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Pilot und Flugzeug Ausgabe 2011/09

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Kurztrip nach Oshkosh<br />

Reportage<br />

wir es mit einem starken Südostwind zu<br />

tun haben, der ab FL200 gerade mal weit<br />

genug nach Osten drehte, um eine geringe<br />

Rückenwindkomponente zu entwickeln.<br />

Ein Flug in FL180 kann hier leicht eine<br />

Gegenwindkomponente bedeuten. Daher<br />

zunächst einmal die Antwort: „Unable lower,<br />

due to fuel.“ Unser Alternate Paamiut (BGPT)<br />

ist 140 NM von Narsarsuaq entfernt, wir haben<br />

keinen Sprit zu verschenken, vor allem<br />

nicht aufgr<strong>und</strong> unserer Zuladung. Dann ein<br />

neuer Vorschlag von Reykjavik: Wir könnten<br />

ja für 30 Minuten mitten über dem Eismeer<br />

Holdings fliegen oder zurück nach BIRK. Das<br />

ist schon etwas dreist, <strong>und</strong> kaum hilfreich.<br />

Also auch „unable, due to fuel“.<br />

Meine Mitflieger w<strong>und</strong>ern sich etwas darüber,<br />

dass ich überhaupt eine ATC-Anweisung ablehne.<br />

Ich erkläre: „Die Dame sitzt bequem im<br />

warmen Büro <strong>und</strong> wir sitzen 22.000 ft über<br />

der Straße von Dänemark mit einer 10.000 ft<br />

hohen Eiswüste voraus. It’s our ass!“<br />

Natürlich möchte man ATC entgegenkommen,<br />

aber nicht blindlings. Also hole ich<br />

von Sondrestrom das aktuelle Wetter für<br />

Narsarsuaq <strong>und</strong> Paamiut sowie die TAFs<br />

ein. Das Wetter ist gut, der Spread hoch, die<br />

Wahrscheinlichkeit eines Ausweichens zum<br />

Alternate extrem gering <strong>und</strong> unser Verbrauch<br />

geringer als veranschlagt. Also kann ich einige<br />

Minuten später FL180 akzeptieren.<br />

Verhandlungen über dem Eismeer. Der Bitte<br />

von Reykjavik ATC, unseren Level von FL220<br />

auf FL180 zu ändern, konnten wir erst entsprechen,<br />

nachdem Wetterreports eingeholt<br />

waren <strong>und</strong> klar war, dass ein Ausweichen zum<br />

Alternate Paamiut sehr unwahrscheinlich ist.<br />

Nicht nur, dass in FL180 unser spezifischer<br />

Verbrauch um ca. 12% höher ist als in FL220,<br />

auch der Wind, der gerade erst ab FL200 auf<br />

eine Rückenwindkomponente gedreht hatte,<br />

kann einem die Reichweite nehmen (oben).<br />

Genau rechnen <strong>und</strong> die Sicherheit des eigenen<br />

Fluges vor blinde ATC-Folgsamkeit stellen ist<br />

in dieser Region wichtig. Man befindet sich<br />

nämlich ziemlich auf sich gestellt in einer der<br />

unwirtlichsten Gegenden auf diesem Planeten.<br />

Sich zu behaupten <strong>und</strong> die eigene Lage nicht<br />

durch übermäßiges Entgegenkommen an<br />

ATC zu verschlechtern ist gerade über dem<br />

Nordatlantik extrem wichtig. Schließlich sind<br />

wir in BIRK mit einer Oceanic-Clearance für<br />

FL220 gestartet. Der Nordatlantik ist eine<br />

ziemlich unbarmherzige Weltgegend, wenn<br />

das Wetter sich von der hässlichen Seite<br />

zeigt. ATC hat es dort fast nur mit gewerblichen<br />

Crews zu tun, der Grad der Fürsorge<br />

ist also überschaubar. Also in solchen Fällen<br />

immer erstmal rechnen, Informationen einholen,<br />

überlegen <strong>und</strong> dann – wenn’s safe<br />

zu machen ist – natürlich dem Wunsch von<br />

ATC entsprechen.<br />

14 <strong>Pilot</strong> <strong>und</strong> <strong>Flugzeug</strong> <strong>2011</strong>/<strong>09</strong>

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