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Grün modern

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<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> – Gärten und Parks<br />

der 1950er bis 1970er Jahre


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> –<br />

Gärten und Parks der<br />

1950er bis 1970er Jahre<br />

Ein Kulturerbe als Herausforderung für Denkmalpflege und Vermittlungsarbeit<br />

Dokumentation der Tagung am 15. und 16. Oktober 2013 in Hamburg


Impressum<br />

Herausgeber: Bund Heimat und Umwelt in Deutschland (BHU)<br />

Bundesverband für Kultur, Natur und Heimat e.V.<br />

Adenauerallee 68, 53113 Bonn<br />

Tel. 0228 224091, Fax 0228 215503<br />

E-Mail: bhu@bhu.de, Internet: www.bhu.de<br />

Redaktion: Dr. (des.) Martin Bredenbeck, Dr. Inge Gotzmann<br />

Mitarbeit: Anna Lisa Schauff, Beate Lippert, Edeltraud Wirz<br />

Verantwortlich für den Inhalt: Dr. Inge Gotzmann<br />

Bildnachweis:<br />

vordere Umschlagseite: Forstbotanischer Garten Köln, angelegt Anfang der 1960er Jahre.<br />

Foto: © Superbass / CC-BY-SA-3.0 (via Wikimedia Commons)<br />

hintere Umschlagseite: links oben und unten Westliche Wallanlagen Hamburg (Fotos: Anna Lisa Schauff),<br />

rechts: Neue Nationalgalerie Berlin (Foto: J. Köppler)<br />

Layout und Druck: Messner Medien GmbH, Rheinbach<br />

ISBN 978 3 925374 35 7<br />

Nachdruck – auch auszugsweise – honorarfrei mit Quellenangabe gestattet.<br />

Belegexemplar an den Herausgeber erbeten.<br />

Das Buch wird an Mitglieder und Interessenten kostenlos abgegeben. Spende erwünscht. Bestellung beim Herausgeber<br />

Förderer<br />

Der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages (BKM)<br />

Der Förderer übernimmt keine Gewähr für die Richtigkeit, Genauigkeit und die Vollständigkeit der Angaben<br />

sowie für die Beachtung privater Rechte Dritter.<br />

Kooperationspartner<br />

Verein Freunde der Denkmalpflege e.V. (Denkmalverein Hamburg)<br />

Deutsche Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur e.V. (DGGL)<br />

Deutsche Bundesgartenschau-Gesellschaft (DBG)<br />

Gleichstellung von Frau und Mann<br />

Wir sind bemüht, so weit wie möglich geschlechtsneutrale Formulierungen zu verwenden. Wo uns dies nicht gelingt, haben<br />

wir zur schnelleren Lesbarkeit die männliche Form verwendet. Natürlich gilt in allen Fällen jeweils die weibliche und männliche<br />

Form.<br />

Bonn 2013


Inhalt<br />

Inhalt<br />

Seite<br />

Herlind Gundelach und Wolfgang Börnsen ............................................ 5<br />

Vorwort<br />

Helmuth Barth .................................................................. 7<br />

Hamburgs Gärten laden ein<br />

Martin Bredenbeck .............................................................. 9<br />

<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> – zur Einführung<br />

Elisabeth Szymczyk .............................................................. 13<br />

Gartenkünstlerische Tendenzen der sechziger und siebziger Jahre<br />

Peter Fibich . ................................................................... 25<br />

Landschaftsarchitektur in der DDR der 1960er- und 1970er-Jahre.<br />

Handlungsstrukturen, Gestaltungstendenzen und heutige Akzeptanz<br />

Isabel Finkenberger . ............................................................. 31<br />

Vox populi. (Transformations-)potenziale nachkriegs<strong>modern</strong>er Freiraumressourcen<br />

Jens Beck ..................................................................... 39<br />

<strong>Grün</strong>anlagen in Hamburg nach 1945<br />

Heino Grunert . ................................................................. 47<br />

Kontinuität durch Wandel. Stadtentwicklung durch Gartenschauen am Beispiel des westlichen<br />

Hamburger Wallrings<br />

Holger Paschburg. ............................................................... 55<br />

Exkursion: Planten un Blomen, Hamburg/Westlicher Wallring<br />

Jürgen Pietsch . ................................................................. 60<br />

Licht, Luft und Sonne revisited. Nachkriegs<strong>modern</strong>e und Stadtgrün in Hamburg<br />

Erkennen, Erfassen, Bewerten<br />

Petra Martin ................................................................... 66<br />

Zwischen Interpretation und Intervention. Gartenkunst der Nachkriegszeit als Denkmalschicht<br />

Bettina Bergande ............................................................... 73<br />

Erkennen, Erfassen, Bewerten. Drei Beispiele aus der Planungspraxis<br />

Wolfgang Gaida ................................................................ 81<br />

Kommunale <strong>Grün</strong>flächen der 1950er und 1960er Jahre: Das Erfassen – gegen das Vergessen<br />

3


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

Erzählen und Vermitteln<br />

Frauke Röth ................................................................... 89<br />

Die neuen Herausforderungen der Denkmalpflege in Potsdam:<br />

Komplexität und Widerspruch einer zeittypischen Debatte<br />

Gabriele Schabbel-Mader. ......................................................... 96<br />

Der Park um die Ecke. Ein Plädoyer für eine geheime Oase<br />

Josef Mangold ................................................................. 98<br />

Das Museum als Garten – der Garten im Museum.<br />

Das LVR-Freilichtmuseum Kommern<br />

Sylvia Borgmann ................................................................ 106<br />

„Gärten brauchen Gärtner!“<br />

Schützen, Entwickeln und Benutzen<br />

Jens Beck. ..................................................................... 111<br />

Urban gardening – ein Mittel zur Wiederbelebung öffentlicher Parks?<br />

Gudrun Lang ................................................................... 114<br />

Siedlung Marienhöhe in Quickborn. Eine Handreichung für den interessierten Gartenbesitzer<br />

Sibylle Eßer .................................................................... 121<br />

Gartenschau-Parks der Nachkriegs<strong>modern</strong>e<br />

Zu guter Letzt<br />

Barbara Schwöppe. .............................................................. 131<br />

Für eine lebendige Stadt. Freiraumplanung in der HafenCity Hamburg<br />

Anna Lisa Schauff und Franziska Dösinger . ............................................ 134<br />

Unterwegs in den westlichen Wallanlagen und der HafenCity Hamburg. Impressionen<br />

von der Tagungsexkursion am 15. Oktober 2013<br />

Gärten und Parks der 1950er bis 1970er Jahre: eine Bilderreise durch Deutschland .............. 137<br />

Teilnehmerinnen und Teilnehmer .................................................... 153<br />

Autorinnen und Autoren .......................................................... 155<br />

Anschriften: BHU, BHU-Landesverbände und Kooperationspartner. .......................... 158<br />

Bewahren und Gestalten. Der Bund Heimat und Umwelt in Deutschland ...................... 162<br />

4


Herlind Gundelach und Wolfgang Börnsen: Vorwort<br />

Vorwort<br />

Herlind Gundelach und Wolfgang Börnsen<br />

Liebe Leserinnen, liebe Leser,<br />

Kurz vor der Tagung „<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong>“<br />

des Bund Heimat und Umwelt<br />

(BHU), Mitte Oktober 2013, ist in Hamburg<br />

die Internationale Gartenschau zu<br />

Ende gegangen. Ihre Gestaltung und<br />

Durchführung gaben in der Stadt in<br />

diesen Tagen zu erheblichen Diskussionen<br />

Anlass, da sie mit einem nicht unerheblichen<br />

Defizit abgeschlossen hat.<br />

In vielen Zuschriften und öffentlichen<br />

Meinungsäußerungen wird darauf abgehoben,<br />

das Ausstellungskonzept sei<br />

zu <strong>modern</strong> gewesen, das sei keine Gartenschau,<br />

wie sie die Menschen mögen<br />

und wie sie auch ausreichend Besucher<br />

anlockten usw. Die IGS war konzipiert<br />

als ein Volkspark des 21. Jahrhunderts,<br />

der den veränderten Wünschen der<br />

Menschen Rechnung tragen und zum<br />

Ort der Identifikation der Bewohner der Flussinsel<br />

Wilhelmsburg mit ihrem lange vernachlässigten und<br />

mit vielen stadtentwicklungspolitischen Sünden der<br />

Vergangenheit belasteten Umfeld werden soll. Möglicherweise<br />

ist dies bei vielen Menschen nicht angekommen.<br />

Wir schließen daraus: Über Gartengestaltungen<br />

und ihre Konzepte lässt sich trefflich streiten,<br />

und es besteht allgemein viel Kommunikations- und<br />

Vermittlungsbedarf.<br />

Unmittelbar im Anschluss an die IGS hat unsere<br />

Tagung stattgefunden, die sich mit Gärten und<br />

Parks der Nachkriegs<strong>modern</strong>e und der Wirtschaftsboomjahre<br />

beschäftigt, also mit Anlagen der 1950er<br />

bis 1970er Jahre. Dass dies ein aktuelles Thema ist,<br />

zeigt schon die überwältigende Resonanz<br />

auf die Einladung nach Hamburg.<br />

Der BHU ist der Bundesverband der<br />

Heimat- und Bürgervereine. Gegründet<br />

1904 als Bund Heimatschutz steht<br />

er heute in seinem 110. Jahr. Über seine<br />

bundesweit vertretenen Landesverbände<br />

vereinigt der BHU die Interessen<br />

von rund 500.000 Bürgerinnen und<br />

Bürgern und ist damit eine der größten<br />

kulturellen Bürgerbewegungen in<br />

unserem Land.<br />

Der Begriff Heimat ist natürlich ein<br />

weites Feld: Er umfasst die Themengebiete<br />

Landschaft und Kulturlandschaft,<br />

Baukultur und Denkmalpflege, Bräuche,<br />

Sprachen, immaterielles Kulturerbe<br />

und manches mehr. Lange Zeit<br />

nach 1945 nur mit Vorsicht und mit<br />

Anführungszeichen verwendet, wird<br />

der Begriff Heimat heute wieder wie<br />

selbstverständlich benutzt. Er findet sich schon seit<br />

einiger Zeit wieder in den Reden führender Repräsentanten<br />

unserer Gesellschaft, in Wirtschaft und<br />

Politik, aber auch im Bereich von Literatur, Zeitschriften<br />

und Magazinen, ja bis hin in die Angebote von<br />

Reiseveranstaltern und Wellness-Anbietern. Heimat,<br />

wie der BHU und seine Landesverbände sie verstehen,<br />

hat viele Facetten und Erscheinungsformen.<br />

Heimat ist das Lebensumfeld, wie wir es vorfinden<br />

und selber mitgestalten. Kulturlandschaften des<br />

ländlichen Raumes und der Städte werden zur Heimat,<br />

weil wir mit ihnen biographisch eng verbunden<br />

sind und weil wir diese Verbundenheit zum Beispiel<br />

durch persönliches Engagement zum Ausdruck brin-<br />

5


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

gen: Heimat ist, wo man sich verantwortlich fühlt,<br />

sich einbringt und mitredet. Das schließt nicht aus,<br />

dass Menschen mehrere Heimaten haben, Heimat<br />

wechseln und wählen. Auf jeden Fall ist Heimat Partizipation<br />

und Engagement. Heimatpflege im 21.<br />

Jahrhundert hat nichts Altbackenes oder Rückwärtsgewandtes:<br />

Heimatpflege heute bedeutet zum Beispiel:<br />

• neue Bevölkerungsgruppen einzubeziehen, sie<br />

ankommen und Heimat finden und bzw. Heimat<br />

gestalten zu lassen<br />

• Kulturlandschaften unter dem Einfluss der Energiewende<br />

weiterzuentwickeln<br />

• und auch, sich mit unserem jüngeren kulturellen<br />

Erbe wie den Bauten und Anlagen nach 1945<br />

auseinanderzusetzen.<br />

Gerade die letzten beiden Punkte zeigen, wie aktuell<br />

der Heimatbegriff ist:<br />

• Schon in der <strong>Grün</strong>dungszeit des BHU wurde über<br />

eine Energiewende gestritten, als nämlich nach<br />

1900 im Prozess der Elektrifizierung Deutschlands<br />

zunehmend Freileitungen und Trafohäuschen in<br />

den Landschaften auftauchten.<br />

• Und für viele jüngere Menschen sind die Bauten<br />

und Anlagen aus der Zeit nach 1945 selbstverständliche<br />

Heimat, denn sie sind ihr vertrautes<br />

Umfeld, mit ihnen sind sie groß geworden.<br />

Dr. Herlind Gundelach, MdB<br />

Präsidentin des BHU<br />

Wir werden uns in dieser Publikation u.a. mit<br />

den Themen „<strong>modern</strong>e <strong>Grün</strong>anlagen“, Denkmalpflege<br />

und bürgerschaftliches Engagement beschäftigen.<br />

Die Bedeutung der Anlagen als kulturelles<br />

Erbe soll ebenso herausgearbeitet werden<br />

wie Wege, möglicherweise auch ungewohnte<br />

Wege, diese Anlagen zu pflegen und sie mit veränderten<br />

Akzenten neu zu beleben. Besonders<br />

interessiert uns, was Bürgerinnen und Bürger für<br />

die nun auch schon historischen <strong>Grün</strong>anlagen der<br />

Nachkriegsjahrzehnte tun können, um das Erbe zu<br />

bewahren, zu pflegen und weiterzuentwickeln.<br />

Wir danken allen Mitwirkenden für Ihre Beiträge<br />

und den Kooperationspartnern für ihre vielfältige<br />

Unterstützung – vor Ort natürlich besonders<br />

dem Denkmalverein Hamburg, unserem Landesverband.<br />

Über die Kooperation mit der Deutschen<br />

Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur<br />

sowie mit der Deutschen Bundesgartenschau-<br />

Gesellschaft freuen wir uns ebenso. Besonders ist<br />

dem Förderer des Projekts zu danken, dem Beauftragten<br />

der Bundesregierung für Kultur und<br />

Medien (BKM): Er hat unsere Aktivitäten auch auf<br />

dem Gebiet des jüngeren Kulturerbes stets unterstützt<br />

und sehr konstruktiv begleitet!<br />

Wolfgang Börnsen (Bönstrup)<br />

Vizepräsident des BHU<br />

6


Hamburgs Gärten laden ein<br />

Hamburgs Gärten laden ein<br />

Helmuth Barth<br />

Wir begrüßen Sie herzlich in der<br />

Freien und Hansestadt Hamburg,<br />

in der, und die Feststellung werden<br />

Sie mir als gebürtigem Hamburger<br />

nachsehen, schönsten Stadt der Welt.<br />

Im Hinblick auf die Tagung möchte ich<br />

diese Aussage an einem Farbenspiel erläutern.<br />

Hamburg ist eine grüne Stadt. Fast<br />

14% der Stadtfläche sind <strong>Grün</strong>anlagen,<br />

obwohl wir so gut wie keine Waldgebiete<br />

besitzen. Es sind die großen und kleinen Parks<br />

an Alster und Elbe, es ist das Ufergrün, es sind die<br />

Naturschutzflächen, es ist aber auch das sogenannte<br />

Straßenbegleitgrün, das in die Statistik eingeht.<br />

Mehr als 250.000 Straßenbäume spenden Schatten<br />

und verbessern die Luftqualität. Im Stadtteil Ohlsdorf<br />

befindet sich der größte Parkfriedhof der Welt.<br />

2014 feiern die <strong>Grün</strong>verwaltung und die beiden<br />

größten Parks, der Winterhuder Stadtpark und der<br />

Altonaer Volkspark, ihr 100jähriges Jubiläum.<br />

Eine zweite Farbe Hamburgs wird durch das Wasser<br />

bestimmt. Blau präsentiert sich die innere Stadt<br />

aus der Luft, mit Alster und Elbe und den vielen<br />

Wasserläufen, Fleeten und Kanälen, über die nicht<br />

weniger als eintausend Brücken führen.<br />

Die Farben <strong>Grün</strong> und Blau prägen auch die ehemaligen<br />

Wallanlagen. Sie sind bereits 1953 das<br />

Areal der ersten Gartenbauausstellung gewesen, die<br />

dann im 10-Jahre-Rhythmus 1963 und 1973 wiederholt<br />

wurde. Und in diesen Tagen geht die Internationale<br />

Gartenschau im Stadtteil Wilhelmsburg,<br />

der zweitgrößten bewohnten Flussinsel der Welt, zu<br />

Ende; zurück bleibt ein 100 ha großer neuer Gartenpark.<br />

Kurz gesagt: Hamburg ist grüne Metropole am<br />

Wasser, ein gelungenes Zusammenspiel<br />

von Wasser und <strong>Grün</strong>flächen inmitten<br />

der bebauten Stadt.<br />

Hamburg ist aber auch eine <strong>modern</strong>e<br />

Stadt. Jüngstes Beispiel ist die entstehende<br />

HafenCity auf einer Fläche<br />

von 157 ha, das größte zusammenhängende<br />

Bauvorhaben Europas für<br />

ein Innenstadtquartier, mit öffentlichen<br />

Räumen und wachsendem <strong>Grün</strong>,<br />

mit futuristischer Architektur und wenigen<br />

historischen und denkmalgeschützten Ankerbauwerken.<br />

Hier sind zwei kleinere Parks angelegt<br />

worden, ein größerer, der 4 ha große Lohsepark, ist<br />

im Entstehen.<br />

Hamburg scheint also in zweierlei Hinsicht – grüne<br />

Stadt und <strong>modern</strong>e Architektur – prädestiniert,<br />

dem Motto einer Tagung mit dem Titel „<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong>“<br />

gerecht zu werden. Die Stadt hat aber neben<br />

„<strong>Grün</strong> und Blau“ noch andere reizvolle Kontraste<br />

aufzubieten, und damit komme ich zu einem weiteren<br />

Farbenspiel. Gemeint sind hier das weiße<br />

und das rote Hamburg. Die weißen Landhäuser<br />

und Stadtvillen und der rote Backstein der Kontor-,<br />

Wohn- und Fabrikbauten liegen dicht bei einander<br />

und machen die Schönheit der Stadt aus. Die Elbe<br />

und die Alster können dabei als Klammer betrachtet<br />

werden, welche die innere Stadt zusammenhalten,<br />

sie sind Lebensader und Freizeitrevier zugleich.<br />

Das Weiß und das Rot im Stadtbild werden wesentlich<br />

geprägt durch das Schaffenswerk von berühmten<br />

Baumeistern und Architekten, die in Hamburg<br />

gewirkt und unverkennbare Spuren hinterlassen<br />

haben. Bei den Hochbauten waren es Fritz<br />

Schumacher, Gustav Oelsner und Frederik Hansen,<br />

7


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

bei den <strong>Grün</strong>anlagen Ferdinand Tutenberg und<br />

Otto Linne. Sie haben hinterlassen, was später als<br />

„Kunstwerk Hamburg“ bezeichnet wurde. Es nimmt<br />

deshalb nicht Wunder, dass sich die Stadt um einen<br />

Welterbestatus bemüht, für den die historische Speicherstadt<br />

und das Kontorhausviertel angemeldet<br />

worden sind. 2015 wird die UNESCO über diesen<br />

Antrag entscheiden, hoffentlich in positivem Sinne.<br />

Verabschiedet hat das Hamburger Parlament, die<br />

Bürgerschaft, aber schon in diesem Jahr ein neues<br />

Denkmalschutzgesetz, das Tausende von Denkmälern<br />

besser als bislang schützt und auch Gartenanlagen<br />

mit einbezieht. Als Denkmalverein, der sich für<br />

den Erhalt des kulturellen Erbes der Stadt einsetzt,<br />

haben wir an dieser Novellierung mitgewirkt und<br />

sind verständlicherweise glücklich über das Ergebnis.<br />

Der Denkmalverein, der als Mitveranstalter bei<br />

der heutigen Tagung auftritt, ist 1982 von engagierten<br />

Bürgern gegründet worden und fungiert seit<br />

2009 als Landesverband Hamburg des Bundes Heimat<br />

und Umwelt. Wir freuen uns über das Zustandekommen<br />

der Tagung und wünschen uns, dass von<br />

den Fachgesprächen fruchtbare Anregungen und<br />

Impulse ausgehen und dass die Teilnehmer unsere<br />

Hansestadt mit ihrem historischen und <strong>modern</strong>en<br />

<strong>Grün</strong> in guter Erinnerung behalten.<br />

Helmuth Barth<br />

Vorsitzender des Vereins Freunde<br />

der Denkmalpflege e.V.<br />

Wiedergabe des Grußworts, das Helmuth Barth am 15. Oktober<br />

2013 auf der Tagung „<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong>“ in Hamburg gehalten<br />

hat.<br />

8


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> – zur Einführung<br />

Martin Bredenbeck<br />

Martin Bredenbeck: <strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> – zur Einführung<br />

Die Geschichte der Gartenkunst der<br />

zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts<br />

ist noch nicht abschließend geschrieben.<br />

Es fehlt dafür eine breite Erfassung der<br />

in Frage kommenden Objekte, auf deren<br />

Grundlage dieses Kulturerbe in seiner<br />

ganzen Bedeutung erkannt werden<br />

könnte. Auch wenn etliche besonders<br />

wichtige, schützens- und sogar denkmalwerte<br />

Anlagen im Blick von Gartenfreunden<br />

stehen, sind umfassende Aussagen über<br />

dieses Kapitel nicht möglich. Unübersehbar ist<br />

jedenfalls, dass ein großer Teil unserer öffentlichen<br />

<strong>Grün</strong>anlagen und Freiräume aus der zweiten Hälfte<br />

des 20. Jahrhunderts stammt. Genauso wie ältere<br />

Anlagen haben sie eine große Bedeutung für die<br />

Öffentlichkeit: Neben ihrem ästhetischen Gehalt<br />

dienen sie der Erholung, sind Orte sozialer Kontakte,<br />

bieten Lebensräume für Pflanzen und Tiere, haben<br />

Einfluss auf das Stadtklima usw.<br />

Doch ist diese Tatsache wirklich „unübersehbar“?<br />

Etwas übersehen zu können scheint vorauszusetzen,<br />

dass man in der Lage ist, es überhaupt zu<br />

sehen, und zwar nicht im Sinne einer reinen Wahrnehmung,<br />

sondern eines Erkennens. Die Grundlagen<br />

für solches Erkennen fehlen vielfach noch,<br />

sowohl bei den Fachleuten als auch in der breiten<br />

Öffentlichkeit. Und es gilt zugleich die bekannte<br />

Wahrheit, dass man nicht wertschätzt, was man<br />

nicht erkannt hat. Der gegenwärtige Umgang mit<br />

dem baukulturellen Erbe insbesondere der Nachkriegs<strong>modern</strong>e<br />

und der Wirtschaftswunderjahre ist<br />

dementsprechend zwiespältig.<br />

Einerseits werden einige architektonische,<br />

städtebauliche und gartengestalterische<br />

Spitzenleistungen dieser Zeit geschätzt,<br />

als Kulturdenkmäler geschützt<br />

und intensiv genutzt: Das Münchener<br />

Olympia-Gelände von 1972 gilt als „Kultobjekt“.<br />

Dazu trägt auch eine anhaltende<br />

Welle der Retro-Begeisterung bei. In<br />

der Bevölkerung überwiegt andererseits<br />

insgesamt die Ablehnung dieser Bauten<br />

und Anlagen, wohl weil diese nicht mehr jung, aber<br />

auch noch nicht alt genug sind: Wer hat sich den<br />

Stadtgarten oder Park aus den 1950er Jahren, obwohl<br />

vor der eigenen Haustüre gelegen, schon genauer<br />

angeschaut? Diese Nichtbeachtung rührt von<br />

einer fehlenden Sensibilisierung her, einer zu ge-<br />

Abb. 1: Abwechslungsreiche Pflanzungen und Architektur<br />

der Zeit um 1960 im Kurpark Malente, instand gesetzt dank<br />

des Engagements der „Freunde des Kurparks e.V.“ – bürgerschaftliches<br />

Engagement für einen <strong>modern</strong>en Garten.<br />

Foto: Arne Biederbeck,<br />

Planung Siller Landschaftsarchitekten, Kiel<br />

9


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

10<br />

Abb. 2: Ein qualitätvolles gestalterisches Detail der Außenanlagen des Juridicums<br />

sind die Stelen mit dem Fakultätsnahmen.<br />

Foto: Gregor Wiescholek<br />

ringen Kenntnis über die Entstehungsbedingungen<br />

und Gestaltungsabsichten, und sie liegt auch im oft<br />

unbefriedigenden Pflege- und Erhaltungszustand<br />

begründet.<br />

Zeitgleich ist das Interesse vieler Menschen an<br />

Engagement für <strong>Grün</strong> (nicht nur in der Stadt) sehr<br />

hoch: Eine Fülle von gärtnerischen Projekten auf Brachen<br />

und Baulücken, von <strong>modern</strong>en Schrebergärten<br />

und Gärten für die Nahversorgung, von interkulturellen<br />

und Migrantengärten, Schul- und Lehrgärten<br />

usw. zeigt dies deutlich. Engagement für die Pflege<br />

von <strong>Grün</strong>anlagen 1950er bis 1970er Jahre sowie<br />

zu deren Verteidigung im Falle von privatisierenden<br />

und kommerzialisierenden Überplanungen scheint<br />

jedoch die Ausnahme zu sein.<br />

Der akute Umbau und Abbruch nachkriegs<strong>modern</strong>er<br />

Gebäude und die häufigen Veränderungen<br />

an städtebaulichen Situationen und Ensembles jener<br />

Epoche finden ihre Entsprechung bei den <strong>Grün</strong>anlagen.<br />

Neugestaltungen im privaten, vor allem aber<br />

im öffentlichen Bereich sind an der Tagesordnung.<br />

Das Erbe geht verloren, bevor es ausreichend dokumentiert<br />

ist und bevor es in seiner<br />

ästhetischen, sozialen und geschichtlichen<br />

Gehaltfülle vermittelt<br />

und erkannt werden konnte. Dabei<br />

wäre viel herauszufinden: über die<br />

Weiterentwicklung gartengestalterischer<br />

Konzepte seit dem 19.<br />

Jahrhundert, über den Umgang<br />

mit Kriegsbeschädigungen, zu den<br />

Kontinuitäten über die Zeit des<br />

Nationalsozialismus hinweg, zur<br />

Neugestaltung und Überformung<br />

historischer Anlagen nach 1945,<br />

über neuentwickelte Gartentypen,<br />

zum Format der Gartenschauen,<br />

die seit den 1950er Jahren auf Länder-,<br />

Bundes- und Europaebene<br />

ungeheuer populär wurden und<br />

stilbildend wirkten, überhaupt zur Stilgeschichte jener<br />

Jahrzehnte, die an den Gärten und ihren Ausstattungen<br />

sichtbar wird.<br />

Neben diesen Aspekten haben die Verluste eine<br />

soziale Dimension, was mit dem Hinweis auf Privatisierungen<br />

bereits angedeutet wurde. Da das Bedürfnis<br />

nach öffentlichem Raum ungebrochen ist und<br />

sich in den letzten Jahren Strategien der Eroberung<br />

bzw. Rückeroberung solcher Räume beobachten lassen,<br />

könnten die Themen Modernes Gartenkulturelles<br />

Erbe, Öffentlicher Raum und Bürgerschaftliches<br />

Engagement an dieser Stelle sinnvoll zusammengeführt<br />

werden: Bürgerschaftliches Engagement, das<br />

die jüngeren Gärten und Parks wiederbelebt und<br />

weiterenwickelt, ist ein schöner Gedanke!<br />

Handlungsbedarf besteht jedenfalls akut. Ein Beispiel<br />

aus Bonn fasst die Lage trefflich zusammen:<br />

Die Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät<br />

der Universität errichtete von 1963 bis 1967 einen<br />

Neubau für Forschung und Lehre, das sogenannte<br />

Juridicum an der Adenauerallee. In einem Architekturführer<br />

von 1969 wird es als einer der besten Uni-


Martin Bredenbeck: <strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> – zur Einführung<br />

versitätsneubauten seiner Zeit in<br />

Bonn gewürdigt! Kein Geringerer<br />

als Heinrich Raderschall schuf die<br />

Gärten, und zwar auf dem ehrenhofartigen<br />

Vorplatz, auf der Rückseite<br />

zur Lennéstraße hin und in<br />

den beiden Innenhöfen. Mit einem<br />

als Steinintarsien ausgeführten Linienraster<br />

gliederte er die Flächen,<br />

fasste Rasenstücke ein und hob<br />

Beete durch erhöhte Steineinfassungen<br />

hervor. Aufgeständerte<br />

Sitzsteine und zwei Stelen mit dem<br />

in grazilen Kupferbuchstaben ausgeführten<br />

Fakultätsnamen leitete<br />

er gestalterisch aus den Einfassungen<br />

ab. Höhepunkt war die Brunnengestaltung<br />

der Innenhöfe, wo<br />

die klare Geometrie von Steinscheiben<br />

mit kupfernen Wasserdüsen<br />

und den feinen Wasserstrahlen in<br />

Dialog tritt. Anno 2013 ist wenig<br />

übrig davon, und es erhebt sich die<br />

Frage: Muss die durchdachte Gestaltung<br />

der 1960er Jahre notwendig<br />

standardisierten Neubauteilen<br />

weichen, sollte eine Rampe nicht<br />

besser die vorhandene Materialität<br />

aufgreifen und ein neues Geländer<br />

sich an der rechtwinkeligen<br />

Formensprache orientieren? In der<br />

insgesamt an öffentlichen Gärten<br />

nicht reichen Bonner Innenstadt<br />

stellt das Juridicum (wie auch der<br />

Vorgarten der schräg gegenüber<br />

Abb. 2a/b: Gartenhof im Juridicum Bonn (Heinrich Raderschall, um 1967), Zustand<br />

1967 und 2013.<br />

Fotos: Archiv Heinrich Raderschall (RMP Stephan Lenzen) (1967),<br />

Constanze Moneke (2013)<br />

liegenden Universitätsbibliothek) einen wichtigen<br />

grünen Ruheraum dar, der zum Sitzen und Verweilen<br />

einlud. Wer erkennt das heute noch? Mit den<br />

Standardlösungen der Gegenwart bleibt wenig davon<br />

erhalten. Die Verluste sind schleichend, und kleine<br />

Änderungen führen irgendwann zu einem Stand,<br />

bei dem vom Alten nicht mehr hinreichend da ist,<br />

während das Neue nicht konsequent und eigenständig<br />

entwickelt ist. Unbefriedigend für alle Seiten!<br />

11


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

Abb. 4a/b: Nach der 2008 abgeschlossenen Erweiterung und Restaurierung der<br />

1960 eingeweihten Universitäts- und Landesbibliothek Bonn wurde die Gartengestaltung<br />

von Heinrich Raderschall weitgehend wieder hergestellt; der unterirdische<br />

Magazinausbau ist an den neuen niedrigen Aufbauten im Rasen sichtbar.<br />

Fotos: Archiv Heinrich Raderschall / RMP Stephan Lenzen (oben),<br />

Hans Weingartz (unten)<br />

Man könnte einwenden: Es gibt eine neue <strong>Grün</strong>gestaltung;<br />

und auf der Rückseite ist sogar noch<br />

mehr neues <strong>Grün</strong> geplant. Das ist wahr, aber die<br />

Gegenfragen lauten, ob die Neugestaltung in Verbindung<br />

mit dem Bauwerk am Ende stimmig aussehen<br />

wird, warum der Bestand nicht gepflegt wurden,<br />

um Ressourcen zu sparen und warum überhaupt<br />

alles immer neu werden muss.<br />

Erfassen, Erkennen, Bewerten,<br />

Pflegen und Entwickeln von jüngeren<br />

Gartenanlagen – dies sind<br />

die Ziele, um die es dem Bund<br />

Heimat und Umwelt (BHU) mit<br />

dem Projekt „<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong>“ geht.<br />

Wenn es es gelingt, Menschen ein<br />

Bewusstsein für die Bedingungen<br />

und Qualitäten von Gestaltungen<br />

zu vermitteln, wird dieses, so hoffen<br />

wir, dazu führen, dass eine<br />

positive Auseinandersetzung mit<br />

dem Bestand einsetzt. Dazu gilt<br />

es, die Akteure zu identifizieren<br />

und die Wege zu finden, wie man<br />

sie in geeigneter Form ansprechen<br />

kann.<br />

Es wäre schön, wenn die Gärten<br />

des Juridicums und mit ihnen<br />

viele weitere unserem Alltag als<br />

lebendige und zugleich historisch<br />

bedeutsame Orte bewahrt bleiben<br />

und wenn wir von ihnen mehr<br />

haben als nur die Erinnerung angesichts<br />

von Schwarzweiß-Fotografien.<br />

Beim Juridicum haben<br />

die Verantwortlichen der Öffentlichkeitsarbeit<br />

die Potentiale der<br />

Gärten erkannt und sie als Teil der<br />

baulichen Identität ihrer Fakultät<br />

entdeckt. Wie vermitteln wir diese Einsicht nun an<br />

diejenigen, die das Gebäude nutzen, also die Studierenden<br />

und Lehrenden? Und wie an diejenigen, die<br />

in der Bauverwaltung die Entscheidungen bislang<br />

aus rein wirtschaftlichen <strong>Grün</strong>den fällen? <br />

12


Gartenkünstlerische Tendenzen der<br />

sechziger und siebziger Jahre<br />

Elisabeth Szymczyk<br />

Elisabeth Szymczyk: Gartenkünstlerische Tendenzen der sechziger und siebziger Jahre<br />

Einleitung<br />

ber Gestalt und Aussehen, über<br />

„ÜStil oder gar Gartenkunst wird<br />

nur noch wenig diskutiert so wie dies<br />

zu Anfang des Jahrhunderts und in den<br />

20er- und 30er-Jahren in jeder Nummer<br />

der ‚Gartenkunst‘ selbstverständlich<br />

war. […] Heute muss bei öffentlichen<br />

Ausschreibungen Planung und Ausführung<br />

getrennt sein, alles muss VOB- und<br />

DIN-normgerecht sein. Es braucht sich niemand zu<br />

wundern, wenn sich bei unseren Anlagen eine zunehmende<br />

Standardisierung und damit Verarmung<br />

bemerkbar macht“, klagt der Stuttgarter Gartenarchitekt<br />

Hans Luz 1961 in seinen „Betrachtungen<br />

zur Entwicklung der Gartengestaltung“ und fährt<br />

fort: „Wohin nun die Entwicklung weitergeht, darauf<br />

weiß ich als praktisch Tätiger […] auch keine<br />

schlüssige Antwort“. 1 Im nachfolgenden Beitrag<br />

wird der Versuch unternommen, diese „schlüssige<br />

Antwort“ zu finden.<br />

Nachkriegszustand bis ca. 1960<br />

Gewissermaßen als Urzelle mit dem weitestgehenden<br />

Einfluss, der bis über den hier behandelten<br />

Zeitraum hinauswirkte, muss der 1912 von Karl Foerster<br />

in Bornim bei Potsdam angelegte „Senkgarten“<br />

genannt werden. Karl Foerster (1874–1970)<br />

war Gartenarchitekt mit besonderem Interesse an<br />

Staudenpflanzungen, der in seinem Büro zahlreiche<br />

Gartenarchitekten beschäftigte, die sich zusammen<br />

mit Musikern, Malern, Architekten und Wissenschaftlern<br />

zum sogenannten Bornimer Kreis zusammenschlossen.<br />

Den meisten dieser<br />

jungen Mitarbeiter gelang in den 50er-<br />

Jahren ein rascher Wiedereinstieg in das<br />

Berufsleben. Sie beeinflussten, meist als<br />

Freischaffende, ganz überwiegend die<br />

gartenkünstlerische Betätigung jener<br />

Jahre im gelernten Stil, der malerischlandschaftlich<br />

geprägt war und großen<br />

Wert auf die richtige Verwendung der<br />

Materialien legte. An der Spitze dieser<br />

Gartenkünstler stand Hermann Mattern (1902–<br />

1971).<br />

Von 1927 bis 1936 arbeitete er als Planer bei und<br />

mit Karl Foerster in Potsdam. Nach dem Krieg war<br />

er Hochschullehrer an der Werkakademie in Kassel<br />

und an der Technischen Universität in Berlin und be-<br />

Abb. 1: Hermann Mattern um 1962.<br />

Foto: beatefoto, aus: H. Mattern 1902–1971.<br />

Ausstellung der Akademie der Künste und der<br />

Technischen Universität Berlin 1982, S. 4<br />

13


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

Abb. 2: Bundesgartenschau Kassel 1955.<br />

Foto: beatefoto, aus: wie Abb. 1, S. 85<br />

trieb als Freischaffender auch ein eigenes Büro mit<br />

guten Aufträgen, zum Beispiel die Planung der Bundesgartenschau<br />

in Kassel 1955.<br />

Gartenkünstlerische Entwicklung vom Ende<br />

der 1950er bis Anfang der 1980er Jahre<br />

Beispielhaft für erste stilistische Veränderungen<br />

– hier die Abkehr von der malerisch-reizvollen<br />

zur reduziert-klassischen Haltung – verdienen die<br />

Außenanlagen um den Deutschen Pavillon auf der<br />

Weltausstellung in Brüssel 1958 ausdrückliche Erwähnung.<br />

Es handelt sich um eine Planung von Walter Rossow<br />

(1910–1982). Rossow studierte in Berlin und<br />

war teils freischaffender Gartenarchitekt, ab 1948<br />

Dozent an der Hochschule für Bildende Künste in<br />

Berlin und ab 1966 Direktor des Instituts für Landschaftsplanung<br />

an der Technischen Hochschule in<br />

Stuttgart.<br />

Der Entwurf für die Gebäude stammt von den<br />

Architekten Egon Eiermann und Sep Ruf. Sowohl dem<br />

Hochbau- wie den Gartenarchitekten konnte nichts<br />

Besseres passieren als die Forderung des Grundstückeigentümers<br />

– das belgische Königshaus –, die<br />

alten Parkbäume nicht anzutasten. Rossow macht<br />

sie gewissermaßen zu den Hauptdarstellern und verzichtet<br />

ganz auf weiteren Schmuck. Beiden gelingt<br />

14<br />

Abb. 3a/b: Der Deutsche Pavillon auf der Weltausstellung in<br />

Brüssel 1958 und Modellfoto.<br />

Fotos: Nachlass Egon Eiermann, Institut für Baugeschichte,<br />

Universität Karlsruhe, aus: G. Mader, Gartenkunst des<br />

20. Jahrhunderts, Stuttgart 1999, S. 143 (links)


Elisabeth Szymczyk: Gartenkünstlerische Tendenzen der sechziger und siebziger Jahre<br />

Abb. 4: Prof. Walter Rossow.<br />

Foto: Norbert Daldrop, aus: M. van Rijn u. V. Voracek (Hrsg.):<br />

Festschrift zum 70. Geburtstag von Professor Walter Rossow,<br />

Stuttgart 1980, S. 4<br />

Abb. 5: Gedenkhalle der Kriegsgräberstätte München-Waldfriedhof<br />

1962.<br />

Foto: Herbert Seiler, aus: H. Schöner u. L. Roemer, Kriegsgräberstätte<br />

München, in: Garten und Landschaft, 11/1962, Titelblatt<br />

eine höchst <strong>modern</strong>e Formensprache, deren jeweilige<br />

Eleganz sich gegenseitig ergänzt.<br />

Hier zeigt sich schon, was sich in späteren Entwürfen<br />

von Walter Rossow noch bestätigen wird:<br />

seine Nähe zur Architektur. Die weißen Korbsessel<br />

hat Eiermann selbst entworfen, und die Wasserkunst<br />

stammt von dem Bildhauer Hans Kindemann.<br />

Sie erinnert an die Japan-Begeisterung der späten<br />

50er Jahre. Auch sie steht der zurückhaltenden<br />

Eleganz der übrigen Bebauung in nichts nach. 2<br />

Die Kriegsgräberstätte im Münchener Waldfriedhof<br />

repräsentiert das Schaffen der Hochbau- und<br />

Landschaftsarchitekten der frühen 1960er Jahre in<br />

zweierlei Hinsicht: Erstens handelt es sich um eine<br />

– wen wundert’s – der häufigsten Bauaufgaben dieser<br />

Zeit, und zweitens findet hier der nun im großen<br />

Stil einsetzende Materialienwechsel statt, der in den<br />

folgenden Jahrzehnten nicht mehr umzukehren<br />

ist. Die Rede ist vom Siegeszug des Sichtbetons im<br />

Bauwesen, hier insbesondere im Garten- und Landschaftsbau.<br />

Abb. 6: Kriegsgräberstätte München-Waldfriedhof 1962.<br />

Bruchsteinmauern umgrenzen das Grundstück.<br />

Foto: wie Abb. 5, S. 310<br />

15


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

16<br />

Abb. 7: Kriegsgräberstätte München-Waldfriedhof 1962.<br />

Sechs Trittflächen führen über einen Wasserkanal nach „Drüben“<br />

zu den Toten. Foto: wie Abb. 5, S. 313<br />

Abb. 8: Kriegsgräberstätte München-Waldfriedhof 1962.<br />

Jedes Grab hat einen liegenden Namensstein mit eingehauener<br />

Schrift. Foto: wie Abb. 5, S. 311<br />

Die Gedenkstätte, 1960 bis 1964 errichtet, stellt<br />

in dieser Entwicklung ein frühes Beispiel dar: Die<br />

in hoch<strong>modern</strong>er Formensprache entworfene Gedächtnishalle<br />

wurde in Sichtbeton mit weißem<br />

Quarzsplitt errichtet, während im landschaftsgärtnerischen<br />

Teil, dem eigentlichen Friedhof, zwar noch<br />

überwiegend Natursteine Verwendung finden, jedoch<br />

sind die drei Kreuzblöcke, „leuchtend weiß“,<br />

ebenfalls aus Quarzsplitt-Sichtbeton und nehmen<br />

dadurch Verbindung zur Gedenkhalle auf. Das polygonale<br />

Grundstück wird allseits von einer Bruchsteinmauer<br />

umgeben.<br />

„Eine dunkle Wasserfläche hält den Eingangshof<br />

klar vom Felde der Toten getrennt, nur sechs Trittflächen<br />

erschließen das ‚Drüben‘ [gewissermaßen das<br />

Jenseits; Anm. d. Verf.], „eine ebene Fläche, rasenbewachsen<br />

und in drei Grabfelder gegliedert“.<br />

Und der Satz, dass „die gewählten Materialien<br />

zu der ihnen innewohnenden Wirkung gebracht<br />

wurden“, stammt hinsichtlich Inhalt und Formulierung<br />

noch ganz aus der Tradition Foerster-Matternscher<br />

Ideale. 3 Der Entwurf für die Gedenkhalle<br />

stammt von dem Architekten Helmut Schöner-Fedrigotti,<br />

Deisenhofen bei München, die gärtnerische<br />

Gestaltung lag in den Händen von Professor<br />

Ludwig Roemer, Landschaftsarchitekt in München.<br />

1964 erschien in der Reihe der Bauwelt Fundamente<br />

ein Buch von unglaublicher Breitenwirkung.<br />

Der Titel lautet: „Gras darf nicht mehr wachsen“,<br />

der Autor ist Hermann Mattern. Zur Inhaltsangabe<br />

schreibt der Verlag (Ullstein): „Höherer Profite<br />

wegen wird unsere Landschaft immer bedenkenloser<br />

ausgebeutet. Ihre Reserven jedoch sind nicht<br />

unerschöpflich. Die 12 Kapitel dieses Bandes zeigen<br />

die ungeheuerlichen Konsequenzen des Verbrauchs<br />

von Boden, Wasser und Wald; sie wollen<br />

gleichzeitig alle Zusammenhänge aufdecken, die<br />

es zur Rettung der Landschaft zu erkennen gilt“.<br />

Die immense Popularität, die dieses Buch erreichte,<br />

beruhte vermutlich im Wesentlichen auf zwei


Elisabeth Szymczyk: Gartenkünstlerische Tendenzen der sechziger und siebziger Jahre<br />

Abb. 9: Günther Grzimek.<br />

Foto: Juliane Grzimek, aus: W. Jerney, Rasen betreten<br />

erlaubt, in: Garten und Landschaft, 8/2003, S. 13<br />

Faktoren: Erstens traf es den Nerv der Zeit, zweitens<br />

vermittelte es nicht nur trockenes Fachwissen,<br />

sondern ist in seinem Duktus eine sehr emotional<br />

vorgetragene Anklage, ein Aufschrei eines tief Verletzten<br />

angesichts der geschundenen Natur. Von<br />

ganz anderem Duktus zeigt sich eine fast gleichzeitig<br />

entstandene Publikation mit dem Titel „Das<br />

Leistungsgrün“ aus dem Jahr 1963. 4 Der Autor ist<br />

Günther Grzimek (1915–1996), bekannt als der<br />

Schöpfer des Olympia-Parks in München.<br />

Grzimek studierte von 1937 bis 1942 Gartenund<br />

Landschaftsgestaltung an der Humboldt-Universität<br />

in Berlin und wurde nach dem Krieg zunächst<br />

Gartenamtsleiter in Ulm. 1965 übernahm er<br />

die Nachfolge von Hermann Mattern an der Kunsthochschule<br />

in Kassel. Der Untertitel seines Aufsatzes<br />

lautet: „Anregung zu einer neuen Betrachtung<br />

der <strong>Grün</strong>planung“. Zunächst übt er Kritik<br />

und schreibt: „[…] dass unsere <strong>Grün</strong>flächen in vier<br />

entscheidenden Punkten ungenügend, ja zu verschwenderisch<br />

angelegt sind: 1. Die Benutzbarkeit<br />

ist zu gering; 2. Die <strong>Grün</strong>oberfläche ist zu klein; 3.<br />

Möglichkeiten der Isolierung werden nicht genutzt;<br />

4. Die Unterhaltskosten sind zu hoch. […]Das Ziel<br />

muss es sein, mit dem heute üblichen Aufwand die<br />

Durchgrünung unserer Städte wesentlich weiterzutreiben<br />

und die Wirksamkeit auf der Fläche zu erhöhen.“<br />

Zum Schluss regt er an, einen Forschungsauftrag<br />

zu vergeben, der folgendes beinhalten soll:<br />

1. Definition und Klassifizierung der <strong>Grün</strong>formen<br />

zur klaren Absetzung ihrer Funktionen und Leistungen,<br />

2. Wertbestimmung der <strong>Grün</strong>elemente<br />

in Bezug auf ihre städtische Sozialfunktion, 3. Bestimmung<br />

der <strong>Grün</strong>typen nach ihrer Leistung und<br />

schließlich 4. Rationalisierungsvorschläge.“ Und<br />

Grzimek weiter: „Unter ‚Leistungsgrün‘ ist jeweils<br />

das funktionell, sozial, therapeutisch, hygienisch<br />

und biologisch wirksamste <strong>Grün</strong> zu verstehen, das<br />

durch ein Minimum an Aufwand für seine Pflege zu<br />

erreichen ist.“ Dies ist eine Definition, die man fast<br />

gleichlautend bei dem amerikanischen Architekten<br />

und Gartenarchitekten Garrett Eckbo (1910–2000)<br />

in seinem 1950 erschienenen Werk „Landscape<br />

for Living“ findet. „Zum Maximum an Vergnügen<br />

soll ein Minimum an Pflegeaufwand treten“, fasst<br />

Wimmer in seiner „Geschichte der Gartentheorie“<br />

Eckbos Postulate zusammen. 5 Und Wimmer weiter:<br />

„Der Wert der Wissenschaft wird [bei Eckbo; Anm.<br />

d. Verf.] von Anfang an betont. Wissenschaft und<br />

Intuition sind keine Widersprüche, denn alles sei<br />

letztlich erforschbar, auch die Kunst“.<br />

Von 1962 bis 1967 arbeitete Hermann Mattern<br />

an der Umgestaltung des alten Palaisgartens in<br />

Detmold. „Unter ständigen Protesten und Kontrollen<br />

der Detmolder Bürger fügten Architekt und<br />

Gartenarchitekt in engster Zusammenarbeit den<br />

neuen Konzertsaal […] sehr sensibel in den alten<br />

Palaisgarten ein“, heißt es im Katalog zur Mattern-Ausstellung<br />

1982. 6 „Ein Rosengarten, der<br />

das Saalfoyer als Außenfoyer ergänzt, umgibt den<br />

Konzertsaal. Die breiten Treppen ziehen sich den<br />

17


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

Abb. 10: Gartenanlagen am Konzertsaal im alten Palaisgarten<br />

in Detmold um 1967, Gartenarchitekt: Hermann Mattern.<br />

Foto: beatefoto, aus: wie Abb. 1, S. 61<br />

Abb. 11: Der 1972 fertiggestellte Olympia-Park in München<br />

von Günther Grzimek, Foto um 1990.<br />

Foto: Günter Mader, aus: wie Abb. 3, S. 160<br />

18<br />

Hang hinauf – Zuhörerränge bei Sommerkonzerten“.<br />

Stützmauern aus Sichtbeton – dieser Werkstoff<br />

beherrscht nun fast ausschließlich die baulichen<br />

Einrichtungen der Außenanlagen – gleichen<br />

die Höhenunterschiede aus. Der hohe Rang des<br />

Kulturgebäudes wird durch üppigen Schmuck, die<br />

Rosen, verstärkt. Den Hang hinauf zieht sich eine<br />

gepflegte Parkanlage mit Bänken zum Ausruhen.<br />

Eine <strong>Grün</strong>anlage von kultivierter Bürgerlichkeit.<br />

Sie repräsentiert eine Gesellschaftsschicht, gegen<br />

die bereits heftig rebelliert wird und die in dieser<br />

Ausprägung im Verschwinden begriffen ist.<br />

Ein Jahr nach Fertigstellung dieses Parks begannen<br />

die Planungen am Münchner Olympia-Park,<br />

zunächst durch das Architekturbüro Behnisch<br />

alleine, später gab Behnisch die Planung und<br />

Durchführung an Günther Grzimek weiter, der<br />

ihn schließlich 1972 zu Ende führte. Das Gelände<br />

ist stark modelliert, es herrscht außerordentlich<br />

viel Bewegung vor, sowohl vertikal als auch horizontal.<br />

Auf Ziergehölz wird völlig verzichtet.<br />

„Das auffälligste Element der Freiraumgestaltung<br />

ist der 60 m hohe Berg, der aus Schuttmassen des<br />

zweiten Weltkrieges und Aushubmaterial besteht, das<br />

im Zuge der Baumaßnahmen anfiel. […] Das Wegenetz<br />

wurde nach einem klar differenzierten, hierarchischen<br />

System von Haupt- und Nebenwegen angelegt.<br />

[…] In verschiedenen Bereichen durchziehen Trampelpfade<br />

das Gelände. […] Auch die Vegetation wurde<br />

von Grzimek systematisch nach einzelnen Kategorien<br />

geplant. Der Entwurf sah einen dreigeschossigen Vegetationsaufbau<br />

vor und differenzierte […] zwischen<br />

Bodendeckern, Sträuchern und Bäumen. Durch bestimmte<br />

Arten von Leitbäumen bezeichnete Grzimek<br />

unterschiedliche Bereiche. Entlang der Hauptwege<br />

und in Gebäudenähe pflanzte er Linden, am Ufer des<br />

Sees Silberweiden, am Berg Bergkiefern und Kastanien<br />

beim Parkplatz. An bestimmten Stellen löste sich Grzimek<br />

von dieser strikten Regel und sah sogenannte Ereignisbäume<br />

vor, einzelne oder in Gruppen stehende<br />

Hängeeschen, Säuleneichen, Pappeln oder Gingobäume“.<br />

7 Letzteres erinnert wieder an Garrett Eckbo.


Elisabeth Szymczyk: Gartenkünstlerische Tendenzen der sechziger und siebziger Jahre<br />

Abb. 12: Olympia-Park in München. Eine Gruppe von Säuleneichen<br />

als „Ereignisbäume“.<br />

Foto: Günter Mader, aus: wie Abb. 3, S. 163<br />

„Eine ‚general continuity‘ soll durch accenting<br />

landmarks unterbrochen werden“, zitiert Wimmer<br />

den amerikanischen Gartenarchitekten. Wimmer<br />

fährt fort: „Das wichtigste Element sei, betont Eckbo<br />

immer wieder, der Mensch. ‚Gardens and parks<br />

are for people first and for plants second […] Our<br />

work is done for people, to provide settings and<br />

surroundings for their life and activities. Therefore<br />

all its forms must relate definitively to the forms of<br />

people’“. 8<br />

Die siebte These, überschrieben mit „Die Ästhetik<br />

des Selbstverständlichen“ aus Grzimeks und Rainer<br />

Stephans 1983 erschienenem Aufsatz mit dem Titel<br />

„Die Besitzergreifung des Rasens“, lautet: Die Ästhetik<br />

einer <strong>Grün</strong>anlage soll sich nicht nach den von<br />

künstlerischem Ausdruckswillen geprägten Idealen<br />

der Planer, sondern nach den Ansprüchen der<br />

Benutzer bestimmen. 9 Nicht die Verwaltung habe<br />

diese Ansprüche zu formulieren, erklären sie, sondern<br />

die Benutzer selbst, indem sie sich nach ihren<br />

eigenen Bedürfnissen verhalten. „Der Benutzerpark<br />

schafft eine neue Art von Ästhetik, die nicht der<br />

Repräsentation dient, sondern Inhalte aufzeigt, Gebrauchswerte<br />

vermittelt und den agierenden Men-<br />

Abb. 13a/b: Fischsterben im Rhein bei Ehrenbreitstein und<br />

Emmerich, Foto um 1970.<br />

Foto: dpa, aus: H. W. Wolf, Der Rhein wälzt sich im<br />

Krankenbett, in: Garten und Landschaft, 4/1971, S. 119<br />

19


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

20<br />

Abb. 14: Naturgarten in Zürich von Eduard Neuenschwander,<br />

Foto um 1977. Foto: vermutl. Eduard Neuenschwander, aus:<br />

K. Spitzer, Naturgärten im Stadtmilieu, in: Garten und Landschaft,<br />

7/1978, S. 457<br />

schen als Erscheinung mit einbezieht: Eine Ästhetik<br />

von unten“. Grzimek betont immer wieder, dass er<br />

kein Künstler sei. Er bezeichnet sich selbst nicht als<br />

Gartenarchitekt, sondern als Ingenieur für <strong>Grün</strong>planung.<br />

Ästhetische Aspekte traten allerdings, hauptsächlich<br />

in den 70er Jahren, angesichts alarmierender<br />

Meldungen über Umweltschäden zunächst in<br />

den Hintergrund. Die Stimmung und Befindlichkeit<br />

jener Jahre war von tiefem Erschrecken und angstvoller<br />

Betroffenheit gekennzeichnet. Im April 1971<br />

berichtete Hans Wolf unter der aufrüttelnden und<br />

anklagenden Überschrift „Der Rhein wälzt sich im<br />

Krankenbett“ vom Fischsterben durch Giftstoffe im<br />

Rhein. 10<br />

Ein Jahr später erschien die Studie des Club of<br />

Rome über die Grenzen des Wachstums, in der<br />

Wachstum und Fortschritt als Problem des Industriesystems<br />

gekennzeichnet und zugleich als Ursache<br />

für das Umweltproblem benannt werden. Gleichzeitig<br />

formierte sich unter dem Vorsitz von Conrad<br />

Lorenz, Direktor am Max-Planck-Institut für Verhaltenspsychologie,<br />

eine Gruppe von Wissenschaftlern,<br />

Journalisten und Künstlern hauptsächlich aus dem<br />

süddeutschen Raum, sie nannte sich „Gruppe Ökologie“,<br />

und veröffentlichte 1972 „Das ökologische<br />

Manifest“. Darin heißt es unter anderem: „Wenn<br />

wir uns retten wollen, dann müssen wir die Natur<br />

für den Menschen vor dem Menschen schützen“. 11<br />

Unter dem Titel „Naturgärten im Stadtmilieu“ informiert<br />

Klaus Spitzer, ein Kunsterzieher aus Neuss,<br />

1978 in „Garten und Landschaft“ über die neuesten<br />

Versuche, dem aufgrund ökologischer Kriterien veränderten<br />

Verhältnis zum <strong>Grün</strong>raum in formaler<br />

Hinsicht Rechnung zu tragen. 12 „Die vieldiskutierte<br />

Umweltproblematik bewirkte auch ein Überdenken<br />

der Gartengestaltung unter ökologischen Gesichtspunkten“,<br />

schreibt er. „Rousseaus Leitbild vom verwilderten<br />

Hausgarten im Roman ‚Die neue Heloise‘<br />

lebt wieder auf. Doch jetzt – statt in romantischer<br />

Schwärmerei mit pantheistischem Hintergrund – in<br />

nüchtern wissenschaftlichem Kalkül. Ziel ist es, angesichts<br />

der scheinbar zwangsläufigen Verstädterung<br />

die verlorene Natur in die Stadt zurückholen.<br />

Natur wird mit einem Mal nicht mehr nur als optischästhetisches<br />

Erscheinungsbild gesehen, sondern als<br />

ein diffiziles ökologisches Gefüge“. Die Abbildung<br />

14 zeigt das Werk von Eduard Neuenschwander in<br />

einer Siedlung in Zürich. Durch Wildwuchs entsteht<br />

auf den Hügeln des Bauaushubs, angereichert durch<br />

Feldsteine und herumliegende, ver<strong>modern</strong>de Baumstämme,<br />

eine „ökologische Nische“. Dargestellt ist<br />

der Zustand ein Jahr nach der Fertigstellung.<br />

Der Zürcher Architekt und Leiter des Schweizer<br />

Instituts für Umweltfragen, schreibt Spitzer weiter,<br />

„hat seine ‚ökologische Methode‘ konsequent<br />

durchdacht und angewandt. Seine Erfahrungen<br />

sammelte er in Finnland bei Alvar Aalto“. Neuenschwander,<br />

angesprochen auf ästhetische Kriterien<br />

in seinen Werken, antwortet: „Natur ist schön.<br />

Woher sonst sollen unsere ästhetischen Kriterien<br />

stammen?“ Die Ästhetik wird bejaht, „aber nicht<br />

beherrschend, sondern in dienender Funktion“. 13<br />

Im selben Artikel beschreibt Spitzer auch einige<br />

„Schuttgärten“ des niederländischen Kunsterzie-


Elisabeth Szymczyk: Gartenkünstlerische Tendenzen der sechziger und siebziger Jahre<br />

hers und Künstlers Louis Le Roy, 1924 in Amsterdam<br />

geboren. Le Roy ist Ehrenmitglied des Deutschen<br />

Werkbundes und Honorarprofessor für Ökologie<br />

und experimentelle Umweltgestaltung im Studiengang<br />

Architektur an der Technischen Universität<br />

Braunschweig. Berühmt geworden ist beispielsweise<br />

das Projekt „Regenbogen“ („Regenboog“) in Kerk,<br />

„wo die Benutzer, Schüler und Lehrlinge, in Handarbeit<br />

Treppen und Terrassen aus Schutt mauerten<br />

und aus verschiedenem Bodenmaterial Mulden,<br />

Wälle und Hügel schufen, die eine Vielzahl wechselnder<br />

Feuchtigkeitsgrade und mikroklimatischer<br />

Situationen ergaben. Jeder konnte kreativ werden.<br />

Die herumliegenden Steinbrocken verhindern eine<br />

maschinelle Bearbeitung, der Boden bleibt locker,<br />

die Struktur vielschichtig. Es ist kein Zufall, wenn in<br />

diesen „Schuttgärten“ bereits die ersten Pflanzen<br />

und Insekten wieder auftauchen, die man in den<br />

Niederlanden seit Jahrzehnten für ausgestorben<br />

hielt“. 14<br />

„Natur ausschalten – Natur einschalten“ ist der<br />

Titel des 1973 entstandenen, 1978 auf Deutsch erschienen<br />

Buches von Louis Le Roy, das für internationales<br />

Aufsehen sorgte. „‚Natur einschalten‘ heißt,<br />

die natürliche Dynamik akzeptieren, die ständig<br />

veränderte Zustände hervorbringt, bis ein Klimaxstadium<br />

erreicht ist“, schreibt Wimmer. 15 Le Roy<br />

stellt für die Herstellung eines Projekts keine starren<br />

Regeln auf, aber er nennt Prinzipien, auf deren Beachtung<br />

er großen Wert legt:<br />

„1. Arbeiten mit der Natur. Die Pflanze, nicht der Planer<br />

bestimmt, wo sie wächst. Nicht der Mensch,<br />

die Natur schafft die Ordnung und trifft die richtige<br />

Auswahl unter dem Überfluss vorgegebener<br />

Pflanzen.<br />

2. Bereicherung durch Vielfalt. Um Monokulturen<br />

und Einförmigkeit zu vermeiden, werden sehr abwechslungsreiche<br />

Reliefs […] und eine Vielzahl<br />

von Pflanzen vorgegeben. […]<br />

Abb. 15: Garten in Mildam bei Heerenveen, Niederlande,<br />

von Louis Le Roy, um 1978.<br />

Foto: Louis Le Roy, aus: wie Abb. 14, S. 459<br />

3. Garten als Prozess. Es wird kein Endzustand<br />

vorgeplant (kein gezeichneter Plan), sondern<br />

durch die vorgegebene Struktur wird ein Prozess<br />

eingeleitet. Das Wachstum wird nicht<br />

unter Leistungszwang forciert (Kunstdünger),<br />

sondern die natürliche Entwicklung wird geduldig<br />

verfolgt […]<br />

Abb. 16: Die durch strukturelle Vielfalt entstehenden Standortbedingungen<br />

schaffen einen großen Artenreichtum, der<br />

auch ästhetisch ein Genuss ist. Garten von Louis Le Roy, Foto<br />

um 1979.<br />

Foto aus: K. Spitzer: Wilde Gärten.<br />

Die informellen <strong>Grün</strong>anlagen von Louis Le Roy, in:<br />

Garten und Landschaft, 6/1980, S. 471<br />

21


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

22<br />

Abb. 17: Der Hafen und die Hafeninsel in Saarbrücken, Aufnahme von 1946.<br />

Foto aus: Landeshauptstadt Saarbrücken,<br />

Arbeitsberichte zur kommunalen Planung, Nr. 27, 1981<br />

4. Kreativität vor Ort. Die Einfälle kommen bei der<br />

Arbeit, nicht am Schreibtisch, nicht beim Planen<br />

[…]<br />

5. Beteiligung der Nutzer. Die <strong>Grün</strong>anlage ist nicht<br />

das Werk eines Einzelnen, sondern das Ergebnis<br />

gemeinsamer Gespräche und gemeinsamer<br />

Arbeit mit den Bürgern […]<br />

6. Minimaler Energieverbrauch. Es werden jeweils<br />

nur die örtlich vorhandenen Böden, die regionalen<br />

Baustoffe und in der Nachbarschaft anfallenden<br />

Abfälle (z.B. Bauschutt) verwendet (Recyclinggedanke).<br />

7. Schöpferische Handarbeit. Anstatt mit rigorosen<br />

Maschinen wird mit der einfühlsamen Hand gearbeitet.<br />

[…]<br />

8. <strong>Grün</strong> vor der Tür. Natur wird in die Stadt hinein<br />

geholt, Erholung vor der Haustür ist möglich<br />

[…]“. 16<br />

1982 veröffentlichte der Deutsche Werkbund ein<br />

Buch mit dem Titel „<strong>Grün</strong> in der Stadt“. Es enthält<br />

Aufsätze verschiedener Autoren und wurde von<br />

Michael Andritzky, einem Soziologen, und Klaus<br />

Spitzer herausgegeben. „<strong>Grün</strong> in der Stadt schließt<br />

sich an Le Roy an, arbeitet jedoch nicht so sehr den<br />

ökologischen als den gesellschaftlichen und ästhetischen<br />

Gesichtspunkt heraus“,<br />

schreibt Wimmer in seiner Geschichte<br />

der Gartentheorie. 17 Diesen<br />

Gesichtspunkt einer „neuen<br />

Ästhetik“ erläutert Spitzer folgendermaßen:<br />

„In einer Zeit, in der die<br />

wilde Natur, gegen die der Mensch<br />

einst die Zeichen seiner Ordnung<br />

setzte, auf kümmerliche Reservate<br />

reduziert wurde, in einer Situation,<br />

in der ökonomisches Denken und<br />

Leistungsorientierung den Boden<br />

zur Ware degradierte, seine Fruchtbarkeit<br />

vernichtete und viele Pflanzen-<br />

und Tierarten unwiderruflich<br />

zum Aussterben verurteilte, muss man die Frage<br />

stellen, ob nicht auch die alten Regeln ästhetischer<br />

Gestaltung überfällig wurden, die dieses System<br />

hervorbrachte. […] In dem Maße […] wie uns unsere<br />

Bedrohung bewusst wird, ändern sich auch unsere<br />

ästhetischen Maßstäbe. […] Statt die prunkende<br />

Pracht überdüngter, hochgezüchteter Modepflanzen<br />

und repräsentativer Exoten zu verherrlichen,<br />

entdecken wir die ästhetischen Qualitäten des bislang<br />

verachteten „Unkrauts“ und ziehen die blühende<br />

Wiese dem monotonen Rasenteppich vor“. 18<br />

Abb. 18: Lageplan des 1986 eröffneten Gartens auf der<br />

Hafeninsel in Saarbrücken von Peter Latz.<br />

Foto: C. Reisinger, Die Hafeninsel in Saarbrücken,<br />

in: Die Gartenkunst, 1/1991, S. 80f.


Elisabeth Szymczyk: Gartenkünstlerische Tendenzen der sechziger und siebziger Jahre<br />

Abb. 19: Ein Stapel alter Schienen weckt die Erinnerung an<br />

den alten Hafen in Saarbrücken.<br />

Foto: aus: wie Abb. 18, S. 90<br />

Eine der möglichen Antworten auf die Frage nach<br />

einer neuen Ästhetik gab der Gartenarchitekt Peter<br />

Latz mit der Gestaltung des „Bürgerparks Hafeninsel<br />

Saarbrücken“,1980–1989. Peter Latz wurde 1939<br />

geboren und wuchs im Saarland auf. Er studierte<br />

Landschaftsarchitektur und anschließend Städtebau<br />

in München und Aachen. 1968 erfolgte die Bürogründung<br />

zusammen mit seiner Frau. Ab 1983 war<br />

er Professor für Landschaftsarchitektur an der Technischen<br />

Universität in München-Weihenstephan.<br />

Das Luftfoto (Abb. 17) zeigt den ehemaligen<br />

brachliegenden Hafen, „Trümmerwüste, Schutthalde,<br />

wilde Müllkippe, undurchdringliches Gestrüpp“<br />

bedecken die künstliche Insel, schreibt<br />

Claus Reisinger in der „Gartenkunst“ aus dem<br />

Jahre 1991. 19 Der Lageplan (Abb. 18) zeigt den<br />

Entwurf für das Inselgelände, das nun über eine<br />

Brücke mit der Stadt verbunden wird.<br />

Neben städtebaulichen Maßnahmen gibt es eine<br />

Fülle unterschiedlicher ästhetischer Merkmale. Zum<br />

Beispiel: Ein Stapel alter Schienen und die wiedergefundene<br />

Ruine des Ofens vom alten Heizwerk evozieren<br />

Erinnerungen, und die Spurensicherung lässt<br />

eine alte Zeit wiederaufleben: Der Garten als Ort der<br />

Erinnerung. In der Westecke des Parks hat Latz die<br />

sogenannten verwilderten Gärten angelegt, „nach<br />

der Anregung und Anweisung aus Rousseaus Nouvelle<br />

Héloise“, wie Reisinger schreibt. Man erinnere<br />

sich: Die „Nouvelle Héloise“ war schon einmal Vorbild,<br />

als es um die Werke Eduard Neuenschwanders<br />

und Louis Le Roys ging. 20 Auch die in den 1980er<br />

Jahren <strong>modern</strong>e Post<strong>modern</strong>e kommt zum Zug:<br />

zum Beispiel bei der Rotunde, einem Ruhegarten, in<br />

dem auch Theater gespielt werden kann, oder bei<br />

der Wasserwand, dem Eingangstor zur Insel. Man<br />

wird an James Stirlings zeitgleich (1979–1984) errichtete<br />

Staatsgalerie in Stuttgart erinnert.<br />

Zusammenfassung<br />

Die frühen 1960er Jahre waren geprägt vom malerisch-landschaftlichen<br />

Stil, der sich schon in den<br />

1930er Jahren gebildet hatte und hauptsächlich<br />

durch den Gartenarchitekten Hermann Mattern vertreten<br />

wurde. Mitte der 1960er Jahre begannen die<br />

Bestrebungen, die Garten- und Landschaftsgestaltung<br />

zu verwissenschaftlichen. Diese Bestrebungen<br />

haben in Günther Grzimek einen besonders starken<br />

Verfechter gefunden. Der Olympia-Park Grzimeks<br />

vom Anfang der 70er Jahre zeigt sich formal noch<br />

ganz im Duktus des traditionellen landschaftlichen<br />

Stils, allerdings wurde das Malerische weitestgehend<br />

aufgegeben. Es sollte kein schöner, sondern in<br />

erster Linie ein benutzerfreundlicher Park werden.<br />

Diese Haltung setzt sich bei den meisten Gartenarchitekten<br />

bis Ende der 1970er Jahre durch. In der<br />

Mitte des siebten Jahrzehnts erreicht der Aufschrei<br />

über die Umweltzerstörung einen vorläufigen Höhepunkt<br />

und gipfelt in leidenschaftlichen Appellen<br />

23


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

an die Verantwortlichen, endlich zu handeln. Die<br />

Ära des malerisch-landschaftlichen Stils war nun<br />

definitiv zu Ende, er war nicht mehr die Sprache<br />

der Zeit. Die Suche nach neuen Ausdrucksmöglichkeiten<br />

führte zunächst zu den sogenannten Naturgärten<br />

oder den „Wilden Gärten“. Der bekannteste<br />

Vertreter dieser Gattung war der Niederländer Louis<br />

Le Roy. Vermutlich war diese Phase eine Durchgangsstation<br />

– allerdings mit der Wirkung eines<br />

Katalysators –, um den Durchbruch zu schaffen<br />

mit dem in ästhetischer Hinsicht bahnbrechenden<br />

Projekt „Bürgerpark auf der Hafeninsel“ in Saarbrücken<br />

von Peter Latz, bei dem eine neue, zeitgemäße<br />

Ästhetik entwickelt wurde.<br />

Der Beitrag von Prof. E. Szymczyk erschien zuerst in: Rheinische<br />

Heimatpflege, Sonderheft 1/2013, S. 81–90 (Dokumentation<br />

der Studienkonferenz „Zwischen Baukunst und<br />

Massenproduktion. Denkmalpflege für die Architektur der<br />

1960er- und 1970er-Jahre?“ vom 13. bis 15. September<br />

2011 in Bergisch Gladbach-Bensberg, veranstaltet vom<br />

Rheinischen Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz,<br />

der Thomas-Morus-Akademie und dem Bund Heimat<br />

und Umwelt); das Heft kann beim Rheinischen Verein<br />

gegen eine Spende von 5,- Euro bezogen werden, Kontakt:<br />

KarlPeter.Wiemer@lvr.de.<br />

1 LUZ, H. (1980): Stuttgarter Gärten. Betrachtungen zur<br />

Entwicklung der Gartengestaltung von 1900 bis heute,<br />

S. 148–150. – Stuttgart.<br />

2 MADER, G. (1999): Gartenkunst des 20. Jahrhunderts,<br />

S. 142–145. – Stuttgart.<br />

3 SCHÖNER, H., ROEMER L.: Kriegsgräberstätte München. –<br />

In: Garten und Landschaft, 11/1962, S. 310.<br />

4 GRZIMEK, G.: Das Leistungsgrün. – In: Garten und Landschaft,<br />

7/1963, S. 210–215.<br />

5 WIMMER, C. A. (1989): Geschichte der Gartentheorie.<br />

S. 381–393. – Darmstadt.<br />

6 MATTERN, H.: Ausstellung der Akademie der Künste und<br />

der Technischen Universität Berlin 1982. Akademie-Katalog<br />

135, S. 60.<br />

7 MADER – 1999 – (wie Anm. 2), – S. 158–163.<br />

8 WIMMER – 1989 – (wie Anm. 5) – ebd.<br />

9 GRZIMEK, G., Stephan R. (1983). – In: Die Besitzergreifung<br />

des Rasens, Katalog zur Ausstellung, S. 15. – München.<br />

10 WOLF, H. W.: Der Rhein wälzt sich im Krankenbett. – In:<br />

Garten und Landschaft, 4/1971, S 118–121.<br />

11 Reportage über das Ökologische Manifest. – In: Garten<br />

und Landschaft, 11/1972, S. 485.<br />

12 SPITZER, K.: Naturgärten im Stadtmilieu. – In: Garten und<br />

Landschaft, 7/1978, S 457–461.<br />

13 SPITZER – 1978 – (wie Anm. 12) – ebd.<br />

14 SPITZER – 1978 – (wie Anm. 12) – ebd.<br />

15 WIMMER – 1989 – (wie Anm. 5) - S. 398.<br />

16 SPITZER, K.: „Wilde Gärten“. – In: Garten und Landschaft,<br />

6/1980, S. 471–473.<br />

17 WIMMER – 1989 – (wie Anm. 5) – S. 405.<br />

18 WIMMER – 1989 – (wie Anm. 5) – S. 402.<br />

19 REISINGER, C.: Die Hafeninsel in Saarbrücken. – In: Die<br />

Gartenkunst, 1/1991, S. 73–101.<br />

20 SPITZER – 1978 – (wie Anm. 12) – ebd. <br />

24


Peter Fibich: Landschaftsarchitektur in der DDR der 1960er und 1970er Jahre<br />

Landschaftsarchitektur in der DDR der<br />

1960er und 1970er Jahre.<br />

Handlungsstrukturen, Gestaltungstendenzen und heutige Akzeptanz<br />

Peter Fibich<br />

Bei der Darstellung der Landschaftsarchitektur<br />

der 1960er und 1970er<br />

Jahre in der DDR ist es unverzichtbar,<br />

einige Worte über die vorangegangene<br />

Dekade zu verlieren. Nur so können die<br />

Handlungsstrukturen und Gestaltungstendenzen<br />

in der Landschaftsarchitektur<br />

dieser Zeit richtig verstanden werden;<br />

auch über die heutige Akzeptanz<br />

und den Umgang mit den Anlagen<br />

der 60er und 70er, der in vielen Fällen ja gerade<br />

noch kein denkmalpflegerischer ist, vermag dies<br />

einiges beizutragen. Die erste Zeit nach 1945 war<br />

vom Umgang mit Trümmerlandschaften der im<br />

Krieg zerstörten Städte geprägt; nur wenige nennenswerte<br />

Neuanlagen, etwa sowjetische Ehrenmale<br />

oder das Umfeld sozialer Einrichtungen des<br />

Bildungs- und Gesundheitswesens, entstanden<br />

in der Besatzungszeit. Im ersten Jahrzehnt der<br />

DDR wuchsen jedoch einige bedeutende Werke<br />

der Landschaftsarchitektur aus dem ökonomisch<br />

noch immer kargen Boden. Die Zeit war geprägt<br />

durch das Wirken einflussreicher Persönlichkeiten<br />

des Fachgebietes wie Georg Pniower, Reinhold<br />

Lingner, Walter Funcke oder Werner Bauch.<br />

Die genannten Fachleute hatten in der Weimarer<br />

Zeit ihre Ausbildung und Prägung genossen. Aber<br />

auch die nachrückende Generation bekam bald<br />

Chancen, etwa bei der Planung von Gedenkstätten<br />

für die Opfer des Nationalsozialismus.<br />

Die Kampagne zur Errichtung von<br />

„Kulturparks“ zeitigte lang anhaltende<br />

Wirkung in vielen Städten in der DDR.<br />

Leipzig lieferte mit dem Clara-Zetkin-<br />

Park, einem um zahlreiche Kultur- und<br />

Freizeiteinrichtungen bereicherten historischen<br />

Park, das wohl bedeutendste<br />

Beispiel. Die Kampagne sollte weit in<br />

die Zeit der DDR hineinwirken, etwa<br />

mit dem Bau der vielerorts anzutreffenden Freilichttheater.<br />

Abb. 1: Freilichtbühnen entstanden seit den 1950er Jahren<br />

in vielen Städten und Dörfern der DDR, hier in Berlin-Wuhlheide.<br />

Sie sind ein Ergebnis der Idee, Kulturparks nach<br />

sowjetischem Vorbild anzulegen.<br />

Foto: Klaus-Dietrich Gandert (1970)<br />

25


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

26<br />

Die in den 1950er Jahren geplante, im Frühjahr<br />

1961 eröffnete Internationale Gartenschau<br />

iga in Erfurt nach Entwurf von Reinhold Lingner<br />

und seinem Kollektiv an der Deutschen Bauakademie<br />

muss gewissermaßen als Schlusspunkt dieser<br />

Jahre gesehen werden, die trotz wirtschaftlicher<br />

Not beachtenswerte Freiräume hervorgebracht<br />

haben. Doch waren einer Fortsetzung auf diesem<br />

Niveau bereits 1952 die administrativen Grundlagen<br />

entzogen worden. Im Juni 1952, knapp drei<br />

Jahre nach <strong>Grün</strong>dung der DDR, erfolgte nämlich<br />

die Auflösung der Länder und die Etablierung einer<br />

Bezirksstruktur; zugleich verloren die Kommunen<br />

wichtige Befugnisse. So wurden fast alle Gartenämter<br />

in den Städten aufgelöst; nur in Berlin ist das<br />

Stadtgartenamt unangetastet geblieben. Die technisch-administrativen<br />

Aufgaben der Garten- und<br />

Friedhofsämter gingen an die neu gegründeten<br />

Volkseigenen Betriebe (VEB) für Garten- und Landschaftsgestaltung<br />

bzw. für Friedhofswesen über.<br />

Dies war ein gewaltiger Umbruch für die Landschaftsarchitektur,<br />

denn:<br />

1. Die qualifizierte kommunale <strong>Grün</strong>verwaltung hörte<br />

auf zu existieren. Das betraf nicht nur die Neugestaltung,<br />

sondern auch die so entscheidende<br />

Unterhaltung der existierenden <strong>Grün</strong>flächen.<br />

2. Die VEB waren voll in die zentrale Planwirtschaft<br />

integriert, konnten also wenig selbst entscheiden.<br />

3. Die Betriebe arbeiteten nach dem Prinzip der sogenannten<br />

„Ökonomischen Abrechnung“, das<br />

heißt, wirtschaftliche Fragen dominierten stets<br />

gestalterische und funktionale.<br />

4. Das System aus Auftraggebern, externen Planern<br />

und Auftragnehmern wurde aufgegeben, alles<br />

geschah innerhalb ein und derselben Institution.<br />

5. Etablierte Fachfirmen starben im Verlauf der<br />

1950er Jahre, da sie gegenüber dem Monopol<br />

der VEB Garten- und Landschaftsbau und einiger<br />

großer Genossenschaften keine Chance mehr<br />

hatten.<br />

6. Freischaffenden Landschaftsarchitekten wurde<br />

die Lizenz entzogen, nur noch einige „alte Hasen“<br />

wie Hermann Göritz oder Hermann Schüttauf<br />

durften auf Honorarbasis weiterarbeiten.<br />

7. Landschaftsarchitektonische Planung fand nun in<br />

Planungskollektiven, etwa in den Büros der Stadtarchitekten,<br />

Büros für Städtebau, in den genannten<br />

VEB und in Wohnungsbaukombinaten statt,<br />

wobei – was Zeitzeugen stets als positiv hervorheben<br />

– Landschaftsarchitekten neben Stadtplanern<br />

und Architekten durchaus gleichberechtig<br />

arbeiten konnten.<br />

In der Konsequenz dieser Entwicklung kam es zu<br />

einem allgemein sinkenden Niveau in der Landschaftsarchitektur<br />

der DDR. Darüber können auch<br />

einzelne Prestigeprojekte, eine fundierte Ausbildung<br />

am einzigen Institut für Landschaftsarchitektur (in<br />

Berlin, ab 1971 in Dresden), eine in Teilen fortschrittliche<br />

Gesetzgebung oder Erfolge in Spezialgebieten<br />

wie der Gartendenkmalpflege nicht hinwegtäuschen.<br />

Gestalterisch und funktional überzeugende<br />

Anlagen, wie sie – wenngleich vereinzelt – die<br />

1950er Jahre hervorgebracht haben, sind in den<br />

darauffolgenden Jahrzehnten nur noch selten zu<br />

finden. Ein stetig sinkendes Niveau in der Materialversorgung,<br />

der Personalausstattung und der Lehrlingsausbildung<br />

machte Sonderlösungen jenseits<br />

der normierten Einheitslösung nur noch auf zwei<br />

Wegen möglich: Entweder, das Projekt genoss die<br />

besondere Aufmerksamkeit der Partei- und Staatsführung,<br />

oder es war allenfalls durch Improvisation<br />

vorbei an den planwirtschaftlich bilanzierten Material-<br />

und Finanzausstattungen umzusetzen.<br />

Die 1960er Jahre – es ist noch die Ära Ulbricht –<br />

waren geprägt durch einige Prestigeprojekte in ausgewählten<br />

Innenstädten. Es war die Zeit nach dem<br />

Bau der Mauer, als man mit ökonomischen Zugeständnissen<br />

und identitätsstiftenden Wiederaufbauleistungen<br />

die Stimmung im Land aufzuheitern versuchte.<br />

In Ost wie West griff als Antwort auf die zu-


Peter Fibich: Landschaftsarchitektur in der DDR der 1960er und 1970er Jahre<br />

Abb. 2: Die Prager Straße in Dresden ist das Paradebeispiel eines neu angelegten<br />

Fußgängerbereiches. Sie steht für die Prestigeprojekte der Ära Ulbricht, ihre landschaftsarchitektonische<br />

Gestaltung war anspruchsvoll.<br />

Foto: aus: Andrä, Klinker, Lehmann: Fußgängerbereiche in Stadtzentren (1981)<br />

nehmende Mobilisierung die Idee der Fußgängerzone<br />

um sich, und man hat dabei in der DDR durchaus<br />

auch westliche Vorhaben studiert und in ihnen Vorbilder<br />

gefunden. Im Stadtgebiet erschienen Projekte<br />

wie der Alexanderplatz und der Park am Fernsehturm<br />

in Berlin, der „Rosenhof“ in Karl-Marx-Stadt,<br />

der „Sachsenplatz“ in Leipzig oder die Prager Straße<br />

in Dresden, um einige wichtige Beispiele zu nennen,<br />

letztlich als verkehrsumwogte Inseln. Ihrer Isoliertheit<br />

zum Trotz konnten sie dennoch mit einer intensiven<br />

Verbindung aus Städtebau und Landschaftsarchitektur<br />

konzeptionell überzeugen; gestalterisch<br />

taten sie dies durch eine großstädtisch-<strong>modern</strong>e<br />

Komposition aus schattenspendenden Bäumen,<br />

Hochbeeten mit Blumenschmuck, anspruchsvollen<br />

Wasserspielen und großformatigen Bodenbelägen.<br />

Auch hochwertige Details, die ästhetisch in die fortschrittsgläubige<br />

Zeit des Sputnik und des Beginns<br />

der bemannten Raumfahrt gehören, kamen vor.<br />

Beton war im Unterschied zu den 1950er Jahren<br />

das selbstbewusst verwendete und überaus positiv<br />

besetzte Material dieser Zeit: Es symbolisierte Fortschritt,<br />

war der Kontrast zum Alten, das es zu überwinden<br />

galt; Beton war der Baustoff der Zukunft.<br />

In der Ära Honecker ab 1971 nahm diese Zukunft<br />

jedoch andere Formen an. Die wenngleich vereinzelten,<br />

aber eben doch spektakulären Sonderprojekte<br />

der 1960er Jahre wichen einer nivellierenden<br />

Konzentration auf die Bedürfnisse der Masse. Die<br />

SED rief das Wohnungsbauprogramm aus, und<br />

das hieß im Außenraum zunächst vielerorts, nachdem<br />

die Plattenbauten in den Trabantenstädten errichtet<br />

waren: Mondlandschaften. Nach Abbau der<br />

Taktstraßen passierte in vielen Fällen erst einmal gar<br />

nichts, da die erforderlichen Mittel<br />

nicht eingestellt und die Voraussetzungen<br />

unzureichend waren. Die<br />

Planungen der gut ausgebildeten<br />

Landschaftsarchitekten blieben zu<br />

deren Leidwesen allzu oft auf dem<br />

Papier, oder sie wurden nur ansatzweise<br />

mit dem beschränkten<br />

und immer gleichen Vokabular der<br />

normierten Betonbauteile umgesetzt.<br />

Landauf, landab gab es die<br />

gleichen Großplatten im Raster von<br />

120x120 cm, die gleichen Banksockel,<br />

Hochbeet- und Sandkasteneinfassungen<br />

aus Waschbeton,<br />

die gleichen Kinderspielgeräte aus<br />

Stahlrohr. Diese langweilige, oft<br />

jede Detailästhetik vermissenlassende<br />

Uniformiertheit allein der Typisierung<br />

anzulasten, wäre verfehlt.<br />

Sie war vielmehr auf ökonomische<br />

<strong>Grün</strong>de und eine politische Geringschätzung<br />

landschaftsarchitektoni-<br />

27


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

scher Aspekte zurückzuführen. Typisierungen in der<br />

Landschaftsarchitektur der DDR waren hingegen der<br />

(vielfach gescheiterte) Versuch, unter den beschränkten<br />

materiellen Voraussetzungen Quantität und Qualität<br />

umzusetzen. Mehrere Landschaftsarchitekten in<br />

der Bauakademie der DDR widmeten sich jahrelang<br />

diesem Thema. Betrachtet man die Objekte, die in<br />

dieser Zeit entstanden sind, fallen hier und da Besonderheiten<br />

ins Auge. Wo immer man sie findet, sollte<br />

geprüft werden, ob sie als Zeichen dieser Zeit zu bewahren<br />

sind. Mauern aus individuellen Formsteinen,<br />

robuste Hockerbänke, die meist auf einen Entwurf des<br />

Metallgestalters Fritz Kühn zurückgehen, Beispiele der<br />

seinerzeit sehr vielfältig und oft programmatisch eingesetzten<br />

Kunst im öffentlichen Raum, individuelle<br />

Spielgeräte oder Sonderaufgaben wie Friedhöfe und<br />

Gedenkstätten gehören dazu. Wenn wir Baulichkeiten<br />

aus dieser Zeit bewahren wollen, ist es von besonderer<br />

Bedeutung, diese in ihrer ursprünglichen<br />

Materialästhetik zu zeigen. Auch wenn wir ihn heute<br />

nicht mehr besonders mögen, ist es eben gerade der<br />

Waschbeton, der diese Zeit geprägt hat, und wenn<br />

wir diese Jahre im kollektiven Gedächtnis bewahren<br />

wollen, müssen wir auch den Waschbeton bewahren!<br />

In den Grundrisslösungen finden wir zu dieser Zeit<br />

auffallend häufig Staffelungen, deren freie Anordnung<br />

im Raum zu den ebenfalls freistehenden Scheiben<br />

und Punkthochhäusern vermitteln. Auffällig ist<br />

zudem – und dies dauert bis zum Ende der DDR an –,<br />

dass in den Städten viel üppiger und ausgefeilter als<br />

heute Blumen und Stauden gepflanzt wurden. Insbesondere<br />

Wechselflor war weit verbreitet und wurde in<br />

wechselnden Kombinationen gezeigt.<br />

Abb. 3: Die Stadträume ausgewählter Innenstädte warteten<br />

mitunter mit anspruchsvoll geformten Freiraumdetails auf. Im<br />

Bild eine Uhr in der Stadtpromenade Cottbus (1960er Jahre).<br />

Foto: P. Fibich (2006)<br />

28<br />

Abb. 4: Diese Hockerbänke am Wilhelmsplatz in Görlitz gehen<br />

auf einen Entwurf des Metallgestalters Fritz Kühn zurück.<br />

Sie kamen vielerorts zum Einsatz, inzwischen sind sie eine<br />

Seltenheit. Foto: P. Fibich (2010)


Peter Fibich: Landschaftsarchitektur in der DDR der 1960er und 1970er Jahre<br />

Abb. 5a/b: In zahlreichen Innenstädten waren großzügige Wechselflorpflanzungen zu finden. Im Bild der Sachsenplatz in Leipzig<br />

(links) und der Postplatz in Görlitz (rechts). Fotos: Klaus-Dietrich Gandert (o.J.) und Henry Kraft (1969)<br />

In den Büros der Stadtarchitekten wurde ab<br />

den 1960er Jahren übergreifend städtebaulich<br />

geplant, und in den Planungen waren <strong>Grün</strong>flächen<br />

ein selbstverständlicher Bestandteil. Auch<br />

wenn viele der dort verankerten Gedanken unverwirklicht<br />

blieben, konnten doch einige Ideen<br />

beispielsweise aus der Generalbebauungsplanung<br />

der 1970er Jahre umgesetzt<br />

werden – befördert durch<br />

den Umstand, dass der Privatbesitz<br />

an Grund und Boden praktisch<br />

bedeutungslos war. Von den<br />

seinerzeit realisierten Gedanken<br />

der Freiraumvernetzung profitieren<br />

wir bis heute, etwa wenn<br />

man in Leipzig vom Auwald über<br />

den Johannapark und einen in<br />

der DDR etablierten <strong>Grün</strong>zug<br />

direkt bis zum Neuen Rathaus<br />

und in die Innenstadt gelangt.<br />

Die großräumige Weiterführung<br />

des Großen Gartens in Dresden<br />

bis zum Rathaus steht ebenfalls<br />

für diese Entwicklung, die wir<br />

wohl nicht denkmalpflegerisch<br />

behandeln, sondern nutzen und fortschreiben<br />

werden. Dennoch sind sie echte Zeugnisse der<br />

Landschaftsarchitektur dieser Zeit, die eben nicht<br />

gartenkünstlerisch ausgerichtet war, sondern<br />

städtebaulich operierte. Wiederaufbaustädte wie<br />

Frankfurt/Oder verdanken ihre gesamte extensiv<br />

durchgrünte Struktur diesem Anspruch.<br />

Abb. 6: Städtebauliches Denken dominierte die Landschaftsarchitektur der 1960er<br />

und 1970er Jahre. Im Bild die geplante Durchgrünung der Innenstadt von Frankfurt/Oder.<br />

Grafik: Erhard Stefke (1965)<br />

29


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

Abb 7: In den Großwohnsiedlungen wie in Leipzig-<strong>Grün</strong>au wurden auch Beiträge<br />

zur Entwicklung des gesamtstädtischen Freiraumsystems geleistet, hier mit dem<br />

<strong>Grün</strong>zug “Alte Salzstraße”. Foto: P. Fibich (2013)<br />

Befragt nach den besonderen<br />

Merkmalen der Landschaftsarchitektur<br />

dieser Zeit, ist die Großzügigkeit<br />

der städtischen Räume zu benennen,<br />

die mit unseren heutigen<br />

Sehgewohnheiten und Nutzungsansprüchen<br />

nicht mehr kompatibel ist,<br />

aber eben doch eine eigene Qualität<br />

darstellt. Wir sollten diese Räume,<br />

oft als Abstandsgrün gegeißelt,<br />

nicht überall verdichten. Wenn Leipzig-<strong>Grün</strong>au<br />

erstmals seit der Wende<br />

heute wieder Zuzug erlebt, wird<br />

in Befragungen und Erhebungen<br />

immer wieder genannt: Das <strong>Grün</strong><br />

ist ein wichtiger Standortfaktor.<br />

Es auch in seiner Großzügigkeit zu<br />

erhalten, scheint mir eine zentrale<br />

Aufgabe im künftigen Umgang zu<br />

sein.<br />

<br />

30<br />

Abb. 8: Die in Plattenbauweise errichteten Wohnkomplexe ließen die Idee der<br />

“Stadtlandschaft” wieder aufleben – in <strong>Grün</strong> eingebettete Bauten. Dieser Eindruck<br />

wird heute, durch die Abbrüche und Begrünungen der letzten Jahre, deutlicher als<br />

zur Bauzeit der Trabantenstädte. Foto: P. Fibich (2013)


Isabel Finkenbergen: Vox populi. (Transformations-)potentiale nachkriegs<strong>modern</strong>er Freiraumressourcen<br />

Vox populi. (Transformations-)potentiale<br />

nachkriegs<strong>modern</strong>er Freiraumressourcen<br />

Isabel Finkenberger<br />

„<strong>Grün</strong> ist nur eine Farbe.“ (B. SIEVERTS, 2013)<br />

Heute wie damals werden die großzügigen<br />

und offenen Siedlungsstrukturen<br />

der ersten Nachkriegsjahrzehnte<br />

mit ihrem hohen Anteil an „<strong>Grün</strong>“<br />

vielfach geschätzt und als solche nicht<br />

grundlegend hinterfragt. „<strong>Grün</strong>“ verheißt<br />

im Allgemeinen Licht, Luft und<br />

Sonne, Freizeit und Erholung und gilt als<br />

etwas Wünschenswertes im städtischen Kontext. Unbeachtet<br />

bleibt, dass dem Begriff „<strong>Grün</strong>“ zunächst<br />

keine Eigenschaften oder Qualitäten zugewiesen<br />

sind – er sagt noch lange nichts über dessen räumliche<br />

Qualität, dessen Nutzbarkeit, Erreichbarkeit<br />

Abb. 1: Legenda e.V.-Herbstwanderung „Testsite Stories II“ am 3.10.2013 in Duisburg.<br />

Foto: Isabel Finkenberger<br />

und Zugänglichkeit aus. Abstandsgrün<br />

und Straßenbegleitgrün ist eben auch<br />

„<strong>Grün</strong>“. Neben einer quantitativen Argumentation,<br />

welche ökologische Aspekte<br />

wie Biotopvernetzung, Stadt- und Mikroklima<br />

berücksichtigt, sollten wir verstärkt<br />

qualitativ denken und damit die Grundlage<br />

für einen erweiterten und wesentlich<br />

differenzierteren Diskurs über urbane<br />

Freiräume ebnen.<br />

„Nothing calls for too great a set of changes.<br />

Embellishment has no place here. Quality, charm,<br />

life exist. The square is already beautiful” (LACATON<br />

& VASSAL 2006). Lacaton & Vassal aus Paris wurden<br />

1996 von der Stadt Bordeaux mit der Neugestaltung<br />

des Place Léon Aucoc beauftragt.<br />

In ihrer Analyse des Ortes stellten<br />

sie jedoch fest, dass der Platz mit<br />

seinen Proportionen, seiner Gestaltung,<br />

den verorteten Nutzungen<br />

und der Lage im städtischen Gefüge<br />

bereits große Qualitäten aufweist<br />

und in seiner Authentizität<br />

exemplarisch für den dortigen öffentlich<br />

geförderten Siedlungsbau<br />

steht. In ihrem Vorschlag plädieren<br />

sie für die Annäherung an den Freiraum<br />

über dessen kulturelle Lesart<br />

und die Qualifizierung der bereits<br />

vorhandenen Aufenthalts- und<br />

Nutzungsqualität anstelle einer<br />

Neugestaltung durch ein <strong>modern</strong>eres<br />

Design. Während historisch<br />

31


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

32<br />

Abb. 2: Abriss-Neubau der Siedlung Buchheimer Weg in Köln. Architekten: ASTOC,<br />

Landschaftsarchitekten: JBBUG.<br />

Foto: google maps<br />

gewachsene Stadtstrukturen in Ihrer Entwicklung<br />

bereits vielfach überformt wurden, stehen die im<br />

Wesentlichen nutzungsgetrennten Siedlungsmuster<br />

der Nachkriegs<strong>modern</strong>e heute erstmals auf dem<br />

Prüfstand. Insbesondere deren Bauten weisen einen<br />

dringenden Handlungsbedarf auf, um heutigen gesellschaftlichen<br />

Ansprüchen und ökologischen sowie<br />

ökonomischen Anforderungen gerecht zu werden.<br />

Aber auch die Siedlungs- und Freiraumstrukturen<br />

insgesamt stehen aufgrund veränderter Rahmenbedingungen<br />

vor großen Herausforderungen. In den<br />

letzten Jahrzehnten wurden einige wesentliche Motoren<br />

einer insbesondere seit der Industrialisierung<br />

auf Expansion ausgelegten Stadtentwicklung ausgehebelt,<br />

andere neue sind hinzugekommen. An die<br />

Stelle von Wachstum tritt die Frage nach Transformation<br />

wieder in den Vordergrund. Während sich<br />

also die (Nachkriegs-)Moderne mit ihrem objektbezogenen<br />

Städtebau von der historischen Stadt<br />

abwendet und ein Gegenbild über Leitbilder wie<br />

die „gegliederte und aufgelockerte Stadt“ und die<br />

„autogerechte und organische Stadt“ formuliert, in<br />

der der Mensch neu geformt wird, sind wir heute<br />

an einem Punkt angekommen, an dem wir unser lineares<br />

Denken mit einer von oben implementierten<br />

Doktrin grundlegend überdenken<br />

müssen. Eine Stadt zu transformieren<br />

bedeutet nämlich insbesondere,<br />

die jeweiligen Begabungen und<br />

Potenziale des Vorhandenen zu<br />

erkennen, diese neu zu interpretieren<br />

und ihnen eine oder mehrere<br />

weitere Bedeutungsebenen zuzuweisen.<br />

Die Gleichzeitigkeit von<br />

wachsenden, stagnierenden und<br />

schrumpfenden Räumen, von konkretem<br />

Handlungsbedarf im Hier<br />

und Jetzt und langfristig angelegten<br />

Transformationsstrategien verlangt<br />

zudem nach neuen Lesarten<br />

und Instrumenten, welche den gesamten Organismus<br />

städtischer Realitäten in ihrer Vielschichtigkeit<br />

betrachten und weiterdenken.<br />

Transformationsstrategien<br />

Im Umgang mit dem Palimpsest unserer Siedlungsund<br />

Kulturlandschaft zwingen uns sich verändernde<br />

politische, gesellschaftliche, ökonomische und<br />

ökologische Rahmenbedingungen zum Umdenken.<br />

Globale Praktiken werden aufgrund eines neuen<br />

Bewusstseins für die Begrenztheit unserer Ressourcen<br />

und des engen Zusammenhangs zwischen der<br />

eigenen Lebensweise und dem Lebensumfeld zunehmend<br />

hinterfragt. Der demographische Wandel,<br />

eine multikulturelle Gesellschaft sowie sich verändernde<br />

Arbeits-, Mobilitäts- und Freizeitmuster<br />

konfrontieren uns mit neuen Aufgaben und Fragestellungen<br />

hinsichtlich der Nutzung unserer Städte,<br />

der Teilhabe an deren Gestaltung und der Herausbildung<br />

von Öffentlichkeiten. Nicht unwesentlich prägen<br />

auch das Auseinanderdriften von Anspruch und<br />

Realität eines kommunalen Fürsorgeverständnisses<br />

sowie die Instrumente unserer heutigen Planungspraxis<br />

den Fachdiskurs. Wer macht denn eigentlich<br />

Stadt? Und wem gehört die Stadt? Wie und wo wird


Isabel Finkenbergen: Vox populi. (Transformations-)potentiale nachkriegs<strong>modern</strong>er Freiraumressourcen<br />

Wissen generiert? Und welche Rolle spielen unsere<br />

Freiräume in diesem Spannungsfeld? Top-down<br />

und bottom-up sind Begriffe, die schon lange in den<br />

Planungsdiskurs eingegangen sind. Wir müssen uns<br />

aber vielmehr eingestehen, dass es diese scheinbar<br />

klare Trennung zwischen Schwarz und Weiß nicht<br />

gibt, sondern dass vielmehr eine ganze Reihe Grautöne<br />

mit unterschiedlichsten Schwerpunkten in der<br />

Entwicklung von Stadt eine Rolle spielen. Im Folgenden<br />

werden einige Beispiele benannt, die Baustruktur,<br />

Nutzung und Freiraum intelligent verknüpfen<br />

und die Herausbildung von Öffentlichkeiten im<br />

Spannungsfeld zwischen privaten, halböffentlichen<br />

und öffentlichen Strukturen neu denken. Alle beziehen<br />

sich in ganz spezifischer Art und Weise auf die<br />

Potenziale des <strong>modern</strong>en Städtebaus. Sie zelebrieren<br />

ihn, indem sie die vorhandenen Qualitäten zulassen,<br />

weiterdenken und dessen Defizite korrigieren. Nie<br />

geht es um den neuen großen Wurf. Vielmehr sind<br />

es Kombinationen unterschiedlicher Ansätze und<br />

Praktiken, die anstelle von top-down und bottomup<br />

offene und integrierte Strukturen herausbilden.<br />

Ermöglichen und Fördern von Eigeninitiative<br />

und Teilhabe<br />

Salford, eine Mittelstadt im Großraum von Manchester<br />

gelegen, entspricht in ihrer Entwicklung und<br />

heutigen Gestalt einer typischen, ehemals industriell<br />

geprägten Mittelstadt in England. Das in den<br />

1960 Jahren entstandene 16-stöckige Punkthochhaus<br />

Apple Tree Court in der Innenstadt von Salford<br />

steht exemplarisch für den zeitgeistigen Städtebau,<br />

der die bis dahin typischen englischen Back-to-Back<br />

Houses mit ihren privaten Gärten abgelöst hat. Um<br />

mehr Einfluss auf die Gestaltung des bis dahin heruntergekommenen<br />

Wohnumfeldes nehmen zu können,<br />

schlossen sich dessen Bewohner 1988 zu einer<br />

Mietvereinigung zusammen, der 1994 die Verwaltung<br />

des Gebäudes und des angrenzenden Grundstückes<br />

von Seiten der Stadt übertragen wurde.<br />

Kurz darauf gründeten sie in Kooperation mit dem<br />

Arid Lands and Community Trust die Initiative Urban<br />

Oasis mit dem Ziel, einen Nachbarschaftsgarten<br />

gemeinsam zu entwickeln und zu bewirtschaften.<br />

Diese besondere Akteurskonstellation ermöglichte<br />

es den Bewohnern zudem, leichter privatwirtschaftliche<br />

Mittel und Spenden zu akquirieren. Allein<br />

durch gemeinnützige Arbeit und unter Anwendung<br />

besonderer, vertikaler Anbaumethoden konnten sie<br />

auf kleinstem Raum im wörtlichen Sinne eine Oase<br />

mit verschiedenen Nutz- und Ziergärten (Kleingärten,<br />

Kräutergarten, Obstwiese, japanischer Garten,<br />

Wildblumenwiese) schaffen. Der Bau von Büro, Küche,<br />

Nachbarschaftscafé und Gewächshaus, welches<br />

ein Ausbildungszentrum für Besucher integriert,<br />

wurde durch Preisgelder in Höhe von ca. 200.000 £<br />

ermöglicht. Ein Trainingsprogramm für bis zu 20<br />

arbeitslose Jugendliche ergänzt das Angebot. Das<br />

Projekt beweist eindrucksvoll, dass durch Eigeninitiative<br />

und Aushandlungsprozesse auf unterschiedlichen<br />

Akteursebenen (Stadt, Stiftung, Förderer und<br />

Anwohner) der zunächst neutrale Planungsbegriff<br />

der Nachbarschaft und die bis dahin als Abstandsflächen<br />

fungierenden Freiräume mit Leben gefüllt<br />

werden können und damit einen Mehrwert für die<br />

ganze Umgebung leisten.<br />

Situative Praxis durch Aneignung und<br />

alternative Bewirtschaftungskonzepte<br />

Die kreisförmigen Hochstraße, genannt Rondel, ist<br />

eine für Žilina (Slowakei) wichtige infrastrukturelle<br />

Schnittstelle. Hier treffen auf zwei Ebenen Individualverkehr,<br />

lokaler Bahnverkehr mit Bahnhof, öffentlicher<br />

Busverkehr sowie die Hauptverbindung für<br />

Fußgänger und Radfahrer zwischen Innenstadt und<br />

den westlichen Stadtteilen zusammen. Umgeben ist<br />

das Rondel von sehr heterogenen Stadtstrukturen<br />

mit Wohnen, Industrie und Kasernennutzung. Die<br />

lokale NGO Truc Sphérique verbindet junge Berufstätige<br />

aus den Bereichen Kunst, Kultur und Sozial-<br />

33


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

Abb. 3: Stanica Žilina (Slowakei). Foto: Isabel Finkenberger (2009)<br />

Veranstaltungen und gleichzeitig<br />

eine Möglichkeit, in direkte Kommunikation<br />

mit der Öffentlichkeit<br />

zu treten. Nach und nach wurden<br />

mit einer Mischfinanzierung aus<br />

Ehrenamt, Förderung, Spenden<br />

und Muskelhypothek gemeinsam<br />

mit den angrenzenden Bewohnern<br />

ein neuer Veranstaltungsraum und<br />

eine Sommerbühne im Selbstbau<br />

addiert, ein Quartierspark angelegt<br />

und die Fußgängerunterführung<br />

qualifiziert. Im Bahnhofsgebäude<br />

selbst finden sich ein Café, ein<br />

Veranstaltungsraum, eine Galerie<br />

und Werkstätten für Workshops<br />

mit Kindern und Jugendlichen.<br />

Der bis dahin unwirtliche Ort und<br />

Angstraum wurde nach und nach<br />

zu einem kulturellen Zentrum und<br />

34<br />

arbeit miteinander. Auf der Suche<br />

nach neuen Räumlichkeiten konnte<br />

die Organisation in zweijährigen<br />

Verhandlungen mit der Stadt, der<br />

Slovakischen Bahn und dem regionalen<br />

Department für Infrastrukturen<br />

und Straßen einen Deal vereinbaren,<br />

der für alle eine Win-win-Situation<br />

darstellt. Für die Sicherung<br />

und Bewirtschaftung des Geländes<br />

innerhalb des Rondels wurden ihnen<br />

im Gegenzug der selbstständige<br />

Ausbau und die Nutzung des<br />

bis dahin leerstehenden Bahnhofsgebäudes<br />

gestattet. Mit dem 1993<br />

eröffneten Kulturzentrum und<br />

der parallel stattfindenden Bahnhofsnutzung<br />

findet Truc Sphérique<br />

einen geeigneten Ort für ihre<br />

Abb. 4: Stanica Žilina (Slowakei). Foto: Isabel Finkenberger (2009)


Isabel Finkenbergen: Vox populi. (Transformations-)potentiale nachkriegs<strong>modern</strong>er Freiraumressourcen<br />

Treffpunkt umgeformt, der einen erheblichen Mehrwert<br />

für die nähere Umgebung und die ganze Stadt<br />

darstellt. In der Nachkriegs<strong>modern</strong>e sind neben<br />

großmaßstäblichen Ingenieursbauwerken auch oft<br />

überdimensionierte Verkehrsräume (Straße und Parkierung)<br />

entstanden, die heute aufgrund veränderter<br />

Rahmenbedingungen und mangelnder Pflege oft<br />

unattraktiv sind oder sogar Barrieren darstellen. Aufgrund<br />

von einsetzenden Veränderungen im Mobilitätsverhalten<br />

und im Planungsverständnis werden<br />

sie mittel- bis langfristig neu interpretiert oder teilweise<br />

rückgebaut werden müssen. Umso wesentlicher<br />

ist es, deren jeweilige Qualität, aber auch deren<br />

Transformationspotenzial zu erfassen und situativ zu<br />

interpretieren.<br />

Entwickeln resilienter Stadtstrukturen durch<br />

integrierte Systeme<br />

R-Urban beschreibt eine Strategie des Pariser Büros<br />

Atelier D‘Architecture Autogérée, die urbane<br />

Determinanten wie Wohnen, Ökonomie, Mobilität,<br />

Landwirtschaft und Kultur in geschlossenen<br />

ökologischen Produktions- und Konsumptionszyklen<br />

verknüpft und damit neue Praktiken lokaler<br />

Widerstandsfähigkeit (Resilienz) etabliert. Gängige<br />

Verhaltensmuster und Lebensmodelle sollen durch<br />

direktes und alltägliches ökonomisches Handeln<br />

auf lokaler Ebene, durch Teilhabe, Selbstverwaltung,<br />

gemeinsames Handeln und solidarische<br />

Netzwerke sukzessive abgelöst werden. Ziel ist<br />

es, die materiellen (Wasser, Energie, Abfall, Nahrung)<br />

und immateriellen Ströme (lokales Wissen,<br />

soziale Ökonomie, lokale Kultur, Selbstbau etc.)<br />

in ein integriertes System zu überführen und anhand<br />

von Pilotprojekten sichtbar zu machen. Die<br />

Strategie agiert auf unterschiedlichen Maßstabsebenen<br />

(häuslich, nachbarschaftlich, städtisch,<br />

regional) und Zeitlichkeiten und ist auch für zukünftige<br />

Veränderungen offen. R steht dabei für<br />

die drei R-Imperative Reduce, Reuse, Recycle, aber<br />

beispielsweise auch für Repair, Re-design, Rethink,<br />

Re-assemble (PETCOU/PETRESCU 2012). Seit<br />

2011 wird R-Urban in Colombes, einer Stadt im<br />

Großraum Paris, mit Unterstützung des EU Life +<br />

Programms sowie der Stadt Colombes anhand von<br />

drei Pilotprojekten umgesetzt. Die AgroCité, eine<br />

Zelle mit urbaner Landwirtschaft, integriert eine<br />

experimentelle Mikro-Farm, Gemeinschaftsgärten,<br />

Bildungs- und Kulturräume sowie Bausteine zur<br />

Energiegewinnung, zur Kompostierung und zum<br />

Regenwassermanagement. Das RecycLab wurde<br />

in ökologischer Bauweise aus recycelten Materialien<br />

errichtet. Neben Infrastrukturen zum Sammeln<br />

und Entsorgen von Materialien bietet das Lab auch<br />

Räumlichkeiten für Veranstaltungen und Workshops<br />

zum Thema Recycling und nachhaltiges<br />

Bauen. Mit dem EcoHab wurde ein gemeinschaftliches,<br />

ökologisches Wohnprojekt realisiert, welches<br />

sieben experimentelle Gebäude mit differenzierten<br />

Wohntypen (sozialer Wohnungsbau, Wohnungen<br />

für Forscher und Studierende) und Gemeinschaftsräume<br />

umfasst und teilweise in Selbstbauweise errichtet<br />

sind. Nach und nach sollen sich die drei Einheiten<br />

mit weiteren städtischen Einrichtungen zu<br />

einem integrierten System von Orten, Infrastrukturen<br />

und Netzwerken verbinden und Colombes<br />

dadurch nachhaltig qualifizieren. Die Strategie R-<br />

Urban regt mit ihrem Ansatz zur Neuinterpretation<br />

unserer differenzierten, oft funktionsgetrennten<br />

Stadträume und alltäglichen Verhaltensweisen an.<br />

Integriertes Denken erfordert ein Verständnis für<br />

die Gleichzeitigkeit unterschiedlicher Systeme und<br />

Zeitschienen, für globale und lokale Nutzungsmuster.<br />

Insbesondere städtische Freiräume haben das<br />

große Potenzial, auf unterschiedlichen Maßstabsebenen,<br />

als lineare und vernetzte Strukturen, als<br />

einzelne Orte oder als Schnittstellen zu agieren<br />

und damit die singulären Systemgrenzen zu durchbrechen.<br />

35


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

36<br />

Abb. 5: Stanica Žilina (Slowakei). Foto: Isabel Finkenberger (2009)<br />

Plädoyer für eine neue kulturelle Lesart<br />

Die beschriebenen Projektstrategien sind in ihrer<br />

Ausprägung sehr spezifisch, können aber gleichwohl<br />

als Inspiration und erweiterter Denkansatz für<br />

andere städtische Räume dienen. Allen gemein ist<br />

die intensive Auseinandersetzung mit dem konkreten<br />

Ort. Sie identifizieren lokale Potentiale und Stellschrauben<br />

und reagieren auf die sich verändernden<br />

politischen, ökonomischen, sozialen und ökologischen<br />

Rahmenbedingungen von Raumproduktion.<br />

Sie denken Gebäude, Nutzung, Nutzer, Infrastruktur<br />

und Freiraum als integrale Systeme. Sie agieren in<br />

unterschiedlichen Akteurskonstellationen, finanzieren<br />

quer und aus unterschiedlichen Töpfen. Im Wesentlichen<br />

aber erkennen sie die große Qualität des<br />

Freiraums an, der sich vom nicht genauer definierten<br />

„Beiwerk“ des Städtebaus der (Nachkriegs-)Moderne<br />

als eigenständiger, wenn nicht sogar tragenden<br />

Baustein einer zukünftigen Stadtentwicklung etabliert.<br />

Neben den klassischen Freiräumen wie Plätzen,<br />

Parks und Gärten, die wir schon aus der historischen<br />

Stadt kennen, sind es neue Raumtypen wie Fußgängerzonen,<br />

Verkehrsinfrastrukturen, Universitätsneugründungen<br />

„auf der grünen Wiese“, Schulen und<br />

Bildungseinrichtungen, Sportstätteninfrastrukturräume<br />

und Wohnstrukturen der gegliederten und<br />

aufgelockerten Stadt, die in den kommenden Jahrzehnten<br />

ganz grundlegende Veränderungen erfahren<br />

werden. Veränderte Einzelhandelslandschaften,<br />

die Rückbesinnung darauf, dass Wissen nicht im<br />

spezialisierten Raum, sondern vielmehr durch Nähe<br />

und Erfahrungsaustausch generiert wird, ein verstärktes<br />

Engagement in Projekten anstatt in Parteien<br />

und die Renaissance durchmischter Stadtstrukturen<br />

sind nur einige wenige Stichworte, mit denen wir in<br />

Zukunft unsere urbane Umwelt neu denken müssen.<br />

Das Potential der Offenheit und der Flächenreserven,<br />

die uns die Nachkriegs<strong>modern</strong>e der 1950er und<br />

1960er Jahre hinterlässt, muss hinterfragt, gleichzeitig<br />

aber auch bestärkt werden. Es wird zukünftig<br />

sicherlich nicht darum gehen, alle Flächen zu programmieren<br />

oder für Nachverdichtung und Aneignung<br />

zur Verfügung zu stellen. Ebenso wenig kann<br />

man im Umgang mit diesen Räumen einfach so weiter<br />

machen wie bisher. Ähnlich einer Akupunktur<br />

werden wir stattdessen sehr genau Orte identifizieren<br />

und entwickeln müssen, die unerwartete Atmosphären<br />

erzeugen, Energien bündeln, Nischen und<br />

Charaktere ausbilden und damit als Komplementär<br />

die Qualitäten des vielen, doch recht ähnlichen<br />

„<strong>Grün</strong>s“ herausstellen und anreichern.<br />

Wir müssen die Stadt als<br />

Ganzes betrachten und den Freiraum<br />

als Grundvoraussetzung für<br />

eine resiliente und multikulturelle<br />

Gesellschaft verstehen. Wir müssen<br />

eine neue Transformationskultur<br />

etablieren, die die funktionale<br />

Trennung unserer zeitgenössischen<br />

Stadt neu interpretiert, die in Öffentlichkeiten<br />

und Zugänglichkeiten<br />

anstatt lediglich in Eigentumsverhältnissen<br />

denkt. Wir müssen die<br />

Gestaltung, die Nutzung und das<br />

Programm von Freiräumen flexibili-


Isabel Finkenbergen: Vox populi. (Transformations-)potentiale nachkriegs<strong>modern</strong>er Freiraumressourcen<br />

sieren und vorhandene Regeln neu<br />

interpretieren. Wir müssen Qualitäten<br />

zulassen, Potenziale stärken,<br />

Defizite korrigieren und Offenheit<br />

fördern.<br />

Was aber sind die Bewertungskriterien<br />

für unsere Stadträume?<br />

Wer entscheidet, was erhaltenswert,<br />

was veränderbar ist? Und wie<br />

entgehen wir dem Dilemma, nur<br />

durchschnittliche Räume zu produzieren,<br />

die von jedem für jeden und<br />

alles sind? Vox populi, die Stimme<br />

des Volkes, bedeutet eben nicht<br />

nur, wie im allgemeinen Sprachgebrauch<br />

oft verwendet, die von<br />

Francis Galton experimentell bewiesene<br />

Intelligenz der Masse (Wikipedia<br />

2013), sondern steht vielmehr<br />

auch für eine vielschichtige<br />

und heterogene Gesellschaft, die<br />

ihre Energien aus den differenzierten<br />

(Frei-)Räumen unser heutigen<br />

Stadtstrukturen nährt.<br />

Abb. 6: R-Urban Colombes (Frankreich), 2013. Foto: xkidx (www.flickr.com/photos/<br />

xkidx; creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0/deed.de; es wurden keine Änderungen<br />

vorgenommen)<br />

Quellen<br />

Atelier D‘Architecture Autogérée: R-<br />

URBAN – participative strategy for development,<br />

practices and networks of<br />

local resilience. www.urbantactics.org/<br />

projects/rurban/rurban.html. 2013-10-<br />

28.<br />

Atelier D‘Architecture Autogérée: R-<br />

Urban. www.r-urban.net/en/. 2013-10-<br />

28.<br />

Hochschule Biberach, IAS (2010).– In:<br />

Unscharfe Grenzen – Nutzungsoffene<br />

Zwischenräume in urbanen Projekten<br />

als Motoren und Stabilisatoren nachhaltiger<br />

Stadtentwicklung, S. 114–119/<br />

S.145–151. – Biberach.<br />

Abb. 7: Abriss-Neubau der Siedlung Buchheimer Weg in Köln. Architekten: ASTOC,<br />

Landschaftsarchitekten: JBBUG.<br />

Foto: Neikes<br />

37


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

Abb. 8a/b: Ausdifferenzierung der Freiräume: beim Abriss-Neubau der Siedlung Buchheimer Weg in Köln durch das Nebeneinander<br />

von öffentlichen und privaten Nutzungen.<br />

Fotos: JBBUG<br />

LACATON & VASSAL (2006): Place Léon Aucoc, Bordeaux.<br />

www.lacatonvassal.com/index.php?idp=37#. 2013-10-28.<br />

OSWALT, P. (Hrsg.) (2005): Apple Tree Court, Urban Oasis. –<br />

In: Schrumpfende Städte, Band 2: Handlungskonzepte, S.<br />

168. – Ostfildern-Ruit.<br />

PETCOU, C./PETRESCU, D. (2012): R-Urban: Zukunftsfähigkeit.<br />

– In: Hands-on Urbanism 1850–2012 – Vom Recht<br />

auf <strong>Grün</strong>, S. 332–346. – Wien.<br />

SIEVERTS, B. (2013) bei der Herbstwanderung „Testsite Stories<br />

II“ am 3.10.2013 in Duisburg.<br />

THORPE, D. (2006): Case study: Apple Tree Court Urban<br />

Oasis; www.davidthorpe.info/parkhistory/applecourt.<br />

html. 2013-10-28.<br />

Wikipedia: Vox populi; de.wikipedia.org/wiki/Vox_populi.<br />

2013-10-28.<br />

Literatur<br />

DÜWEL, J./MÖNNINGER, M. (Hrsg.) (2011): Zwischen Traum<br />

und Trauma – Stadtplanung der Nachkriegs<strong>modern</strong>e. –<br />

Berlin.<br />

BDA/VÖCKLER, K./DENK, A. (Hrsg.) (2009): In der Zukunft leben<br />

– Die Prägung der Stadt durch den Nachkriegsstädtebau.<br />

– Berlin.<br />

SPITTHÖVER, M. (Hrsg.) (2002): Freiraumqualität statt Abstandsgrün<br />

– Band 1: Geschichte der Freiräume im Mietgeschosswohnungsbau.<br />

– Kassel.<br />

V. BUTTLAR, A./HEUTER, C. (Hrsg.) (2007): Denkmal!<strong>modern</strong>e.<br />

Architektur der 60er-Jahre – Wiederentdeckung einer<br />

Epoche. – Berlin.<br />

<br />

38


Jens Beck: <strong>Grün</strong>anlagen in Hamburg nach 1945<br />

<strong>Grün</strong>anlagen in Hamburg nach 1945<br />

Jens Beck<br />

In Kürze<br />

Die Hamburger Stadtplanung nach<br />

dem Zweiten Weltkrieg war einerseits<br />

geprägt durch das Bestreben, die<br />

Zeit des Nationalsozialismus abzustreifen<br />

und an die erfolgreichen Konzeptionen<br />

der späten 1920er Jahre anzuknüpfen,<br />

andererseits durch die großflächigen Zerstörungen,<br />

die einen vollständigen Neubau<br />

ganzer Stadtteile notwendig machten.<br />

Dabei wurde schnell deutlich, dass in der wieder<br />

prosperierenden Stadt in neuen Maßstäben gedacht<br />

werden musste. Darüber hinaus suchte die Stadtplanung<br />

wieder Anschluss an die internationale Diskussion<br />

zu gewinnen und durch zukunftsweisende Projekte<br />

ihre architektonische Position zu bestimmen.<br />

In dieser Situation entstanden auch auf dem Sektor<br />

der Freiraumplanung wichtige Konzepte und einzelne<br />

Anlagen, die bis heute das Hamburger Stadtbild<br />

prägen.<br />

Die <strong>Grün</strong>anlagen<br />

Der Zweite Weltkrieg markiert einen tiefen Einschnitt<br />

in der Geschichte der deutschen Großstädte.<br />

Nicht nur die materielle Substanz, auch das soziale<br />

und politische Gefüge waren im Mai 1945 vielerorts<br />

völlig zerstört. Für die Gartenkunst brachte<br />

die Zeit ebenfalls schwere Verluste mit sich, einerseits<br />

durch direkte Zerstörungen, andererseits durch<br />

die Vernachlässigung der Pflege in den Kriegs- und<br />

Nachkriegsjahren, Abholzungen, Umnutzung zu<br />

Grabeland und ähnliches. Aber auch in den sich<br />

anschließenden Jahren der Prosperität wurden viele<br />

Anlagen durch die Stadtplanung, vor<br />

allem die Verkehrsplanung, verkleinert,<br />

durchschnitten oder ihrer städtebaulichen<br />

Einbindung beraubt. Dennoch ist<br />

bemerkenswert, dass die <strong>Grün</strong>planung<br />

insgesamt eine bedeutende Rolle beim<br />

Wiederaufbau der Großstädte spielte und<br />

dass viele neue Anlagen nach 1945 auch<br />

in bis dahin dicht bebauten Quartieren<br />

entstanden. Denn die außerhalb Deutschlands<br />

weiterentwickelten und erprobten Konzepte,<br />

die eine endgültige Abkehr vom Städtebau des 19.<br />

Jahrhunderts forderten, kamen nun auch hierzulande<br />

zum Tragen. <strong>Grün</strong>planer, Städtebauer und<br />

Architekten konnten nach dem Ende des nationalsozialistischen<br />

Regimes wieder am internationalen<br />

Diskurs über die Gestaltung der Stadt teilnehmen,<br />

von der sie 12 Jahre lang praktisch abgeschnitten<br />

waren. Dies brachte in den 1950er Jahren einen tief<br />

greifenden Wandel der großstädtischen Baustruktur<br />

mit sich. An die Stelle der über Jahrhunderte gewachsenen<br />

Stadt traten völlig neue Modelle, die das<br />

Verhältnis Stadt–Landschaft von einer anderen Seite<br />

betrachteten als diejenigen des 19. Jahrhunderts:<br />

Die aufgelockerte, gegliederte Stadt entwickelte<br />

sich. Den <strong>Grün</strong>anlagen fiel dabei die Rolle des Auflockerns<br />

zu, den Baukörpern diejenige der Gliederung.<br />

Ein wesentliches Element war der „fließende<br />

Raum“, dessen bewegter, schwingender Rhythmus<br />

sich zumindest in den Bereichen frei entfalten konnte,<br />

in denen der Krieg große Brachen zurückgelassen<br />

hatte. An erster Stelle standen dabei nicht die<br />

Schaffung einzelner neuer und die Restaurierung<br />

39


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

40<br />

alter Parkanlagen. Vielmehr war die Absicht, die neu<br />

zu bebauenden Stadtviertel vollständig zu durchgrünen<br />

und zusammenhängende Netze von <strong>Grün</strong>flächen<br />

unterschiedlicher Art zu konzipieren. Häufig<br />

wurden bestehende Parkanlagen einbezogen, aber<br />

auch alte Friedhöfe, Wasserflächen oder Elemente<br />

der Hamburger Kulturlandschaft wie Flussläufe oder<br />

Reliktwälder. So entstand ein komplexes System,<br />

dessen hohe Qualität auch heute noch in wesentlichem<br />

Maße die alltägliche Umwelt der Bewohner<br />

bestimmt. Während die städtebauliche Leistung in<br />

diesem Fall vor allem auf den Dimensionen des Geschaffenen<br />

beruht, zeigen die neu angelegten Parks,<br />

dass die Hamburger Gartenkunst auch nach 1945<br />

einen wichtigen Beitrag zur deutschen Gartenkultur<br />

geleistet hat. Dabei sind die <strong>Grün</strong>anlagen dieser Zeit<br />

nicht nur eine Manifestation der städtebaulichen<br />

Konzepte und künstlerischen Ideen, sondern auch<br />

der vorherrschenden gesellschaftspolitischen Strömungen,<br />

denen sie neue Räume öffnen: dem Bedürfnis<br />

nach Öffentlichkeit, Vielfalt, Individualität,<br />

freier Entfaltung und Mobilität. Hinzu kommen Internationalismus,<br />

zeitgenössische Kunst und die Suche<br />

nach neuen, kreativen Ausdrucksformen. Während<br />

der Park der City Nord und die Ost-West-Straße mit<br />

ihren Frei- und <strong>Grün</strong>anlagen exemplarisch für die radikale<br />

Umsetzung der autogerechten, aufgelockerten<br />

Stadt stehen, verkörpern die zur Gartenschau<br />

1953 entstandenen Parkanlagen Planten un Blomen<br />

und der Alsterpark die feingliedrige, differenzierte<br />

Gestaltung dieser Zeit, die ganz auf das unmittelbare<br />

Erleben durch den einzelnen Betrachter hin konzipiert<br />

ist. Die Außenanlagen der Grindel-Hochhäuser<br />

zeigen, wie eine völlig neue Art der <strong>Grün</strong>anlage, das<br />

Siedlungsgrün einer Hochhaus-Gruppe, auf einer<br />

quasi leeren Fläche ohne städtebauliche Vorgaben<br />

entstehen konnte, während der <strong>Grün</strong>zug des Dulsberges<br />

als Gegenstück dazu den Versuch darstellt,<br />

ähnliches innerhalb sehr enger baulicher Grenzen zu<br />

verwirklichen. Der im alten Stadtzentrum von Altona<br />

geschaffene <strong>Grün</strong>zug ist wiederum als Pendant zur<br />

Ost-West-Straße zu verstehen. Er ist ein wichtiges<br />

Bindeglied zwischen Altona und der Elbe und bietet<br />

dem Fußgänger die Möglichkeit, die Stadtlandschaft<br />

mit ihren einzelnen Komponenten von der<br />

Topografie bis zur plastischen Modellierung durch<br />

die vielgestaltige bauliche Struktur bewusst wahrzunehmen.<br />

Als „Sehhilfe“ fungiert dabei die äußerst<br />

qualitätvolle Gestaltung der Anlage. Der 1966 eröffnete<br />

Friedhof Öjendorf, einer der bedeutendsten<br />

Friedhöfe der Nachkriegszeit in Deutschland, führt<br />

anschaulich vor Augen, wie städtische Schemata<br />

auf eine sehr stark durch eine bestimmte Funktion<br />

definierte Anlage übertragen werden können. Die<br />

ausgewählten Beispiele sind in ihre Entstehungszeit<br />

eingebunden und bringen gleichzeitig Neuerungen<br />

und individuelle Ausformungen der theoretischen<br />

Konzepte, auf denen sie fußen. Dies wird bei der<br />

Analyse der einzelnen Anlagen sichtbar. Bereits die<br />

Auflistung der Entwerferinnen und Entwerfer verdeutlicht<br />

das gesamte Spektrum der damaligen<br />

konzeptionellen Ansätze: von sehr kreativen Einzelpersonen<br />

wie Herta Hammerbacher einerseits bis<br />

hin zur namentlich heute nicht mehr greifbaren Abteilung<br />

des <strong>Grün</strong>flächenamtes Hamburg-Nord, von<br />

künstlerischen Einzelgängern wie Günther Schulze<br />

bis zu Teamarbeiten hochspezialisierter Fachleute<br />

wie dem Planungsstab um Karl Plomin, der für<br />

die Gartenschau 1953 verantwortlich war. Entsprechend<br />

unterschiedlich und vielschichtig fällt die Gestaltung<br />

der Anlagen aus. Jede steht gleichsam für<br />

einen bestimmten städtebaulichen Ansatz, bei dem<br />

die Rolle der <strong>Grün</strong>anlagen jeweils anders definiert<br />

wird, zeigt aber gleichzeitig, welche Bedeutung den<br />

einzelnen Details zukommt und wie sich diese in deren<br />

Ausformung niederschlagen. Der Umgang mit<br />

dem vorgefundenen Gelände, seiner Topografie und<br />

dem städtischen Umfeld offenbart darüber hinaus<br />

grundsätzliche Positionen der <strong>Grün</strong>planung in den<br />

frühen Nachkriegsjahren. Am Ende bleibt die Frage


Jens Beck: <strong>Grün</strong>anlagen in Hamburg nach 1945<br />

nach dem planerischen Umgang mit dem gartenkulturellen<br />

Erbe dieser Zeit. Denn die gegenwärtig<br />

sehr dynamische Stadtentwicklung bringt einen<br />

großen Veränderungsdruck mit sich, der auch an<br />

diesen Anlagen nicht spurlos vorbeigehen wird. Um<br />

dennoch deren spezifische Eigenarten zu erhalten,<br />

ist die Darstellung ihrer besonderen Qualitäten eine<br />

wesentliche Voraussetzung. Dabei hilft die Beschäftigung<br />

mit der Entstehungsgeschichte der Anlagen<br />

ebenso wie die analytische Betrachtung ihrer Gestaltung,<br />

um die Absichten und planerischen Ziele<br />

der ursprünglichen Entwürfe zu erkennen und aus<br />

heutiger Sicht zu beurteilen. Die Ergebnisse dieses<br />

Prozesses bilden das Fundament, auf dem die <strong>Grün</strong>planung<br />

der kommenden Jahre aufbauen kann.<br />

Die Außenanlagen der Grindel-Hochhäuser<br />

Die auf Veranlassung der Alliierten errichtete Hochhausgruppe<br />

zählt zu den bedeutendsten Denkmalensembles<br />

der Nachkriegszeit in Deutschland. 1 Die<br />

Abb. 1: Parkanlage der Grindel-Hochhäuser, zwischen 1956 und 1958 fertig gestellt.<br />

Blick auf den zentralen Teich, links die Plastik „Schwäne“ von Karl-August<br />

Ohrt (1958).<br />

Foto: Jens Beck<br />

Planungen begannen bereits unmittelbar nach dem<br />

Ende des Krieges, weil auf dem Gelände das neue<br />

Hauptquartier der britischen Besatzungszone als ein<br />

in sich geschlossener Komplex aus zwölf Hochhausscheiben<br />

entstehen sollte. Von Anfang an war eine<br />

große <strong>Grün</strong>anlage als wesentlicher Bestandteil des<br />

neuen Quartiers vorgesehen, im Vordergrund der<br />

Planung stand jedoch die Bebauung. In einem Wettbewerb<br />

wurde über deren Gestaltung entschieden<br />

und bereits im September 1946 mit dem Bau begonnen.<br />

Die Zusammenlegung der Besatzungszonen<br />

1947 und die Aufgabe des eigenen britischen<br />

Hauptquartiers in Hamburg gaben dem Projekt eine<br />

entscheidende Wendung, denn nun sollten die geplanten<br />

900 Wohnungen für Hamburger Bürger zur<br />

Verfügung stehen. Auch von einer Abgrenzung des<br />

Komplexes war nun nicht mehr die Rede, allerdings<br />

wurde nach wie vor keine Planung für die große<br />

<strong>Grün</strong>anlage vorgelegt, in der die Hochhäuser stehen<br />

sollten. Und es ist rätselhaft, warum offenbar<br />

auch später kein Entwurfsplan für<br />

die Gestaltung dieser ersten großen<br />

Neuanlage in Hamburg nach<br />

dem Krieg erarbeitet wurde. Dies<br />

steht in merkwürdigem Gegensatz<br />

zu der sorgfältigen Durcharbeitung<br />

der Gebäude, die bis in die Details<br />

der Ausstattung Gegenstand eines<br />

längen Planungsprozesses waren.<br />

Insgesamt ist über die Arbeiten<br />

an den Außenanlagen kaum etwas<br />

bekannt. Vermutlich wurde kurz<br />

nach der Fertigstellung des letzten<br />

Blocks 1956 auch die Gestaltung<br />

der <strong>Grün</strong>anlage abgeschlossen.<br />

Spätestens mit der Aufstellung der<br />

Kunstwerke Ende der 1950er Jahre<br />

war die Anlage vollendet, spätere<br />

Umgestaltungen sind nicht dokumentiert.<br />

Da bereits früh befürch-<br />

41


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

Abb. 2 a/b: Parkanlage der Grindel-Hochhäuser, Blick nach Süden in die mittlere Zone (linkes Foto). Parkanlage der Grindel-<br />

Hochhäuser, Randpartie, Blick Richtung Süden (rechtes Foto).<br />

Fotos: Jens Beck<br />

42<br />

tet wurde, dass neben den geplanten Kleinbauten<br />

(Tankstelle, Wäscherei etc.) weitere Gebäude zwischen<br />

die Hochhäuser in die <strong>Grün</strong>anlage gesetzt<br />

werden könnten, wurde diese von Anfang an als<br />

öffentliche Anlage deklariert und nicht der Wohnungsbaugesellschaft<br />

unterstellt. Auch dies zeigt<br />

die große Bedeutung, die der Anlage beigemessen<br />

wurde.<br />

Formal ist die Anlage als Landschaftsgarten gestaltet<br />

mit sorgfältig ausgeführter, leichter Bodenmodellierung,<br />

einzelnen Bäumen und Baumgruppen,<br />

einem Teich in der Mitte und nur wenigen<br />

Ziersträuchern. Lediglich die Wege sind straff geführt<br />

und verlaufen streckenweise fast gerade durch<br />

die Anlage. Damit knüpft sie an die landschaftliche<br />

Gestaltung des 19. Jahrhunderts an und zeigt sich<br />

unberührt von der geometrischen Formsprache der<br />

1920er Jahre. Auch konzeptionell fällt sie hinter die<br />

Errungenschaften des Volksparks zurück, denn ursprünglich<br />

waren keine Spielplätze vorgesehen, und<br />

die Rasenflächen durften nicht betreten werden. Zu<br />

erklären ist dies möglicherweise mit der mangelnden<br />

planerischen Betreuung des Vorhabens, vielleicht<br />

aber auch mit der Nähe zum Innocentiapark,<br />

einer kleinen <strong>Grün</strong>anlage des späten 19. Jahrhunderts,<br />

an deren Gestaltung offenkundig angeknüpft<br />

wird. Trotzdem wäre es falsch, die Anlage als unbedeutend<br />

oder gesichtslos zu bewerten. Sie ist die<br />

erste Anlage dieser Art in Hamburg und steht somit<br />

am Beginn der Großwohnsiedlungen. Es ist sicherlich<br />

die Absicht der Planer bzw. der Ausführenden<br />

gewesen, den strengen Hochhausscheiben eine lockere,<br />

großzügige Außenanlage zu geben, die noch<br />

einmal den Gedanken der „Landschaft in der Stadt“<br />

aufgreift. Insofern geht es eher darum, den Gebäuden<br />

eine grüne Umgebung an die Seite zu stellen<br />

und weniger um eine eigenständige <strong>Grün</strong>anlage.<br />

Dies verbindet das Projekt auch mit der Interbau im<br />

Berliner Hansa-Viertel von 1953, deren Gebäude<br />

völlig anders konzipiert sind, deren <strong>Grün</strong>anlage jedoch<br />

deutliche Ähnlichkeit zeigt.<br />

Der Alsterpark<br />

Das westliche Schwemmland der Alster, dessen Ufer<br />

bis ins 18. Jahrhundert hinein nicht befestigt waren,<br />

wurde bereits um 1300 von den Zisterzienserinnen


Jens Beck: <strong>Grün</strong>anlagen in Hamburg nach 1945<br />

Abb. 3a/b: Alsterpark, nach Plänen von Gustav Lüttge angelegt, 1953 eröffnet.<br />

Blick Richtung Süden in die mittlere Partie (oberes Foto). Alsterpark, Blick Richtung<br />

Norden (unteres Foto).<br />

Fotos: Jens Beck<br />

des Klosters Harvestehude als Weideland<br />

genutzt, später auch von<br />

Anwohnern zum Gartenbau. Der<br />

Wasserstand der Alster war in diesem<br />

Bereich relativ gleichmäßig,<br />

weil für den Betrieb der Mühlen<br />

am Jungfernstieg schon im späten<br />

Mittelalter eine umfassende<br />

Regulierung der Außenalster notwendig<br />

war. 2 Im 18. Jahrhundert<br />

wurde die reizvolle Gegend von<br />

ersten wohlhabenden Familien<br />

für Sonntagausflüge entdeckt, es<br />

entstanden kleine Sommerhäuser,<br />

die im Lauf des 19. Jahrhunderts<br />

durch repräsentative Villen ersetzt<br />

wurden. Das Alstervorland wurde<br />

wegen des hohen Grundwasserstands<br />

nicht bebaut. Auch später<br />

unterblieb eine Bebauung, da die<br />

Stadt 1889 ein entsprechendes<br />

Verbot erließ. Denn Franz Andreas<br />

Meyer, der damalige Oberingenieur<br />

der Baudeputation, plante<br />

eine Ringstraße um die Außenalster,<br />

die von öffentlichen <strong>Grün</strong>anlagen<br />

begleitet werden sollte.<br />

Das Alstervorland war als größte<br />

und bedeutendste Parkanlage in<br />

diesem Konzept vorgesehen. Das<br />

Gelände, das in schmale Parzellen<br />

unterteilt war, sollte zusammengefasst<br />

und als öffentliche Parkanlage<br />

der Bevölkerung übergeben<br />

werden. Die 1875 begonnene Gestaltung<br />

blieb jedoch unvollendet,<br />

weil der Erwerb der Grundstücke<br />

schwierig und durch den hohen<br />

Grundwasserstand die Bepflanzung<br />

problematisch war.<br />

43


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

44<br />

Erst in der Nachkriegszeit hat das Gelände im Rahmen<br />

der IGA53 eine umfassende Gestaltung erfahren,<br />

und es scheint so, als hätten sich die Ideen des<br />

19. Jahrhunderts erst mit dem Entwurf von Gustav<br />

Lüttge konkretisiert. Denn Lüttge legte eine Planung<br />

vor, die nicht nur zu seinen besten Leistungen zählt,<br />

sondern das Alstervorland, von da an Alsterpark genannt,<br />

zu der bedeutendsten <strong>Grün</strong>anlage Hamburgs<br />

in den frühen 1950er Jahren macht. Hinzu kommt,<br />

dass die Ausstellung „Plastik im Freien“, die 1953<br />

auf dem Gelände gezeigt wurde und auf die hin<br />

Lüttges Entwurf konzipiert war, die erste große Präsentation<br />

<strong>modern</strong>er Skulpturen in Deutschland nach<br />

dem nationalsozialistischen Regime war. 3 Zwei Jahre<br />

vor der ersten dokumenta in Kassel wurde in Hamburg<br />

bereits ein wesentlicher Schritt getan, um die<br />

Diskreditierung der zeitgenössischen Kunst durch<br />

die Nationalsozialisten zu beenden und die deutsche<br />

Kunst wieder in den internationalen Kontext<br />

zu stellen. Der Entwurf von Lüttge beschränkte sich<br />

auf den mittleren Teil der Anlage; die nördlichen und<br />

Abb. 4: Alsterpark, Sitzmauer.<br />

südlichen Grundstücke des Alstervorlandes konnten<br />

erst in den Jahren nach der Gartenschau von der<br />

Stadt erworben werden. In den Jahren nach 1970<br />

sind einige Veränderungen an der Anlage erfolgt,<br />

die jedoch nicht grundlegend in die Gestaltung eingegriffen<br />

haben. Vor allem die Anpflanzung neuer<br />

Gehölze, etwa der 200 japanischen Zierkirschen<br />

oder der markanten Pappelrondelle, hat die Weitläufigkeit<br />

der Anlage beeinträchtigt. Auch der starke<br />

Kontrast zwischen der architektonischen Partie<br />

im Westen und dem landschaftlich geformten Teich<br />

an der Ostseite ist durch weitere Pflanzungen abgeschwächt<br />

worden. Insgesamt ist die Konzeption<br />

Lüttges noch gut erhalten, aber etwas verunklärt.<br />

Der Park der City Nord<br />

Der 1959 beschlossene Bau der City Nord als neuer Gewerbestandort<br />

am Stadtpark kam einem Befreiungsschlag<br />

gleich, denn in der zunehmend verdichteten<br />

Innenstadt war kein Raum mehr für größere Bürokomplexe,<br />

und alle anderen Überlegungen zu deren<br />

Ansiedlung (z.B. das Alstercenter in<br />

St. Georg) hatten sich wegen der<br />

dazu notwendigen Flächenabrisse<br />

zerschlagen. Mit der Entscheidung<br />

für das neue Geschäftszentrum, das<br />

fast so groß wie die Hamburger Altstadt<br />

sein sollte, weitgehend freies<br />

Gelände weit außerhalb der bisherigen<br />

Geschäftsquartiere zu erschließen,<br />

konnten die Planungen endlich<br />

beginnen. Ein erster Masterplan<br />

wurde noch im selben Jahr vorgelegt,<br />

die Ausführung dauerte über<br />

dreißig Jahre. 1991 wurde der dritte<br />

und vorerst letzte Bauabschnitt abgeschlossen,<br />

seitdem sind jedoch<br />

immer wieder neue Gebäude errichtet<br />

und weitreichende Veränderungen<br />

vorgenommen Foto: Jens Beck<br />

worden.


Jens Beck: <strong>Grün</strong>anlagen in Hamburg nach 1945<br />

Abb. 5: Park der City Nord. In dem 1965 durchgeführten Wettbewerb wurde der<br />

Entwurf von Günther Schulze mit dem 1. Preis ausgezeichnet. Nach langer Planungsphase<br />

und der Überarbeitung des Entwurfs wurde 1975 mit der Ausführung<br />

begonnen. Blick in die Anlage Richtung Norden.<br />

Foto: Jens Beck<br />

Günther Schulze, der auch mit der<br />

Ausführung der Planung beauftragt<br />

wurde. Der Entwurf führte zu<br />

einer kontroversen Diskussion, weil<br />

Schulze konsequent geometrische<br />

Formen verwendete und mit großen,<br />

zusammenhängenden Einheiten<br />

arbeitete. Die <strong>Grün</strong>anlage sollte<br />

den massigen Geschäftshäusern mit<br />

einer klaren Formsprache begegnen<br />

und nicht – wie im Fall der Grindelhochhäuser<br />

– eine weiche, landschaftliche<br />

Einbettung herstellen.<br />

Die Anlage bildet darüber hinaus<br />

neben dem Erschließungssystem<br />

der Straßen und Wege eine eigenständige<br />

Gliederungsebene; von<br />

der zentralen <strong>Grün</strong>anlage gehen<br />

Alleen, Baumreihen und schmale<br />

<strong>Grün</strong>streifen aus, die zwischen den<br />

Gebäuden hindurchführen.<br />

Wie bei den Grindel-Hochhäusern<br />

war von Anfang an eine<br />

große, zentrale <strong>Grün</strong>anlage geplant,<br />

denn die City Nord wurde als<br />

„Bürostadt im <strong>Grün</strong>en“ konzipiert.<br />

„Dem Inbegriff der ‚aufgelockerten<br />

Stadt‘ folgend sollten großzügige<br />

<strong>Grün</strong>flächen das Bild der Bürostadt<br />

prägen, den vielen Beschäftigten<br />

als Erholungsflächen dienen und<br />

den repräsentativen Charakter der<br />

großen Verwaltungsgebäude zur<br />

Geltung kommen lassen.“ (SOG-<br />

GIA 2009: 236). Außerdem war<br />

intendiert, die City Nord mit dem<br />

Stadtpark durch die <strong>Grün</strong>anlage<br />

zu verbinden. Den 1965 ausgeschriebenen<br />

Wettbewerb gewann<br />

Abb. 6: Park der City Nord, Blick in den Hauptweg nach Süden.<br />

Foto: Jens Beck<br />

45


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

Da in der Nachkriegszeit bei der Bebauung großer<br />

Quartiere, anders als noch in den 1920er Jahren,<br />

zuerst die Gebäude errichtet wurden und erst<br />

am Schluss die <strong>Grün</strong>anlagen, konnte mit der Ausführung<br />

des Parks erst zehn Jahre nach der Wettbewerbsentscheidung<br />

begonnen werden. Zu diesem<br />

Zeitpunkt hatten sich die Rahmenbedingungen jedoch<br />

schon erheblich verschlechtert, so dass für den<br />

Park deutlich weniger Mittel bereitstanden als ursprünglich<br />

geplant. Günther Schulze musste daher<br />

seinen Entwurf überarbeiten und auf wesentliche<br />

Elemente seiner ursprünglichen Planungsidee verzichten.<br />

1975 legte er einen modifizierten Entwurf<br />

vor, aus dem beispielsweise der große Kanal mit<br />

einem Wasserfall gestrichen war. An seine Stelle war<br />

ein hoher Erdwall getreten, der nun das Rückgrat<br />

der Anlage bildete. Andere Grundgedanken, vor allem<br />

die Verwendung linearer und blockhafter Gehölzstrukturen,<br />

konnte Schulze jedoch beibehalten.<br />

In dieser Form wurde der Plan ausgeführt. Obwohl<br />

die Gestaltung Schulzes von Anfang an kritisiert<br />

wurde und trotz der langen Planungszeit zählt die<br />

Anlage zu den wichtigsten <strong>Grün</strong>anlagen Hamburgs<br />

aus den 1960er Jahren. Vor allem im Hinblick auf<br />

die Gehölzverwendung und die Raumbildung unterscheidet<br />

sich der Park von anderen Anlagen der Zeit.<br />

Auch die Radikalität, mit der Schulze geometrische<br />

Grundformen einsetzt, wirkt heute noch <strong>modern</strong><br />

und kompromisslos. Dabei ist das Erscheinungsbild<br />

keineswegs abweisend, denn die Anzahl der sehr<br />

unterschiedlichen Aufenthaltsbereiche ist groß.<br />

1 Siehe dazu: SCHILDT 2007.<br />

2 Siehe dazu ASSCHENFELDT 2011.<br />

3 Siehe dazu: HEISE 1953.<br />

Literatur<br />

ASSCHENFELDT, V. (2011): Harvestehude – Eppendorf : Leben<br />

an der Alster – Hamburg von seiner besten Seite. – Hamburg.<br />

HEISE, C.-G. (1953): Plastik im Freien: Ausstellung anläßlich<br />

der Internationalen Gartenbau-Ausstellung auf dem Alstervorland<br />

am Harvestehuder Weg vom 30. April bis zum<br />

31. Oktober 1953. – Hamburg.<br />

SCHILDT, A. (2007): Die Grindelhochhäuser: eine Sozialgeschichte<br />

der ersten deutschen Wohnhochhausanlage<br />

Hamburg-Grindelberg 1945–1956. – München.<br />

SOGGIA, S. (2009): city nord – Europas Modellstadt der Moderne.<br />

– München/Hamburg.<br />

<br />

46


Heino Grunert: Kontinuität durch Wandel<br />

Kontinuität durch Wandel<br />

Stadtentwicklung durch Gartenschauen am Beispiel des westlichen<br />

Hamburger Wallrings<br />

Heino Grunert<br />

Zusammenfassung<br />

Gartenbauausstellungen haben in<br />

Hamburg bis weit zurück in das 19.<br />

Jahrhundert hinein eine lange Tradition.<br />

Auch wenn die Veranstalter wechselten,<br />

haben diese Ausstellungen immer wieder<br />

wichtige Impulse für die Stadtentwicklung<br />

gegeben. Insbesondere der gärtnerisch<br />

vor 200 Jahren erstmalig umgestaltete<br />

westliche Wallring bot mit seiner<br />

spannenden Topographie ideale Voraussetzungen.<br />

Und so wundert es nicht, dass insbesondere die<br />

IGA‘s der Nachkriegszeit auch auf der Grundlage<br />

der Niederdeutschen Gartenschau von 1935 eine Erfolgsgeschichte<br />

geschrieben haben. Heute können<br />

hier auf engstem Raum gärtnerische Gestaltungsprinzipien<br />

verschiedener Jahrzehnte in hoher Qualität<br />

unmittelbar nebeneinander in einem zusammenhängenden<br />

Kontext wahrgenommen werden.<br />

Hamburger Gartenbauausstellungen<br />

Gartenbauausstellungen haben in Hamburg seit<br />

Mitte des 19. Jahrhunderts wichtige Impulse für die<br />

Stadtentwicklung und, mehr noch, für die Identität<br />

der Stadt und ein starkes, grünes Selbstverständnis<br />

gegeben. Anders als heute waren seinerzeit<br />

die Gärtnerei und hier insbesondere die Pflanzenanzucht<br />

und die Jagd nach botanischen Raritäten<br />

aus Übersee ein bedeutender Teil großbürgerlicher<br />

Selbstdarstellung. Im Aufbau wertvoller Pflanzensammlungen<br />

taten sich damals auch Hamburger<br />

Ratsherren und Bürgermeister hervor,<br />

wie auch der Pflanzenhandel durch Hafen<br />

und Handelsbeziehungen hier von<br />

jeher fest verankert war. Und so ist es<br />

nicht verwunderlich, dass im Hamburger<br />

Raum schon früh bedeutende Gärtnereien<br />

und Baumschulen entstanden,<br />

die ihre Produkte nicht nur europaweit<br />

vertrieben. Baumschüler und Gärtner<br />

waren damals in der Lage, den Hunger<br />

des botanisch interessierten Bildungsbürgertums<br />

nach Neuheiten und Raritäten zu befriedigen, die<br />

dann vielfach auf Ausstellungen zum Ruhm ihrer<br />

Besitzer gezeigt und prämiert worden sind. Landwirtschaft,<br />

aber auch Gewerbe und Industrie nutzten<br />

damals ebenfalls diese Chance der Selbstdarstellung.<br />

Und letztendlich sind es seit 1851 auch<br />

die Weltausstellungen, die diese Thematik aufgegriffen<br />

haben und auf eine bisher nicht gekannte<br />

Ebene hoben.<br />

Neben den doch eher regionalen Ausstellungen<br />

des hiesigen Garten- und Blumenbauvereins lässt<br />

sich der Beginn des professionellen gärtnerischen<br />

Ausstellungswesens in Hamburg auf die Internationale<br />

Landwirtschaftliche Ausstellung 1863 mit einer<br />

Blumen- und Pflanzenausstellung auf dem Freigelände<br />

des Heiligengeistfeldes zurückführen. 1 Unweit<br />

hierzu wurde im gleichen Jahr der Zoologische Garten<br />

nördlich des bereits 1821 in den Wallanlagen<br />

gegründeten Botanischen Gartens eröffnet. Und<br />

dieser Zoologische Garten war auch immer Ausstel-<br />

47


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

48<br />

Abb. 1: Pflanzenhaus der Gartenbauausstellung 1869.<br />

Foto: aus: Bildband zur Gartenbauausstellung<br />

lungsgelände, eine Tradition, die am gleichen Ort bis<br />

heute fortgeführt wird (Messe).<br />

Die Ausrichtung einer Internationalen Gartenbauausstellung<br />

1869 initiierten die<br />

vereinigten Gärtner in Hamburg<br />

und Altona gemeinsam mit Kaufleuten<br />

und Vertretern der Stadt im<br />

südlichen Teil der ehemaligen Wallanlagen.<br />

Erstmalig wurde dazu ein<br />

etwa 14 ha großer Ausstellungspark<br />

zu beiden Seiten des Millerntors<br />

gebaut, ein Gelände, das<br />

rund 50 Jahre vorher im Rahmen<br />

der Entfestigung der Stadt durch<br />

den Bremer Kunstgärtner Isaak Altmann<br />

nach der damals geltenden<br />

landschaftlichen Mode gestaltet<br />

worden war. Für die gärtnerische<br />

Planung der Ausstellung war der<br />

Garteningenieur Friedrich J. C. Jürgens<br />

aus Ottensen verantwortlich.<br />

Der Ort war gut gewählt, bot die<br />

Topographie mit dem ehemaligen<br />

Wallgraben, den Anhöhen alter<br />

Bastionen und den Blicken auf die<br />

Elbe doch ein reizvolles Umfeld.<br />

Für die Ausstellungsarchitekturen<br />

war der namhafte Hamburger Baumeister<br />

Martin Haller zuständig.<br />

Glashäuser und Schweizerei, wie<br />

auch die Hängebrücke über den<br />

Wallgraben sind Themen, die auch<br />

bei späteren Ausstellungen wieder<br />

aufgegriffen worden sind.<br />

20 Jahre später fand 1889 parallel<br />

zur Hamburgischen Gewerbe-<br />

und Industrieausstellung eine<br />

halbjährige Gartenbauausstellung<br />

nördlich des Millerntors statt. Aufgrund<br />

der Länge der Veranstaltung<br />

konnten nun auch, je nach Jahreszeit, unterschiedliche<br />

Themen bedient werden. Träger der Ausstellung<br />

war diesmal der Hamburger Garten- und Blumen-<br />

Abb. 2: Rosarium der Gartenbauausstellung 1897.<br />

Foto: Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt, Archiv Gartendenkmalpflege


Heino Grunert: Kontinuität durch Wandel<br />

bauverein. Idee und Konzept müssen so überzeugend<br />

gewesen sein, dass 1897, acht Jahre später<br />

erneut eine halbjährige Ausstellung am gleichen Ort<br />

in den Wallanlagen stattfand. Die Stadt Hamburg<br />

war an maßgeblicher Stelle im Ausstellungskomitee<br />

vertreten und begriff die Veranstaltung auch für<br />

Zwecke der Selbstdarstellung und Eigenwerbung.<br />

Die Bauaufsicht hatte diesmal der Garteningenieur<br />

Rudolf Jürgens. Vor allem durch Begleitveranstaltungen<br />

wie Tagungen, Konzertabende und Freizeit- und<br />

Vergnügungseinrichtungen entwickelte sich diese<br />

Allgemeine Gartenbauausstellung zu einem Vorläufer<br />

heutiger Gartenbauausstellungen.<br />

Das Thema einer Gartenbauausstellung wurde in<br />

ganz Deutschland aufgegriffen, und insbesondere<br />

auch in der Folge der Ausstellungen von Düsseldorf<br />

1904, Darmstadt 1905 und Mannheim 1907 wurde<br />

auch das Thema der Gartenkunstreform angesprochen,<br />

das in Hamburg bei der zeitgleichen Diskussion<br />

um die Gestaltung eines <strong>modern</strong>en Stadtparks<br />

eine zentrale Rolle spielte. In der preußischen Stadt<br />

Altona wurde anlässlich des 250-jährigen Stadtjubiläums<br />

1914 eine große Gartenbauausstellung am<br />

Elbufer im Bereich Heinepark, Donners Park und<br />

des Altonaer Stadtparks beiderseits der Flottbeker<br />

Abb. 3: Gartenbauausstellung Altona 1914.<br />

Quelle: Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt, Archiv Gartendenkmalpflege<br />

Chaussee, heute Elbchaussee, durchgeführt. Kurz<br />

zuvor wurde in Altona die öffentliche <strong>Grün</strong>verwaltung<br />

eingerichtet und Ferdinand Tutenberg, der erste<br />

preußische Gartenbaudirektor in Altona, bekam<br />

nicht nur mit der Anlage des Volksparks, sondern<br />

mehr noch mit dieser Gartenbauausstellung eine<br />

große Aufgabe. Anders als Jahre zuvor in Hamburg<br />

gab es nun einen starken regionalen Bezug. So<br />

entstanden u.a. ein später in den Volkspark transloziertes,<br />

niederdeutsches Bauernhaus, ein Schulgarten,<br />

ein Bauerngarten, aber auch Vogelschutzgehölze<br />

und Musterkleingärten. Die Betonung des<br />

Niederdeutschen und die Kraft der Gestaltung eines<br />

schlichten Bauerngartens waren letztendlich ja auch<br />

Themen, die seinerzeit Alfred Lichtwark, Direktor der<br />

Hamburger Kunsthalle, immer wieder herausstellte,<br />

und die bei der nahezu zeitgleichen Gestaltung des<br />

Hamburger Stadtparks und des Altonaer Volksparks<br />

vor 100 Jahren aufgegriffen worden sind. Leberecht<br />

Migge, damals freiberuflich in Hamburg tätig und<br />

zweifellos einer der großen Gartenarchitekten seiner<br />

Zeit, urteilte im Ergebnis gleichwohl bissig über die<br />

Altonaer Ausstellung, weil die neuen Ideen in der<br />

Gartenkunst zu wenig umgesetzt worden seien. Das<br />

Gelände nördlich der Flottbeker Chaussee wurde bis<br />

weit in die 1920er Jahre hinein als<br />

Altonaer Ausstellungs- und Veranstaltungsgelände<br />

für verschiedene<br />

Zwecke genutzt.<br />

1935, 21 Jahre später, wurde<br />

die Niederdeutsche Gartenschau<br />

Planten un Blomen eröffnet. Auch<br />

hier spielte das Thema Ausstellung<br />

eine große Rolle. Das Vakuum der<br />

aufgelassenen Friedhöfe vor dem<br />

Dammtor wie auch eines insolventen<br />

Zoos an prominenter Stelle war<br />

eine städtebauliche wie grünplanerische<br />

Herausforderung. Sie wurde<br />

von den Nationalsozialisten auf-<br />

49


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

gegriffen, und innerhalb weniger<br />

Monate wurde eine Gartenschau<br />

mit Ausstellungsbetrieb gebaut.<br />

Wie bereits 1914 in Altona übernahm<br />

auch 1934/35 die städtische<br />

<strong>Grün</strong>verwaltung Planung und Bau<br />

der Anlage. 2 Verantwortlich waren<br />

in der zuständigen Behörde für<br />

Technik und Arbeit, Hans Meding,<br />

damals Leiter des Garten- und<br />

Friedhofswesens, zusammen mit<br />

seinem Mitarbeiter, Gartengestalter<br />

3 Karl Plomin, der sich mit dem<br />

Erfolg dieses Projektes später selbstständig<br />

machte. Diese Niederdeutsche<br />

Gartenschau war weniger eine Leistungsschau<br />

der Gewerbetreibenden, im Vordergrund stand vielmehr<br />

der Bau einer <strong>modern</strong>en Parkanlage. Und es<br />

war auch eine große, politisch motivierte Arbeitsbeschaffungsmaßnahme.<br />

Eher volkstümlichen Elementen<br />

wie der Niederdeutschen Bauernschänke<br />

(vergleichbare Architekturen wurden bereits 20 Jahre<br />

vorher beim Bau des Stadtparks oder auch der<br />

Gartenbauausstellung in Altona realisiert) wurden<br />

<strong>modern</strong>e Bauwerke wie die Betonkonstruktion der<br />

Abb. 4a: Wasserkaskade von 1935.<br />

Foto: Heino Grunert<br />

Orchesterplattform oder das Orchideencafé gegenübergestellt.<br />

Sommerblumen aus Ländern rund um<br />

den Erdball wurden genauso gezeigt wie eine Kakteensammlung,<br />

die noch im Kriegsjahr 1940 durch<br />

Pflanzenexkursionen nach Mexiko ausgebaut worden<br />

war und eine der bedeutendsten in Deutschland<br />

war. 4 Nach dem Ende der Niederdeutschen<br />

Gartenschau wurde das eintrittspflichtige Gelände<br />

mit seiner überzeugenden Parkgestaltung weiterhin<br />

herausragend gepflegt und weiter ausgebaut.<br />

Und es erfüllte vor allem auch als<br />

Ausstellungsparkanlage zumindest<br />

bis zu den verheerenden Bombenangriffen<br />

auf Hamburg 1943 ihren<br />

politischen Zweck.<br />

50<br />

Abb. 4b: Wasserkaskade von 1935.<br />

Foto: Heino Grunert<br />

Nachkriegszeit und Wiederaufbau<br />

Während Planten un Blomen und<br />

der Botanische Garten nach Kriegsende<br />

sehr schnell als präsentable<br />

<strong>Grün</strong>anlagen hergerichtet waren,<br />

wurden die südlich gelegenen Teile<br />

der sogenannten Großen und<br />

Kleinen Wallanlagen mit Trümmer-


Heino Grunert: Kontinuität durch Wandel<br />

Abb. 5: Übersichtsplan der IGA63.<br />

Quelle: Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt, Archiv Gartendenkmalpflege<br />

schutt egalisiert, der Wallgraben verfüllt und die<br />

Anlagen in vereinfachter Form hergerichtet. Dabei<br />

verschwanden u.a. auch letzte Elemente der Gartenbauausstellung<br />

von 1897 unter der Erde. 1948 fand<br />

die Ausstellung „Hamburg am Werk“ in Planten un<br />

Blomen statt und 1951 mit 800.000 Besuchern auf<br />

großen Teilen des Wallgeländes die Ausstellung der<br />

Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft DLG.<br />

Mit der IGA53 unter der gartenkünstlerischen Gesamtleitung<br />

von Karl Plomin wurden in der ursprünglich<br />

eher architektonisch ausgerichteten Anlage von<br />

Planten un Blomen nun landschaftliche Schwerpunkte<br />

gesetzt. Und Plomin sorgte dafür, dass wesentliche<br />

Teile seiner Planung von 1935 erhalten blieben und<br />

sich in die Nachkriegsgestaltung einfügten. Das alte<br />

Aufmarschgelände mit den Baracken für displaced<br />

persons an der Jungiusstraße und das in der Nähe liegende<br />

ehemalige Zwangsarbeiterlager wurden durch<br />

den Neubau des Messe- und Ausstellungsgeländes in<br />

Anspruch genommen, das nicht zuletzt auch durch<br />

die IGA erforderlich geworden ist. Politisch ging es<br />

vor allem auch darum, die Erfolge des Wiederaufbaus<br />

nicht nur hier, sondern beispielhaft in der ganzen<br />

Stadt zu zeigen. Licht und Beleuchtung spielte wie<br />

schon 1897 eine sehr große Rolle auf der IGA. Vor<br />

allem der gläserne Philipsturm mit seinen Neonröhren<br />

an der Stelle der ehemaligen Eulenburg des alten Zoologischen<br />

Gartens war ein neues, weithin sichtbares<br />

Wahrzeichen. Mit der seinerzeit viel beachteten Ausstellung<br />

„Plastik im Freien“ (Gartenarchitekt Gustav<br />

Lüttge) an der Außenalster gelang es nicht nur, über<br />

die bildende Kunst das <strong>modern</strong>e Deutschland international<br />

zu präsentieren, sondern auch das Thema der<br />

dezentralen Gartenbauausstellung anzusprechen.<br />

Die fünf Millionen Besucher 1953 waren Ansporn<br />

genug, zehn Jahre später erneut eine IGA in Hamburg<br />

51


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

Abb. 6: Übersichtsplan der IGA73.<br />

Quelle: Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt, Archiv Gartendenkmalpflege<br />

52<br />

durchzuführen. Auch die IGA63 ließ den Kern der Plominschen<br />

Planungen von 1935 und 1953 weitgehend<br />

unberührt. Günther Schulze und Heinrich Raderschall<br />

arbeiteten überwiegend in den Großen und Kleinen<br />

Wallanlagen, 5 während Plomin den Bereich von<br />

Planten un Blomen und dem Botanischen Garten bearbeitete.<br />

6 Hier entstand nun das einzigartige Ensemble<br />

von Mittelmeerterrassen, Schaugewächshäusern<br />

(Architekt Bernhard Hermkes) und der Johan-van-<br />

Valckenburgh-Brücke. Der gestalterische Aufbruch in<br />

die Neuzeit wurde dennoch vor allem in den Großen<br />

Wallanlagen, der Fläche der Allgemeinen Gartenbauausstellung<br />

von 1897, gezeigt. Wegweisende Leistung<br />

der IGA63 war die kreuzungsfreie Erschließung<br />

der Parkanlage durch die Untertunnelung der querenden<br />

Straßen. Dass es damals nicht gelang, auch den<br />

Bereich des Millerntors und des Alten Elbparks miteinzubeziehen,<br />

wirkt bis heute nach. Und so trennt heute<br />

die vielspurige Ost-West-Straßenverbindung immer<br />

noch die Durchgängigkeit des grünen Wallrings.<br />

Die Kosten der IGA63 waren vor allen durch die<br />

Brücken- und Tiefbaumaßnahmen erheblich, und für<br />

die Stadt, die noch die Folgen der Sturmflut von 1962<br />

trug, beträchtlich. Die IGA63 wird heute oft als eine<br />

der bedeutendsten Gartenbauausstellungen schlechthin<br />

bewertet. Alles schien möglich, selbst das Wasser<br />

floss bergauf. Moderne Technik im Gartenbau wurde<br />

auf dem benachbarten Heiligengeistfeld gezeigt.<br />

Das <strong>modern</strong>e Deutschland zeigte sich weltoffen vor<br />

allem auch über die zahlreichen internationalen Gärten.<br />

In respektabler Hausgartengröße zeigten damals<br />

einige der bedeutendsten Gartenarchitekten der Zeit<br />

ihre Vorstellungen <strong>modern</strong>er Gartenkunst. Mit dabei<br />

waren Gunnar Martinsson (Schweden), Roberto Burle<br />

Marx (Brasilien) oder Ernst Cramer (Schweiz), um nur<br />

einige zu nennen. Diese Gärten fanden in der Fach-


Heino Grunert: Kontinuität durch Wandel<br />

Abb. 7: IGA73 mit Hamburgmuseum.<br />

Foto: Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt,<br />

Archiv Gartendenkmalpflege<br />

welt zwar sehr großen Zuspruch, bei vielen Besuchern<br />

der IGA aber nur vergleichsweise geringes Interesse.<br />

Vielleicht waren sie für die Zeit doch zu <strong>modern</strong>?<br />

Publikumsliebling war unbestritten der Französische<br />

Garten. Und bis heute hat nur der marokkanische<br />

Schlangengarten die Zeit überdauert.<br />

Zur IGA73 wurden durch erhebliche Umgestaltungen<br />

die verschiedenartigen Teile der Wallanlagen<br />

zu einem einheitlichen Ausstellungsgelände zusammengefasst.<br />

Die ursprüngliche Idee, die Gartenbauausstellung<br />

in der Hamburger Peripherie zu zeigen,<br />

wurde wegen der vorteilhaften Infrastruktur der innenstadtnahen<br />

Lage wieder aufgegeben. 7 Das von<br />

1970 bis 1973 erbaute Congress Centrum Hamburg<br />

CCH und das SAS-Hotel griffen deutlich in den Bestand<br />

der Parkanlage ein und veränderten den Bereich<br />

des ehemaligen Haupteingangs der 1935er<br />

Gartenschau erheblich. Zusammen mit dem Fernsehturm<br />

von 1968 entstand eine neue Dimensionalität an<br />

den Rändern der Parkanlage. Zeitgleich mit den Planungen<br />

zur IGA wurde auch die Verlegung des Botanischen<br />

Gartens hinaus nach Klein-Flottbek betrieben.<br />

Im Gegensatz zu den erheblichen Eingriffen in die<br />

Parkanlage ist die großräumige Überdeckelung der<br />

Marseiller Straße und das dadurch ermöglichte Zusammenwachsen<br />

von Planten un Blomen mit dem<br />

Botanischen Garten positiv zu werten. Anders als<br />

1963 wurde nun auch weniger das Fachpublikum<br />

angesprochen als vielmehr die <strong>modern</strong>e Freizeitgesellschaft.<br />

Der Spielplatz Bullerberge begeistert heute<br />

noch genauso wie die damals neu entstandene Eisund<br />

Rollschuhbahn. Parallel zur IGA rief die Tagespresse<br />

über die Aktion „<strong>Grün</strong>es Hamburg“ zu Baumspenden<br />

in der ganzen Stadt auf. Und eines darf<br />

unter dem Blick auf die deutsch-deutsche Geschichte<br />

auch nicht vergessen werden: Die DDR, die mit einer<br />

Reihe von iga (zur Abgrenzung dort klein geschrieben)<br />

in Erfurt Erfahrungen hatte, war erstmalig offiziell<br />

auf einer westdeutschen Gartenbauausstellung<br />

vertreten.<br />

Unterstützt durch eine fast enthusiastische Berichterstattung<br />

durch die Hamburger Tagespresse übertraf<br />

die IGA73 die Erwartungen bei weitem, wenngleich<br />

es auch deutliche Kritik am ungenügenden Nachnutzungskonzept<br />

und der starken Verwendung von<br />

Beton gab. 8 1974 übernahm die Hamburger <strong>Grün</strong>verwaltung<br />

die Pflege des Parks, der bis dahin von einem<br />

Regiebetrieb der Hamburger Messe unterhalten worden<br />

war. Die verschiedenen Teile der westlichen Wallanlagen<br />

wurden nun als Wallringpark bezeichnet, die<br />

Parkanlage zum ersten Mal für die Bevölkerung ohne<br />

Eintritt erleb- und nutzbar. 9<br />

Abb. 8: IGA73, Kaskaden.<br />

Foto: Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt,<br />

Archiv Gartendenkmalpflege<br />

53


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

54<br />

Die zunächst geplante IGA83, nun endlich auch<br />

unter Einbeziehung des Alten Elbparks südlich des Millerntors,<br />

fand dann doch in München statt. Die letzten<br />

großen Eingriffe waren vor wenigen Jahren die Erweiterung<br />

des Congresszentrums in die Parkanlage hinein<br />

und ein neuer Messeeingang. Auch wenn bei den hier<br />

genannten Gartenbauausstellungen meist eine Leistungsschau<br />

gärtnerischer Selbstdarstellung im Vordergrund<br />

gestanden hat, haben diese oft raumgreifenden<br />

Freilandausstellungen der Stadt- und <strong>Grün</strong>entwicklung<br />

bedeutende Impulse gegeben. Die Bandbreite geht von<br />

der Sicherung ehemals privater Gartenanlagen als öffentliches<br />

<strong>Grün</strong> über die Nachnutzung eines ehemaligen<br />

Zoo- und Friedhofsgeländes, der Zugänglichkeit und<br />

Sicherung großer Flächen an der Außenalster bis zum<br />

Bau einer kreuzungsfreien <strong>Grün</strong>anlage vom Dammtor<br />

zum Millerntor, um nur einige zu nennen. Kernbereich<br />

Hamburger Gartenbauausstellungen waren jahrzehntelang<br />

die historischen Wallanlagen, die in diesen Jahren<br />

auf eine 200-jährige Geschichte öffentlicher Erholungsnutzung<br />

zurückblicken können. Die Gartenbauausstellungen<br />

boten mit ihren zahlreichen begleitenden Tagungen<br />

und Aktionen ein viel beachtetes Forum für den<br />

internationalen Austausch. Eine besondere Rolle spielt<br />

der Name Planten un Blomen. Heute gehört die aus den<br />

verschiedenen Gartenbauausstellungen hervorgegangene<br />

Parkanlage zu den herausragenden <strong>Grün</strong>flächen der<br />

Stadt; sie ist hier in besonderer Weise identitätsbildend,<br />

zu Recht in die Denkmalliste eingetragen und zählt zu<br />

den zehn bekanntesten Parkanlagen Deutschlands. Oft<br />

verdrängt oder vergessen ist heute aber auch die besondere<br />

Vergangenheit dieser Parkanlage. Zweifellos ist<br />

1935 eine neue, gestalterisch <strong>modern</strong>e, oft auch als zeitlos<br />

bezeichnete, innerstädtische Anlage entstanden. Die<br />

Vereinnahmung durch die Nationalsozialisten darf bei<br />

heutigen Betrachtungen und Bewertungen aber nicht<br />

außen vor bleiben. Heute geht es in der Stadtentwicklung<br />

nicht mehr um Wiederaufbau und Entdichtung.<br />

Hamburgs Schwerpunkte in der Stadtentwicklung liegen<br />

u.a. in der Hafencity und in Wilhelmsburg, und so<br />

war es mehr als folgerichtig, 40 Jahre nach der letzten<br />

Gartenbauausstellung nicht erneut die Wallanlagen umzugraben,<br />

sondern in einem neuen Gelände im Süden<br />

der Stadt mit dem Thema Gartenschau die Stadt-, <strong>Grün</strong>und<br />

Lebensqualität für die Bevölkerung zu verbessern.<br />

Maßgebliche Impulse zu den uns heute bewegenden<br />

Themen Verkehr und Lärmschutz, Sport, Bewegung<br />

und Gesundheit wie auch die Anbindung an das Wasser<br />

wurden durch die igs auf Grundlage der Gesamtplanung<br />

von Stephan Lenzen gegeben. Und die begleitende Bauausstellung<br />

zeigt nicht zuletzt auf ihre Weise, wie sich<br />

das <strong>modern</strong>e Hamburg entwickeln kann.<br />

Anmerkungen<br />

1 Vgl. auch STEINMEISTER, A. (2013): 150 Jahre Ausstellungstradition<br />

– Die Internationalen Hamburger Gartenbauausstellungen<br />

des 19. Jahrhunderts. – In: Stadt und <strong>Grün</strong> 4.2013, S. 23f.<br />

2 Vgl. auch Plansammlung der Behörde für Stadtentwicklung<br />

und Umwelt, Gartendenkmalpflege. Die Gartenschau war<br />

zunächst für zwei Jahre konzipiert.<br />

3 Unter Androhung einer Ordnungsstrafe untersagte die<br />

Reichskammer der bildenden Künste am 1.9.1934 die<br />

Verwendung der Berufsbezeichnung Garten- oder Landschaftsarchitekt<br />

und ordnete statt dessen die Bezeichnung<br />

Gartengestalter an.<br />

4 Siehe auch GRUNERT, H. (2010): 75 Jahre Planten un Blomen.<br />

Hamburgs Niederdeutsche Gartenschau von 1935.<br />

– In: Stadt und <strong>Grün</strong> 11.2010, S. 51–59.<br />

5 Siehe auch HAIST, M. (1996): Achtundzwanzig Männer<br />

brauchen einen neuen Anzug. Die internationalen Gärten<br />

auf der Internationalen Gartenbau-Ausstellung 1963 in<br />

Hamburg. – In: Die Gartenkunst 2.1996, S. 252–257.<br />

6 Siehe auch DÜHRING, A. und OERTZEN, J. von (1998): Karl<br />

Plomin – Ein Gartenarchitekt des 20. Jahrhunderts. Diplomarbeit<br />

an der Fachhochschule Osnabrück.<br />

7 Siehe auch MONARD, R. (1973): Die Wallanlagen als Erholungsraum.<br />

– In: Das Gartenamt 22, S. 191–200.<br />

8 Siehe auch ENDE, T. (1996): Planten un Blomen in Hamburg.<br />

Aktuelle Entwicklungen und Probleme seit dem Wettbewerb<br />

Wallringpark 1985. – In: (1996): Altstadt-City-Denkmalort,<br />

Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Hamburg Nr. 16,<br />

Hamburg.<br />

9 Mündliche Auskunft des früheren Betriebsleiters Thomas<br />

Ende.


Exkursion<br />

Holger Paschburg: Exkursion: Planten un Blomen, Hamburg/Westlicher Wallring<br />

Planten un Blomen, Hamburg/Westlicher Wallring<br />

Holger Paschburg<br />

Zusammenfassung<br />

Der Park Planten un Blomen ist heute<br />

zentrale <strong>Grün</strong>anlage der inneren<br />

Stadt. Er besteht aus vier Bereichen:<br />

Aus dem Gelände der ehemaligen Niederdeutschen<br />

Gartenschau „Planten<br />

un Blomen“ im Nordwesten und dem<br />

westlichen Wallring mit „Altem Botanischen<br />

Garten“ im Norden, den „Kleinen<br />

Wallanlagen“ mit Sievekingplatz<br />

und den „Großen Wallanlagen“ im Süden. Die<br />

Parkbereiche sind heute wesentlich durch überkommene<br />

Elemente der Gartenbauausstellungen<br />

bis 1973 geprägt, bilden darüber hinaus aber in<br />

der Topographie und im Baumbestand die vielfältigen<br />

vorhergehenden Nutzungen ab. Besonders<br />

im westlichen Wallring sind die ehemaligen Begrenzungen<br />

und Befestigungen der Hamburger<br />

Alt- und Neustadt ablesbar, auch wenn diese<br />

mehrfach überformt wurden.<br />

Entwicklung<br />

Um 1609 begannen in Hamburg Planungen<br />

zur Befestigung der Stadt mit einem<br />

Wallring und Wallgraben. Die Ausführung<br />

erfolgte 1615 unter Johan van Valkenburgh,<br />

die Fertigstellung um 1626.<br />

Der Wallring mit 22 Bastionen umgab die<br />

Hamburger Alt- und Neustadt halbkreisförmig<br />

im Westen, Norden und Osten.<br />

Die Flanken der Flussläufe Elbe und Alster<br />

waren durch Befestigung der Ufer- bzw. Hafenanlagen<br />

sowie der Wasserflächen (Baumwall) gesichert.<br />

Der Wallring wurde in seiner bis heute rund<br />

400jährigen Geschichte mehrfach verändert. Während<br />

die eigentliche, militärisch-schützende Bedeutung<br />

durch Baumpflanzungen auf den Wällen<br />

ab 1700 und Entfestigungsmaßnahmen ab 1804<br />

schnell abnahm, konnte die folgende Nutzung als<br />

<strong>Grün</strong>anlage weitgehend gesichert werden. Lediglich<br />

der östliche und nördliche Bereich des Wallrings wur-<br />

Abb. 1: Große Wallanlagen Hamburg, Museum für Hamburgische Geschichte auf der ehemaligen Bastion Henricus.<br />

Foto: dpl Landschaftsarchitekten, N. McGill 2013<br />

55


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

1935 die Niederdeutsche Gartenschau<br />

„Planten un Blomen“.<br />

Abb. 2: Kleine Wallanlagen Hamburg, Blick von Süden nach Norden mit Natursteinterrassen<br />

und Wasserlauf IGA 1963 vor der Wiederherstellung.<br />

Foto: dpl Landschaftsarchitekten, H. Paschburg 2001<br />

Heutiger Bestand<br />

Der westliche Wallring unterscheidet<br />

sich heute, vor allem topographisch,<br />

in zwei Abschnitten: Während<br />

im nordwestlichen Bereich mit<br />

Altem Botanischen Garten noch<br />

weitgehend der Wallgraben um<br />

die ehemalige Bastion Rudolphus<br />

ablesbar ist, sind die südlich angrenzenden<br />

ehemaligen Gräben<br />

der Großen und Kleinen Wallanlagen<br />

durch Trümmerschuttverfüllungen<br />

in der Nachkriegszeit von<br />

1946 bis 1950 stark verändert. Zur<br />

Internationalen Gartenbauausstellung<br />

1953, deren zentrales Ausstellungsgelände<br />

weiter nordwest-<br />

56<br />

de mit Eisenbahnstrecken und dem<br />

Bau des Hauptbahnhofes 1898 bis<br />

1906 belegt. Dagegen ist der westliche<br />

Wallring bis heute Parkanlage<br />

geblieben. Hier wurde im nordwestlichen<br />

Bereich ab 1819 der<br />

botanische Garten angelegt. In den<br />

weiter südlich anschließenden Bereichen<br />

der heutigen Großen Wallanlagen<br />

und dem heutigen Alten<br />

Elbpark fanden ab 1869 mehrfach<br />

Gartenbau- sowie Gewerbe- und<br />

Industrieausstellungen statt. Unterdessen<br />

entstand im Bereich des<br />

ehemaligen nordwestlichen Glacis<br />

vor dem Dammtor zwischen Wallring<br />

und vorgelagerter Sternschanze<br />

ab 1861 der ehemalige Hamburger<br />

Zoo und in dessen Nachfolge<br />

Abb. 3: Kleine Wallanlagen Hamburg, Blick von Süden nach Norden mit Wassertreppe<br />

und Natursteinterrassen IGA 1963 nach der Wiederherstellung.<br />

Foto: dpl Landschaftsarchitekten, H. Paschburg 2005


Holger Paschburg: Exkursion: Planten un Blomen, Hamburg/Westlicher Wallring<br />

Abb. 4: Kleine Wallanlagen Hamburg, Natursteinterrassen IGA 1963 nach der<br />

Wiederherstellung. Foto: dpl Landschaftsarchitekten, H. Paschburg 2005<br />

lich im Bereich der ehemaligen Niederdeutschen<br />

Gartenschau/„Planten un Blomen“ lag, zeigten sich<br />

die Großen und Kleinen Wallanlagen als einfache<br />

Parkanlage mit nun sanft modelliertem Gelände, geschwungenen<br />

Wegen und einigen Neupflanzungen.<br />

Die ehemaligen Bastionen sind seitdem nur noch<br />

durch leichte Erhöhungen und erhaltene Bauwerke<br />

wie das Museum für Hamburgische Geschichte markiert.<br />

Wesentlich wirken zudem bis heute die Umgestaltungen<br />

aus der Internationalen Gartenbauausstellung<br />

1963 nach, die den westlichen Wallring<br />

weitgehend in ihr Ausstellungsgelände einbezog.<br />

Ein großer Verdienst ist dabei die Zusammenführung<br />

der Parkbereiche durch eine kreuzungsfreie,<br />

fußläufige Erschließung. Die ehemals zwischen den<br />

Grabenabschnitten liegenden Wälle mit Straßen,<br />

die aus der inneren Stadt herausführen, wurden<br />

nun durch großzügige Brückenbauwerke ersetzt.<br />

Noch heute überdeckt hier der Klang tosender Wasserspiele<br />

den Straßenverkehrslärm. Zudem wurde<br />

1963 über die Anlage umfangreicher<br />

Wasserbecken in den Großen<br />

und Kleinen Wallanlagen der Verlauf<br />

der ehemaligen Wallgräben<br />

abgebildet und neu interpretiert.<br />

Die erneute Internationale Gartenbauausstellung<br />

1973 hat diese<br />

Elemente im Wesentlichen bis in<br />

unsere Zeit erhalten, jedoch den<br />

Umfang der Wasserläufe reduziert<br />

und vereinfacht. Die Erschließung<br />

in den Großen und Kleinen Wallanlagen<br />

hat durch die drei Internationalen<br />

Gartenbauausstellungen<br />

1953 bis 1973 und durch Umgestaltungen<br />

in der Folge eines Rahmenplans<br />

von 1986 zwar mehrfache<br />

Veränderungen erfahren,<br />

grundsätzlich wurde aber das Prinzip<br />

eines Hauptweges jeweils westlich und östlich<br />

entlang der ehemaligen Wallgräben, dazwischenliegender<br />

Verbindungswege und -plätze sowie über<br />

die Wasserläufe führender Brücken beibehalten. So<br />

zeigen die Großen Wallanlagen heute im westlichen<br />

Bereich nach Rückbau und Neubau der Hauptwege<br />

und des Eingangsbereichs Millerntor ab 1993 in<br />

Materialität und Linienführung ein neues Parkbild<br />

mit wenigen Resten der Gartenbauausstellungen.<br />

Dagegen bildet der östliche Bereich der Großen<br />

Wallanlagen heute noch weitgehend den Charakter<br />

der Internationalen Gartenbauausstellung 1973 ab.<br />

Wesentliche Elemente sind hier aufgehellte Asphaltwege<br />

(120°-Winkel), besonders um die damals fertiggestellte<br />

Eis- und Rollschuhbahn, und flach terrassierte<br />

Plätze und Wege, besonders im südlichen<br />

Bereich unterhalb des Museums für Hamburgische<br />

Geschichte.<br />

In den Kleinen Wallanlagen sind heute vor<br />

allem Elemente der Internationalen Gartenbauausstellung<br />

1963 erhalten und wiederhergestellt<br />

57


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

58<br />

Abb. 5: Alter Botanischer Garten Hamburg, Blick von Süden nach Norden, im<br />

Hintergrund Mittelmeerterrassen und Gewächshäuser IGA 1963 sowie Congresszentrum<br />

1973. Foto: dpl Landschaftsarchitekten, H. Paschburg 2012<br />

wie die Aussichtsterrassen, die Wassertreppe, der<br />

Wasserlauf mit Seerosenteich, die Natursteinterrassen<br />

und der marokkanische Garten. Um diese<br />

wieder in den ursprünglichen<br />

Zusammenhang zu stellen und<br />

den verlorengegangenen räumlichen<br />

Charakter wieder hervorzuheben,<br />

sind Umgestaltungen<br />

der 1970er Jahre und die Folgen<br />

unterlassener Pflege der Gehölzbestände<br />

beseitigt worden. Leitlinien<br />

waren hier die in einem<br />

Artikel von Heinrich Raderschall,<br />

der diesen Bereich zur Internationalen<br />

Gartenbauausstellung<br />

1963 mit Günther Schulze umgestaltete,<br />

genannten Gestaltungsabsichten:<br />

„Die Kleinen<br />

Wallanlagen werden wie sonst<br />

kein Ausstellungsteil von außen<br />

bedrängt, von Hauptverkehrsstraßen<br />

und hohen Gebäuden<br />

umschlossen. Es schienen uns<br />

daher bei der Planung einige<br />

Grundsätze wichtig: Die Grenzpflanzungen<br />

zu verstärken und<br />

[...] die Mitte der Talmulde freizuhalten,<br />

den Rundgang möglichst<br />

an die Grenzen heranzuführen,<br />

damit der Blick von der häßlichen<br />

Umgebung nach innen gelenkt<br />

werde. [...] Wir strebten in<br />

den wesentlichen Teilen unseres<br />

Vorschlags fort von der üblichen<br />

Form der Gartenschau. Wir wollten<br />

nicht noch größere Flächen<br />

mit effekthaschenden Blüten<br />

und Farben ausstatten [...]. Das<br />

Detail sollte gezeigt werden,<br />

ohne die große Linie aus dem<br />

Auge zu verlieren. [...] Alle Gärten strahlen aus<br />

zu der großen Rasenmitte und haben trotz ihrer<br />

Abb. 6: Alter Botanischer Garten Hamburg, Blick von Westen nach Osten mit<br />

Brücke IGA 1963 und rechts ehemalige Bastion Rudolphus.<br />

Foto: dpl Landschaftsarchitekten, H. Paschburg 2012


Holger Paschburg: Exkursion: Planten un Blomen, Hamburg/Westlicher Wallring<br />

Randlage direkten oder optischen Kontakt mit<br />

dieser ruhigen Mitte.“ 1<br />

In dem nördlich anschließenden Bereich des<br />

Alten Botanischen Gartens ist heute nicht nur die<br />

Topographie des ehemaligen Wallgrabens und<br />

der Bastion ablesbar. Ein Abgleich und eine Überlagerung<br />

historischer Pläne hat gezeigt, dass hier<br />

wesentliche Elemente aus dem 19. Jahrhundert<br />

wie Hauptwege, der ehemalige Haupteingang am<br />

Stephansplatz und der Narzissenhang sowie das<br />

Alpinum von 1903 auch heute noch weitgehend<br />

in denselben Wegeführungen erhalten sind. Dazugehörige<br />

Elemente wie Wegeeinfassungen, -treppen<br />

und Natursteinmauern werden bei den zurzeit<br />

durchgeführten Wegesanierungen eingebunden.<br />

Wünschenswert wäre hier auch die denkmalgerechte<br />

Überarbeitung des zur Internationalen Gartenbauausstellung<br />

1963 in den Alten Botanischen<br />

Garten eingebrachten Ensembles aus Mittelmeerterrassen,<br />

Schaugewächshäusern und Johan-van-<br />

Valckenburgh-Brücke sowie der Wasserspiele des<br />

Quellgrundes im Übergang zu den Kleinen Wallanlagen.<br />

1 RADERSCHALL, H. (1963): Kleine Wallanlagen. – In: Garten<br />

und Landschaft 6, S. 184.<br />

<br />

59


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

Licht, Luft und Sonne revisited<br />

Nachkriegs<strong>modern</strong>e und Stadtgrün in Hamburg<br />

Jürgen Pietsch<br />

Mensch ist nur glücklich<br />

„Dunterzubringen, wenn er gesund<br />

wohnt, das heißt, wenn er im <strong>Grün</strong>en<br />

wohnt, wenn seine Wohnung Licht<br />

und Sonne hat, und wenn eine günstige<br />

Durchlüftung des Wohnbereichs gewährleistet<br />

ist.“ Woran haben sich die<br />

Gestalter des Stadtgrüns der Wiederaufbau<strong>modern</strong>e<br />

in Hamburg orientiert?<br />

Gab es vom Städtebau dieser Zeit unabhängige<br />

Strömungen, oder finden sich gemeinsame<br />

ideologische Wurzeln? Die ideologischen Wurzeln<br />

des Städtebaues dieser Ära sind inzwischen hinreichend<br />

ausgeleuchtet: Zuletzt in der Hamburger<br />

Ausstellung „Die erwartete Katastrophe“, in der die<br />

Planung der Parole gehorchte, die schon die Planer<br />

der Weimarer Republik ausgegeben hatten: Auflockerung<br />

der Stadt, Gliederung in „Zellen“ und<br />

„Bandstädte“, die so luftig und „grün“ angelegt<br />

sein sollten, dass ihnen künftige Kriege,<br />

selbst Gaskriege, nichts anhaben können<br />

würden. Also ein aus heutiger Sicht erschreckend<br />

großstadtfeindlicher Impetus,<br />

der vor allem in der Zwischenkriegszeit<br />

entwickelt wurde, aber auch bis in<br />

die Zeit der Hochindustrialisierung des<br />

19. Jahrhunderts zurückreicht. Die in der<br />

Zwischenkriegszeit noch nachvollziehbaren<br />

städtebaulichen Ideen und Konzepte<br />

waren in den Wirtschaftswunderzeiten mehr<br />

als überholt. Ein Argumentationsstrang für Zeilenbauten<br />

und die Durchgrünung von Wohnsiedlungen<br />

lautete „Licht, Luft und Sonne“. Dieses Konzept<br />

stammt aber ursprünglich nicht aus dem Städtebau<br />

der 1920er Jahre des letzten Jahrhunderts, sondern<br />

wurde schon rund 50 Jahre vorher im Krankenhausbau<br />

entwickelt. Herausragendes Beispiel war dafür<br />

in Hamburg das 1889 in Pavillonbauweise errichte-<br />

60<br />

Abb. 1: Zeitstrahl. Quelle: PIETSCH 2013


Jürgen Pietsch: Licht, Luft und Sonne revisited – Nachkriegs<strong>modern</strong>e und Stadtgrün in Hamburg<br />

Abb. 2: Titelseite von Leberecht Migges programmatischer<br />

Publikation 1919.<br />

Quelle: Archiv J. Pietsch<br />

te „Neue Allgemeines Krankenhaus“ in Eppendorf,<br />

mit dem höchste Hygienestandards erreicht werden<br />

sollten.<br />

Camillo Sitte fordert in seinen „Anmerkungen<br />

zum Großstadtgrün“ 1904 „einen größtmöglichen<br />

sanitären und ästhetischen Erfolg bei gleichzeitig<br />

geringstem Aufwand an Geld und Raum“. Die vor<br />

dem Ersten Weltkrieg zur Vermeidung von ‚verderblichen‘<br />

Großstadteffekten aufblühende Gartenstadtidee,<br />

wurde, nach den während des Ersten<br />

Weltkriegs auftretenden Versorgungsproblemen zu<br />

Selbstversorgungssiedlungen umdefiniert. Die von<br />

Leberecht Migge, einem der wesentlichen Akteure<br />

dieser Zeit, entwickelten Vorstellungen über die<br />

Gestaltung städtischer <strong>Grün</strong>raume, auch zu Versorgungszwecken,<br />

wurden bis zum Ende des 20. Jahrhunderts<br />

nicht mehr übertroffen.<br />

Nach der Weltwirtschaftskrise Ende der 1920er<br />

Jahre kamen mit den Siedlungsprogrammen für Erwerbslose<br />

marginalisierte Bauformen hinzu, die von<br />

einer breiten Selbsthilfebewegung, dem „wilden<br />

Siedeln“, geprägt waren. Sowohl reformsozialistische,<br />

als auch agrarkonservative, großstadtfeindliche<br />

Ideologien und Utopien fanden hier Abnehmer.<br />

Die wohlbekannte ‚Charta von Athen‘ manifestierte<br />

den Zeitgeist der Planerinnen und Planer<br />

für die Städte der Industrieländer nicht nur für die<br />

Zwischenkriegszeit mit ihren spezifischen sozioökonomischen<br />

und Umweltverhältnissen, sondern war<br />

auch noch Jahrzehnte später wirksam, als sich die<br />

Verhältnisse längst verändert hatten.<br />

„Der Städtebaukunst fällt die Aufgabe zu, die<br />

Hierarchie der Werte wiederherzustellen, mit deren<br />

Hilfe der Mensch die Wohltaten der wesentlichen<br />

Freuden‘ zu genießen vermag, die Gaben der Natur,<br />

der Sonnen, des Raumes und des <strong>Grün</strong>s …“<br />

Schon die Erfahrungen des Ersten Weltkrieges,<br />

dann aber Guernica und die Flächenbombardements<br />

des Zweiten Weltkrieges ließen europaweit<br />

Konzepte reifen, die dagegen „unempfindliche“<br />

Siedlungsstrukturen gewährleisten sollten: die Kern-<br />

Begründung des „Abstandsgrüns“ der 1950er Jahre.<br />

Insbesondere die Schäden der „Operation Gomorrha“<br />

forcierten den bei Architekten und Stadtplanern<br />

schon länger diskutierten Zusammenhang<br />

von „Luftkrieg und Städtebau“. Überall sahen die<br />

Planer in den Kriegsfolgen eine „einmalige Gelegenheit“<br />

zur radikalen Neuordnung der Städte.<br />

Die Tendenz zur „Entstädterung der Stadt“ (nach<br />

DURTH 1988) dauerte bis zum Ende der 1960er Jahre.<br />

Einige Jahre erzeugten die Kriegszerstörungen<br />

allerdings ungeplante Siedlungs-<strong>Grün</strong>strukturen:<br />

61


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

62<br />

Abb. 3: Titel der Broschüre „Neu Altona“, 1956<br />

Quelle: Archiv J. Pietsch<br />

Den ausgedehnten Notunterkünften in Form von<br />

Behelfswohnheimen in Kleingartenanlagen, die in<br />

Hamburg wie auch in Berlin sehr verbreitet waren.<br />

Bei der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für<br />

Gartenkunst und Landschaftspflege wurde 1962 der<br />

ideologische Unterbau formuliert:<br />

<strong>Grün</strong> hilft überall und allen …<br />

<strong>Grün</strong> fördert das Wohlbefinden …<br />

<strong>Grün</strong> senkt Gefahren …<br />

<strong>Grün</strong> bildet …<br />

<strong>Grün</strong> hilft dem Städtebauer, gut gegliederte Städte<br />

zu schaffen …<br />

Die Nachkriegs<strong>modern</strong>e manifestierte sich keineswegs<br />

nur im Bereich der inneren Stadt. Neue Einfamilienhausgebiete<br />

und Großsiedlungen im Geist der<br />

Charta von Athen und „Die gegliederte und aufgelockerte<br />

Stadt (1957)“ zeigen den Geist deutlicher<br />

als das ‚<strong>Grün</strong>‘ in den als „Stadt“ wahrgenommenen<br />

Bereichen. Die Planer der Nachkriegs<strong>modern</strong>e hatten<br />

so wenig Verständnis für Urbanität und Stadtkultur<br />

wie die heutigen Stadtklimatologen, deren<br />

irrationaler Maßstab das Klima der Maiswüsten<br />

des Umlandes ist (nicht etwa Lebensqualität). Unverdrossen<br />

wurde an der autogerechten Stadtlandschaft<br />

weitergeplant. Unter dem Oberbaudirektor<br />

Werner Hebebrand soll Hamburg in den 1950er<br />

und 1960er Jahren zu einer <strong>modern</strong>en gegliederten<br />

und aufgelockerten Stadt und natürlich autogerecht<br />

werden. 1958 beschloss der Hamburger Senat, die<br />

Straßenbahn zugunsten der Autos innerhalb von 20<br />

Jahren abzuschaffen – die letzte Straßenbahn fuhr<br />

denn auch 1978. Deshalb sei hier an eine <strong>Grün</strong>kategorie<br />

erinnert, die leicht vergessen wird: Das Straßenbegleitgrün<br />

der innerstädtischen Schnellstraßen.<br />

Im Hamburger Aufbauplan 1960 heißt es u.a.: „Die<br />

<strong>Grün</strong>flächen müssen grundsätzlich unbebaut bleiben.<br />

Sie erfüllen ihre Aufgabe am besten, wenn sie<br />

als zusammenhängendes <strong>Grün</strong>flächennetz das gesamte<br />

Stadtgefüge durchziehen.“<br />

Als gliederndes Grundgerüst sollten, ausgehend<br />

vom Alsterbecken, die größeren Flusstäler von Alster<br />

und Wandse sowie städtische <strong>Grün</strong>flächen zu einem<br />

radialen System entwickelt werden, das in großräumige<br />

landschaftliche Erholungsgebiete zwischen<br />

den Siedlungsachsen mündet. Dieser Ansatz wurde<br />

in den 1980er Jahren zum „Landschaftsachsenkonzept“<br />

weiterentwickelt.<br />

Peter Gleichmann hat 1963 in seiner Arbeit „Sozialwissenschaftliche<br />

Aspekte der <strong>Grün</strong>planung in<br />

der Großstadt“ die geistesgeschichtlichen Grundlagen<br />

und gesellschaftlichen Leitbilder der (Nachkriegs-)Moderne<br />

jenseits verklärender Tümelei präzise<br />

herausgearbeitet (nach GLEICHMANN 1963). Einige<br />

Beispiele veranschaulichen die unterschiedlichen<br />

Ausprägungen in Hamburg. Hervorzuheben, sind<br />

neben der Bundesgartenschau 1953, hier insbeson-


Jürgen Pietsch: Licht, Luft und Sonne revisited – Nachkriegs<strong>modern</strong>e und Stadtgrün in Hamburg<br />

Abb. 4: City Nord, <strong>Grün</strong>gestaltung.<br />

Foto: J. Pietsch<br />

dere der Teilabschnitt Alstervorland<br />

die Planungen für Neu-Altona in<br />

den 1950er Jahren, die City Nord<br />

in den 1970er Jahren und Steilshoop,<br />

eine Großwohnsiedlung<br />

für 22.000 Menschen Ende der<br />

1960er Jahre.<br />

Für die Bundesgartenschau 1953<br />

wurde das sogenannte Alstervorland<br />

östlich des Harvestehuder<br />

Wegs, bisher den Villen jenseits der<br />

Straße zugehörig, auf Initiative des<br />

Ersten Bürgermeisters Max Brauer<br />

in städtisches Eigentum überführt<br />

und durch den Gartenarchitekten<br />

Gustav Lüttge in einen Skulpturenpark<br />

verwandelt. Ein herausragendes,<br />

bundesweit beachtetes<br />

Beispiel der Wiederaufbauplanung<br />

war Neu-Altona: Mein langjähriger<br />

Kollege an der TUHH, Christian Fahrenholtz, der<br />

selbst noch unter Werner Hebebrand (1899–1966)<br />

an Hamburg-Neu Altona mitgeplant hat, gestand<br />

kürzlich im Gespräch ein: „Es war eine Illusion. Der<br />

<strong>Grün</strong>zug trennt, statt zu verbinden.“<br />

Die City Nord ragt positiv aus der Hamburger<br />

Stadtlandschaft heraus. Als „Bürostadt im <strong>Grün</strong>en“<br />

wurde das Projekt im August 1959 beschlossen und<br />

im selben Jahr auf dem 11. Kongress des Congrès<br />

Internationaux d’Architecture Moderne in Otterloo/<br />

Niederlande der internationalen Fachwelt präsentiert.<br />

Auch hier musste eine Kleingartenanlage weichen.<br />

„Zu dem ganzen Vorhaben ist zu sagen, daß<br />

eine derartige, städtebauliche Situation wie in der<br />

Geschäftsstadt Nord bisher nicht existiert. Außer der<br />

Zweckbestimmung treten hier auch völlig neue Maßstäbe<br />

auf. Da das Prinzip vertreten wird, daß jeder<br />

auf seinem Gelände tun kann, was er will, soweit es<br />

nicht gegen allgemeine Baugesetze und -verordnungen<br />

verstößt, ist für die Gestaltung der Außenanlagen<br />

das Problem der straffen Form aufgeworfen“<br />

(JANTZEN 1964: 2). Große orthogonale Baumraster,<br />

teilweise in engem Stand, teilweise alleeartig oder<br />

als einfache, oft parallel gegeneinander verschobene<br />

Reihen in weitem Stand, bildeten die Leitstruktur<br />

der Freiräume. „Der historische Wert der City Nord<br />

besteht zunächst in den architektur- und gartenhistorischen<br />

Neuerungen bzgl. der Formensprache.<br />

Zum anderen manifestiert sich hier ideengeschichtlich<br />

das Ideal einer „Bürostadt im <strong>Grün</strong>en“, der „organischen“<br />

Verschränkung von Anforderungen der<br />

Betriebsorganisation sowie der persönlichen Regeneration<br />

in einer <strong>modern</strong>en Massengesellschaft.“<br />

Der Ausgleich für den Wegfall der ursprünglich<br />

geplanten Wasserbecken sollte „im wesentlichen in<br />

einer weiteren Aktivierung der <strong>Grün</strong>flächen“ liegen,<br />

etwa durch Möglichkeiten für die Kurzzeiterholung<br />

in den Pausen und Einrichtungen für Betriebssportgruppen.<br />

In ihrer Lage im Stadtraum und ihrer frühen<br />

gestalterischen Konzeption unter Werner Hebe-<br />

63


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

64<br />

brand stellt die City Nord eine Weiterentwicklung<br />

historischer Freiraumkonzepte wie der des Volksparks,<br />

der Gartenstadt und der autogerechten Stadt<br />

zur „Bürostadt im <strong>Grün</strong>en“ dar.<br />

Die Idee der Stadtlandschaft verkümmert zu Abstandsgrün-Landschaft<br />

– dann „kippt“ die Wahrnehmung.<br />

Die Ausweitung der Siedlungsflächen rief<br />

zunehmend Kritik, vor allem aus der Profession der<br />

<strong>Grün</strong>- und Landschaftsplaner, hervor. Ob die <strong>Grün</strong>e<br />

Charta von der Insel Mainau, unterzeichnet am 20.<br />

April 1961 anlässlich des fünften Mainauer Rundgespräches,<br />

oder die Resolution des Deutschen Werkbundes<br />

von 1960 „Die Landschaft muß das Gesetz<br />

werden“, die Strömungen der Zeit zielten u.a. auf<br />

„die Verhinderung vermeidbarer, landschaftsschädigender<br />

Eingriffe, z.B. beim Siedlungs- und Industriebau,<br />

beim Bergbau, Wasserbau und Straßenbau“<br />

und auf die „Schonung und nachhaltige Nutzung<br />

des vorhandenen natürlichen oder von Menschenhand<br />

geschaffenen <strong>Grün</strong>s“.<br />

Abb. 5: Großwohnsiedlung Steilshoop, <strong>Grün</strong>gestaltung zwischen den Wohnhochhäusern.<br />

Foto: J. Pietsch.<br />

Die in der Zwischenkriegszeit nachvollziehbaren<br />

städtebaulichen Ideen und Konzepte waren in den<br />

Wirtschaftswunderzeiten durch die gesellschaftliche<br />

Realität mehr als überholt: Allein die Möglichkeiten,<br />

den Traum vom Häuschen im <strong>Grün</strong>en mit Hilfe des<br />

Bausparens zu realisieren, hat für viele Menschen<br />

den Wohnraum der Nachkriegs<strong>modern</strong>e lediglich<br />

zu einer gern mitgenommenen Zwischenlösung gemacht.<br />

Normativ beinflusste das „Memorandum zum<br />

Goldenen Plan für Gesundheit, Spiel und Erholung“<br />

von 1961, kurz der „Goldene Plan“ der Deutschen<br />

Olympischen Gesellschaft, deren Richtwerte als<br />

Quasi-Norm für die Freiflächenplanung dienten, die<br />

städtische Freiflächenplanung für Jahrzehnte entscheidend.<br />

Danach ergab sich 1960 ein Gesamtbedarf<br />

von 127 Millionen m² für Kinderspielplätze,<br />

Sportplätze, Sporthallen, Hallen- und Freibäder. Für<br />

die Schaffung von Erholungs-, Spiel- und Sportstätten<br />

hatte die Deutsche Olympische Gesellschaft<br />

einen öffentlichen Investitionsbedarf<br />

von 6,3 Milliarden D-Mark ermittelt.<br />

Auch daran war einer der<br />

Promotoren der Nachkriegs<strong>modern</strong>e,<br />

der Hannoveraner Städteplaner<br />

Professor Dr. Rudolf Hillebrecht,<br />

wesentlich beteiligt. „Der Goldene<br />

Plan: die menschliche Stadt“ hieß<br />

die neue DOG-Leitlinie ab 1974.<br />

Auch die Großsiedlung Steilshoop<br />

sollte ursprünglich nach dem<br />

Konzept der „gegliederten und<br />

aufgelockerten Stadt“ bebaut werden.<br />

Die gestalterisch prägenden<br />

Steilshooper Ringe wurden nach<br />

anfänglichen Zeilenbauideen von<br />

Candilis, Josic, Woods als Hoflösung<br />

geplant, so wie es auch schon<br />

Fritz Schumacher und Gustav Oelsner<br />

im Wohnungsbau der 1920er


Jürgen Pietsch: Licht, Luft und Sonne revisited – Nachkriegs<strong>modern</strong>e und Stadtgrün in Hamburg<br />

Jahre in Hamburg und Altona getan hatten. Dafür<br />

mussten 800 dauerbewohnte Parzellen in den<br />

Kleingärten weichen. Ein wichtiges Stichwort der<br />

damaligen Debatten war die „Gesundung“ der<br />

Städte, die durch eine Durchgrünung der Stadtgestalt<br />

erreicht werden sollte und die gleichzeitig<br />

als Erholungsfläche für die Bewohner der Städte<br />

gedacht war; so auch in Steilshoop. Die riesigen<br />

Innenhöfe, jeder einzelne größer als der Rathausmarkt,<br />

vermitteln den Eindruck des Wohnens in<br />

einem Park. Die Mittelachse, vor allem im Ostteil,<br />

hat im Sommer durchaus den Charakter einer Flaniermeile.<br />

Wie bei vielen anderen Großsiedlungen zeigten<br />

sich in Steilshoop durch das sozio-ökonomisch verspätete<br />

Konzept schnell schwerwiegende Probleme,<br />

so dass es 1986 in das Sanierungsprogramm<br />

des Bundes und der Länder aufgenommen wurde.<br />

Es folgte die förmliche Festlegung Steilshoops<br />

nach §142 BauGB als Sanierungsgebiet von 1991<br />

bis 2000. Wie bei den meisten Hamburger Großsiedlungen<br />

sind so in den ersten 30 Jahren nach<br />

Fertigstellung Sanierungsmaßnahmen erforderlich<br />

geworden, deren Kosten weit über dem Erstellungspreis<br />

lagen.<br />

Die in Hamburg in den 1970ern erfolgte Verlegung<br />

des Botanischen Gartens aus den Wallanlagen<br />

nach Klein-Flottbek wurde unter anderem mit der<br />

Belastung der Umwelt in der City begründet (die Planung<br />

stammt aber wiederum schon aus den 1930er<br />

Jahren; seinerzeit sollte dort die „Hanseuniversität“<br />

errichtet werden).<br />

Viele in den 1960er und 1970er Jahren geplante<br />

<strong>Grün</strong>flächen – von „<strong>Grün</strong>en Mitten“ bis zu vom<br />

Autoverkehr getrennten Wegeverbindungen – wurden<br />

ab den 1980er Jahren als „Angsträume“ wegen<br />

fehlender Einsehbarkeit und Überschaubarkeit<br />

negativ konnotiert – nachdem die zunächst kleinen<br />

Bäume und Sträucher gemäß ihrer Natur herangewachsen<br />

waren.<br />

Fazit<br />

Die Nachkriegs<strong>modern</strong>e hat städtebaulich im Wesentlichen<br />

von der Vergangenheit gezehrt, also<br />

keine neuen Impulse gegeben – allerdings hat das<br />

Stadtgrün aus dieser Zeit, so lange es nicht auf Abstandsgrün<br />

reduziert war, nachhaltige Akzente setzen<br />

können. Denkmalwürdig ist davon dennoch nur<br />

wenig – in Hamburg sind es aber mindestens der<br />

Alsterpark und die <strong>Grün</strong>flächen der City Nord.<br />

Literatur<br />

Bericht über die Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft<br />

für Gartenkunst und Landschaftspflege vom 27.-<br />

30.6.1962 in Mainz. – In: Garten und Landschaft, 8/1962,<br />

S. 235.<br />

BERNADOTTE, W. (1988): Die Inszenierung der Alltagswelt.<br />

– Basel.<br />

GLEICHMANN, P. (1963): Sozialwissenschaftliche Aspekte der<br />

<strong>Grün</strong>planung in der Großstadt. – Stuttgart.<br />

GÖDERITZ, J. und HOFFMANN, H. (1957): Die gegliederte und<br />

aufgelockerte Stadt. – Tübingen.<br />

JANTZEN, T. A. (1.9.1964): Niederschrift über die Besprechung<br />

für das Gutachten „Außenanlagen im Geschäftsgebiet<br />

Nord“. Archiv Bauamt Hamburg Nord, Geschäftsstadt<br />

Nord, 3, Gesamt, 2. Planung (S. 2). – Hamburg.<br />

LE CORBUSIER (1957): <strong>Grün</strong> und Wasser in der Stadt. – Bonn.<br />

RIMPL, H. (1953): Die geistigen Grundlagen der Baukunst<br />

unserer Zeit. – München.<br />

SCHNITTER J. (2009): City Nord; online abrufbar: www.<br />

gartenhistorie.de/v1_09/gartenhistorie/city-nord/. 2009-<br />

10-10.<br />

SITTE, C. (1983): Der Städtebau nach seinen künstlerischen<br />

Grundsätzen. Reprint der 4. Auflage. – Wiesbaden. <br />

65


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

Zwischen Interpretation und Intervention<br />

Gartenkunst der Nachkriegszeit als Denkmalschicht<br />

Petra M. Martin<br />

Dass in der Nachkriegszeit entstandene<br />

Gärten und <strong>Grün</strong>anlagen<br />

Denkmale darstellen können, ist für die<br />

deutsche Denkmalpflege eigentlich eine<br />

Selbstverständlichkeit. Wenn es noch<br />

Nachholbedarf gibt, dann deshalb, weil<br />

noch Forschungsdefizite bestehen und<br />

damit Bewertungsgrundlagen fehlen.<br />

Anders sieht es aus, wenn es darum geht,<br />

Eingriffe der Nachkriegszeit in älteren<br />

Gartenanlagen denkmalpflegerisch zu bewerten. Im<br />

Folgenden soll das anhand von zwei Beispielen aus<br />

dem Stuttgarter Raum skizziert werden. Zwei Beispiele,<br />

die Ähnlichkeiten aufweisen, die sich aber<br />

hinsichtlich Art und Umfang des Eingriffes, vor allem<br />

aber im Hinblick auf die denkmalpflegerische<br />

Akzeptanz unterscheiden. Dabei handelte es sich<br />

zum einen um den Südgarten am Ludwigsburger<br />

Schloss, zum anderen um den Park der Villa Berg in<br />

Stuttgart.<br />

Der Südgarten am Schloss in Ludwigsburg<br />

Die Errichtung des Schlosses begann 1704 unter Herzog<br />

Eberhard Ludwig von Württemberg. Mit dem<br />

Ausbau zur Sommerresidenz ab 1709 entstanden<br />

die umfangreichen Gärten, die mit den Planwechseln<br />

beim Schlossbau wiederholt geändert wurden. Als<br />

erster Entwurf für den Südgarten ist der 1715 von<br />

Donato Giuseppe Frisoni angefertigte überliefert. Es<br />

folgten weitere Pläne, wie beispielsweise 1729/33<br />

der von Johann Adam Classen, oder ein noch späterer<br />

Entwurf für das Broderie-Parterre, der<br />

August Wilhelm Sievert zugeschrieben<br />

wird. Nachdem sich der barocke Südgarten<br />

zum klassizistischen Garten gewandelt<br />

hatte, kam es unter Wilhelm II. im<br />

19. Jahrhundert zu erneuten einschneidenden<br />

Umgestaltungen. Mit Abtransport<br />

der Orangerie gab man die Aufstellung<br />

von Kübelpflanzen auf. Stattdessen<br />

pflanzte man Obstbäume entlang der<br />

Hauptwege und verzichtete gänzlich auf die die vier<br />

Rasenfelder rahmenden Blumenrabatten.<br />

Die Struktur dieses klassizistischen Gartens behielt<br />

man bis in das 20. Jahrhundert hinein bei. In<br />

den 1930er Jahren dieses Jahrhunderts fielen dann<br />

allerdings alle Obstbäume, sodass die bis dahin be-<br />

66<br />

Abb. 1: Schlossgarten Ludwigsburg auf einer Postkarte von 1910.<br />

Foto: Vorlage aus Privatbesitz


Petra M. Martin: Zwischen Interpretation und Intervention<br />

Abb. 2: Planierungsarbeiten am Schlossgartensee im Sommer 1953.<br />

Foto: aus Parkpflegewerk H. Wiegel<br />

stehende räumliche Gliederung des Gartens verlorenging.<br />

1938 regte Albert Schöchle, der zu jener<br />

Zeit Gartendirektor der Stuttgarter Gärten war,<br />

an, durch Anlage neuer Wege und Einfassung der<br />

großen Rasenquartiere mit Buchsbaumhecken<br />

die Situation zu verbessern.<br />

Während des Zweiten<br />

Weltkrieges und noch bis 1949<br />

nutzte man die Wiesenflächen im<br />

Südgarten landwirtschaftlich; jedoch<br />

blieb er als ausgeräumte Anlage<br />

erhalten.<br />

1954 jährte sich das Datum der<br />

Schlossgründung zum 250sten<br />

mal. Für Schöchle, seit 1948<br />

nun auch verantwortlich für die<br />

Ludwigsburger Gärten, war das<br />

die Gelegenheit für eine Umgestaltung<br />

und insbesondere eine<br />

neue Nutzung: die Ausrichtung<br />

einer Gartenschau. Nach Ansicht<br />

Schöchles kam dafür weder eine<br />

rekonstruktion in Frage, da keiner<br />

der barocken Entwürfe jemals<br />

vollständig umgesetzt wurde und<br />

„man nur rekonstruieren könne,<br />

was einmal bestanden habe“.<br />

Noch hielt er andererseits aber eine<br />

<strong>modern</strong>e Gestaltung für angemessen,<br />

da sie die Einheit von Schloss<br />

und Garten nicht respektieren könne.<br />

Ein besonderes Problem sah er<br />

freilich in der noch auf den Klassizismus<br />

zurückgehenden, mangelnden<br />

Gliederung und der ungünstigen<br />

Topographie. Vor allem in der<br />

Blickrichtung von Süden, von wo<br />

– in Umkehr der barocken Erschließung<br />

– der neue Haupteingang in<br />

den Garten erfolgen sollte, kamen<br />

für ihn weder die Schlossfassade noch der vorgelagerte<br />

See ausreichend zur Geltung.<br />

Abb. 3: Südgarten nach der Umgestaltung zur Jubiläumsschau 1954.<br />

Foto: aus Kalender von 1959<br />

67


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

68<br />

Die 1954 von Schöchle durchgeführten,<br />

entscheidenden Maßnahmen<br />

lassen sich folgendermaßen<br />

zusammenfassen:<br />

• Die Fläche vor dem Schloss wurde<br />

bis hinter die Achse des ovalen<br />

Sees nach Süden verlängert,<br />

wobei diese Ebene um die Südseite<br />

des Sees einen Halbkreis beschreibt.<br />

• Vom See anfangend bis 20 m vor<br />

dem neuen Hauptzugang, der<br />

im Süden von der Königsallee<br />

erfolgte, wurde ein 30 m breiter<br />

Mittelstreifen ausgehoben.<br />

Am See endet dieser in einer geschweiften<br />

Treppe. Das Gefälle ist<br />

so berechnet, dass der See jetzt in vollem Umfang<br />

zu sehen ist.<br />

• Das untere Parterre vor dem Schloss wurde mittels<br />

Heckenquartieren neu gestaltet. Diese sollten<br />

einen neuen Maßstab für das Schloss schaffen, indem<br />

sie zwischen diesem und den wuchtigen seitlichen<br />

Alleen vermitteln.<br />

Das Ergebnis verlieh dem Südgarten ein neues, charakteristisches<br />

Aussehen:<br />

• Vom Haupteingang im Süden neigt sich die Mittelachse<br />

zum See. Diese Hauptachse ist flankiert<br />

von schmalen langen Blumenrabatten, in denen<br />

große Brunnenschalen mit Fontänen eingebettet<br />

sind. Hinter dieser so genannten Fontänenstraße<br />

ist eine Reihe von Taxuspyramiden angeordnet,<br />

die zur Kaschierung der Böschungen dienen.<br />

„Dank der starken Gliederungen insbesondere<br />

der Beete vor dem Schloss ist der bisherige, erdrückende<br />

und verkleinernde Eindruck verschwunden“,<br />

kommentierte Schöchle selbst das Ergebnis.<br />

• Im Blick vom Schloss über die Hauptachse wird<br />

eine andere der Intentionen Schöchles deutlich.<br />

Von der Freitreppe aus soll über die Böschung am<br />

Abb. 4: Südgarten nach der Instandsetzung 2013.<br />

Foto: P. Martin<br />

See und die Königsallee im Hintergrund eine doppelte<br />

Verjüngung der Mittelachse und damit eine<br />

Steigerung des „Raumgefühls“ erreicht werden.<br />

• Wieder von allen Seiten erlebbar ist der ovale See,<br />

der in minimalistischer Weise lediglich mit einem<br />

breiten Rasenband umfasst und mit einem Fontänenkranz<br />

bestückt ist.<br />

• Die Heckenquartiere vor dem Schloss haben neue<br />

Vierpass-Brunnen erhalten. Von Schöchle als „Seitengärten<br />

mit Triangelbeeten“ bezeichnet, sollten<br />

sie eine „<strong>modern</strong>e“ Präsentation mit Farben- oder<br />

Rosengärten im Inneren ermöglichen.<br />

Der Erfolg der Gartenschau 1954 führte dazu, dass<br />

man beschloss, die Anlage auch in der Folgezeit als<br />

„Blühendes Barock“ fortzuführen. Im Gegensatz zu<br />

den übrigen Ludwigsburger Gärten wurden deshalb<br />

für den Südgarten keine weitergehenden Entwicklungsziele<br />

formuliert. Erst 1983 nahm Dieter<br />

Hennebo zur zukünftigen Behandlung des Südgartens<br />

Stellung und stellte dafür einen Rahmenplan<br />

auf. Darin definierte er als Hauptziel eine schrittweise<br />

Zurückführung auf den klassizistischen Garten.<br />

Im Zeitraum von 1985 bis 2006 wurden vereinzelt


Petra M. Martin: Zwischen Interpretation und Intervention<br />

Abb. 5: Villa Berg in Stuttgart, Ansicht von Südosten mit Nymphenbrunnen von<br />

Albert Güldenstein, 1852. Foto: Vorlage im Landesamt für Denkmalpflege, Bildarchiv<br />

dementsprechende Maßnahmen umgesetzt, wobei<br />

die Umgestaltung durch Schöchle allerdings immer<br />

wieder zur Sprache kam, bis schließlich 2005 ein<br />

Symposium der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst<br />

und Landschaftskultur (DGGL) die Frage nach<br />

dem Wert der „Schöchle-Phase“ öffentlich diskutiert.<br />

Ergebnis dieses Symposiums war zum einen,<br />

dass die Gestaltung Schöchles als eine für die Geschichte<br />

der Ludwigsburger Gärten relevante Zeitschicht<br />

anzusehen ist. Zum anderen hielt man es<br />

für notwendig, ein Parkpflegewerk nach heutigem<br />

fachlichem Standard in Auftrag zu geben.<br />

Das inzwischen vorliegende Gutachten schlüsselt<br />

sehr genau die verschiedenen Entwicklungsphasen<br />

auf und visualisiert neben den textlichen Erläuterungen<br />

die Erkenntnisse in verschiedenen Überlagerungsplänen.<br />

Vor dem Hintergrund dieser vertieften<br />

Analyse ist es heute allgemeiner Konsens, dass die<br />

Umgestaltung des Ludwigsburger Südgartens durch<br />

Schöchle als eigenständige Zeitschicht anerkannt<br />

und beibehalten wird. Inzwischen wurde diese Phase<br />

in der Denkmalbegründung des<br />

Schlosses Ludwigsburg und seiner<br />

Gärten nachgetragen und als<br />

Denkmalschicht eigens gewürdigt.<br />

Die „Schöchle-Anlage“ wieder instandzusetzen<br />

und erlebbar zu machen,<br />

war auch Maßgabe für die in<br />

den letzten Jahren bis 2013 durchgeführten<br />

Sanierungsmaßnahmen<br />

am Südgarten. Inzwischen präsentiert<br />

sich der Ludwigsburger Südgarten<br />

mit restaurierter Fontänenstraße,<br />

wassergebundenen Wegen<br />

und wiederhergestellten Wasserspielen<br />

im großen Ovalsee.<br />

Park der Villa Berg in Stuttgart<br />

Bei der Villa Berg handelt es sich<br />

um die für das württembergische<br />

Kronprinzen- und spätere Königspaar Karl und Olga<br />

errichtete königliche Villa. Nach Entwürfen des<br />

Architekten Christian Friedrich Leins entstand diese<br />

1845–53 im Stil der italienisierenden Neurenaissance<br />

auf einer Anhöhe über dem Dorf Berg. Für die<br />

herrschaftliche Sommerresidenz lieferte Leins nicht<br />

nur die Entwürfe für die Gebäude, sondern auch<br />

den Gartenplan mit direkt an die Villa angrenzenden<br />

achsensymmetrischen Anlagen mit Rosengarten,<br />

See und Pergolen im Westen, sowie einem Skulpturengarten<br />

im Süden. Die Gartenpartien im weiteren<br />

Umfeld des weitläufigen Parks wurden landschaftlich<br />

gestaltet. Die Ausführung bekam der Stuttgarter<br />

Hofgärtner Friedrich Neuner übertragen.<br />

Bis in das 20. Jahrhundert hinein blieb die<br />

Leins’sche Gartengestaltung der Villa Berg im Wesentlichen<br />

unangetastet. Veränderungen erfolgten<br />

erst mit dem Verkauf der Villa Berg an die Stadt<br />

Stuttgart 1915. Zunächst wurde die Villa im Ersten<br />

Weltkrieg als Lazarett genutzt und der Park für die<br />

Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Mit der Nutzung<br />

69


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

70<br />

der Villa als Gemäldegalerie 1925<br />

erfolgte unter dem Gartendirektor<br />

Ehmann eine „besucherfreundlichere“<br />

Umwandlung des Parks<br />

zu einem Stadtpark, indem er die<br />

pflanzliche Vielfalt reduzierte und<br />

die formalen Gartenpartien in ihrer<br />

Gestaltungsvielfalt vereinfachte.<br />

Abb. 6: Die kriegszerstörte Villa Berg 1945.<br />

Foto: Vorlage im Landesamt für Denkmalpflege, Bildarchiv<br />

Im Zweiten Weltkrieg wurde die<br />

Villa 1943 durch Bombenangriffe<br />

getroffen und stark beschädigt,<br />

wogegen die Schäden am Garten<br />

gering blieben und nur kleine Teilbereiche<br />

betrafen. Die bis auf die<br />

Fassaden ausgebrannte Villa wurde<br />

zusammen mit dem Park 1947<br />

an den Süd-Deutschen Rundfunk<br />

(SDR – späterer Südwestrundfunk,<br />

SWR) abgegeben. Nach dem Wiederaufbau<br />

der Villa in reduzierter Form und dem Einbau eines<br />

Sendesaals folgten 1955–59 nördlich der Villa das<br />

Funkstudio von Architekt Gutbrod sowie 1960–65<br />

östlich davon das Fernsehstudio und südlich der Villa<br />

1961 der Bau einer Tiefgarage.<br />

Diese Neubauten hatten auch größere Veränderungen<br />

und Eingriffe in das Gartengelände zur<br />

Folge. So entwickelte Gisbert Baumann vom städtischen<br />

Gartenbauamt 1964 für den Kern der Gartenanlage<br />

unmittelbar um die Villa und die neuen<br />

Rundfunkgebäude sowie für den entfernteren Bereich<br />

im Westen und das östliche Gelände bis zum<br />

Leinsweg eine neue gartenarchitektonische Gesamtkonzeption,<br />

die 1966–67 umgesetzt wird. Die Gestaltung<br />

Baumanns lässt sich wie folgt beschreiben:<br />

• Auf dem Dach der Tiefgarage entsteht ein in sich<br />

geschlossener rechteckiger Parkraum. Umgeben<br />

von Sandsteinmauern oder heckenartiger Bepflanzung<br />

schottet sich dieser nach außen hin ab. Im<br />

Inneren ist die Anlage rechtwinklig geometrisch<br />

aufgebaut mit Plätzen, Räumen und Pflanzflächen.<br />

Anwendung finden typische Materialien aus<br />

der Zeit wie Waschbetonplatten, Beton, Asphalt.<br />

• Eine Kaskade aus großen rechteckigen Betonschalen,<br />

ausgekleidet mit blauer und lilafarbener Karlsruher<br />

Majolika, staffelt sich von der Ebene der Villa<br />

die Böschung hinab und endet in einem großen<br />

Wasserbecken.<br />

• Auf der Hauptebene finden sich aus Betonsteinen<br />

mit U-Profil geschaffene Hochbeete, aber auch<br />

ebenerdige Pflanzflächen mit Kleingehölzen und<br />

Blütensträuchern. Es entsteht ein differenziertes<br />

Angebot zum Entspannen durch Sitzecken, einer<br />

variablen Bestuhlung an der Wasserkaskade oder<br />

am Brunnen mit der Quellnymphe, sowie ein großes<br />

Angebot zum Freiluft-Schach- und Damespielen.<br />

• Der Studiogarten zwischen den Rundfunkgebäuden<br />

ist dagegen als halböffentliche Eingangszone<br />

zum SDR kleinteiliger gestaltet und geprägt<br />

von einem Wegesystem, das in 30 oder 60 Grad<br />

kreuzenden Diagonalen schräg auf die Gebäudeeingänge<br />

zuläuft. Teppichartige Staudenbepflanzungen<br />

dominieren diesen Gartenteil. Als Wege-


Petra M. Martin: Zwischen Interpretation und Intervention<br />

Abb. 7: Blick von der oberen Terrasse auf den Garten um 1967.<br />

Foto: Stadtarchiv Stuttgart, H. Wilde<br />

belag dienen große Waschbetonplatten, vereinzelt<br />

werden beckenartige Hochbeete und bepflanzte,<br />

tischartige Entlüftungsschächte integriert.<br />

Die neuen Gartenpartien im Park der Villa Berg wurden<br />

nach ihrer Eröffnung von der Stadtteilbevölkerung<br />

gut angenommen; sie sind bis heute erhalten<br />

und werden vom <strong>Grün</strong>flächenamt der Landeshauptstadt<br />

Stuttgart auch noch kontinuierlich in Pflege<br />

gehalten. Allerdings ist die einstige Aufenthaltsqualität<br />

verblasst und auch die Spielbereiche werden<br />

nur mehr sporadisch genutzt. Noch in den 1970er<br />

Jahren in vollem Umfang funktionstüchtig, präsentiert<br />

sich die südlich an die Villa anschließende Anlage<br />

heute in einem auf ein Mindestmaß an Pflege<br />

zurückgenommenen Zustand. Die Kaskade mit<br />

ihren gefliesten Becken führt kein Wasser mehr. Das<br />

untere große Wasserbassin ist undicht; um die darunterliegende<br />

Tiefgarage zu schützen, wurde das<br />

Becken abgedeckt und mit Sedum bepflanzt. Am<br />

Hang, an dem die Wassertreppe liegt, wurde die ursprüngliche<br />

Cotoneaster-Bepflanzung aufgegeben<br />

und zur leichteren Pflege statt dessen Rasen eingesät.<br />

2005 beschloss der SWR, sich aus der Villa Berg<br />

vollständig zurückzuziehen. Intensive Diskussionen<br />

über unterschiedliche Konzepte sowohl für die leergezogenen<br />

Gebäude als auch für den Park folgten.<br />

Nach Scheitern der Übernahmeverhandlungen mit<br />

diversen Investoren ist die zukünftige Nutzung der<br />

Liegenschaft weiterhin ungewiss.<br />

Seit 1987 ist die Villa Berg mit ihrem Park als<br />

Sachgesamtheit gemäß § 2 Denkmalschutzgesetz<br />

in der Liste der Kulturdenkmale erfasst. Im Zusammenhang<br />

mit dem Verkauf galt es jedoch zu prüfen,<br />

ob sich die Kulturdenkmaleigenschaft auch auf die<br />

in den 1960er Jahren umgestalteten Gartenpartien<br />

erstreckt. Das Landesamt für Denkmalpflege kam<br />

zu folgendem Ergebnis: Wie die Villa selbst stellt<br />

sich der Park als mehrschichtige Anlage dar. Relevant<br />

sind die in reduzierter Form noch an das 19.<br />

Jahrhundert erinnernden Bereiche wie das ehem.<br />

Hauptparterre mit Halbmondsee, die Rosenpergola<br />

und die landschaftlichen Partien der Unteren Anlagen.<br />

Eine für das Gartendenkmal gleichermaßen<br />

unverzichtbare historische Schicht stellen aufgrund<br />

ihrer hohen gestalterischen Qualität und ihres gut<br />

überlieferten substanziellen Zustandes die 1964<br />

konzipierten Areale um die Villa und die Rundfunkgebäude<br />

dar. Die Landeshauptstadt Stuttgart<br />

teilt diese Auffassung der Denkmalpflege. Es gibt<br />

allerdings auch nach wie vor Stimmen, die sich für<br />

eine Rückführung der Parkanlage und Aufgabe der<br />

1960er Jahre-Gestaltung stark machen. Inzwischen<br />

beabsichtigt die Landeshauptstadt Stuttgart, die Vil-<br />

71


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

la Berg wieder zu erwerben. Statt<br />

einer Wohnbebauung im Park anstelle<br />

der Rundfunkgebäude ist geplant,<br />

das Gelände zu renaturieren<br />

und die Villa Berg mit ihrem Park<br />

den Stuttgarter Bürgern weiterhin<br />

insgesamt als öffentliche Anlage<br />

zu erhalten.<br />

Stellt man die beiden Beispiele<br />

gegenüber und befragt sie zusammenfassend<br />

nach ihren Aussagen,<br />

lassen sich folgende Thesen ableiten:<br />

1. Die Landschaftsarchitekten der<br />

Nachkriegszeit verhalten sich<br />

gegenüber dem Bestand ganz<br />

unterschiedlich: Albert Schöchle lehnt in Ludwigsburg<br />

die zwar in die Jahre gekommene, aber<br />

erhalten gebliebene klassizistische Gestaltung ab<br />

und propagiert eine Rückführung auf ein barockes<br />

Gesamterscheinungsbild des Ensembles.<br />

Gisbert Baumann in Stuttgart dagegen respektiert<br />

das Vorhandene und ergänzt Fehlstellen mit<br />

neuer, <strong>modern</strong>er Gartenkunst.<br />

2. Beides sind bedeutende, eigenständige gartenarchitektonische<br />

Leistungen. Auch Schöchle ist<br />

dabei „<strong>modern</strong>“, indem er die barocke Topographie<br />

im Hinblick auf die Funktion als Gartenschau<br />

optimiert. Umgekehrt verhält sich Baumann „anpassend“,<br />

wenn er mit seiner Wasserkaskade<br />

italienische Villengärten der Renaissance und des<br />

Barock zitiert.<br />

3. Die Eingriffe der Nachkriegszeit in den Bestand<br />

als Denkmalschicht anzuerkennen, ist immer<br />

noch keine Selbstverständlichkeit und bedarf intensiver<br />

Vermittlungsarbeit.<br />

4. Offensichtlich gelingt dies bei einer interpretierenden<br />

Lösung wie im Ludwigsburger Südgarten<br />

leichter als bei einer intervenierenden wie im Park<br />

der Villa Berg in Stuttgart.<br />

Abb. 8: Villa Berg mit Wasserkaskade 2013.<br />

Foto: P. Martin<br />

Literatur<br />

GOHL, U. (2007): Die Villa Berg und ihr Park. Geschichte und<br />

Bilder. – Hefte zum Stuttgarter Osten, Bd. 13. – Stuttgart.<br />

DRAEGER, U. (1989): Die Villa Berg in Stuttgart. Magisterarbeit<br />

Universität Stuttgart (unveröffentlicht).<br />

Gartenbauamt der Landeshauptstadt Stuttgart (Hrsg.)<br />

(1993): Stuttgart. Das grüne Erlebnis. – Stuttgart.<br />

SCHÖCK, H. (1925): Villa Berg. Stadtpark und Städtische Gemäldesammlung.<br />

– Stuttgart.<br />

SCHILLING, E. (2002): Die Sechziger-Jahre-Anlagen des Parks<br />

der Villa Berg in Stuttgart. – Diplomarbeit Technische Universität<br />

Dresden (unveröffentlicht).<br />

SZYMCZYK, E. (1988): Der Ludwigsburger Schloßgarten. –<br />

Dissertation Universität Stuttgart (ungedruckt).<br />

WIEGEL, H. (2008): Schlossgärten in Ludwigsburg. Parkpflegewerk.<br />

Im Auftrag von Vermögen und Bau Baden-Württemberg,<br />

Amt Ludwigsburg. – Bamberg (unveröffentlicht).<br />

BÄUERLE, G., Wenger, M. (1998): Schloß Ludwigsburg. Die<br />

Baugeschichte, das Leben am Hof, die Gärten und das<br />

„Blühende Barock“. – Karlsruhe.<br />

MERTEN, K. (1987): Schlösser in Baden-Württemberg. –<br />

München.<br />

Staatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg<br />

(Hrsg.) (2004): Schloß Ludwigsburg. Geschichte einer barocken<br />

Residenz. – Tübingen.<br />

DEISEROTH, W. u.a. (2004): Landkreis Ludwigsburg. Stadt<br />

Ludwigsburg. Denkmaltopographie Baden-Württemberg,<br />

Bd. 1.8.1. – Stuttgart.<br />

<br />

72


Bettina Bergande: Erkennen, Erfassen, Bewerten – drei Beispiele aus der Planungspraxis<br />

Erkennen, Erfassen, Bewerten –<br />

drei Beispiele aus der Planungspraxis<br />

Bettina Bergande<br />

Zusammenfassung<br />

Gärten und Parks der Klassischen<br />

und der Nachkriegs<strong>modern</strong>e sind<br />

ein gartendenkmalpflegerischer Arbeitsschwerpunkt<br />

von TOPOS, Berlin. Am<br />

Beispiel der Neuen Nationalgalerie in<br />

Berlin (1962–1968), des Olympiaparks in<br />

München (1967–1972) und der Freundschaftsinsel<br />

in Potsdam (1937, 1952,<br />

1967–1979) werden die Bedeutung von<br />

Anlagen aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts<br />

im Kontext von Denkmalpflege, Stadtraum<br />

und heutigen Nutzungsansprüchen dargestellt sowie<br />

Anlässe und Chancen für eine Wiederherstellung<br />

beschrieben.<br />

Neue Nationalgalerie in Berlin<br />

Das Spätwerk Mies van der Rohes gehört zu den<br />

Architektur-Ikonen des 20. Jahrhunderts. Bekannt<br />

ist das Museum als solitäres Bauwerk, das sich am<br />

Rande des Berliner Kulturforums mit einer gläsernen<br />

Ausstellungshalle tempelartig über einem quadratischen<br />

Podium erhebt. Der an die untere Ausstellungshalle<br />

anschließende Skulpturengarten nach<br />

dem Vorbild des Skulpturengartens im Museum<br />

of Modern Art von Uwe Johnson in New York gehört<br />

zu den bedeutendsten Skulpturengärten der<br />

Moderne. Weniger bekannt ist die Konzeption der<br />

landschaftlichen Einbindung Mies‘scher Bauten in<br />

ihre natürliche Umgebung, die sich erst über die<br />

Beschäftigung mit seinem Gesamtwerk und seinen<br />

philosophischen und architekturtheoretischen Gedanken<br />

erschließt. Als Mies, der 1938 aus Deutschland<br />

emigrieren musste, in den 1960er<br />

Jahren in Berlin mit der Bauaufgabe einer<br />

Galerie des 20. Jahrhunderts betraut<br />

wurde, fand er das Baufeld als kriegszerstörte,<br />

abgeräumte Fläche vor, zwischen<br />

dem bereits wieder herangewachsenen<br />

Großen Tiergarten im Norden und dem<br />

Lenné‘schen Landwehrkanal mit seinen<br />

erhaltenen alten Kastanien im Süden gelegen.<br />

Der erste Lageplan aus der Präsentationsmappe<br />

gibt diese räumliche Situation wieder.<br />

Form und Struktur des Bauwerks mit seiner Quadratrasterung<br />

sind bereits ausgearbeitet und gestalten<br />

das Baufeld über die Grundstücksgrenzen hinaus<br />

bis an die Straßenkanten. Die wiederaufgebaute<br />

Matthäuskirche gibt die Ausrichtung des Museums<br />

an der Orthogonalität des historischen Stadtgrundrisses<br />

vor. Über ein Geflecht von Baumpflanzungen<br />

wird das Gebäude der Neuen Nationalgalerie in<br />

diesem Plan mit dem angrenzenden Stadtraum in<br />

Beziehung gesetzt. Bereits im Frühwerk von Mies,<br />

dem Haus Riehl in Potsdam-Babelsberg von 1907,<br />

ist ein dualer Naturbezug zu erkennen: einerseits als<br />

erweiterter ebenerdiger Wohnraum, der – von einer<br />

Gartenmauer gefasst – dem Wohnhaus im Stil eines<br />

regelmäßigen Bauerngartens vorgelagert ist, andererseits<br />

als weiter Blick über das Hanggrundstück<br />

zum damals noch unverbauten Ufer des Griebnitzsees.<br />

Durch die Anlage von offenen Loggien wird<br />

der Blick in die Landschaft zum Bild gerahmt, ein<br />

Motiv, das sich in Mies van der Rohes späteren Bauwerken<br />

wiederfindet. Der Skulpturengarten, der<br />

trotz seiner Größe und den fünf Meter hohen Um-<br />

73


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

74<br />

Abb. 1: Räumliche Ausgangssituation, Aufnahme während der Bauarbeiten 1966.<br />

Foto: Landesarchiv Berlin/J. Willa, F Rep. 290, Bild Nr. 115546<br />

friedungen einen introvertierten<br />

und kontemplativen Charakter<br />

hat, spiegelt den Ausstellungsbereich<br />

im Untergeschoss ins Freie,<br />

auf der ganzen Länge nur durch<br />

Glasflächen von diesem getrennt.<br />

Die landschaftliche Gestaltung des<br />

westlich und südwestlich anschließenden<br />

Grundstücks mit Großbäumen<br />

verortet den Skulpturengarten<br />

dennoch in seinem umgebenden<br />

Landschaftsraum. Auf der Ebene<br />

der Terrasse und der oberen Ausstellungshalle<br />

weitet sich der Blick,<br />

bildhaft gefasst durch die großen<br />

Glasscheiben, bis zum Ufer des<br />

Landwehrkanals. Das Gebäude<br />

selber wird durch Bäume gerahmt,<br />

die als lockere vegetabile Formen<br />

bewusst in Kontrast zur Strenge der Architektur<br />

gesetzt sind. Obwohl von der Berliner Gartendenkmalpflege<br />

bereits Gutachten zu einer möglichen<br />

Wiederherstellung erarbeitet waren, eröffnete sich<br />

erst mit der erforderlichen Grundinstandsetzung<br />

des Museums nach nunmehr 25 Jahren die Chance,<br />

auch die Freianlagen einer Grundinstandsetzung zu<br />

unterziehen. Im bautechnisch schwer zugänglichen<br />

Skulpturengarten haben die Gehölze mit ihren ungebremst<br />

weit streifenden Flachwurzeln die Granitplatten<br />

so stark angehoben, dass die Fläche nicht<br />

mehr gefahrenfrei begehbar ist. Der Feuerdorn hat<br />

sich zu einem dichten Strauchfilz entwickelt und<br />

die fein differenzierte, mehrstufige Pflanzung mit<br />

Sträuchern, Stauden und Gräsern, an der der Berliner<br />

Gartenarchitekt und Gartenamtsleiter Eberhard<br />

Fink mitwirkte, weitgehend verdrängt. Der<br />

westlich an den Skulpturengarten angrenzende<br />

Grundstücksteil, der ursprünglich mit begrünten<br />

Stellplatzflächen und dichten Baumpflanzungen als<br />

<strong>Grün</strong>streifen konzipiert war, ist durch ungeordnetes<br />

intensives Parken und die große Zahl abgängiger<br />

und deshalb gefällter Bäume zu einer reinen<br />

Verkehrsfläche verkommen. Für die seit 1995 als<br />

Baudenkmal sowie als Teil des Denkmalensembles<br />

Kulturforum geschützte Neue Nationalgalerie wird<br />

die Grundinstandsetzung seit 2011 durch das Büro<br />

Chipperfield Architekten geplant, die Planungen<br />

für die Außenanlagen erfolgen durch das Büro TO-<br />

POS. Bauherr ist die Stiftung Preußischer Kulturbesitz,<br />

vertreten durch das Bundesamt für Bauwesen<br />

und Raumordnung. Die Fertigstellung ist für 2017<br />

geplant.<br />

Literatur<br />

BLASER, W., NOACK, W. (2008): Natur pur, Wita Noack im<br />

Gespräch mit Werner Blaser. – In: Mies Haus Magazin<br />

2008. Periodikum zur Kultur der Moderne, S. 14–19. –<br />

Berlin.<br />

CAVALCANTI BRAUN, R. (2006): Mies van der Rohe als Gartenarchitekt.<br />

Über die Beziehungen des Außenraums zur<br />

Architektur. – In: Landschaftsentwicklung und Umweltforschung<br />

Berlin, Sonderband S 17. – Berlin.


Bettina Bergande: Erkennen, Erfassen, Bewerten – drei Beispiele aus der Planungspraxis<br />

LINGENAUBER, K. (2008): Landschaftsarchitektur und Nachkriegs<strong>modern</strong>e.<br />

Das Zusammenspiel von Architektur, Freiraum<br />

und Wasser. – In: Mies Haus Magazin 2008. Periodikum<br />

zur Kultur der Moderne, S. 36–41. – Berlin.<br />

NEUMEYER, F. (1986): Mies van der Rohe. Das kunstlose<br />

Wort. Gedanken zur Baukunst. – Berlin.<br />

PUCHMAYR, O. (2000): Gartendenkmalpflegerische Untersuchung<br />

der Freianlagen der Neuen Nationalgalerie Berlin.<br />

Vorschläge zur Instandsetzung. Diplomarbeit an der Technischen<br />

Fachhochschule Berlin. – Berlin.<br />

Abb. 2: Blick von der Terrasse in den Skulpturengarten und<br />

darüber hinaus in den rahmenden Landschaftsraum.<br />

Foto: J. Köppler<br />

JACOBS & HÜBINGER (2006): Neue Nationalgalerie Berlin –<br />

Gartendenkmalpflegerisches Gutachten im Auftrag des<br />

Landesdenkmalamtes, Referat Gartendenkmalpflege. –<br />

Berlin.<br />

KÖPPLER, J. (2011): Natur und Poetik in Mies van der Rohes<br />

Berliner Werken. – In: ANDRITZ, I. u.a.: Mies als Gärtner. –<br />

Zürich.<br />

KRUSE, CH. (2004): Schöne Aussichten – Zur Konzeption<br />

der frühen Gärten Mies van der Rohes. – In: Mies van der<br />

Rohe. Frühe Bauten. Probleme der Erhaltung. Probleme<br />

der Bewertung. – Petersberg.<br />

Olympiapark in München<br />

Die organisch fließende Architekturlandschaft mit<br />

den Zeltdächern Frei Ottos erlangte durch die Olympischen<br />

Spiele 1972 weltweite Aufmerksamkeit und<br />

steht für die Nachkriegs<strong>modern</strong>e der Bundesrepublik<br />

Deutschland. Die landschaftliche Gestaltung<br />

des Parks von Günther Grzimek ist in Fachkreisen<br />

dagegen vor allem durch die von ihm selbst propagierten<br />

Schlagworte „Gebrauchspark“ und „Besitzergreifung<br />

des Rasens“ bekannt. Neben den Nutzungsaspekten<br />

ist der Olympiapark aber auch ein<br />

Gartenkunstwerk mit vielschichtigen Bedeutungsebenen.<br />

Hier wurde zum ersten und bisher einzigen<br />

Mal in der Geschichte der neuzeitlichen Olympischen<br />

Spiele mit dem Olympiaberg als heiligem<br />

Berg Kronos, dem zum See aufgestauten Nymphenburger<br />

Kanal als Fluss Alphaios und dem Erdstadion<br />

die antike olympische Landschaft neu interpretiert.<br />

Politisch sollten die Olympischen Spiele als „Fest der<br />

Musen und des Sports“ und als „Olympiade im <strong>Grün</strong>en“<br />

ein bewusster Gegenentwurf zu den nationalsozialistischen<br />

Olympischen Spielen in Berlin 1936<br />

sein und der Welt die junge demokratische Bundesrepublik<br />

Deutschland präsentieren. Allerdings wurde<br />

die BRD mit dem terroristischen Anschlag auf<br />

die israelischen Sportler von der politischen Realität<br />

und Vergangenheit wieder eingeholt. War die Neue<br />

Nationalgalerie das Werk eines einzelnen genialen<br />

Architekten, so steht der Olympiapark für das kongeniale<br />

Zusammenwirken der Architekten Behnisch<br />

75


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

76<br />

und Partner, des Landschaftsarchitekten<br />

Günther Grzimek und seiner<br />

Mitarbeiter und der Designer unter<br />

der Verantwortung von Otl Aicher.<br />

Neben den Gewässern und der<br />

ausdrucksstarken Topografie, mit<br />

der die leichten, bewegten Zelt-<br />

Dachlandschaften verschmelzen,<br />

beschränkt sich die Wahrnehmung<br />

der Landschaftsgestaltung von<br />

Günther Grzimek zumeist auf die<br />

Verwendung von Leitbaumarten<br />

wie Linden, Kastanien und Silberweiden.<br />

Darüber hinaus werden jedoch<br />

im Olympiapark unterschiedliche<br />

Landschaftsbilder inszeniert,<br />

wie mit der Abbildung der Isarauen,<br />

ihren Kiesstränden und Silberweiden,<br />

der Gebirgslandschaften mit Latschenfeldern<br />

und Krüppeleichen, der oberbayerischen<br />

Seen mit einer Pfeifengraswiese am Ufer, trockener<br />

Flussbetten mit Geröll und nicht zuletzt der Blumenwiesen.<br />

Ziergehölze und Stauden mit starken jahreszeitlichen<br />

Farbaspekten wie Zierobst, Rosen und<br />

Staudenflächen mit Salbei oder Thymian schaffen<br />

Stimmungsbilder. Vegetationsstrukturen wie Rasterpflanzungen,<br />

Baumreihen, Solitärbäume oder Haine<br />

markieren besondere Orte oder Nutzungen. So<br />

genannte „Nationenbäume“ erinnern an die Herkunftsländer<br />

der Olympioniken. Eine Besonderheit<br />

des Olympiaparks ist auch seine Wegekonzeption.<br />

Mit Hilfe unterschiedlicher Ebenen trennte Grzimek<br />

strikt den Kfz-Verkehr von den Fußgängern, optisch<br />

durch die Materialwahl betont. Das für den Olympiapark<br />

geschaffene und in zahlreichen Einzelelementen<br />

noch vorhandene Gesamterscheinungsbild<br />

bezog auch Ausstattungselemente ein, die eigens<br />

für den Olympiapark entwickelt wurden. Durch den<br />

Verzicht auf kommerzielle Werbung konnte dieses<br />

visuelle Erscheinungsbild zudem seine Wirkung voll-<br />

Abb. 3: Pfeifengraswiese am Olympiasee, 1972.<br />

Foto: G. Linder<br />

ständig entfalten. Dem Olympiapark kam nach Grzimeks<br />

Überlegungen nicht nur eine Nutzungs- und<br />

Erholungsfunktion zu, sondern er sollte als kommunikativer<br />

Stadtraum auch eine zentrale kulturelle<br />

Bedeutung erlangen. Seit 1998 ist das gesamte Gelände<br />

einschließlich der nördlich gelegenen Hochschulsportanlagen<br />

und des Olympischen Dorfes als<br />

„Ensemble Olympiapark“ in die Denkmalliste eingetragen.<br />

Olympiastadion, Olympiahalle, Schwimmhalle<br />

und Olympiaturm sind zudem als Baudenkmale<br />

unter Schutz gestellt. Mit der Bewerbung Münchens<br />

für die Olympischen Winterspiele 2018 rückte der<br />

Olympiapark wieder verstärkt in das öffentliche<br />

Bewusstsein, nachdem bereits durch bürgerschaftliches<br />

Engagement ein Umbau oder gar Abriss des<br />

Olympiastadions erfolgreich abgewehrt worden war.<br />

Im Zusammenhang mit der Bewerbung wurden umfassende<br />

Untersuchungen des Geländes ausgelöst<br />

und damit einhergehend im Herbst 2010 auch ein<br />

Parkpflegewerk beauftragt. Bezogen auf die Pflege<br />

und Wiederherstellung der <strong>Grün</strong>flächen ist die<br />

Umsetzung des Parkpflegewerks bereits sukzessive


Bettina Bergande: Erkennen, Erfassen, Bewerten – drei Beispiele aus der Planungspraxis<br />

Literatur<br />

Arbeitsgemeinschaft Katrin Schulze/TOPOS (2012): Olympiapark<br />

München Parkpflegewerk im Auftrag der Landeshauptstadt<br />

München, Baureferat Gartenbau und SWM<br />

Service GmbH. – München/Berlin.<br />

BERGANDE, B., SCHULZE, K. (2013): Der Olympiapark – ein<br />

„Gebrauchsgegenstand“ unter Denkmalschutz? – In: HEN-<br />

NECKE, KELLER, SCHNEEGANS (Hrsg.): Demokratisches <strong>Grün</strong> –<br />

Olympiapark München. – München.<br />

Architektengruppe Olympiapark (2012): Zukunft Olympiapark<br />

München? Plädoyer für die Wiederherstellung des<br />

Gesamterscheinungsbildes. – München.<br />

MARANO, G.: Olympiastadion und Olympiapark München –<br />

bürgerschaftliche Denkmalpflege. – In: Sport-Stätten-Kultur.<br />

Historische Sportanlagen und Denkmalpflege (Hefte<br />

des deutschen Nationalkomitees von ICOMOS, XXVIII), S.<br />

78ff. – München.<br />

KÖNIG, A. (1996): Günther Grzimek. Ein Landschaftsarchitekt<br />

der Nachkriegszeit, Diplom-Arbeit TU München (unveröffentl.)<br />

Abb. 4: Farbgestaltung mit Staudenpflanzungen, 1972.<br />

Foto: G. Linder<br />

Freundschaftsinsel in Potsdam<br />

Die Freundschaftsinsel in Potsdam ist mit ihrem in<br />

den 1930er Jahren erstmalig entstandenen Staudenschau-<br />

und Sichtungsgarten ein bedeutendes Denkmal<br />

der Gartenkunst und seines geistigen Vaters, des<br />

in Angriff genommen. Die Problematik der intensiven,<br />

zumeist kommerziellen Veranstaltungsnutzung<br />

dagegen ist erst zu lösen, wenn die Politik der Aufforderung<br />

von Hans-Joachim Vogel (Süddeutsche<br />

Zeitung, 1998) folgt: „Es muss Freiräume geben,<br />

die von den ökonomischen Prinzipien und den landläufigen<br />

Nützlichkeitsüberlegungen ausgenommen<br />

sind.“ Das vierzigjährige Jubiläum der Olympischen<br />

Spiele von 1972 bot der Fakultät für Architektur der<br />

Technischen Universität München Anlass und Verpflichtung,<br />

ein Symposium abzuhalten und damit<br />

eine größere Fachöffentlichkeit für Erhalt bzw. Wiederherstellung<br />

und Nutzung gemäß den ursprünglichen<br />

Planungsansätzen herzustellen.<br />

Abb. 5: Veranstaltungsnutzung auf dem Coubertinplatz mit<br />

der olympischen Zeltdachlandschaft als Hintergrund, 2013.<br />

Foto: K. Schulze<br />

77


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

Gartenphilosophen und Staudenzüchters Karl Foerster.<br />

Weniger bekannt ist, dass sie auch mit ihren<br />

Umgestaltungen in den 1950er und 1970er Jahren<br />

ein bedeutendes Gartenkunstwerk und Denkmal<br />

der Nachkriegs<strong>modern</strong>e darstellt. Der erste Schauund<br />

Sichtungsgarten nach den Entwürfen Hermann<br />

Matterns hatte nur kurze Zeit Bestand. Nachdem<br />

die Arbeiten 1940 eingestellt worden waren ohne<br />

wesentliche bauliche Teile zu realisieren, wurde der<br />

Garten im Zweiten Weltkrieg mit Ausnahme eines<br />

Torhauses und von Teilen der Sandsteinpergola fast<br />

völlig zerstört. Karl Foerster setzte sich schon kurz<br />

nach dem Krieg dafür ein, den Staudengarten wieder<br />

neu anzulegen. Auf der Grundlage eines kleinen<br />

Wettbewerbs, aus dem die Gartenarchitekten<br />

Bauch und Funcke als Sieger hervorgingen, wurde<br />

der Staudenschau- und Sichtungsgarten nach einem<br />

überarbeiteten Entwurf durch Walter Funcke und<br />

mit erweiterten Flächen neu angelegt. Der bedeutendste<br />

Gartenbereich aus den 1950er Jahren ist der<br />

Wassergarten mit der Wasserachse aus Fontänenbecken,<br />

Seerosenbecken und dem Übergang in eine<br />

differenziert bepflanzte Sumpf- und Uferzone. Begleitet<br />

wurde die Wasserachse von Iris- und Taglilienbeeten.<br />

Mit dem Heidegarten und den benachbarten<br />

Pflanzflächen zeichnete Hermann Göritz, der für<br />

die Pflanzplanung in allen Gestaltungsphasen verantwortlich<br />

war, ein für die damalige Zeit neuartiges<br />

Bild der Pflanzenverwendung. Flache, teppichartig<br />

wachsende Stauden sind großflächig eingesetzt, Solitärstauden<br />

und Gräser bilden Höhepunkte in den<br />

Pflanzenarrangements. Mit der Umgestaltung des<br />

Stadtzentrums und seiner Öffnung zum Wasser in<br />

den 1960er Jahren gewann die Insel eine neue Bedeutung<br />

für die innerstädtische Erholungsnutzung.<br />

Die erst anlässlich der Weltjugendfestspiele in Angriff<br />

genommenen Umgestaltungen der Insel von<br />

1973 gehen auf die Planungen für die gärtnerischen<br />

Anlagen der Freundschaftsinsel aus den 1960er Jahren<br />

zurück. Durch die Ausstellung „Plastik im Freien“<br />

im Jahr 1966 erhielt das kulturelle Angebot der Insel<br />

eine neue Dimension: In Anknüpfung an die Tradition<br />

der feudalen Gärten von Sanssouci sollte auch<br />

hier die harmonische Verbindung von Kunst und Natur<br />

hergestellt werden. Neben den Plastiken sind auf<br />

der Insel auch keramische Arbeiten wie Pflanzgefäße<br />

und Ziermauern von Hedwig Bollhagen zu sehen,<br />

deren Objekte seit den 1950er Jahren in einem Aus-<br />

78<br />

Abb. 6: Entwurf Gartendenkmalpflegerische Wiederherstellung. Quelle: TOPOS/B. Bergande, 1999


Bettina Bergande: Erkennen, Erfassen, Bewerten – drei Beispiele aus der Planungspraxis<br />

Abb. 7: Pflanzplan für die Rekonstruktion des Rosengartens von Walter Funcke<br />

(1974) unter Verwendung historischer DDR-Züchtungen der 1960er und 1970er<br />

Jahre. Quelle: TOPOS/B. Bergande, 1999<br />

stattungsprogramm für Schulen, Kindergärten und<br />

Parkanlagen eingesetzt wurden. Mit dem Ausbau<br />

der Freundschaftsinsel für Sport und Freizeit anlässlich<br />

der Weltfestspiele 1973 wurden Einrichtungen<br />

wie Ausstellungspavillon, Café, Bootsverleih und<br />

ein Spielplatz geschaffen, die die Freundschaftsinsel<br />

zu einem attraktiven Ziel für die Erholung machten.<br />

Dies entsprach durchaus auch<br />

dem ursprünglichen Anliegen von<br />

Karl Foerster. Mit der Ausrichtung<br />

einer Bundesgartenschau im Jahr<br />

2001 erhielt die Stadt Potsdam die<br />

Möglichkeit, die Freundschaftsinsel<br />

durch die Wiederherstellung und<br />

die harmonische Verbindung von<br />

Denkmalbereichen unterschiedlicher<br />

Gestaltungsphasen sowie<br />

durch die Rücknahme beeinträchtigender<br />

Nutzungen und die Auflösung<br />

gestalterischer Mängel<br />

das Vermächtnis Karl Foersters<br />

fortzuführen. Wichtigstes Ziel<br />

war die Wiederherstellung und<br />

zeittypische Bepflanzung zusammenhängender<br />

Denkmalbereiche<br />

im Schau- und Lehrgarten, die<br />

jeweils eine Hauptgestaltungsphase<br />

der Insel mit weitgehend<br />

originaler Denkmalsubstanz repräsentieren.<br />

Die Neupflanzung<br />

der rund 100.000 Stauden, die zu<br />

einem Teil aus den zwischenzeitlich<br />

ausgelagerten, noch zum Teil<br />

erhaltenen Beständen der Freundschaftsinsel<br />

selber stammten,<br />

orientierte sich thematisch, in der<br />

Pflanzenverwendung und in der<br />

Arten- und Sortenauswahl an der<br />

jeweils wiederherzustellenden Gestaltungsphase.<br />

Der Rosengarten<br />

als erhaltenes Ensemble von Ausstellungspavillon,<br />

Ziermauern, Rankgerüsten, Ausstattungsgegenständen<br />

und polygonalen Beeten dokumentiert in<br />

hervorragender Weise die Gestaltungsauffassung,<br />

Materialverwendung und Bepflanzung der 1970er<br />

Jahre, wie sie durch Walter Funcke vertreten wurde.<br />

Durch Instandsetzung nach Plänen Funckes und<br />

Abb. 8: Wiederhergestellter Rosengarten aus den 1970er Jahren. Foto: B. Bergande<br />

79


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

unter Verwendung zahlreicher DDR-Rosenzüchtungen<br />

konnte der besondere Charakter der Anlage<br />

bewahrt bleiben. Im Rahmen der Bundesgartenschau<br />

war es auch möglich, eine lange Fahrstraße<br />

zurückzubauen und den Erschließungsverkehr<br />

durch den Neubau einer Brücke in Nähe der Gastronomie<br />

und des Pflegestützpunktes zu reduzieren.<br />

Auch die Erneuerung der gesamten Infrastruktur,<br />

die Instandsetzung bzw. Wiederherstellung der<br />

Wege und die Neugestaltung eines Spielbereiches<br />

hätten ohne die Fördermittel einer Gartenschau nie<br />

realisiert werden können. Darüber hinaus war sowohl<br />

während der Bauzeit als auch im Jahr der Gartenschau<br />

nicht nur eine großes mediales Interesse<br />

für die Freundschaftsinsel und ihre gärtnerischen<br />

Anlagen geweckt, sondern es konnte einem großen<br />

Publikum die gartenkünstlerische Bedeutung<br />

dieser Anlage durch zahlreiche Ausstellungen, Veranstaltungen<br />

und Publikationen wie einen Gartenführer<br />

nahegebracht werden.<br />

Literatur<br />

BERGANDE, B./TOPOS (1996): Freundschaftsinsel. Gartendenkmalpflegerische<br />

Analyse und Konzeption. – Berlin.<br />

Fazit<br />

Jubiläen und Gartenschauen sind ein guter Anlass,<br />

um Anlagen der Nachkriegs<strong>modern</strong>e in das öffentliche<br />

Bewusstsein zu bringen, sie zu schützen oder<br />

wiederherzustellen.<br />

Um zu verhindern, dass neue qualitätsvolle Anlagen,<br />

deren möglicher späterer Denkmalwert zu vermuten ist,<br />

der Gefahr einer Vernachlässigung oder Veränderung<br />

ausgesetzt sind, empfiehlt es sich, grundsätzlich nach<br />

Fertigstellung auch ein Parkpflegewerk zu erarbeiten. <br />

80


Wolfgang Gaida: Kommunale <strong>Grün</strong>flächen der 1950er und 1960er Jahre<br />

Kommunale <strong>Grün</strong>flächen der 1950er und<br />

1960er Jahre:<br />

das Erfassen – gegen das Vergessen<br />

Wolfgang Gaida<br />

ei und gibt es keine historischen<br />

bis auf wenige Ausnahmen fast keine<br />

„BGärten und Parks aus diesem<br />

Anstrengungen unternommen worden,<br />

Zeitraum.“(MUSCHIOL 1994: 1) Nur zu oft<br />

kann man diese, wenn auch nicht repräsentative,<br />

Äußerung – auch von Mitarbeitern<br />

der <strong>Grün</strong>flächenämter – hören.<br />

Es stimmt nachdenklich, wenn Berufskollegen,<br />

diese Aussage treffen.<br />

Die Denkmalpflege bemüht sich zwar,<br />

Garten – und Baudenkmäler vergangener<br />

Epochen zu erfassen und einige auch zu erhalten<br />

oder wieder herzustellen. Dagegen sind bis<br />

heute von den zuständigen Ämtern und Behörden<br />

die wichtigen Zeitzeugen der 1950er<br />

und 1960er Jahre zu katalogisieren und<br />

zu konservieren. Es ist somit nicht bekannt,<br />

wie viele gartenhistorisch wertvolle<br />

Anlagen, heute überhaupt aus<br />

dieser Zeit noch existieren. Obwohl die<br />

„Charta der historischen Gärten“, genannt<br />

„Charta von Florenz“, aus dem<br />

Jahre 1981 den „Trägern politischer Verantwortung“<br />

ein Interesse für historische Gärten und Parks<br />

abfordert, beschränkt sich die Gartendenkmalpflege<br />

Abb. 1: Parkanlage in Zweibrücken.<br />

Foto: Almuth Spelberg<br />

in Deutschland auf einige wenige<br />

Vorzeigeobjekte und kann daher<br />

als Stiefkind der Verwaltungen und<br />

der Öffentlichkeit angesehen werden.<br />

Vielmehr haben sogar Fachkollegen<br />

aus den <strong>Grün</strong>flächenämtern<br />

und auch Politiker in der<br />

Vergangenheit und noch in der<br />

Gegenwart durch den allzu „laxen“<br />

Umgang mit diesen Anlagen<br />

dazu beigetragen, dass wertvolle<br />

Anlagen auf Dauer verloren gegangen<br />

sind oder noch verloren gehen.<br />

Ausgelöst von dieser Tatsache hat<br />

der GALK-Arbeitskreis „Kommunale<br />

Gartendenkmalpflege“ sich zum<br />

Ziel gesetzt, den Wert kommunaler<br />

<strong>Grün</strong>flächen nicht nur unter Erho-<br />

81


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

82<br />

lungs- und städtebaulichen Aspekten<br />

zu betrachten, sondern auch<br />

den Zeugniswert der Anlagen für<br />

die Entwurfs- und Planungskultur<br />

sowie den ihnen eigenen gartenkulturellen<br />

Wert zu erkennen und<br />

herauszuarbeiten. Der Schwerpunkt<br />

der Arbeit beschäftigt sich<br />

zur Zeit mit den Anlagen der<br />

1950er und 1960er Jahre des 20.<br />

Jahrhunderts. Anders als bei Gebäuden<br />

aus jener Zeit, deren Zeugniswert<br />

und Eigenschaft als Zeitdokument<br />

bereits anerkannt ist,<br />

ist das bei <strong>Grün</strong>flächen aus jener<br />

Epoche kaum der Fall. Diese <strong>Grün</strong>anlagen,<br />

in den Anfangsjahren<br />

der Bundesrepublik Deutschland<br />

und der Deutschen Demokratischen Republik mit<br />

dem Schwung und Aufbauwillen der Nachkriegszeit<br />

entstanden, sind ein Spiegelbild des Zeitgeistes<br />

jener Jahre. Ebenso spiegeln sie den gesellschaftlichen<br />

Stellenwert wieder, den Garten- und Parkanlagen<br />

– und damit nicht zuletzt<br />

auch Gartenämter in dieser Zeit<br />

hatten. Viele dieser Anlagen wurden<br />

in späteren Jahren, insbesondere<br />

in den 1970er und 1980er<br />

Jahren, bereits wieder überformt,<br />

verändert, „<strong>modern</strong>isiert“. Erst<br />

in letzter Zeit wird man sich zunehmend<br />

der Qualitäten dieser<br />

Anlagen wieder bewusst: ihr spielerischer,<br />

experimentierfreudiger<br />

Umgang mit neuem Material wie<br />

Stahlrohr, Eternit und Glas, Kombinationen<br />

aus Natur- und Betonstein.<br />

Das Wissen darüber ist<br />

jedoch recht dürftig. Der GALK-<br />

Arbeitskreis „Kommunale Garten-<br />

Abb. 2: Detail aus einer Parkanlage in Zweibrücken.<br />

Abb. 3: Historische Parkanlage in Köln.<br />

Foto: Almuth Spelberg<br />

denkmalpflege“ hat sich daher die Aufgabe gestellt,<br />

Qualitätskriterien und gestalterische Beispiele<br />

zu erarbeiten, an denen <strong>Grün</strong>flächen der 1950er<br />

und 1960er Jahre erkannt, zeitlich zugeordnet und<br />

bewertet werden können.<br />

Foto: Almuth Spelberg


Wolfgang Gaida: Kommunale <strong>Grün</strong>flächen der 1950er und 1960er Jahre<br />

Als erste Schritte gegen das<br />

Vergessen hat der Arbeitskreis<br />

zum 50-jährigen GALK-Jubiläum<br />

eine Umfrage nach denjenigen<br />

Gartenamtsleitern gestartet, die<br />

seit 1945 oder seit <strong>Grün</strong>dung der<br />

GALK 1958 in den beteiligten<br />

Gartenämtern tätig waren. Um<br />

dem beschriebenen Ziel und der<br />

sich gestellten Aufgabe gerecht<br />

zu werden, muss eine Bestandserfassung<br />

der Anlagen aus der<br />

angesprochenen Zeitepoche initiiert<br />

vom Arbeitskreis gemeinsam<br />

mit den Mitgliedskörperschaften<br />

der GALK erarbeitet werden. Die<br />

derzeitige Praxis der Erfassung<br />

historischer Gärten und Parkanlagen in Deutschland<br />

stützt sich auf verschiedene methodische<br />

Ansätze, die in Bezug auf den erforderlichen<br />

Aufwand und die Aussagekraft erhebliche Unterschiede<br />

aufweisen.<br />

1. Erfassungsmethoden<br />

1.1 Listenmäßige Erfassung<br />

Bei der listenmässigen Erfassung werden alle Freiraumtypen<br />

flächendeckend zusammengetragen<br />

und Aussagen zu Ort, Anschrift und Art des Objektes<br />

gegeben. Eine bau- und stilgeschichtliche<br />

Kurzbeschreibung ergänzen die Angaben. Der für<br />

die Erfassung je Objekt erforderliche Aufwand ist<br />

relativ gering. Die Listen geben nur eine grobe<br />

Übersicht über die möglicherweise zu schützende<br />

historische Substanz, ermöglichen aber eine<br />

schnelle, flächendeckende Bestandsaufnahme aller<br />

Anlagen (NEHRING 1985: 107f). Ein Beispiel für<br />

die Erfassung in Listen ist die Veröffentlichung des<br />

Deutschen Heimatbundes (heute BHU) „Erfassung<br />

der historischen Garten- und Parkanlagen in<br />

der Bundesrepublik Deutschland“ zu nennen.<br />

Abb. 4: Detailansicht aus einer Parkanlage in Köln.<br />

Foto: Almuth Spelberg<br />

1.2 Kurzinventar<br />

Im Vergleich zur listenmäßigen Erfassung stützen<br />

sich Kurzinventare auf eine ausführlichere wissenschaftliche<br />

Bearbeitung der historischen Substanz.<br />

Sie erhalten eine kurze Beschreibung der Objekte,<br />

z.T. mit Skizzen, verzichten jedoch auf eine wissenschaftliche<br />

Dokumentation. Kurzinventare stellen in<br />

knapper und übersichtlicher Form eine „Überbrückung“<br />

bis zur Erstellung von Inventaren dar (NEHRING<br />

1985: 107f).<br />

1.3 Inventar<br />

Die wissenschaftlich dokumentierende Methode,<br />

auch topologische Methode genannt, entspricht bei<br />

der Erfassung historischer Garten- und Parkanlagen<br />

den „klassischen“ Kunst- und Baudenkmalinventaren.<br />

Sie stellt eine wissenschaftliche Beschreibung<br />

des Objektes unter Berücksichtigung seiner historischen<br />

Entwicklung bis zur Gegenwart dar und verweist<br />

zudem auf Bildquellen, Archivalien und Literatur.<br />

Dabei findet auch der Bezug der Gartenanlage<br />

zu Gebäudesubstanz und Umgebung Berücksichtigung<br />

(NEHRING 1985: 107f). Diese Methode stellt<br />

83


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

das Optimum bei der Erfassung in<br />

der Gartendenkmalpflege dar.<br />

2. Das Erfassungssystem<br />

Bei der Bestandsaufnahme der<br />

historischen Gärten und Parks der<br />

1950er und 1960er Jahre kann<br />

das beim Regionalverband Ruhr<br />

erarbeitete und mit der Fachhochschule<br />

Weihenstephan und der<br />

ehemaligen Universität-Gesamthochschule<br />

Essen abgestimmte<br />

und für Diplomarbeiten zur Erfassung<br />

der historischen Gärten und<br />

Parks im Ruhrgebiet angewandte,<br />

bewährte System verwendet werden.<br />

Die durch zu führende Bestandserfassung<br />

entspricht in der<br />

Form den klassischen Kunst- und<br />

Baudenkmalinventaren. Sie stellt<br />

eine wissenschaftliche Beschreibung des Objektes<br />

unter Berücksichtigung seiner historischen Entwicklung<br />

bis zur Gegenwart dar und verweist zudem auf<br />

Bildquellen, Archivalien und Literatur.<br />

Dabei findet auch der Bezug<br />

der gärtnerischen Anlage zur evtl.<br />

vorhandenen Gebäudesubstanz<br />

und Umgebung Berücksichtigung.<br />

Abb. 5: Springbrunnen in einer Parkanlage aus den 1950er Jahren.<br />

Foto: Almuth Spelberg<br />

Unter dem Punkt „Lage/Topografie“ kann ein<br />

Ausschnitt aus der Deutschen Grundkarte im Maßstab<br />

1:5000 oder eine Verkleinerung im Maßstab<br />

84<br />

2.1 Die Erfassungskartei<br />

Der „Kopfteil“ eines jeden Karteiblattes<br />

enthält Angaben zu den<br />

Punkten:<br />

• Objektbezeichnung<br />

• Freiraumtyp nach dem Schlüsselsystem<br />

für Freiraumtypen (nach<br />

SCHMIDT 1981: 121)<br />

• Kommune/Ortsteil<br />

• Strasse<br />

• Eigentümer<br />

Abb. 6: Schlüsselsystem für Freiraumtypen nach E. Schmidt


Wolfgang Gaida: Kommunale <strong>Grün</strong>flächen der 1950er und 1960er Jahre<br />

Abb. 7 und 8: zwei Seiten aus dem Erfassungsbogen für historische Gartenanlagen, Beispiel Schloss Oberhausen<br />

1:10000 eingefügt werden, in dem die Abgrenzung<br />

des Objektes markiert ist. Unter „Aufnahme“ werden<br />

der Name der Bearbeiterin/des Bearbeiters und<br />

das Aufnahmedatum eingefügt. Unter „Objektgeschichte“<br />

werden in wenigen, kurzen, knappen<br />

Sätzen die geschichtliche Entwicklung der erfassten<br />

Anlage und der Zusammenhang mit der historischen<br />

Entwicklung der evtl. vorhandenen Gebäudesubstanz<br />

aufgezeigt.<br />

Der Punkt „Realisierung“ enthält, soweit es Hinweise<br />

gibt, das Entstehungsjahr, die an der Realisierung<br />

des Objektes beteiligten Bauherrn und die<br />

Mitwirkung von Architekten, Gartenarchitekten,<br />

Künstlern und Handwerkern. Unter „Rechtschutz“<br />

werden stichwortartig die Aussagen der Denkmalliste,<br />

des Landschaftsplanes und/oder weiterer verbindlicher<br />

Planungen und/oder Verordnungen zusammengefasst.<br />

Im Abschnitt „Bemerkungen“ werden<br />

Hinweise auf Erstellung von Parkpflegewerken<br />

oder -konzepten und mögliche Erweiterungen zum<br />

Schutz des Objektes gegeben. Das Kapitel „Quellen,<br />

Literatur“ enthält eine Auflistung, der bei der Erfassungsarbeit<br />

verwendeten Literaturquellen, mündlichen<br />

Quellen, Archive und sonstige Fundorte, die<br />

85


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

Abb. 9b<br />

Eine Sammlung historischen und aktuellen Text-,<br />

Plan- und Bildmaterials im Abschnitt „Anlagen zur<br />

Kartei“ komplettiert die Gesamtdokumentation.<br />

Abb. 9a: Erfassungsbogen für den Kaisergarten/Schloss Oberhausen<br />

(vgl. auch Abb. 9b und 10).<br />

86<br />

über Material zur jeweiligen Anlage verfügen. Darüber<br />

werden Angaben zu Archiven gemacht,<br />

in denen möglicherweise Material über das erfasste<br />

Objekt vorhanden ist, die aber im Rahmen<br />

der Erfassungsarbeiten nicht aufgesucht werden<br />

konnten.<br />

Eine ausführliche Beschreibung der erfassten<br />

Garten- und Parkanlage, die die Entstehungs- und<br />

Entwicklungsgeschichte, den heutigen Zustand und<br />

eine Beurteilung oder Bewertung beinhaltet, befindet<br />

sich im Abschnitt „Anlagenbeschreibung“.<br />

Abb. 10


Wolfgang Gaida: Kommunale <strong>Grün</strong>flächen der 1950er und 1960er Jahre<br />

Abb. 11a-f: historisches Bild- und Kartenmaterial aus dem Erfassungsbogen für den Kaisergarten/Schloss Oberhausen<br />

87


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

3. Schlussbemerkung<br />

Viele der <strong>Grün</strong>anlagen aus den 1950er und 1960er<br />

Jahren sind in Deutschland allein dadurch gefährdet,<br />

dass sie entweder unbekannt sind und/oder als<br />

nicht wertvoll eingeschätzt werden. Die Abnahme<br />

der historischen Freiräume aus dieser Zeitepoche ist<br />

nicht nur durch Inanspruchnahme von Grund und<br />

Boden und durch Versäumnisse und Fehler beim<br />

Umgang mit diesen Anlagen gekennzeichnet, sondern<br />

auch durch zunehmende Rigorosität bei der<br />

Durchsetzung konkurrierender Nutzungsansprüche<br />

und ökonomischer Interessen, öffentliches Desinteresse<br />

und fachlicher Geringschätzung und Inkompetenz<br />

hervorgerufen worden. Um dieser Entwicklung<br />

gegenzusteuern muss eine Bestandserfassung, wie<br />

sie der GALK-Arbeitskreis „Kommunale Gartendenkmalpflege“<br />

initiiert als ersten Schritt zu einer<br />

wirksamen, nachhaltigen Gartendenkmalpflege<br />

durchgeführt werden.<br />

Literatur<br />

Charta der Historischen Gärten, genannt „Charta von Florenz“.<br />

– In: Das Gartenamt 35, Juli 1986, S. 413–415.<br />

GAIDA, W.: Erfassung und Maßnahmen zum Schutz und Erhalt<br />

kulturell wertvoller Garten- und Parkanlagen im Ruhrgebiet.<br />

– In: Westfälisches Amt für Landschafts- und Baukultur,<br />

Beiträge zur Landschafts- und Baukultur in Westfalen-Lippe,<br />

Heft 4 (Hrsg.): 1. Symposium zur Gartenkunst in<br />

Westfalen-Lippe in Bad Driburg am 5. Juli 2002, S. 37–50.<br />

MUSCHIOL, U. (1994): Erfassung historischer Garten- und<br />

Parkanlagen in der Stadt Hagen und im Ennepe-Ruhr-<br />

Kreis, S. 1. – Iserlohn.<br />

NEHRING, D.: Erfassen und Inventarisieren historischer Gärten<br />

und Freiräume. – In: HENNEBO, D. (1985) (Hrsg.): Gartendenkmalpflege,<br />

S. 106–119. – Stuttgart.<br />

SCHMIDT, E.: Stadtparks im Ruhrgebiet als „Denkmäler“. –<br />

In: Kommunalverband Ruhrgebiet/Deutsche Gesellschaft<br />

für Gartenkunst und Landschaftspflege e.V. (1981) (Hrsg.):<br />

Fachtagung Historische Freiräume und Denkmalpflege<br />

8./9. Oktober 1980, S. 101–130. – Essen. <br />

88<br />

Abb. 12a-c: Bildmaterial zum Schloss Oberhausen aus dem<br />

Erfassungsbogen


Frauke Röth: Die neuen Herausforderungen der Denkmalpflege in Potsdam<br />

Die neuen Herausforderungen der<br />

Denkmalpflege in Potsdam<br />

Komplexität und Widerspruch einer zeittypischen Debatte<br />

Frauke Röth<br />

he Parthenon did not serve the<br />

„Tsame purpose as its wooden<br />

ancestor. An airline does not serve the<br />

same purpose as the Parthenon. Every<br />

form has its own meaning. Every man<br />

creates his meaning and form and goal.<br />

Why is it so important what others have<br />

done? Why does it become sacred by the<br />

mere fact of not being your own? Why<br />

is anyone and everyone right – so long<br />

as it´s not yourself? Why does the number of those<br />

others take the place of truth? Why is truth made a<br />

mere matter of arithmetic – and only a addition at<br />

that? Why is everything twisted out of all sense to fit<br />

everything else? There must be some reason. I don´t<br />

know. I´ve never known it. I´d like to understand.“<br />

(RAND 1943: 12–13)<br />

Die Potsdamer Situation<br />

„Vor den Luftangriffen am 15. April 1945 war<br />

Potsdam eines der bedeutendsten, fast vollständig<br />

erhaltenen barocken Stadtkunstwerke in Deutschland<br />

[...] Das Gesamtkunstwerk Potsdam ist zu definieren<br />

in der Einheit planmäßiger Stadtentwicklung,<br />

sowie bau-, bild- und gartenkünstlerischer<br />

Schöpfungen in einer Synthese mit der umgebenden<br />

Park- und Kulturlandschaft des 17. bis 20.<br />

Jahrhunderts. Das Gesamtkunstwerk greift damit<br />

über die Stadtgrenzen weit hinaus“ (KALESSE, KARTZ,<br />

PETERSEN 1991: 2548). Mit dem barocken Gesamtkunstwerk<br />

hat die Potsdamer Denkmalpflege umfassende<br />

Verantwortung für ein seit<br />

1991 ausgesprochenes UNESCO-Weltkulturerbe.<br />

Geradezu überwältigend<br />

ist, trotz der Zerstörung eines großen<br />

Teils der Potsdamer Innenstadt, wie viel<br />

historische Bausubstanz ganz selbstverständlich<br />

das Stadtbild weiterhin prägt.<br />

Dieser großen Verantwortung und<br />

Herausforderung versucht die Denkmalpflege<br />

gerecht zu werden und die<br />

Aufgaben zu bewältigen. Der Fokus liegt auf den<br />

Architekturen des 17.–19. Jahrhunderts. Auch einige<br />

Bauten der Weimarer Republik wurden unter<br />

Denkmalschutz gestellt. Die Zeitschicht einer mittlerweile<br />

besonders „schutzbedürftigen“ (M. ESCHE-<br />

RICH) Architektur fällt dabei aber komplett heraus:<br />

der Schutz der Bauwerke der Nachkriegszeit. Zu<br />

sehr ist man damit beschäftigt, dem Bild des perfekten<br />

barocken Gesamtkunstwerks gerecht zu<br />

werden und gerät immer mehr in die Problematik,<br />

Potsdams Innenstadt in ein Museum zu verwandeln.<br />

Das historische Zentrum Potsdams wurde bei<br />

den Luftangriffen 1945 sehr stark zerstört. Für den<br />

Ort, an dem 1959–60 die Ruinen der Zerstörung<br />

beseitigt wurden, erarbeitete man in den 1970er<br />

Jahren einen vom Zeitgeist geprägten, sozialistischen<br />

Städtebau, der sich an den Idealen der Moderne<br />

orientierte. Sein Herzstück ist der 1977–78<br />

erbaute Staudenhof. Der Staudenhof ist ein Kind<br />

seiner Zeit, mit hohen architektonischen Qualitäten.<br />

Bestehend aus zwei Solitärgebäuden, einem<br />

89


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

90<br />

Hof und Außenanlagen, ist es<br />

ein Ensemble, das die Integration<br />

von Landschaft in die Architektur,<br />

im Stadtzentrum, als <strong>modern</strong>en<br />

städtebaulichen Ansatz, erlebbar<br />

macht. 1 Die besondere städtebauliche<br />

Gestaltung setzt sich aus drei<br />

wichtigen Elementen zusammen.<br />

Das erste Element, das „Haus des<br />

Reisens“, wurde bereits 2009 abgerissen.<br />

Der zweite Teil ist der<br />

Komplex des Staudenhofs, er wartet<br />

darauf, 2017–18 abgerissen zu<br />

werden. Das ehemalige Interhotel<br />

am Eingang zur Stadt, der dritte<br />

Teil, soll von der Stadt gekauft<br />

werden, damit diese es rückbauen<br />

kann.<br />

In unmittelbarer Nachbarschaft<br />

zum Staudenhof ist der Potsdamer<br />

Landtag, mit der neuen Hülle, die<br />

der Knobelsdorffschen Fassade<br />

möglichst originalgetreu nachempfunden<br />

ist, bereits äußerlich fertiggestellt.<br />

Im kommenden Jahr soll er<br />

bezogen werden. Die Akzeptanz<br />

in der Potsdamer Bevölkerung ist<br />

groß, offenbar kann sie sich gut<br />

mit dieser Architektursprache identifizieren<br />

2 (FORSA 2007: 7). Die Stadt<br />

freut sich über die Wiedererlangung<br />

dieses architektonisch besonders<br />

gepriesenen Juwels aus dem<br />

18. Jahrhundert. Als weiterer Baustein<br />

der historischen Innenstadt<br />

arbeitet man an der Rekonstruktion<br />

des Palast Barbarini und plant<br />

den Aufbau der historischen Blockrandbebauung<br />

auf den Flächen des<br />

dann abgebrochenen Staudenhofs.<br />

Abb. 1: Blick vom Interhotel auf das Ensemble des Staudenhofs und die Nikolaikirche.<br />

Im Hintergrund am linken Bildrand markierte das „Haus des Reisens“ den<br />

Eingang in die Innenstadt.<br />

Foto: Gerard, ca.1980, Potsdam Museum<br />

Abb. 2: Seit 2001 verschwunden und kaum vermisst, der Omnibusverkehrshof von<br />

Karl-Heinz Neumann, Baujahr 1975/76.<br />

Foto: IRS


Frauke Röth: Die neuen Herausforderungen der Denkmalpflege in Potsdam<br />

Abb. 3: Überlagerung der Schwarzpläne von 1939 und 1978 links und von 1939<br />

und der Planung für 2020 rechts. 1978: Die innerstädtische Blockrandbebauung<br />

und das Schloss sind zerstört, an der Stelle der alten Blockrandbebauung entsteht<br />

der Staudenhof. 2020: Die Utopie der Nachbildung einer detailgetreuen Vergangenheit<br />

lässt sich nicht mit den heutigen Ansprüchen an Mobilität vereinen. Die<br />

historischen und geplanten Baufluchten stimmen nicht überein.<br />

Zeichnung: Daniel Felgendreher, ARCH+<br />

Was erwartet man sich von dieser Architektur?<br />

Philipp Oswalt meint im Bezug auf die vergleichbaren<br />

Entwicklungen in Berlin: „Für die klassische<br />

Phase der Moderne in den 1920er-Jahren war Utopie<br />

die Vision von einer anderen, besseren Zukunft.<br />

In Berlin der letzten 20, 30 Jahre entwickelte sich<br />

ein anderes, rückwärtsgewandtes<br />

Konzept von Utopie. Die Utopie<br />

adressiert nicht mehr die Zukunft,<br />

sondern die Vergangenheit. Am<br />

liebsten würde man die Dinge ungeschehen<br />

machen, was angesichts<br />

der deutschen Geschichte im<br />

20. Jahrhundert eine verständliche<br />

Sehnsucht ist. Da dies unmöglich<br />

ist, versucht man, den Anschein<br />

zu erwecken, als hätten sich Dinge<br />

nicht ereignet. […] Vielmehr<br />

will man bestehende Spuren und<br />

Repräsentationen der Vergangenheit<br />

auslöschen und durch neue<br />

Repräsentationen ersetzen. Diese<br />

neuen Geschichtsbilder und Narrative<br />

sollen das Identitätsverständnis<br />

der Gesellschaft verändern“ (OS-<br />

WALT 2011: 64). Es ist eine Theorie,<br />

die die ungebremste Tilgung der<br />

Nachkriegsarchitektur und das Bestreben,<br />

alte Gebäude zu rekonstruieren,<br />

erklären kann. Dieser<br />

Umgang mit Geschichte ist jedoch<br />

äußerst fragwürdig. Vielmehr ist<br />

es wichtig, die Geschichte nicht zu<br />

verdrängen, sondern einen Umgang<br />

mit der Geschichte zu finden.<br />

Interessanterweise gilt Deutschland<br />

international als Vorbild für<br />

die Auseinandersetzung mit seiner<br />

Vergangenheit. Das spiegelt sich in<br />

dieser neuen Utopie nicht wider.<br />

Abgesehen davon, dass Geschichte<br />

ausgeblendet wird, ist unklar, wohin diese Utopie<br />

führen soll. An der Stelle, wo eine Zeitschicht ausgelöscht<br />

werden soll, müsste der Denkmalschutz greifen.<br />

In Potsdam ist die Fokussierung auf die barocke<br />

Architektur für die Denkmalpflege verführerisch,<br />

Abb. 4: Die Eingangssituation zum Hof des Staudenhofensembles. Auf der linken<br />

Seite wird der Hof vom Wohnhaus, rechts von der Bibliothek eingefasst. Im Hintergrund<br />

ist die Nikolaikirche zu sehen. Foto: Frauke Röth, 2009<br />

91


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

92<br />

doch die wenigen herausragenden<br />

architektonischen Zeitzeugen der<br />

Nachkriegszeit sollten dringend geschützt<br />

und für die Nachwelt erhalten<br />

werden. Zeigen sie doch auch<br />

die Wunden, die das DDR-Regime<br />

der Stadt, als Zerstörung nach der<br />

Zerstörung, zugefügt hatten und<br />

geben andererseits der konträren<br />

Architekturauffassung einer neuen<br />

Zeit Raum. Darüber hinaus bliebe<br />

die Bedeutung beider städtebaulich<br />

und geschichtlich besonderer<br />

Einschnitte für die Bewohner, aber<br />

auch für die Touristen Potsdams,<br />

sichtbar und erlebbar.<br />

Die neuen Herausforderungen<br />

für die Denkmalpflege<br />

Denkmalwerte kommen nicht aus<br />

dem Objekt selbst heraus, sie müssen<br />

ihm sozial zugewiesen werden<br />

(HAUPT 2013). Die Wertigkeit zu<br />

definieren, ist nun die Herausforderung<br />

der Gesellschaft und der<br />

Denkmalpflege. Auch wenn es<br />

eine Mehrheit gibt, die den Wert<br />

der Architekturen noch nicht erkennt,<br />

muss die Denkmalpflege<br />

sachlich und ohne Vorbehalte<br />

die Gestaltungen der Geschichte<br />

prüfen, abwägen und urteilen.<br />

In mehreren Fällen, in denen die<br />

Denkmalbehörden ihren Aufgaben<br />

nicht gerecht werden, versuchen<br />

Initiativen einen Teil der Aufklärungsarbeit<br />

und Dokumentation<br />

zu erarbeiten und nachzuholen. Das passiert auch<br />

in Potsdam. So gibt es zum Beispiel nun für Potsdam<br />

eine Dokumentation der besonderen Werke<br />

Abb. 5: Leerstehende Nachkriegs<strong>modern</strong>e, der Kolonnadengang des ehemaligen<br />

Instituts für Lehrerbildung Foto: Gunnar Tessin, 2010<br />

Abb. 6: Transparente Räume einer transparenten Architektur. Das frühere Buchgeschäft<br />

wird vor dem Umbau des Bibliotheksgebäudes zwischengenutzt durch eine<br />

Galerie. Foto: Maike Swyter, 2009<br />

der Nachkriegsarchitektur als Buch zu kaufen (HAJDU/<br />

TESSIN 2011). Von verschiedenen Initiativen wie Localize<br />

und Metropolar gab und gibt es Festivals und


Frauke Röth: Die neuen Herausforderungen der Denkmalpflege in Potsdam<br />

Events, die leerstehende Gebäude nutzen und darüber<br />

die Qualitäten der Architektur vermitteln. Dabei<br />

spielt die Auseinandersetzung mit der Geschichte,<br />

der Stadt, der Architektur und mit den Planern eine<br />

wichtige Rolle. Von der Seite der Denkmalbehörde<br />

gibt es aber kein Interesse und keine Unterstützung<br />

der Aktivitäten.<br />

Die Problematik des Denkmalschutzes ist bei<br />

der Nachkriegsarchitektur vielschichtig. Gerade in<br />

Potsdam begründet man den Abriss oft mit den<br />

technischen Schwierigkeiten, die sich beim Erhalt<br />

eines Gebäudes zeigen. Darüber hinaus gibt<br />

es die Problematik der Energieeinsparung. In diesem<br />

Bereich warten Plattenbaukonstruktionen und<br />

Betonbauten mit schlechten Wärmedämmwerten<br />

auf. Damit gelten die Gebäude als zu sanierungsbedürftig<br />

und finanziell nicht tragbar. Tatsächlich<br />

stellen sich mit den neuen Denkmalanwärtern<br />

neue Herausforderungen, da sich die Konstruktionen<br />

und Materialien verändert haben. Die Aufgabe<br />

der Denkmalpflege und der Fachleute ist es,<br />

sich nun diesen Herausforderungen zu stellen,<br />

wie sie es bei anderen anspruchsvollen schützenswerten<br />

Denkmälern auch tun. Mit ihren vorproduzierten<br />

Elementen steht die Architektur auch<br />

für die Egalisierung der Nutzer und spiegelt damit<br />

den Zeitgeist der Nachkriegszeit in Ost- und<br />

Westdeutschland wider. Dies steht für den demokratischen<br />

Anspruch der Politik und der Gesellschaft,<br />

der immer wieder betont wird. Damit<br />

kann und will sich aber heute nicht jeder identifizieren.<br />

Hier steht das Interesse der Politik, der<br />

Gesellschaft und der Finanziers öfter den Interessen<br />

der Fachleute entgegen und damit auch den<br />

Denkmalschützern. Die Architektur der Innenstädte<br />

ist die wichtigste Repräsentationsfläche<br />

der politischen und gesellschaftlichen Ansprüche.<br />

„Die <strong>modern</strong>en Massenbauten kommunizieren in<br />

den Städten auch immer die Herrschaft der Masse“<br />

(FISCHER 2011: 78). Eine Herrschaft der Masse<br />

oder eine Architektur für jedermann ist eigentlich<br />

eine andere Formulierung für soziale Ideale<br />

oder eine soziale Utopie, für die die Architektur<br />

der Massenbauten steht. Das passt vielleicht nicht<br />

in die heutige Zeit. Zumindest scheinen sich Potsdamer<br />

Mäzene wie Hasso Plattner oder Günther<br />

Jauch besser mit monarchischen Bildern zu identifizieren<br />

(METZNER 2007; FELGENDREHER 2011: 88,<br />

90). Die Rekonstruktionsarchitektur repräsentiert<br />

heutzutage wieder eine elitäre Schicht. Dass der<br />

Potsdamer Landtag im kommenden Jahr ausgerechnet<br />

in ein Haus einziehen wird, das für die<br />

Darstellung der Macht eines Monarchen entworfen<br />

wurde, ist delikat. In Ostdeutschland stehen<br />

die Massenarchitekturen heutzutage verständlicher<br />

Weise nicht nur in positiver Hinsicht als Sinnbild<br />

sozialer Utopien. Sie sind eng verknüpft mit<br />

dem Bild der DDR-Diktatur. Die Architektur muss<br />

im Hinblick auf seine Geschichte untersucht werden.<br />

Die Zerstörungen architektonisch und kulturell<br />

wichtiger Werte von 1959–68, müssen losgelöst<br />

betrachtet werden von der Diskussion über<br />

die Qualitäten der folgenden Architektur. Zwar<br />

wurde viel Wertvolles und Erhaltenswertes in den<br />

1950er und 1960er Jahren vernichtet, doch das<br />

rechtfertigt nicht die Wiederholung der Zerstörung<br />

in der folgenden Generation an Zeugnissen<br />

der Geschichte. Im Kontext der Potsdamer Debatten<br />

formulierte der Leiter des Potsdamer Instituts<br />

für Zeithistorische Forschung sehr treffend: „Die<br />

kulturelle Deutungskraft eines opferorientierten<br />

Regenerationsparadigmas hat dafür gesorgt,<br />

dass das städtebaulich zunächst utopische Projekt<br />

einer Schlossrenaissance Wirklichkeit werden<br />

konnte und zugleich die Bauten der SED-Zeit aus<br />

der schützenswerten Vergangenheit herausfielen.<br />

Ganz im Gegenteil als bloße Hindernisse auf der<br />

Freilegung einer verborgenen Vergangenheit verstanden,<br />

erleiden sie das Schicksal einer visuellen<br />

Ausgrenzung, die ihr Verschwinden als Heilung<br />

93


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

zu verstehen erlaubt, ohne dass<br />

dies bislang überhaupt Gegenstand<br />

einer öffentlichen Debatte<br />

geworden ist“ (SABROW 2012).<br />

94<br />

Ausblick<br />

Für die meisten Bauwerke kommt<br />

das Umdenken der Politik und<br />

der Denkmalpflege zu spät. Vieles<br />

Schützenswerte ist Potsdam bereits<br />

verlorengegangen. Der Omnibusverkehrshof,<br />

der allein auf Grund<br />

seiner Konstruktion schützenswert<br />

gewesen wäre, wurde 2001 abgerissen.<br />

Im Jahr 2005–2006 folgte<br />

das Fernmeldeamt, 2009 das Haus<br />

des Reisens. Auch das Schuhkaufhaus<br />

und die Landschaftsgestaltung<br />

vor der Schwimmhalle am<br />

Brauhausberg sind verschwunden. Der Abriss der<br />

Schwimmhalle selbst – der baugleiche Typus steht in<br />

Dresden unter Denkmalschutz – und des Terrassenrestaurants<br />

Minsk werden wohl, trotz Gegenstimmen<br />

aus der Bevölkerung, folgen. Das Rechenzentrum<br />

und der Pavillon an der Breiten Straße werden<br />

wahrscheinlich der Rekonstruktion der Garnisonkirche<br />

zum Opfer fallen (HAJDU/TESSIN 2011). Oftmals<br />

hinterließ der Abriss eine Brache. Eine folgende Bebauung<br />

war teilweise nicht einmal geplant, so stark<br />

ist der Wille, sich vom alten, ungewollten Erbe zu befreien.<br />

Realistisch scheint mir, dass in Potsdam nicht<br />

nur ein wiederaufgebautes Schloss den Brandenburgischen<br />

Landtag repräsentieren und die historische<br />

Innenstadt wieder aufgebaut wird, sondern, dass<br />

sämtliche schützenswerte Nachkriegsbauten aus<br />

der Innenstadt systematisch getilgt werden. Aber<br />

der Prozess für die Denkmalämter geht weiter. Auch<br />

wenn für viele Gebäude ein Umdenken zu spät<br />

kommt, stehen doch die nächsten schützenswerten<br />

Bauten aus den 80ern und 90ern schon parat, die<br />

Abb. 7: Die Fotografische Serie „Nachbarn“ begann im Rahmen Metropolars. Über<br />

40 Portraits der Bewohner des Staudenhofs sind durch die dokumentarische Arbeit<br />

der Künstlerin Kathrin Ollroge bereits entstanden. Ein Versuch die individuellen Geschichten<br />

der Bewohner trotz drohendem Abriss vorm Verschwinden zu bewahren.<br />

Fotos: © Kathrin Ollroge<br />

momentan noch nicht im Fokus sind. Die Architektur<br />

wird immer die Gesellschaft spiegeln, die diese<br />

Stadt bewohnt und formt. Die Aufgabe der Fachleute<br />

ist es, sich damit weiter auseinanderzusetzen,<br />

was eine Gesellschaft ausmacht, die sich mit dieser<br />

alten Architektur schmücken mag. Was für die Zukunft<br />

auch spannend sein wird, ist die Frage, wie<br />

lange sich das Interesse an den Wiederaufbauten<br />

und Abrissen fortsetzen wird. Wie geht die nachfolgende<br />

Generation mit diesem Erbe der wiederaufgebauten<br />

Architektur um? Werden die fehlenden<br />

Zeitschichten, die uns jetzt so sehr am Herzen<br />

liegen, irgendwann vermisst? Wird man besondere<br />

Nachkriegsarchitekturen irgendwann wieder aufbauen?<br />

In Berlin ist man schon dafür gewappnet,<br />

dass auch die folgende Generation eine Chance hat,<br />

sich als Opfer zu gerieren. So wird auf facebook von<br />

Marion Pfaus für 2050 schon mal zur Großen Jubiläums-Schloss-Sprengung<br />

am Schlossplatz eingeladen<br />

(PFAUS 2012). So kann man Geschichte zelebrieren<br />

und das eigene Geschichtsverständnis und die Er-


Frauke Röth: Die neuen Herausforderungen der Denkmalpflege in Potsdam<br />

fahrungen der vorhergehenden Generation der<br />

nachfolgenden Jugend verständlich machen.<br />

Anmerkungen<br />

1 Städtebauliche Planung: W. Berg, H. Görl; Freiflächenplanung:<br />

Hiltrud Berndt; Planung des Instituts für Lehrerbildung:<br />

Sepp Weber, W. Merz, D. Lietz, H. Gödicke; Planung<br />

der Wissenschaftlichen Allgemeinbibliothek: S. Weber, H.<br />

Ebert, P. Mylo, F. Neuendorf; Planung des Wohnhauses: H.<br />

Ebert, P. Mylo, F. Neuendorf.<br />

2 Fünfzig Prozent der Potsdamer Bürger sprachen sich laut<br />

einer Forsa-Umfrage 2007 für den Wiederaufbau des Stadtschlosses<br />

mit historischer Fassade aus. Dabei war der Anteil<br />

der Befürworter bei den 18–29-jährigen höher (53%) als bei<br />

den über 60-jährigen (46%); forsa 2007.<br />

3 Die beiden Originalkunstwerke, von Dombois „Zugabe“ genannt,<br />

werden pavillonartige Ständerwerke sein, auf denen<br />

Aluminiumplatten angebracht sind. Auf diesen Platten wird<br />

in einer Malwerkstatt fotorealistisch das Schloss Sanssouci<br />

aufgemalt. Das zweidimensionale Schloss Sanssouci quasi<br />

als „Zugabe“ zur dreidimensionalen Stadtschloss-Kopie<br />

– soll das vielleicht ein ironischer Kommentar zu der<br />

Entscheidung sein, den Landtag mit einer Rekonstruktion<br />

der Stadtschlossfassade von Knobelsdorff zu versehen,<br />

Herr Dombois? Nicht ironisch, antwortet der Professor an<br />

Abb. 8: Der Siegerentwurf „Zugabe“ für „Kunst am Bau“ des Landtags, 2011. Zwei<br />

zweidimensionale Pavillonkopien des Schlosses Sanssoucis verschönern den Innenhof<br />

der dreidimensionalen Kopie des Stadtschlosses 3<br />

Foto: ©Florian Dombois, Bildbearbeitung von Lutz Wendenburg<br />

der Zürcher Hochschule der Künste, eher humorvoll: „Es<br />

hat etwas Heiteres“. Früher sei die Stadt ein „royalistisches<br />

Fantasieland“ gewesen, jetzt sei es eben ein „demokratisches“<br />

(GB PNN 2013).<br />

Literatur<br />

BARTMANN-KOMPA, I.; KUTSCHMAR, A.; KARN, H. (1982): Architekturführer<br />

DDR Bezirk Potsdam. – Berlin.<br />

ESCHERICH, M. (2012): Stadtzentrumsgestaltung der DDR-<br />

Moderne. – In: Bund Heimat und Umwelt (Hrsg.): Klötze und<br />

Plötze – Wege zu einem neuen Bewusstsein für Großbauten<br />

der 1960er und 1970er Jahre, S. 119–126. – Bonn.<br />

FELGENDREHER, D. (2011): Potsdam. Knobelsdorff ist nicht zu<br />

(s)toppen. – In: Arch+ 2011, Nr. 204, S. 86–91.<br />

FISCHER, J. (2011): Rekonstruktivismus als soziale Bewegung<br />

– Eine architektursoziologische Aufklärung. – In: Arch+<br />

2011, Nr. 204, S. 76–79.<br />

forsa/argus (2007): Ergebnisse forsa Umfrage 2007.<br />

www.argus-potsdam.de/downloads/Ergebnisse_Forsa-Umfrage_2007.pdf.<br />

Gb PNN (2013): Zugabe fürs Fantasieland. www.pnn.de/<br />

potsdam/743604/<br />

HAJDU, H.; TESSIN, G. (2011): Und der Zukunft zugewandt.<br />

Potsdam und der gebaute Sozialismus. – Potsdam.<br />

HAUPT, I. (2013): Denkmalschutz für<br />

Nachkriegsbauten. – In: Werk, Bauen +<br />

Wohnen 10/2013, S. 10–16.<br />

KALESSE, A.; KARTZ, M.; PETERSEN, P. (1991):<br />

Denkmalpflege in einem Gesamtkunstwerk.<br />

– In: Bauwelt 48/1991, S. 2548–<br />

2557.<br />

METZNER, TH. (2007): Plattner schenkt<br />

Potsdam das Schloss. www.tagesspiegel.<br />

de/berlin/brandenburg/knobelsdorfffassade-plattner-schenkt-potsdam-dasschloss/1106560.html.<br />

OSWALT, PH. (2011): Rekonstruktion und<br />

Utopie. Das Unbehagen in der Moderne.<br />

– In: Arch+ 2011, Ausg. 204, S. 62–65.<br />

PFAUS, M. (2012): Humboldt21. www.<br />

humboldt21.de.<br />

RAND, A. (1943): The Fountainhead. – Indianapolis.<br />

SABROW, M. (2012): Umgang mit DDR-<br />

Architektur in Potsdam. Verschwindende<br />

Brüche. – In: PNN 19.01.2012, online:<br />

www.pnn.de/potsdam/615273/. <br />

95


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

Der Park um die Ecke<br />

Ein Plädoyer für eine geheime Oase<br />

Gabriele Schabbel-Mader<br />

96<br />

Zusammenfassung<br />

Bei dem Begriff Park hat man fast immer<br />

eine stolze Anlage vor Augen,<br />

alte Bäume, sanft gewellte Rasenflächen,<br />

vielleicht sogar Freitreppen oder Wasserflächen.<br />

Hamburg bietet eine Fülle von<br />

Beispielen für diese Bilder: den Jenisch-<br />

Park, den Stadtpark, aber auch unsere berühmte<br />

Perlenkette an der Elbe, die Reihe<br />

der kleineren Parks wie Hessepark, Baurs<br />

Park oder den Hirschpark. Hamburg ist zu Recht<br />

stolz auf dieses grüne Erbe. Wenn aber Hamburg<br />

zu den grünsten Städten Europas zählt, dann auch<br />

deshalb, weil es unzählige kleine <strong>Grün</strong>anlagen über<br />

die ganze Stadt verteilt gibt. Der Park um die Ecke<br />

sozusagen, oft nur nebenbei, beim Fahren durch die<br />

Stadt, wahrgenommen. Aus meiner eigenen Biografie<br />

weiß ich, wie wertvoll diese Plätze sind. Aufgewachsen<br />

in einer Wohnung, zunächst in Hamburg,<br />

anschließend in Mülheim an der Ruhr, waren diese<br />

Anlagen für mich die erste Begegnung mit der Natur<br />

und den Jahreszeiten. Und damit wurde bei mir ein<br />

Grundinteresse geweckt, welches letztendlich sogar<br />

zielführend für meine Berufswahl „Landschaftsarchitektin“<br />

war.<br />

Was zeichnet sie nun aus, diese kleinen Parks?<br />

Zum einen zeichnen sie sich durch die räumliche Begrenztheit<br />

aus; oft sind sie eingezwängt zwischen<br />

Häuserblocks oder es sind Restflächen eines ehemaligen<br />

Gartens, dann vielleicht sogar mit einzelnen<br />

schönen Ziergehölzen wie Magnolien oder alten<br />

Bäumen. Blumenbeete findet man dort selten,<br />

eher Rasenflächen, auf denen die Hunde<br />

toben können, ein paar Bänke, oft ein<br />

kleiner Spielplatz mit Minimalausstattung<br />

wie Sandkiste, Schaukel und Rutsche.<br />

Aber so etwas kann ein Paradies sein<br />

und ist ein sozialer Mittelpunkt für die<br />

Bewohner eines Quartiers. Kinder lieben<br />

solche Plätze und finden dort ihre eigenen<br />

Nischen, oft genug neben den für sie<br />

vorgesehenen Geräten. Ich bitte nachträglich<br />

die große Buchengruppe mit ihrem herrlichen<br />

Wurzelwerk um Verzeihung, aber wir hatten<br />

dort als Kinder unsere Puppenwohnung, und ein<br />

hoch gewachsenes Wurzelknie war unser Herd. Aus<br />

meiner heutigen fachlichen Sicht natürlich unmöglich.<br />

Das Besondere an diesen Parks war nicht die<br />

Ausstattung, sondern die fußläufige Nähe zu den<br />

Wohnungen: man kann mal für ein halbe Stunde<br />

„rausgehen“. Mütter mit kleinen Kindern gehören<br />

zu den intensivsten Parknutzern, in einer Großstadt<br />

ersetzen die Parks den eigenen Garten. Endlose<br />

Nachmittage verbringen die Mütter dort, dabei liegt<br />

bei Ihnen die Arbeit genauso zu Hause wie bei den<br />

gartenbesitzenden Müttern, die ihre Kinder nebenbei<br />

beaufsichtigen können. Irgendwann ist der Park<br />

den Kindern so vertraut, dass sie sich allein dorthin<br />

trauen. Die Möglichkeit, sich auch einmal aus der<br />

Beengtheit einer 3- oder 4 Zimmer-Wohnung trennen<br />

zu können, empfinden auch schon Kinder als<br />

befreiend, und der „Park um die Ecke“ ist ein Platz,<br />

den sie allein erreichen können. Auch ältere Menschen<br />

nutzen den Park zum Ausruhen auf dem Weg<br />

zum Einkaufen, als Treffpunkt zum Klönschnack


Gabriele Schabbel-Mader: Der Park um die Ecke<br />

und auch mal als Möglichkeit, ohne eigene Enkelkinder<br />

spielende Kinder zu erleben. Wir reden über<br />

<strong>Grün</strong>züge, Siedlungsgrün, Abstandsgrün, Blockrandbebauung,<br />

der Park um die Ecke bricht all dies<br />

herunter auf ein menschliches Maß. Wir planen für<br />

Menschen, und unsere Erfolge müssen wir daran<br />

messen lassen, wie die Anlagen angenommen werden.<br />

Mein Großvater Siegfried Lange war ebenfalls<br />

Gartenarchitekt und Gartenamtsleiter in Lüneburg<br />

in den 1950er und 1960er Jahren. Er hat mir sein<br />

Gestaltungsprinzip für das Stadtbild verraten: Überall,<br />

wo es ging, kleine <strong>Grün</strong>inseln anzulegen: eine<br />

wohlplazierte Bank, ein Beet mit Rosen oder Sommerblumen.<br />

Nach dem Krieg lechzten die Menschen<br />

nach Farbe. „Ecken-Lange“ wurde er deshalb genannt.<br />

In Bezug auf die Mitarbeiter für die Pflege<br />

waren das damals goldene Zeiten. Eine Stadt wie<br />

Lüneburg mit 60.000 Einwohnern hatte eine eigene<br />

Stadtgärtnerei, in der die Sommerblumen selbst gezogen<br />

wurden. Alles dies wurde wegrationalisiert. Es<br />

ist doch eigentlich traurig, dass heute, in wirtschaftlich<br />

viel besseren Zeiten als nach dem Krieg, viel weniger<br />

Wert auf die Pflege gelegt wird und die <strong>Grün</strong>flächenämter<br />

chronisch unterbesetzt sind.<br />

Was sind die Lösungen?<br />

Wie schaffen wir es, dass den Parkflächen wieder<br />

eine größere Wertschätzung zukommt? Guerilla-<br />

Gardening? Patenschaften für <strong>Grün</strong>flächen? „Silbersommer<br />

& Co.“, also Pflanzkonzepte mit stadtklimafesten<br />

Stauden und anorganischen Mulchmaterialien?<br />

Meiner Meinung nach ist es das Wichtigste,<br />

die grünen Oasen zu erhalten, nicht jede Fläche<br />

zuzubauen, also beim Stichwort Nachverdichtung<br />

nicht zu sehr zu pressen, sondern Nischen bestehen<br />

zu lassen und nicht mal eben zugunsten einer geschlossenen<br />

Straßenfront zu bebauen. Eine Studie<br />

hat ergeben, dass gerade die kleinen <strong>Grün</strong>flächen<br />

innerhalb einer Stadt ganz entscheidend zum Temperaturausgleich<br />

beitragen. Eine zusammenhängende<br />

<strong>Grün</strong>fläche ist viel effektiver als einzelne Bauminseln,<br />

die viel zu schnell austrocknen. Die Zeichen<br />

der globalen Erwärmung spüren wir in der Stadt<br />

viel stärker als im Umland, wo große Ackerflächen<br />

die Temperaturen noch ausgleichen. Als Präsidentin<br />

der Gesellschaft zur Förderung der Gartenkultur ist<br />

es mir ein Anliegen, das Bewusstsein für den Wert<br />

von gestaltetem <strong>Grün</strong> zu schärfen, das Verständnis<br />

für Pflanzen als lebendigen Organismus zu stärken<br />

und sich selbst nur als einen Teil des ökologischen<br />

Gesamtsystems zu begreifen. Die Parks um die Ecke<br />

sind vergleichbar mit den Tante-Emma-Läden. Jedes<br />

Quartier hatte so einen kleinen Laden, fußläufig gut<br />

erreichbar für Mütter mit kleinen Kindern, Kinder,<br />

die losgeschickt wurden, ihre ersten Einkäufe zu machen,<br />

ältere Menschen ohne Auto. Mit der „Automobilmachung“<br />

in den 1970er Jahren entstanden<br />

die Einkaufszentren auf der „grünen Wiese“, die<br />

kleinen Läden verschwanden, den Stadtquartieren<br />

fehlte eine lebendige Mitte, eine Verödung ging damit<br />

einher. Aber seit einiger Zeit gibt es eine Wiederbelebung<br />

der Quartiere. Es sind die Türken mit Ihren<br />

herrlichen Obstläden, die Inder und Araber mit ihren<br />

rund um die Uhr geöffneten Familienbetrieben, die<br />

sich in den kleinen Läden eine Existenz aufbauen.<br />

Und die kleinen Parks? So wie es auch in den früheren<br />

Gestaltungsepochen immer eine Bewegung<br />

und eine Gegenbewegung gab, auf den Barock<br />

folgte der englische Landschaftspark, so warte ich<br />

nun auf die Gegenbewegung als Antwort auf die<br />

großen zentralen <strong>Grün</strong>anlagen, die es natürlich in<br />

einer Stadt geben muss, aber eben nicht ausschließlich.<br />

Und die ersten verheißungsvollen Anzeichen<br />

sind da, es entstehen Gartenprojekte wie das Gartendeck<br />

in Hamburg, die Prinzessinnengärten in Berlin<br />

oder gleich eine ganze essbare Stadt wie in Andernach.<br />

Die Politik ist aufgefordert, diese Tendenz<br />

zu erkennen und bewusst bei neuen Bauvorhaben<br />

zu hinterfragen und als Maßstäbe für neue menschliche<br />

Bauprojekte umzusetzen.<br />

<br />

97


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

Das Museum als Garten – der Garten<br />

im Museum<br />

Das LVR-Freilichtmuseum Kommern<br />

Josef Mangold<br />

98<br />

Freilichtmuseen sind ganz besondere<br />

Museen. Unter freiem Himmel präsentieren<br />

sie ihre oft sehr großen Exponate:<br />

Wohnhäuser, Scheunen, Ställe,<br />

Werkstätten, aber auch – je nach Anlage<br />

und Konzept – alte Haustierrassen sowie<br />

kulturlandschaftliche Besonderheiten der<br />

dazustellenden Region(en) mit Wiesen,<br />

Weiden, Äckern und Gärten. Daneben<br />

bieten sie mit landwirtschaftlichen Arbeiten<br />

und Vorführungen alter Handwerkstechniken<br />

einen lebendigen Einblick in das Leben vergangener<br />

Zeiten.<br />

Die Idee der Freilichtmuseen wurde Ende des 19.<br />

Jahrhunderts in Skandinavien entwickelt. Zu Beginn<br />

stand der Erhalt traditioneller Bauweisen und -techniken<br />

im Mittelpunkt, die verlorenzugehen drohten.<br />

So „sammelte“ man Häuser, zerlegte sie und<br />

richtete sie – wie in Skansen bei Stockholm ab den<br />

1890er Jahren – in einer parkähnlichen Umgebung<br />

wieder auf. Landschaft, Landwirtschaft, Lebens- und<br />

Arbeitsbedingungen spielten zunächst eine untergeordnete<br />

Rolle. Erst Mitte des 20. Jahrhunderts,<br />

verstärkt seit den 1970er Jahren, wurden auch das<br />

Wohnen, die Bewohnergeschichte, die Lebens- und<br />

Wirtschaftsverhältnisse zunehmend in den Forschungsmittelpunkt<br />

gerückt, damit wurde auch der<br />

Blick auf die regionalen Rahmenbedingungen und<br />

kulturlandschaftlichen Besonderheiten ausgeweitet.<br />

So sind vor allem die in Deutschland seit Ende der<br />

1950er Jahre gegründeten größeren Freilichtmuseen<br />

regional ausgerichtet und sammeln, bewahren,<br />

erforschen und vermitteln das<br />

ländliche kulturelle Erbe. Sie bieten zudem<br />

wertvolle Erholungsräume, soziale<br />

Kontaktflächen und – wie im LVR-Freilichtmuseum<br />

Kommern schon sehr früh –<br />

neben den Gebäuden auch Lebensräume<br />

für Pflanzen und Tiere.<br />

Immer aber stehen hier die Verbindungen<br />

zwischen Kultur und Natur, zwischen<br />

Haus und der umgebenden Kulturlandschaft, das<br />

Leben und Arbeiten, und damit auch die Wechselbeziehungen,<br />

der Eingriff des Menschen in dieses<br />

System, im Vordergrund.<br />

Das LVR-Freilichtmuseum Kommern<br />

Das im Jahre 1958 als Rheinisches Freilichtmuseum<br />

gegründete LVR-Freilichtmuseum Kommern ist das<br />

Abb. 1: Gartenzwerge am Bungalow Kahlenbusch.<br />

Foto: Ute Herborg-Oberhäuser/LVR-Freilichtmuseum Kommern


Josef Mangold: Das Museum als Garten – der Garten als Museum<br />

Abb. 3: Bauerngarten am Haus aus Kessenich.<br />

Foto: Ute Herborg-Oberhäuser/LVR-Freilichtmuseum Kommern<br />

Abb. 2: Dreifelderwirtschaft in der Baugruppe Eifel.<br />

Foto: Ute Herborg-Oberhäuser/LVR-Freilichtmuseum Kommern<br />

zweitälteste große regionale Freilichtmuseum<br />

in Deutschland. Nach<br />

kurzer Aufbauphase konnte es bereits<br />

im Jahre 1961 mit insgesamt<br />

elf zum Teil noch nicht ganz fertig<br />

gestellten Gebäuden eröffnet<br />

werden. Heute umfasst das Freilichtmuseum<br />

Kommern auf einem<br />

weitläufigen Gelände von ca. 100<br />

ha auf einem Bergrücken in der<br />

Eifel vier Baugruppen, die die Zeit<br />

zwischen dem 15. Jahrhundert und<br />

dem 20. Jahrhundert abdecken:<br />

die Baugruppen Westerwald, Eifel/<br />

Eifel-Vorland, Bergisches Land und<br />

Niederrhein mit insgesamt 69 originalen<br />

historischen, ins Museumsgelände<br />

versetzten Gebäuden. Schon<br />

von Anfang an ging es <strong>Grün</strong>dungsdirektor Adelhart<br />

Zippelius um eine – in der Wissenschaftsgeschichte<br />

der Volkskunde und der Freilichtmuseen vielzitierte<br />

– ganzheitliche Darstellung, also auch um ökologische<br />

Chancen und Möglichkeiten. Er meinte damit<br />

die Verklammerung und Präsentation von Natur und<br />

Kultur als zentralem Element. Damit verfolgte er<br />

einen zur damaligen Zeit innovativen und sehr visionären<br />

Ansatz und räumte diesem<br />

Präsentationsziel in den folgenden<br />

Aufbaujahren höchste Priorität ein.<br />

So gehörten landschaftsgestalterische<br />

Maßnahmen von Beginn an<br />

zum Aufbaukonzept, denn die im<br />

Rheinland regional unterschiedlichen<br />

Dorfstrukturen sollten entsprechend<br />

präsentiert werden: Die<br />

Eifel als kleines Straßendorf, der<br />

Niederrhein als Einzelhofsiedlung,<br />

der Westerwald mit seinem unregelmäßigen<br />

Dorfbild und das Bergische<br />

Land als kleiner Weiler. Zu<br />

dieser Häuseranordnung gehörten<br />

bewirtschaftete Äcker, Wiesen,<br />

Weiden, aber vor allem auch Gärten,<br />

die den Besucherinnen und<br />

99


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

100<br />

Besuchern natur- und kulturräumliche Wechselwirkungen<br />

im jahreszeitlichen Wandel veranschaulichen<br />

sollten. So standen und stehen noch heute in<br />

Kommern der kontinuierliche Gebäudeaufbau und<br />

die Präsentation der Kulturlandschaft gleichwertig<br />

nebeneinander.<br />

Durch Projekte und internationale Tagungen<br />

wurden Themen und Fragestellungen der ganzheitlichen<br />

Darstellung, der Kulturlandschaft und des<br />

Naturschutzes im LVR-Freilichtmuseum Kommern<br />

bereits seit den 1980er Jahren immer weiter vertieft:<br />

• 1980 startete das Projekt Anlage biogenetischer<br />

Reservate im Rheinischen Freilichtmuseum, 1 bei<br />

dem es erstmals um die Erstellung von Listen von<br />

Pflanzen ging, die vor dem Ende des 19. Jahrhunderts<br />

in Bauerngärten des Mittel- und Niederrheins<br />

beheimatet waren. Im Mittelpunkt stand<br />

die Frage, inwieweit Freilichtmuseen in der Lage<br />

sind, durch die systematische Ansiedlung von seltenen,<br />

vom Aussterben bedrohten Pflanzengesellschaften<br />

einen entscheidenden Beitrag zu deren<br />

Erhaltung zu leisten und so auch als Genpool zu<br />

fungieren. 2<br />

• 1981 folgte das vom Verband der Europäischen<br />

Freilichtmuseen und der Bundesforschungsanstalt<br />

für Naturschutz und Landschaftsökologie<br />

veranstaltete Internationale Symposium mit dem<br />

Titel „Dörfliche Vegetation im Freilichtmuseum.<br />

Erhaltung gefährdeter dörflicher Pflanzengesellschaften<br />

und historischer Nutzpflanzenkulturen“.<br />

Dabei ging es um Fragen der Pflanzenvielfalt, um<br />

Schutz gefährdeter Pflanzengesellschaften, Einbeziehung<br />

des naturräumlichen Milieus, Naturschutz<br />

als Aufgabe der Freilichtmuseen, Sensibilisierung<br />

der Besucher für die Anliegen des Pflanzenschutzes<br />

und des kulturellen Erbes.<br />

• Im 1985 veranstalteten Internationalen Symposium<br />

zum „Naturschutz durch Freilichtmuseen“ 3<br />

stand die Erweiterung des Themas in den europäischen<br />

Raum hinein im Vordergrund. Freilichtmuseen<br />

sollten gezielt Aufklärungsarbeit leisten und<br />

als Vorbild für weitere „edukative Zielsetzungen“<br />

in Europa dienen. 4<br />

• Seit 2008 griff man im LVR-Freilichtmuseum<br />

Kommern die Erfahrungen und Ergebnisse der<br />

Forschungsprojekte der 1980er Jahre wieder<br />

gezielt auf und rückte sie durch eigene und<br />

externe Untersuchungen verstärkt in den Fokus.<br />

In Zusammenarbeit mit der Stiftung Rheinische<br />

Kulturlandschaft wurde seit 2010 das<br />

Forschungsprojekt „Unkraut vergeht nicht –<br />

stimmt nicht!“ 5 betrieben. Das Ergebnis kann<br />

Abb. 4: Vermehrungsbeete des Projektes „Unkraut vergeht<br />

nicht – stimmt nicht!“.<br />

Foto: Ute Herborg-Oberhäuser/LVR-Freilichtmuseum Kommern


Josef Mangold: Das Museum als Garten – der Garten als Museum<br />

sich sehen lassen: Bereits nach<br />

zwei Jahren konnten 46 seltene<br />

und z.T. auf der Roten-<br />

Liste stehende Pflanzen im<br />

Museumsgelände gesammelt<br />

und wieder vermehrt werden<br />

– eine nicht vorhergesehene<br />

hohe Anzahl und Vielfalt. Damit<br />

wurde die 1981 von Seiten<br />

des Naturschutzes an die<br />

Museen gerichtete Frage, ob<br />

Freilichtmuseen als Genpool<br />

für vom Aussterben bedrohte<br />

Pflanzen dienen könnten, mit<br />

mehr als einem klaren „Ja“ beantwortet.<br />

Neben den Versuchs- und Vermehrungsbeeten<br />

des Unkraut-Projektes<br />

finden sich in Kommern seit den ersten Aufbaujahren<br />

eine Vielzahl von Gärten im Umfeld der bäuerlichen<br />

Gebäude – ausgerichtet nach ihrer Lage am<br />

alten Standort. Diese Gärten sind nach Archivalien,<br />

Pflanzeninventaren oder (falls noch möglich) nach<br />

Befragungen der ehemaligen Bewohner idealtypisch<br />

anlegt. Gepflegt werden sie durch eigenes Personal<br />

und Projektmitarbeiter und -mitarbeiterinnen. Ihre<br />

Erträge werden meist direkt verarbeitet und den<br />

Museumsgästen in Projekten zielgruppenorientiert<br />

vermittelt. 6<br />

Marktplatz Rheinland<br />

Seit 2009 wird in Kommern eine weitere, fünfte<br />

Baugruppe errichtet: Auf dem Marktplatz Rheinland<br />

wird nun die jüngere und jüngste Vergangenheit<br />

in den Blick gerückt: die Zeit zwischen 1945<br />

und 1990. Dabei steht die „Verstädterung“ des<br />

ländlichen Raumes im Mittelpunkt, die Veränderungen<br />

in der Zeit des Wirtschaftswunders und<br />

der Folgejahre und die damit einhergehende Auflösung<br />

der traditionellen Dorfbilder.<br />

Abb. 5: Marktplatz Rheinland, Gaststätte Watteler aus Eschweiler über Feld.<br />

Foto: Hans-Theo Gerhards/LVR-Freilichtmuseum Kommern<br />

Das stellt natürlich veränderte Anforderungen<br />

an den Abbau und den Transport, die Translozierung,<br />

der jetzt nicht mehr aus Holz, sondern aus<br />

Stein bestehenden Gebäude und deren Wiederaufbau<br />

im Museum, aber auch an die Gestaltung<br />

der Gärten und das Hausumfeld. So sollen auf<br />

dem Marktplatz Rheinland im Gegensatz zu den<br />

von alten Dorfstrukturen geprägten übrigen Baugruppen<br />

auch die sich in diesen Jahrzehnten verändernden<br />

Straßenbeläge (wassergebundene<br />

Decke, Kopfsteinpflaster, Asphalt …), Wege- und<br />

Straßenbeleuchtungen, Zäune und Abgrenzungen,<br />

öffentliche Plätze – wie z.B. ein kleiner Marktplatz<br />

mit Telefonzelle, Bushaltestelle, Kriegerdenkmal,<br />

Brunnen – entstehen, aber auch abgetrennte Gartenbereiche.<br />

Bei der Anlage der Gärten wie auch<br />

der Gestaltung des gesamten Marktplatzes stehen<br />

garten- und städtebauliche Konzepte aus der Zeit<br />

von etwa 1950 bis 1980 im Vordergrund. Jedem<br />

in dieser neuen Baugruppe wiederaufgebauten Gebäude<br />

werden auch die umgebenden Flächen im<br />

präsentierten Zeitschnitt angepasst.<br />

101


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

102<br />

Abb. 6: Blick aus der Küche des Bungalow Kahlenbusch,<br />

Marktplatz Rheinland.<br />

Foto: Ute Herborg-Oberhäuser/LVR-Freilichtmuseum Kommern<br />

Hausgärten seit den 1950er Jahren<br />

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden Gärten und<br />

Grundstücke zunächst als notwendige Anbauflächen,<br />

als Nutzgärten, genutzt und Grundnahrungsmittel<br />

wie Kartoffeln, Gemüse oder Salate<br />

angepflanzt. Seit den 1960er Jahren ist eine Entwicklung<br />

hin zu bürgerlicher Gartenkultur zu beobachten.<br />

Vermehrt werden nun (Einfamilien-)<br />

Wohnhäuser errichtet, bei denen Haus und Garten<br />

eine Einheit bilden und deren Gestaltungselemente<br />

unmittelbar aufeinander bezogen sind. Neben<br />

dem Wohngarten wies das Privatgrundstück der<br />

1950er und 1960er Jahre häufig noch einen Nutzgarten<br />

im hinteren Bereich auf (zwischen 1000 und<br />

1500 m²). Mit steigendem Wohlstand wurde aus<br />

dem Nutzgarten ein reiner Wohngarten. Nun verkleinerten<br />

sich die Grundstücke einschließlich des<br />

Nutzgartenanteils auf 500 bis 600 m². Eingefriedet<br />

waren die Gärten oft mit Scherenzäunen (Jägerzäunen).<br />

Um die Blicke abzuhalten, errichtete man<br />

kleine Mauern oder pflanzte Hecken und Sträucher.<br />

Für einen naturnahen Charakter des Gartens<br />

gestaltete man Wege, Terrassen und Mauern häufig<br />

mit Natursteinen. Ein besonders typisches Element<br />

dieser Wohngärten war ein mit Natursteinen<br />

gefasstes Wasserbecken mit Seerosen. Zur Wasserstelle<br />

führte dabei ein mit einzelnen Platten gelegter,<br />

geschwungener Pfad.<br />

Mit der ökologischen Bewegung der 1980er<br />

Jahre wurden Gärten mehr zu „Wildgärten“ –<br />

auch als „wirrer Garten“ zu bezeichnen – „gepflegt“,<br />

und es wurden wieder zunehmend Nutzbeete<br />

eingerichtet. Es war „in“, eigenes Gemüse,<br />

eigenen Salat anzubauen, es war schick, Gartenarbeit<br />

zu verrichten und im Einklang mit der Natur<br />

„ökologisch bewusst“ zu leben und zu arbeiten.<br />

Neben diesem Trend zur ökologischen Nutzung<br />

der Gärten gab es in wohlhabenden Schichten<br />

eine starke Hinwendung zu strenger Anlage von<br />

Wohngärten mit besonderen Pflanzen und Stauden,<br />

mit Blütenpracht und <strong>modern</strong>en Zutaten aus<br />

Beton oder Ton. Die Anlage dieser Gärten orientierte<br />

sich an Architekten-Entwürfen aus dem öffentlichen<br />

Raum, die somit nun in den privaten<br />

Bereich hineinwirkten.<br />

Das Forschungsprojekt zur Gartenkultur der<br />

1950er bis 1980er Jahre<br />

Um die Präsentation von Gärten auf dem Marktplatz<br />

Rheinland auf wissenschaftlich tragfähige<br />

Beine zu stellen, startete das LVR-Freilichtmuseum<br />

Kommern im Jahr 2012 das Forschungsprojekt<br />

„Präsentieren und Erhalten: Gartenkultur der<br />

1950er bis 1980er Jahre“, das sich diesen verän-


Josef Mangold: Das Museum als Garten – der Garten als Museum<br />

Abb. 7: Garten Bungalow Kahlenbusch.<br />

Foto: Ute Herborg-Oberhäuser/LVR-Freilichtmuseum Kommern<br />

Abb. 8: Terrasse und Garten Bungalow Kahlenbusch.<br />

Foto: Ute Herborg-Oberhäuser/LVR-Freilichtmuseum Kommern<br />

derten gesellschaftlichen Bedürfnissen und Ausprägungen<br />

in der Gartennutzung seit 1945 widmet.<br />

Erster Schritt: Die Anlage des Gartens um den Bungalow<br />

Kahlenbusch, der den Zeitschnitt der beginnenden<br />

1960er Jahre präsentiert. Er wurde im September<br />

2012 eröffnet.<br />

Garten Bungalow Kahlenbusch<br />

Der Flachdachbungalow Kahlenbusch (Baujahr<br />

1958) zeigt die für die Bungalowbauweise dieser<br />

Zeit typische L-Form und ist mit originalem Mobiliar<br />

im Zeitschnitt der 1960er Jahre eingerichtet:<br />

z.B. NeoChippendale im Wohnzimmer, die Küche<br />

der Firma TIELSA in gelb-orange mit den typischen<br />

orangefarbenen kleinen Küchenhelfern.<br />

Der Garten wurde ebenfalls im Stil der 1960er<br />

Jahre gestaltet und vollständig mit einem Jägerzaun<br />

eingefriedet. Der Zugang zum Haus liegt<br />

direkt neben der Garagenzufahrt. Ein Weg führt<br />

von hier um den Bungalow bis zur rückwärtig gelegenen<br />

Terrasse. Die großzügig angelegte Terrasse<br />

liegt leicht erhöht über der Rasenfläche. Von<br />

hier kann der Blick weit bis zum runden Wasserbecken<br />

schweifen. Den kleinen Zierteich erreicht<br />

man über einen geschwungenen, mit einzelnen<br />

Betonplatten gelegten Pfad. Der Rasen wird von<br />

Beeten mit typischer Bepflanzung eingerahmt.<br />

In die Gartenecke mit dem Wasserbecken wurde<br />

eine japanische Zierkirsche als Blickfang gepflanzt.<br />

Präsentieren und Erhalten<br />

Das Forschungsprojekt „Präsentieren und Erhalten:<br />

Gartenkultur der 1950er bis 1980er Jahre“<br />

erfüllt für die Präsentation der Wohnkultur dieser<br />

Zeit im Freilichtmuseum wichtige Aufgaben und<br />

Ziele: Im Mittelpunkt steht der Erhalt des gärtnerischen<br />

Wissens und der gärtnerischen Zeugnisse,<br />

wie Gartengeräte und Pflanzensorten, daneben<br />

die Erforschung der Lebensbedingungen und die<br />

Verwendung der Pflanzen in dieser Zeit. Ziel ist<br />

es, einen Wissensspeicher aufzubauen und den<br />

Fachaustausch über Gartenplanungen und Gartenkonzepte<br />

dieser Zeit oder die Formensprache<br />

der Gestalter aufzuzeigen und damit zu erhalten.<br />

Entscheidend ist das Einbeziehen von Zeitzeugen,<br />

103


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

104<br />

etwa durch Sammlung und Sichtung von Fotos<br />

und Zeitzeugenberichten. Dazu dient der „Talk<br />

am Tisch“, das Erzählcafé in der Gaststätte Watteler,<br />

die im Zeitschnitt 1974 präsentiert wird. Im<br />

Vordergrund steht aber stets die Vermittlung der<br />

Ergebnisse an die Besucherinnen und Besucher<br />

des Museums und die Weitergabe in Projekten,<br />

museumspädagogischen Angeboten, Publikationen<br />

und durch <strong>modern</strong>e Medien (Apps etc.). Mit<br />

diesem Projekt zur Gartenkultur der 1950er bis<br />

1980er Jahre, flankierend zum Ausbau der neuen<br />

Baugruppe Marktplatz Rheinland, geht das<br />

Freilichtmuseum Kommern seit 2012 einen konsequenten<br />

Schritt weiter auf einem innovativen<br />

Weg. Konsequent, weil sich nach dem Zweiten<br />

Weltkrieg Gebäude und Wohnkultur, aber auch<br />

die Menschen gerade auch im ländlichen Raum<br />

an die sich schnell verändernden Lebens- und<br />

Arbeitsbedingungen angepasst haben. Dies belegen<br />

gerade die Gärten mit ihren veränderten Gestaltungen.<br />

Waren vor und kurz nach dem Krieg<br />

im ländlichen Raum noch überwiegend Nutzgärten<br />

für die Eigenversorgung üblich, so veränderten<br />

sich spätestens mit dem gesellschaftlichen Umbruch,<br />

der Wirtschaftswunderzeit, die Rahmenbedingungen<br />

grundlegend. Zunehmend waren die<br />

Berufe nun nicht mehr primär im landwirtschaftlichen<br />

Umfeld angesiedelt, sondern im städtischen<br />

und städtisch-ländlichen Umfeld.<br />

Abb. 9: Seerosenteich im Garten Bungalow Kahlenbusch.<br />

Foto: Hans-Theo Gerhards/LVR-Freilichtmuseum Kommern<br />

Fazit<br />

Die seit der Mitte des 20. Jahrhundert gegründeten<br />

und aufgebauten Freilichtmuseen sammeln,<br />

bewahren, erforschen, präsentieren und vermitteln<br />

das kulturelle Erbe nicht nur von Gebäuden,<br />

also das baukulturell-technisch-konstruktive Erbe,<br />

sondern auch die Lebens- und Arbeitsbedingungen<br />

der Menschen und die kulturlandschaftlichen<br />

Rahmenbedingungen mit Pflanzen und Tieren.<br />

Sie sind neben der wissenschaftlichen Erforschung<br />

und Vermittlung der Sachzeugnisse auch<br />

Orte der Rekreation, der Freizeit. Freilichtmuseen<br />

bieten durch ihre besondere Anlage und Pflege<br />

herausragende Chancen und Möglichkeiten,<br />

neben Gebäuden und Tieren auch Pflanzen zu erhalten,<br />

zu vermehren und auf Dauer zu sichern.<br />

Sie leisten dabei einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung<br />

des gartenkulturellen Erbes, besonders<br />

auch durch anschauliche Präsentationen und Vorführungen<br />

von Geräten der Gartenbearbeitung.<br />

Daneben bieten sie eine Plattform zum Diskurs,<br />

zur theoretischen, aber auch zur praktischen Information<br />

und Betätigung – für Institutionen und<br />

auch für private Akteure. Wie die Gebäude sind<br />

auch Felder, Wiesen, Weiden und auch die Gärten<br />

kulturelles Erbe, das es zu erhalten, erforschen,<br />

pflegen und zu vermitteln gilt. In einem Freilichtmuseum<br />

müssen aber immer die Zusammenhänge<br />

von Haus und umgebender Kulturlandschaft in<br />

den gewählten Präsentationszeiten nachvollziehbar<br />

werden.<br />

Das Beispiel des LVR-Freilichtmuseums Kommern<br />

zeigt eindrucksvoll, wie hier das Gartenerbe<br />

dauerhaft gesichert und erhalten werden kann<br />

– ob es die Gartenkultur des 18. oder 19. Jahr-


Josef Mangold: Das Museum als Garten – der Garten als Museum<br />

hundert ist – oder die Gartenkultur der 1950er bis<br />

1980er Jahre auf dem Marktplatz Rheinland.<br />

Literatur<br />

BÄRNTHOL, R. (2011): Ein „grünes Zimmer“ – Wohngärten<br />

der 1960er Jahre. – In: Umbruchzeit – Die 1960er und<br />

1970er Jahre auf dem Land. Siedlung – Architektur – Wohnen,<br />

hrsg. von Herbert May und Michaela Eigmüller, S.<br />

275–281.<br />

BERNATZKY, A. (1962): Gärten für uns. Ihre Anlage und Gestaltung.<br />

– Gütersloh.<br />

Bernatzky, A. (1977): Der Gartenratgeber. Planung, Bepflanzung<br />

und Pflege von Hausgärten. – München.<br />

Dörfliche Vegetation im Freilichtmuseum. Internationales<br />

Symposium zur „Erhaltung gefährdeter dörflicher Pflanzengesellschaften<br />

und historischer Nutzpflanzenkulturen“<br />

vom 22.–26.6.1981 im Rheinischen Freilichtmuseum<br />

Kommern. – In: Aus Liebe zur Natur. Schriftenreihe Heft 3,<br />

hrsg. von der Stiftung zum Schutze gefährdeter Pflanzen,<br />

Selbstverlag 1983.<br />

HEIN, G. (2011): Freilichtmuseen machen „Biologische Vielfalt“<br />

erlebbar und begreifbar. – In: Natur in NRW 3/2011,<br />

hrsg. vom Landesamt für Natur, Umwelt- und Verbraucherschutz<br />

Nordrhein-Westfalen, Boss Verlag.<br />

HERBERS, G. (1952): Der Wohngarten. Seine Raum- und<br />

Bau-Elemente. – München.<br />

MANGOLD, J. (2011): Freilichtmuseum Kommern verbindet<br />

historische Kultur und Natur. – In: Natur in NRW 3/2011,<br />

hrsg. vom Landesamt für Natur, Umwelt- und Verbraucherschutz<br />

Nordrhein-Westfalen, Boss Verlag.<br />

MAY, H. (2011): „In jedem Fall wollten die Leute was Neues…“<br />

Umbruchzeit – Die 1960er und 1970er Jahre auf<br />

dem Land. Ein Ausstellungsprojekt der Freilichtmuseen<br />

Cloppenburg, Fladungen und Bad Windsheim.<br />

Naturschutz durch Freilichtmuseen. Internationales Symposium<br />

vom 2./3.9.1985 im Rheinischen Freilichtmuseum<br />

Kommern. – In: Aus Liebe zur Natur. Schriftenreihe Heft 4,<br />

hrsg. von der Stiftung zum Schutze gefährdeter Pflanzen,<br />

Selbstverlag 1986.<br />

VALENTIEN, O. (1958): Der Garten am Haus. – Berlin.<br />

ZIPPELIUS, A. (1981): Das Rheinische Freilichtmuseum und<br />

Landesmuseum für Volkskunde in Kommern. Geschichte<br />

und Ausblick. – Köln.<br />

Anmerkungen<br />

1 Das Projekt wurde gefördert durch das Bundesministerium<br />

für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Vgl. Dörfliche<br />

Vegetation im Freilichtmuseum (1983), S. 7.<br />

2 Vgl. Zippelius 1981: 72.<br />

3 Veranstaltet vom Bundeslandwirtschaftsministerium in<br />

Zusammenarbeit mit der Stiftung zum Schutze gefährdeter<br />

Pflanzen. Vgl. Naturschutz durch Freilichtmuseen<br />

(1986): 13.<br />

4 Ganz aktuell: Im Mai 2013 fand im LWL-Freilichtmuseum<br />

in Detmold das Internationale Symposium „Pflanzenvielfalt<br />

ländlicher Gärten“ statt. Ein Tagungsreader ist in Vorbereitung.<br />

Vgl. hierzu: Herborg-Oberhäuser, Ute/Mangold,<br />

Josef: Ökologische Chancen und Möglichkeiten der Freilichtmuseen.<br />

5 Vgl. über das Projekt: www.rheinische-kulturlandschaft.de/<br />

srk_.dll?pageID=85 und den Flyer: www.rheinische-kulturlandschaft.de/downloads/srk/Ackerwildkrautflyer-Freigabe.<br />

pdf<br />

6 Vgl. hierzu: Museumspädagogisches Faltblatt „Mitmachen<br />

und Erleben“ unter www.kommern.lvr.de, und: www.<br />

kommern.lvr.de/media/freilichtmuseum_kommern/dateien/museumspaedagogik/Museumspaed_2012_A4_web.<br />

pdf)<br />

<br />

105


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

„Gärten brauchen Gärtner!“<br />

Sylvia Borgmann<br />

106<br />

Welch ein Glück, dass meine Mutter<br />

mich im Frühjahr 1950 als Säugling<br />

in eine Ackerfurche im Park legte! Bewusst<br />

kann ich mich an mein Träumen in<br />

der Ackerfurche natürlich nicht erinnern;<br />

und doch ist der Park mein Traum geworden,<br />

tief in der Seele verwurzelt als nicht<br />

versiegender Quell von Lebensfreude.<br />

Heute, über 60 Jahre später, beginnen<br />

auch die 1950er Jahre zum Gegenstand<br />

gartenkultureller Forschung und Bewertung zu werden.<br />

Die Ackerfurche, die ich hautnah miterlebte,<br />

war ein Stückchen Grabeland, das den Anwohnern<br />

der Hamburger Parks in der Nachkriegszeit zum<br />

Kartoffelanbau zur Verfügung gestellt wurde. Die<br />

Erwartungen waren riesig, die Erträge aber mäßig.<br />

Ende der 1940er und Anfang der 1950er Jahre<br />

durchwehte die Stadt noch immer das Erinnern an<br />

die Schrecken des Krieges. In dem vergilbten, unscheinbaren<br />

Heftchen der Nachkriegszeit mit dem<br />

Titel „Drei Jahre Arbeit für den Wiederaufbau der<br />

Freien und Hansestadt Hamburg, nach amtlichen<br />

Behördenberichten im Auftrage des Senats zusammengestellt<br />

und bearbeitet von Erich Lüth, Direktor<br />

der Staatlichen Pressestelle“ werden die Leistungen<br />

aufgezählt: Bis 1949 wurden 69 Schulhöfe und<br />

etwa ebenso viele Kinderspielplätze wieder benutzbar<br />

gemacht, von den 70.000 zerstörten oder verheizten<br />

Straßenbäumen 9000 nachgepflanzt und<br />

für die weitere Aufforstung der Stadt eine Millionen<br />

Pflanzen angezüchtet. Weiter heißt es im Tonfall der<br />

damaligen Zeit: „Mit der Instandsetzung der Moorweide<br />

wurde begonnen, das Wandsbeker Gehölz<br />

und der Hammer Park in Angriff genommen. Auf<br />

dem Ohlsdorfer Friedhof werden die Besucher nicht<br />

übersehen haben, dass viele Schäden<br />

durch Kriegseinwirkungen und Plünderungen<br />

schon zu einem guten Teil behoben<br />

sind. Das Mahnmal für die KZ-Opfer<br />

in Ohlsdorf ist in würdiger Ausgestaltung<br />

verwirklicht.“ Bausenator Büll beklagte<br />

jedoch Vandalismus beim „Versuch,<br />

reizende Blumenbeete anzulegen“ und<br />

wünscht Volkserziehung: „Wir befinden<br />

uns nämlich im Aufbau und nicht mehr<br />

im Massenwahn sinnloser Zerstörung.“<br />

Im Zuge aufstrebender Wirtschaft machten sich<br />

das Garten- und Friedhofsamt der Baubehörde und<br />

die Gartenämter der Bezirke daran, die Parks neu<br />

zu kartieren, ihre Wege und hauptsächlichen Strukturen<br />

aufzuzeichnen und dafür zu sorgen, dass die<br />

notdürftigen Grabeländereien für die Bürger verschwanden.<br />

Auch vieles andere verschwand: Am<br />

hohen Elbufer in Hamburg-Altona z.B. wurde die<br />

Ruine des ausgebombten Donnerschlosses im Donnerspark<br />

in den großen Teich daneben geschoben<br />

und unter einer Wiese begraben oder das nicht<br />

mehr beheizte Palmen- und Orchideenhaus im Jenischpark,<br />

einst viel gerühmtes Zeugnis weltoffener<br />

Gartenkultur, abgerissen.<br />

Zur Internationalen Gartenbauausstellung 1953<br />

präsentierte sich nicht nur „Planten un Blomen“ in<br />

den ehemaligen Wallanlagen in einem neuen grünen<br />

Kleid auf neu modelliertem Gelände, sondern<br />

die Hamburger Bürger konnten auch wieder an<br />

der Elbe und Alster spazieren gehen. Der berühmte<br />

Hamburger Stadtpark und der Harburger Volkspark<br />

am Außenmühlenteich wurden wieder begehbar.<br />

Bombentrichter und Granatlöcher waren verfüllt.<br />

Unglaubliches war in wenigen Jahren geleistet wor-


Sylvia Borgmann: „Gärten brauchen Gärtner!“<br />

Abb. 1: Zeitschichten erkennen, bewerten und bewahren:<br />

Eine große Aufgabe auch der Hamburger Gartendenkmalpflege.<br />

Das Bild der 1950er Jahre-Lampen vor dem brillanten<br />

Abendhimmel am Elbufer tröstet nur für kurze Momente über<br />

den vernachlässigten Pflegezustand des öffentlichen <strong>Grün</strong>s der<br />

Hansestadt hinweg. Gärten brauchen vor allem Gärtner!<br />

Foto: Sylvia Borgmann<br />

den: Die Schuttberge der Kriegsverwüstungen waren<br />

verschwunden, die Trümmergrundstücke leerund<br />

aufgeräumt, die Fahrrinne der Elbe von Wracks<br />

befreit.<br />

Was äußerlich wieder in Ordnung erschien, war<br />

innerlich noch längst nicht erledigt. Das provokante<br />

Transparent: „Unter den Talaren – Muff von 1000<br />

Jahren“ wurde 1967 von Studenten durch den<br />

Hamburger Universitätscampus in das Audimax getragen.<br />

Der Von-Melle-Park mit den Universitätsgebäuden<br />

der Nachkriegszeit wurde stiller Zeuge von<br />

Zeitgeschichte, jedoch bereits in den 1970er Jahren<br />

von wucherndem Kraut verfremdet. Die Tendenz,<br />

über alles „Gras wachsen zu lassen“, war in den<br />

1970er Jahren verbreitete Methode. Naturschutz<br />

nahm Aufschwung und sollte wo möglich <strong>Grün</strong>pflege<br />

ersetzen.<br />

In den 1980er Jahren wurde gerade von der<br />

jüngeren Generation die Rückbesinnung auf die<br />

Stadtgeschichte der <strong>Grün</strong>derzeit und der 1920er<br />

Jahre eingefordert. Historische Postkarten um 1900<br />

wurden gesammelt und analysiert, Hamburgs Oberbaudirektor<br />

Egbert Kossak inspirierte in seinen bildreichen<br />

Vergleichen von Alt und Neu zu einer Rückbesinnung<br />

auf tradierte Werte des Städtebaus, auf<br />

Maßstäblichkeit, Sorgfalt von Eckbebauungen, Gestaltung<br />

von Plätzen und Freiräumen und die Verbindung<br />

zum Wasser. Mit dem Polizeihubschrauber<br />

und umgeschnallter Leica überflog er die Stadt und<br />

„schoss“ eindrucksvollste Dias aus der Vogelschau.<br />

Es galt, Hamburgs landschaftliche Qualitäten wiederzuentdecken<br />

und Elbe, Alster und Bille mit <strong>Grün</strong>zügen<br />

und Parks für die Schönheit und Lebensqualität<br />

der Stadt nutzbar zu machen. Langsam setzte sich<br />

die Erkenntnis durch, dass Hamburg nicht nur von<br />

oben, sondern auch von unten gesehen „schön“<br />

sein sollte. Zaghaft wagten die Gartenämter, zugewucherte<br />

Ausblicke auf die Elbe freizuschneiden,<br />

immer darauf bedacht, die altehrwürdige Hamburger<br />

Baumschutzverordnung zu achten. Diese war<br />

ansonsten gerade auf dem hohen Elbufer und an<br />

der Alster das wichtigste Instrument, Bebauungsübermut<br />

in Form uniformer Eigentumswohnungshäuser<br />

in historischen Gärten auszubremsen.<br />

Im Jahre 1990 titelte Frank Pieter Hesse in einer<br />

Veröffentlichung: „Was nützet mir ein schöner Garten<br />

...“. Als damals junger Mitarbeiter des Denkmalamtes<br />

Hamburg fand er mit dieser Frage in seinem<br />

Amt wenig Anklang, denn dort war man mit den<br />

Fragen zur Baukultur bereits überlastet. Die auch als<br />

107


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

108<br />

„Freie und Abrißstadt Hamburg“ kritisch benannte<br />

Hansestadt behandelte das Denkmalamt in der<br />

Kulturbehörde weniger als Partner, denn als Störenfried.<br />

Entsprechend ablehnend war die Stimmung,<br />

sich nun auch noch um Parks und Gärten zu kümmern.<br />

Doch in Flottbek drohte wertvolle Parklandschaft<br />

des 18. Jahrhunderts zersiedelt und bebaut zu werden.<br />

Es war ein harter Kampf engagierter Bürger,<br />

dieses zu verhindern und zum wohl abgewogenen<br />

Besseren zu wenden. Auch war es schwierig, sich<br />

gegen die Gestaltungswünsche der damit befassten<br />

Landschaftsplaner durchzusetzen, die das teilweise<br />

zugeschüttete Terrain von Bach und Quellgebiet<br />

begraben lassen und darauf eine Seenlandschaft in<br />

Plastikfolie verkaufen wollten. Dank Kampfmittelräumdienst<br />

und dessen Freude über historisches<br />

Kartenmaterial, das ich ungebeten beibringen konnte,<br />

wurde das ursprüngliche Bachbett der Kleinen<br />

Flottbek zum Nulltarif (für das <strong>Grün</strong>budget) ausgebuddelt.<br />

Nie habe ich einen Bagger sorgfältiger graben<br />

sehen, wobei allerdings auch eine zu entschärfende<br />

Startbahnbombe gefunden wurde.<br />

Gleichzeitig wurde 1990 in der damaligen Umweltbehörde<br />

von Senator Jörg Kuhbier eine Stelle für<br />

Gartendenkmalpflege eingerichtet, die mittlerweile<br />

eng mit dem Denkmalamt zusammenarbeitet. Auch<br />

wurde Frank Pieter Hesse nach seiner Zeit in Berlin<br />

als Leiter des Denkmalamtes nach Hamburg berufen.<br />

Ihm ist es gelungen, mit einem im Jahre 2013<br />

verabschiedeten Denkmalgesetz, das dem Ipsa-Lege-<br />

Prinzip verpflichtet ist, die Weichen neu zu stellen.<br />

Die mittlerweile als Denkmale erkannten und archivierten<br />

historischen Gärten stehen nun automatisch<br />

unter Denkmalschutz. Für sie werden in den <strong>Grün</strong>verwaltungen<br />

nun Parkpflegewerke erarbeitet.<br />

Nach Öffnung der innerdeutschen Grenze hat<br />

Gartendenkmalpflege in Deutschland einen neuen<br />

Stellenwert erlangt. Bewundernswert und vorbildlich<br />

sind nicht nur die als Weltkulturerbe ausgewiesenen<br />

Gartenlandschaften Potsdam, Wörlitz und<br />

Bad Muskau, sondern auch viele kleinere Anlagen in<br />

den neuen Bundesländern. Für die kunstgeschichtliche<br />

Grundlagenforschung der Gartendenkmalpflege<br />

setzten in Norddeutschland Adrian von Buttlar<br />

(Universität Kiel) und Margita Meyer (Denkmalamt<br />

Schleswig-Holstein) neue Maßstäbe: Die Ergebnisse<br />

des Forschungsprojektes „Historische Gärten in<br />

Schleswig-Holstein“ wurden im Jahre 1995 veröffentlicht.<br />

Unter „Altona“ ist u.a. auch die Grundlagenforschung<br />

über die heutigen Hamburger Elbgärten<br />

dokumentiert, das Ergebnis meiner fünfjährigen<br />

Forschungsarbeit.<br />

„Lost paradise“ rief mir ein Hamburger Spaziergänger<br />

jüngst zu, der durch die Pfützen des Hirschparks<br />

watete. Mit riesigem Gerät wird der Park „in<br />

Ordnung“ gehalten, und auch die Müllabfuhr dreht<br />

dort ihre Runden. Das hinterlässt unvermeidlich grobe<br />

Spuren, die dem Park als Narben erhalten bleiben.<br />

Um zu etwas mehr Sensibilität zu animieren, hatte<br />

ich der vorletzten Kultursenatorin im Jahre 2006<br />

zusammen mit dem Vorsitzenden des Blankeneser<br />

Bürgervereins einen Strauß von blühenden Rhododendren-<br />

und Azaleenzweigen in das Amt getragen,<br />

den Pflanzen, die so typisch für die Hamburger Parks<br />

und Gärten sind und scheinbar unverwüstlich jedes<br />

Frühjahr die Elbchaussee zur schönsten Straße der<br />

Welt erheben.<br />

Von „Pflegevandalismus“ in Hamburger Parks<br />

wollte die Senatorin nichts hören, so schlimm sei es<br />

doch noch nicht, meinte sie. Der Bau der Elbphilharmonie<br />

verwehrte ihr, Gelder für die Bestellung z.B.<br />

eines Hamburger Gartenbaudirektors abzuzweigen,<br />

obwohl sie den Gedanken interessant fand, übergeordnet<br />

eine erfahrene und integrative Persönlichkeit<br />

für Hamburgs Gartenkultur sorgen zu lassen. Sie<br />

lud Klaus-Henning von Krosigk aus Berlin zu einem<br />

Vortrag in der Speicherstadt ein und, es war einem<br />

auserwählten Kreis Hamburger Bürger einen Abend<br />

lang vergönnt, davon zu träumen, dass inspirie-


Sylvia Borgmann: „Gärten brauchen Gärtner!“<br />

render Geist und Charme, dass das Vorbild begeisternder<br />

Gartendenkmalpflege in der neu erblühten<br />

Hauptstadt Berlin auch die Hamburger Politik und<br />

Verwaltung dazu beflügeln könnten, für Hamburgs<br />

öffentliche Gärten adäquat zu sorgen.<br />

Mittlerweile tragen Hamburgs ehemalige Gartenämter<br />

der Bezirke den Namen „Fachamt Management<br />

des öffentlichen Raums“. Ressourcen rationell<br />

ausnutzend sind die Bauhöfe von Tiefbau- und Gartenbauamt<br />

zu einem Bauhof pro Bezirk vereint. Das<br />

Budget ist brutal zusammengestrichen. Durch Alter<br />

oder Krankheit freiwerdende Stellen werden nicht<br />

mehr neu besetzt, neue Stellen nicht geschaffen.<br />

Plätze für Auszubildende gibt es nicht, womit auch<br />

die Wissens-Kontinuität nicht mehr gegeben ist. Nur<br />

weniger als die Hälfte der dringend notwendigen<br />

Pflegearbeiten kann von dem kargen Budget geleistet<br />

werden. In behördlicher Eigenarbeit werden<br />

die größeren Maschinenarbeiten verrichtet, Handarbeit<br />

wird an Fremdfirmen vergeben. Anleitung<br />

und Überwachung leiden unter kärgsten Budgets.<br />

Der Hamburger Rechnungshof hat im Jahre 2012<br />

einen Pflegerückstand beziffert, der nur mit Instandsetzungsinvestitionen<br />

von schätzungsweise 700<br />

Millionen Euro aufgeholt werden könne. Im bundesdeutschen<br />

Vergleich gibt Hamburg sehr wenig für<br />

öffentliche <strong>Grün</strong>pflege aus. Der Vergleich mit anderen<br />

Europäischen Metropolen fällt kläglich aus.<br />

Als Kind fragte ich: „Wem gehört der Park?“ Die<br />

Antwort lautete: „Er gehört uns allen!“ Das bedeutete<br />

Glück und Verpflichtung zugleich. Soll unsere<br />

Hamburger Traumlandschaft der Parks und Gärten<br />

für uns alle nicht verloren gehen, gilt es, den Pflegenotstand<br />

öffentlich zu annoncieren und die Politik<br />

trotz knapper Mittel zu mehr Fürsorglichkeit für<br />

Hamburgs wunderbare Parklandschaft zu animieren.<br />

Die Hamburger Parks könnten Hamburgs Visitenkarte<br />

in beneidenswerter Weise zieren, jedoch signalisieren<br />

sie heute eher ein Armutszeugnis städtischer<br />

Vernachlässigung. Es gibt vielen guten Bürgerwillen,<br />

die Misere zu mindern oder gar zu beseitigen; nur<br />

muss sich die Freie und Hansestadt Hamburg auch<br />

zu wirklicher Wertschätzung ihrer Parklandschaft<br />

aufraffen.<br />

Gärten brauchen einfach Gärtner!<br />

Bibliographie zur Hamburger Gartengeschichte<br />

seit 1945<br />

ERICH LÜTH (1949): Drei Jahre Arbeit für den Wiederaufbau<br />

der Freien und Hansestadt Hamburg o.J.<br />

HANS LEIP (1953): Die unaufhörliche Gartenlust – Ein Brevier<br />

der Hamburger Gartenkultur und Gartenkünste seit Karl dem<br />

Großen – Hamburg.<br />

GÜNTHER GRUNDMANN (1957): Jenischpark und Jenischhaus –<br />

Hamburg.<br />

KARL HEINZ HANISCH (1963): Internationale Gartenbauausstellung<br />

– Hamburg (Hrsg. Karl Passarge, Vorsitzender der<br />

Gesamtleitung der IGA 63 Hamburg).<br />

KARL-HEINZ RÜCKE (1963): Städtebau und Gartenkunst, Kleine<br />

Studie über ein vernachlässigtes Thema – Hamburg.<br />

BERND DIETER (1963): 125 Jahre Gartenbauverein Hamburg<br />

e.V. 1836–1961 – Hamburg.<br />

IRMGARD SORGE-GENTHE (1973): Hammonias Gärtner, Geschichte<br />

des Hamburger Gartenbaues in den letzten drei Jahrhunderten<br />

– Hamburg.<br />

ULRICH BAUCHE, MANFRED F. FISCHER, PETER GABRIELSSON, GISELA<br />

JAAKS, HANS DIETER LOOSE, KAI MATHIEU, UTE SCHEURLEN (1975):<br />

Gärten, Landhäuser und Villen des Hamburgischen Bürgertums<br />

– Hamburg. (Zur Ausstellung hrsg. vom Museum für<br />

Hamburgische Geschichte).<br />

MICHAEL GOECKE (1981): Stadtparkanlagen im Industriezeitalter:<br />

Das Beispiel Hamburg, Hannover, Berlin (Geschichte des<br />

Stadtgrüns Bd.5, hrsg. von Dieter Hennebo).<br />

FRANK PIETER HESSE, SYLVIA BORGMANN, JÖRG HASPEL, VOLKER DETLEF<br />

HEYDORN, HORST GUNTER LANGE, ROSEMARIE OTTO, H.O. DIETER<br />

SCHOPPE: (1990): „Was nützet mir ein schöner Garten ...“<br />

Historische Parks und Gärten in Hamburg – Hamburg (hrsg.<br />

von der Patriotischen Gesellschaft von 1765 und dem Verein<br />

der Freunde der Denkmalpflege e.V.).<br />

SABINE BLUMENRÖDER (1990): Von der Schönheit des Nützlichen,<br />

200 Jahre Kulturlandschaft Klein Flottbek – Hamburg.<br />

(Ausstellung im Barlachhaus in Verbindung mit dem<br />

Altonaer Museum, Mitarbeit CHARLOTTE SCHOELL-GLASS,<br />

SYLVIA BORGMANN, FRANK P. HESSE, FRANZISKA BORRIES und DIETER<br />

OTTE).<br />

ADRIAN VON BUTTLAR, MARGITA MEYER (Hrsg.) (1996): Historische<br />

Gärten in Schleswig-Holstein – Heide (u.a. mit Beiträgen von<br />

SYLVIA BORGMANN: Altona – Elbgärten, Altona – Klein Flottbek;<br />

109


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

M. BRECKWOLDT: Altona – Gartenbauausstellung 1914, Altona<br />

– Volkspark).<br />

EGBERT KOSSAK (1996): Hamburg – Die grüne Metropole –<br />

Hamburg.<br />

AXEL IWOHN, MARTINA NATH-ESSER, CLAUDIA WOLLKOPF (1998):<br />

Hamburg <strong>Grün</strong> – Die Gärten und Parks der Stadt – Hamburg.<br />

JENS BECK UND RALF G. VOSS (1999): Die Alster – Ein Fluß prägt<br />

die Stadt – Hamburg.<br />

BÄRBEL HEDINGER und JULIA BERGER (Hrsg.) (2003): JOSEPH RAMEÉ,<br />

Gartenkunst, Architektur und Dekoration. Ein internationaler<br />

Baukünstler des Klassizismus – München, Berlin (Zur Ausstellung<br />

im Jenischhaus mit Beiträgen von AXEL FEUSS, PAUL<br />

V. TURNER, WERNER SZAMBIEN, ANDREAS BEYER, INGRID A. SCHUBERT,<br />

JULIA BERGER, BÄRBEL HEDINGER, SYLVIA BORGMANN, CHRISTIANE<br />

SÖRENSEN, MARGRETHE FLORYAN, LAMBERT ROSENBUSCH).<br />

SYLVIA BORGMANN (2004): Hamburger Elbgärten – Blankenese<br />

– Altes Land. Eine historische Verbindung – Hamburg-Blankenese<br />

(hrsg. von Hamburgs Elbregion e.V., Arbeitsgemeinschaft<br />

Weltkulturerbe für das Alte Land, KERSTIN HINTZ, SILVIA<br />

HOTOPP-PRIGGE und ANDREA RACHOW, Mittelnkirchen und Jork<br />

2004).<br />

CLAUDIA HORBAS für das Museum für Hamburgische Geschichte<br />

(Hrsg.) (2006): Die Unaufhörliche Gartenlust. Hamburgs<br />

Gartenkultur vom Barock bis ins 20. Jahrhundert, Ausstellung<br />

im Museum für Hamburgische Geschichte – Hamburg (mit<br />

Beiträgen von GISELA JAAKS, CLAUDIA HORBAS. INGRID A. SCHUBERT,<br />

DIETRICH ROTH, CARSTEN PRANGE, STEPHAN KAISER, MARTINA SITT,<br />

CLAUDIA KANOWSKI, JOACHIM W. FRANK, GERHARD HIRSCHFELD,<br />

HANS-HELMUT POPPENDIECK, HEINO GRUNERT).<br />

EVA HENZE (2009): Hamburgs <strong>Grün</strong> zwischen Tradition und<br />

Trends: Streifzuge durch Parks und Naturlandschaften (hrsg.<br />

von der Freien und Hansestadt Hamburg, Behörde für Stadtentwicklung<br />

und Umwelt, als E-Paper) – Hamburg.<br />

HANS WALDEN (2010): 75 Jahre Planten un Blomen: ein<br />

Rückblick auf die bewegte Geschichte der „<strong>Grün</strong>en Oase“<br />

im Zentrum Hamburgs, hrsg. vom Freundeskreis Planten un<br />

Blomen e.V. – Hamburg.<br />

JOACHIM SCHNITTER (2011): Einblicke und Ausblicke, 110<br />

Jahre DGGL Hamburg/Schleswig-Holstein – Hamburg (Hrsg.<br />

Deutsche Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur<br />

(DGGL) Landesverband Hamburg/Schleswig-Holstein<br />

e.V. unter Mitwirkung von PAULA BOEDECKER, IRINA DECHOW,<br />

KIRA JENSEN, GUDRUN LANG, SILKE LUCAS (REDAKTION) und ANNETTE<br />

GRUNERT, HEINO GRUNERT, EVA HENZE, JÖRG MATTHIES, MARGITA M.<br />

MEYER (Lektorat)).<br />

HEINO GRUNERT (2012): Neue Gartenkunst im Hamburger Westen.<br />

In: Villen und Landhäuser, Bürgerliche Baukultur in den<br />

Hamburger Elbvororten von 1900 bis 1935 (hrsg. VON HANS<br />

BUNGE und GERT KÄHLER in der Schriftenreihe des Hamburgischen<br />

Architekturarchivs, hrsg. von HARTMUT FRANK UND ULRICH<br />

SCHWARZ) – Hamburg.<br />

JÖRN WALTER, MICHAEL ZAPF (Fotos), HEINER BAUMGARTEN, HEINO<br />

GRUNERT, KATRIN SCHMERSAHL,<br />

HANS-HELMUT POPPENDIECK, KLAUS DE BUHR, JÖRG KUHBIER, MICHAEL<br />

SACHS, GÜNTER ELSTE (2012): Das grüne Hamburg: Metropole<br />

und Umwelthauptstadt an Alster und Elbe – Hamburg.<br />

KATRIN SCHMERSAHL (2012): Hamburger Elbblicke: die Geschichte<br />

der Parks, Landhäuser und Familien entlang der Elbchaussee<br />

– Hamburg.<br />

KATRIN SCHMERSAHL und JÜRGEN WEBER (2012): Spaziergänge am<br />

Elbufer und durch die Parks. – Hamburg<br />

JÖRG SEIFERT (2013): Substanzverzehr stoppen! Die permanente<br />

Krise des Hamburger Stadtgrüns. In: Architektur in<br />

Hamburg, Jahrbuch 2013, hrsg. von der Hamburgischen<br />

Architektenkammer – Hamburg.<br />

<br />

110


Jens Beck: Urban gardening – ein Mittel zur Wiederbelebung öffentlicher Parks?<br />

Urban gardening – ein Mittel zur<br />

Wiederbelebung öffentlicher Parks?<br />

Jens Beck<br />

In Kürze<br />

Das Thema „Gärtnern in der Stadt“<br />

ist keineswegs neu; gleichwohl wird<br />

ihm in den letzten Jahren verstärkt öffentliches<br />

Interesse entgegen gebracht.<br />

Während sich das eigentliche Tun – die<br />

Erzeugung von Gartenprodukten auf<br />

engstem Raum im städtischen Kontext<br />

– seit Jahrzehnten nicht verändert hat,<br />

sind es vor allem die Gärtner selbst, die<br />

die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Denn sie entstammen<br />

meist nicht den klassischen Kleingärtnermilieus,<br />

sondern setzen sich als Trendsetter gerne in<br />

Szene oder sehen das Gärtnern als Teil eines unabhängigen,<br />

selbstbestimmten Lebensabschnitts. Die<br />

gegenwärtige vielleicht nicht lang anhaltende, aber<br />

unübersehbare Lust am Gärtnern ist zweifellos eine<br />

Bereicherung des städtischen Lebens, ihrem Wesen<br />

nach an bislang wenig genutzte Freiräume gebunden<br />

und ohne feste Formen. Die Frage ist, ob sich<br />

die neue Leidenschaft in gewissem Rahmen nutzen<br />

ließe, um zur Belebung von öffentlichen <strong>Grün</strong>anlagen<br />

beizutragen.<br />

Urban gardening<br />

Die in den letzten Jahren nach der Krise des Kleingartenwesens<br />

neu erwachte und durch eine Vielzahl<br />

von Printmedien begleitete Gärtnerlust, die in erster<br />

Linie die Städter erfasst hat, ist ihrem Wesen nach<br />

eine sehr vielschichtige Erscheinung. Es ist kaum<br />

möglich, alle Formen des urban gardening zu beschreiben;<br />

außerdem ist strittig, was überhaupt dazu<br />

zu zählen ist. Sind traditionelle Formen wie Blumentöpfe<br />

auf dem Balkon und die Schrebergärten<br />

Teil des Phänomens oder sogar<br />

dessen Ausgangspunkt? Oder ist es gerade<br />

die Abkehr von der Tradition, die neue<br />

Formen des Gärtnerns entstehen lässt,<br />

deren Kennzeichen das Fehlen von festen<br />

Formen und Organisationen ist? Wie<br />

nachhaltig ist die neue Gärtnerlust und<br />

wie verändert sie die Gesellschaft? Und<br />

schließlich: Warum sollte sich eine Tagung,<br />

deren Thema die <strong>Grün</strong>anlagen der 1950er<br />

und 1960er Jahre sind, mit diesem Teil der zeitgenössischen<br />

Gartenkultur befassen? Spätestens seit<br />

sich die Idee von Dr. Schreber, dass der Mensch<br />

durch das Bearbeiten eines Stücks Gartenland etwas<br />

für seine Gesundheit tun kann, mit der deutschen<br />

Vorliebe für die <strong>Grün</strong>dung von Vereinen gepaart<br />

hat, ist die vermutlich schon im Umfeld der ersten<br />

menschlichen Siedlungen betriebene Gärtnerei seit<br />

der Mitte des 19. Jahrhunderts zu einer festen Institution<br />

geworden. Hinzu kommt das sich gleichzeitig<br />

enorm entwickelnde Floristikgeschäft, das den<br />

Großstädtern nicht nur üppig bepflanzte Wintergärten,<br />

Balkone und Vorgärten brachte, sondern auch<br />

neueste Blumendekorationen wie die beliebten Tableaus<br />

des Frankfurter Gartenkünstlers Heinrich Siessmayer.<br />

Welchen Anteil die Großstädter selbst an<br />

diesen Dingen hatten, ob sie nur Konsumenten oder<br />

auch Akteure waren, ist schwer zu sagen. Vermutlich<br />

gab es alle denkbaren Abstufungen, von dem<br />

mittellosen Arbeiter, dem die selbst gezogenen Kartoffeln<br />

neben Bahngleisen das Überleben sicherten,<br />

bis zur Frau des reichen Bankiers, die es sich nicht<br />

111


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

112<br />

nehmen ließ, die Rosen in den Gestecken ihrer Villa<br />

selbst zu ordnen. Für die Stadtplanung des 19. und<br />

20. Jahrhunderts war die Bereitstellung von Räumen<br />

für das Gärtnern ein wichtiger Teil ihrer Arbeit. In der<br />

Idee des Volksparks ist das Gärtnern fest verankert,<br />

entsprechende Flächen sind wesentlicher Teil einer<br />

solchen Parkanlage. Und dabei geht es nicht nur um<br />

die Befriedigung von Grundbedürfnissen. Eines der<br />

berührendsten Fotos aus den 1920er Jahren zeigt<br />

den damaligen Hamburger Gartendirektor Otto Linne<br />

an einem Spielplatz. Er hält eine Blume in der<br />

Hand und ist wohl darum bemüht, den sonst in rußigen<br />

Hinterhöfen spielenden Kindern die Schönheit<br />

und den Duft der Blüte nahe zu bringen. Vermutlich<br />

war er auch einer der ersten, die Baumstämme zum<br />

Klettern aufstellen ließen, damit die fern der Wälder<br />

lebenden Kinder den Bezug zur Natur nicht ganz<br />

verlören. Freilich war das feste Einbinden in den<br />

Stadtorganismus ein wesentliches Anliegen, denn<br />

das „wilde“ Gärtnern, das Aneignen von ungenutzten<br />

Flächen, war selbstverständlich nicht beabsichtigt.<br />

Dennoch ist auch dieses Phänomen aus der Vergangenheit<br />

hinlänglich bekannt. Vor allem in den<br />

Notzeiten nach den beiden Weltkriegen war das ungeregelte,<br />

nur den Gesetzen der Not gehorchende<br />

Umgraben und Bebauen von öffentlichem oder<br />

auch privatem Land weit verbreitet. Auffällig am<br />

urban gardening der letzten Jahre ist allerdings ein<br />

gewisser Zug zum Anarchistischen, auf jeden Fall<br />

aber das Pochen auf die eigene Unabhängigkeit und<br />

nicht selten auch das Ignorieren gerade von gängiger<br />

gärtnerischer Praxis. Insofern könnte man die<br />

urban gardener auch als Verwandte von Pippi Langstrumpf<br />

betrachten, die ihre Blumen im strömenden<br />

Regen gießt, weil sie sich vorgenommen hatte, genau<br />

dies am Nachmittag zu tun. Dennoch sind alle<br />

Formen der Gärtnerei an elementare Grundsätze gebunden,<br />

die es zu befolgen gilt, und so sind auch die<br />

jüngsten Kinder von Flora und Pomona in die großen<br />

Kreisläufe dieser Welt eingebunden. Vermutlich<br />

wäre es falsch, die neu erwachte Lust am Gärtnern<br />

als reine Modeerscheinung einer gelangweilten<br />

Überflussgesellschaft zu deuten; wenig überzeugend<br />

ist aber auch die Ansicht, darin käme wieder<br />

einmal die Suche der von ihren Lebensgrundlagen<br />

entfremdeten Menschen nach dem Ursprünglichen<br />

zum Ausdruck. Dazu ist das Ganze zu vielfältig und<br />

meist auch zu wenig ernsthaft. Denn auch dies ist<br />

auffallend: Neben der mancherorts zu beobachtenden<br />

Spießigkeit zeigt sich in der Regel eher das Spielerische,<br />

Spontane und Unbekümmerte, das zwar<br />

den gelernten Gärtner manchmal den Kopf schütteln<br />

lässt, oft aber durch die schiere Freude an der<br />

Gartenarbeit im Kleinen verblüfft. Und darin liegt<br />

der Reiz des urban gardening, und darin läge eigentlich<br />

eine Chance für die oft tristen <strong>Grün</strong>flächen in<br />

vielen Stadtquartieren: die gärtnerische Aneignung<br />

der brachliegenden Rasenflächen, im Prinzip der<br />

Traum jedes <strong>Grün</strong>planers. Denn natürlich wäre es<br />

wünschenswert, wenn die Anwohner ihre <strong>Grün</strong>anlagen<br />

stärker in Besitz nehmen würden, wenn die<br />

Bedeutung der <strong>Grün</strong>flächen wachsen und die Wertschätzung<br />

auch weniger attraktiver Flächen steigen<br />

würde. Allerdings ist es vermutlich kaum möglich,<br />

eine Bewegung planerisch gezielt zu lenken, deren<br />

Kennzeichen das Ungebundene, Selbstbestimmte<br />

ist. Die nur bedingt erfolgreichen Versuche, den Freizeitaktivitäten<br />

wie dem Skaten oder Sprayen von<br />

Graffiti bestimmte Flächen zuzuweisen, lässt vermuten,<br />

dass auch beim urban gardening die eigene Suche<br />

nach geeigneten Orten und die von einem Ort<br />

ausgehende Inspiration wichtige Teile der Aktion<br />

sind. Es wird schwer sein, die Gärtnerlust der Bevölkerung<br />

planerisch so zu steuern, dass damit eine allgemeine<br />

Aufwertung von vernachlässigten <strong>Grün</strong>anlagen<br />

verbunden ist. Und wahrscheinlich würde das<br />

urban gardening gerade dadurch seinen Charme<br />

verlieren. Trotzdem könnte es möglich sein, in einigen<br />

Fällen einen gewissen Rahmen zu setzen, innerhalb<br />

dessen einzelne Personen oder Gruppen frei


Jens Beck: Urban gardening – ein Mittel zur Wiederbelebung öffentlicher Parks?<br />

gärtnern. Vor allem die großen Parkanlagen aus der<br />

ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts mit ihrem stark<br />

gegliederten Gelände wären dafür geeignet. Beispielsweise<br />

könnten frühere Sondergärten wie Stauden-<br />

oder Rosengärten, die heute nicht mehr von<br />

den Kommunen unterhalten werden, in die Betreuung<br />

interessierter Gärtner gegeben werden. Es wäre<br />

eine Weiterführung der bereits bestehenden Patenschaften<br />

oder Pflegegemeinschaften, die sich zur<br />

Bepflanzung und Unterhaltung eines Beetes oder<br />

eines Parkteils verpflichtet haben. Falls es sich um<br />

unter Denkmalschutz stehende Anlagen handelt,<br />

müssten selbstverständlich gewisse Vorgaben eingehalten<br />

werden. Ob dies die Lust der urban gardener<br />

schmälern würde, bleibt abzuwarten. In bestimmten<br />

Fällen sollten jedoch neue Wege beschritten werden.<br />

Ein Beispiel aus Hamburg für die Erhaltung<br />

eines historischen Geländes durch freies Gärtnern<br />

wäre der ehemalige Anzuchtgarten des Stadtparks.<br />

Auf der schmalen Fläche südlich des Parks wurde<br />

früher ein großer Teil der für die Bepflanzung des<br />

Parks benötigten Blumen und Gehölze herangezogen.<br />

Fritz Schumacher, der als Oberbaudirektor vor<br />

der Einrichtung einer eigenen <strong>Grün</strong>planungsabteilung<br />

auch für die <strong>Grün</strong>anlagen zuständig war, hatte<br />

für diese Funktion ein einfaches Grundrissschema<br />

entworfen mit einem geraden, mittigen Weg, an<br />

dem sich beiderseits verschieden große, durch Hecken<br />

getrennte Parzellen aufreihten. In dieser Form<br />

ist der Anzuchtgarten bis heute erhalten, er wird<br />

gegenwärtig außer Betrieb genommen, ist aber als<br />

wichtiger Teil des Ensembles Stadtpark zunächst vor<br />

Veränderungen geschützt. Die kurzzeitig angedachte<br />

Bebauung scheiterte vor allem durch die Nähe zur<br />

U-Bahn, die im Süden den Garten mit einem hohen<br />

Wall begrenzt. Gegenwärtig wird die Verlegung von<br />

Kleingärten auf das Gelände geprüft, es wäre aber<br />

auch denkbar, die zwischen den historischen Hecken<br />

liegenden Parzellen für die Allgemeinheit freizugeben<br />

und ein wie auch immer geartetes Gärtnern<br />

dort zuzulassen. Voraussetzung wäre die Erhaltung<br />

der Hecken und das Verbot fester, einer Baugenehmigung<br />

unterliegenden Einbauten. Ansonsten<br />

könnten auf dem Gelände auch ohne die übergeordnete<br />

Struktur eines Vereins oder die Aufsicht<br />

einer Behörde die Flächen den Bürgern überlassen<br />

werden. Da in diesem Fall keine Verluste an historischer<br />

Substanz zu befürchten wären, die gärtnerische<br />

Nutzung eines wesentlichen Parkteils jedoch<br />

weiterhin gewährleistet wäre, könnte das urban gardening<br />

in diesem Fall einen Beitrag zur langfristigen<br />

Sicherung der Fläche leisten.<br />

<br />

113


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

Siedlung Marienhöhe in Quickborn<br />

Eine Handreichung für den interessierten Gartenbesitzer<br />

Gudrun Lang<br />

114<br />

Anlässlich der Unterschutzstellung<br />

der (Neutra-)Siedlung Marienhöhe<br />

in Quickborn beauftragt das<br />

Landesamt für Denkmalpflege Schleswig-Holstein<br />

in Kiel 2005/06 die Freie<br />

Landschaftsarchitektin Gudrun Lang<br />

mit einer Handreichung. Das Ziel dieses<br />

Leitfadens besteht darin, den gegenwärtigen<br />

Bewohnern der Siedlung Ratschläge<br />

für eine im Sinne der Denkmalpflege<br />

angemessene Pflege<br />

und Restaurierung des<br />

Siedlungsgrüns und der<br />

Wohngärten zu geben.<br />

Es handelt sich nicht um<br />

verbindliche Empfehlungen,<br />

sondern um das Angebot<br />

einer Hilfestellung.<br />

Neben den ganz praktischen<br />

Hinweisen enthält<br />

dieser eine Darstellung<br />

der Entwurfskonzeption,<br />

Erläuterungen zu den<br />

Einzelelementen und<br />

Einbauten, Pflegeanleitungen,<br />

Pflanzenlisten,<br />

Lieferadressen und Ansprechpartner,<br />

wo sich<br />

der interessierte Gartenbesitzer<br />

hinwenden<br />

kann.<br />

Entstehung und Standortwahl<br />

Die Siedlung Marienhöhe in Quickborn<br />

ist als herausragendes Beispiel der<br />

Nachkriegs<strong>modern</strong>e von hoher städtebaulicher<br />

und landschaftsprägender Bedeutung.<br />

Sie entstand ab 1963 auf rund<br />

20 ha unbebauter, landwirtschaftlich genutzter<br />

Heide- und Waldlandschaft mit<br />

günstigem Verkehrsanschluss nördlich<br />

von Hamburg.<br />

Abb. 1: Quickborn, Übersichtsplan Siedlung Marienhöhe, Überlagerung des Luftbildes (v.<br />

18.05.2006) mit dem Katasterplan. Graphik: Gudrun Lang, Freie Landschaftsarchitektin


Gudrun Lang: Siedlung Marienhöhe in Quickborn<br />

Auftraggeberin war die Hamburger<br />

Betreuungs- und Wohnungsbaugesellschaft<br />

mbH (BE-<br />

WOBAU). Man hatte die Absicht,<br />

für den gehobenen Mittelstand<br />

„attraktive Eigenheime im <strong>Grün</strong>en“<br />

nach den neuesten Stan-<br />

Abb. 3: Situationsplan aus dem Verkaufsprospekt der BEWO-<br />

BAU, 1963.<br />

Abb. 4: Aquarell Richard J. Neutra, Verkaufsprospekt der<br />

BEWOBAU, 1963.<br />

Abb. 2: Lageplan der Stadt Quickborn mit Verkehrsanbindung<br />

aus dem Verkaufsprospekt der BEWOBAU, 1963.<br />

dards der <strong>modern</strong>en Architektur zu schaffen. Deshalb<br />

gewann man den international renommierten,<br />

in die USA ausgewanderten österreichischen<br />

Architekten Richard Josef Neutra (1892–1970)<br />

für das Projekt. In Fachkreisen war dieser bekannt<br />

durch seine einzigartigen Flachdachbungalows im<br />

115


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

Abb. 5: Blick in den Straßenraum der Siedlung mit den halböffentlichen Vorgärten<br />

kurz nach Fertigstellung, 1965.<br />

Foto: Otto Rheinländer<br />

sonnigen Kalifornien. Neben der Marienhöhe in<br />

Quickborn plante und baute Neutra auch die typgleiche<br />

Siedlung in Mörfelden-Walldorf bei Frankfurt<br />

am Main. Beide Siedlungen zählen zu Neutras<br />

Spätwerk. Mit der Gestaltung der Gärten wurde<br />

der Hamburger Gartenarchitekt<br />

Gustav Lüttge (1909–1968) beauftragt,<br />

der mit den norddeutschen<br />

Gegebenheiten bestens<br />

vertraut war.<br />

Städtebauliche Konzeption und<br />

landschaft liche Einbindung<br />

Bei der städtebaulichen Planung<br />

berücksichtigte Neutra vorhandene<br />

Landschaftsstrukturen wie die<br />

Knicks 1 und die topografische Gegebenheiten.<br />

Ihr Verlauf bestimmte<br />

die Aufteilung der Grundstücke.<br />

Während die Siedlung in Mörfelden-Walldorf<br />

in einen bestehenden<br />

Kiefern-Buchenwald hineinkomponiert<br />

wurde, sollte sich in Quickborn<br />

erst im Laufe der Jahre durch<br />

die Neuanpflanzung standortgerechter<br />

Baumarten wie Waldkiefer,<br />

Erle und Birke ein schirmartiger,<br />

lockerer, lichtdurchlässiger Baumbestand<br />

entwickeln. Die Landschaft<br />

strömt gewissermaßen in den Siedlungsraum<br />

ein: „...denn hier wird<br />

im Planen die gewachsene Lanndschaft<br />

zur gemütsmäßigen Regel<br />

und Matrix des menschlichen Wohnungswohlseins<br />

gemacht“. 2 Neutra<br />

bezeichnete seine Wohnsiedlungen<br />

auch als „Wohn- und Lebensankerplatz“.<br />

Neben der organischen Eingebundenheit<br />

seiner Bauten in die<br />

umgebende Landschaft und Natur<br />

waren Neutra auch die individuellen Wünsche seiner<br />

Bauherren wichtig. Für die einzelnen Häuser konnten<br />

deshalb wie in einem Baukastensystem die Materialien<br />

und Formen der verschiedenen architektonischen<br />

Elemente und Ausstattungsgegenstände ausgewählt<br />

116<br />

Abb. 6: Beispiel eines Gartenhofs mit „spider leg“ (Spinnenbein) von R. J. Neutra<br />

und den Stabgitterwänden von Gustav Lüttge.<br />

Foto: Otto Rheinländer


Gudrun Lang: Siedlung Marienhöhe in Quickborn<br />

Abb. 7a/b: Quickborn, Marienhöhe, Beispiel intensiv gestalteter Stauden- und Rosenbeete mit schwebender Steineinfassung<br />

aus Waschbeton kurz nach der Entstehung und heute.<br />

Fotos: Otto Rheinländer (links), Gudrun Lang (rechts)<br />

werden; die Elemente selbst waren jedoch vorgegeben.<br />

So konnte bei hoher Individualität ein einheitliches,<br />

harmonisches Siedlungsbild entstehen.<br />

Das Siedlungsgrün – öffent liche, halböffentliche<br />

und private Freiflächen<br />

Neutra gliederte den Außenraum in ein abgestuftes<br />

System aus öffentlichen, halböffentlichen und privaten<br />

Bereichen. Als öffentliche Freiflächen sind die Verkehrs-<br />

und Straßenräume und die fußläufigen <strong>Grün</strong>verbindungen<br />

anzusehen. Haus und Straße sollten<br />

nicht durch die in Deutschland üblichen repräsentativen<br />

Vorgärten mit ihren Einzäunungen voneinander<br />

getrennt, sondern nach Neutras Vorstellung durch<br />

eine offene, parkartige <strong>Grün</strong>fläche ohne Barriere zum<br />

Wohnhaus verbunden werden.<br />

Auch in den privaten Bereichen zwischen den<br />

Häusern war ein fließender, offener Raum vorgesehen,<br />

wie er in den USA bis heute vorherrscht. Gerade<br />

dieser Aspekt des nachbarschaftlichen Wohnens<br />

konnte sich jedoch in der bundesrepublikanischen<br />

Gesellschaft nicht durchsetzen. Dem Bedürfnis nach<br />

Abgrenzung versuchte Lüttge in Form von Hecken<br />

und Stabgitterwänden Rechnung zu tragen, ohne die<br />

Großzügigkeit des Gesamtkonzepts zu gefährden. Er<br />

grenzte die Grundstücke zwar durch höhere Bepflan-<br />

Abb. 8: Drei Beispiele verschiedener Haustypen von R. J.<br />

Neutra mit dazugehörigen Außenräumen, die die Verzahnung<br />

von Innen- und Außenraum zeigen, gezeichnet von Gustav<br />

Lüttge, veröffentlicht in Garten + Landschaft, Heft 1, 1963<br />

117


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

118<br />

Abb. 9: Das Wasserbecken zeigt in Anlehnung an das terrassennahe<br />

Stauden- und Rosenbeet eine quadratische Form.<br />

Foto: Otto Rheinländer<br />

Abb. 10: Beispiel eines Reflecting Pools, dieses spiegelt das<br />

Haus, einen interessanten Teil der Landschaft oder eine Pflanze<br />

mit einem Teil des Himmels wider. Foto: Otto Rheinländer<br />

zung und Rankwände gegeneinander ab, aber Zäune<br />

im eigentlichen Sinne gab es nicht. Das Bedürfnis<br />

nach festen Abgrenzungen des eigenen Heims zum<br />

Nachbarn – statt Hinwendung und Öffnung zu einer<br />

Gemeinschaft – ist bis heute in der Siedlung Marienhöhe<br />

3 wie andernorts ungebrochen und erschwert es<br />

oft, den ursprünglichen Geist des Projekts zu wahren<br />

oder wieder herzustellen.<br />

Analog zu den Häusern herrschte auch in den<br />

Außenräumen die architektonische Ordnung als<br />

oberstes Formprinzip. So wie die Innenräume eines<br />

Hauses bestimmten Funktionen, z.B. Wohnen, Schlafen,<br />

Kochen, zugeordnet werden, so wurden auch im<br />

Garten verschiedene offene und geschlossene Flächen<br />

und Räume sowie sogenannte Wohnhöfe 4 angelegt.<br />

Diese gliedern sich in einen Einfahrtsbereich mit Garage,<br />

den Vorgarten, eine Terrasse, eine zentrale Rasenfläche<br />

als Sonnenplatz mit begleitenden Pflanzbeeten,<br />

einen Küchenhof, einen Wäschetrockenplatz und<br />

einen kleinen Wirtschaftsgarten. Ähnlich wie Neutra<br />

für die Gebäude entwickelte Lüttge für die Gärten<br />

eine Reihe sich wiederholender charakteristischer Elemente,<br />

die zwar individuelle Variationen erlaubten,<br />

aber ein einheitliches Gesamtbild garantierten.<br />

Die flachen Haustypen stehen einzeln oder bilden<br />

Zweiergruppen. Im Anschluss an die dem großen<br />

Wohnraum vorgelagerte Terrasse sind kleine Wohnhöfe<br />

entwickelt worden, die pflanzlich außerordentlich<br />

intensiv behandelt werden, so dass über das ganze<br />

Jahr hinweg ein buntes Gartenbild entsteht. Einzelne<br />

Entwürfe enthalten auch flache Vogelbäder oder<br />

kleine Pflanzbecken in welchen Wasserpflanzen gut<br />

gedeihen. Das Hauptmerkmal dieser kleinen Gärten<br />

ist die absolute Intimität und eine Komposition von<br />

Abb. 11: Die Wohnterrasse vor dem Wohnzimmer wurde im<br />

Verband aus hellen Waschbetonplatten mit dunklen, anthrazitfarbenen<br />

Betonplatten im Streifenmuster verlegt.<br />

Foto: Otto Rheinländer


Gudrun Lang: Siedlung Marienhöhe in Quickborn<br />

Pflanzen, die aufeinander abgestimmt den Garten zu<br />

einer „festlichen Wohnstube“ machen und auch im<br />

Winter, durch Verwendung von wintergrünen Blattund<br />

Nadelgehölzen, ein vollständiges Bild vermitteln. 5<br />

Charakteristische Elemente und Einbauten<br />

Neutras Häuser greifen mit mannshohen Mauerscheiben<br />

als Raumabschluss am Ende der Terrassen in den<br />

Garten hinein. Diese bieten neben ihrer Funktion als<br />

Sicht- und Windschutz Rankern eine Kletterhilfe. An<br />

Stellen, wo solche Mauern nicht vorgesehen waren, ein<br />

Sichtschutz aber dennoch notwendig erschien, z.B. als<br />

Abgrenzung zum Nachbargrundstück oder zur Wohnstraße,<br />

entwarf Lüttge Rankwände aus Holzstäbchen<br />

und Eternitplatten mit und ohne Sitzbank. Vom Haus<br />

ausgehend wurden die befestigten Terrassen und die<br />

anschließenden Wegeflächen orthogonal angeordnet.<br />

Entsprechend dem Zeitgeschmack kombinierte Gustav<br />

Lüttge hellen Waschbeton mit dunklen, anthrazitfarbenen<br />

Betonplatten und entwickelte hieraus Streifenund<br />

Schachbrettmuster, Rasterungen aus hellen Platten<br />

mit dunklem Feld und umgekehrt dunkle Felder mit<br />

hellen Plattenbändern. Der Werkstoff Beton war ein<br />

wesentliches Merkmal der neuen, <strong>modern</strong>en Bauweise<br />

von Belägen in den 1960er Jahren.<br />

Alle Gartenräume bekamen eine ruhige, benutzbare<br />

Rasenfläche vor der Terrasse, an deren Rändern<br />

ursprünglich Pflanzbeete angelegt waren. Haus, Sitzplätze<br />

auf der Terrasse und Rasen lagen niveaugleich<br />

und waren vom Innenraum einsehbar. Die Gärten<br />

bildeten in ihrer Struktur eine absolute räumliche Einheit<br />

mit den Wohnräumen. Die konsequente optische<br />

Öffnung bedeutete, dass diese voll in den Lebensbereich<br />

einbezogen wurden. Mit der Anlage lang gezogener<br />

Rasenflächen versuchte Lüttge immer eine<br />

Rasenachse zu verwirklichen, die den kleinen Garten<br />

in der Diagonale maximal weiten konnte. Ein immer<br />

wiederkehrendes Element stellte das wegbegleitende,<br />

über einer Schattenfuge schwebend gesetzte Bord<br />

des Stauden- und Rosenbeets dar. Die Beete mit ihrer<br />

Abb. 12: Eine neu gestaltete Vogeltränke mit Quarzit-Plättchen<br />

im Sinne Lüttges.<br />

Foto: Gudrun Lang<br />

überwiegend fremdländischen Bepflanzung standen<br />

im bewussten Kontrast zu den natürlich wirkenden<br />

lockeren Gehölzgruppen und Bäumen, 6 die an der<br />

Grundstücksgrenze angeordnet waren und verschiedene<br />

jahreszeitliche Stimmungen zum Ausdruck bringen<br />

konnten. Es beginnt, so schreibt Lüttge, mit den<br />

ersten Krokussen, Narzissen und Tulpen, und setzt sich<br />

dann mit blühenden Stauden fort. Den Kernpunkt des<br />

Blühens bilden die neuen, vielblütigen Buschrosen, die<br />

von Juni bis zum Frost bei leichter Pflege durchblühen.<br />

Sie werden in vielen Fällen ergänzt durch teils remontierenden<br />

Rankrosen und einzelne Blütengehölze, wie<br />

japanische Kirschen, Zieräfel oder die kanadische Felsenbirne.<br />

Weiterhin wird die intensive Bepflanzung<br />

noch durch Einjahresblumen gesteigert. 7 Eine große<br />

Bereicherung für den Garten sah Lüttge in einer offenen<br />

Wasserstelle. Vogelbäder und -tränken sind die<br />

kleinsten und billigsten Wasserbecken und ein Ort der<br />

Naturbeobachtung. Viele schöne Beispiele wurden von<br />

Gustav Lüttge gestaltet und auch veröffentlicht. Entgegen<br />

den von Neutra bevorzugten Unterstellplätzen<br />

realisierte die BEWOBAU für ihre deutsche Klientel geschlossene<br />

Garagen, die an die Baukörper angegliedert<br />

wurden. Die Zufahrten zu den Garagen hatten<br />

ursprünglich einen Belag aus Kies. Der Kies und die für<br />

119


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

120<br />

die sonstigen Beläge verwendeten Waschbetonplatten<br />

ergänzen sich sehr schön in ihrer Materialwirkung.<br />

Ausblick<br />

Der Umgang mit dem Bestand der Siedlung hat sich<br />

im Laufe der Zeit mehrmals gewandelt. Die erste Generation<br />

der Eigentümer kaufte und baute ihre Siedlungsbungalows<br />

noch bei der BEWOBAU, weil sie genau<br />

diesen „funktionalistischen Stil“ und diesen besonderen<br />

Haustyp mit seinen Gärten schätzte. Diese<br />

Eigentümer kannten Prof. Neutra oft noch persönlich<br />

oder hatten direkten Kontakt zu Gustav Lüttge. Sie ließen<br />

sich bei der gestalterischen Umsetzung individueller<br />

Wünsche beraten. Schwieriger sind die Altbesitzer<br />

der zweiten und dritten Generation, die nicht von Anfang<br />

an dabei waren und keine Wertschätzung für die<br />

Siedlung mitbringen, sondern sich durch die Unterschutzstellung<br />

eher eingeengt und bevormundet fühlen.<br />

Leider sind die Hinterlassenschaften der unmittelbaren<br />

Vergangenheit häufig durch das Unverständnis<br />

der folgenden Generationen gefährdet. Sie werden<br />

damit leichter zur Verfügungsmasse heutigen Baugeschehens.<br />

Unpassende Nutzungsanforderungen, wie<br />

beispielsweise das zweite und dritte Auto je Familie,<br />

sowie notwendige Reparaturen führten in der Vergangenheit<br />

zu zahlreichen Veränderungen am Bestand,<br />

die mit den ursprünglichen Ideen kaum noch in Einklang<br />

zu bringen sind. In jüngster Zeit hat sich jedoch<br />

bei vielen Menschen das Verhältnis zur Gestaltung der<br />

Nachkriegszeit gewandelt. Heute ist die Marienhöhe<br />

kein günstiger Wohnstandort mehr. Glücklicherweise<br />

werden die Objekte zunehmend bei neuen Käufern<br />

als „Liebhaberstücke“ nachgefragt. Mit einem<br />

halben Jahrhundert Abstand zur Entstehungszeit gilt<br />

die Siedlung wieder als en vogue. Man besinnt sich<br />

langsam auf die Werte des Entwurfsgedankens und<br />

schätzt das daraus resultierende Raumgefüge in Zeiten<br />

immer gesichtsloser werdender Neubausiedlungen.<br />

Diese „Wiedergeburt“ der Wertschätzung für<br />

die Bau- und Gartenkunst der Moderne eröffnet neue<br />

Chancen für die Siedlung Marienhöhe in Quickborn.<br />

Dabei kommt der Handreichung die wichtige Rolle zu,<br />

den guten Willen der Eigentümer in die richtigen Bahnen<br />

zu lenken.<br />

Literatur<br />

Verkaufsbroschüre der BEWOBAU „Von Prof. Richard J. Neutra<br />

entworfen. Von der BEWOBAU verwirklicht“. Hamburg<br />

Frühjahr 1963.<br />

Von ENGELBERG-DOCKAL, E. (2003): Richard Neutras Siedlung in<br />

Quickborn – „Kalifornische Moderne“ in Schleswig-Holstein.<br />

– In: DenkMal, 10. Jg., S. 37–47.<br />

Schlossmacher + Jungk Architekten (2006): Neutra-Siedlung<br />

Quickborn, Bestand und Sanierung, Landesamt für Denkmalpflege<br />

Schleswig-Holstein, Kiel.<br />

BECHTOLD, M. (2005): Die Neutra-Siedlung in Mörfelden-Walldorf.<br />

Eine gartendenkmalpflegerische Analyse. Masterarbeit:<br />

Otto-Friedrich-Universität Bamberg und Fachhochschule Coburg.<br />

MEYER, M. (2006): Die Siedlung Marienhöhe in Quickborn –<br />

Kalifornische Moderne in Schleswig-Holstein? – In: Arbeitsheft<br />

des Thüringischen Landesamtes für Denkmalpflege und<br />

Archäologie, N.F. 28 zum Symposium Stadt- und <strong>Grün</strong>planung<br />

der 1950er und 1960er Jahre in Deutschland, S. 38–49.<br />

LANG, G. (2006): Die Siedlung „Marienhöhe“ in Quickborn.<br />

Leitfaden zum denkmalgerechten Umgang mit den Siedlungsgärten,<br />

Handreichung im Auftrag des Landesamtes für<br />

Denkmalpflege Schleswig-Holstein.<br />

Die Handreichung ist auf Anfrage zu beziehen über:<br />

info@gudrunlang.com oder denkmalamt@ld.landsh.de<br />

Anmerkungen<br />

1 In Norddeutschland, insbesondere in Schleswig-Holstein<br />

werden Wallhecken, von Gehölzen bewachsene breite Geländestreifen,<br />

als Knick bezeichnet; diese wurden im 18. Jahrhundert<br />

im Rahmen der Verkoppelung als „lebende Zäune“<br />

angelegt und dienten ursprünglich als Feldbegrenzung, Brennholzlieferanten<br />

und Schutz gegen äolische Erosion.<br />

2 Richard Neutra, Naturnahes Bauen, Stuttgart 1970.<br />

3 Vgl. MEYER, M. 2006.<br />

4 Die neuen Wohngärten der Nachkriegszeit wurden auch<br />

„Wohnhöfe“ genannt – ein Begriff, der in den Publikationen<br />

der Zeit immer wieder genannt wird.<br />

5 Vgl. LÜTTGE, Verkaufsbroschüre in Quickborn, 1963.<br />

6 Spiel mit den Gegensätzen von formaler und naturnaher<br />

Gartengestaltung.<br />

7 LÜTTGE, Verkaufsbroschüre in Quickborn, 1963.


Sibylle Eßer: Gartenschau-Parks der Nachkriegs<strong>modern</strong>e<br />

Gartenschau-Parks der Nachkriegs<strong>modern</strong>e<br />

Sibylle Eßer<br />

BUGA – Bundesgartenschau und IGA<br />

– Internationale Gartenbauausstellung<br />

sind in Deutschland schon in der<br />

vierten Generation bekannt. Seit mehr<br />

als 60 Jahren findet alle zwei Jahre eine<br />

BUGA und alle zehn Jahre eine IGA statt.<br />

Die Deutsche Bundesgartenschau-Gesellschaft<br />

lizensiert diese Marken und berät<br />

die Kommunen von der ersten Idee über<br />

die Machbarkeit bis zur <strong>Grün</strong>dung einer<br />

Durchführungsgesellschaft und über den Zeitraum<br />

der Gartenschau hinaus. Sie dokumentiert, beobachtet,<br />

berät und zertifiziert die mit diesem Veranstaltungsformat<br />

entstandenen <strong>Grün</strong>anlagen ein Parkleben<br />

lang. Heute werden die längst zu Bürgerparks<br />

entwickelten Freiräume der Nachkriegs<strong>modern</strong>e<br />

mehr denn je auf ihre Nachhaltigkeit geprüft. Dafür<br />

verleiht die DBG alle zwei Jahre den „Ehrenpreis für<br />

hervorragende nachhaltige Parknutzung“ – auch an<br />

einige der Parks, die hier in ihrer Entstehung und<br />

Entwicklung betrachtet werden. Fünf Beispiele stehen<br />

für Stadtreparatur und Wiederaufbau, für das<br />

Schließen von Baulücken zerstörter Städte, aber ab<br />

den 1970er Jahren auch für <strong>Grün</strong>-Renovierung und<br />

Neuanlage: Noch im kriegszerbombten Kassel wird<br />

eine Gartenschau 1955 wesentliche Impulse für den<br />

Wiederaufbau auslösen, Köln mit seiner zweiten<br />

BUGA 1957 erfolgreich den Sprung über den Rhein<br />

unternehmen und den <strong>Grün</strong>gürtel in der rechtsrheinischen<br />

Aue anschließen, Dortmund 1959 den innerstädtischen<br />

Westfalenpark bauen und Stuttgart 1961<br />

die Restauration seines Schlossparks und den <strong>Grün</strong>zug<br />

„Das grüne U“ starten. Und dann folgt 1965 die<br />

Erfolgsgeschichte des GRUGA Parks mit einer BUGA,<br />

die Maßstäbe für Nachhaltigkeit gesetzt hat.<br />

1955 BUGA Kassel – vom Schutthügel<br />

zum Rosenhang<br />

Starten wir in Kassel, das 1950, im Jahr<br />

der Bewerbung, zu 70% zerstört war. Die<br />

Erfolge der BUGA Hannover und der IGA<br />

Hamburg machten den Kasseler Stadtvätern<br />

Mut, zehn Jahre nach Kriegsende<br />

auf dem Gelände der im Stil eines barocken<br />

Parks angelegten Karlsaue, die 1785<br />

eine englische Ausprägung erhielt, eine<br />

Bundesgartenschau auszurichten. Mit typischen<br />

Bauelementen der Nachkriegs<strong>modern</strong>e: Bruchsteinplatten<br />

auf Wegen, Blumenkübeln aus Eternit und<br />

Kunst aus Stahl. Aber bis das Gelände modelliert,<br />

restauriert und dermaßen zeitgemäß bestückt war,<br />

hatten die Kasseler einen harten Weg vor sich: Ein<br />

Schuttberg riegelte die Stadt von der Karlsaue ab.<br />

Hierhin hatte man die Trümmermassen der Innenstadt<br />

entsorgt, die eine schier unüberwindbare Barriere<br />

für die BUGA darstellten. Der Kasseler Gartenarchitekt<br />

Prof. Hermann Mattern entwickelte den<br />

Plan, die Trümmer nicht abzuräumen, sondern den<br />

Hang zu schleifen und einen blühenden Rosenwall<br />

darauf anzulegen. Stück für Stück wurde er modelliert,<br />

seine Neigung von 37 Grad auf 25 Grad reduziert.<br />

1950 pflanzte man nach einem Konzept von<br />

Hermann Mattern Pioniergehölze, die für die Erstbesiedelung<br />

und Aufschließung des Bodens geeignet<br />

waren: Birken, Erlen und Robinien, ehe der Hang<br />

für die Gartenschau mit Ahorn, Hainbuche und Vogelkirsche<br />

neu gestaltet wurde. 25.000 Rosen begleiteten<br />

zusätzlich die neuen Wegeverbindungen<br />

über die Hangschulter in die Karlsaue hinein. Dies<br />

war aber nicht die einzige Aufgabe, die sich mit<br />

der Restaurierung verband. Zur Vorbereitung der<br />

121


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

122<br />

Abb. 1: Eine Seilbahn, die Teile des 50 ha großen Geländes<br />

überspannte, verschaffte dem Publikum einen guten Überblick.<br />

Foto: Alte Postkarte – Fotograf unbekannt<br />

Gartenschau wurden 15.000 m²<br />

Bombentrichter zugeschüttet und<br />

eine extensive Baumpflege des Altbaumbestandes<br />

betrieben. Zugleich<br />

legte man die Strukturen des englischen<br />

Landschaftsparks wieder frei.<br />

Mit dem Projekt BUGA hatte man<br />

nach Mattern damit einen „Vorgriff<br />

der städtischen Entwicklung<br />

von 20–30 Jahren“ vorweggenommen.<br />

Ebenso wichtig war, dass die<br />

Kasseler Bürger mit dem BUGA Park für den Aufbaugedanken<br />

gewonnen werden konnten. So initiierte<br />

diese Gartenschau in Kassel auch Attraktionen wie<br />

die erste Fußgängerzone Deutschlands, ein neues<br />

Staatstheater, den Neubau der Gemäldegalerie und<br />

machte die vorläufige Nutzung der Orangerie möglich.<br />

Auf dem Gelände selbst wurden nicht nur Visionen<br />

der Landschaftsarchitektur wahr, sondern auch<br />

der Hochbauarchitektur: Hier entstand der erste Versuch<br />

im Leichtbau mit Membranen, dem sogenannten<br />

4-Punkt-Segel, das der Münchner Architekt Frei<br />

Otto entwickelte. Seine erste Membran, die er von<br />

einem Spezialhersteller bezog, war 18 m weit, sattelförmig<br />

und gekrümmt gespannt. Ein Novum. So weit<br />

überdachten „Zelte“ nie zuvor. Dieses Experiment<br />

führte zur Weiterentwicklung bis zum Olympia-Zeltdach<br />

in München 1972.<br />

1955 bekam nicht nur die elegante Zeltdacharchitektur<br />

von Frei Otto Aufwind über eine BUGA, sondern<br />

auch die Kunst im Freiraum. Im Beiprogramm<br />

wurde erstmals eine „documenta“ gezeigt. Die von<br />

Kunstprofessor Arnold Bode initiierte Ausstellung<br />

stellte vor allem Werke aus, die im Nationalsozialismus<br />

als „Entartete Kunst“ galten. Das Interesse war<br />

groß: Die Kunstausstellung allein hatte 150.000 Besucher.<br />

Alle fünf Jahre gibt es seitdem eine documenta<br />

– 2013 waren es 750.000 Besucher, die in<br />

Kassel in die Museen, den Park und die Stadt strömten.<br />

Und so spielt der Park, spielt Natur als Konter-<br />

Abb. 2: Der Musikpavillon mit dem Zeltdach von Frei Otte, das eine Spannweite<br />

von 18 m aufbot.<br />

Foto: ZVG


Sibylle Eßer: Gartenschau-Parks der Nachkriegs<strong>modern</strong>e<br />

Abb. 3a–d: Die Stadt erwirbt Kunst aus der Freiraumausstellung<br />

anläßlich jeder documenta: z.B. die Spitzhacke von<br />

Claes Oldenburg, oder den bronzenen Baum von Giuseppe<br />

Penone 2013. Schon Joseph Beuys konnte in einer Kunstaktion<br />

7000 Eichen pflanzen, die „Stadtverwaldung“ anstelle<br />

von „Stadtverwaltung“ symbolisieren sollten.<br />

Fotos: Penone Baum – dpa. Beuys Eichen – dpa. Claes Oldenburg<br />

– dpa. Aiweiwei vor „Ruine“ – Getty Images<br />

part der Kunst oder deren Tableau auch heute noch<br />

eine wichtige Rolle: Die Stadt kauft nach jeder Ausstellung<br />

Kunst für den Freiraum an.<br />

Wie hat sich das Gelände weiterentwickelt?<br />

Der BUGA 1955 folgte 1981 eine weitere Gartenschau<br />

und mit dem Neubau des großen Auesees<br />

auch der Anschluss der Fuldaaue. Sie dient heute<br />

vor allem dem Hochwasserschutz. Große Teile<br />

sind Naturschutzgebiet. Eine Fußgängerbrücke<br />

verbindet beide Parkteile zu einer der größten<br />

innerstädtischen Parkanlagen Deutschlands, die<br />

Pflege durch unterschiedliche Budgets erhält: Das<br />

BUGA-Gelände liegt im Stadtteil Waldau und ist<br />

eine städtische Anlage, während die Karlsaue ein<br />

Staatspark ist und heute vom Land Hessen unterhalten<br />

wird.<br />

1957 BUGA Köln – Seilbahn und Brunnen sind<br />

zeitgemäße Attraktionen<br />

Unternehmen wir einen Sprung an den Rhein: Ende<br />

1953 erhielt Köln als dritte Stadt den Zuschlag, eine<br />

Gartenschau durchzuführen. Sie sollte auf der „anderen<br />

Rheinseite“ durchgeführt werden, auf der<br />

123


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

124<br />

Abb. 4: Hier sieht man einige der prägenden Elemente der BUGA Köln: das Parkcafé,<br />

eine geschwungene Betonkonstruktion von Frei Otto, das mit einer eleganten<br />

Brücke in den Park führte, und typische Kunst der Nachkriegszeit: die Störche von<br />

Philipp Harth.<br />

Foto: www.bilderbuch-koeln.de<br />

rechtsrheinischen: Zwar hatte Köln viele <strong>Grün</strong>anlagen,<br />

die alle massiv unter den Zerstörungen während<br />

des Krieges gelitten hatten, der Rheinpark war<br />

jedoch war durch Ansprüche aus der Wirtschaft<br />

zusätzlich bedroht. Sowohl die Kölner Messe als<br />

auch die im Osten angrenzende Industrie benötigte<br />

zusätzlichen Raum und hätte sich gern bis an<br />

das Rheinufer ausgedehnt. Die BUGA würde eine<br />

deutliche Antwort auf diese Ansprüche geben und<br />

das Gelände als Erholungsgebiet für die Kölner Bevölkerung<br />

sichern. Unter der Leitung von Hertha<br />

Hammerbacher, Günther Schulze, Joachim Winkler,<br />

Friedrich Schaub und des Kölner Gartendirektors<br />

Kurt Schönbohm begannen auf einer Fläche von<br />

48 ha die Planungen für den Rheinpark. Weitläufige<br />

Wiesenflächen wurden durch Baum- und Buschgruppen<br />

aufgelockert, 2,5 Mio. Blumen, Sträucher<br />

und Bäume wurden gepflanzt und Staudengärten<br />

an Teichen und Weihern in hügeligen und ebenen<br />

Bereichen eingerichtet. Dazu mussten auch hier<br />

über 40.000 m² Trümmerschutt mit einer Schicht<br />

Humus überzogen werden. Eine besondere Anziehungskraft<br />

auf dem neuen Parkgelände<br />

sollten die Kölner Brunnen,<br />

Brunnengarten und Wasserspiele<br />

auslösen. 4,8 Mio. Besucher kamen<br />

– viele von ihnen mit der neu<br />

eingerichteten Seilbahn über den<br />

Rhein. Bis zur Koblenzer Seilbahn<br />

zur BUGA 2011 war sie übrigens<br />

die einzige 624 m Fluß überspannende<br />

Seilbahn in Europa. In 28<br />

m Höhe hat sie bis heute 16 Mio.<br />

Menschen unfallfrei transportiert<br />

und gilt als Kölns sicherstes Verkehrsmittel.<br />

Werfen wir einen Blick in die<br />

Aue 1957: die räumlichen Konturen<br />

und die freigelassenen Sichtachsen<br />

zu den Gebäuden ermöglichen<br />

eine optische Verbindung zur linksrheinischen<br />

Innenstadt. Großzügige Wiesen, in die Blumenbeete<br />

in Wellen eingelassen waren, entsprachen dem Zeitgeist<br />

und sind teils heute noch zu erkennen. Ein 19<br />

km langes Wegenetz in Windungen sollte der Naturlandschaft<br />

nachempfunden sein. Es entsprach<br />

der Tendenz der 1950er Jahre, regelmäßige geometrische<br />

Formen zu vermeiden und stumpfe Winkel<br />

oder Rundungen und unregelmäßige Gliederungen<br />

zu bevorzugen. Klassisch waren hier wieder die gefärbten<br />

Betonplatten im Einsatz – auch ein Design<br />

der Zeit. Möbel wie ein Freisitz mit Überdachung<br />

aus gewelltem Plastik waren von Merete Mattern,<br />

der Tochter des schon in Kassel tätigen Garten- und<br />

Landschaftsarchitekten, Hermann Mattern, entworfen<br />

worden.<br />

Ein weiteres Alleinstellungsmerkmal bis heute ist<br />

der Tanzbrunnen. Er wurde schon 1928 von Architekt<br />

Adolf Abel in seiner Grundstruktur geschaffen,<br />

aber von Hertha Hammerbacher neu gestaltet. Frei<br />

Otto schuf 1957 das Sternwellenzelt darüber. Wasser<br />

spielte als Gestaltungselement in diesem Park


Sibylle Eßer: Gartenschau-Parks der Nachkriegs<strong>modern</strong>e<br />

eine große Rolle: Brunnen, Fontänen und Weiher<br />

zeugen noch heute davon. Allein 14 sprudelnde<br />

Quellen im sogenannten Brunnengarten durchzogen<br />

das Gelände auf einer Gesamtfläche von 4000<br />

m². Die Zierbrunnen selbst bestanden aus Zehntausenden<br />

von Rheinkieseln, die quirlige Mosaiken bildeten,<br />

aus denen muntere Wasserspiele sprudelten<br />

– von Grauwackeplatten umlegt. Eine Bürgerinitiative<br />

der Nachfahren des Erbauers sorgt seit 2011 für<br />

die Instandhaltung.<br />

Der Rheinpark heute<br />

Die zweite BUGA 1971 hat den Rheinpark wenig<br />

verändert. Das Leitbild der Anlage in ihren drei<br />

Nutzungszonen blieb erhalten: Mit der Rheinparkpromenade,<br />

dem Erlebnisbereich mit Wiesen und<br />

den Gartenräumen zur Entspannung. 2003 erfolgte<br />

Abb. 5: Ein Blick in den heutigen Park zeigt, dass sich viele<br />

architektonische Elemente erhalten haben – einige, wie der<br />

Beachclub und der Biergarten, sind hinzugekommen und<br />

haben den Park zum Wasser erweitert.<br />

Foto: Kölner Stadtarchiv<br />

die Aufnahme in ein städtisches Erneuerungsprogramm.<br />

Fritz Schramma, Oberbürgermeister Kölns,<br />

bewilligte 2006 eine gründliche Sanierung und gärtnerische<br />

Aufwertung. 2007 wurde der Rheinpark<br />

zum schönsten Park Deutschlands gewählt und erhielt<br />

den Nachhaltigkeitspreis der DBG. Heute ist er<br />

eine geliebte Kölner <strong>Grün</strong>fläche, sicher auch durch<br />

den Charme, den das Gelände mit seinen 50er-Jahre<br />

Gestaltungselementen bewahrt hat. Allein durch<br />

die Veranstaltungen am Tanzbrunnen zieht es im<br />

Sommer tausende linksrheinische Kölner jedes Wochenende<br />

auf die „andere“ Rheinseite. Inzwischen<br />

hat sich unter der Schirmherrschaft von Oberbürgermeister<br />

Jürgen Roters 2013 eine Bürgerinitiative<br />

zum Erhalt des Rheinparks gebildet. Roters liegt aktuell<br />

auch eine Machbarkeitsstudie für eine mögliche<br />

BUGA 2025 vor.<br />

1959 – BUGA Dortmund bringt Naherholung in<br />

die Stadt<br />

Erholen, Erfahren, Erleben sollten die Werte des<br />

Dortmunder Westfalenparks ausmachen. Der Bedarf<br />

an Naherholungsflächen nahm zu und die<br />

BUGAs wurden immer größer. Während die erste<br />

BUGA noch auf 21 ha stattfand, nahm die Dortmunder<br />

Schau eine dreimal so große Fläche ein. Die<br />

Stadtväter beschlossen, sie um den seit 1894 existierenden<br />

Kaiserhain stattfinden zu lassen, der eine<br />

perfekte Baumkulisse bot. Behelfsheime, Schrebergärten<br />

und Kleingewerbe drumherum gab man<br />

auf. In sanften Hügeln zog sich die neue BUGA-<br />

Parkfläche bis zur Emscher herunter. Die Wegeführung<br />

zeichnete die Bewegung des Geländes nach<br />

und bot schöne Sichtachsen. Unübersehbar aber<br />

blieb der Kontext zwischen blühender Landschaft<br />

und gigantischer Industriekulisse. Was hat man<br />

unternommen, um hier einen Park zu gestalten?<br />

Es mussten 10.000 rußfeste Bäume gepflanzt werden,<br />

denn 1957 waren die Hütten noch in Betrieb.<br />

Durch den Wechsel von Garten- und Pflanzenthe-<br />

125


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

men und großzügigen Rasenflächen entstand eine<br />

Fülle an reizvollen Ausblicken. Auch vom Floriansturm,<br />

dem mit 219,3 m höchsten Turm Deutschlands<br />

in seiner Zeit mit dem ersten Drehrestaurant<br />

überhaupt.<br />

Breite Achsen und schmale Nebenwege waren<br />

charakteristisch für diesen BUGA-Park. Man hat mit<br />

verschiedenen Materialien wie dem Ibbenbürener<br />

Lehmkies als Belag experimentiert – später wurden<br />

diese Wege geteert. Natürliche Quellen speisten Bäche<br />

und Wasserläufe, Teiche wurden mit Trittsteinen<br />

überbrückt – besonders schön im japanischen Garten,<br />

der 2014 einen neuen Teepavillon nach altem<br />

Vorbild erhalten wird.<br />

Abb. 6: Hier ist der Park mit seiner Kulisse, dem Dortmund-<br />

Hörder Hüttenwerk zu sehen.<br />

Foto: ZVG<br />

126<br />

Restauration mit der zweiten BUGA 1969<br />

In den 1970er Jahren erhält der Park eine Erweiterung<br />

um 10 ha. Nun wurde ein Rosarium mit 3000<br />

Sorten eingerichtet und der japanische Garten überarbeitet.<br />

30 neue Themenpflanzungen durchzogen<br />

den Westfalenpark. Eine spektakuläre Seebühne mit<br />

einem Sonnensegel von Frei Otto – jetzt schon 1400<br />

m² groß – war die Attraktion im Hochbau. Heute bemüht<br />

man sich, diese Kernelemente restauratorisch<br />

zu erhalten. Mit der dritten BUGA 1991 schließlich<br />

hält das Naturschutzhaus zur Naturerforschung Einzug<br />

auf das Gelände. Die Wegeführung wurde stark<br />

überarbeitet: es gab nun schmalere Wege mit Abzweigungen<br />

– dafür wurden die Promenaden rückgebaut.<br />

Auf diese Weise sollte der Besucher nah an<br />

das <strong>Grün</strong> herangeführt werden. Alle Teichanlagen<br />

von 1959 blieben erhalten – Bachläufe wurden allerdings<br />

trockengelegt.<br />

Abb. 7: In den 1950er Jahren ging es rund – 2010 hat die<br />

Anlage des Floriansgartens den gestalterischen Gedanken<br />

aufgegriffen.<br />

Foto: Westfalenpark<br />

BUGA Dortmund – heute mit Deutschlands<br />

größtem Open-Air-Kino<br />

Heute ist der BUGA-Park ein beliebter Bürgerpark<br />

mit neuen Sportanlagen wie dem Soccerfeld und<br />

einem überarbeiteten Robinson-Spielplatz, in dem<br />

noch wie 1959 die Wasserbottiche die größte Attraktion<br />

sind. Die Rhododendronpflanzung, eine<br />

Heidelandschaft und die ostasiatische Pflanzenwelt<br />

sind in ihrer Grundstruktur erhalten geblieben. Mit<br />

vielen Veranstaltungen ist der Westfalenpark der<br />

Sonntagspark für die Dortmunder und ein bedeutender<br />

Imagefaktor für den Freizeitwert und die<br />

Standortwerbung Dortmunds.<br />

1961 – BUGA Stuttgart erneuert den Schlosspark<br />

Insbesondere vernachlässigte <strong>Grün</strong>anlagen sollten<br />

in den 1960er Jahren in Stuttgart rekultiviert werden.<br />

Und man wollte verhindern, dass sie in dieser<br />

Zeit der Verkehrs- und Hochbauplanung zum Opfer


Sibylle Eßer: Gartenschau-Parks der Nachkriegs<strong>modern</strong>e<br />

Abb. 8a/b: Die Parkbahn – einmal historisch von 1959<br />

und heute mit herausgeputzter DKW Haube.<br />

Fotos: ZVG (historische Aufnahme),<br />

Westfalenpark (aktuelle Aufnahme)<br />

fielen. Als erstes nahm man sich den Schlossgarten<br />

vor. Der schmale <strong>Grün</strong>zug, der sich vom oberen,<br />

mittleren und unteren Schlossgarten bis zum Neckar<br />

zog, war durch zunehmenden Autoverkehr in<br />

Bedrängnis geraten. Man nutzte eine Gartenschau,<br />

um Aufmerksamkeit und Gelder für die Umgestaltung<br />

und Restaurierung zu bekommen. Beim landschaftsarchitektonischen<br />

Wettbewerb gab es eine<br />

hohe Beteiligung. 90 Büros boten ihr Können an.<br />

Die Modernisten setzten sich durch. Zuerst wurde<br />

die Parkanlage von teilenden Straßen wie der Witzlebenstraße<br />

befreit. So blieb der Park ausschließlich<br />

Fussgängern vorbehalten. Eine Brücke sollte den<br />

mittleren und oberen Schlossgarten verbinden. Zu<br />

den Besonderheiten der Gestaltung gehörten auch<br />

der asymmetrische Eckensee und die Freilegung der<br />

Blickachsen. Es gab räumliche Bezüge nicht nur zum<br />

Schloss, sondern auch zu übrigen Gebäuden wie<br />

dem Staatstheater oder weiter in die Stadt hinein.<br />

Wasserspiele und Fontänen belebten die Wasserflächen.<br />

Als hervorgehobenes Gestaltungselement<br />

fungierte das Quadrat – bei der Beetgestaltung wie<br />

der Pflasterung und den Trittsteinen. Auch 1961<br />

legt die BUGA in Stuttgart den Grundstein zur<br />

Stadterneuerung: mit ihr entstand der Neubau des<br />

Schauspielhauses, des Staatsheaters Stuttgart und<br />

des Landtages von Baden-Württemberg.<br />

Zweite BUGA 1977 – Entwicklung zum „<strong>Grün</strong>en U“<br />

Die zweite BUGA, die Stuttgart 1977 ausrichtete,<br />

verband den unteren Schlossgarten mit dem oberen<br />

Geländeteil. Das Ergebnis war eine großzügige<br />

<strong>Grün</strong>fläche, die auch die Mineralbäder der badenwürttembergischen<br />

Landeshauptstadt harmonisch<br />

mit einbettete. Damals stand die hohe Summe von<br />

630.000 DM für die Baumsanierung und die Durchlichtung<br />

des Parks zur Verfügung. Ein Novum stellte<br />

die Schlosswiese mit Wildkräutern dar. Zur Nutzbarkeit<br />

des Parks führten zehn neue Übergänge,<br />

um das Gartenschaugelände fußgängerfreundlich<br />

127


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

unverbrauchte Luft nachströmen.<br />

Heute ist der Schlossgarten wie<br />

1955 durch die Bahn – Stuttgart 21<br />

– in die Enge getrieben: Die Fällung<br />

und Versetzung von 238 Bäumen<br />

für den geplanten Tiefbahnhof<br />

haben trotz massiver Proteste der<br />

Parkschützer 2010 begonnen.<br />

128<br />

Abb. 9: Freiflächen auf dem Killesberg waren der Standort für die Gartenwelten,<br />

die Themengärten mit Hausattrappen und die gärtnerischen Wettbewerbe.<br />

Foto: ZVG<br />

mit den angrenzenden Stadtteilen in die Oststadt,<br />

über den Neckar oder über die S-Bahn hinweg zu<br />

verbinden. 1993 fand die dritte, diesmal internationale<br />

Gartenschau in Stuttgart statt. Im Rahmen der<br />

IGA entstand ein neugeschaffener <strong>Grün</strong>zug über<br />

acht Kilometer, das so genannte „<strong>Grün</strong>e U“. Über<br />

Brücken und Stege verband es die Schlossgartenanlagen,<br />

den Park der Villa Berg, den Rosensteinpark,<br />

die Wilhelma, den Leibfriedschen Garten, den Wartberg<br />

und den Höhenpark Killesberg zu einer großen<br />

zusammenhängenden Parklandschaft. Neben dem<br />

Erholungswert der zusammenhängenden <strong>Grün</strong>anlage<br />

ist auch heute noch ihr klimatischer Effekt<br />

wichtig: Aufgeheizte, verbrauchte Luft kann aus<br />

dem Stuttgarter Stadtzentrum abziehen und frische,<br />

BUGA Essen 1965 – ein Landschaftspark<br />

mitten in der Stadt<br />

Essen hat eine lange Erfahrung<br />

mit Gartenschauen: Bereits 1929<br />

fand hier die Große Ruhrländische<br />

Gartenbau-Ausstellung statt,<br />

die GRUGA. Auf dem seither<br />

GRUGA-Park genannten Gelände<br />

sollte 1965 auch die achte BUGA<br />

ausgerichtet werden. Durch die<br />

Neugestaltung der Anlage schufen<br />

die Essener Stadtväter einen<br />

der bekanntesten und beliebtesten<br />

Volksparks Deutschlands, der<br />

mit seinen 80 ha zudem zu den<br />

größten deutschen Parks gehört.<br />

Wie wurde das GRUGA-Gelände zur BUGA umgestaltet?<br />

Öffentliche Wege zwischen Botanischem<br />

Garten und Gruga wurden aufgehoben,<br />

es entstanden Sichtachsen wie im englischen<br />

Landschaftspark. Aus dem ehemaligen Pflanzenschauhaus<br />

wurde die große Gewächshausanlage<br />

mit dem Garten der Sinne. Eine Orangerie wurde<br />

gebaut und das Alpinum neu gestaltet. Auch<br />

ein Ökogarten für Obst und Gemüse entsprach<br />

dem Interesse der Bevölkerung. Der Lebensraum<br />

für Wildtiere und Pflanzen wurde vor allem in den<br />

Wiesen und dem Feuchtbiotop im Margarethental<br />

geschaffen. Dort gab es eine sensationell große<br />

3000 m²-Freiflugvoliere für Störche, Reiher und<br />

Ibisse, die den Besuchern einzigartige Tierbeob-


Sibylle Eßer: Gartenschau-Parks der Nachkriegs<strong>modern</strong>e<br />

Abb. 10a–c: Kunst hat auf dieser BUGA eine große Rolle<br />

gespielt: Im freien Gelände verteilt wurden und werden<br />

derzeit über 40 Skulpturen und Kunstwerke. Sie reichen von<br />

der Klassischen Moderne bis zur Zeitgenössischen Kunst: von<br />

Rodin über Kolbe bis zu Henry Moore.<br />

Fotos: GRUGA Park Essen<br />

achtungen ermöglichten. Mit der Ausgestaltung<br />

des Geländes wurde eine Gratwanderung zwischen<br />

der Erhaltung vertrauter, der Bevölkerung<br />

liebgewordener Elemente und notwendiger zeitentsprechender<br />

Erneuerung versucht.<br />

GRUGA-Park bietet Kurklima<br />

Ab 1977 gab es bauliche Ergänzungen wie die Grillplätze,<br />

auch die Rollschuhbahn wurde grundsaniert.<br />

1985 ersetzten Glaspyramiden die Gewächshäuser.<br />

1995 zog ein Kleintiergarten und die „Schule Natur“<br />

auf das Gelände. 2003 fanden Meteorologen<br />

heraus, dass Kurklima im Park herrscht, und seither<br />

findet hier in einem Gebäudeteil die „Kur vor<br />

129


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

Ort“ statt. Friedensreich Hundertwasser baute das<br />

Mc-Donald‘s-Kinderhilfe-Haus. Und 2012 zog auch<br />

noch das Lehr- und Forschungsgewächshaus der<br />

Universität in den Botanischen Park – einen angeschlossenen<br />

Teil des GRUGA-Geländes. Bis 2004,<br />

zur 75-Jahrfeier, besuchten den Park 120 Mio. Besucher.<br />

Drei berühmte Bereiche der Anlage sind auch<br />

heute noch besonders attraktiver Anziehungspunkt:<br />

das Alpinum, die Dahlienarena und das Rosarium.<br />

Der GRUGA-Park ist aus diesen <strong>Grün</strong>den auch für<br />

Fotoshootings sehr beliebt. Wie so viele andere<br />

Gartenschauparks wurde auch der Grugapark ein<br />

echter Volkspark, der den Bürgern am Herzen lag.<br />

So schlossen sich 2013 mehrere große und mittelständische<br />

Unternehmen zu einem Stiftungsverein<br />

„GRUGA-Park“ zusammen. Bürgerinitiativen werden<br />

auch in Zukunft helfen, das <strong>Grün</strong> der Innenstädte<br />

zu bewahren. Und das ist die Chance einer<br />

Bundesgartenschau: den Bürgern, den Kommunalpolitikern<br />

und den Gartenämtern den Wert des<br />

<strong>Grün</strong>s immer wieder bewußt zu machen, innerhalb<br />

der Stadtentwicklung für die <strong>Grün</strong>entwicklung zu<br />

sorgen, und in Zeiten zunehmender Versiegelung<br />

Freiraum für Generationen zu sichern. <br />

130


Barbara Schwöppe: Für eine lebendige Stadt. Freiraumplanung in der HafenCity Hamburg<br />

Für eine lebendige Stadt. Freiraumplanung<br />

in der HafenCity Hamburg<br />

Barbara Schwöppe<br />

Mit der Entwicklung des ehemaligen<br />

Freihafenareals hat Hamburg<br />

einen ambitionierten Weg eingeschlagen.<br />

Freiraum wird nicht mehr als auszugestaltende<br />

Restfläche begriffen, sondern<br />

ist integraler Bestandteil einer Stadtentwicklung,<br />

die sich als ein Interaktionsprozess<br />

zwischen vielen Akteuren versteht.<br />

Gleichzeitig greift das international positionierte<br />

Waterfront-Projekt auf die lange<br />

Tradition Hamburgs als „Stadt am Wasser“ zurück.<br />

Durch Alster, Bille und Elbe verfügt die Stadt über<br />

drei markante Flüsse, die schon seit Jahrzehnten die<br />

Stadtentwicklung prägen.<br />

Mit dem Bekenntnis zur Qualität der Freiräume<br />

in der HafenCity als Instrument einer erfolgreichen<br />

Stadtentwicklung können alle planerischen Potentiale<br />

ausgeschöpft werden – immerhin wird das<br />

neue Entwicklungsgebiet die Hamburger City mit<br />

Ihrer innerstädtischen Dichte um 40% erweitern<br />

und es wird möglich, den ehemals für die Öffentlichkeit<br />

nicht zugänglichen Hafenbereich mit direktem<br />

Anschluss zur Elbe in die innerstädtischen Bezüge zu<br />

integrieren. Damit spielen über das klassische Repertoire<br />

der Freiraumplanung wie Parks, Plätze oder Alleen<br />

hinaus, die Promenaden entlang der Kaikanten<br />

eine entscheidende funktionale Rolle. Sie verbinden<br />

als Schnittstelle die Stadt mit dem Strom der Elbe<br />

und prägen auf über 10 Kilometer den schon traditionellen<br />

hanseatischen Begriff der „Waterkant“. In<br />

Verbindung mit den ehemaligen Hafenbecken ergeben<br />

sich hier Zentren, um die sich mit der Initialisierung<br />

innerstädtische Dichte eine urbane Lebensqualität<br />

ausgestaltet, die sich entscheidend<br />

durch den freiraumplanerischen Duktus<br />

generieren.<br />

Daneben stellt die Lösung des Hochwasserschutzes<br />

eine besondere Herausforderung<br />

dar. Der Verzicht auf eine<br />

Eindeichung des Entwicklungsgebietes<br />

kann durch die Aufschüttung aller<br />

sensiblen Bereiche auf ein hochwassersicheres<br />

Niveau erreicht werden. Durch<br />

dieses Warft-Prinzip bleibt der direkte Zugang zur<br />

Elbe erhalten. Daraus ergibt sich die Herausforderung,<br />

für den Bereich zwischen Kaikante und<br />

Straßenniveau mit einem Höhenunterschied von<br />

bis zu 4 Metern planerische Lösungen der Erschließungs-Infrastruktur<br />

auf engstem Raum zu<br />

entwickeln, um die Zugänglichkeit aller Freiräume<br />

zu ermöglichen.<br />

Abb. 1: Luftaufnahme der HafenCity Hamburg.<br />

Foto: Kuhn/Fotofrizz<br />

131


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

132<br />

Abb. 2: Übersicht Freiraumplaner der HafenCity<br />

Graphik: HafenCity Hamburg GmbH<br />

Mit EMBT gewann ein Büro den freiraumplanerischen<br />

Wettbewerb für die westliche HafenCity, das<br />

in hervorragender Weise mit den besonderen Vorgaben<br />

der Topografie umgegangen<br />

ist. Das spanische Büro gestaltet mit<br />

eher spielerischer Formensprache,<br />

die skulpturale Motive aufnimmt,<br />

aber stets auch dem Genius Loci<br />

in Form der ehemaligen Hafennutzung<br />

gerecht wird. Am ehemaligen<br />

Hafenbecken beginnend, entwickelt<br />

sich der Höhensprung über<br />

eine Pontonanlage, die verschachtelten<br />

Ebenen der Marco-Polo-Terrassen<br />

auf das Straßenniveau und<br />

schließt mit dem Grasbrookpark<br />

ab. Bei der Konzeption dieser Parkanlage<br />

hat ein Beteiligungsverfahren<br />

die Planung maßgeblich durch<br />

die späteren Nutzer qualifiziert.<br />

Mit der feinkörnigen Nutzungsmi-<br />

Abb. 3: Dalmannkai-Promenade<br />

schung aus Kindertagesstätte, Biorestaurant<br />

und Einzelhandel in dem<br />

anliegenden Hochbauvorhaben ist<br />

dem Grasbrookpark ein korrespondierendes<br />

Gegenüber an die Seite<br />

gestellt. Ein weiterer Aspekt des<br />

Interaktionsprozesses stellt die Auflösung<br />

der starren Trennung von<br />

öffentlichen und privaten Flächen<br />

dar. Sie werden in einem gemeinschaftlichen,<br />

auch von den Grundeigentümern<br />

getragen, Gestaltkanon<br />

zusammengefasst. Diese „Veröffentlichung“<br />

privater Flächen<br />

gibt die Chance, urbane Lebensqualität<br />

auch bei knappen Platzressourcen<br />

erfolgreich zu potenzieren.<br />

Mit der gestalterischen Handschrift<br />

von 7 Planungsbüros werden Freiräume<br />

für eine vielfältige Stadtlandschaft auf rund<br />

42 Hektar entwickelt, die in ihrer Vielschichtigkeit<br />

diesen neuen Stadtteil beispielhaft repräsentieren.<br />

Foto: ELBE&FLUT


Barbara Schwöppe: Für eine lebendige Stadt. Freiraumplanung in der HafenCity Hamburg<br />

Durch den Ausbau der Hafen-<br />

City hat Hamburg seine Chance<br />

ergriffen, im stadtplanerischen<br />

Kontext Freiraumplanung ambitioniert<br />

zu interpretieren. Die daraus<br />

abgeleitete Erkenntnis, dass<br />

attraktive Freiräume ein essenzielles<br />

Merkmal lebenswerter Stadträume<br />

darstellen ist eine notwendige<br />

Einsicht und basiert auf dem<br />

Gedanken einer prozesshaften<br />

Stadtentwicklung. Diese Entwicklung<br />

gilt es zu stärken und soll<br />

Anstoß auch über Hamburg hinaus<br />

sein.<br />

<br />

Abb. 4: Marco-Polo-Terrassen<br />

Foto: ELBE&FLUT<br />

Abb. 5: Marco-Polo-Terrassen Foto: ELBE&FLUT Abb. 6: Grasbrookpark Foto: ELBE&FLUT<br />

133


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

Unterwegs in den westlichen<br />

Wallanlagen und der HafenCity Hamburg<br />

Impressionen von der Tagungsexkursion am 15. Oktober 2013<br />

Anna Lisa Schauff und Franziska Dösinger<br />

134


Anna Lisa Schauff und Franziska Dösinger: Impressionen von der Tagungsexkursion<br />

135


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

136<br />

Fotos: Anna Lisa Schauff/Franziska Dösinger


Gärten und Parks der 1950er bis 1970er Jahre: eine Bilderreise durch Deutschland<br />

Gärten und Parks der 1950er bis 1970er<br />

Jahre: eine Bilderreise durch Deutschland<br />

Die Bilderreise führt durch öffentliche Gärten und Parks der 1950er bis 1970er Jahre in ganz Deutschland.<br />

Die 16 abgebildeten Motive können als Postkartenset (Klappkarten) beim Bund Heimat und Umwelt bestellt<br />

werden.<br />

Planten un Blomen (Hamburg)<br />

Wo sich früher ein Friedhof erstreckte, befindet sich heute ein ausgedehnter Park als Teil des <strong>Grün</strong>gürtels<br />

im Raum der westlich der Alster gelegenen Wallanlagen. Zur Internationalen Gartenbauausstellung 1953<br />

entstanden terrassierte Gartenquartiere, ein großer Parksee und eine Wasserorgel: eine Erholungsfläche<br />

im <strong>Grün</strong>en, mitten in der Stadt. 2013 war Planten un Blomen ein Exkursionsziel der BHU-Tagung „<strong>Grün</strong><br />

<strong>modern</strong>“.<br />

Foto: Helmuth Barth<br />

Öffnungszeiten: ganzjährig 7-20 Uhr geöffnet, April bis September länger | Eintritt: frei<br />

137


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

Gärten der Beethovenhalle Bonn (Nordrhein-Westfalen)<br />

Die 1959 eingeweihte Beethovenhalle schuf der Architekt Siegfried Wolske im Geiste des organischen Bauens<br />

und platzierte sie auf einer Anhöhe oberhalb des Rheinufers. Die Architektur ist mit der Gartengestaltung<br />

von Heinrich Raderschall eng verzahnt, so dass die Beethovenhalle rundherum von Gärten umgeben<br />

ist. Höhepunkte sind der als Trockengarten gestaltete Innenhof mit einer Platane aus dem 19. Jahrhundert<br />

und der Foyergarten. Trotz einiger Überformungen ist die Anlage gut erhalten. Die Beethovenhalle steht seit<br />

1990 unter Denkmalschutz, der mittlerweile auch für die Gartenanlagen beantragt wurde.<br />

Foto: Archiv Heinrich Raderschall / RMP Stephan Lenzen, Bonn<br />

Öffnungszeiten: ganzjährig zugänglich | Eintritt: frei<br />

138


Gärten und Parks der 1950er bis 1970er Jahre: eine Bilderreise durch Deutschland<br />

Rheinpark Köln (Nordrhein-Westfalen)<br />

Der heutige Rheinpark wird im Wesentlichen durch die Gestaltung geprägt, die 1957 anlässlich der Bundesgartenschau<br />

unter der technischen und künstlerischen Oberleitung von Kurt Schönbohm entstand. Damals<br />

wurden hier landschafts- und gartengestalterische Gesichtspunkte in gleicher Weise berücksichtigt wie städtebauliche<br />

und architektonische Aspekte. Die Anlage mit den farbigen Blumenrabatten sollte fließend in die<br />

natürliche Uferlandschaft mit Wiesen und Pappeln übergehen. Rhein- und Parkcafé sind gestalterisch in die<br />

Gartenlandschaft integriert. Der so als Einheit geplante grüne Freiraum ist in seine städtebauliche Umgebung<br />

eingepasst, zur Straße und Eisenbahnlinie kulissenhaft mit dichter Bepflanzung und Verbauung abgeschirmt.<br />

Foto: J. Bauer<br />

Öffnungszeiten: ganzjährig zugänglich | Eintritt: frei<br />

139


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

Gartenkunst der 1950er Jahre im Nordpark Düsseldorf (Nordrhein-Westfalen)<br />

Entstanden ist der Nordpark 1937 im Rahmen der „Großen Reichsausstellung Schaffendes Volk“. Bei der<br />

teilweisen Umgestaltung ab 1954 wurden die Veränderungen in ihrer Formensprache bewusst in deutlichen<br />

Kontrast zur strengen axialen Grundkonzeption gesetzt. Die beiden Sondergärten – Kakteen- und<br />

Sommerblumengarten – wurden 1958 von Landschaftsarchitekt Georg Penker angelegt und zeigen typische<br />

Merkmale der 1950er Jahre: Asymmetrische Formen, geschwungene Linien und fließende Übergänge<br />

sollen Transparenz und Leichtigkeit vermitteln. Die beiden Parkbereiche wurden 1992 unter Denkmalschutz<br />

gestellt.<br />

Foto: Uwe Alexander Kirsten<br />

Öffnungszeiten: ganzjährig zugänglich | Eintritt: frei<br />

140


Gärten und Parks der 1950er bis 1970er Jahre: eine Bilderreise durch Deutschland<br />

Paderquellengebiet in Paderborn (NRW)<br />

1955 begann die Neugestaltung des Paderquellgebietes durch den Gartenarchitekten Rudolf Reuter. Es entstand<br />

eine sanft modellierte Parkanlage in freien geschwungenen Formen, die bewusst asymmetrisch unter<br />

Vermeidung jeglicher Axialität konzipiert wurde. Die organische Formensprache vermittelt Leichtigkeit und<br />

Dynamik, ausgedehnte Wasser- und Rasenflächen sowie ein geschwungenes Wegenetz, Sitzplätze am Wasser,<br />

von Natursteinmauern gefasste Kaskaden und kleinteilige Schmuckpflanzungen mit Stauden und Rosen<br />

boten eine hohe Aufenthaltsqualität. Bis heute gibt das Paderquellengebiet einen Eindruck von der zeitgenössischen<br />

Gartenkunst der 1950er und frühen 1960er Jahre wider.<br />

Foto: Darius Pfeiffer, Studio Blickfang GmbH, Paderborn<br />

Öffnungszeiten: ganzjährig zugänglich | Eintritt: frei<br />

141


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

Gartenkunst und Ideologie (Berlin)<br />

In den 1950er Jahren entstanden im<br />

geteilten Berlin zeitgleich zwei städtebauliche<br />

Anlagen, die mitsamt der<br />

<strong>Grün</strong>gestaltung heute als Zeugnis<br />

der konkurrierenden Ideologien gelten<br />

können: Während in Ost-Berlin<br />

die prestigeträchtige Magistrale der<br />

Karl-Marx-Allee an die Boulevard-<br />

Tradition des 19. Jahrhunderts anknüpfte,<br />

führte West-Berlin mit der<br />

Neugestaltung des Hansaviertels<br />

die Stadtlandschaft der Nachkriegs<strong>modern</strong>e<br />

ins Feld. Obwohl keine der<br />

beiden Gestaltungsweisen je ausdrücklich<br />

„sozialistisch“ oder „kapitalistisch“<br />

war, war die bewusste<br />

Gegensätzlichkeit durchaus politisch<br />

gemeint und wurde so auch verstanden.<br />

Die Qualität beider Anlagen ist<br />

unabhängig davon sehr hoch, wie<br />

die beiden Fotos (um 1960) zeigen.<br />

Foto: Zentrum für Berlin-Studien<br />

Öffnungszeiten: ganzjährig zugänglich<br />

| Eintritt: frei<br />

142


Gärten und Parks der 1950er bis 1970er Jahre: eine Bilderreise durch Deutschland<br />

Die Treppenstraße in Kassel (Hessen)<br />

Zweifellos zählt die 1955 fertig gestellte Treppenstraße zu den Glanzstücken des Kasseler Wiederaufbaus<br />

nach dem Zweiten Weltkrieg, war sie doch ein in dieser Form in der Bundesrepublik einmaliger Straßenzug,<br />

der ausschließlich dem Fußgängerverkehr vorbehalten ist. Mit ihren reizvollen Fußgängerkaskaden, ihrer aufgelockerten<br />

Bebauung mit zahlreichen Läden, Gastronomie und viel <strong>Grün</strong> wurde sie geradezu zum Symbol<br />

des optimistischen Neuanfangs nach den verheerenden Ereignissen des Krieges. Das Bild zeigt die Anlage um<br />

1955/1960. Foto: Stadtmuseum Kassel<br />

Öffnungszeiten: ganzjährig zugänglich | Eintritt: frei<br />

143


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

Der iga-Park in Erfurt (Thüringen)<br />

Das ehemalige Gelände der Stadtfestung war 1885 zur öffentlichen <strong>Grün</strong>anlage umgestaltet und in der<br />

Folge mehrfach erneuert worden. Eine erste Gartenausstellung fand 1950 statt. Für die 1961 erstmals durchgeführte<br />

Internationale Gartenbauausstellung der DDR (iga) überformte Reinhold Lingner die Anlage erneut,<br />

Themengärten wurden angelegt und verschiedene Pavillonbauten und Gewächshäuser errichtet. 1991 kam<br />

der Park in neue Trägerschaft und wurde in egapark umbenannt, seit 1992 steht er als bedeutendes Zeugnis<br />

der Gartenarchitektur der 1960er Jahre unter Denkmalschutz. Das Motiv zeigt die Hauptachse mit Besuchern<br />

und Blumenbeet in einer Aufnahme der 1960er Jahre.<br />

Foto: Postkarte des Auslese-Bild-Verlags Bad Salzungen (Archiv: Deutsches Gartenbaumuseum Erfurt)<br />

Öffnungszeiten: ganzjährig zugänglich | Eintritt: kostenpflichtig<br />

144


Gärten und Parks der 1950er bis 1970er Jahre: eine Bilderreise durch Deutschland<br />

Völkerfreundschaft im Deutsch-Französischen Garten Saarbrücken (Saarland)<br />

Eine Wiesen- und Waldlandschaft südwestlich von Saarbrücken wurde im 19. Jahrhundert zur <strong>Grün</strong>anlage<br />

ausgebaut und beliebtes Ausflugsziel. Das spannungsvolle Verhältnis Deutschlands und Frankreichs spielte<br />

sich im weiteren Schicksal des Geländes: 1870/71 Teil eines Schlachtfeldes, 1900 Kaiser-Wilhelm-Park,<br />

Grenzlage ab 1919, Teil des Westwalls ab 1935. Nach 1945 prägten Kriegsbauten das Bild, bis heute sind<br />

18 Bunker zu sehen. Eine grenzübergreifende Gartenschau sollte nach der Eingliederung des Saarlandes in<br />

die Bundesrepublik 1959 die Freundschaft zwischen Frankreich und Deutschland zum Ausdruck bringen: Bei<br />

der Gestaltung des 1960 eröffneten Geländes wirkten deutsche und französische Gartenarchitekten zusammen.<br />

Als bedeutendes Kulturdenkmal dokumentiert der Garten zeitgenössische Gestaltungsweisen, z.B. das<br />

Sechseckraster des „Gartens am Silberahorn“.<br />

Foto: Landeshauptstadt Saarbrücken<br />

Öffnungszeiten: ganzjährig zugänglich | Eintritt: frei (außer Sonderveranstaltungen)<br />

145


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

<strong>Grün</strong>e Großsiedlungen: Leipzig-<strong>Grün</strong>au (Sachsen)<br />

Der Siedlungsbau der späten Nachkriegs<strong>modern</strong>e ist geprägt von Großsiedlungen, den „vertikalen Städten“.<br />

Sie entstanden in Ost- und Westdeutschland gleichermaßen, oft aus Fertigteilen konzipiert. Zur Steigerung<br />

der Lebensqualität tragen <strong>Grün</strong>anlagen bei: Plattierte Wege und Plätze, Schmuckbeete, Baum- und Strauchpflanzungen<br />

und Rasenflächen ergeben eine abwechslungsreiche Umgebung, deren Nutzbarkeit durch Mobiliar<br />

gesteigert wird. Bei aller Schlichtheit sind diese Anlagen für die Gesamtkonzeption der Siedlungen von<br />

großer Bedeutung und spiegeln den Alltag authentisch wieder. Ihre Pflege und Weiterentwicklung sollten<br />

beim Umgang mit den Ensembles ein wichtiges Anliegen sein. Der Grundstein für die abgebildete Siedlung<br />

Leipzig-<strong>Grün</strong>au wurde 1976 gelegt. Die Siedlung verzeichnet in den letzten Jahren wieder Bevölkerungszuwachs.<br />

Als positiver Standortfaktor werden auch die zahlreichen älteren und jüngeren <strong>Grün</strong>flächen genannt.<br />

Foto: Peter Fibich<br />

Öffnungszeiten: ganzjährig zugänglich | Eintritt: frei<br />

146


Gärten und Parks der 1950er bis 1970er Jahre: eine Bilderreise durch Deutschland<br />

Erholung im Kurpark Malente (Schleswig-Holstein)<br />

1958 erhielt der Gartenarchitekt Karl Plomin den Auftrag, ein im Zentrum Malentes gelegenes Erholungsgebiet<br />

zum Kurpark umzugestalten. 1962 begannen die Arbeiten an der Schwentinewiese, wo acht runde<br />

Teiche angelegt und farbenfrohe Stauden- und Gehölzpflanzungen geschaffen wurden. Zwischen 1964 und<br />

1969 wurde der Brahmberg gestaltet: Architekt Peter Arp errichtete Liegehalle, Musikpavillon und Haus des<br />

Kurgastes. Karl Plomin ergänzte den vorhandenen Buchen- und Eichenbestand um Rhododendren und Magnolien,<br />

Waldstauden und verwildernde Zwiebelgewächse. Die schwebend-leichten Bauten und die zwanglos<br />

wirkenden Pflanzungen prägen bis heute das Bild. Dank des Engagements Malenter Bürger konnte 2003<br />

bis 2008 eine nötige Sanierung des einzigartigen Gartendenkmals durchgeführt werden. Das Foto zeigt den<br />

Festplatz mit den „Tulpenschirmen“.<br />

Foto: Julia Freese<br />

Öffnungszeiten: ganzjährig bis 18 Uhr zugänglich, Sommermonate länger | Eintritt: frei<br />

147


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

Zelte und Hügel im Olympiapark München (Bayern)<br />

Die Olympischen Spiele 1972 in München sollten Leichtigkeit und Offenheit als Geist der Bundesrepublik<br />

Deutschland zum Ausdruck bringen. Günter Behnisch, der mit Frei Otto die filigranen Zeltdächer der<br />

Sportstätten entwarf, hatte die Idee, die Architektur zum Teil einer „olympischen Landschaft“ zu machen.<br />

Der Gartenarchitekt Günther Grzimek entwickelte daraus ein Konzept, das gesellschaftliche Umbrüche der<br />

1960er Jahre abbilden sollte: eine ökologisch gedachte <strong>Grün</strong>versorgung für alle als Abbild der Demokratie<br />

statt elitär gestalteter Freiräume, die Privilegierten vorbehalten sind. Landschaft als übergreifendes Architekturthema<br />

der Nachkriegs<strong>modern</strong>e fand mit der Münchener Anlage eine der qualitätvollsten Umsetzungen in<br />

ganz Deutschland. In diesem Sinne ist der Park als Denkmal geschützt. Foto: Bbb auf wikivoyage shared<br />

Öffnungszeiten: ganzjährig zugänglich | Eintritt: frei<br />

148


Gärten und Parks der 1950er bis 1970er Jahre: eine Bilderreise durch Deutschland<br />

Stadtpark Hannover (Niedersachsen)<br />

Gleichzeitig mit der 1914 eingeweihten Stadthalle in Hannover entstand der Stadthallengarten, eine streng<br />

axial auf die Architektur bezogene Anlage. Von gartenhistorischer Bedeutung ist die hier 1933 durchgeführte<br />

Jahresschau Deutscher Gartenkultur, für deren Planungen der Gartenarchitekt Wilhelm Hübotter verantwortlich<br />

zeichnete. 1951 wurde das Gelände für die historisch ebenfalls sehr bedeutende erste Bundesgartenschau<br />

genutzt, deren Gestaltung wiederum nach Plänen Hübotters erfolgte. Unter dem heutigen Namen<br />

Stadtpark bietet das Gelände eine Fülle verschiedener Gehölz-, Stauden- und Wechselflorpflanzungen,<br />

Wasseranlagen und einen Rosengarten mit Rosencafé. Große Teile der BUGA von 1951 blieben erhalten und<br />

stellen ein außergewöhnliches Gartendenkmal der Nachkriegs<strong>modern</strong>e dar.<br />

Foto: Landeshauptstadt Hannover, Bereich Geoinformation<br />

Öffnungszeiten: ganzjährig zugänglich | Eintritt: frei<br />

149


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

Die Gärten der Freundschaftsinsel in Potsdam (Brandenburg)<br />

In den 1930er Jahren schufen der Staudenzüchter Karl Foerster und der Gartenarchitekt Hermann Mattern<br />

auf der Freundschaftsinsel einen Staudengarten. Im Zweiten Weltkrieg fast völlig zerstört, wurde die Anlage<br />

in den 1950er Jahren von Walter Funcke neu angelegt und erweitert. Es entstanden u.a. ein Wassergarten<br />

mit Wasserachse und der von Hermann Göritz geplante Heidegarten. Durch die Ausstellung „Plastik im<br />

Freien“ im Jahr 1966 erhielt das kulturelle Angebot der Insel eine neue Dimension. Mit dem Ausbau der<br />

Freundschaftsinsel für Sport und Freizeit anlässlich der Weltfestspiele 1973 wurden Einrichtungen wie Ausstellungspavillon,<br />

Café, Bootsverleih und ein Spielplatz geschaffen, die die Insel zu einem attraktiven Ziel für<br />

die Erholung machen. Die Bundesgartenschau 2001 nutzte die Stadt, um die Gartenbereiche unterschiedlicher<br />

Zeitschichten miteinander zu verbinden und Teile wiederherzustellen. Das Bild zeigt den erneuerten<br />

Rosengarten, in dem zahlreiche DDR-Rosenzüchtungen verwendet wurden. Foto: Bettina Bergande<br />

150<br />

Öffnungszeiten: ganzjährig bis Einbruch der Dunkelheit zugänglich | Eintritt: frei, außer Einzelveranstaltungen<br />

im Pavillon


Gärten und Parks der 1950er bis 1970er Jahre: eine Bilderreise durch Deutschland<br />

Gartenhof des neuen Rathauses<br />

Reutlingen (Baden-Württemberg)<br />

Da das Rathaus von 1872 im Zweiten<br />

Weltkrieg stark beschädigt<br />

worden war, errichtete die Stadt<br />

Reutlingen 1962 bis 1966 ein neues<br />

Rathaus nach Plänen von Wilhelm<br />

Tiedje und Rudolf Volz. Mit seinem<br />

dekorativen Betontragwerk, den<br />

prägenden Glasflächen und einer<br />

qualitätvollen Innenausstattung<br />

zählt es zu den bedeutenden Bauten<br />

dieser Epoche in Baden-Württemberg.<br />

Ein Höhepunkt ist der<br />

Gartenhof: Schmale Wasserbecken<br />

werden von Pflanzbeeten eingefasst<br />

und sind durch Überläufe und<br />

Brücken untereinander verbunden.<br />

Kunstwerke fügen sich zwanglos<br />

ein. Es entstand ein intimer Platz,<br />

der auch durch die ansässige Gastronomie<br />

sehr attraktiv ist.<br />

Foto: Rose Hajdu, www.rosehajdu.de<br />

Öffnungszeiten: ganzjährig zugänglich<br />

| Eintritt: frei<br />

151


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

Vorderer und Hinterer Gotthardteich in Merseburg (Sachsen-Anhalt)<br />

Ursprünglich Steinbruch, wurde der Gotthardteich im 15. Jahrhundert durch Bischof Thilo von Trotha als<br />

Fischgewässer angelegt. Der Bau einer Bahnlinie führte zur Teilung in den vorderen und hinteren Gotthardteich.<br />

Die Parkanlage grenzt unmittelbar ans Stadtzentrum und wurde mehrfach verändert. In den 1960er<br />

und 1970er Jahren sollte sie neu strukturiert und zu einem Naherholungsgebiet umgestaltet werden. Nach<br />

mehrmaliger Entschlammung und Umbauarbeiten standen der Merseburger Bevölkerung seit den 1970er<br />

Jahren ca. 17 km Parkwege für Spaziergänge im <strong>Grün</strong>en zur Verfügung. Das im Bild zu sehende Planetarium<br />

wurde 1969 eröffnet. Die Betonschalenkonstruktion der Kuppel ist charakteristisch für die DDR-Architektur<br />

seit den 1960er Jahren. Sie wurde als <strong>modern</strong>es städtebauliches Gestaltungsmittel eingesetzt – sozusagen<br />

als Blickfang an hervorgehobener Stelle.<br />

Foto: Dr. Wolfgang Kubak<br />

Öffnungszeiten: ganzjährig zugänglich | Eintritt: frei<br />

152


Teilnehmerinnen und Teilnehmer<br />

Teilnehmerinnen und Teilnehmer<br />

Tagung „<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong>“ – Gärten und Parks aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts als Herausforderung<br />

für Gartendenkmalpflege und Vermittlungsarbeit (15. und 16. Oktober 2013 in Hamburg)<br />

Andreas, Karen<br />

Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-<br />

Brandenburg, Abteilung Gärten, Potsdam<br />

Baingo, Gudrun<br />

Landschaftsarchitektin, Büro <strong>Grün</strong> Plan-Hannover<br />

Barth, Helmuth<br />

Denkmalverein Hamburg<br />

Beck, Dr. Jens<br />

Kulturbehörde Hamburg, Denkmalschutzamt-<br />

Gartendenkmalpflege<br />

Bergande, Bettina<br />

TOPOS Stadtplanung, Landschaftsplanung,<br />

Stadtforschung, Berlin<br />

Beth, Dr. Karin<br />

Kunsthistorikerin, München<br />

Biehl, Anne<br />

Die Zusammenarbeiter, Berlin<br />

Borgmann, Sylvia<br />

Hamburg<br />

Bredenbeck, Dr. (des.) Martin<br />

Bund Heimat und Umwelt, Bonn<br />

Butenschön, Dr. Sylvia<br />

TU Berlin, FG Denkmalpflege<br />

Doebler, Sonja<br />

Stiftung Denkmalpflege Hamburg<br />

Dösinger, Franziska<br />

Niedersächsischer Heimatbund e. V., Hannover<br />

Ehlers, Mareile<br />

Eßer, Sibylle<br />

Deutsche Bundesgartenschau-Gesellschaft mbH<br />

(DBG), Bonn<br />

Esser, Annelie<br />

Denkmalschutzbehörde des Kreises Pinneberg<br />

Fibich, Dr. Peter<br />

Freiraumkonzepte GbR, Bad Lausick OT Glasten<br />

Finkenberger, Isabel<br />

Freie Stadtplanerin, Köln<br />

Freese, Julia<br />

Freunde des Kurparks e. V., Bad Malente-Gremsmühlen<br />

Gaida, Wolfgang<br />

RVR Ruhr <strong>Grün</strong>/GALK, Oberhausen<br />

Glabau, Dr. Leonie<br />

Landesdenkmalamt Berlin<br />

Großkopf, Linda<br />

Dresden<br />

Gröschl, Maren<br />

Landesamt für Denkmalpflege Schleswig-Holstein<br />

Grunert, Heino<br />

Gartendenkmalpflege Freie und Hansestadt<br />

Hamburg<br />

Gundelach MdB, Dr. Herlind<br />

Bund Heimat und Umwelt, Bonn<br />

Hagemann, Michaele<br />

Hannover<br />

Heinemann, Stephanie<br />

Stiftung Denkmalpflege Hamburg<br />

Hesse, Frank P.<br />

Hamburg<br />

Heyde, Anita<br />

Freie und Hansestadt Hamburg, Finanzbehörde,<br />

Schulbau Hamburg, Referat Freianlagen<br />

Hindersin, Ariane<br />

Garten- und Landschaftsarchitektin, Fachbereich<br />

Parkpflege, Wilhelma-Zoologisch-Botanischer Garten<br />

Stuttgart<br />

153


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

154<br />

Jagow, Irina von<br />

Stiftung Denkmalpflege Hamburg<br />

Jockel, Nils<br />

Hamburg Museum<br />

Krüger, Bernd<br />

Freier Gartenarchitekt, Gartenhistoriker, Berlin<br />

Kuncar, Jens<br />

Bund Heimat und Umwelt, Bonn; Student der<br />

Geographie, Bonn<br />

Lang, Gudrun<br />

Freie Landschaftsarchitektin, Hamburg<br />

Lauterbach, Tobias<br />

Garten-, Friedhofs- und Forstamt, Gartendenkmalpflege,<br />

Düsseldorf<br />

Mangold, Dr. Josef<br />

LVR-Freilichtmuseum Kommern<br />

Martin, Petra<br />

LAD Baden-Württemberg, Gartendenkmalpflege<br />

Meyer, Margita<br />

Landesamt für Denkmalpflege Schleswig-Holstein<br />

Nolting, Sabine<br />

Olschner, Sonja<br />

Denkmalschutz Hannover<br />

Paschburg, Holger<br />

Dittloff + Paschburg LA, Hamburg<br />

Pietsch, Prof. Dr. Jürgen<br />

HCU Stadtplanung-environments Smart Green<br />

Cities Wissensareale, Hamburg<br />

Richthofen, Armin von<br />

Gärten & Bäume, Nieklitz<br />

Röth, Frauke<br />

Initiative Metropolar Potsdam<br />

Rudolph, Katharina<br />

Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten<br />

Hessen, Fachgebiet Gärten und Gartendenmalpflege,<br />

Bad Homburg v.d. Höhe<br />

Schabbel-Mader, Gabriele<br />

Gesellschaft zur Förderung der Gartenkultur,<br />

Bargteheide<br />

Schauff, Anna Lisa<br />

Bund Heimat und Umwelt, Bonn; Studentin der<br />

Geographie, Bonn<br />

Schmalz, Claudia<br />

Stiftung Denkmalpflege Hamburg<br />

Schoenebeck, Ulrich von<br />

Prewest Verlag, Pressedienste Medien und Kultur<br />

GmbH, Bonn<br />

Schott, Ralf<br />

Hansestadt Lübeck, Bereich Stadtgrün und Verkehr<br />

Schröder, Katrin<br />

Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-<br />

Brandenburg, Abteilung Gärten, Potsdam<br />

Schulze, Katrin<br />

Landschaftsarchitektin, München<br />

Schwöppe, Barbara<br />

Projektleiterin <strong>Grün</strong> Hafencity, Hamburg<br />

Siekmann, Uwe<br />

LWL-DLBW, Münster<br />

Silligmann, Stephanie<br />

Brunsbeck<br />

Szymczyk, Prof. Dr. Elisabeth<br />

Institut für Architekturgeschichte, Uni Stuttgart<br />

Teske, Hartmut<br />

Büro für Garten- und Landschaftsgestaltung,<br />

Berlin


Autorinnen und Autoren<br />

Autorinnen und Autoren<br />

Barth, Helmuth<br />

Geboren 1937 in Hamburg. Lehre als Industriekaufmann,<br />

später Studium der BWL in Nürnberg und<br />

Hamburg. 1964–1993 Managementpositionen bei<br />

der Deutschen Unilever GmbH. Ab 1992 Vorsitzender<br />

des Vereins Freunde der Denkmalpflege e. V. Mitglied<br />

(teils mit amtlichen Funktionen) in zahlreichen Kulturinstitutionen<br />

in Hamburg und Schleswig-Holstein.<br />

E-Mail: helmuthbarth@t-online.de<br />

Beck, Jens<br />

Dr., geboren 1965. Studium der Architektur in Darmstadt<br />

und der Landschafts- und Freiraumplanung in<br />

Hannover. 1997 <strong>Grün</strong>dung eines Planungsbüros in<br />

Hannover mit dem Schwerpunkt Gartendenkmalpflege.<br />

Daneben Bearbeitung von Forschungsprojekten<br />

und Veröffentlichungen zu Themen der Gartenkunst,<br />

Promotion, Lehrauftrag an der TU Berlin.<br />

Seit 2010 wissenschaftlicher Angestellter im Denkmalschutzamt,<br />

Referat Gartendenkmalpflege. Seit<br />

2000 Vorstandsmitglied der Niedersächsischen Gesellschaft<br />

zur Erhaltung historischer Gärten.<br />

E-Mail: jens.beck@kb.hamburg.de<br />

Bergande, Bettina<br />

Dipl. Ing., geboren 1949 in Oeslau/Coburg. Studium der<br />

Garten- und Landschaftsgestaltung in München und der<br />

Landschaftsplanung in Berlin. Seit 1993 Freie Mitarbeit<br />

im Büro TOPOS, Schwerpunkt Gartendenkmalpflege.<br />

Mitglied in der DGGL, AK Gartendenkmalpflege.<br />

E-Mail: bettina.bergande@topos-planung.de<br />

Borgmann, Sylvia<br />

Geboren 1949 in Hamburg. Studium der Mathematik,<br />

Betriebswirtschaft und Kunstgeschichte in München,<br />

Nijmegen (Niederlande) und Hamburg, Diplom-Kauffrau,<br />

seit 1988 Kulturmanagement zur Bewahrung von<br />

Park- und Kulturlandschaften in und um Hamburg.<br />

Gartenforschung (DFG-Projekt „Historische Gärten in<br />

Schleswig-Holstein“ unter Prof. Dr. Adrian von Buttlar<br />

an der Universität Kiel), Photographie Historischer<br />

Gärten, Autorin, Vorträge und Ausstellungsbeteiligungen,<br />

Editorin der Website www.historischegaerten.de,<br />

Mitglied im DGGL-AK Orangerien in Deutschland e.<br />

V., Bücherei des Deutschen Gartenbaues e.V., Erhaltet<br />

Flottbek e. V., Freunde des Jenischparks e. V., Gesellschaft<br />

zur Förderung der Gartenkultur e.V.<br />

E-Mail: sybo@historischegaerten.de<br />

Bredenbeck, Martin<br />

Dr. (des.), geboren 1977 in Mülheim/Ruhr. Studium der<br />

Philosophie, Mittelalterlichen und Neueren Geschichte,<br />

Klassischen Archäologie und Kunstgeschichte in Bonn;<br />

2011 Abschluss der Dissertation „Zur Zukunft von Sakralbauten<br />

im Rheinland“ in Kunstgeschichte bei Prof.<br />

Dr. Hiltrud Kier; seit 2011 wissenschaftlicher Referent<br />

beim BHU. Lehraufträge für Kunstgeschichte in Bonn<br />

und für Architekturgeschichte an der Hochschule Rhein-<br />

Main in Wiesbaden; <strong>Grün</strong>dungsmitglied der Initiative<br />

Beethovenhalle und der Werkstatt Baukultur Bonn. Ehrenamtlich<br />

engagiert u.a. beim Rheinischen Verein für<br />

Denkmalpflege und Landschaftsschutz und beim Architektur<br />

Forum Rheinland. Schwerpunkte: Architektur,<br />

Städtebau und Baukultur des 19. bis 21. Jahrhunderts,<br />

Sakralbau der Moderne, Denkmalpflege, Gartenkunst,<br />

Vermittlungsarbeit und Bewusstseinsbildung.<br />

E-Mail: martin.bredenbeck@bhu.de<br />

Eßer, Sibylle<br />

Magistra Artium (MA). Studium der Geschichte,<br />

Kunstgeschichte und Vergleichenden Literaturwissenschaften<br />

in Köln und Bonn. Journalistische Ausbildung<br />

und später Tätigkeiten als Journalistin, Konzeptionistin<br />

und Autorin für verschiedene deutsche<br />

155


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

156<br />

Unternehmen. Nach der Tätigkeit für Hubert Burda<br />

Media 2010 Übernahme der Leitung der Presse- und<br />

Öffentlichkeitsarbeit bei der Deutschen Bundesgartenschau-Gesellschaft<br />

mbH (DBG).<br />

E-Mail: esser@bundesgartenschau.de<br />

Fibich, Peter<br />

Dipl. Ing., geboren 1968. Studium der Landschaftsarchitektur<br />

an der TU Dresden. Ab 1998 freiberuflich<br />

als Landschaftsarchitekt und Publizist tätig. Von 2001<br />

bis 2004 wissenschaftlicher Mitarbeiter am heutigen<br />

Institut für Landschaftsarchitektur der Leibniz-Universität<br />

Hannover. Seit 2004 im Landschaftsarchitekturbüro<br />

Freiraumkonzepte tätig. Das Büro bearbeitet Projekte<br />

der Freiraum-Objektplanung und der Gartendenkmalpflege.<br />

Vorsitzender des Landesverbandes Sachsen der<br />

DGGL und Mitglied des AK Historische Gärten.<br />

E-Mail: freiraumkonzepte@t-online.de<br />

Finkenberger, Isabel<br />

Dipl. Ing. Studium der Architektur mit dem Schwerpunkt<br />

Städtebau und Stadtplanung an der Universität<br />

Stuttgart, der London Metropolitan University<br />

und der Technischen Universität Berlin. Lebt und<br />

arbeitet als freie Stadtplanerin in Köln sowie als<br />

wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl Landschaftsarchitektur<br />

an der Bergischen Universität<br />

Wuppertal. Beschäftigt sich in Ihrer Arbeit mit Fragestellungen<br />

urbaner Transformation.<br />

E-Mail: isabel@finkenberger.org<br />

Gaida, Wolfgang<br />

Dipl. Ing., geboren 1954. Landschaftsarchitekt AK NW,<br />

Studium Landespflege an der Universität- Gesamthochschule<br />

Essen. Seit 1976 beim Regionalverband Ruhr<br />

(vormals SVR, KVR) in der Landschaftspflege tätig. Berater<br />

in Fragen der Gartendenkmalpflege und Autor mehrerer<br />

Publikationen zur Pflanzenverwendung, zu historischen<br />

Gärten und Gartendenkmalpflege im Ruhrgebiet.<br />

Seit 2003 Mitglied des Arbeitskreises Kommunale<br />

Gartendenkmalpflege der Gartenamtsleiterkonferenz<br />

(GALK), den er mit Frau Doris Fath (Gartenamtsleiterin<br />

Stadt Darmstadt) seit 2012 gemeinsam leitet.<br />

E-Mail: gaida@rvr-online.de<br />

Grunert, Heino<br />

Dipl. Ing. Studium der Landespflege an der Universität<br />

Hannover. Danach Angestellter bei verschiedenen<br />

Planungsbüros im Bremer Raum,<br />

dann mehrjährige freiberufliche Tätigkeit für die<br />

Berliner Gartendenkmalpflege, seit 1993 wissenschaftlicher<br />

Angestellter bei der Behörde für<br />

Stadtentwicklung und Umwelt der Freien und<br />

Hansestadt Hamburg als Gartendenkmalpfleger.<br />

Vorsitzender der DGGL-Landesgruppe Hamburg/<br />

Schleswig-Holstein, Mitglied im Arbeitskreis Historische<br />

Gärten der DGGL, Mitglied im Arbeitskreis<br />

Kommunale Gartendenkmalpflege der<br />

GALK, Vorstandsmitglied der Stiftung Denkmalpflege<br />

Hamburg, Vorstandsmitglied bei den Parkvereinen<br />

Freunde des Jenischparks e.V. und dem<br />

Stadtpark Verein Hamburg e. V.<br />

E-Mail: Heino.Grunert@bsu.hamburg.de<br />

Lang, Gudrun<br />

Dipl. Ing., geboren 1960 in Frankfurt am Main. Studium<br />

der Landespflege an der Fachhochschule in<br />

Weihenstephan. Dann Mitarbeit bei verschiedenen<br />

Planungsbüros. Seit 1998 Leitung des Planungsbüros<br />

„studio für freiraumgestaltung“ in Hamburg.<br />

E-Mail: info@gudrunlang.com<br />

Mangold, Josef<br />

Dr., geboren 1956 in Hürth-Hermülheim. Studium:<br />

Volkskunde, Rheinische Landesgeschichte, Historische<br />

Geographie in Bonn. Forschungsschwerpunkte<br />

u.a. Historische Haus- und Wohnforschung und<br />

Museumspädagogik. Berufliche Stationen: Rheinisches<br />

Museumsamt Brauweiler, Museum Burg Linn<br />

Krefeld, Bergisches Freilichtmuseum für Ökologie


Autorinnen und Autoren<br />

und bäuerlich-handwerkliche Kultur in Lindlar, LVR-<br />

Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte in<br />

Bonn, seit 2007 Museumsleiter im LVR-Freilichtmuseum<br />

Kommern, Rheinisches Landesmuseum für<br />

Volkskunde (in der Eifel).<br />

E-Mail: Josef.Mangold@lvr.de<br />

Martin, Petra M.<br />

Dipl. Ing. Studium der Architektur an der FH<br />

Darmstadt, Kunstgeschichte mit Nebenfächern<br />

Klassische Archäologie und Ethnologie an der Johann-Wolfgang-Goethe<br />

Universität in Frankfurt.<br />

Denkmalpflege-Aufbaustudium an der Universität<br />

in Bamberg. Seit 2008 Referentin für das Spezialgebiet<br />

Gartendenkmalpflege. Mitglied im Arbeitskreis<br />

Historische Gärten der DGGL und Vertreterin des<br />

Landesamtes für Denkmalpflege im Arbeitskreis<br />

Orangerien.<br />

E-Mail:petra.martin@rps.bwl.de<br />

Paschburg, Holger<br />

Dipl. Ing., geboren 1963 in Hamburg. Baumschullehre<br />

in Pinneberg. Anschließend Studium der Landespflege<br />

an der TU Hannover. Seit 1991 Mitarbeit<br />

im Büro „Lindenlaub + Dittloff“, Hamburg, seit<br />

2005 Büropartnerschaft „dpl Dittloff + Paschburg<br />

Landschaftsarchitekten“, Hamburg. Seit 1999 in der<br />

Hamburgischen Architektenkammer eingetragen,<br />

seit 1991 Mitglied der Deutschen Gesellschaft für<br />

Gartenkunst und Landschaftskultur (DGGL) und seit<br />

2010 Vorsitzender des Bund deutscher Landschaftsarchitekten<br />

(bdla), Landesverband Hamburg.<br />

E-Mail: h.paschburg@dittloff-paschburg.com<br />

Pietsch, Jürgen<br />

Prof. Dr.-Ing. Studium der Philosophie, Umweltwissenschaften<br />

und Landschaftsplanung in Essen/Hannover.<br />

Seit 2006 Aufbau und Leitung der i-environments/Smart<br />

Green Cities und 4thNature-Teams an<br />

der Hafencity-Universität Hamburg HCU. Aktuelle<br />

Forschungsfelder u.a. Smart Green Cities und Siedlungs-Metabolismusgeschichte.<br />

<strong>Grün</strong>dungsmitglied<br />

des Vereins „Hamburg – <strong>Grün</strong>e Metropole am Wasser<br />

e. V.“<br />

E-Mail: juergen.pietsch@hcu-hamburg.de<br />

Röth, Frauke<br />

Dipl. Ing. (FH), geboren 1980 in Halle an der Saale.<br />

Kunstgeschichtsstudium an der TU Dresden, Studium<br />

der Architektur an der FH Potsdam, Chalmers<br />

University Göteborg, <strong>Grün</strong>dungsmitglied von Metropolar,<br />

einer Initiative zur Diskussion über den Erhalt<br />

der Nachkriegsarchitektur in Potsdam. <strong>Grün</strong>derin<br />

des ökologischen Baunetzwerks Potsdam. Arbeit<br />

für verschiedene Architekturbüros.<br />

E-Mail: frauke.roeth@metropolar.org<br />

Schabbel-Mader, Gabriele<br />

Dipl. Ing., gelernte Gärtnerin und Studium an<br />

der Fachhochschule Osnabrück. Seit 1989 mit<br />

eigenem Planungsbüro selbständig. Tätigkeitsschwerpunkte:<br />

Objektplanung im privaten, gewerblichen<br />

und öffentlichen Bereich wie Spielplätze,<br />

Außenanlagen von Kindertagesstätten,<br />

<strong>Grün</strong>züge, Außenanlagen von Firmen, Hausgärten.<br />

Präsidentin der Gesellschaft zur Förderung<br />

der Gartenkultur.<br />

E-Mail: schabbel-mader@gartengesellschaft.de<br />

Schwöppe, Barbara<br />

Geb. 1969. Studium der Landschaftsarchitektur<br />

und der Umweltplanung an der Universität-Gesamthochschule<br />

Paderborn; von 1998 bis 2007<br />

für verschiedene Landschaftarchitektur-Büros<br />

in Berlin tätig, dabei Planung und Realisierung<br />

von wassernahen Freiräumen ein Arbeitsschwerpunkt.<br />

Seit 2008 als Senior-Projektmanagerin<br />

für die Hafencity Hamburg GmbH Entwicklung<br />

und Koordination der öffentlichen Freiräume auf<br />

einem ehemaligen Hafen und Industrieareal.<br />

157


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

Szymczyk, Elisabeth<br />

Prof. Dr.-Ing., geboren 1946 in Heilbronn. Studium<br />

der Architektur in Berlin und Stuttgart. Seit 1991<br />

Lehrbeauftragte, seit 1997 Honorarprofessorin für<br />

Geschichte der Gartenkunst am Institut für Architekturgeschichte<br />

der Universität Stuttgart. Zahlreiche<br />

Veröffentlichungen zur Architekturgeschichte der<br />

1960er- und 1970er-Jahre und zur Geschichte der<br />

Gartenkunst. Mitglied des Arbeitskreises Historische<br />

Gärten der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst<br />

und Landschaftskultur.<br />

E-Mail: elisabeth.szymczyk@ifag.uni-stuttgart.de<br />

158


Anschriften: BHU, BHU-Landesverbände und Kooperationspartner<br />

Anschriften: BHU, BHU-Landesverbände<br />

und Kooperationspartner<br />

Bund Heimat und Umwelt in Deutschland (BHU)<br />

Bundesverband für Kultur, Natur und Heimat e. V.<br />

Adenauerallee 68, 53113 Bonn<br />

Tel. 0228 224091, Fax 0228 215503<br />

E-Mail: bhu@bhu.de<br />

Internet: www.bhu.de<br />

Bankverbindung: Kreissparkasse Köln<br />

Konto 100 007 855, BLZ 370 502 99<br />

IBAN DE 94 3705 0299 0100 0078 55<br />

BIC COKSDE33<br />

Präsidentin: Dr. Herlind Gundelach, MdB<br />

Bundesgeschäftsführerin: Dr. Inge Gotzmann<br />

BHU-Landesverbände<br />

Landesverein Badische Heimat e. V.<br />

Landesvorsitzender: Regierungspräsident a. D. Dr.<br />

Sven von Ungern-Sternberg<br />

Geschäftsführer: Karl Bühler<br />

Hansjakobstraße 12, 79117 Freiburg i. Br.,<br />

Tel. 0761 73724, Fax 0761 7075506<br />

E-Mail: info@badische-heimat.de<br />

Internet: www.badische-heimat.de<br />

Bayerischer Landesverein für Heimatpflege e. V.<br />

1. Vorsitzender: Landtagspräsident a. D. Johann<br />

Böhm<br />

Geschäftsführer: Martin Wölzmüller<br />

Ludwigstraße 23, 80539 München<br />

Tel. 089 2866290, Fax 089 28662928<br />

E-Mail: info@heimat-bayern.de<br />

Internet: www.heimat-bayern.de<br />

Verein für die Geschichte Berlins gegr. 1865 e. V.<br />

Vorsitzender: Dr. Manfred Uhlitz<br />

Geschäftsstelle: Henning Nause<br />

Lichterfelder Ring 103, 12279 Berlin,<br />

Tel. 030 7115806<br />

E-Mail: nause@DieGeschichteBerlins.de<br />

Internet: www.DieGeschichteBerlins.de<br />

Brandenburg 21 – Verein zur nachhaltigen<br />

Lokal- und Regionalentwicklung im Land Brandenburg<br />

e. V.<br />

Vorsitzender: Chris Rappaport<br />

Haus der Natur, Lindenstraße 34, 14467 Potsdam<br />

Tel. 033207 52480<br />

E-Mail: rappaport@freenet.de<br />

Internet: www.nachhaltig-in-brandenburg.de<br />

und www.lebendige-doerfer.de<br />

Bremer Heimatbund – Verein für Niedersächsisches<br />

Volkstum e. V.<br />

Vorsitzer: Wilhelm Tacke<br />

Geschäftsführer: Karl-Heinz Renken<br />

Friedrich-Rauers-Straße 18, 28195 Bremen<br />

Tel. 0421 302050<br />

Verein Freunde der Denkmalpflege e. V. (Denkmalverein<br />

Hamburg)<br />

Vorsitzender: Helmuth Barth<br />

Alsterchaussee 13, 20149 Hamburg<br />

Tel. und Fax 040 41354152<br />

E-Mail: info@denkmalverein.de<br />

Internet: www.denkmalverein.de<br />

159


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

Gesellschaft für Kultur- und Denkmalpflege –<br />

Hessischer Heimatbund e. V.<br />

Vorsitzende: Dr. Cornelia Dörr<br />

Geschäftsführerin: Dr. Irene Ewinkel<br />

Bahnhofstraße 31 A, 35037 Marburg<br />

Tel. 06421 681155, Fax 06421 681155<br />

E-Mail: info@hessische-heimat.de<br />

Internet: www.hessische-heimat.de<br />

Lippischer Heimatbund e. V.<br />

Vorsitzender: Bürgermeister a. D. Friedrich Brakemeier<br />

Geschäftsführerin: Yvonne Huebner<br />

Felix-Fechenbach-Straße 5 (Kreishaus), 32756<br />

Detmold<br />

Tel. 05231 627911/-12, Fax 05231 627915<br />

E-Mail: info@lippischer-heimatbund.de<br />

Internet: www.lippischer-heimatbund.de<br />

Landesheimat- und Kulturverband Mecklenburg-Vorpommern<br />

e. V.<br />

Friedrichstraße 12, 19055 Schwerin<br />

Tel. 0177 4213503<br />

Niedersächsischer Heimatbund e. V.<br />

Präsident: Prof. Dr. Hansjörg Küster<br />

Geschäftsführerin: Dr. Julia Schulte to Bühne<br />

Landschaftstraße 6 A, 30159 Hannover<br />

Tel. 0511 3681251, Fax 0511 3632780<br />

E-Mail: Heimat@niedersaechsischer-heimatbund.de<br />

Internet: www.niedersaechsischer-heimatbund.de<br />

Rheinischer Verein für Denkmalpflege und<br />

Landschaftsschutz e. V.<br />

Vorsitzender: Landrat Frithjof Kühn<br />

Geschäftsführerin: Dr. Heike Otto<br />

Ottoplatz 2, 50679 Köln,<br />

Tel. 0221 8092804/-5, Fax 0221 8092141<br />

E-Mail: otto@rheinischer-verein.de<br />

Internet: www.rheinischer-verein.de<br />

Institut für Landeskunde im Saarland e. V.<br />

Direktor: Regierungsdirektor Delf Slotta<br />

Zechenhaus Reden, Am Bergwerk Reden 11, 66578<br />

Schiffweiler<br />

Tel. 06821 9146630, Fax 06821 9146640<br />

E-Mail: institut@iflis.de<br />

Internet: www.iflis.de und www.institut-landeskunde.de<br />

Landesheimatbund Sachsen-Anhalt e. V.<br />

Präsident: Prof. Dr. habil. Konrad Breitenborn<br />

Geschäftsführerin: Dr. Annette Schneider-Reinhardt<br />

Magdeburger Straße 21, 06112 Halle (Saale)<br />

Tel. 0345 2928610, Fax 0345 2928620<br />

E-Mail: info@lhbsa.de<br />

Internet: www.lhbsa.de<br />

Landesverein Sächsischer Heimatschutz e. V.<br />

Vorsitzender: Prof. Dr. Hans-Jürgen Hardtke<br />

Geschäftsführerin: Susanna Sommer<br />

Wilsdruffer Straße 11/13, 01067 Dresden<br />

Tel. 0351 4956153, Tel./Fax 0351 4951559<br />

E-Mail: landesverein@saechsischer-heimatschutz.de<br />

Internet: www.saechsischer-heimatschutz.de<br />

Schleswig-Holsteinischer Heimatbund e. V.<br />

Komm. Präsident: Hermann-Josef Thoben<br />

Geschäftsführerin: Dr. Ute Löding-Schwerdtfeger<br />

Hamburger Landstraße 101, 24113 Molfsee<br />

Tel. 0431 983840, Fax 0431 9838423<br />

E-Mail: info@heimatbund.de<br />

Internet: www.heimatbund.de<br />

Schwäbischer Heimatbund e. V.<br />

Vorsitzender: Fritz-Eberhard Griesinger<br />

Geschäftsführer: Dr. Bernd Langner<br />

Weberstraße 2, 70182 Stuttgart<br />

Tel. 0711 239420, Fax 0711 2394244<br />

E-Mail: info@schwaebischer-heimatbund.de<br />

Internet: www.schwaebischer-heimatbund.de<br />

160


Anschriften: BHU, BHU-Landesverbände und Kooperationspartner<br />

Heimatbund Thüringen e. V.<br />

Vorsitzender: Dr. Burkhardt Kolbmüller<br />

Geschäftsführerin: Barbara Umann<br />

Hinter dem Bahnhof 12, 99427 Weimar<br />

Tel. 03643 777625, Fax 03643 777626<br />

E-Mail: info@heimatbund-thueringen.de<br />

Internet: www.heimatbund-thueringen.de<br />

Westfälischer Heimatbund e. V.<br />

Vorsitzender: Landesdirektor Dr. Wolfgang Kirsch<br />

Geschäftsführerin: Dr. Edeltraud Klueting<br />

Kaiser-Wilhelm-Ring 3, 48145 Münster<br />

Tel. 0251 2038100, Fax 0251 20381029<br />

E-Mail: westfaelischerheimatbund@lwl.org<br />

Internet: www.westfaelischerheimatbund.de<br />

gegenseitige Mitgliedschaft:<br />

Deutsche Burgenvereinigung e. V.<br />

Präsidentin: Prof. Dr. Barbara Schock-Werner<br />

Geschäftsführer: Gerhard A. Wagner<br />

Marksburg, 56338 Braubach am Rhein<br />

Tel. 02627 536, Fax 02627 8866<br />

E-Mail: dbv.marksburg@deutsche-burgen.org<br />

Internet: www.deutsche-burgen.org<br />

Kooperationspartner<br />

Deutsche Bundesgartenschau-Gesellschaft<br />

mbH (DBG)<br />

Dürenstraße 44<br />

53173 Bonn<br />

Tel.: 0228 539800<br />

Fax: 0228 539809<br />

E-Mail: info@bundesgartenschau.de<br />

Internet: www.bundesgartenschau.de<br />

Deutsche Gesellschaft für Gartenkunst und<br />

Landschaftskultur e. V. (DGGL)<br />

Bundesgeschäftsstelle<br />

Wartburgstraße 42<br />

10823 Berlin<br />

Tel.: 030 78713613<br />

Fax: 030 7874337<br />

E-Mail: info@dggl.org<br />

Internet: www.dggl.org<br />

sowie der BHU-Landesverband für Hamburg<br />

Verein Freunde der Denkmalpflege e. V. (Denkmalverein<br />

Hamburg)<br />

(s.o.)<br />

161


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

Bewahren und Gestalten<br />

Bund Heimat und Umwelt in Deutschland<br />

Der BHU<br />

Der Bund Heimat und Umwelt in Deutschland (BHU)<br />

ist der Bundesverband der Bürger- und Heimatvereine<br />

in Deutschland. Er vereinigt über seine Landesverbände<br />

rund eine halbe Million Mitglieder und ist<br />

somit die größte kulturelle Bürgerbewegung dieser<br />

Art in der Bundesrepublik Deutschland. Seit seiner<br />

<strong>Grün</strong>dung im Jahr 1904 durch den Musikprofessor<br />

Ernst Rudorff (1840–1916) setzt sich der BHU für die<br />

Kulturlandschaften und die in ihnen lebenden Menschen<br />

ein.<br />

Mensch + Natur + Kultur = Heimat<br />

162<br />

Unsere Themen<br />

Der Bund Heimat und Umwelt in Deutschland (BHU)<br />

hat die Erhaltung und Entwicklung der Kulturlandschaft<br />

und ihrer schützens werten Elemente zu seinem<br />

Aufgabenschwerpunkt erklärt. Die interdisziplinär<br />

und praxisnah angelegte Arbeit des BHU umfasst<br />

folgende Themen:<br />

• Bürgerschaftliches Engagement<br />

• Kulturlandschaft<br />

• Natur und Umwelt<br />

• Denkmäler und Baukultur<br />

• Regionale Identität<br />

• Sprachen und Dialekte


Bewahren und Gestalten. Der Bund Heimat und Umwelt in Deutschland<br />

Unser Auftrag<br />

• Bewahren und Gestalten<br />

Dem BHU geht es um das Bewahren und Gestalten<br />

vorhandener Werte unseres Natur- und Kulturerbes.<br />

Der BHU ist hierbei Partner und Ideengeber<br />

und vertritt die Interessen der Bürger. Gemeinsam<br />

wollen wir unsere Kulturlandschaften erkunden,<br />

erhalten und lebenswert weiterentwickeln.<br />

• Vermitteln<br />

Der BHU übernimmt eine Vermittlerfunktion zwischen<br />

den Menschen in den jeweiligen Heimatregionen,<br />

der Politik, den Behörden sowie den<br />

verschiedenen Fachdisziplinen. Die Öffentlichkeitsarbeit<br />

bildet einen Schwerpunkt der Verbandsarbeit.<br />

• Bürgerbeteiligung stärken<br />

Der BHU setzt sich ein für eine aktive Mitwirkung<br />

der Bürger an der Gestaltung ihres jeweiligen Lebensumfeldes.<br />

• Netzwerke bilden<br />

Der BHU ist aktiv an der Vernetzung mit anderen<br />

Institutionen auf nationaler und internationaler<br />

Ebene beteiligt. So hat der BHU das Deutsche Forum<br />

Kulturlandschaft ins Leben gerufen. Hierbei<br />

handelt es sich um ein Informationsnetzwerk aus<br />

über 50 bundesweit tätigen Organisationen im<br />

Bereich der Kulturlandschaft.<br />

• Europaweit agieren<br />

Der BHU pflegt den Kontakt zu weiteren Heimatverbänden<br />

in Europa und wirkt aktiv in europäischen<br />

Dachorganisationen mit.<br />

Unsere Angebote<br />

Der BHU veranstaltet Tagungen, Fortbildungen und<br />

Wettbewerbe. In der Publikationsreihe des BHU können<br />

Sie sich über unser breites Themenspektrum informieren.<br />

Weitergehende Informationen stellen wir<br />

jeweils aktuell auf unseren Internetseiten zur Verfügung.<br />

http://www.bhu.de<br />

http://www.forum-kulturlandschaft.de<br />

http://www.historische-gruenflaechen.de<br />

http://kulturlandschaftserfassung.bhu.de<br />

http://niederdeutsch.bhu.de<br />

163


<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

Unsere Landesverbände sind auch in Ihrem Bundesland<br />

aktiv. Werden Sie dort Mitglied und wirken Sie<br />

vor Ort mit.<br />

Gerne nehmen wir Ihre Kontaktdaten in unseren<br />

Verteiler auf, um Sie über aktuelle Aktivitäten,<br />

Veranstaltungen und Neuerscheinungen zu informieren.<br />

Sie haben Fragen oder Anregungen? Sprechen Sie<br />

uns an.<br />

Ihre Mitwirkung<br />

Mit einer Spende können Sie die Arbeit des Bund<br />

Heimat und Umwelt (BHU) unterstützen und leisten<br />

damit gleichzeitig einen wichtigen Beitrag zur<br />

Erhaltung der Kulturlandschaften und Ihrer Heimat.<br />

Spenden sind willkommen und steuerlich absetzbar.<br />

Kreissparkasse Köln,<br />

Konto 100 007 855, BLZ 370 502 99<br />

Wir sind Ihr Ansprechpartner<br />

Bund Heimat und Umwelt in Deutschland (BHU)<br />

Bundesverband für Kultur, Natur und Heimat e.V.<br />

Adenauerallee 68<br />

53113 Bonn<br />

Telefon: +49 228 224091<br />

Fax: +49 228 215503<br />

E-Mail: bhu@bhu.de<br />

Internet: www.bhu.de<br />

164


Beispiele, Methoden, Strategien<br />

Chancen und Konflikte für das Natur- und Kulturerbe<br />

Publikationen des BHU<br />

Publikationen des BHU<br />

Die Liste stellt eine Auswahl aktueller Publikationen des Bund Heimat und Umwelt dar. Alle Publikationen<br />

können über den BHU bezogen werden, wir bitten hierfür um eine Spende. Einen entsprechenden Spendenüberweisungsträger<br />

legen wir Ihrer Sendung bei. Für die Fortsetzung unserer Arbeit sind wir auf Spenden<br />

angewiesen und bitten Sie daher herzlich um Unterstützung. Im Regelfall versenden wir jeweils Einzelexemplare.<br />

Größere Abgabemengen sind auf Anfrage möglich. Bitte beachten Sie auch unsere Internetseite<br />

www.bhu.de. Dort finden Sie unter der Rubrik „Publikationen“ weitere Veröffentlichungen.<br />

<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> – Gärten und Parks<br />

der 1950er bis 1970er Jahre<br />

Baukultur und Denkmalpflege vermitteln<br />

Natur- und Kulturerbe des Weinbaus<br />

aktivieren und vermitteln<br />

Werksteinabbau und<br />

Kulturlandschaft<br />

Wie Ernährung<br />

unsere Landschaften formt<br />

BÜCHER UND BROSCHÜREN:<br />

<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> – Gärten und Parks der 1950er bis 1970er Jahre<br />

In den Nachkriegs- und Wirtschaftswunderjahren entstand eine Fülle qualitätvoller Gärten und Parks.<br />

Die Publikation präsentiert typische Gestaltungsmerksmale und stellt Wege zur Erhaltung, Entwicklung<br />

und Vermittlung dieser Anlagen vor. Buch mit 168 Seiten (2013)<br />

Baukultur und Denkmalpflege vermitteln. Beispiele, Methoden,<br />

Strategien<br />

Um die Bedeutung von Baukultur und Denkmalpflege darzustellen, ist eine gute Vermittlungsarbeit<br />

nötig. Die Publikation enthält über 40 informative Porträts von Konzepten, mit denen Einzelpersonen,<br />

Initiativen und Organisationen positives Bewusstsein schaffen. Buch mit 180 Seiten (2013)<br />

Leitfaden Regionale Baukultur<br />

Der Leitfaden stellt für Bauherren, Architekten und alle Interessierten eine Diskussionsgrundlage für<br />

die Bezugnahme auf regionale Bautraditionen dar. Eine rücksichtsvolle Gestaltung von Neu- und Umbauten<br />

trägt zur Erhaltung von Identität und Ästhetik unserer Städte und Dörfer bei. Broschüre mit 28<br />

Seiten (2013)<br />

Natur- und Kulturerbe des Weinbaus aktivieren und vermitteln<br />

Die Publikation stellt vor, wie Initiativen und Projekte die kulturhistorische und landschaftliche Bedeutung<br />

von Weinbergen erhalten und damit Weinkultur und Kulturlandschaften pflegen. Insbesondere<br />

wird die Aufbereitung und Vermittlung des Themas für verschiedene Zielgruppen behandelt. Buch mit<br />

144 Seiten (2013)<br />

Werksteinabbau und Kulturlandschaft<br />

Rohstoffabbau prägt Kulturlandschaften. Am Beispiel des Werksteins zeigt das Buch die Perspektiven der<br />

Kulturlandschafts- und Denkmalpflege sowie des Naturschutzes. Es thematisiert rechtliche, wirtschaftliche<br />

und soziale Zusammenhänge sowie bürgerschaftliches Engagement. Buch mit 168 Seiten (2013)<br />

Wie Ernährung unsere Landschaften formt<br />

Anhand konkreter Projekte und Vermittlungsbeispiele wird der Zusammenhang zwischen landwirtschaftlicher<br />

Nahrungsproduktion, regionaler Esskultur und Landschaftsgestaltung aufbereitet. Ein besonderes<br />

Augen merk wird hierbei auf die Vermittlung des Themas gerichtet. Buch mit 120 Seiten (2013)<br />

165


als Beitrag zur Erhaltung von Kulturlandschaften<br />

<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

166<br />

Biologische Vielfalt –<br />

ein Thema für Heimatmuseen<br />

Wasser – die Seele<br />

eines Gartens<br />

Landwirtschaft und<br />

Kulturlandschaft<br />

Landwirtschaft – Kulturlandschaft<br />

– Regionale Esskultur<br />

Regionale Baukultur<br />

Religion und Landschaft<br />

Als Grundlage insbesondere für die Vermittlungsarbeit gibt diese Publikation einen spannenden Einblick<br />

in die Thematik des religiös geprägten kulturellen Erbes und zeigt, wie sich Religionen in der Landschaft<br />

manifestieren. Im Mittelpunkt steht dabei das christliche Kulturerbe. Buch mit 164 Seiten (2013)<br />

Beispiele und Methoden zur Kulturlandschaftsvermittlung<br />

Die Aktivitäten des BHU zur Kulturlandschaftsvermittlung haben gezeigt, dass der Austausch über<br />

Best-Practice-Beispiele und die Vernetzung der Akteure wichtig sind. Dieses Methodenhandbuch bietet<br />

konkret beschriebene zielgruppengerechte Anregungen zur Umsetzung. Buch mit 120 Seiten (2012)<br />

Klötze und Plätze – Wege zu einem neuen Bewusstsein für Großbauten<br />

der 1960er und 1970er Jahre<br />

Die heute oft als Klötze gescholtenen Großbauten der 1960er und 1970er Jahre prägen vielerorts<br />

unsere Städte. Die Publikation zeigt Probleme und Potenziale solcher Bauten auf und regt dazu an,<br />

Qualitäten zu entdecken und zu vermitteln. Buch mit 204 Seiten (2012)<br />

Jagdparks und Tiergärten – Naturschutzbedeutung historisch genutzter<br />

Wälder<br />

Jagdparks und Tiergärten weisen eine Vielzahl von Strukturen auf, die eine hohe Biodiversität<br />

bedingen. Thematische Beiträge, Fallbeispiele und ein Leitfaden illustrieren einen geeigneten Umgang<br />

mit diesen Anlagen. Buch mit 168 Seiten (2012)<br />

Biologische Vielfalt – ein Thema für Heimatmuseen<br />

Der von informativen Begleittexten und Praxisbeispielen flankierte Leitfaden bietet Strategien<br />

zur zeitgemäßen Vermittlung in Heimatmuseen. Schwerpunkte bilden die Themen Biodiversität,<br />

Nachhaltige Entwicklung und Kulturlandschaft. Buch mit 180 Seiten (2011)<br />

Vermittlung von Kulturlandschaft an Kinder und Jugendliche<br />

Die Publikation gibt einen Überblick über erprobte Projekte und Methoden, Kinder und Jugendliche für<br />

das Thema Kulturlandschaft zu interessieren. Sie dient als Handbuch für die Bildungsarbeit und bietet<br />

Anregungen für neue Projekte. Buch mit 108 Seiten (2011)<br />

Wasser – die Seele eines Gartens<br />

Das Buch bietet vielfältige Anregungen zum Thema Wasser in historischen Gärten und gibt Einblicke in<br />

Facetten wie Denkmalpflege, Ökologie, Recht oder bürgerschaftliches Engagement. Hintergründe und<br />

Praxisberichte runden den Band ab. Buch mit 96 Seiten (2011)<br />

Landwirtschaft und Kulturlandschaft<br />

Das Memospiel mit 54 Kartenpaaren und einer informativen Begleitbroschüre stellt vor, wie<br />

die Landwirtschaft zur Vielfalt der Kulturlandschaft beiträgt. Die Entstehung unterschiedlicher<br />

Landschaften in Deutschland wird anschaulich erklärt. Broschüre mit 60 Seiten inkl. Spiel (2011)<br />

Landwirtschaft – Kulturlandschaft – Regionale Esskultur<br />

Nahrungs- und Genussmittelanbau prägen charakteristische Landschaften. Die Publikation zeigt<br />

den Zusammenhang zwischen Ernährungskultur und der Attraktivität der Kulturlandschaft. –<br />

Tagungsdokumentation. Buch mit 132 Seiten (2010)<br />

Regionale Baukultur als Beitrag zur Erhaltung von Kulturlandschaften<br />

Durch regionale Formensprache und Materialien entstanden charakteristische Baukulturen, die unsere<br />

Kulturlandschaften prägen. Das Buch liefert Empfehlungen für einen zeitgemäßen Umgang mit<br />

regionaler Baukultur. Buch mit 120 Seiten (2010)


Vom Totaleindruck einer Gegend zur Gestaltung unserer Umwelt<br />

Leitfaden zur Erstellung interdisziplinärer Wege zu Kultur- und Naturschutzthemen<br />

Bundeswettbewerb für Kinder und Jugendliche<br />

Bundeswettbewerb für Kinder und Jugendliche<br />

Bundeswettbewerb<br />

Publikationen des BHU<br />

Kultur – Landschaft – Kulturlandschaft<br />

Wege zu Natur und Kultur<br />

Kulturlandschaft<br />

in der Anwendung<br />

Weißbuch<br />

der historischen Gärten und Parks<br />

in den neuen Bundesländern<br />

Landwirtschaft<br />

zu Omas Zeiten<br />

Historische Nutzgärten<br />

Bohnapfel, Hauswurz, Ewiger Kohl –<br />

Neue Rezepte für alte Gärten<br />

Naturschutz vermitteln<br />

in Friedhofs- und Parkanlagen<br />

Vom Frühstücksei<br />

zum Abendbrot<br />

Denkmalschutz<br />

barrierefrei<br />

DENKMAL<br />

?<br />

Kultur – Landschaft – Kulturlandschaft<br />

Die Erhaltung unserer Kulturlandschaft, aber auch ihre Weiterentwicklung zählen zu den vorrangigen<br />

Aufgaben unserer Zeit. Die bebilderte Broschüre versteht sich als Einführung in das vielfältige Thema<br />

„Kulturlandschaft“. Broschüre mit 12 Seiten (2010)<br />

Wege zu Natur und Kultur<br />

Mit einem Leitfaden gibt das Buch wertvolle Informationen zur Anlage oder Überarbeitung von Lehrund<br />

Erlebnispfaden und ähnlichen Informationswegen. Begleittexte mit Praxisbeispielen ergänzen den<br />

Leitfaden. Buch mit 120 Seiten (2010)<br />

Kulturlandschaft in der Anwendung<br />

Das Buch gibt – sowohl auf bundesweiter als auch auf europäischer Ebene – einen Überblick über<br />

aktuelle anwendungsbezogene Projekte zum Thema Kulturlandschaft. Buch mit 178 Seiten (2010)<br />

Weißbuch der historischen Gärten und Parks in den neuen Bundesländern<br />

Das Buch vermittelt auf anschauliche Art und Weise den in Jahrhunderten gewachsenen Reichtum der<br />

Gartenkultur Deutschlands und lädt ein, verborgene und weniger bekannte Gärten zu besuchen.<br />

Buch mit 166 Seiten (3., überarbeitete Auflage, 2009)<br />

Landwirtschaft zu Omas Zeiten<br />

Landwirtschaft ist spannend! Die Publikation zeigt, wie sich Kinder und Jugendliche mit der Arbeit<br />

und dem bäuerlichen Umfeld – in Vergangenheit und Gegenwart – auseinandergesetzt haben. –<br />

Wettbewerbsdokumentation. Buch mit 60 Seiten (2009)<br />

Historische Nutzgärten. Bohnapfel, Hauswurz, Ewiger Kohl –<br />

Neue Rezepte für alte Nutzgärten<br />

Die Publikation veranschaulicht, wie es gelingen kann, die über Jahrhunderte gewachsene<br />

Gartentradition hinsichtlich der Nutzpflanzengärten neu zu beleben und damit zu erhalten. Buch mit<br />

132 Seiten (2009)<br />

Naturschutz vermitteln in Friedhofs- und Parkanlagen<br />

Das Buch bietet Anregungen und praktische Beispiele für die Umsetzung und Vermittlung von<br />

naturschutzrelevanten Themen in Friedhofs- und Parkanlagen. Ergänzend werden didaktische Hinweise<br />

gegeben. Buch mit 96 Seiten (2009)<br />

Vermittlung von Kulturlandschaft<br />

Die Publikation stellt vielfältige Möglichkeiten zur Vermittlung von Kulturlandschaftsthemen vor. Diese<br />

umfassen Erfahrungen u.a. aus dem schulischen, ehrenamtlichen und kommunalen Bereich. Buch mit<br />

156 Seiten (2009)<br />

Vom Frühstücksei zum Abendbrot<br />

Nahrungsmittel lassen sich zwar im Supermarkt kaufen, aber erzeugt werden sie dort nicht. Die<br />

Publikation zeigt, wie Kinder und Jugendliche in ihrer Region Landwirtschaft und deren Produkte<br />

entdecken. – Wettbewerbsdokumentation. Buch mit 72 Seiten (2008)<br />

Denkmalschutz barrierefrei<br />

Das Bewusstsein für die Notwendigkeit und die Vorteile von Barrierefreiheit setzt sich in unserer<br />

Gesellschaft allmählich durch. Die Publikation stellt 14 vorbildhafte Lösungen zum barrierefreien<br />

Umbau historischer Gebäude vor. – Wettbewerbsdokumentation. Buch mit 84 Seiten (2008)<br />

167


Positionen des Denkmalschutzes<br />

Bundeswettbewerb<br />

Beiträge zur Tagung vom 2.–3. Mai 2006 in Osnabrück<br />

im Zentrum für Umweltkommunikation<br />

der Deutschen Bundesstiftung Umwelt<br />

Dokumentation<br />

des Symposiums am<br />

9. und 10. Juni 2005<br />

in Osnabrück<br />

im Zentrum für<br />

Umweltkommunikation<br />

der Deutschen Bundesstiftung<br />

Umwelt<br />

1<br />

<strong>Grün</strong> <strong>modern</strong> (BHU 2013)<br />

Kulturlandschaftliche<br />

Informationssysteme<br />

in Deutschland<br />

Biodiversität im Dorf:<br />

entdecken, vermitteln, fördern<br />

Landwirtschaft schafft<br />

Kulturlandschaft<br />

Lebensraum Denkmal<br />

Naturschutz und<br />

Denkmalschutz<br />

– Zwei getrennte Wege?<br />

Kulturlandschaftliche Informationssysteme in Deutschland<br />

Die Erhebung und Inventarisierung von Kulturlandschaftselementen ist eine wichtige Voraussetzung<br />

für den Schutz derselben. Initiativen in Deutschland stellen ihre Projekte und Methodik vor. Buch mit<br />

220 Seiten (2008)<br />

Biodiversität im Dorf: entdecken, vermitteln, fördern<br />

In vielen Dörfern geht durch einen zunehmenden Nutzungs- und Strukturwandel die Artenvielfalt<br />

zurück. Die Publikation zeigt praktische Beispiele auf, die dieser Entwicklung entgegenwirken. Buch mit<br />

128 Seiten (2008)<br />

Landwirtschaft schafft Kulturlandschaft<br />

Das Buch zeigt beispielgebendes Engagement von Land- und Forstwirten an der Erhaltung der<br />

landwirtschaftlich geprägten Kulturlandschaft auf. Die Publikation stellt die Initiativen der Gewinner<br />

des Bundeswettbewerbs vor. Buch mit 76 Seiten (2008)<br />

Dorfkirchen in Deutschland<br />

Dorfkirchen in ihren jeweiligen Stilen charakterisieren verschiedene Regionen und bieten<br />

Identifikations möglichkeiten. Die Publikation zum Bundeswettbewerb „Stellen Sie Ihre Dorfkirche vor“<br />

präsentiert 35 prämierte Kirchen und 400 weitere Dorfkirchen. Buch mit 160 Seiten (2008)<br />

Lebensraum Denkmal<br />

Denkmäler bieten nicht nur dem Menschen einen Lebensraum, sondern auch vielen Tieren und<br />

Pflanzen. Mit reich bebilderten Beispielen aus der Praxis wird die Zusammenarbeit zwischen Natur- und<br />

Denkmalschutz dargestellt. Buch mit 104 Seiten (2007)<br />

Naturschutz und Denkmalschutz – Zwei getrennte Wege?<br />

Anhand von Beispielen wird die Bedeutung von Denkmälern als Lebensräume vorgestellt und<br />

dargelegt, wie Restaurierungs- und Erhaltungsmaßnahmen bei Bauten die Belange beider Disziplinen<br />

berücksichtigen können. Buch mit 106 Seiten (2005)<br />

Abenteuer Boden<br />

Würfelspiel mit spannenden Fragen rund um den Lebensraum Boden. Für Leute ab 8 Jahren. Vermittelt auf<br />

spielerische Art und Weise Wissen über den Lebensraum Boden. Broschüre inkl. Spielplan + Bastelanleitung<br />

(2005)<br />

Die Publikationen sind zu bestellen beim:<br />

168<br />

Bund Heimat und Umwelt in Deutschland (BHU)<br />

Bundesverband für Kultur, Natur und Heimat e.V.<br />

Adenauerallee 68, 53113 Bonn<br />

E-Mail: bestellung@bhu.de, Internet: www.bhu.de<br />

Telefon: +49 228 224091, Fax: +49 228 215503<br />

Konto-Nr. 100 007 855<br />

Kreissparkasse Köln, BLZ 370 502 99<br />

IBAN DE 94 3705 0299 0100 0078 55, BIC COKSDE33

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