterbach, Tobias<br />
Garten-, Friedhofs- und Forstamt, Gartendenkmalpflege,<br />
Düsseldorf<br />
Mangold, Dr. Josef<br />
LVR-Freilichtmuseum Kommern<br />
Martin, Petra<br />
LAD Baden-Württemberg, Gartendenkmalpflege<br />
Meyer, Margita<br />
Landesamt für Denkmalpflege Schleswig-Holstein<br />
Nolting, Sabine<br />
Olschner, Sonja<br />
Denkmalschutz Hannover<br />
Paschburg, Holger<br />
Dittloff + Paschburg LA, Hamburg<br />
Pietsch, Prof. Dr. Jürgen<br />
HCU Stadtplanung-environments Smart Green<br />
Cities Wissensareale, Hamburg<br />
Richthofen, Armin von<br />
Gärten & Bäume, Nieklitz<br />
Röth, Frauke<br />
Initiative Metropolar Potsdam<br />
Rudolph, Katharina<br />
Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten<br />
Hessen, Fachgebiet Gärten und Gartendenmalpflege,<br />
Bad Homburg v.d. Höhe<br />
Schabbel-Mader, Gabriele<br />
Gesellschaft zur Förderung der Gartenkultur,<br />
Bargteheide<br />
Schauff, Anna Lisa<br />
Bund Heimat und Umwelt, Bonn; Studentin der<br />
Geographie, Bonn<br />
Schmalz, Claudia<br />
Stiftung Denkmalpflege Hamburg<br />
Schoenebeck, Ulrich von<br />
Prewest Verlag, Pressedienste Medien und Kultur<br />
GmbH, Bonn<br />
Schott, Ralf<br />
Hansestadt Lübeck, Bereich Stadtgrün und Verkehr<br />
Schröder, Katrin<br />
Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-<br />
Brandenburg, Abteilung Gärten, Potsdam<br />
Schulze, Katrin<br />
Landschaftsarchitektin, München<br />
Schwöppe, Barbara<br />
Projektleiterin <strong>Grün</strong> Hafencity, Hamburg<br />
Siekmann, Uwe<br />
LWL-DLBW, Münster<br />
Silligmann, Stephanie<br />
Brunsbeck<br />
Szymczyk, Prof. Dr. Elisabeth<br />
Institut für Architekturgeschichte, Uni Stuttgart<br />
Teske, Hartmut<br />
Büro für Garten- und Landschaftsgestaltung,<br />
Berlin
Autorinnen und Autoren<br />
Autorinnen und Autoren<br />
Barth, Helmuth<br />
Geboren 1937 in Hamburg. Lehre als Industriekaufmann,<br />
später Studium der BWL in Nürnberg und<br />
Hamburg. 1964–1993 Managementpositionen bei<br />
der Deutschen Unilever GmbH. Ab 1992 Vorsitzender<br />
des Vereins Freunde der Denkmalpflege e. V. Mitglied<br />
(teils mit amtlichen Funktionen) in zahlreichen Kulturinstitutionen<br />
in Hamburg und Schleswig-Holstein.<br />
E-Mail: helmuthbarth@t-online.de<br />
Beck, Jens<br />
Dr., geboren 1965. Studium der Architektur in Darmstadt<br />
und der Landschafts- und Freiraumplanung in<br />
Hannover. 1997 <strong>Grün</strong>dung eines Planungsbüros in<br />
Hannover mit dem Schwerpunkt Gartendenkmalpflege.<br />
Daneben Bearbeitung von Forschungsprojekten<br />
und Veröffentlichungen zu Themen der Gartenkunst,<br />
Promotion, Lehrauftrag an der TU Berlin.<br />
Seit 2010 wissenschaftlicher Angestellter im Denkmalschutzamt,<br />
Referat Gartendenkmalpflege. Seit<br />
2000 Vorstandsmitglied der Niedersächsischen Gesellschaft<br />
zur Erhaltung historischer Gärten.<br />
E-Mail: jens.beck@kb.hamburg.de<br />
Bergande, Bettina<br />
Dipl. Ing., geboren 1949 in Oeslau/Coburg. Studium der<br />
Garten- und Landschaftsgestaltung in München und der<br />
Landschaftsplanung in Berlin. Seit 1993 Freie Mitarbeit<br />
im Büro TOPOS, Schwerpunkt Gartendenkmalpflege.<br />
Mitglied in der DGGL, AK Gartendenkmalpflege.<br />
E-Mail: bettina.bergande@topos-planung.de<br />
Borgmann, Sylvia<br />
Geboren 1949 in Hamburg. Studium der Mathematik,<br />
Betriebswirtschaft und Kunstgeschichte in München,<br />
Nijmegen (Niederlande) und Hamburg, Diplom-Kauffrau,<br />
seit 1988 Kulturmanagement zur Bewahrung von<br />
Park- und Kulturlandschaften in und um Hamburg.<br />
Gartenforschung (DFG-Projekt „Historische Gärten in<br />
Schleswig-Holstein“ unter Prof. Dr. Adrian von Buttlar<br />
an der Universität Kiel), Photographie Historischer<br />
Gärten, Autorin, Vorträge und Ausstellungsbeteiligungen,<br />
Editorin der Website www.historischegaerten.de,<br />
Mitglied im DGGL-AK Orangerien in Deutschland e.<br />
V., Bücherei des Deutschen Gartenbaues e.V., Erhaltet<br />
Flottbek e. V., Freunde des Jenischparks e. V., Gesellschaft<br />
zur Förderung der Gartenkultur e.V.<br />
E-Mail: sybo@historischegaerten.de<br />
Bredenbeck, Martin<br />
Dr. (des.), geboren 1977 in Mülheim/Ruhr. Studium der<br />
Philosophie, Mittelalterlichen und Neueren Geschichte,<br />
Klassischen Archäologie und Kunstgeschichte in Bonn;<br />
2011 Abschluss der Dissertation „Zur Zukunft von Sakralbauten<br />
im Rheinland“ in Kunstgeschichte bei Prof.<br />
Dr. Hiltrud Kier; seit 2011 wissenschaftlicher Referent<br />
beim BHU. Lehraufträge für Kunstgeschichte in Bonn<br />
und für Architekturgeschichte an der Hochschule Rhein-<br />
Main in Wiesbaden; <strong>Grün</strong>dungsmitglied der Initiative<br />
Beethovenhalle und der Werkstatt Baukultur Bonn. Ehrenamtlich<br />
engagiert u.a. beim Rheinischen Verein für<br />
Denkmalpflege und Landschaftsschutz und beim Architektur<br />
Forum Rheinland. Schwerpunkte: Architektur,<br />
Städtebau und Baukultur des 19. bis 21. Jahrhunderts,<br />
Sakralbau der Moderne, Denkmalpflege, Gartenkunst,<br />
Vermittlungsarbeit und Bewusstseinsbildung.<br />
E-Mail: martin.bredenbeck@bhu.de<br />
Eßer, Sibylle<br />
Magistra Artium (MA). Studium der Geschichte,<br />
Kunstgeschichte und Vergleichenden Literaturwissenschaften<br />
in Köln und Bonn. Journalistische Ausbildung<br />
und später Tätigkeiten als Journalistin, Konzeptionistin<br />
und Autorin für verschiedene deutsche<br />
155
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
156<br />
Unternehmen. Nach der Tätigkeit für Hubert Burda<br />
Media 2010 Übernahme der Leitung der Presse- und<br />
Öffentlichkeitsarbeit bei der Deutschen Bundesgartenschau-Gesellschaft<br />
mbH (DBG).<br />
E-Mail: esser@bundesgartenschau.de<br />
Fibich, Peter<br />
Dipl. Ing., geboren 1968. Studium der Landschaftsarchitektur<br />
an der TU Dresden. Ab 1998 freiberuflich<br />
als Landschaftsarchitekt und Publizist tätig. Von 2001<br />
bis 2004 wissenschaftlicher Mitarbeiter am heutigen<br />
Institut für Landschaftsarchitektur der Leibniz-Universität<br />
Hannover. Seit 2004 im Landschaftsarchitekturbüro<br />
Freiraumkonzepte tätig. Das Büro bearbeitet Projekte<br />
der Freiraum-Objektplanung und der Gartendenkmalpflege.<br />
Vorsitzender des Landesverbandes Sachsen der<br />
DGGL und Mitglied des AK Historische Gärten.<br />
E-Mail: freiraumkonzepte@t-online.de<br />
Finkenberger, Isabel<br />
Dipl. Ing. Studium der Architektur mit dem Schwerpunkt<br />
Städtebau und Stadtplanung an der Universität<br />
Stuttgart, der London Metropolitan University<br />
und der Technischen Universität Berlin. Lebt und<br />
arbeitet als freie Stadtplanerin in Köln sowie als<br />
wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl Landschaftsarchitektur<br />
an der Bergischen Universität<br />
Wuppertal. Beschäftigt sich in Ihrer Arbeit mit Fragestellungen<br />
urbaner Transformation.<br />
E-Mail: isabel@finkenberger.org<br />
Gaida, Wolfgang<br />
Dipl. Ing., geboren 1954. Landschaftsarchitekt AK NW,<br />
Studium Landespflege an der Universität- Gesamthochschule<br />
Essen. Seit 1976 beim Regionalverband Ruhr<br />
(vormals SVR, KVR) in der Landschaftspflege tätig. Berater<br />
in Fragen der Gartendenkmalpflege und Autor mehrerer<br />
Publikationen zur Pflanzenverwendung, zu historischen<br />
Gärten und Gartendenkmalpflege im Ruhrgebiet.<br />
Seit 2003 Mitglied des Arbeitskreises Kommunale<br />
Gartendenkmalpflege der Gartenamtsleiterkonferenz<br />
(GALK), den er mit Frau Doris Fath (Gartenamtsleiterin<br />
Stadt Darmstadt) seit 2012 gemeinsam leitet.<br />
E-Mail: gaida@rvr-online.de<br />
Grunert, Heino<br />
Dipl. Ing. Studium der Landespflege an der Universität<br />
Hannover. Danach Angestellter bei verschiedenen<br />
Planungsbüros im Bremer Raum,<br />
dann mehrjährige freiberufliche Tätigkeit für die<br />
Berliner Gartendenkmalpflege, seit 1993 wissenschaftlicher<br />
Angestellter bei der Behörde für<br />
Stadtentwicklung und Umwelt der Freien und<br />
Hansestadt Hamburg als Gartendenkmalpfleger.<br />
Vorsitzender der DGGL-Landesgruppe Hamburg/<br />
Schleswig-Holstein, Mitglied im Arbeitskreis Historische<br />
Gärten der DGGL, Mitglied im Arbeitskreis<br />
Kommunale Gartendenkmalpflege der<br />
GALK, Vorstandsmitglied der Stiftung Denkmalpflege<br />
Hamburg, Vorstandsmitglied bei den Parkvereinen<br />
Freunde des Jenischparks e.V. und dem<br />
Stadtpark Verein Hamburg e. V.<br />
E-Mail: Heino.Grunert@bsu.hamburg.de<br />
Lang, Gudrun<br />
Dipl. Ing., geboren 1960 in Frankfurt am Main. Studium<br />
der Landespflege an der Fachhochschule in<br />
Weihenstephan. Dann Mitarbeit bei verschiedenen<br />
Planungsbüros. Seit 1998 Leitung des Planungsbüros<br />
„studio für freiraumgestaltung“ in Hamburg.<br />
E-Mail: info@gudrunlang.com<br />
Mangold, Josef<br />
Dr., geboren 1956 in Hürth-Hermülheim. Studium:<br />
Volkskunde, Rheinische Landesgeschichte, Historische<br />
Geographie in Bonn. Forschungsschwerpunkte<br />
u.a. Historische Haus- und Wohnforschung und<br />
Museumspädagogik. Berufliche Stationen: Rheinisches<br />
Museumsamt Brauweiler, Museum Burg Linn<br />
Krefeld, Bergisches Freilichtmuseum für Ökologie
Autorinnen und Autoren<br />
und bäuerlich-handwerkliche Kultur in Lindlar, LVR-<br />
Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte in<br />
Bonn, seit 2007 Museumsleiter im LVR-Freilichtmuseum<br />
Kommern, Rheinisches Landesmuseum für<br />
Volkskunde (in der Eifel).<br />
E-Mail: Josef.Mangold@lvr.de<br />
Martin, Petra M.<br />
Dipl. Ing. Studium der Architektur an der FH<br />
Darmstadt, Kunstgeschichte mit Nebenfächern<br />
Klassische Archäologie und Ethnologie an der Johann-Wolfgang-Goethe<br />
Universität in Frankfurt.<br />
Denkmalpflege-Aufbaustudium an der Universität<br />
in Bamberg. Seit 2008 Referentin für das Spezialgebiet<br />
Gartendenkmalpflege. Mitglied im Arbeitskreis<br />
Historische Gärten der DGGL und Vertreterin des<br />
Landesamtes für Denkmalpflege im Arbeitskreis<br />
Orangerien.<br />
E-Mail:petra.martin@rps.bwl.de<br />
Paschburg, Holger<br />
Dipl. Ing., geboren 1963 in Hamburg. Baumschullehre<br />
in Pinneberg. Anschließend Studium der Landespflege<br />
an der TU Hannover. Seit 1991 Mitarbeit<br />
im Büro „Lindenlaub + Dittloff“, Hamburg, seit<br />
2005 Büropartnerschaft „dpl Dittloff + Paschburg<br />
Landschaftsarchitekten“, Hamburg. Seit 1999 in der<br />
Hamburgischen Architektenkammer eingetragen,<br />
seit 1991 Mitglied der Deutschen Gesellschaft für<br />
Gartenkunst und Landschaftskultur (DGGL) und seit<br />
2010 Vorsitzender des Bund deutscher Landschaftsarchitekten<br />
(bdla), Landesverband Hamburg.<br />
E-Mail: h.paschburg@dittloff-paschburg.com<br />
Pietsch, Jürgen<br />
Prof. Dr.-Ing. Studium der Philosophie, Umweltwissenschaften<br />
und Landschaftsplanung in Essen/Hannover.<br />
Seit 2006 Aufbau und Leitung der i-environments/Smart<br />
Green Cities und 4thNature-Teams an<br />
der Hafencity-Universität Hamburg HCU. Aktuelle<br />
Forschungsfelder u.a. Smart Green Cities und Siedlungs-Metabolismusgeschichte.<br />
<strong>Grün</strong>dungsmitglied<br />
des Vereins „Hamburg – <strong>Grün</strong>e Metropole am Wasser<br />
e. V.“<br />
E-Mail: juergen.pietsch@hcu-hamburg.de<br />
Röth, Frauke<br />
Dipl. Ing. (FH), geboren 1980 in Halle an der Saale.<br />
Kunstgeschichtsstudium an der TU Dresden, Studium<br />
der Architektur an der FH Potsdam, Chalmers<br />
University Göteborg, <strong>Grün</strong>dungsmitglied von Metropolar,<br />
einer Initiative zur Diskussion über den Erhalt<br />
der Nachkriegsarchitektur in Potsdam. <strong>Grün</strong>derin<br />
des ökologischen Baunetzwerks Potsdam. Arbeit<br />
für verschiedene Architekturbüros.<br />
E-Mail: frauke.roeth@metropolar.org<br />
Schabbel-Mader, Gabriele<br />
Dipl. Ing., gelernte Gärtnerin und Studium an<br />
der Fachhochschule Osnabrück. Seit 1989 mit<br />
eigenem Planungsbüro selbständig. Tätigkeitsschwerpunkte:<br />
Objektplanung im privaten, gewerblichen<br />
und öffentlichen Bereich wie Spielplätze,<br />
Außenanlagen von Kindertagesstätten,<br />
<strong>Grün</strong>züge, Außenanlagen von Firmen, Hausgärten.<br />
Präsidentin der Gesellschaft zur Förderung<br />
der Gartenkultur.<br />
E-Mail: schabbel-mader@gartengesellschaft.de<br />
Schwöppe, Barbara<br />
Geb. 1969. Studium der Landschaftsarchitektur<br />
und der Umweltplanung an der Universität-Gesamthochschule<br />
Paderborn; von 1998 bis 2007<br />
für verschiedene Landschaftarchitektur-Büros<br />
in Berlin tätig, dabei Planung und Realisierung<br />
von wassernahen Freiräumen ein Arbeitsschwerpunkt.<br />
Seit 2008 als Senior-Projektmanagerin<br />
für die Hafencity Hamburg GmbH Entwicklung<br />
und Koordination der öffentlichen Freiräume auf<br />
einem ehemaligen Hafen und Industrieareal.<br />
157
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
Szymczyk, Elisabeth<br />
Prof. Dr.-Ing., geboren 1946 in Heilbronn. Studium<br />
der Architektur in Berlin und Stuttgart. Seit 1991<br />
Lehrbeauftragte, seit 1997 Honorarprofessorin für<br />
Geschichte der Gartenkunst am Institut für Architekturgeschichte<br />
der Universität Stuttgart. Zahlreiche<br />
Veröffentlichungen zur Architekturgeschichte der<br />
1960er- und 1970er-Jahre und zur Geschichte der<br />
Gartenkunst. Mitglied des Arbeitskreises Historische<br />
Gärten der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst<br />
und Landschaftskultur.<br />
E-Mail: elisabeth.szymczyk@ifag.uni-stuttgart.de<br />
158
Anschriften: BHU, BHU-Landesverbände und Kooperationspartner<br />
Anschriften: BHU, BHU-Landesverbände<br />
und Kooperationspartner<br />
Bund Heimat und Umwelt in Deutschland (BHU)<br />
Bundesverband für Kultur, Natur und Heimat e. V.<br />
Adenauerallee 68, 53113 Bonn<br />
Tel. 0228 224091, Fax 0228 215503<br />
E-Mail: bhu@bhu.de<br />
Internet: www.bhu.de<br />
Bankverbindung: Kreissparkasse Köln<br />
Konto 100 007 855, BLZ 370 502 99<br />
IBAN DE 94 3705 0299 0100 0078 55<br />
BIC COKSDE33<br />
Präsidentin: Dr. Herlind Gundelach, MdB<br />
Bundesgeschäftsführerin: Dr. Inge Gotzmann<br />
BHU-Landesverbände<br />
Landesverein Badische Heimat e. V.<br />
Landesvorsitzender: Regierungspräsident a. D. Dr.<br />
Sven von Ungern-Sternberg<br />
Geschäftsführer: Karl Bühler<br />
Hansjakobstraße 12, 79117 Freiburg i. Br.,<br />
Tel. 0761 73724, Fax 0761 7075506<br />
E-Mail: info@badische-heimat.de<br />
Internet: www.badische-heimat.de<br />
Bayerischer Landesverein für Heimatpflege e. V.<br />
1. Vorsitzender: Landtagspräsident a. D. Johann<br />
Böhm<br />
Geschäftsführer: Martin Wölzmüller<br />
Ludwigstraße 23, 80539 München<br />
Tel. 089 2866290, Fax 089 28662928<br />
E-Mail: info@heimat-bayern.de<br />
Internet: www.heimat-bayern.de<br />
Verein für die Geschichte Berlins gegr. 1865 e. V.<br />
Vorsitzender: Dr. Manfred Uhlitz<br />
Geschäftsstelle: Henning Nause<br />
Lichterfelder Ring 103, 12279 Berlin,<br />
Tel. 030 7115806<br />
E-Mail: nause@DieGeschichteBerlins.de<br />
Internet: www.DieGeschichteBerlins.de<br />
Brandenburg 21 – Verein zur nachhaltigen<br />
Lokal- und Regionalentwicklung im Land Brandenburg<br />
e. V.<br />
Vorsitzender: Chris Rappaport<br />
Haus der Natur, Lindenstraße 34, 14467 Potsdam<br />
Tel. 033207 52480<br />
E-Mail: rappaport@freenet.de<br />
Internet: www.nachhaltig-in-brandenburg.de<br />
und www.lebendige-doerfer.de<br />
Bremer Heimatbund – Verein für Niedersächsisches<br />
Volkstum e. V.<br />
Vorsitzer: Wilhelm Tacke<br />
Geschäftsführer: Karl-Heinz Renken<br />
Friedrich-Rauers-Straße 18, 28195 Bremen<br />
Tel. 0421 302050<br />
Verein Freunde der Denkmalpflege e. V. (Denkmalverein<br />
Hamburg)<br />
Vorsitzender: Helmuth Barth<br />
Alsterchaussee 13, 20149 Hamburg<br />
Tel. und Fax 040 41354152<br />
E-Mail: info@denkmalverein.de<br />
Internet: www.denkmalverein.de<br />
159
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
Gesellschaft für Kultur- und Denkmalpflege –<br />
Hessischer Heimatbund e. V.<br />
Vorsitzende: Dr. Cornelia Dörr<br />
Geschäftsführerin: Dr. Irene Ewinkel<br />
Bahnhofstraße 31 A, 35037 Marburg<br />
Tel. 06421 681155, Fax 06421 681155<br />
E-Mail: info@hessische-heimat.de<br />
Internet: www.hessische-heimat.de<br />
Lippischer Heimatbund e. V.<br />
Vorsitzender: Bürgermeister a. D. Friedrich Brakemeier<br />
Geschäftsführerin: Yvonne Huebner<br />
Felix-Fechenbach-Straße 5 (Kreishaus), 32756<br />
Detmold<br />
Tel. 05231 627911/-12, Fax 05231 627915<br />
E-Mail: info@lippischer-heimatbund.de<br />
Internet: www.lippischer-heimatbund.de<br />
Landesheimat- und Kulturverband Mecklenburg-Vorpommern<br />
e. V.<br />
Friedrichstraße 12, 19055 Schwerin<br />
Tel. 0177 4213503<br />
Niedersächsischer Heimatbund e. V.<br />
Präsident: Prof. Dr. Hansjörg Küster<br />
Geschäftsführerin: Dr. Julia Schulte to Bühne<br />
Landschaftstraße 6 A, 30159 Hannover<br />
Tel. 0511 3681251, Fax 0511 3632780<br />
E-Mail: Heimat@niedersaechsischer-heimatbund.de<br />
Internet: www.niedersaechsischer-heimatbund.de<br />
Rheinischer Verein für Denkmalpflege und<br />
Landschaftsschutz e. V.<br />
Vorsitzender: Landrat Frithjof Kühn<br />
Geschäftsführerin: Dr. Heike Otto<br />
Ottoplatz 2, 50679 Köln,<br />
Tel. 0221 8092804/-5, Fax 0221 8092141<br />
E-Mail: otto@rheinischer-verein.de<br />
Internet: www.rheinischer-verein.de<br />
Institut für Landeskunde im Saarland e. V.<br />
Direktor: Regierungsdirektor Delf Slotta<br />
Zechenhaus Reden, Am Bergwerk Reden 11, 66578<br />
Schiffweiler<br />
Tel. 06821 9146630, Fax 06821 9146640<br />
E-Mail: institut@iflis.de<br />
Internet: www.iflis.de und www.institut-landeskunde.de<br />
Landesheimatbund Sachsen-Anhalt e. V.<br />
Präsident: Prof. Dr. habil. Konrad Breitenborn<br />
Geschäftsführerin: Dr. Annette Schneider-Reinhardt<br />
Magdeburger Straße 21, 06112 Halle (Saale)<br />
Tel. 0345 2928610, Fax 0345 2928620<br />
E-Mail: info@lhbsa.de<br />
Internet: www.lhbsa.de<br />
Landesverein Sächsischer Heimatschutz e. V.<br />
Vorsitzender: Prof. Dr. Hans-Jürgen Hardtke<br />
Geschäftsführerin: Susanna Sommer<br />
Wilsdruffer Straße 11/13, 01067 Dresden<br />
Tel. 0351 4956153, Tel./Fax 0351 4951559<br />
E-Mail: landesverein@saechsischer-heimatschutz.de<br />
Internet: www.saechsischer-heimatschutz.de<br />
Schleswig-Holsteinischer Heimatbund e. V.<br />
Komm. Präsident: Hermann-Josef Thoben<br />
Geschäftsführerin: Dr. Ute Löding-Schwerdtfeger<br />
Hamburger Landstraße 101, 24113 Molfsee<br />
Tel. 0431 983840, Fax 0431 9838423<br />
E-Mail: info@heimatbund.de<br />
Internet: www.heimatbund.de<br />
Schwäbischer Heimatbund e. V.<br />
Vorsitzender: Fritz-Eberhard Griesinger<br />
Geschäftsführer: Dr. Bernd Langner<br />
Weberstraße 2, 70182 Stuttgart<br />
Tel. 0711 239420, Fax 0711 2394244<br />
E-Mail: info@schwaebischer-heimatbund.de<br />
Internet: www.schwaebischer-heimatbund.de<br />
160
Anschriften: BHU, BHU-Landesverbände und Kooperationspartner<br />
Heimatbund Thüringen e. V.<br />
Vorsitzender: Dr. Burkhardt Kolbmüller<br />
Geschäftsführerin: Barbara Umann<br />
Hinter dem Bahnhof 12, 99427 Weimar<br />
Tel. 03643 777625, Fax 03643 777626<br />
E-Mail: info@heimatbund-thueringen.de<br />
Internet: www.heimatbund-thueringen.de<br />
Westfälischer Heimatbund e. V.<br />
Vorsitzender: Landesdirektor Dr. Wolfgang Kirsch<br />
Geschäftsführerin: Dr. Edeltraud Klueting<br />
Kaiser-Wilhelm-Ring 3, 48145 Münster<br />
Tel. 0251 2038100, Fax 0251 20381029<br />
E-Mail: westfaelischerheimatbund@lwl.org<br />
Internet: www.westfaelischerheimatbund.de<br />
gegenseitige Mitgliedschaft:<br />
Deutsche Burgenvereinigung e. V.<br />
Präsidentin: Prof. Dr. Barbara Schock-Werner<br />
Geschäftsführer: Gerhard A. Wagner<br />
Marksburg, 56338 Braubach am Rhein<br />
Tel. 02627 536, Fax 02627 8866<br />
E-Mail: dbv.marksburg@deutsche-burgen.org<br />
Internet: www.deutsche-burgen.org<br />
Kooperationspartner<br />
Deutsche Bundesgartenschau-Gesellschaft<br />
mbH (DBG)<br />
Dürenstraße 44<br />
53173 Bonn<br />
Tel.: 0228 539800<br />
Fax: 0228 539809<br />
E-Mail: info@bundesgartenschau.de<br />
Internet: www.bundesgartenschau.de<br />
Deutsche Gesellschaft für Gartenkunst und<br />
Landschaftskultur e. V. (DGGL)<br />
Bundesgeschäftsstelle<br />
Wartburgstraße 42<br />
10823 Berlin<br />
Tel.: 030 78713613<br />
Fax: 030 7874337<br />
E-Mail: info@dggl.org<br />
Internet: www.dggl.org<br />
sowie der BHU-Landesverband für Hamburg<br />
Verein Freunde der Denkmalpflege e. V. (Denkmalverein<br />
Hamburg)<br />
(s.o.)<br />
161
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
Bewahren und Gestalten<br />
Bund Heimat und Umwelt in Deutschland<br />
Der BHU<br />
Der Bund Heimat und Umwelt in Deutschland (BHU)<br />
ist der Bundesverband der Bürger- und Heimatvereine<br />
in Deutschland. Er vereinigt über seine Landesverbände<br />
rund eine halbe Million Mitglieder und ist<br />
somit die größte kulturelle Bürgerbewegung dieser<br />
Art in der Bundesrepublik Deutschland. Seit seiner<br />
<strong>Grün</strong>dung im Jahr 1904 durch den Musikprofessor<br />
Ernst Rudorff (1840–1916) setzt sich der BHU für die<br />
Kulturlandschaften und die in ihnen lebenden Menschen<br />
ein.<br />
Mensch + Natur + Kultur = Heimat<br />
162<br />
Unsere Themen<br />
Der Bund Heimat und Umwelt in Deutschland (BHU)<br />
hat die Erhaltung und Entwicklung der Kulturlandschaft<br />
und ihrer schützens werten Elemente zu seinem<br />
Aufgabenschwerpunkt erklärt. Die interdisziplinär<br />
und praxisnah angelegte Arbeit des BHU umfasst<br />
folgende Themen:<br />
• Bürgerschaftliches Engagement<br />
• Kulturlandschaft<br />
• Natur und Umwelt<br />
• Denkmäler und Baukultur<br />
• Regionale Identität<br />
• Sprachen und Dialekte
Bewahren und Gestalten. Der Bund Heimat und Umwelt in Deutschland<br />
Unser Auftrag<br />
• Bewahren und Gestalten<br />
Dem BHU geht es um das Bewahren und Gestalten<br />
vorhandener Werte unseres Natur- und Kulturerbes.<br />
Der BHU ist hierbei Partner und Ideengeber<br />
und vertritt die Interessen der Bürger. Gemeinsam<br />
wollen wir unsere Kulturlandschaften erkunden,<br />
erhalten und lebenswert weiterentwickeln.<br />
• Vermitteln<br />
Der BHU übernimmt eine Vermittlerfunktion zwischen<br />
den Menschen in den jeweiligen Heimatregionen,<br />
der Politik, den Behörden sowie den<br />
verschiedenen Fachdisziplinen. Die Öffentlichkeitsarbeit<br />
bildet einen Schwerpunkt der Verbandsarbeit.<br />
• Bürgerbeteiligung stärken<br />
Der BHU setzt sich ein für eine aktive Mitwirkung<br />
der Bürger an der Gestaltung ihres jeweiligen Lebensumfeldes.<br />
• Netzwerke bilden<br />
Der BHU ist aktiv an der Vernetzung mit anderen<br />
Institutionen auf nationaler und internationaler<br />
Ebene beteiligt. So hat der BHU das Deutsche Forum<br />
Kulturlandschaft ins Leben gerufen. Hierbei<br />
handelt es sich um ein Informationsnetzwerk aus<br />
über 50 bundesweit tätigen Organisationen im<br />
Bereich der Kulturlandschaft.<br />
• Europaweit agieren<br />
Der BHU pflegt den Kontakt zu weiteren Heimatverbänden<br />
in Europa und wirkt aktiv in europäischen<br />
Dachorganisationen mit.<br />
Unsere Angebote<br />
Der BHU veranstaltet Tagungen, Fortbildungen und<br />
Wettbewerbe. In der Publikationsreihe des BHU können<br />
Sie sich über unser breites Themenspektrum informieren.<br />
Weitergehende Informationen stellen wir<br />
jeweils aktuell auf unseren Internetseiten zur Verfügung.<br />
http://www.bhu.de<br />
http://www.forum-kulturlandschaft.de<br />
http://www.historische-gruenflaechen.de<br />
http://kulturlandschaftserfassung.bhu.de<br />
http://niederdeutsch.bhu.de<br />
163
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
Unsere Landesverbände sind auch in Ihrem Bundesland<br />
aktiv. Werden Sie dort Mitglied und wirken Sie<br />
vor Ort mit.<br />
Gerne nehmen wir Ihre Kontaktdaten in unseren<br />
Verteiler auf, um Sie über aktuelle Aktivitäten,<br />
Veranstaltungen und Neuerscheinungen zu informieren.<br />
Sie haben Fragen oder Anregungen? Sprechen Sie<br />
uns an.<br />
Ihre Mitwirkung<br />
Mit einer Spende können Sie die Arbeit des Bund<br />
Heimat und Umwelt (BHU) unterstützen und leisten<br />
damit gleichzeitig einen wichtigen Beitrag zur<br />
Erhaltung der Kulturlandschaften und Ihrer Heimat.<br />
Spenden sind willkommen und steuerlich absetzbar.<br />
Kreissparkasse Köln,<br />
Konto 100 007 855, BLZ 370 502 99<br />
Wir sind Ihr Ansprechpartner<br />
Bund Heimat und Umwelt in Deutschland (BHU)<br />
Bundesverband für Kultur, Natur und Heimat e.V.<br />
Adenauerallee 68<br />
53113 Bonn<br />
Telefon: +49 228 224091<br />
Fax: +49 228 215503<br />
E-Mail: bhu@bhu.de<br />
Internet: www.bhu.de<br />
164
Beispiele, Methoden, Strategien<br />
Chancen und Konflikte für das Natur- und Kulturerbe<br />
Publikationen des BHU<br />
Publikationen des BHU<br />
Die Liste stellt eine Auswahl aktueller Publikationen des Bund Heimat und Umwelt dar. Alle Publikationen<br />
können über den BHU bezogen werden, wir bitten hierfür um eine Spende. Einen entsprechenden Spendenüberweisungsträger<br />
legen wir Ihrer Sendung bei. Für die Fortsetzung unserer Arbeit sind wir auf Spenden<br />
angewiesen und bitten Sie daher herzlich um Unterstützung. Im Regelfall versenden wir jeweils Einzelexemplare.<br />
Größere Abgabemengen sind auf Anfrage möglich. Bitte beachten Sie auch unsere Internetseite<br />
www.bhu.de. Dort finden Sie unter der Rubrik „Publikationen“ weitere Veröffentlichungen.<br />
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> – Gärten und Parks<br />
der 1950er bis 1970er Jahre<br />
Baukultur und Denkmalpflege vermitteln<br />
Natur- und Kulturerbe des Weinbaus<br />
aktivieren und vermitteln<br />
Werksteinabbau und<br />
Kulturlandschaft<br />
Wie Ernährung<br />
unsere Landschaften formt<br />
BÜCHER UND BROSCHÜREN:<br />
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> – Gärten und Parks der 1950er bis 1970er Jahre<br />
In den Nachkriegs- und Wirtschaftswunderjahren entstand eine Fülle qualitätvoller Gärten und Parks.<br />
Die Publikation präsentiert typische Gestaltungsmerksmale und stellt Wege zur Erhaltung, Entwicklung<br />
und Vermittlung dieser Anlagen vor. Buch mit 168 Seiten (2013)<br />
Baukultur und Denkmalpflege vermitteln. Beispiele, Methoden,<br />
Strategien<br />
Um die Bedeutung von Baukultur und Denkmalpflege darzustellen, ist eine gute Vermittlungsarbeit<br />
nötig. Die Publikation enthält über 40 informative Porträts von Konzepten, mit denen Einzelpersonen,<br />
Initiativen und Organisationen positives Bewusstsein schaffen. Buch mit 180 Seiten (2013)<br />
Leitfaden Regionale Baukultur<br />
Der Leitfaden stellt für Bauherren, Architekten und alle Interessierten eine Diskussionsgrundlage für<br />
die Bezugnahme auf regionale Bautraditionen dar. Eine rücksichtsvolle Gestaltung von Neu- und Umbauten<br />
trägt zur Erhaltung von Identität und Ästhetik unserer Städte und Dörfer bei. Broschüre mit 28<br />
Seiten (2013)<br />
Natur- und Kulturerbe des Weinbaus aktivieren und vermitteln<br />
Die Publikation stellt vor, wie Initiativen und Projekte die kulturhistorische und landschaftliche Bedeutung<br />
von Weinbergen erhalten und damit Weinkultur und Kulturlandschaften pflegen. Insbesondere<br />
wird die Aufbereitung und Vermittlung des Themas für verschiedene Zielgruppen behandelt. Buch mit<br />
144 Seiten (2013)<br />
Werksteinabbau und Kulturlandschaft<br />
Rohstoffabbau prägt Kulturlandschaften. Am Beispiel des Werksteins zeigt das Buch die Perspektiven der<br />
Kulturlandschafts- und Denkmalpflege sowie des Naturschutzes. Es thematisiert rechtliche, wirtschaftliche<br />
und soziale Zusammenhänge sowie bürgerschaftliches Engagement. Buch mit 168 Seiten (2013)<br />
Wie Ernährung unsere Landschaften formt<br />
Anhand konkreter Projekte und Vermittlungsbeispiele wird der Zusammenhang zwischen landwirtschaftlicher<br />
Nahrungsproduktion, regionaler Esskultur und Landschaftsgestaltung aufbereitet. Ein besonderes<br />
Augen merk wird hierbei auf die Vermittlung des Themas gerichtet. Buch mit 120 Seiten (2013)<br />
165
als Beitrag zur Erhaltung von Kulturlandschaften<br />
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
166<br />
Biologische Vielfalt –<br />
ein Thema für Heimatmuseen<br />
Wasser – die Seele<br />
eines Gartens<br />
Landwirtschaft und<br />
Kulturlandschaft<br />
Landwirtschaft – Kulturlandschaft<br />
– Regionale Esskultur<br />
Regionale Baukultur<br />
Religion und Landschaft<br />
Als Grundlage insbesondere für die Vermittlungsarbeit gibt diese Publikation einen spannenden Einblick<br />
in die Thematik des religiös geprägten kulturellen Erbes und zeigt, wie sich Religionen in der Landschaft<br />
manifestieren. Im Mittelpunkt steht dabei das christliche Kulturerbe. Buch mit 164 Seiten (2013)<br />
Beispiele und Methoden zur Kulturlandschaftsvermittlung<br />
Die Aktivitäten des BHU zur Kulturlandschaftsvermittlung haben gezeigt, dass der Austausch über<br />
Best-Practice-Beispiele und die Vernetzung der Akteure wichtig sind. Dieses Methodenhandbuch bietet<br />
konkret beschriebene zielgruppengerechte Anregungen zur Umsetzung. Buch mit 120 Seiten (2012)<br />
Klötze und Plätze – Wege zu einem neuen Bewusstsein für Großbauten<br />
der 1960er und 1970er Jahre<br />
Die heute oft als Klötze gescholtenen Großbauten der 1960er und 1970er Jahre prägen vielerorts<br />
unsere Städte. Die Publikation zeigt Probleme und Potenziale solcher Bauten auf und regt dazu an,<br />
Qualitäten zu entdecken und zu vermitteln. Buch mit 204 Seiten (2012)<br />
Jagdparks und Tiergärten – Naturschutzbedeutung historisch genutzter<br />
Wälder<br />
Jagdparks und Tiergärten weisen eine Vielzahl von Strukturen auf, die eine hohe Biodiversität<br />
bedingen. Thematische Beiträge, Fallbeispiele und ein Leitfaden illustrieren einen geeigneten Umgang<br />
mit diesen Anlagen. Buch mit 168 Seiten (2012)<br />
Biologische Vielfalt – ein Thema für Heimatmuseen<br />
Der von informativen Begleittexten und Praxisbeispielen flankierte Leitfaden bietet Strategien<br />
zur zeitgemäßen Vermittlung in Heimatmuseen. Schwerpunkte bilden die Themen Biodiversität,<br />
Nachhaltige Entwicklung und Kulturlandschaft. Buch mit 180 Seiten (2011)<br />
Vermittlung von Kulturlandschaft an Kinder und Jugendliche<br />
Die Publikation gibt einen Überblick über erprobte Projekte und Methoden, Kinder und Jugendliche für<br />
das Thema Kulturlandschaft zu interessieren. Sie dient als Handbuch für die Bildungsarbeit und bietet<br />
Anregungen für neue Projekte. Buch mit 108 Seiten (2011)<br />
Wasser – die Seele eines Gartens<br />
Das Buch bietet vielfältige Anregungen zum Thema Wasser in historischen Gärten und gibt Einblicke in<br />
Facetten wie Denkmalpflege, Ökologie, Recht oder bürgerschaftliches Engagement. Hintergründe und<br />
Praxisberichte runden den Band ab. Buch mit 96 Seiten (2011)<br />
Landwirtschaft und Kulturlandschaft<br />
Das Memospiel mit 54 Kartenpaaren und einer informativen Begleitbroschüre stellt vor, wie<br />
die Landwirtschaft zur Vielfalt der Kulturlandschaft beiträgt. Die Entstehung unterschiedlicher<br />
Landschaften in Deutschland wird anschaulich erklärt. Broschüre mit 60 Seiten inkl. Spiel (2011)<br />
Landwirtschaft – Kulturlandschaft – Regionale Esskultur<br />
Nahrungs- und Genussmittelanbau prägen charakteristische Landschaften. Die Publikation zeigt<br />
den Zusammenhang zwischen Ernährungskultur und der Attraktivität der Kulturlandschaft. –<br />
Tagungsdokumentation. Buch mit 132 Seiten (2010)<br />
Regionale Baukultur als Beitrag zur Erhaltung von Kulturlandschaften<br />
Durch regionale Formensprache und Materialien entstanden charakteristische Baukulturen, die unsere<br />
Kulturlandschaften prägen. Das Buch liefert Empfehlungen für einen zeitgemäßen Umgang mit<br />
regionaler Baukultur. Buch mit 120 Seiten (2010)
Vom Totaleindruck einer Gegend zur Gestaltung unserer Umwelt<br />
Leitfaden zur Erstellung interdisziplinärer Wege zu Kultur- und Naturschutzthemen<br />
Bundeswettbewerb für Kinder und Jugendliche<br />
Bundeswettbewerb für Kinder und Jugendliche<br />
Bundeswettbewerb<br />
Publikationen des BHU<br />
Kultur – Landschaft – Kulturlandschaft<br />
Wege zu Natur und Kultur<br />
Kulturlandschaft<br />
in der Anwendung<br />
Weißbuch<br />
der historischen Gärten und Parks<br />
in den neuen Bundesländern<br />
Landwirtschaft<br />
zu Omas Zeiten<br />
Historische Nutzgärten<br />
Bohnapfel, Hauswurz, Ewiger Kohl –<br />
Neue Rezepte für alte Gärten<br />
Naturschutz vermitteln<br />
in Friedhofs- und Parkanlagen<br />
Vom Frühstücksei<br />
zum Abendbrot<br />
Denkmalschutz<br />
barrierefrei<br />
DENKMAL<br />
?<br />
Kultur – Landschaft – Kulturlandschaft<br />
Die Erhaltung unserer Kulturlandschaft, aber auch ihre Weiterentwicklung zählen zu den vorrangigen<br />
Aufgaben unserer Zeit. Die bebilderte Broschüre versteht sich als Einführung in das vielfältige Thema<br />
„Kulturlandschaft“. Broschüre mit 12 Seiten (2010)<br />
Wege zu Natur und Kultur<br />
Mit einem Leitfaden gibt das Buch wertvolle Informationen zur Anlage oder Überarbeitung von Lehrund<br />
Erlebnispfaden und ähnlichen Informationswegen. Begleittexte mit Praxisbeispielen ergänzen den<br />
Leitfaden. Buch mit 120 Seiten (2010)<br />
Kulturlandschaft in der Anwendung<br />
Das Buch gibt – sowohl auf bundesweiter als auch auf europäischer Ebene – einen Überblick über<br />
aktuelle anwendungsbezogene Projekte zum Thema Kulturlandschaft. Buch mit 178 Seiten (2010)<br />
Weißbuch der historischen Gärten und Parks in den neuen Bundesländern<br />
Das Buch vermittelt auf anschauliche Art und Weise den in Jahrhunderten gewachsenen Reichtum der<br />
Gartenkultur Deutschlands und lädt ein, verborgene und weniger bekannte Gärten zu besuchen.<br />
Buch mit 166 Seiten (3., überarbeitete Auflage, 2009)<br />
Landwirtschaft zu Omas Zeiten<br />
Landwirtschaft ist spannend! Die Publikation zeigt, wie sich Kinder und Jugendliche mit der Arbeit<br />
und dem bäuerlichen Umfeld – in Vergangenheit und Gegenwart – auseinandergesetzt haben. –<br />
Wettbewerbsdokumentation. Buch mit 60 Seiten (2009)<br />
Historische Nutzgärten. Bohnapfel, Hauswurz, Ewiger Kohl –<br />
Neue Rezepte für alte Nutzgärten<br />
Die Publikation veranschaulicht, wie es gelingen kann, die über Jahrhunderte gewachsene<br />
Gartentradition hinsichtlich der Nutzpflanzengärten neu zu beleben und damit zu erhalten. Buch mit<br />
132 Seiten (2009)<br />
Naturschutz vermitteln in Friedhofs- und Parkanlagen<br />
Das Buch bietet Anregungen und praktische Beispiele für die Umsetzung und Vermittlung von<br />
naturschutzrelevanten Themen in Friedhofs- und Parkanlagen. Ergänzend werden didaktische Hinweise<br />
gegeben. Buch mit 96 Seiten (2009)<br />
Vermittlung von Kulturlandschaft<br />
Die Publikation stellt vielfältige Möglichkeiten zur Vermittlung von Kulturlandschaftsthemen vor. Diese<br />
umfassen Erfahrungen u.a. aus dem schulischen, ehrenamtlichen und kommunalen Bereich. Buch mit<br />
156 Seiten (2009)<br />
Vom Frühstücksei zum Abendbrot<br />
Nahrungsmittel lassen sich zwar im Supermarkt kaufen, aber erzeugt werden sie dort nicht. Die<br />
Publikation zeigt, wie Kinder und Jugendliche in ihrer Region Landwirtschaft und deren Produkte<br />
entdecken. – Wettbewerbsdokumentation. Buch mit 72 Seiten (2008)<br />
Denkmalschutz barrierefrei<br />
Das Bewusstsein für die Notwendigkeit und die Vorteile von Barrierefreiheit setzt sich in unserer<br />
Gesellschaft allmählich durch. Die Publikation stellt 14 vorbildhafte Lösungen zum barrierefreien<br />
Umbau historischer Gebäude vor. – Wettbewerbsdokumentation. Buch mit 84 Seiten (2008)<br />
167
Positionen des Denkmalschutzes<br />
Bundeswettbewerb<br />
Beiträge zur Tagung vom 2.–3. Mai 2006 in Osnabrück<br />
im Zentrum für Umweltkommunikation<br />
der Deutschen Bundesstiftung Umwelt<br />
Dokumentation<br />
des Symposiums am<br />
9. und 10. Juni 2005<br />
in Osnabrück<br />
im Zentrum für<br />
Umweltkommunikation<br />
der Deutschen Bundesstiftung<br />
Umwelt<br />
1<br />
<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />
Kulturlandschaftliche<br />
Informationssysteme<br />
in Deutschland<br />
Biodiversität im Dorf:<br />
entdecken, vermitteln, fördern<br />
Landwirtschaft schafft<br />
Kulturlandschaft<br />
Lebensraum Denkmal<br />
Naturschutz und<br />
Denkmalschutz<br />
– Zwei getrennte Wege?<br />
Kulturlandschaftliche Informationssysteme in Deutschland<br />
Die Erhebung und Inventarisierung von Kulturlandschaftselementen ist eine wichtige Voraussetzung<br />
für den Schutz derselben. Initiativen in Deutschland stellen ihre Projekte und Methodik vor. Buch mit<br />
220 Seiten (2008)<br />
Biodiversität im Dorf: entdecken, vermitteln, fördern<br />
In vielen Dörfern geht durch einen zunehmenden Nutzungs- und Strukturwandel die Artenvielfalt<br />
zurück. Die Publikation zeigt praktische Beispiele auf, die dieser Entwicklung entgegenwirken. Buch mit<br />
128 Seiten (2008)<br />
Landwirtschaft schafft Kulturlandschaft<br />
Das Buch zeigt beispielgebendes Engagement von Land- und Forstwirten an der Erhaltung der<br />
landwirtschaftlich geprägten Kulturlandschaft auf. Die Publikation stellt die Initiativen der Gewinner<br />
des Bundeswettbewerbs vor. Buch mit 76 Seiten (2008)<br />
Dorfkirchen in Deutschland<br />
Dorfkirchen in ihren jeweiligen Stilen charakterisieren verschiedene Regionen und bieten<br />
Identifikations möglichkeiten. Die Publikation zum Bundeswettbewerb „Stellen Sie Ihre Dorfkirche vor“<br />
präsentiert 35 prämierte Kirchen und 400 weitere Dorfkirchen. Buch mit 160 Seiten (2008)<br />
Lebensraum Denkmal<br />
Denkmäler bieten nicht nur dem Menschen einen Lebensraum, sondern auch vielen Tieren und<br />
Pflanzen. Mit reich bebilderten Beispielen aus der Praxis wird die Zusammenarbeit zwischen Natur- und<br />
Denkmalschutz dargestellt. Buch mit 104 Seiten (2007)<br />
Naturschutz und Denkmalschutz – Zwei getrennte Wege?<br />
Anhand von Beispielen wird die Bedeutung von Denkmälern als Lebensräume vorgestellt und<br />
dargelegt, wie Restaurierungs- und Erhaltungsmaßnahmen bei Bauten die Belange beider Disziplinen<br />
berücksichtigen können. Buch mit 106 Seiten (2005)<br />
Abenteuer Boden<br />
Würfelspiel mit spannenden Fragen rund um den Lebensraum Boden. Für Leute ab 8 Jahren. Vermittelt auf<br />
spielerische Art und Weise Wissen über den Lebensraum Boden. Broschüre inkl. Spielplan + Bastelanleitung<br />
(2005)<br />
Die Publikationen sind zu bestellen beim:<br />
168<br />
Bund Heimat und Umwelt in Deutschland (BHU)<br />
Bundesverband für Kultur, Natur und Heimat e.V.<br />
Adenauerallee 68, 53113 Bonn<br />
E-Mail: bestellung@bhu.de, Internet: www.bhu.de<br />
Telefon: +49 228 224091, Fax: +49 228 215503<br />
Konto-Nr. 100 007 855<br />
Kreissparkasse Köln, BLZ 370 502 99<br />
IBAN DE 94 3705 0299 0100 0078 55, BIC COKSDE33