Informationsblatt-2013-09 - Markt Pförring
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<strong>Informationsblatt</strong> VG <strong>Pförring</strong> – 32 –<br />
Nr. 9/<strong>2013</strong><br />
Es ist nicht vielen Menschen vergönnt,<br />
dass sich die Gesellschaft<br />
noch nach 200 Jahren an sie erinnert.<br />
In diesem Jahr wird der Geburtstag<br />
von Richard Wagner oder<br />
Giuseppe Verdi gefeiert, logischerweise<br />
mit musikalischen Aufführungen<br />
oder auch Sendungen<br />
über ihr Leben. Dass es da auch<br />
einen ehemaligen Schuhmacherlehrling<br />
gab, der eine heute weltweite<br />
Sozialbewegung gründete,<br />
an den man sich heute noch mit<br />
Dankbarkeit erinnert, das ist in der<br />
heutigen Zeit nicht selbstverständlich.<br />
Dass seine Ideen, sein Werk<br />
und sein Vorbild auch heute noch<br />
weiterwirken, das war spürbar, als<br />
das Kolpingwerk Diözesanverband<br />
Regensburg seines Gründers mit<br />
einem Gottesdienst und einem<br />
Festakt gedachte. Über 300 Kolpingmitglieder<br />
aus dem gesamten<br />
Bistum, darunter auch aus der Kolpingsfamilie<br />
<strong>Pförring</strong>, waren dazu<br />
nach Regensburg gekommen. In<br />
seiner Predigt in der Alten Kapelle<br />
bezeichnete Diözesanpräses Pfarrer<br />
Stefan Wissel den Gesellenvater<br />
als großes Vorbild, dessen Geist<br />
und Wirken die Menschen bis heute<br />
anzieht und begeistert. „Er legte<br />
keinen großen Wert auf Titel oder<br />
Auszeichnungen, er wollte keine<br />
großen Sprüche, Kolping war ein<br />
Mann der Tat, der sein Herz zum<br />
Pfande setzte. Kolping erkannte<br />
die Probleme seiner Zeit und hat<br />
gehandelt.“ Dies sollte Vorbild sein<br />
bis heute. Auch heute kommt es<br />
darauf an, die Nöte der Zeit zu sehen<br />
und sich einzumischen, auch<br />
politisch. Kolping hat bis heute<br />
den Auftrag, sich soziale Anliegen<br />
zu eigen zu machen. Kolping<br />
tut das in den Einrichtungen<br />
wie dem Kolping-Bildungswerk,<br />
wo man sich um Arbeitslose oder<br />
um Jugendliche kümmert, die keinen<br />
Arbeitsplatz bekommen. Aber<br />
auch in den Kolpingsfamilien vor<br />
Ort müssen Nöte gesehen werden:<br />
„Wir sind viele, gemeinsam<br />
haben wir starke Arme“, so der<br />
Diözesanpräses. „Lernen wir von<br />
den Nöten der Zeit im Vertrauen<br />
auf Gott, brennen wir in den Wunden<br />
der Welt. Wenn die Menschen<br />
sagen, hier hat Kolping geholfen,<br />
dann sind wir auf dem richtigen<br />
Weg!“ Mit einem Bannerzug ging<br />
es dann in das Kolpinghaus St.<br />
Erhard, wo Diözesanvorsitzender<br />
Heinz Süss die Delegierten begrüßen<br />
konnte, insbesondere die Ehrenpräsides<br />
Finanzdirektor Domkapitular<br />
Robert Hüttner, Dompfarrer<br />
Domvikar Harald Scharf, Diözesanehrenvorsitzenden<br />
Ernst Beier, den<br />
Vorsitzenden des Diözesankomitees<br />
Philipp Graf von und zu Lerchenfeld<br />
MdL, den Vizepäsidenten<br />
der Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz<br />
Franz Greipl und<br />
den Hauptredner des Abends, Karl<br />
Festakt zum 200. Geburtstag des Gesellenvaters<br />
Kolping - eine Geschichte mit Zukunft<br />
Schiewerling, MdB und Landesvorsitzender<br />
des Kolpingwerkes<br />
Nordrhein-Westfalen. Ein besonderer<br />
Gruß galt einer Delegation von<br />
Kolpingfreunden aus dem benachbarten<br />
Wels, die extra zum Festakt<br />
nach Regensburg angereist waren.<br />
Da die Familie immer eines<br />
der zentralen Themen des Gesellenvaters<br />
war wurde Kolpingsohn<br />
Karl Schiewerling gebeten, zu diesem<br />
Thema zu referieren. Für den<br />
Bundestagsabgeordeten wird aktuell<br />
viel von den großen Themen<br />
Euro – oder Schuldenkrise in Europa<br />
gesprochen, das beherrschende<br />
Thema der nächsten Jahre wird<br />
aber vor allem die demographische<br />
Entwicklung sein. „Die Welt wird<br />
sich in den kommenden Jahren<br />
stark verändern und damit auch<br />
unsere Gesellschaft. Wir haben<br />
aber noch gar nicht begriffen, was<br />
sich mit der Überalterung unserer<br />
Gesellschaft abspielen wird.“ Für<br />
Schiewerling war Kolping prophetisch,<br />
als er schon vor 150 Jahren<br />
schrieb: „Das Schicksal der Familie<br />
ist über kurz oder lang das Schicksal<br />
des Landes!“ „Wir werden die<br />
demografische Entwicklung in vielen<br />
Bereichen zu spüren bekommen“,<br />
so Schiewerling. „Viele Ausbildungsplätze<br />
bleiben bereits jetzt<br />
unbesetzt, Ältere müssen länger<br />
arbeiten. Gesellschaft und Politik<br />
müssen auf diese Veränderungen<br />
Antwort fi nden. Aber wie werden<br />
wir diese Herausforderungen<br />
bewältigen, wenn gleichzeitig immer<br />
mehr Jüngere weniger belastbar<br />
sind und psychische Probleme<br />
haben? Viele fühlen sich heute gestresst<br />
und überfordert durch den<br />
schnellen Wandel der Technik, vor<br />
allem durch die Informationstechnologien.<br />
Viele können die Daten-<br />
und Informationsflut gar nicht<br />
mehr verarbeiten. Wenn wir unseren<br />
Wohlstand halten wollen, dann<br />
geht das aber nur mit stabilen, gesunden<br />
Menschen und mit Menschen,<br />
die keine Angst haben.“<br />
Umso mehr kommt es darauf an,<br />
so der Referent, dass Kinder eine<br />
stabile Umgebung und Erziehung<br />
in der Familie erleben. Wie ist aber<br />
die Situation der Familie heute? Bis<br />
heute wachsen 80% der Kinder bei<br />
ihren leiblichen Eltern auf. In den<br />
Medien werde aber oft ein verzerrtes<br />
Bild gezeichnet, als ginge es nur<br />
noch um das Thema Gleichstellung<br />
homosexueller Partnerschaften<br />
und als könnten nur noch professionelle<br />
Pädagogen Erziehungsarbeit<br />
leisten, möglichst bereits<br />
im Vorschulalter. Aber vor allem in<br />
den ersten drei Lebensjahren, das<br />
sagt auch die Forschung, kommt<br />
es nicht so sehr auf Bildung, sondern<br />
vielmehr auf Bindung an. Bindung<br />
fi ndet vor allem in der Familie<br />
statt und Erziehung ist zunächst<br />
Aufgabe der Eltern. Hier haben sich<br />
Grundhaltungen verändert, Zeitgeist<br />
und Ideologien verzerren das<br />
Bild. Das Grundgesetz schützt Ehe<br />
und Familie deshalb, weil es der<br />
Ort ist, wo Kinder geboren werden<br />
und weil Ehe und Familie Keimzelle<br />
der Gesellschaft ist, die Kinder<br />
eine stabile Grundlage geben soll.<br />
Wichtig sind laut Schiewerling vor<br />
allem eigenständige Menschen, die<br />
Verantwortung übernehmen füreinander<br />
und für die Kinder. Ohne<br />
diese Reife zur Verantwortlichkeit<br />
keine Erziehung, ohne Verantwortung<br />
letztlich keine Freiheit. „Nicht<br />
der Staat und die Institutionen tragen<br />
in erster Linie diese Verantwortung,<br />
sondern die Eltern.“ Minderheiten<br />
fordern heute vehement die<br />
volle Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen<br />
Partnerschaften mit<br />
der Ehe. Schiewerling dazu: „ Ich<br />
habe Respekt vor jeder Form verantwortlich<br />
gelebter Partnerschaft,<br />
aber die volle Gleichsetzung mit<br />
der Ehe hat keine Zukunft, denn<br />
Kinder entstehen naturgemäß nur<br />
durch Mann und Frau. Somit geht<br />
es letztlich um die Zukunft der Gesellschaft.“<br />
Und weiter: „Keiner hat<br />
das Recht auf Kinder, aber jedes<br />
Kind hat ein Recht auf Vater und<br />
Mutter.“ Schiewerling: „Die Zukunft<br />
des Landes liegt nicht nur in technischer<br />
Innovation und einer funktionierenden<br />
Wirtschaft, unsere<br />
Zukunft liegt auch darin, dass wir<br />
noch Menschen haben, die Verantwortung<br />
übernehmen für Kinder.<br />
Wir dürfen nicht zulassen, dass alles<br />
unter das Diktat der Wirtschaft<br />
gestellt wird, das betrifft die Erziehung,<br />
die Familie und das betrifft<br />
auch den Schutz des Lebens allgemein.“<br />
Ich kann dem Kolpingwerk<br />
im Bistum Regensburg nur raten, in<br />
diesen Bereichen wachsam zu sein.<br />
Wir brauchen den Schulterschluss<br />
mit denen, die sich für Familien einsetzen,<br />
wir müssen jungen Paaren<br />
Mut machen zu Kindern, zu Erziehung<br />
und ihnen sagen: Ihr seid auf<br />
dem richtigen Weg! Mit dem Angebot<br />
von Familienkreisen in der<br />
Kolpingsfamilie, auch unseren Ferienstätten,<br />
können wir Familien<br />
stützen und fördern.“ Schiewerling<br />
abschließend: „Die Familie ist die<br />
Grundlage der Gesellschaft, deshalb<br />
muss Kolping die Familie stärken.<br />
Wir müssen uns einsetzen für<br />
gute Rahmenbedingungen für Familien.<br />
Ich wünsche euch, dass ihr<br />
die Zeichen der Zeit erkennt und<br />
entsprechend handelt!“ Mit dem<br />
Kolpinglied und einem gemeinsamen<br />
Essen klang des Festakt zum<br />
200. Geburtstag des Gesellenvaters<br />
Adolph Kolping im Kolpinghaus<br />
aus.