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Leitfaden Umgang mit Kindern bei häuslicher Gewalt - Polizei

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werden kann, meldet die Strafverfolgungsbehörde solche Fälle immer der zuständigen<br />

KESB.<br />

Von der Meldepflicht ausgenommen, sind die Mitar<strong>bei</strong>tenden der Opferhilfe. Sie unterstehen<br />

einer qualifizierten Schweigepflicht. Stellen sie fest, dass die körperliche, psychische<br />

oder sexuelle Integrität eines minderjährigen Opfers oder einer anderen unmündigen Person<br />

ernsthaft gefährdet ist, so haben sie ein Melderecht an die KESB. 31<br />

b. Strafrechtlicher Kindesschutz: Anzeigepflichten/Anzeigerecht<br />

Da<strong>mit</strong> die Strafverfolgungsbehörde ein Verfahren aufnehmen kann, muss sie Hinweise auf<br />

strafbare Handlung erhalten. Sie nimmt die strafbare Handlung entweder <strong>bei</strong> der Ausübung<br />

ihrer Tätigkeit selber wahr oder es geht eine Anzeige <strong>bei</strong> ihr ein. Bei Antragsdelikten muss<br />

zudem ein Strafantrag eingereicht werden. 32 Im Falle von einem Offizialdelikt muss die<br />

Strafverfolgungsbehörde von Amtes wegen eine Strafuntersuchung durchführen.<br />

Es gibt Stellen, die der Strafverfolgungsbehörde Anzeige erstatten müssen, wenn sie von<br />

einer Straftat erfahren, es gibt Personen/Stellen, die ein Recht haben Anzeige zu erstatten<br />

und es gibt solche, die einer Schweigepflicht unterstehen.<br />

Kinder werden im Rahmen von <strong>häuslicher</strong> <strong>Gewalt</strong> selbst misshandelt oder erleben <strong>Gewalt</strong><br />

<strong>mit</strong>. In Ausnahmefällen werden sie auch selber straffällig.<br />

Misshandelte Kinder werden zumeist Opfer von Körperverletzungsdelikten, Delikten gegen<br />

ihre sexuelle oder psychische Integrität (z.B. Tätlichkeit, einfache/schwere Körperverletzung,<br />

sexuelle Handlung <strong>mit</strong> Kind, Vergewaltigung, Drohung, Nötigung).<br />

Kinder, die nicht offensichtlich misshandelt worden sind, können auch (schwere) psychische<br />

Schäden davon tragen bzw. gefährdet sein, solche Schädigungen zu erleiden. Zudem besteht<br />

die Gefahr, dass sie Opfer von nicht aufgedeckten Misshandlungen geworden sind<br />

bzw. gefährdet sind, Opfer von Misshandlungen zu werden. 33<br />

In allen Fällen, in welchen Kinder von <strong>häuslicher</strong> <strong>Gewalt</strong> <strong>mit</strong>betroffen sind, kann der Straftatbestand<br />

Verletzung der Fürsorge- oder Erziehungspflicht in Frage kommen: 34<br />

Strafbar ist die Verletzung oder Vernachlässigung von Fürsorge- oder Erziehungspflichten<br />

gegenüber einer minderjährigen Person und dadurch die Gefährdung der körperlichen und<br />

geistigen Integrität des Kindes. Eine effektive Schädigung muss noch nicht eingetreten<br />

sein. 35 Dadurch wird eine frühe Intervention möglich. Als Täterschaft kommen nicht nur die<br />

Eltern in Frage, sondern alle, die gegenüber einer minderjährigen Person von Gesetzes,<br />

Amtes, Berufs oder Vertrags wegen Fürsorge- oder Erziehungspflichten haben. 36 Bei <strong>häuslicher</strong><br />

<strong>Gewalt</strong> ist in der Regel der gewaltausübende Elternteil strafbar und nicht der aufgrund<br />

der erlittenen <strong>Gewalt</strong>handlungen überforderte und oftmals in einem Abhängigkeitsverhältnis<br />

stehende gewaltbetroffene Elternteil. Es handelt sich sowohl <strong>bei</strong> der vorsätzlichen als auch<br />

<strong>bei</strong> der fahrlässigen Begehung um ein Offizialdelikt. Der Straftatbestand stellt ein Vergehen<br />

37 dar.<br />

31 Art. 11 Abs. 3 OHG (Bundesgesetz über die Hilfe an Opfer von Straftaten vom 23. März 2007, SR 312.5)<br />

32 Art. 303 Abs. 1 StPO<br />

33 Vgl. Kap. 1<br />

34 Art. 219 StGB<br />

35 Niggli, Wiprächtiger 2007: Art. 219 Rz 2<br />

36 Trechsel/Pieth 2013: S. 1044<br />

37 Vergehen sind Taten, die <strong>mit</strong> Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder <strong>mit</strong> Geldstrafe bedroht sind (Art. 10 Abs. 3 StGB)<br />

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