Winter 2008 - Pfarre Gratwein
Winter 2008 - Pfarre Gratwein
Winter 2008 - Pfarre Gratwein
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
DAS GRATWEINER PFARRBLATT 7<br />
Mein Griechenland…<br />
Wenn die Sonne fast senkrecht zur Erde steht, die Hitze trotz<br />
des kühlen, vom Meer kommenden Windes unerträglich wird<br />
dann hat man entweder die Wahl, sich in eines der unzähligen<br />
Cafes, die sich entlang der Hafenpromenade befinden,<br />
zurückzuziehen oder an den Strand zu fahren. Thessaloniki<br />
scheint im Sommer, zumindest über den Tag hinweg, wie ausgestorben.<br />
Die enorme Kraft der Sonne heizt den Asphalt und<br />
die unzähligen Betonbauten wie einen gigantischen Backofen<br />
auf und speichert die gesamte Energie auch über Nacht, sodass<br />
ein Schlafen ohne Klimaanlage utopisch wird. Viele<br />
Griechen flüchten zu dieser Zeit ans Meer und verbringen<br />
dort ihren Urlaub um sich von dem Stress, der mittlerweile<br />
auch in Griechenland kein Fremdwort mehr ist, zu erholen.<br />
Ich habe es für diesen Sommer aber vorgezogen, für drei Monate<br />
durchgehend in Thessaloniki zu bleiben, um dort meine<br />
Diplomarbeit über die hiesige Katholische Kirche zu verfassen.<br />
In Anbetracht der enormen Hitze ein schwieriges Unterfangen.<br />
Dennoch wagte ich den Versuch, der Natur zu trotzen<br />
und stürzte mich in meine Arbeit. Angesichts der beschriebenen<br />
Umstände bedurfte es aber eines Planes. Und so beschloss<br />
ich, jeden Morgen rechtzeitig aufzustehen um in der<br />
Zeit bevor es zu heiß wurde einen Teil meiner Angelegenheiten<br />
zu erledigen. Dabei war der Weg zur Katholischen Gemeinde<br />
ein fixer Bestandteil meines Tagesablaufes. Vorbei an<br />
der Plateia Aristotelous, dem Hauptplatz Thessalonikis, führte<br />
mich mein Weg über den Markt, auf dem um 9 Uhr morgens<br />
bereits Hochbetrieb herrscht. Das laute Geschrei der<br />
Verkäufer übertönt dabei sogar den von der mit Autos voll gestopften<br />
Via Egnatia kommenden Verkehrslärm. Angefangen<br />
von Fisch bis über sämtliche Gemüsesorten ist dort alles erhältlich.<br />
Eine empfindliche Nase aber kann bei einem Besuch<br />
mitunter zum Nachteil werden. Die unterschiedlichsten<br />
Gerüche vermischen sich dort und hinterlassen auch noch am<br />
Ende des Tages einen eindeutigen Marktgeruch der sich an<br />
diesem Ort wie eine Patina verewigt hat. Oft am Abend, wenn<br />
ich von der Kirche kommend meinen Heimweg über den<br />
Markt antrat, sah ich einen Auflauf an Katzen die verzweifelt<br />
versuchten in den verlassenen Marktständen ein vergessenes<br />
Stück Fisch zu ergattern. Dabei sah man sie immer geschickt<br />
zwischen den in der Dunkelheit liegenden Ständen umherhaschen.<br />
Vorbei an fast 1000 Jahre alten byzantinischen Kirchen, die<br />
Frankenstrasse entlang, die nach den Kreuzfahrern benannt<br />
ist, kam ich dann meistens zwischen neun und zehn in der<br />
Kirche an. Umgeben von den wohlbekannten, ästhetisch abstoßenden<br />
griechischen Hochhäusern liegt sie gleich einer<br />
Oase der Stille mitten in der Stadt. Von außen völlig unscheinbar<br />
und auch nicht leicht zu entdecken dennoch gewaltig<br />
in ihrer Erscheinung, unterscheidet sie sich von den orthodoxen<br />
Kirchen wie der Tag von der Nacht. Gläubige trifft man<br />
dort immer an. Aus den unterschiedlichsten Ländern Europas<br />
finden die Menschen dort eine Art Zuflucht in der sie sich<br />
kurz entspannen können. Österreicher, Deutsche, Franzosen,<br />
Italiener und viele mehr sind dort vertreten. Sie alle haben eines<br />
Tages beschlossen in Griechenland zu bleiben. Manche<br />
von ihnen wollten nur temporär für ein oder zwei Jahre bleiben.<br />
Aus diesen zwei Jahren wurden dann 30 oder mehr. Obwohl<br />
jeder der Auswanderer durch Griechenland eine zweite<br />
Heimat gefunden hat findet er die wirkliche nur in der Kirche,<br />
die für viele dieser Menschen einen ganz besonderen Rückhalt<br />
darstellt.<br />
Nachdem ich meine Arbeit in der Kirche erledigt hatte, war es<br />
meist schon um die Mittagszeit. Mittagszeit bedeutet in Griechenland<br />
soviel wie Ruhezeit oder Kaffeezeit. Ich zog meistens<br />
den Kaffee der Siesta vor. Dabei sucht man sich einen<br />
schönen Platz, am besten an der zuvor erwähnten Promenade,<br />
aus und genießt seinen Cafe Frappe. Eiskalt muss er sein.<br />
Ansonsten erträgt man die mittlerweile erreichten 37 Grad<br />
nicht mehr. Man blickt aufs Meer, beobachtet die vielen Menschen<br />
die sich ins rettende Kühl der Cafes flüchten, spürt den<br />
warmen Wind vom Meer kommend, sieht die vielen Schiffe in<br />
den Hafen einfahren und weiß, dass man lebt. Am Horizont,<br />
wenn man dann über das Meer blickt, kann man den Berg der<br />
Götter entdecken – den Olymp. Oft sieht man nur dessen Gip-