Leseprobe - Pearson Schweiz AG
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2.2 Abiotischer Faktor Wasser<br />
„Velamen radicum“ bei Orchideen. Bei Letzterem handelt es sich um<br />
ein Gewebe aus abgestorbenen Zellen, das die Wurzeln umhüllt und<br />
mit seiner schwammartigen Struktur Wasser und in ihm gelöste Nährstoffe<br />
schnell aufnehmen, speichern und weitergeben kann.<br />
2.2.5 Anpassungen an die Wasserverfügbarkeit<br />
bei Landtieren<br />
Landtiere verfügen über drei Hauptmethoden um Wasser und gelöste<br />
Substanzen zu gewinnen und für sich verfügbar zu machen: Auf direktem<br />
Wege durch die Aufnahme wasserhaltiger Nahrung oder durch Trinken<br />
sowie indirekt durch ihren Stoffwechsel. Landtiere verlieren Wasser<br />
mit Kot und Urin, durch Verdunstung über die Haut sowie durch das<br />
Ausatmen feuchter Luft. Bei den Wirbeltieren münden bei allen Amphibien,<br />
Reptilien, Vögeln und einigen wenigen Säugetieren die Harn- und<br />
Geschlechtsgänge in eine Kloake. Aus diesem Kloakenbereich, aber<br />
auch über den Enddarm, resorbieren sie Wasser wieder in den Körper<br />
zurück. Säugetiere verfügen über Nieren, die aus dem Primärharn den<br />
konzentrierten Endharn (Urin) erzeugen. Ein Großteil des Wassers im<br />
Primärharn geht daher wieder in die Blutbahn und steht dem Organismus<br />
somit wieder zu Verfügung. Der Mensch beispielsweise bildet pro<br />
Tag im Durchschnitt 180 Liter Primärharn; ausgeschieden werden jedoch<br />
nur 0,5–2 Liter des in den Nieren aufkonzentrierten Endharns.<br />
Schon gewusst?<br />
Der Mensch bildet pro Tag im Durchschnitt<br />
180 Liter Primärharn. Daraus werden rund<br />
99 Prozent des Wassers sowie fast alle Zucker,<br />
Aminosäuren, Vitamine und andere organische<br />
Nährstoffe zurückgewonnen und wieder<br />
ins Blut transportiert, so dass nur rund<br />
1,5 l Endharn (= Urin) pro Tag ausgeschieden<br />
werden.<br />
• Ausweichen oder Vermeiden – Zwei Strategien<br />
zur Aufrechterhaltung des Wasserhaushaltes<br />
7287_BIO_45_Kap 21.10.2009 12:22 Uhr Seite 1319<br />
In einer sehr trockenen Umwelt haben Tiere und Pflanzen besonders<br />
große Probleme mit der Aufrechterhaltung ihres Wasserhaushaltes. Tiere<br />
passen sich an diese Gegebenheiten an, indem sie mindestens eine von<br />
zwei möglichen Vermeidungsstrategien ausnutzen: entweder sie führen<br />
einen tages- oder jahreszeitlichen Ortswechsel durch (Ausweichen)<br />
oder sie vermeiden an Ort und Stelle über bestimmte Anpassungsstrategien<br />
nachteilige Auswirkungen. Tierarten der Wüsten und Halbwüsten<br />
entgehen der Trockenheit dadurch, dass sie die Region während der<br />
Trockenzeit verlassen und in Gebiete abwandern, wo genügend Wasser<br />
verfügbar ist. Diese Strategie verfolgen viele afrikanische Huftiere<br />
(⇒ Abbildung 2.31) und viele dort lebende Vogelarten.<br />
Zahlreiche Vogelarten, so zum Beispiel die Wüstenlerchen der Sahara,<br />
kommen wochenlang ohne Wasseraufnahme aus. Viele in Wüsten und<br />
Halbwüsten lebende Vogelarten führen bei Bedarf kurzzeitige Ortswechsel<br />
durch um an Wasserstellen zu gelangen. Dabei müssen jedoch<br />
oftmals sehr weite Strecken überbrückt Landbewohner werden. Flughühner der Alten<br />
Welt beispielsweise legen in der Namib oder Kalahari im südlichen Afrika<br />
zwischen Nist- und Wasserplatz Strecken bis zu 30 km zurück. Sie fliegen<br />
in großen Schwärmen, was sie gleichzeitig vor Räubern, wie zum<br />
Beispiel Greifvögeln, schützt. Eine Besonderheit dieser mit den Tauben<br />
verwandten Vögel ist das Phänomen, dass die Männchen das Brustgefieder<br />
ins Wasser tauchen und das in den Zwischenräumen aufgesogene<br />
Wasser zu den Jungen transportieren, um diese damit zu tränken.<br />
In Gebieten ohne regelmäßig wiederkehrende Niederschläge wirkt<br />
45.1 Osmoregulation: Gleichgewicht zwischen Aufnahme und Abgabe von Wasser und den darin gelösten Stoffen<br />
Eine Anhydrobiose erfordert Anpassungen, die die<br />
Zellmembranen intakt halten. Wissenschaftler beginnen<br />
gerade zu verstehen, wie Tardigraden das Austrocknen<br />
überleben. Untersuchungen an anhydrobiotischen Rundwürmern<br />
(Stamm Nematoda) zeigen, dass die ausgetrockneten<br />
Individuen große Mengen Zucker enthalten.<br />
Eine besondere Rolle wird dabei dem Disaccharid Trehalose<br />
zugeschrieben, das die Zellen schützt, indem es<br />
die Hydrathülle der Proteine und Membranlipide ersetzt.<br />
Viele Insekten, die im Winter ein Einfrieren überleben<br />
und auch trockenresistente Pflanzen nutzen ebenfalls<br />
Trehalose als Schutz für ihre Membranen und Proteine.<br />
Das Verhindern der Austrocknung ist für terrestrische<br />
Pflanzen und Tiere eine der größten homöostatischen<br />
Herausforderungen. Menschen beispielsweise sterben,<br />
wenn sie nur zwölf Prozent ihres Körperwassers verlieren<br />
(Dromedare können hingegen einen fast doppelt<br />
so hohen Wasserverlust überleben). Anpassungen, die<br />
den Wasserverlust verringern, sind deshalb der Schlüssel<br />
zum Überleben an Land. Genauso, wie eine wachsüberzogene<br />
Cuticula zum Erfolg der Landpflanzen<br />
beigetragen hat, hilft die Beschaffenheit ihrer Körperoberfläche<br />
den meisten Tieren, eine Dehydrierung zu<br />
vermeiden. Beispiele hierfür sind die Wachsschichten<br />
auf dem Exoskelett von Insekten, die Gehäuse von Land-<br />
Wasseraufnahme<br />
(ml)<br />
Wasserabgabe<br />
(ml)<br />
Wasserhaushalt<br />
einer Kängururatte<br />
(2 ml/Tag)<br />
Aufnahme mit<br />
der Nahrung (0,2)<br />
aus dem Stoffwechsel<br />
(1,8)<br />
Urin<br />
(0,45)<br />
Kot (0,09)<br />
Verdunstung (1,46)<br />
Wasserhaushalt<br />
eines Menschen<br />
(2500 ml/Tag)<br />
Aufnahme mit<br />
der Nahrung (750)<br />
Aufnahme<br />
mit<br />
Flüssigkeit<br />
(1500)<br />
aus dem Stoffwechsel<br />
(250)<br />
Urin<br />
(1500)<br />
Kot (100)<br />
Verdunstung (900)<br />
Abbildung 45.6: Wasserhaushalt bei zwei landlebenden Säugern.<br />
Abbildung Kängururatten, 2.30: die im Südwesten Wasserhaushalt der USA leben, bei ernähren zwei landlebendesächlich<br />
Säugern. von trockenen Samenkörnern und trinken kein Wasser. Eine<br />
sich haupt-<br />
Kängururatte gewinnt Wasser vorwiegend aus ihrem Zellstoffwechsel<br />
und verliert das meiste Wasser durch Verdunstung beim Gasaustausch. 33<br />
Im Gegensatz dazu nimmt ein Mensch Wasser vorwiegend durch Essen<br />
und Trinken auf und verliert den größten Teil dieses Wassers mit<br />
dem Urin.