Bei den Menschen sein - Diözese Rottenburg-Stuttgart
Bei den Menschen sein - Diözese Rottenburg-Stuttgart
Bei den Menschen sein - Diözese Rottenburg-Stuttgart
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Editorial<br />
<strong>Bei</strong> <strong>den</strong> <strong>Menschen</strong> <strong>sein</strong><br />
Als wir für die am 6. Februar 2009<br />
von Bischof Dr. Gebhard Fürst errichtete<br />
rechtsfähige „Stiftung Weltkirche<br />
in der <strong>Diözese</strong> <strong>Rottenburg</strong>-<strong>Stuttgart</strong>“<br />
(s. S. 28) einen Claim suchten, wie es<br />
heutzutage im Marketing-Jargon heißt,<br />
– also einen Leitspruch, mit dem so<br />
etwas wie eine Vision, eine Mission,<br />
ja auch ein Markenzeichen zum Ausdruck<br />
gebracht wer<strong>den</strong> könnte – fiel<br />
unsere Wahl unter <strong>den</strong> vielen auf dem<br />
Tisch liegen<strong>den</strong> Vorschlägen auf <strong>den</strong><br />
Slogan: <strong>Bei</strong> <strong>den</strong> <strong>Menschen</strong> <strong>sein</strong>.<br />
In diesem Leitgedanken kommt<br />
nämlich eine Leistung, ein Merkmal<br />
der weltkirchlichen Arbeit unserer <strong>Diözese</strong><br />
zum Ausdruck, das uns zwar<br />
nicht von allen anderen weltkirchlichen<br />
Einrichtungen in Deutschland deutlich<br />
abhebt, aber doch einen für all’ unser<br />
Engagement charakteristischen<br />
Wesenszug darstellt, etwas, das uns<br />
gleichsam unverwechselbar macht<br />
und unseren Anspruch verdeutlicht, zu<br />
halten, was wir versprechen. Ich meine<br />
die personale Präsenz vor Ort in Übersee,<br />
die vielgestaltige persönliche partnerschaftliche<br />
Kooperation, die von<br />
unserer <strong>Diözese</strong> ausgeht.<br />
<strong>Bei</strong> <strong>den</strong> <strong>Menschen</strong> <strong>sein</strong>: das<br />
nehmen allen voran etwa 200 Missionarinnen<br />
und Missionare, Or<strong>den</strong>sleute,<br />
Fachkräfte der Entwicklungszusammenarbeit<br />
und Laienkräfte ernst,<br />
die derzeit, teilweise seit Jahrzehnten<br />
schon, in mehr als 40 Ländern in aller<br />
Welt tätig sind; ebenso 25 Fachkräfte<br />
aus der <strong>Diözese</strong> <strong>Rottenburg</strong>-<strong>Stuttgart</strong>,<br />
die in <strong>den</strong> vergangenen fünf Jahren<br />
in Entwicklungsdiensten in Übersee<br />
stan<strong>den</strong>, oder vier sogenannte Fidei<br />
Donum-Priester, die zurzeit im Namen<br />
der <strong>Diözese</strong> nach Argentinien, Bolivien<br />
und Guatemala entsandt sind.<br />
<strong>Bei</strong> <strong>den</strong> <strong>Menschen</strong> <strong>sein</strong> wollen<br />
erklärtermaßen auch rund 250 junge<br />
<strong>Menschen</strong>, die sich in <strong>den</strong> letzten<br />
drei Jahrzehnten ein Jahr lang für <strong>den</strong><br />
Weltkirchlichen Freiwilligendienst im<br />
Ausland zur Verfügung gestellt haben,<br />
und etwa 40 Jahr für Jahr weiter hinzukommende<br />
Freiwillige sowie zahlreiche<br />
junge Frauen und Männer, die<br />
als Missionarinnen und Missionare auf<br />
Zeit über Or<strong>den</strong>sgemeinschaften unserer<br />
<strong>Diözese</strong> ausreisen. Und schließlich<br />
verleihen auch die <strong>Menschen</strong> in<br />
<strong>den</strong> Kirchengemein<strong>den</strong> unserer Diö-<br />
zese, die unmittelbar partnerschaftliche<br />
Verbindungen zu Schwesterkirchen<br />
in Europa und Übersee pflegen,<br />
dort Projekte und Initiativen, auch im<br />
persönlichen Austausch unterstützen<br />
(933 wur<strong>den</strong> jüngst gezählt) und so<br />
bei <strong>den</strong> <strong>Menschen</strong> sind, der missionarischen<br />
Kirche von <strong>Rottenburg</strong>-<strong>Stuttgart</strong><br />
ein glaubwürdiges Gesicht.<br />
Geh zu <strong>den</strong> <strong>Menschen</strong><br />
Ein chinesisches Sprichwort, das 2500<br />
Jahre alt <strong>sein</strong> soll, bringt das persönliche<br />
Engagement von allen diesen unterschiedlich<br />
motivierten Gruppen auf<br />
<strong>den</strong> Punkt. Es lautet:<br />
„Geh’ zu <strong>den</strong> <strong>Menschen</strong>, lebe unter<br />
ihnen, liebe sie, lerne von ihnen,<br />
fang’ an mit dem, was sie haben,<br />
bau’ auf, auf dem, was sie wissen.“<br />
Die diesjährige Ausgabe unserer<br />
Zeitschrift „Der Geteilte Mantel“ ist diesem<br />
offenbar altbewährten personalen<br />
Ansatz, der personellen Entwicklungszusammenarbeit<br />
unserer <strong>Diözese</strong> gewidmet.<br />
Wenn die Weltkirche wirklich<br />
die von <strong>den</strong> deutschen Bischöfen beschworene<br />
Gebets-, Lern- und Solidargemeinschaft<br />
(„Allen Völkern <strong>sein</strong><br />
Heil“) wer<strong>den</strong> soll, dann kann sie das<br />
nur in der Grundhaltung der Liebe,<br />
Sympathie und Aufgeschlossenheit.<br />
Je mehr ich die <strong>Menschen</strong> zu schätzen<br />
weiß, umso größer ist meine Bereitschaft,<br />
von ihnen zu lernen. Und das<br />
bedeutet wiederum, sich selber zu relativieren,<br />
<strong>den</strong> eigenen Maßstäben <strong>den</strong><br />
ihnen zustehen<strong>den</strong> Platz zuzuweisen<br />
und dem größeren Ganzen zu dienen.<br />
Dies gibt <strong>den</strong> anderen, unseren Partnern<br />
die Chance und <strong>den</strong> Freiraum,<br />
sich zu entfalten, ihre Wirklichkeit selber<br />
gestalten zu können.<br />
Gelebtes Zeugnis<br />
Von all’ dem geben in diesem Heft exemplarisch<br />
einige ausgewählte Missions-<br />
und Laienkräfte unserer <strong>Diözese</strong><br />
ein beredtes Zeugnis. Jessica Ortmeyer,<br />
Referentin beim BDKJ, führt<br />
uns ein in <strong>den</strong> Weltkirchlichen Frie<strong>den</strong>sdienst<br />
der <strong>Diözese</strong> <strong>Rottenburg</strong>-<br />
<strong>Stuttgart</strong>, ehe drei konkrete <strong>Bei</strong>spiele<br />
von jungen Leuten aus Asien, Lateinamerika<br />
und Afrika folgen (S. 4-9). Was<br />
es mit der Anfang 2008 für das „Weltwärts-Programm“<br />
gegründeten Servicestelle<br />
unserer <strong>Diözese</strong> auf sich hat,<br />
erläutert Melanie Lorenz, ebenfalls Referentin<br />
beim BDKJ. Und wie dieses<br />
Programm mit Leben erfüllt wird, veranschaulichen<br />
drei weitere junge Leuten,<br />
die jeweils ein Jahr in Peru, Tansania<br />
und Argentinien verbrachten<br />
(S.12-16). Die zehnte Folge in der Reihe<br />
unserer Fidei Donum-Priester bestreitet<br />
der seit 30 Jahren in Argentinien<br />
tätige Diözesanpriester Federico<br />
Freybler (S. 17-19) aus Ellwangen. Pater<br />
Franz Pfaff, ein aus Dormettingen<br />
stammender Weißer Vater, der vierzig<br />
Jahre <strong>sein</strong>es Lebens in Uganda als<br />
Missionar gewirkt hat, verarbeitet <strong>sein</strong>e<br />
Eindrücke auf <strong>den</strong> Seiten 20 bis<br />
21. Die Gruppe der pastoralen Mitarbeiter<br />
unserer <strong>Diözese</strong>, die in missionarischen<br />
Diensten stehen oder stan<strong>den</strong>,<br />
vertritt Sabina Bran<strong>den</strong>stein. Die<br />
derzeitige Pastoralreferentin in Baiersbronn<br />
kann zurückblicken auf langjährige<br />
Engagements bei <strong>den</strong> <strong>Menschen</strong><br />
in Ecuador und Kolumbien (S. 22-23).<br />
Kilian Krug, Stu<strong>den</strong>t der Katholischen<br />
Theologie in Tübingen, berichtet von<br />
<strong>sein</strong>em Pastoralpraktikum in Bolivien<br />
(S.24-25), und Diakon Klaus-Jürgen<br />
Kauß, seit 2007 mit einer halben Stelle<br />
in der Hauptabteilung Weltkirche<br />
für alle diese verschie<strong>den</strong>en Personaldienste<br />
unserer <strong>Diözese</strong> zuständig,<br />
stellt uns vor, welche Ideen hinter so<br />
genannten Exposure- und Reverse-<br />
Programmen stehen (S. 26-27). Der<br />
Kreis schließt sich, wenn zu guter Letzt<br />
vom Festakt die Rede ist aus Anlass<br />
der Gründung der „Stiftung Weltkirche<br />
in der <strong>Diözese</strong> <strong>Rottenburg</strong>-<strong>Stuttgart</strong>“<br />
am 7. November 2009 unter dem Motto:<br />
<strong>Bei</strong> <strong>den</strong> <strong>Menschen</strong> <strong>sein</strong>.<br />
Johannes<br />
Bielefeld<br />
Kommissarischer<br />
Leiter der<br />
Hauptabteilung<br />
Weltkirche<br />
1
Der Weltkirchliche Frie<strong>den</strong>sdienst der <strong>Diözese</strong> <strong>Rottenburg</strong> <strong>Stuttgart</strong><br />
Herausforderung und Chance<br />
von Jessica Ortmeyer<br />
„Gast zu <strong>sein</strong> in einer anderen Kultur,<br />
sich mit <strong>Menschen</strong> auf der anderen<br />
Welthalbkugel zu verbin<strong>den</strong>, voneinander<br />
zu lernen, Gemeinsamkeiten<br />
zu entdecken und mit ihnen das Leben<br />
zu feiern, das ist die schönste Seite<br />
der Globalisierung und das war meine<br />
wichtigste und schönste Erfahrung in<br />
Argentinien.“ Susan Leathley.<br />
Weltkirchlicher Frie<strong>den</strong>sdienst – hinter<br />
diesen Worten steht die Möglichkeit,<br />
einen solidarischen und partnerschaftlichen<br />
<strong>Bei</strong>trag zum friedlichen Zusammenleben<br />
in der Welt zu leisten. Dahinter<br />
stehen auch junge <strong>Menschen</strong>,<br />
wie z. B. Susan Leathley, Lara Sumski,<br />
Rainer Miksch und Veronika Schneider<br />
(s. S. 4-9), die sich für ein Jahr als<br />
Christen für Frie<strong>den</strong> und Gerechtigkeit<br />
einsetzen wollen. Ermöglicht wird der<br />
Weltkirchliche Frie<strong>den</strong>sdienst in Koo-<br />
Voneinander lernen und sich begegnen:<br />
Angefangen beim Tortilla machen.<br />
peration von BDKJ und Hauptabteilung<br />
Weltkirche der <strong>Diözese</strong> <strong>Rottenburg</strong>-<strong>Stuttgart</strong><br />
gemeinsam mit <strong>den</strong><br />
Partnern in Übersee.<br />
Die Geschichte des Weltkirchlichen<br />
Frie<strong>den</strong>sdienstes der <strong>Diözese</strong><br />
geht auf die Gemeinsame Synode<br />
der Bistümer in der Bundesrepublik<br />
Deutschland (1975) zurück. Damals<br />
wurde beschlossen, zeitlich begrenzte<br />
Einsatzmöglichkeiten für junge Leute<br />
im Ausland im Bereich der sozialkaritativen<br />
und pädagogischen Dien-<br />
2<br />
ste, bei Katastrophenfällen sowie im<br />
Dienst der Versöhnung und Verständigung<br />
mit anderen Völkern zu schaffen.<br />
Nach der Entsendung von vier<br />
jungen Leuten im Rahmen von „Pilotprojekten“<br />
nach Israel und Argentinien<br />
in <strong>den</strong> Jahren 1983 bis 85 wurde<br />
schließlich auf der Grundlage dieses<br />
Syno<strong>den</strong>beschlusses im Januar 1986<br />
in Zusammenarbeit zwischen <strong>den</strong> Diözesanverbän<strong>den</strong><br />
von BDKJ und Pax<br />
Christi und dem Referat weltkirchliche<br />
Aufgaben in der <strong>Diözese</strong> <strong>Rottenburg</strong>-<br />
<strong>Stuttgart</strong> ein „Dienst der Evangelisierung<br />
und des Frie<strong>den</strong>s“ eingerichtet.<br />
Daran haben bis heute über 200 junge<br />
<strong>Menschen</strong> teilgenommen.<br />
Sich für einen weltkirchlichen Frie<strong>den</strong>sdienst<br />
zu entschei<strong>den</strong>, heißt für<br />
die Freiwilligen ein Jahr in einem so<br />
genannten Entwicklungsland zu verbringen,<br />
um dort gemeinsam mit <strong>den</strong><br />
<strong>Menschen</strong> zu leben, zu beten und zu<br />
arbeiten. So sollen die Freiwilligen <strong>den</strong><br />
Alltag der <strong>Menschen</strong> in <strong>den</strong> Partnerprojekten<br />
authentisch erleben und einen<br />
Einblick in deren Lebensrealität<br />
bekommen. Die Freiwilligen arbeiten<br />
und leben in verschie<strong>den</strong>en Projekten<br />
in Lateinamerika, Afrika und Asien: so<br />
zum <strong>Bei</strong>spiel in Kirchengemein<strong>den</strong>, in<br />
sozialen, ökologischen und landwirtschaftlichen<br />
Projekten, in Gesundheitsprojekten<br />
und in der schulischen<br />
und außerschulischen Bildungsarbeit.<br />
Sie sind in die örtlichen pfarrgemeindlichen<br />
Strukturen eingebun<strong>den</strong><br />
und wohnen in Familien, im Pfarrhaus<br />
oder in <strong>den</strong> Projekten. Vor Ort wer<strong>den</strong><br />
die Freiwilligen durch Mentoren<br />
unterstützt, die sie bei der Arbeit und<br />
dem Einfin<strong>den</strong> in die fremde Kultur<br />
begleiten. Dem Weltkirchlichen Frie<strong>den</strong>sdienst<br />
liegt das christliche <strong>Menschen</strong>bild<br />
zugrunde. Zentral ist die<br />
Überzeugung, dass jeder Mensch die<br />
gleiche Würde besitzt und dass aus<br />
diesem Grunde die <strong>Menschen</strong>rechte<br />
für Jede und Je<strong>den</strong> gelten. Dort, wo<br />
das (noch) nicht gewährleistet ist, sind<br />
<strong>Menschen</strong> aufgerufen, sich für die Änderung<br />
der Verhältnisse einzusetzen.<br />
Das gilt insbesondere für Christen und<br />
Christinnen, da Kirche sich heutzutage<br />
als Weltkirche versteht. Dabei sind<br />
drei Aspekte von Bedeutung: Weltkir-<br />
Geschichte des Freiwilligendienstes:<br />
1985: Jährlich leisten rund 10 junge<br />
<strong>Menschen</strong> einen „Dienst<br />
der Evangelisierung und des<br />
Frie<strong>den</strong>s“ in Schwesterkirchen<br />
in Übersee und Osteuropa.<br />
2001: Seither reisen rund 15<br />
Jugendliche über <strong>den</strong> „Weltkirchlichen<br />
Frie<strong>den</strong>sdienst“<br />
(WFD) aus.<br />
2007: Ausbau der WFD-Stellen auf<br />
20 Freiwillige pro Jahr.<br />
2008: Anerkennung des BDKJ<br />
<strong>Rottenburg</strong>-<strong>Stuttgart</strong> als Entsendeorganisation<br />
für <strong>den</strong><br />
entwicklungspolitischen Freiwilligendienst<br />
„weltwärts“.<br />
che als Lerngemeinschaft, Weltkirche<br />
als Solidargemeinschaft und Weltkirche<br />
als Gebetsgemeinschaft.<br />
Im Sommer 2009 sind 20 junge<br />
Frauen und Männer zu einem weltkirchlichen<br />
Frie<strong>den</strong>sdienst entsandt<br />
wor<strong>den</strong>. Die jungen <strong>Menschen</strong> aus<br />
der <strong>Diözese</strong> <strong>Rottenburg</strong>-<strong>Stuttgart</strong>, die<br />
meisten frischgebackene Abiturienten,<br />
hatten sich seit Januar auf ihren Einsatz<br />
in Übersee vorbereitet. Neben interkultureller<br />
Kommunikation stan<strong>den</strong><br />
auch Themen wie Spiritualität bis hin<br />
zum Koffer-Packen in <strong>den</strong> Seminaren<br />
auf dem Programm.<br />
Das zweite Ziel des Weltkirchlichen<br />
Frie<strong>den</strong>sdiensts knüpft direkt an<br />
<strong>den</strong> Erfahrungen und dem Gelernten<br />
der Rückkehrer und Rückkehrerinnen<br />
an. Sie wer<strong>den</strong> motiviert, ihre Erfahrungen<br />
in die entwicklungspolitische<br />
und weltkirchliche Arbeit in Deutschland<br />
einzubringen und als Botschafter<br />
für die Dringlichkeit von entwicklungspolitischem<br />
Engagement einzustehen.<br />
Der Weltkirchliche Frie<strong>den</strong>sdienst endet<br />
nicht mit der Ankunft am Flughafen.<br />
Vielmehr haben internationale<br />
Freiwilligendienste einen prozessorientierten<br />
und offenen Charakter des Lernens,<br />
der sich über das ganze Leben<br />
erstrecken kann. Der BDKJ schafft für<br />
zurückgekehrte Freiwillige im Bereich<br />
„Globales Lernen“ Impulse, damit ein<br />
persönliches Wachstum möglich wird,
damit die Rückkehrer und Rückkehrerinnen<br />
die Gesellschaft aktiv mit gestalten<br />
und soziale Mitverantwortung einüben<br />
können. Dem folgend engagieren<br />
sich die zurückgekehrten Freiwilligen in<br />
der jährlich stattfin<strong>den</strong><strong>den</strong> Jugendaktion.<br />
<strong>Bei</strong> der Jugendaktion 2009, z. B.,<br />
haben sie, ganz wie das Motto lautete,<br />
gezeigt, dass „Wasser kein trockenes<br />
Thema“ ist. <strong>Bei</strong> der großen Auftaktveranstaltung<br />
in <strong>Stuttgart</strong> im Rahmen der<br />
bundesweiten Eröffnung der Misereor-<br />
Fastenaktion haben über 100 Jugendliche<br />
aus unserer <strong>Diözese</strong> im Herzen<br />
der Landeshauptstadt eine Wasserkarawane<br />
auf die <strong>Bei</strong>ne gestellt. Blau gekleidete<br />
Trommler, Jongleure, Stelzenläufer<br />
und Großpuppenträger machten<br />
mit einem lauten „Wasser ist Leben –<br />
Wasser ist <strong>Menschen</strong>recht!“ auf das<br />
Thema „Wasserkonsum“ aufmerksam.<br />
Mit der Einführung des neuen<br />
entwicklungspolitischen Freiwilligendienstes<br />
„weltwärts“ im Jahr 2008<br />
entstan<strong>den</strong> zugleich neue Chancen<br />
und Herausforderungen nicht nur für<br />
uns, sondern auch für andere Träger<br />
und die Freiwilligen selbst. Mehr Jugendliche<br />
sollen mit dem Förderprogramm<br />
des Bundesministeriums für<br />
wirtschaftliche Zusammenarbeit und<br />
Entwicklung (BMZ) die Chance erhalten,<br />
ohne eine Kostenhürde einen<br />
Freiwilligendienst machen zu können.<br />
Der damit entstehende Anstieg der<br />
Freiwilligenzahlen ist gleichzeitig eine<br />
Herausforderung für Träger, dass der<br />
Freiwilligendienst in Zukunft nicht als<br />
ein „All-inclusive“-Angebot begriffen<br />
wird. Besonders vor dem Hintergrund<br />
20 junge <strong>Menschen</strong><br />
haben sich im Sommer<br />
aufgemacht, um<br />
für ein Jahr mitzubeten,<br />
mitzuleben und mitzuarbeiten.<br />
der aktuellen Diskussion, in der jungen<br />
<strong>Menschen</strong> vorgehalten wird, einen<br />
Freiwilligendienst hauptsächlich wegen<br />
des eigenen Lebenslaufes zu tun. Deshalb<br />
müssen wir uns der Frage stellen,<br />
wie gerade dann das Bewusst<strong>sein</strong> der<br />
Freiwilligen für ihre eigene Verantwortung<br />
gestärkt und die Vision, die hinter<br />
dem Freiwilligendienst steht, verwirklicht<br />
wer<strong>den</strong> können. Es geht doch darum,<br />
ein Lerndienst zu <strong>sein</strong>, bei dem<br />
junge <strong>Menschen</strong> ihrer Verantwortung<br />
als Christen gerecht und zu einem solidarischen<br />
Handeln motiviert wer<strong>den</strong>.<br />
Da das BMZ momentan einen einseitigen<br />
Freiwilligendienst vom Nor<strong>den</strong><br />
in <strong>den</strong> Sü<strong>den</strong> fördert, gibt es bei uns<br />
erste Überlegungen, einem dadurch<br />
möglicherweise geförderten „Ethnozentrismus“<br />
entgegenzuwirken. Als<br />
katholische Entsendeorganisation stehen<br />
wir in der Verantwortung, die Weltkirche<br />
gemeinsam zu gestalten: Diese<br />
Verantwortung endet nicht bei einem<br />
einseitigen Freiwilligendienst, sondern<br />
erfordert einen partnerschaftlichen<br />
Austausch. Es soll ein sogenanntes<br />
Reverse-Programm aufgebaut wer<strong>den</strong>,<br />
bei dem junge <strong>Menschen</strong> aus <strong>den</strong><br />
Partnerländern die Möglichkeit haben,<br />
einen Freiwilligendienst in Deutschland<br />
zu leisten.<br />
Darüber hinaus wer<strong>den</strong> mit der<br />
Unterstützung von „weltwärts“ Partner<br />
in Übersee in ihren Projekten gefördert<br />
und für die Begleitung Freiwilliger<br />
qualifiziert. Diese Schritte tragen dazu<br />
bei, dass eine gelebte und gleichwertige<br />
Partnerschaft verwirklicht wer<strong>den</strong><br />
kann.<br />
Der Weltkirchliche Frie<strong>den</strong>sdienst<br />
Dauer: min. 12 Monate<br />
Altersstruktur: 18-27 Jahre<br />
Länder: Argentinien – Brasilien –<br />
Indien – Mexiko – Südafrika – Thailand<br />
– Uganda<br />
Einsatzstellen: Kirchengemein<strong>den</strong>,<br />
Sozialarbeit, Ökologische Projekte,<br />
Arbeit mit behinderten <strong>Menschen</strong>,<br />
Bildungsarbeit, Projekte mit Jugendlichen<br />
und Kindern<br />
Bewerbungen: Für die Ausreise im<br />
darauffolgen<strong>den</strong> Jahr ist der Bewerbungsschluss<br />
jedes Jahr am 20.<br />
November<br />
Anerkennung für: Weltwärts und<br />
<strong>den</strong> „Anderen Dienst im Ausland“<br />
„Weltwärts“ bietet neue Chancen<br />
und Herausforderungen, in deren Rahmen<br />
die Qualität von internationalen<br />
Freiwilligendiensten weiter verbessert<br />
wer<strong>den</strong> kann. Eine Möglichkeit für alle<br />
Beteiligten, mit daran zu arbeiten und<br />
zu wachsen.<br />
Jessica Ortmeyer, Diplom-Pädagogin,<br />
ist seit 2008 als Bildungsreferentin<br />
beim BDKJ für <strong>den</strong> Weltkirchlichen<br />
Frie<strong>den</strong>sdienst und Globales Lernen<br />
zuständig. Ihre Begeisterung für <strong>den</strong><br />
Freiwilligendienst ist durch ihren eigenen<br />
Einsatz als Missionarin auf Zeit<br />
(MaZ) mit dem Bistum Münster für 1 ½<br />
Jahre in Mexiko entstan<strong>den</strong>.<br />
3
Pattaya –<br />
Eine Stadt, in der sich Himmel und Hölle begegnen<br />
von Lara Sumski<br />
Rote Lichter, laute Musik und<br />
zahlreiche <strong>Menschen</strong> auf der Straße,<br />
durchmischt von Rufen wie „Welcome<br />
sexy man, sit down! “, empfangen einen,<br />
wenn man gegen Abend in der<br />
Stadt Pattaya, 180 km südlich von<br />
Bangkok, ankommt. Dieser Ort hat<br />
sich in <strong>den</strong> letzten 20 Jahren zu dem<br />
größten Sexzentrum Asiens entwickelt.<br />
Die Amerikaner bezeichneten ihn einst<br />
als „the city of pleasure“. Dem wür<strong>den</strong><br />
mit Sicherheit die meisten Touristen,<br />
die nach Pattaya kommen, auch heute<br />
noch zustimmen, <strong>den</strong>n dort findet man<br />
schöne Strände, vergleichsweise günstige<br />
Unterkünfte mit drei, vier und fünf<br />
Sternen, gigantische Einkaufszentren<br />
und reihenweise Wellness-Angebote.<br />
Doch für die meisten Touristen ist Pattaya<br />
aus einem anderen Grund ein<br />
Traumziel: Unvorstellbar viele Frauen,<br />
Männer und Kinder sind gezwungen,<br />
auf der Straße, in Bars, Clubs oder<br />
Bordellen ihren Körper zu verkaufen.<br />
Aus deren Leid erwächst für die Sextouristen<br />
– bewusst oder unbewusst<br />
- der Höhepunkt ihres Genusses. Und<br />
diesen Genuss suchen viele: 4 Millionen<br />
Übernachtungen pro Jahr, Männer<br />
von 60 – 90 überwiegend, aber<br />
4<br />
auch junge und Männer vom Typ „braver<br />
Familienvater“. Die meisten Gäste<br />
kommen aus Deutschland, an 2. Stelle<br />
Engländer, dann Russen…<br />
In dieser Stadt, wurde für die<br />
Frauen, die an ihrem Leben in der Glitzerwelt<br />
von Sex, Kommerz und Macht<br />
oft fast zerbrechen und zu deren alltäglichem<br />
Leben Gewalt, Armut und<br />
Leid zählen, eine Oase geschaffen:<br />
Das Fountain-of-Life-Women-Center.<br />
Dies ist eine Schule, die von <strong>den</strong><br />
Schwestern vom Guten Hirten gegründet<br />
wurde, ein Ort, an dem die Frauen<br />
Halt, Zuspruch, Respekt und Liebe fin<strong>den</strong>.<br />
Ich hatte das Glück, dass ich an<br />
diesem Ort ein Jahr als „weltkirchliche<br />
Frie<strong>den</strong>sdienstlerin“ leben und helfen<br />
durfte. In dieser Schule können die<br />
Frauen eine Ausbildung zur Friseurin,<br />
Masseurin oder Schneiderin machen,<br />
sowie die Sprachen Thai (Schreiben<br />
und Lesen), Englisch und Deutsch lernen.<br />
Doch neben der schulischen Ausbildung<br />
wird großer Wert darauf gelegt,<br />
die Frauen über Dinge aufzuklären, die<br />
ihr tägliches Leben betreffen. So gibt<br />
es psychologische Beratung, sexuelle<br />
Aufklärung, Informationen über Aids,<br />
<strong>Menschen</strong>handel etc. Doch beinahe<br />
am wichtigsten ist es, das Selbstbewusst<strong>sein</strong><br />
der Frauen zu stärken, ihnen<br />
klar zu machen, dass sie wie alle<br />
Rechte und Bedürfnisse haben und<br />
dass sie Grund haben, sich selbst zu<br />
lieben.<br />
Meine Aufgabe war es, Deutsch<br />
zu unterrichten, doch das war nur ein<br />
Bruchteil meiner Arbeit. Dort ist man<br />
nicht nur Lehrer, sondern auch Freund<br />
und Helfer. Was dies bedeutet, möchte<br />
ich anhand der Geschichte einer<br />
meiner Schülerinnen erklären:<br />
Lara Sumski im Projekt in Pattaya,<br />
Thailand.
Thailand<br />
Königreich Thailand – Ratcha<br />
Anachak Thai<br />
Staatsform: Konstituionelle<br />
Monarchie<br />
Amtssprache: Thai<br />
Hauptstadt : Bangkok<br />
( Auf Thai : Krung Thep)<br />
Fläche: 513.115 km²<br />
Einwohnerzahl: 64.185.502<br />
( Juli 2005)<br />
Bevölkerungsdichte:<br />
125,1 Einwohner pro km²<br />
Religionen : Theravada-Buddhismus<br />
94 % der Bevölkerung<br />
Islam 5 % der Bevölkerung<br />
Christen 0,6 % der Bevölkerung<br />
Hindus 0,1 % der Bevölkerung<br />
Katholische Kirche:<br />
2 Erzdiözesen<br />
8 <strong>Diözese</strong>n<br />
298 559 Katholiken<br />
Meine Schülerin Poan<br />
Als ich im August 2008 meine erste<br />
Klasse begann, hatte ich eine Schülerin<br />
namens Poan. Man konnte ihr<br />
leicht ansehen, dass sie sich im Unterricht<br />
sehr unwohl fühlte. Sie hatte keinerlei<br />
Selbstbewusst<strong>sein</strong> und glaubte<br />
nicht an sich selbst. Nach einem Jahr<br />
Deutschunterricht konnte sie weder<br />
lesen, noch schreiben, noch sprechen.<br />
Wenn ich sie aufrief, war sie so<br />
aufgeregt, dass ihre Lippen zitterten.<br />
Eines der wenigen Worte, die sie sagen<br />
konnte, war „Dummkopf“. (Dies ist<br />
keine Seltenheit. Häufig nennen deutsche<br />
Männer ihre Frauen „Dummkopf“,<br />
vielleicht, weil sie sich ärgern, dass<br />
in Thailand die Frauen nicht deutsch<br />
sprechen.) Glücklicherweise konnte<br />
ich Poan dazu bewegen, noch einmal<br />
<strong>den</strong> Beginner-Deutschkurs mitzumachen.<br />
Sie lernte, die ersten Wörter zu lesen,<br />
und schon von diesem Augenblick<br />
konnte ich ihr Selbstbewusst<strong>sein</strong><br />
wachsen sehen. Sie sagte mir, dass<br />
sie dachte, sie sei ein Dummkopf und<br />
ihr Kopf sei kaputt. Nun bemerkte sie<br />
aber, dass sie schon Vieles versteht<br />
und Fortschritte macht. Sie begann,<br />
auch im Center Verantwortung zu<br />
übernehmen und war immer eine der<br />
ersten, die im großen Schülermeeting<br />
vor <strong>den</strong> anderen sprach.<br />
Für mich war es ein unglaublich<br />
schönes Gefühl zu sehen, wie sie sich<br />
entwickelt hat! Es hat mir sehr viel Kraft<br />
gegeben und mich so sehr von der Arbeit,<br />
die wir hier machen, überzeugt!<br />
Doch ihre Entwicklung ist noch<br />
nicht zu Ende. Eines Tages kam sie zu<br />
mir und erzählte, dass sie jetzt auf eine<br />
Volksschule geht, um Thai und Mathe<br />
zu lernen. Dies macht sie, um danach<br />
an die Uni gehen zu können. Sie berichtete<br />
mir auch, dass sie ihrem deutschen<br />
Ehemann davon erzählte und<br />
dieser gesagt habe, dass sie doch zu<br />
alt wäre, um in die Schule zu gehen.<br />
Sie hatte aber schon so viel Kraft, um<br />
ihn davon zu überzeugen, wie wichtig<br />
dies für sie ist.<br />
Letzte Woche kam sie dann auf<br />
dem Gang mit strahlen<strong>den</strong> Augen auf<br />
mich zu. Sie umarmte mich und sagte<br />
mir, dass sich einer ihrer Träume erfüllt<br />
hätte. Poan macht jetzt eine Ausbildung<br />
zur Altenpflegerin.<br />
Sie hat es geschafft, <strong>den</strong> Schritt in<br />
die Unabhängigkeit zu wagen. Nicht<br />
ganz vom Tellerwäscher zum Millionär,<br />
aber von der komplett abhängigen<br />
Ehefrau zu einer eigenständigen und<br />
selbstbewussten Frau.<br />
Wir als Freiwillige leben an der<br />
Grenze zwischen dem schönen und<br />
dem hässlichen Gesicht der Stadt. Wir<br />
sehen das Luxusleben und das Leid.<br />
Man kennt beide Seiten, die eine von<br />
Zuhause aus Deutschland und die andere<br />
von <strong>den</strong> Schülerinnen. Wir sehen<br />
die <strong>Menschen</strong> aus unserer Gesellschaft<br />
und die aus derjenigen, in die<br />
wir uns integrieren. In dieser Position<br />
kann man Vieles beobachten, da man<br />
Einblicke in „beide Welten“ hat.<br />
Lara Sumski, von Juli 2008 bis Juli<br />
2009 Freiwillige im Weltkirchlichen<br />
Frie<strong>den</strong>sdienst In Pattaya, Thailand.<br />
5
Eine Begegnung der anderen Art<br />
von Rainer Miksch<br />
Die <strong>Diözese</strong> Neuquen liegt in Patagonien<br />
im Sü<strong>den</strong> Argentiniens. Gut<br />
zwei Drittel der Bevölkerung leben in<br />
der Hauptstadt Neuquén selbst. Auf<br />
dem Land sind kleine verstreute Ortschaften<br />
zu fin<strong>den</strong>. Da diese Region<br />
zu <strong>den</strong> angestammten Siedlungsgebieten<br />
der Mapuche gehört, gibt es<br />
hier noch zahlreiche indianische Gemeinschaften.<br />
Die meisten leben in<br />
tiefer Armut, ohne Rechte und zumeist<br />
ohne Landbesitz. Die <strong>Diözese</strong> gewährleistet<br />
das Leben und <strong>den</strong> Dienst in der<br />
Kirche in Verkündung, Gottesdienst<br />
und Diakonie.<br />
Rainer Miksch stammt aus Göppingen<br />
und ist gerade erst von <strong>sein</strong>em<br />
13monatigen Weltkirchlichen<br />
Frie<strong>den</strong>sdienst aus Neuquen zurückgekehrt.<br />
Er berichtet über einen <strong>sein</strong>er<br />
besonderen Momente während<br />
<strong>sein</strong>es Dienstes. In einem Projekt an<br />
zwei Schulen in <strong>den</strong> Armenvierteln der<br />
Provinzhauptstadt hat er dort mitgearbeitet.<br />
In <strong>den</strong> Sommerferien hat er die<br />
Landpastoral mit <strong>den</strong> Mapuche-Indianern<br />
im Landesinneren begleitet.<br />
Auf <strong>den</strong> ersten Blick scheint er<br />
wie alle einfachen Jungen in <strong>den</strong> Ar-<br />
6<br />
menvierteln Neuquéns auszusehen:<br />
die Schirmmütze leicht nach oben<br />
deutend, die braungebrannte Haut<br />
und die schwarzen Haare, eine breite<br />
Kapuzenjacke, eine schmutzige<br />
und zerrissene Jeans und die Sportschuhe.<br />
Doch Walther, 20 Jahre alt, ist<br />
Mapuche-Indianer und lebt mit <strong>sein</strong>er<br />
Familie in der Natur fernab von Dörfern<br />
und Städten, selbst zur nahe gelegenen<br />
Landstraße sind es mehrere<br />
Kilometer. Das Haus ist aus Holzbrettern<br />
und Plastikplanen entstan<strong>den</strong> und<br />
wurde mit der Zeit mit Betonwän<strong>den</strong><br />
verbessert. Für eine sehr große Familie,<br />
hier leben mehrere Generationen<br />
unter einem Dach, ein sehr kleines zu<br />
Hause.<br />
Natürlich spielt sich der Großteil<br />
des Mapuche-Lebens im Freien ab,<br />
beim Ausreiten wer<strong>den</strong> die Ziegenher<strong>den</strong><br />
wieder eingefangen, die Pferde<br />
trainiert, neues Wasser geschöpft, die<br />
Grenzzäune gerichtet, Holz für <strong>den</strong><br />
langen und harten Winter gehackt, obwohl<br />
selbst der Sommer Temperaturen<br />
von über 40°C im Schatten erreicht.<br />
<strong>Bei</strong> der Arbeit streicht einem ständig<br />
der starke Wind Patagoniens über<br />
die Haut. Auch das sieht man Walther<br />
an, schon jung an Jahren, hilft er <strong>sein</strong>er<br />
Familie täglich bei <strong>den</strong> zu erledigen<strong>den</strong><br />
Arbeiten.<br />
Da musste natürlich schon geschmunzelt<br />
wer<strong>den</strong>, wenn ich über<br />
Training<strong>sein</strong>heiten auf der Laufbahn<br />
und im Fitnessstudio sprach, um<br />
sportlicher zu wer<strong>den</strong>, als auch <strong>den</strong><br />
Bräunung<strong>sein</strong>heiten, die manch einer<br />
von uns zu Hause pflegt.<br />
Begegnungen mit <strong>den</strong><br />
Mapuche-Indianern.
Argentinien<br />
Argentinische Republik – República<br />
Argentina<br />
Staatsform: Präsidiale Bundesrepublik<br />
Amtssprache: Spanisch<br />
Hauptstadt: Buenos Aires<br />
Fläche: 2.780.400km²<br />
Einwohnerzahl 40.134.425 ( 2007 )<br />
Bevölkerungsdichte: 14 Einwohner<br />
pro km²<br />
Religionen: Katholische Kirche 90 %<br />
der Bevölkerung<br />
Protestantische Kirche 6 % der Bevölkerung<br />
Ju<strong>den</strong>tum 0,5 % der Bervölkerung<br />
Katholische Kirche:<br />
14 Erzdiözesen<br />
54 <strong>Diözese</strong>n<br />
36.120.000 Katholiken<br />
Begegnung<br />
Doch einmal ganz ehrlich: viel gesprochen<br />
habe ich mit Walther nicht. Das<br />
liegt überhaupt nicht daran, dass wir<br />
uns nicht für die jeweils andere Kultur<br />
interessierten, sondern schlicht daran,<br />
dass ich versuchte mich bestmöglich<br />
<strong>den</strong> dortigen Lebensverhältnissen und<br />
Gewohnheiten anzupassen.<br />
Ich erinnere mich sehr gut, als ich<br />
mit Walther in <strong>den</strong> frühen Morgenstun<strong>den</strong><br />
vor dem Beginn einer religiösen<br />
Zeremonie gemeinsam bei Tee und<br />
Feuer <strong>den</strong> Tag beginnen ließ.<br />
Wir saßen uns über eine Stunde<br />
alleine gegenüber, da Teile <strong>sein</strong>er Familie<br />
noch schliefen, oder mit der einen<br />
oder anderen Vorbereitung beschäftigt<br />
waren, dabei tranken wir gemeinsam<br />
<strong>den</strong>, auch für Mapuche-Indianer<br />
üblichen, Maté-Tee: das argentinische<br />
Nationalgetränk, serviert in einem Behälter,<br />
z.B. aus Kürbisschale, mit getrockneten<br />
Blättern, heißem Wasser<br />
aufgegossen und mit einer kleinen<br />
Pfeife gemeinsam getrunken und hier<br />
auf dem Land immer über die rechte<br />
Hand an <strong>den</strong> Nächsten weitergegeben.<br />
Dies ist eine sehr kommunikative<br />
Art, gemeinsam „zu frühstücken“,<br />
aber trotzdem war etwas besonders,<br />
etwas anders. Als ich da mit Walther<br />
über eine Stunde Tee trinkend dasaß,<br />
wechselten wir zwei Sätze miteinander,<br />
nur zwei schlichte Sätze, einmal<br />
zum Thema Fußball und zum Wetter:<br />
„Der Wind scheint sehr stark zu <strong>sein</strong><br />
heute, sicherlich schneit es im Hochgebirge“<br />
und die dazu immergleiche<br />
Antwort: „Das ist gut so, der Erde fehlt<br />
es“.<br />
Mitleben, mitbeten und mitarbeiten. Rainer Miksch in Argentinien.<br />
Da würde jetzt manch einer sagen,<br />
dass dieses Gespräch eigentlich gar<br />
keines sei, doch bedarf es bei einem<br />
Gespräch mit einem Mapuche-Indianer<br />
gar nicht so vieler Worte.<br />
Es ist eine ganz andere Form des<br />
miteinander sprechens, des sich begegnens<br />
– es ist eine Begegnung der<br />
anderen Art, mit einem <strong>Menschen</strong><br />
meines Alters.<br />
Einem sehr nahe verbun<strong>den</strong>, da<br />
man Interessen, wie die Musik und<br />
<strong>den</strong> Sport teilt, aber im Umgang miteinander<br />
feststellt, dass wir jeweils in<br />
zwei verschie<strong>den</strong>en Kulturen aufgewachsen<br />
sind.<br />
Für mich war dies eine einmalige<br />
Erfahrung und ich danke Gott dafür,<br />
dass ich mich dieser anderen Kultur<br />
und ihren <strong>Menschen</strong> wie Walther<br />
so nähern durfte und mitten in ihrem<br />
Leben war und wir in unseren Gesprächen,<br />
unseren Teezeremonien<br />
und <strong>den</strong> vielen Minuten, in <strong>den</strong>en wir<br />
einfach nur nebeneinander saßen, uns<br />
kennen lernten.<br />
Der Mapuche-Indianer und die<br />
westlich geprägte Gesellschaft, zwei<br />
Kulturen, die sich weiter austauschen<br />
sollten, doch ohne die sonst so übliche<br />
und alles zerstörende Dominanz der<br />
westlichen Kultur.<br />
Wir müssen aus unseren Fehlern<br />
lernen, wir können unsere Kultur nicht<br />
jedem <strong>Menschen</strong> „auf das Auge drücken“,<br />
<strong>den</strong>n wir sind uns der Folgen<br />
nicht bewusst und können von keiner<br />
Kultur auf der Welt sagen, welche zum<br />
ewigen Glück führt, aber auch für Gott<br />
und Jesus war die Vielfalt der <strong>Menschen</strong><br />
auf der Welt wichtig.<br />
Ich <strong>den</strong>ke, dass der Weltkirchliche<br />
Frie<strong>den</strong>sdienst mir in dieser Begegnung<br />
der anderen Art mit dem<br />
Mapuche Walther dieses Frie<strong>den</strong>stiften<br />
und Eine-Welt-Sein als Erfahrung<br />
für mein ganzes Leben mitgegeben<br />
hat.<br />
Mit <strong>den</strong> abschließen<strong>den</strong> Worten<br />
in Mapundugun, Mapuche-Sprache,<br />
möchte ich alle Brüder und Schwestern<br />
der Mapuche grüßen, dass sie<br />
ihre Kultur, Religion und Sprache mit<br />
Freiheit leben und Aufblühen lassen<br />
können.<br />
Felepe may.<br />
Rainer Miksch, von Juli 2008 bis Juli<br />
2009 Freiwilliger im Weltkirchlichen<br />
Frie<strong>den</strong>sdienst in Neuquen, Argentinien.<br />
7
„Wir können nur zu neuen Ufern aufbrechen,<br />
wenn wir bereit sind, die alten hinter uns zu lassen.“<br />
von Veronika Schneider<br />
Vor knapp zwei Jahren hatte ich noch<br />
keine Ahnung, wo Uganda liegt, doch<br />
ich wusste sicher, nach dem Abitur will<br />
ich nicht gleich an die Universität und<br />
weiterlernen, sondern ich will mehr<br />
von der Welt kennen lernen. Die Kehrseite<br />
unseres Wohlstandes – ein Jahr<br />
<strong>den</strong> afrikanischen Alltag kennen lernen!<br />
Und so kam es, dass ich am 21.<br />
Juli 08 vom BDKJ zum Weltkirchlichen<br />
Frie<strong>den</strong>sdienst nach Uganda (genauer<br />
Iganga in der <strong>Diözese</strong> Jinja) ausgesandt<br />
wurde. Uganda liegt in Ostafrika<br />
zwischen dem Kongo und Kenia, direkt<br />
am Victoria See. In Iganga wohnte<br />
ich in einem kleinen Häuschen in der<br />
Nähe des Gemeindehauses. Dort<br />
konnte ich je<strong>den</strong> Tag essen und mitleben.<br />
13 wundervolle Monate durfte ich<br />
in Iganga in einer tollen Gemeinschaft<br />
aus Priestern, Lehrerkollegen, Schülern,<br />
Waisenkindern und guten Freun<strong>den</strong>,<br />
die ugandische Realität kennen<br />
und lieben lernen. Darüber will ich nun<br />
in Ausschnitten berichten.<br />
Die Arbeit eines ugandischen<br />
Gemeindepfarrers:<br />
Mein Mentor vor Ort war der Gemeindepfarrer<br />
von Iganga, Fr. Vincent<br />
Ndanda. Ich muss sagen, eine der unglaublichsten<br />
Personen, die ich je kennen<br />
gelernt habe. Die gemeinsamen<br />
Abende im Gemeindehaus waren immer<br />
sehr lustig, egal ob beim Unospielen,<br />
bei Unterhaltungen, oder beim<br />
Abendessen. Neben ihm gibt es noch<br />
einen zweiten Pfarrer in Iganga und<br />
manch einer wird sich bestimmt wundern<br />
– dort in Uganda gibt es mehrere<br />
Pfarrer pro Gemeinde und wir in<br />
Deutschland müssen hoffen, überhaupt<br />
einen eigenen Pfarrer zu bekommen...<br />
was tun ugandische Pfarrer<br />
<strong>den</strong>n die ganze Zeit?<br />
Aber Fr. Ndanda hat immer alle<br />
Hände voll zu tun. Je<strong>den</strong> Tag gibt<br />
es mindestens einen Gottesdienst in<br />
überfüllter Kirche und an manchen Tagen<br />
sogar drei Gottesdienste in verschie<strong>den</strong>en<br />
Sprachen (Englisch und<br />
der Stammessprache Lusoga). Dazu<br />
kommen dann noch die Festgottesdienste,<br />
<strong>Bei</strong>chten, Kommunion, Firmung<br />
und Gottesdienste in <strong>den</strong> umliegen<strong>den</strong><br />
Dörfern. Zwei- bis dreimal<br />
8<br />
pro Woche fahren die Fathers in <strong>den</strong><br />
„Busch“ um dort Gottesdienst zu halten.<br />
Dabei kann es gut <strong>sein</strong>, dass man<br />
eine Stunde Autofahrt hinter sich hat,<br />
bevor man im betreffen<strong>den</strong> Dorf ankommt.<br />
Die umliegen<strong>den</strong> 58 Dörfer<br />
gehören auch zum Arbeitsgebiet der<br />
Fathers.<br />
Neben diesen vielfältigen Aufgaben<br />
in der eigenen Gemeinde hat Fr.<br />
Ndanda auch in der <strong>Diözese</strong> viel zu tun.<br />
Er hat <strong>den</strong> Vorsitz in verschie<strong>den</strong>en Arbeitskreisen,<br />
ist dort Schriftführer und<br />
hat einige hohe Ämter, deren Namen<br />
ich mir einfach nicht merken kann, nur,<br />
dass er nach dem Bischof eine der<br />
wichtigsten Personen der <strong>Diözese</strong> ist.<br />
Da er sechs Jahre lang in Rom Kirchenrecht<br />
studiert hat, bekommt er<br />
viele Gerichtsfälle der <strong>Diözese</strong> übertragen.<br />
Regelmassig geht er deshalb<br />
in Iganga, Jinja oder Kampala vor Gericht.<br />
Dabei geht es um Trickbetrug,<br />
Veruntreuung von Spen<strong>den</strong>geldern,<br />
Landraub von Kirchenland und vielem<br />
mehr.<br />
Was mich am Anfang sehr geschockt<br />
hat ist, dass in <strong>den</strong> meisten<br />
Fällen nicht nur Privatpersonen angeklagt<br />
sind, sondern auch die großen,<br />
ugandischen Banken und die Polizei<br />
selbst, tief mit drin stecken. Jedes<br />
Mal, wenn er aus dem Gericht zurück<br />
kommt, gibt es neue abenteuerliche<br />
Geschichten zu berichten. Gerichtsfälle<br />
wer<strong>den</strong> einfach auf unbestimmte<br />
Zeit verschoben, Beweismittel von der<br />
Polizei an die Verdächtigen zurückgegeben,<br />
Schmiergeldzahlungen... Inzwischen<br />
ist Father Ndanda meistens<br />
sogar selbst dabei, um der Polizei bei<br />
der Arbeit zu helfen und sie zu kontrollieren,<br />
wenn es um das Jagen wichtiger<br />
Verbrecher geht! Da frage ich mich<br />
dann oft, ist dieser Mann nun Pfarrer,<br />
Anwalt oder Polizist!? Ich bin mir sicher,<br />
er könnte inzwischen ein dickes<br />
Buch über all diese Geschichten im<br />
Zusammenhang mit dem ugandischen<br />
Rechtswesen und der Polizei schreiben!<br />
All diese Dinge wären in Deutschland<br />
un<strong>den</strong>kbar und ich hätte vor meiner<br />
Reise nach Uganda nie gedacht,<br />
was es bedeutet ein funktionierendes<br />
Rechtswesen und eine zuverlässige<br />
Polizei zu haben!<br />
Schulalltag in Iganga:<br />
Während meinem Jahr in Uganda<br />
war eine meiner Aufgaben das Unterrichten<br />
an 2 verschie<strong>den</strong>en Schulen.<br />
Zunächst unterrichtete ich an St.<br />
Francis, wie viele Schulen in Uganda<br />
eine „Boarding School“ das heißt, die<br />
Schülerinnen übernachten auch an<br />
der Schule und gehen nur in <strong>den</strong> Ferien<br />
nach Hause zu ihren Eltern. Nach<br />
St. Francis gehen nur Mädchen (11<br />
-18 Jahren), welche die siebenjährige<br />
Grundschule schon abgeschlossen<br />
haben. Ich schätze es sind insgesamt<br />
250 Mädchen, allesamt in grünen Uniformen.<br />
Meine zweite Schule, Greenfields<br />
High School, ist eine geschlechtlich<br />
gemischte Schule mit Internat- und<br />
Tagesschülern. Man kann dort <strong>sein</strong> O-<br />
Level, (entspricht etwa dem Realschulabschluss)<br />
und auch <strong>sein</strong> A-Level (Abitur)<br />
machen. So gibt es etliche Schüler,<br />
die älter waren als ich. Dadurch,<br />
dass nur die Hälfte der über 500 Schüler<br />
zum eintönigen Mittagessen aus<br />
„Reisbrei und Bohnen“ an der Schule<br />
bleiben und abends wieder nach Hause<br />
gehen, ist auch der Internatsalltag<br />
für die „Boardingstu<strong>den</strong>ts“ nicht so<br />
eintönig und vom Rest der Welt abgeschnitten,<br />
wie in St. Francis.<br />
Immer, wenn ich an die Schulen<br />
kam, war ich für einige Stun<strong>den</strong><br />
beschäftigt - auch ohne Unterricht.<br />
Entweder ich unterhielt mich mit <strong>den</strong><br />
Schülern, spielte Karten oder ging joggen.<br />
Besonders gerne hatte ich die<br />
Athletikwettbewerbe oder die Tanz-
und Musikeinlagen der Mädchen. An<br />
bei<strong>den</strong> Schulen habe ich in drei verschie<strong>den</strong>en<br />
Klassen (8- 10) Mathematik<br />
und Biologie unterrichtet. Auch<br />
wenn das Unterrichten nicht immer<br />
einfach war, war es eine spannende<br />
Erfahrung für mich.<br />
Womit hat man als Lehrer an einer<br />
ugandischen Schule so zu kämpfen?<br />
Die Tafel wackelt, die Kreide ist sehr<br />
staubig, staubt sowohl Rock als auch<br />
Bluse, sogar die Brillengläser ein und<br />
macht die Hände trocken. Dann gibt<br />
es keinen Tafellappen, dafür musste<br />
anfangs ein einfaches, zusammengeknülltes<br />
Blatt Papier oder der Handrücken<br />
dienen. Und natürlich, wie wohl<br />
in allen Ländern, sind die Schüler nicht<br />
immer lieb, nett und leise. <strong>Bei</strong> einer<br />
Klassengröße von bis zu 150 Schülern<br />
und Schülerinnen, also etwa das fünffache<br />
einer deutschen Schulklasse,<br />
machen sie auch mindestens so viel<br />
Lärm. Das Klassenzimmer einer ugandischen<br />
Schulklasse ist trotz der vielen<br />
Kinder nur unwesentlich größer, als in<br />
Deutschland. Die Schulbänke stehen<br />
dicht an dicht, man kann kaum dazwischen<br />
hindurchgehen und in einer für 2<br />
Schüler gedachten Schulbank, können<br />
auch drei Kinder sitzen. Dennoch versuchte<br />
ich mein Bestes, um einen abwechslungsreicheren<br />
Unterricht zu liefern<br />
als meine ugandischen Kollegen.<br />
Ich stellte mich nicht nur vor die Klasse<br />
und diktierte <strong>den</strong> Schülern stur langweilige<br />
Geschichtsdaten! Wir haben<br />
immer viele Aufgaben, <strong>Bei</strong>spiele und<br />
Bio-Praktika gemacht. Die Schüler der<br />
8. Klasse waren sogar so begeistert<br />
von ihrer selbstgebauten Pflanzenzelle,<br />
dass sie schnellstens die Funktionen<br />
und das Aussehen der einzelnen<br />
Zellorganellen gelernt hatten.<br />
Veronika<br />
Schneider<br />
und ihre<br />
Schüler und<br />
Schülerinnen<br />
in Iganga.<br />
Auch wenn das Unterrichten oft<br />
schwierig war, habe ich vieles gelernt.<br />
Durch die Arbeit an der Schule hat<br />
man die Möglichkeit, die Zukunftsträger<br />
der ugandischen Gesellschaft zu<br />
beeinflussen und kann <strong>den</strong> Schülern<br />
als Vorbild dienen und im Unterricht<br />
viele Werte mit auf <strong>den</strong> Weg geben,<br />
die Uganda weiterhelfen können. „Wir<br />
können nur zu neuen Ufern aufbrechen,<br />
wenn wir bereit sind, die alten<br />
hinter uns zu lassen.“ – Ihr könnt nur<br />
etwas an eurem Umfeld ändern, wenn<br />
ihr das Alte aufgebt und euch anstrengt,<br />
um an euren Zielen zu arbeiten.<br />
Wenn sie durch mich gelernt haben,<br />
dass Unterricht auch Spaß machen<br />
kann, der Lehrer nicht immer Recht<br />
hat und auch ihr eigenes Gehirn sehr<br />
viel leisten kann, dann sehe ich meine<br />
Aufgabe als erfüllt an.<br />
Die tägliche „Arbeit“ als Mzungu:<br />
In einem Jahr in Uganda wird man zwar<br />
an <strong>den</strong> Armen und <strong>Bei</strong>nen deutlich<br />
brauner, doch man bleibt immer weiß.<br />
Je<strong>den</strong> Tag wird man daran erinnert,<br />
dass man doch nie ganz dazu gehören<br />
wird, weil man eine andere Hautfarbe<br />
hat. Man wird bewundert, bevorzugt,<br />
blöd angemacht, man muss höhere<br />
Preise bezahlen und wird ständig<br />
anders behandelt. Man ist weiß!<br />
Gerade deshalb war es mir sehr<br />
wichtig ein anderes Bild, als das typische<br />
Klischee eines Mzungus (Weißen),<br />
zu vermitteln. Das Klischee, dass<br />
ein Mzungu immer Geld und Süßigkeiten<br />
hat und nichts selbst von Hand<br />
macht, sondern für alles Maschinen<br />
hat und ihm alles zufliegt, ist leider<br />
zu weit verbreitet. Manche <strong>Menschen</strong><br />
müssen wirklich <strong>den</strong>ken, dass Weiße<br />
keine <strong>Menschen</strong>, sondern übernatür-<br />
liche Wesen vom andern Stern sind.<br />
Es hat viele Stun<strong>den</strong> Gartenarbeit gekostet,<br />
bis ich die Or<strong>den</strong>schwestern<br />
und Nachbarn anerkennend sagen<br />
hörte, dass sogar ein Mzungu hacken<br />
kann, einen eigenen Tomatengarten<br />
hat und die Hacke ja sogar so in<br />
der Hand hält, wie die Einheimischen.<br />
Mal koche ich für die Fathers, mal backe<br />
ich für meine Schüler, man fährt<br />
Fahrrad (eine or<strong>den</strong>tliche Herausforderung:<br />
Man muss aufpassen, dass<br />
sich der Rock nirgends verfängt oder<br />
gar vom Fahrtwind der vorbeifahren<strong>den</strong><br />
Lastwagen hochgeweht wird und<br />
sich gleichzeitig auf die Schlaglöcher<br />
und <strong>den</strong> Linksverkehr konzentrieren,<br />
der oft nach <strong>sein</strong>en ganz eigenen Regeln<br />
funktioniert.), quetscht sich ins<br />
Sammeltaxi, verhandelt sehr hart um<br />
<strong>den</strong> Preis, wäscht selbst, legt sich eine<br />
ugandische Frisur zu, macht Fehler,<br />
hackt, jätet Unkraut, tanzt zu ugandischer<br />
Musik, geht aufs Plumpsklo ...<br />
so versuchte ich im Prinzip ständig zu<br />
vermitteln, dass Weiße anders sind/<br />
<strong>sein</strong> können, wie ein Ugander <strong>den</strong>kt.<br />
Besonders wichtig sind dabei auch<br />
Gespräche mit Lehrern, Schülern, im<br />
Alltag und man scheint nicht oft genug<br />
erzählen zu können, das Mzungus<br />
auch ganz normale <strong>Menschen</strong> sind,<br />
die nicht mit Schweinen re<strong>den</strong> (Wie<br />
im Film von „Babe“ oder „Dr. Dolittle“)<br />
oder gar fliegen können (Batman) und<br />
nicht dem neuesten Hollywood Film<br />
entsprungen sind, sondern auch ihre<br />
Probleme haben und nach<strong>den</strong>ken<br />
müssen! Eine Aufgabe, mit der man<br />
auch nach über einem Jahr nie fertig<br />
wird, egal wie lange man in Uganda,<br />
der Perle Afrikas, bleibt.<br />
Doch nach einem Jahr in Uganda<br />
fühlte ich mich sehr wohl in „neuer,<br />
gewohnter“ Umgebung, hatte meine<br />
Rolle gefun<strong>den</strong>, mich eingelebt,<br />
als Weißer in der frem<strong>den</strong> Kultur der<br />
Basoga. Manche <strong>Menschen</strong> sind mir<br />
als Freunde, oder sogar fast als Familie<br />
so sehr ans Herz gewachsen, dass<br />
es sehr schwer fiel wieder zurück nach<br />
Deutschland zu gehen. So hatte ich<br />
die große Chance in die afrikanische<br />
Lebenswelt einzutauchen und konnte<br />
weit mehr sehen, als bei einer Reise je<br />
möglich wäre. Viele Vorurteile können<br />
so abgebaut wer<strong>den</strong> – ein wirklicher<br />
Frie<strong>den</strong>sdienst.<br />
Veronika Schneider, von Juli 2008 bis<br />
Juli 2009 Freiwillige im Weltkirchlichen<br />
Frie<strong>den</strong>sdienst in Iganga, Uganda.<br />
9
Voneinander Lernen in der Weltkirche –<br />
eine Serviceleistung der besonderen Art<br />
von Melanie Lorenz<br />
Die weltkirchliche Arbeit lebt vom Dialog<br />
zwischen Süd und Nord, Ost und<br />
West ebenso wie von der Vernetzung<br />
und dem Voneinander-Lernen in der<br />
<strong>Diözese</strong>.<br />
Viele Akteure in unserer <strong>Diözese</strong><br />
haben bereits sehr lange Erfahrungen<br />
mit partnerschaftlichen Beziehungen<br />
zu Kirchen in Lateinamerika, Afrika und<br />
Asien.<br />
Eine Freiwillige im Einstz in Uganda.<br />
Or<strong>den</strong>sgemeinschaften und Gemein<strong>den</strong>,<br />
aber auch kirchliche Vereine,<br />
Initiativen oder Schulen engagieren<br />
sich im Austausch mit <strong>Menschen</strong> der<br />
Kirchen anderer Kontinente oder sind<br />
in der Eine-Welt-Arbeit aktiv.<br />
Im Rahmen dieses Engagements<br />
haben viele der genannten Akteure<br />
auch bereits langjährige Erfahrungen in<br />
der Entsendung von Freiwilligen. Andere<br />
haben gerade <strong>den</strong> Anfang gemacht,<br />
weltkirchliche Freiwilligendienste anzu-<br />
10<br />
bieten, und wieder andere machen die<br />
ersten Schritte zur Vorbereitung eines<br />
Freiwilligendienstes.<br />
Gemeinsam ist <strong>den</strong> Trägern, dass<br />
sie jungen Erwachsenen die Möglichkeit<br />
bieten möchten, persönlich zu lernen<br />
und Erfahrungen in der weltkirchlichen<br />
Zusammenarbeit im Ausland zu<br />
machen.<br />
Diese Erfahrungen junger <strong>Menschen</strong><br />
stellen eine wichtige Ressource<br />
für die weltkirchliche Arbeit und das<br />
globale Bewusst<strong>sein</strong> in der <strong>Diözese</strong><br />
<strong>Rottenburg</strong>-<strong>Stuttgart</strong> dar.<br />
Um die unterschiedlichen Akteure<br />
in dieser wichtigen Arbeit zu unterstützen<br />
und eine Vernetzung im Voneinander-Lernen<br />
in der <strong>Diözese</strong> zu ermöglichen,<br />
wurde im Jahr 2008 die<br />
„Servicestelle Weltkirchlicher Freiwilligendienste“<br />
durch die Hauptabteilung<br />
Weltkirche und <strong>den</strong> Bund der deutschen<br />
katholischen Jugend (BDKJ)<br />
eingerichtet.<br />
Diese Servicestelle hat zum Ziel,<br />
<strong>den</strong> Trägern eine gezielte Entsendung<br />
der Freiwilligen in Projekte ihrer Partner<br />
in Übersee zu ermöglichen.<br />
Durch <strong>den</strong> Zusammenschluss der<br />
Träger im Trägerkreis soll außerdem<br />
eine Basis für das Voneinander-Lernen<br />
auch innerhalb der <strong>Diözese</strong> geschaffen<br />
wer<strong>den</strong>.<br />
Die noch junge Geschichte der<br />
Servicestelle hat gezeigt, dass sie besondere<br />
Chancen, aber auch Herausforderungen<br />
bietet.<br />
Ein großer Vorteil der gemeinsamen<br />
Arbeit besteht darin, dass die<br />
organisatorische und pädagogische<br />
Vorbereitung der Freiwilligen aller Träger<br />
gemeinsam über das Angebot der<br />
Servicestelle beim BDKJ stattfindet.<br />
So ist gewährleistet, dass die Träger<br />
nicht um Plätze bei Vorbereitungsseminaren<br />
anderer großer Organisationen<br />
kämpfen müssen, sondern sich<br />
auf Plätze für eine gute Vorbereitung<br />
ihrer Freiwilligen verlassen können.<br />
Die Servicestelle bietet <strong>den</strong> Trägern<br />
die Möglichkeit, ihre Freiwilligen<br />
in gemeinsamen Seminaren gut auf ihren<br />
Dienst vorbereiten zu lassen. Dabei<br />
kooperiert sie mit <strong>den</strong> Or<strong>den</strong>, die Freiwilligendienste<br />
im Rahmen des Pro-<br />
gramms „Missionar auf Zeit“ anbieten.<br />
Außerdem unterstützt die Servicestelle<br />
die formale Anerkennung des Freiwilligendienstes.<br />
So ist der BDKJ anerkannte<br />
Entsendeorganisation für Freiwillige,<br />
die ihren Zivildienst als Anderen<br />
Dienst im Ausland machen möchten<br />
und außerdem Träger von entwicklungspolitischen<br />
Freiwilligendiensten<br />
des „Weltwärts-Programms“. Dieses<br />
wurde vom Bundesministerium für<br />
wirtschaftliche Zusammenarbeit und<br />
Entwicklung (BMZ) eingerichtet und<br />
bietet eine finanzielle Förderung der<br />
Freiwilligen.<br />
Im Herbst 2008 sind 22 Freiwillige<br />
von insgesamt elf verschie<strong>den</strong>en Trägern<br />
in unserer <strong>Diözese</strong> über die Servicestelle<br />
ausgereist.<br />
Um dies zu ermöglichen, stand zunächst<br />
die Information aller Entsendeträger<br />
über <strong>den</strong> Ablauf der Freiwilligendienste<br />
über die Servicestelle an. Die<br />
Trägerkreistreffen dienten aber auch<br />
dazu, sich über auftretende Fragen<br />
auszutauschen. So wur<strong>den</strong> die verschie<strong>den</strong>en<br />
Etappen der Freiwilligen<br />
von deren Auswahl, über die Vorbereitung,<br />
bis hin zur Ausreise und dem<br />
Freiwilligendienst in <strong>den</strong> Blick genommen.<br />
Aber der Freiwilligendienst endet<br />
nicht nach der Rückkehr der Freiwilligen<br />
nach Deutschland. Gerade durch<br />
die Erfahrungen und Veränderungen,<br />
die die Freiwilligen in diesem Jahr erleben,<br />
bereichern sie nach ihrer Rückkehr<br />
die Arbeit ihrer Träger und setzen<br />
Akzente in der Bewusst<strong>sein</strong>sbildung<br />
hier in Deutschland.<br />
Im Herbst dieses Jahres sind die<br />
Freiwilligen des ersten Jahrgangs zurückgekommen.<br />
Ihre Erfahrungen wer<strong>den</strong><br />
wichtig <strong>sein</strong> für <strong>den</strong> Austausch mit<br />
<strong>den</strong> Projekten im Sü<strong>den</strong> und Osten<br />
und für die weitere Arbeit der Träger.<br />
Es wird spannend <strong>sein</strong>, zu sehen, wo<br />
sie gemeinsam mit <strong>den</strong> Trägern Akzente<br />
ihres Rückkehrerengagements<br />
setzen.<br />
Der Trägerkreis ist im zweiten Jahr<br />
der Servicestelle um neue Träger gewachsen.<br />
Deshalb wurde es im zweiten<br />
Jahrgang ermöglicht, dass 28 Freiwillige<br />
über die Servicestelle vorbereitet<br />
und entsendet wur<strong>den</strong>. Mit <strong>den</strong>
Erfahrungen des ersten Jahres konnte<br />
dann im zweiten Jahr im Trägerkreis<br />
der Austausch über die inhaltliche Arbeit<br />
der Träger intensiviert wer<strong>den</strong>. So<br />
wur<strong>den</strong> zu Themen wie „Begleitung der<br />
Freiwilligen“ oder „Bewerbungsverfahren“<br />
gemeinsam Handreichungen für<br />
die Arbeit der Träger entwickelt.<br />
Aber auch die Zusammenarbeit<br />
mit <strong>den</strong> Partnern in Übersee bekommt<br />
durch die Freiwilligendienste ein neues<br />
Gesicht. So ist es wichtig für die Träger,<br />
nicht allein am Thema „Freiwilligendienste“<br />
zu arbeiten, sondern gemeinsam<br />
mit <strong>den</strong> Partnern in Übersee<br />
die Idee vom „Weltkirchlichen Freiwilligendienst“<br />
zu gestalten und weiter zu<br />
entwickeln.<br />
Herausforderungen für die Zukunft<br />
der Servicestelle sind sowohl der Umgang<br />
mit der weiterhin großen Nachfrage<br />
der Träger der <strong>Diözese</strong> für die<br />
Unterstützung ihrer Freiwilligendienste.<br />
Außerdem ist bei <strong>den</strong> Trägern die<br />
Begegnung mit <strong>den</strong> Partnern in Übersee<br />
auf Augenhöhe immer wieder Thema.<br />
So gilt es, dass sich die Kirchen im<br />
Sü<strong>den</strong> und Nor<strong>den</strong> die Frage der weltkirchlichen<br />
Zusammenarbeit immer<br />
wieder stellen. Die Ziele der Freiwilligendienste,<br />
deren Ausbau von Seiten<br />
der Bundesregierung durch das Welt-<br />
wärts-Programm sowie deren bisher<br />
häufig einseitige Reiserichtung regen<br />
zu Fragen und Diskussionen an. Solchen<br />
Fragen gilt es, sich im Trägerkreis<br />
auch dann zu stellen, wenn es um die<br />
Frage geht, wie das Konzept der weltkirchlichen<br />
Freiwilligendienste weiter<br />
entwickelt wird.<br />
Der Weltkirchliche Freiwilligendienst<br />
über die Servicestelle<br />
Die Servicestelle für <strong>den</strong> Weltkirchlichen<br />
Freiwilligendienst bietet seit Anfang<br />
2008 kleineren Trägern von Freiwilligendiensten<br />
Unterstützung bei der<br />
Vorbereitung und Begleitung Freiwilliger<br />
an.<br />
Die Servicestelle übernimmt die<br />
Vor- und Nachbereitungen der Freiwilligen<br />
in Seminaren, die organisatorischen<br />
Vorbereitungen sowie Beantragungen<br />
bei Weltwärts und dem<br />
Bundesamt für Zivildienst.<br />
Die Träger bereiten die Freiwilligen<br />
auf die Projekte im Ausland vor, halten<br />
während des Jahres Kontakt zu <strong>den</strong><br />
Freiwilligen und bieten ihnen im Rahmen<br />
ihrer Partnerschaftsarbeit Möglichkeiten<br />
für ein Engagement nach ihrer<br />
Rückkehr nach Deutschland.<br />
Träger: Kirchengemein<strong>den</strong>, Or<strong>den</strong>,<br />
katholische Initiativen aus der <strong>Diözese</strong><br />
<strong>Rottenburg</strong>-<strong>Stuttgart</strong>, die Mitglieder<br />
im Trägerkreis der Servicestelle<br />
sind<br />
Dauer: 12 Monate<br />
Alter der Freiwilligen: 18-27 Jahre<br />
Länder: Argentinien – Brasilien –<br />
Paraguay – Bolivien – Peru – Ecuador<br />
– Uganda – Tanzania – Südafrika<br />
– Indien<br />
Einsatzstellen: Kirchengemein<strong>den</strong>,<br />
Or<strong>den</strong>sgemeinschaften, Sozialarbeit,<br />
Ökologische Projekte, Arbeit mit<br />
behinderten <strong>Menschen</strong>, Bildungsarbeit,<br />
Projekte mit Jugendlichen &<br />
Kindern<br />
Bewerbungen: Interessierte können<br />
sich direkt bei <strong>den</strong> einzelnen Kirchengemein<strong>den</strong>,<br />
Or<strong>den</strong> und kath. Initiativen<br />
mel<strong>den</strong>, die Träger des Weltkirchlichen<br />
Freiwilligendienstes sind<br />
Anerkennung für: Weltwärts und<br />
<strong>den</strong> „Anderen Dienst im Ausland“<br />
Melanie Lorenz, Diplom Sozialpädagogin,<br />
Sozalarbeiterin und seit 2009<br />
Bildungsreferentin beim BDKJ für <strong>den</strong><br />
Weltkirchlichen Freiwilligendienst und<br />
Globales Lernen.<br />
26 Freiwillige sind dieses Jahr ausgereist, um Erfahrungen zu sammeln, <strong>Menschen</strong> zu begegnen und ihren Glauben zu leben.<br />
11
<strong>Diözese</strong> Chachapoyas im Nor<strong>den</strong> von Peru<br />
30 Jahre Partnerschaft der Gemein<strong>den</strong><br />
Dunningen, Seedorf und Lackendorf<br />
von Dagmar Braun und Stefanie Staiger<br />
Die drei Kirchengemein<strong>den</strong> Dunningen,<br />
Seedorf und Lackendorf feiern<br />
im kommen<strong>den</strong> Jahr das 30-jährige<br />
Jubiläum ihrer Partnerschaft mit<br />
Chachapoyas/Peru. Wenn wir auf die<br />
30-jährige Geschichte der Partnerschaft<br />
zurückblicken, so dürfen wir<br />
voll Dankbarkeit sagen, dass während<br />
dieser Zeit viele Freundschaften geknüpft<br />
wur<strong>den</strong>. Freundschaften zwischen<br />
zwei total unterschiedlichen<br />
Kulturen, mit verschie<strong>den</strong>en Sprachen<br />
und Mentalitäten. Die Faszination des<br />
Landes, die Gastfreundschaft und die<br />
Zufrie<strong>den</strong>heit der Peruaner machen<br />
je<strong>den</strong> Austausch zu einer unvergesslichen<br />
Begegnung. Aus Frem<strong>den</strong> sind<br />
Freunde gewor<strong>den</strong>, das können gerade<br />
die vielen Freiwilligen berichten, die<br />
für ein Jahr oder meistens länger unsere<br />
Partnerschaftsdiözese besucht,<br />
dort mit gelebt und mit gearbeitet haben.<br />
Einhellig berichten sie von einem<br />
einmaligen Erlebnis, das als bleibender<br />
Schatz in ihren Herzen Raum eingenommen<br />
hat. Als begeisterte Freiwillige,<br />
die durch ihren anderen Dienst im<br />
Ausland eine andere Kultur kennen lernen<br />
und ihre Fähigkeiten dort einsetzen<br />
wollten sind sie ausgezogen, als<br />
Beschenkte, mit vielen positiven Erinnerungen<br />
bereichert sind sie zurück<br />
gekommen. Viel Engagement steckt in<br />
diesen 30 Jahren Partnerschaft. Möge<br />
12<br />
Gottes Segen auch weiterhin über<br />
dieser Partnerschaft stehen, und allen<br />
Verantwortlichen auf bei<strong>den</strong> Seiten<br />
des Regenbogens noch lange Jahre<br />
Kraft, Ausdauer, Ideenreichtum und<br />
Motivation schenken, um diese Partnerschaft<br />
lebendig zu erhalten.<br />
Hola, cómo están?<br />
Mein Name ist Stefanie Staiger, ich bin<br />
21 Jahre alt und war mit der Organisation<br />
Alianza aus <strong>den</strong> Gemein<strong>den</strong> Dunningen,<br />
Seedorf und Lackendorf in deren<br />
Partnerschaftsdiözese Chachapoyas<br />
in <strong>den</strong> nördlichen An<strong>den</strong> in Peru<br />
etwas mehr als ein Jahr als Freiwillige<br />
tätig.<br />
Diese Organisation der katholischen<br />
Kirchengemeinde Dunningen<br />
gibt es schon seit fast 30 Jahren und<br />
da ich selbst aus Lackendorf komme,<br />
wusste ich schon seit meiner Kindheit<br />
von ihrer Existenz.<br />
Nach meiner Ausbildung zur Erzieherin<br />
habe ich mich dann dazu entschlossen,<br />
eine Auszeit zu nehmen,<br />
mich mit einer völlig frem<strong>den</strong> Kultur<br />
und Sprache in einem weit entfernten<br />
Land zu beschäftigen und dort einen<br />
Frie<strong>den</strong>sdienst abzuleisten.<br />
Da die Alianza in Chachapoyas,<br />
der Hauptstadt des Departamentos<br />
Amazonas sehr aktiv und präsent ist,<br />
können Freiwillige in vielen verschie-<br />
<strong>den</strong>en Bereichen und Institutionen<br />
unterstützend wirken. Außerdem hat<br />
man somit die Freiheit, sich die Arbeit<br />
nach <strong>den</strong> eigenen Interessen auszusuchen.<br />
Meine Aufgabenbereiche waren<br />
unter anderem: Englischunterricht zu<br />
geben in einem Priesterseminar für<br />
männliche Jugendliche, die sich nach<br />
ihrem Schulabschluss dazu entschei<strong>den</strong>,<br />
Pfarrer zu wer<strong>den</strong> und dort darauf<br />
vorbereitet wer<strong>den</strong>.<br />
In einem städtischen Familienrechtsbüro<br />
durfte ich die Sozialarbeiterin<br />
Milagros in ihrer Arbeit unterstützen.<br />
Hier können Frauen Hilfe suchen,<br />
wenn sie misshandelt wur<strong>den</strong> oder<br />
auch wenn sie ein Kind von einem<br />
Mann haben, der dieses nicht anerkennen<br />
will. Dann wer<strong>den</strong> solche Fälle<br />
in Streitgesprächen geklärt und ein<br />
weiteres Vorgehen wird geplant. So<br />
wird meist auch der Gang vor ein Familiengericht<br />
vermie<strong>den</strong>.<br />
In einer Behindertenschule habe<br />
ich die Nachmittage mit geistig und<br />
körperlich behinderten Kindern gestaltet.<br />
Diese Schule ist keine Einrichtung,<br />
die regelmäßig mit der Alianza zusammen<br />
arbeitet. Weil mich diese Art von<br />
Institution aber sehr interessiert, habe<br />
ich die dortigen Lehrer einfach gefragt,<br />
ob es für mich möglich wäre, dort zu<br />
arbeiten und Zeit mit <strong>den</strong> Kindern zu<br />
verbringen.<br />
Dinamicas (Sing-Spiel-Lieder) in einer<br />
Grundschule in einem An<strong>den</strong>dorf.
Peru<br />
Republik Peru - República del Perú<br />
( spanisch )<br />
Piruw Republika ( quechua )<br />
Piruw Suyu ( aymara)<br />
Staatsform: semipräsidiale Republik<br />
Amtssprache: Spanisch, Quechua,<br />
Aymara<br />
Hauptstadt: Lima<br />
Fläche: 1.285.220 km²<br />
Einwohnerzahl 28.220.764 ( 2007 )<br />
Bevölkerungsdichte: 22 Einwohner<br />
pro km²<br />
Religionen: Katholische Kirche 81 %<br />
der Bevölkerung<br />
Protestantische Kirche 12 % der<br />
Bevölkerung<br />
Katholische Kirche:<br />
7 Erzdiözesen<br />
37 <strong>Diözese</strong>n<br />
22.850.000 Katholiken<br />
Mit Begeisterung und Freude haben<br />
sie mich in ihr Team aufgenommen.<br />
Es war eine sehr schöne Erfahrung<br />
mit <strong>den</strong> behinderten Kindern und Jugendlichen<br />
zusammen zu <strong>sein</strong> und mit<br />
ihnen das Jahr in Peru zu teilen.<br />
Hauptsächlich habe ich im bischöflichen<br />
Schulamt der <strong>Diözese</strong> gearbeitet.<br />
Jeder der dort arbeiten<strong>den</strong> Lehrer<br />
ist zuständig für eine Zone der <strong>Diözese</strong><br />
Chachapoyas, wohin dieser rei-<br />
Stipendiaten im Internat der Allianza, vorne sitzt Gabriel.<br />
sen muss, um Weiterbildungen, Fortbildungen<br />
und Supervision in Schulen<br />
und Kindergärten zu praktizieren. So<br />
kam es, dass ich die Lehrer oft auf kleine<br />
Dörfer begleiten durfte und so das<br />
Schulsystem kennen lernen konnte.<br />
Doch das war nicht alles: Oft musste<br />
man auf Dörfer reisen, wohin es<br />
nicht einmal eine Strasse gibt. So galt<br />
es zu wandern oder auf Pfer<strong>den</strong> und<br />
Maultieren zu reiten. In diesen Dörfern<br />
gab es auch oft weder fließend Wasser<br />
noch Strom. Diese Lebensverhältnisse<br />
haben mich tief beeindruckt.<br />
So habe ich das peruanische Leben,<br />
die Kultur und die Lebensweise<br />
der <strong>Menschen</strong> am Besten kennen gelernt<br />
und auch mich selbst in meinen<br />
persönlichen Einstellungen zu Priorität<br />
und Glaube gefun<strong>den</strong>. Oft hatte<br />
ich auch Kontakt zu Priestern und Or<strong>den</strong>sschwestern,<br />
bei <strong>den</strong>en ich gelernt<br />
habe, was Glaube ist. Denn der Glaube<br />
zu Gott wird in Ländern der sogenannten<br />
“Dritten Welt“ sehr hoch geschätzt<br />
und ist besonders stark ausgeprägt,<br />
was man auch an <strong>den</strong> Gottesdiensten<br />
merkt, die oft sehr fröhlich sind und<br />
wo Kommunikation eine große Rolle<br />
spielt.<br />
Die Alianza unterstützt neben anderen<br />
Projekten auch Jugendliche aus<br />
der <strong>Diözese</strong> mit Stipendien.<br />
Wenn ein Schüler mit guten Noten<br />
nach <strong>sein</strong>em Schulabschluss gerne<br />
studieren möchte, die Gelder dazu<br />
aber leider in der Familie fehlen, ist es<br />
möglich ein Stipendium der Alianza zu<br />
erhalten. Dazu bedarf er der Empfehlung<br />
des zuständigen Orts-Geistlichen<br />
und dem Stipendiatenkomitee der Alianza.<br />
So wird sichergestellt, dass wirklich<br />
nur diejenigen unterstützt wer<strong>den</strong>,<br />
die diese Hilfe am meisten benötigen.<br />
Im Moment wird so etwa 30 Stipendiaten<br />
geholfen, von <strong>den</strong>en knapp die<br />
Hälfte im Internat der Alianza wohnt.<br />
Die andere Hälfte lebt in gemieteten<br />
Zimmern oder kleinen Wohngemeinschaften<br />
in der Stadt Chachapoyas.<br />
Die Gastfreundschaft der Peruaner,<br />
ihre Lebensfreude, der Spaß an<br />
Fiestas, am Tanzen und an der Musik,<br />
das Leben in <strong>den</strong> kleinen Dörfern und<br />
die verschie<strong>den</strong>en Kulturen und Traditionen,<br />
die in <strong>den</strong> einzelnen Orten erhalten<br />
geblieben sind, das Essen (Meerschweinchen<br />
;-) )…all dies sind Dinge,<br />
die ich weiterhin in meinem Herzen tragen<br />
werde, egal an welchem Ort dieser<br />
Welt ich bin.<br />
Dagmar Braun, Vorsitzende des Gemeinsamen<br />
Missionsausschuss der<br />
kath. Kirchengemein<strong>den</strong> Dunningen,<br />
Seedorf und Lackendorf<br />
und Stefanie Staiger, von August 2008<br />
bis August 2009 Freiwillige, entsandt<br />
durch die Servicestelle nach Chachapoyas,<br />
Peru.<br />
13
Ein Jahr in Tansania<br />
Mein Land des Lächelns liegt in Afrika<br />
von Birgit Wörle<br />
Asubuhi kuamka, kusali, kunywa chai,<br />
kwenda shuleni, kuanda vipindi vyangu<br />
mbalimbali na watoto kabla au baadaye,<br />
kula tena, kucheza, kuoga (afadhali<br />
kama watoto saa 11), kusali tena<br />
na kula, kukaa na watoto na kwenda<br />
kulala tena...<br />
So in ungefähr sah mein Tagesablauf<br />
in Tansania aus. Eines wird sicher<br />
deutlich: Mein Tag ereignete sich auf<br />
Suaheli, das ist die Sprache, in der ich<br />
erzählt und geschimpft, unterrichtet<br />
und gearbeitet, gebetet und gesungen<br />
habe!<br />
Mein Name ist Birgit Wörle, jetzt bin<br />
ich 20 Jahre alt und nach meinem Abitur<br />
habe ich das letzte Jahr in Tansania<br />
verbracht. Tansania liegt in Ostafrika.<br />
Meine Einsatzstelle war im Sü<strong>den</strong><br />
des Landes, unweit von Songea, einer<br />
ziemlich großen Stadt dieses Landesteils.<br />
In Ruhuwiko, einem Vorort dieser<br />
Stadt, habe ich an einer Gehörlosenschule<br />
gelebt, die als Internat geführt<br />
wird. Mein Zimmer war Tür an<br />
Tür mit Schlafräumen unserer Schülerinnen,<br />
außerdem wohnen dort vinzentinische<br />
Or<strong>den</strong>sschwestern, deren<br />
Gemeinschaft der Träger der Schule<br />
ist. Zusammen mit einigen Arbeitern,<br />
<strong>den</strong> Lehrerhäusern gleich an unserem<br />
Schulgelände und <strong>den</strong> <strong>Menschen</strong> der<br />
Birgit auf Reisen mit Julia und<br />
Alexandra.<br />
14<br />
Gemeinde Ruhuwiko bildeten sie mein<br />
Lebensumfeld. Gemeinsam mit zwei<br />
anderen jungen Frauen, Alexandra und<br />
Julia, war ich in dieser Zeit als Freiwillige<br />
innerhalb dieser Gemeinschaft der<br />
Vinzentinerinnen von Mbinga.<br />
Ich bin über einen Or<strong>den</strong> ins Ausland<br />
gegangen und war so „nicht nur“<br />
Freiwillige, sondern auch „Missionarin<br />
auf Zeit“, kurz MaZ. Für alle MaZ´ler<br />
gilt, dass sie mit Or<strong>den</strong>sleuten leben<br />
und, an ihrem Ort und in ihrer Gemeinschaft,<br />
„mitleben, mitbeten und mitarbeiten“.<br />
Mitleben habe ich erfahren als das<br />
Eingebettet-Sein in die Gemeinschaft<br />
der Vinzentinerinnen, mit <strong>den</strong>en ich besonders<br />
zu Gebets- und Essenszeiten<br />
geteilt habe. Zunächst eingebettet, vor<br />
Ort „dabei“ zu <strong>sein</strong>, in Ruhuwiko, dann<br />
aber auch im Mutterhaus in Mbinga<br />
aufgenommen zu <strong>sein</strong>. Oder auf anderen<br />
Stationen der Vinzentinerinnen, die<br />
ich besucht habe. Ich war keine Fremde,<br />
sondern jemand, <strong>den</strong> man kennt<br />
und einordnen kann. Überall wurde ich<br />
sehr herzlich willkommen geheißen!<br />
Ich hatte ganz automatisch Kontakt zu<br />
Einheimischen, <strong>den</strong>n mit der Ausnahme<br />
einer deutschen sind die übrigen<br />
der knapp 20 Schwestern in Ruhuwiko<br />
Tansanierinnen. Auch unsere Kinder<br />
sind natürlich tansanisch. Ich habe mit<br />
<strong>den</strong> Schwestern gegessen und so das<br />
auf <strong>den</strong> Tisch bekommen, was für das<br />
Land üblich und typisch ist, habe traditionelle<br />
Speisen kennen- und kochen<br />
gelernt. Ich habe mich sehr wohl gefühlt<br />
unter „meinen“ Schwestern, und<br />
mir hat in keinster Weise etwas gefehlt,<br />
obwohl man in gewisser Weise sicher<br />
auch eingeengt ist gegenüber einem<br />
Leben in Deutschland und manche<br />
Dinge einfach nicht tun kann. Viele der<br />
<strong>Menschen</strong>, die ich in Tansania kenne<br />
und mit <strong>den</strong>en ich zu tun hatte, sind<br />
eben Or<strong>den</strong>sschwestern und so natürlich<br />
Frauen. Mein Tagesablauf war<br />
durch <strong>den</strong> Schul- und „Or<strong>den</strong>s-“Alltag<br />
fest strukturiert. Und ich war quasi<br />
ausnahmslos abends, auch am Wochenende,<br />
„daheim“ und auch um 12<br />
schon in <strong>den</strong> schönsten Träumen! Meine<br />
Abende in Ruhuwiko waren geprägt<br />
davon, dass ich Zeit mit <strong>den</strong> Kindern<br />
verbracht habe nach dem Abendes-<br />
Tansania<br />
Vereinigte Republik Tansania<br />
Jamhuri ya Muungano wa Tanzania<br />
(Swahili)<br />
Staatsform: Präsidialrepublik<br />
Amtssprache: Swahili (de facto)<br />
Hauptstadt: Dodoma<br />
Fläche: 945.087 km²<br />
Einwohnerzahl 41.048.532 (Stand<br />
Juli 2009)<br />
Bevölkerungsdichte: 39 Einwohner<br />
pro km²<br />
Religionen: Christliche Kirche ca. 30<br />
bis 40 % der Bevölkerung<br />
Muslime ca. 30 bis 40 % der<br />
Bevölkerung<br />
Naturreligionen ca. 30 % der<br />
Bevölkerung<br />
Katholische Kirche:<br />
5 Erzdiözesen<br />
25 <strong>Diözese</strong>n<br />
10.465.000 Katholiken<br />
sen, beim gemeinsamen Spielen zum<br />
<strong>Bei</strong>spiel. Davon, dass je<strong>den</strong> Samstag<br />
das Evangelium vom kommen<strong>den</strong><br />
Sonntag gelesen und vorbereitet wurde.<br />
Und nicht zuletzt von der Tatsache,<br />
dass an sehr vielen Tagen nur bis ca.<br />
10 Uhr Strom da war und somit Licht!<br />
Mitbeten hieß für mich, dass ich<br />
<strong>den</strong> Tag morgens um 6: 45 Uhr mit der<br />
Messe begonnen habe. Am Abendgebet<br />
der Schwestern, der Vesper, habe<br />
ich teilgenommen, ebenso an der<br />
Sonntagsvorbereitung je<strong>den</strong> Samstag,<br />
bei der eine Schriftstelle gelesen<br />
und betrachtet wird. Selbstverständlich<br />
war auch ein Tischgebet vor und
nach dem Essen. Diese festen Zeiten,<br />
um innezuhalten und sich zu besinnen,<br />
haben mir sehr gut getan!<br />
Mitarbeiten schließlich bedeutete<br />
für mich vor allem, mich für unsere gehörlosen<br />
Kinder einzubringen. Ganz<br />
grundsätzlich habe ich mich bemüht<br />
die Gebär<strong>den</strong> zu lernen, mit <strong>den</strong>en<br />
die Kinder kommunizieren. Ich habe<br />
sie von <strong>den</strong> Kindern gelernt, die mich<br />
sehr aufgeschlossen begrüßt und aufgenommen<br />
haben und von <strong>den</strong>en einige<br />
wenige kleine Hörreste besitzen<br />
oder die Fähigkeit, ein bisschen zu<br />
sprechen oder die Lippen zu bewegen.<br />
Dann ist es leicht, die Worte abzulesen.<br />
Je<strong>den</strong> Vormittag habe ich zwei<br />
Klassen je eine Stunde unterrichtet,<br />
immer nachmittags war ich wochenweise<br />
in einem unserer fünf Internatshäuser<br />
und habe mit <strong>den</strong> Kindern gemalt,<br />
gespielt oder wir waren auf dem<br />
Sportplatz. Auch abends habe ich Zeit<br />
mit <strong>den</strong> Kindern verbracht, wir haben<br />
geredet, zusammen gelernt oder einen<br />
Video-Film angesehen.<br />
Insgesamt war ich in meinem<br />
Dienst sehr frei, auch waren meine<br />
Aufgaben nicht im Vorfeld definiert,<br />
sondern die habe ich v.a. zusammen<br />
mit Sr. Brigitte, der deutschen Schwester<br />
in Ruhuwiko, für mich gesucht<br />
und gefun<strong>den</strong>. Ich habe ebenso ab<br />
und zu Schreibarbeiten erledigt, eine<br />
Zeit lang einem jungen Mann aus der<br />
Siku kuu! Festtag!<br />
Gemeinde Musiktheorie unterrichtet<br />
und im Chor der Gemeinde mitgesungen,<br />
einige unserer gehörlosen Schüler<br />
Flötenunterricht gegeben. Ich habe<br />
in der Küche geholfen, als die Kinder in<br />
Ferien waren, und außerdem eine Priesterweihe<br />
mit vorbereitet!<br />
So war dieses letzte Jahr für mich<br />
eine ganz besondere und dichte Zeit<br />
und trotz mancher Probleme und<br />
Schwierigkeiten, die es natürlich auch<br />
gab, hat mich dieses Jahr mit <strong>sein</strong>en<br />
abwechslungsreichen und bunten Tagen,<br />
das viel zu schnell verging, um<br />
vieles reicher gemacht!<br />
An meiner Einsatzstelle habe ich<br />
zunächst <strong>den</strong> „Schul-Alltag“ erlebt und<br />
kennengelernt, speziell bei uns <strong>den</strong><br />
Alltag in einem Internat. Ich habe die<br />
Lebensweise der Schwestern geteilt<br />
und ein bisschen das Dorf- und Gemeindeleben<br />
in Afrika erfahren können.<br />
Ich habe mit Gehörlosen gelebt,<br />
genauer gehörlosen Kindern und Jugendlichen<br />
im Alter von 5-20 Jahren.<br />
Ich habe mich bemüht ihre Welt<br />
kennenzulernen und ein Teil davon zu<br />
wer<strong>den</strong>, sie zu bereichern. Durch die<br />
Nähe zu Songea habe ich diese, eine<br />
Stadt und ihre <strong>Menschen</strong>, ihre Betriebsamkeit<br />
und ihre Lebensart gesehen.<br />
Und nicht zuletzt habe ich das Land<br />
kennengelernt auf manchen Reisen,<br />
ich habe Früchte und typische Nahrungsmittel<br />
gesehen und gegessen.<br />
Ich habe die Messe in der Kirche mit-<br />
gefeiert, an ganz normalen und an besonderen<br />
Tagen. Ich habe Feste erlebt<br />
und mitgefeiert mit Tanz und Musik,<br />
manchmal auch mit sehr langen Re<strong>den</strong>,<br />
generell mit einer Begeisterung,<br />
wie man sie in Deutschland nicht oft<br />
findet! Am allerwichtigsten war mir die<br />
Begegnung mit <strong>Menschen</strong>, sie in ihrer<br />
Kultur und Mentalität kennenzulernen<br />
und mich mit ihnen in ihrer Sprache zu<br />
unterhalten. Suaheli ist auch zu meiner<br />
Sprache gewor<strong>den</strong> und ich mag ihre<br />
Ausdrucksweise, ihr Vokabular und ihren<br />
Klang!<br />
Die <strong>Menschen</strong> in Tanzania sind<br />
viel ärmer als wir in Deutschland, ärmer<br />
an Materiellem und oft auch an<br />
menschlichem Zuspruch dadurch,<br />
dass viele Familien zerrissen und unkomplett<br />
sind. Aber sie sind unendlich<br />
gastfreundlich und aller meistens fröhlich<br />
und freundlich. Passend zu meinen<br />
Bildern, von <strong>den</strong>en ich sehr viele<br />
habe, die aber nur unzureichend wieder<br />
„Nähe“ zu Tanzania herstellen, ist<br />
auch meine Erinnerung: Die <strong>Menschen</strong><br />
sind gern in der Gemeinschaft und begegnen<br />
einander immer wieder neu<br />
mit einem Lächeln im Gesicht!<br />
Birgit Wörle, von August 2008 bis August<br />
2009 Freiwillige, entsandt durch<br />
die Servicestelle Nach Songea, Tansania.<br />
15
Begegnung und Freundschaft<br />
von Jana Nisch, Julia Mahlenbrei und Verena Jäger<br />
„Tinkunakuy“ heißt Begegnung und<br />
ist der Name des Freundes- und Förderkreises<br />
des Praktikumsprogramms<br />
zwischen <strong>den</strong> <strong>Diözese</strong>n <strong>Rottenburg</strong>-<br />
<strong>Stuttgart</strong> und Santiago del Estero (Argentinien).<br />
Dieser Begriff des „Quichua“<br />
(Ureinwohnersprache im Nor<strong>den</strong><br />
Argentiniens) trifft auch ganz gut<br />
auf die Erfahrungen zu, die wir während<br />
unseres Aufenthalts in Argentinien<br />
machen durften. In diesem Austauschprogramm<br />
der Schulstiftung<br />
waren wir als Praktikantinnen in katholischen<br />
Schulen Santiago del Esteros<br />
tätig.<br />
Wir wirkten an verschie<strong>den</strong>en<br />
Schulen mit, wobei die Tätigkeiten je<br />
nach Schule sich sehr unterschiedlich<br />
gestalten konnten. Neben Unterstützung<br />
der Lehrkräfte, Mitarbeit im<br />
Sekretariat, Förderunterricht einzelner<br />
Schüler, Vertretungsunterricht oder eigenen<br />
Unterrichtsstun<strong>den</strong>, konnten<br />
wir uns je nach unseren Fähigkeiten<br />
in <strong>den</strong> jeweiligen Schulen einbringen.<br />
Auch je nach Interesse hing es davon<br />
ab, ob man an einer Grundschule, einer<br />
weiterführen<strong>den</strong> Schule oder einer<br />
Sonderschule tätig war.<br />
Im Vordergrund jedoch stand auch<br />
hier die Begegnung. Einerseits mit <strong>den</strong><br />
Schülern, wobei wir von ihnen mindestens<br />
genauso viel lernen konnten, wie<br />
16<br />
sie von uns. Und andererseits mit <strong>den</strong><br />
Schulen selbst und ihrem zugrundeliegen<strong>den</strong><br />
Schulsystem, sowie auch mit<br />
<strong>den</strong> Lehrkräften, die uns auch außerhalb<br />
der Schule in unseren Aktivitäten<br />
begleiteten und sehr unterstützten.<br />
Doch der Austausch basiert nicht nur<br />
auf Begegnungen im schulischen Bereich,<br />
sondern auch auf kultureller<br />
Ebene.<br />
Regelmäßig besuchten wir eine<br />
Kirchengemeinde, in der wir uns in<br />
verschie<strong>den</strong>en Gruppen engagierten.<br />
Neben der Teilnahme an Gruppenstun<strong>den</strong>,<br />
der Leitung von Firmgruppen<br />
und Missionsprojekten in Armenvierteln,<br />
war die Kirchengemeinde aber<br />
vor allem ein Ort, um andere Realitäten<br />
und <strong>Menschen</strong> kennenzulernen und<br />
Freundschafen zu knüpfen. In diesem<br />
Rahmen konnten wir das santiagenische<br />
Leben nicht nur kennenlernen,<br />
sondern miterleben.<br />
Dazu gehörten zum <strong>Bei</strong>spiel das<br />
Erlernen des argentinischen Traditionstanz<br />
„Chacarera“, Ausflüge aufs<br />
Land, Einladungen zum Asado (argentinisches<br />
Grillen) oder einfach gemütliche<br />
Materun<strong>den</strong>, bei <strong>den</strong>en man neben<br />
dem Trinken des argentinischen<br />
Nationalgetränks, vor allem auch in<br />
engeren Kontakt mit <strong>den</strong> <strong>Menschen</strong><br />
kam.<br />
All diese Begegnungen waren nur<br />
möglich, da uns die Santiagenier mit<br />
einer unbeschreiblichen Gastfreundschaft<br />
und einer aufrichtigen Offenheit<br />
entgegenkamen und uns so <strong>den</strong> Zugang<br />
zu ihrer Kultur und ihrer Lebensweise<br />
ermöglichten.<br />
Voller Eindrücke und schönen Erfahrungen<br />
kehrten wir nach unserem<br />
Aufenthalt bereichert in unsere Heimat<br />
zurück, die uns auch hier im täglichen<br />
Leben begleiten.<br />
„Hände und Herzen zusammen“,<br />
der Name des Freundeskreises in Argentinien,<br />
ist ebenfalls ein passender<br />
Leitsatz, der die Partnerschaft zweier<br />
völlig unterschiedlichen Kulturen beschreibt.<br />
Auch wir durften nicht nur<br />
helfende Hände entgegenbringen und<br />
annehmen, sondern vor allem in <strong>den</strong><br />
Herzen der <strong>Menschen</strong> Spuren hinterlassen<br />
und diese <strong>Menschen</strong> sowie<br />
all die schönen Momente und Erfahrungen<br />
in unseren Herzen bewahren.<br />
von Jana Nisch, Julia Mahlenbrei<br />
und Verena Jäger, von August 2008<br />
bis August 2009 Freiwillige, entsandt<br />
durch die Servicestelle nach Santiago<br />
del Estero, Argentinien.<br />
Jana, Julia und Verena mit ihren Schülern. Der argentinische Traditionstanz „Chacarera“.
Fast lebenslänglich –<br />
30 Jahre Fidei Donum-Priester in Argentinien<br />
von Federico Freybler<br />
Als sich im Januar 1979 das Flugzeug<br />
am <strong>Stuttgart</strong>er Flughafen vom Bo<strong>den</strong><br />
abhob, hatte ich das unbeschreibliche<br />
Gefühl im doppelten Sinne des<br />
Wortes, <strong>den</strong> Bo<strong>den</strong> unter <strong>den</strong> Füßen<br />
zu verlieren und in der Luft zu hängen.<br />
Was hatte ich mir auch zugemutet,<br />
als Fidei-Domum-Priester „auf Zeit“<br />
für fünf Jahre nach Argentinien auszuwandern!<br />
Am 4. Juli 1971 war ich in meiner<br />
Heimatstadt Aalen von Bischof<br />
Carl Joseph Leiprecht zum Priester<br />
geweiht wor<strong>den</strong>. Ich lasse mich noch<br />
besser in <strong>den</strong> geschichtlichen Kontext<br />
der <strong>Diözese</strong> einordnen, wenn man<br />
im „Schwarzen Peter“, dem alphabetischen<br />
Verzeichnis der Priesteramtskandidaten<br />
von damals, nachliest:<br />
„Birk, Brechenmacher, Broch, Eßwein,<br />
Freybler…“. Wir waren 24, zu <strong>den</strong>en<br />
auch unser „Senior“, Sieger Köder, gehörte,<br />
der in <strong>sein</strong>em bekannten Bild<br />
„Pfingsten“ das Öffnen der Fenster<br />
der Kirche zur Welt hin beschrieb. Es<br />
waren die unmittelbaren Jahre nach<br />
dem Zweiten Vatikanischen Konzil, die<br />
uns prägten. Während wir im Kurs eifrig<br />
die Vorlesungen von Hans Küng,<br />
Joseph Ratzinger, August Fink, Alfons<br />
Auer, Hermann Schelkle und anderen<br />
berühmten Professoren besuchten,<br />
machten sich schon die ersten amtsälteren<br />
Kollegen auf <strong>den</strong> Weg, als Fidei-<br />
Donum-Priester ins Ausland zu gehen:<br />
Peter Mettenleitner, Josef Maier, Gerhard<br />
Vogt, Klaus Beuerle, Karl Stetter,<br />
um nur einige zu nennen.<br />
Für mich begann mein pastoraler<br />
Dienst zunächst als Vikar in der Klosterkirche<br />
St. Martin in Ulm-Wiblingen,<br />
in St. Antonius in Unterweiler und<br />
in der St. Franziskus-Gemeinde „Am<br />
Tannenplatz“. Es waren sieben gute,<br />
fruchtbare Jahre. Ich erwähne das mit<br />
großer Dankbarkeit, weil mir diese Gemein<strong>den</strong><br />
zusammen mit meiner Heimatgemeinde<br />
Salvator in Aalen in all’<br />
<strong>den</strong> folgen<strong>den</strong> Jahren meiner missionarischen<br />
Tätigkeit treu zur Seite gestan<strong>den</strong><br />
sind.<br />
Aus einem Fünf-Jahres-Vertrag<br />
wurde fast „lebenslänglich“ - 30 Jahre<br />
Aufenthalt in Argentinien: zunächst 12<br />
Jahre im Nor<strong>den</strong>, in der Provinz Santiago<br />
del Estero, dann in der Diöze-<br />
se Quilmes im Großraum von Buenos<br />
Aires. Seit Juli 2003 bin ich Pfarrer in<br />
der Gemeinde „San Juan Bautista“.<br />
Mein erster Eindruck war, dass ich<br />
mit Johannes dem Täufer eines gemeinsam<br />
hatte: ich befand mich nämlich<br />
auch in einer Wüste, das heißt, in<br />
einer ausgesprochenen „Wüsten-Gegend“:<br />
Die einfachen Siedlungen sind<br />
von einem Gürtel von Fabriken umgegeben,<br />
zum Teil stillgelegte Betriebe<br />
mit halbzerfallenen Gebäu<strong>den</strong>, ein<br />
Dutzend von Eisen- und Schrott-Lagerhallen,<br />
ein großer Schlachthof, der<br />
<strong>sein</strong>e Abwasser in riesige Auffang-Becken<br />
ableitet, die nicht nur üble Gerüche<br />
verbreiten, sondern auch ein Heer<br />
von Ratten anziehen. Durch ein Flussbett<br />
fließt eine kloakenähnliche übelriechende<br />
Brühe. Die „General Belgrano“,<br />
eine vielbefahrene Durchgangsstraße,<br />
gleicht einer Mondlandschaft:<br />
ein Krater neben dem anderen, worüber<br />
sich mühselig im Schritttempo<br />
die schweren Lastfahrzeuge bewegen.<br />
Wie sich doch der Kreis schließt …: vor<br />
über zwanzig Jahren fuhr ich ein paar<br />
Mal durch dieses Gebiet und – ich erinnere<br />
mich genau, dass ich dabei gedacht<br />
hatte: Welch eine abscheuliche,<br />
hässliche Gegend! Nun – heute ist sie<br />
mein „Zuhause“.<br />
„Villas Miseria“<br />
Zum Pfarreigebiet gehört ein 26 Hektar<br />
großes Gelände, an dessen Rand<br />
Hunderte von ausgedienten Benzin-,<br />
Öl- und Teer-Tanks vor sich hinrosten.<br />
Dass das Gebiet ehemals als Müllhalde<br />
verwendet und dort Mengen von<br />
gebrauchten Batterien abgelagert<br />
wur<strong>den</strong>, trug dazu bei, dass dieses<br />
Elendsviertel als eines der am meisten<br />
kontaminierten gilt. Und <strong>den</strong>noch besetzten<br />
in <strong>den</strong> vergangenen Jahren<br />
über 600 Familien dieses Gebiet. Wo<br />
immer sie noch ein paar Quadratmeter<br />
ungenütztes Land fan<strong>den</strong>, richteten<br />
sie eine Hütte auf aus Wellblech, Brettern<br />
oder Karton.<br />
Die letzte glaubwürdige Statistik<br />
über die Entwicklung der „Villas Miseria“<br />
in Buenos Aires stammt noch<br />
aus dem Jahr 2006, wonach sich die<br />
Zahl der Villas seit dem Jahr 2001 verdreifacht<br />
hatte. In der Stadt Buenos<br />
Aires selber hatte sich die Zahl von 21<br />
„historischen“ Villas um 24 neue erhöht.<br />
Im Stadtgürtel von Buenos Aires<br />
war die Zahl von 385 (2001) auf über<br />
1000 (2006) Villas angestiegen. Man<br />
schätzte, dass die Zahl der <strong>Menschen</strong>,<br />
die im Jahr 2006 in Villas wohnten, auf<br />
1.450.000 zu veranschlagen war. Inzwischen<br />
sind jedoch weitere drei Jahre<br />
vergangen und ich fürchte, dass<br />
aktuelle Erhebungen Anlass zum Erschrecken<br />
<strong>sein</strong> wer<strong>den</strong>.<br />
Zurück aber nun zu „meiner“ Villa,<br />
zu <strong>den</strong> konkreten <strong>Menschen</strong>, ihren<br />
Schicksalen, ihrem Selbstverständnis,<br />
ihren täglichen Sorgen, ihren Hoffnungen.<br />
Ich möchte schon zugeben, dass<br />
ich es in der allerersten Zeit vorzog, lieber<br />
um die Villa herum als in sie hinein<br />
zu fahren. Villas und ihre Bewohner<br />
(Villeros) haben zunächst einmal einen<br />
negativen Ruf. Zweifellos gibt es gefährliche<br />
Villas, die man besser meidet,<br />
oder in die man sich nur mit einem<br />
gut bekannten „Insider“ hineinwagen<br />
sollte. Es ergab sich, dass sich Stefan<br />
Gonzalez als solcher anbot und mich<br />
in die Villa „einführte“.<br />
Ich fühle mich wie ein König<br />
Eines Tages wagte ich es, ihn zu fragen,<br />
was er <strong>den</strong>ke und fühle ob dieser<br />
ärmlichen Verhältnisse, in <strong>den</strong>en<br />
er zurzeit lebe: mit Frau und einem<br />
zweijährigen Sohn in einer windigen<br />
Hütte von sechs Quadratmetern. Die<br />
einzigen Möbel: ein schmales Bett,<br />
ein selbstgezimmertes Tischchen, ein<br />
kleiner Gasherd, die Kleider in Säcke<br />
verstaut, einige Lebensmittel in einem<br />
Einkaufsnetz hoch an einen Nagel gehängt,<br />
damit die Ratten nicht herankommen.<br />
<strong>Bei</strong>de ohne feste Arbeit und<br />
auch ohne Aussicht, bald eine zu bekommen.<br />
Seine Antwort hatte mich<br />
total überrascht: Anstatt mir lauthals<br />
<strong>sein</strong> Schicksal zu klagen, was ich eigentlich<br />
erwartet hatte, sagte er ruhig<br />
und bestimmt: „Ich fühle mich heute<br />
und hier wie ein König ... Wenn ich<br />
zurück<strong>den</strong>ke, wie ich mit meiner Familie<br />
vorher leben musste, nämlich<br />
auf der Straße, wo ich buchstäblich<br />
nichts besaß! Das schlimmste dabei<br />
war nicht einmal der Hunger, <strong>den</strong>n es<br />
17
gab ja Volksküchen der Caritas, wo wir<br />
zu essen bekamen. Das Schlimmste<br />
war, nachts auf der Straße schlafen zu<br />
müssen, immer in Angst, dass jemand<br />
unser Kind stehlen könnte. Jetzt haben<br />
wir eine Hütte und die Hoffnung,<br />
dass der Bo<strong>den</strong> auf dem sie steht,<br />
eines Tages uns gehören wird.“<br />
María Munoz hatte mich mit ihrer<br />
Aktion „Milch-Becher“ bekannt machen<br />
wollen. Sie hatte vor ihrer Hütte<br />
im Freien einen Tisch aufgebaut,<br />
auf dem sie Teigfla<strong>den</strong> vorbereitete,<br />
die auf einer primitiven Feuerstelle auf<br />
dem Bo<strong>den</strong> in Fett gebacken wur<strong>den</strong>.<br />
Ein Dutzend Kinder aus der Nachbarschaft<br />
saßen um sie herum und warteten<br />
bis die „Tortillas“ fertig wur<strong>den</strong>.<br />
Statt der angekündigten Milch, gab’s<br />
Tee. Diese persönliche Initiative, hungern<strong>den</strong><br />
Kindern auch mit primitivsten<br />
Mittel helfen zu wollen, hatte mich beeindruckt<br />
und bei diesem Anblick war<br />
auch schon die Idee vom Bau eines<br />
Gemeinschafts-Raumes geboren. Im<br />
September 2004 wurde eine Mehrzweck-Halle,<br />
gewissermaßen unser<br />
„Sozialzentrum“ mitten in der Villa von<br />
Bischof Luis Stöckler eingeweiht, (üb-<br />
18<br />
rigens auch ein deutscher ehemaliger<br />
Fidei Donum-Priester). In <strong>den</strong> letzten<br />
fünf Jahren diente uns dieses ganz aus<br />
Wellblech erstellte Gebäude in vielfacher<br />
Weise als Versammlungsraum,<br />
Speiseraum für Kinder und ältere Leute,<br />
Katechese, Gottesdienste Feste,<br />
als Zufluchtsort bei Überschwemmungen,<br />
als Werkstatt zum Hüttenbau<br />
usw….<br />
Pastorale Bekehrung<br />
<strong>Bei</strong> allem sinnvollen Einsatz im sozialen<br />
Bereich bestand immer die Sorge,<br />
wie das Evangelium in rechter Weise<br />
zu verkün<strong>den</strong> sei, war dies doch<br />
auch das Hauptanliegen eines missionarischen<br />
Auftrages. Es ist jedoch ein<br />
weiter Weg, „Jesus Christus als <strong>den</strong><br />
ewigen Gott, als <strong>den</strong> Herrn des Lebens<br />
und der Geschichte, auch der<br />
Geschichte unserer Herzen zu glauben,<br />
damit Er der letzte, der heimliche,<br />
der immer neu das Leben gestaltende<br />
Sinn unseres irdischen Da<strong>sein</strong>s sei“.<br />
(Zitat nach H. u. K. Rahner, Gebete der<br />
Einkehr, Innsbruck 1958.)<br />
Der letzte Pastoral-Brief der argentinischen<br />
Bischöfe fordert eine „Pasto-<br />
rale Bekehrung“, die sich ganz eindeutig<br />
am „missionarischen Stil“ Jesu<br />
im Evangelium orientieren muss; das<br />
verlangt von dem, der das Evangelium<br />
verkün<strong>den</strong> will, herzliche Annahme<br />
und Nähe zum Nächsten, Verfügbarkeit,<br />
Armut, Güte und Aufmerksamkeit<br />
für die Nöte der anderen. Das Dokument<br />
betont, dass Mission über eine<br />
persönliche Beziehung führen muss,<br />
die es mir erlaubt, <strong>den</strong> Glauben an Jesus<br />
Christus und evangelische Werte<br />
zu vermitteln. Mission ist Beziehung<br />
und nur möglich, wenn ich mit dem<br />
anderen in mit-menschlichen, ja brüderlichen<br />
Kontakt trete.<br />
Missionarische Kirche in einer Villa<br />
Miseria fängt dort an, wo ich mich<br />
der existenziellen Nöte der <strong>Menschen</strong><br />
persönlich annehme. Das sind sicher<br />
elementare materielle Nöte, aber auch<br />
zutiefst psychische, verursacht durch<br />
menschliche Schwächen, Unzulänglichkeiten<br />
und Versagen.<br />
Mir bleibt eine der ersten Gesprächsrun<strong>den</strong><br />
unvergessen, in der<br />
ich einer Gruppe von Frauen und Männern,<br />
die für die Küche im Sozialzentrum<br />
zuständig war, mein Anliegen<br />
Das Pfarrgebiet wurde früher als Müllhalde verwendet, wo immer noch alte Tanks und Batterien gelagert sind.
unterbreitete, eine kirchliche Basisgemeinde<br />
zu formen. Ich wagte dieses<br />
Thema anzuschnei<strong>den</strong>, weil die Gruppe<br />
sich und auch mich schon gut<br />
kannte. Es war eine „zähe“ Angelegenheit,<br />
zu einem Gespräch in dieser<br />
Runde zu kommen, noch dazu zum<br />
Thema „Kirche“. Dann geschah so etwas<br />
wie ein kleines „Pfingstwunder“:<br />
einer fing an in „<strong>sein</strong>er Sprache“ zu re<strong>den</strong>;<br />
und er redete von sich, von <strong>sein</strong>er<br />
Vergangenheit, als gemeiner Dieb<br />
und Drogenabhängiger. Und alle fingen<br />
an, zu re<strong>den</strong>, ohne Hemmungen,<br />
ohne Angst. Alle redeten davon, was<br />
sie schon lange bedrückte, was sie los<br />
wer<strong>den</strong> wollten, was sie befreite. Das<br />
Wort „Kirche“ war nicht gefallen, doch<br />
was sich hier ereignete und jeder spürte,<br />
war „erlebte Kirche“, war die Gegenwart<br />
des Geistes Jesu Christi, der<br />
befreite, der Vertrauen weckte, der uns<br />
menschlich näher brachte.<br />
Neben dem Sich-Kennenlernen<br />
sind es zunächst vor allem die gemeinsamen<br />
sozialen Probleme, die eine Basisgemeinde<br />
zusammenführen und zusammen-„schweißen“:<br />
Als vor sechs<br />
Jahren diese Villa entstand, versprach<br />
die Stadtverwaltung von Quilmes (eine<br />
„Vorstadt“ mit 700.000 Einwohnern),<br />
daraus eine „or<strong>den</strong>tliche“ Siedlung mit<br />
entsprechender Infrastruktur zu machen.<br />
Der Geist Jesu verändert<br />
Es gab verschie<strong>den</strong>ste Kommissionen,<br />
die sich bildeten und wieder auflösten,<br />
hunderte von Versammlungen, dutzende<br />
von Petitionen an die Stadt, an<br />
das Land und an die Nation gerichtet,<br />
letztlich gab es - außer leeren Versprechungen<br />
- nichts. Es gab jedoch inzwischen<br />
eine kirchliche Basisgemeinde,<br />
die sich der sozialen Problemen federführend,<br />
intelligent und mit Courage<br />
annahm. Es gelang ihr, die Medien auf<br />
die prekäre Situation in spektakulärer<br />
Weise aufmerksam zu machen. Ein erstes<br />
Ergebnis dieses Bemühens: die<br />
Villa hat endlich genügend Trinkwasser.<br />
Neben <strong>den</strong> sozialen Herausforderungen,<br />
<strong>den</strong>en sich die Basisgemeinde<br />
gestellt hat und die von ihr viel abverlangen,<br />
versammelt sie sich regelmäßig<br />
alle 14 Tage zum Bibel-Gespräch<br />
und Gebet.<br />
Ich konnte mit Erstaunen und<br />
Freude, ja hautnah erfahren, wie der<br />
Geist Jesu die <strong>Menschen</strong> mit der Zeit<br />
wirklich verändern kann.<br />
Wie anders könnte es <strong>den</strong>n <strong>sein</strong>,<br />
dass María Avila in einer Versammlung<br />
Federico Freybler mit Kindern der Gemeinde in „<strong>sein</strong>er“ Villa.<br />
von einer aufgebrachten Nachbarín<br />
eine Ohrfeige einstecken musste, und<br />
darauf ruhig antwortete: „Jesus hat<br />
gesagt, wenn dich einer auf die linke<br />
Wange schlägt, dann halte ihm auch<br />
die rechte hin“. Es ist völlig un<strong>den</strong>kbar,<br />
dass María noch vor drei Jahren<br />
so geantwortet und gehandelt hätte.<br />
Erstens hätte sie <strong>den</strong> Namen „Jesus“<br />
nie in <strong>den</strong> Mund genommen und zweitens<br />
hätte sie die Angreiferin „krankenhausreif“<br />
geprügelt.<br />
<strong>Bei</strong>m letzten großen Regen wurde<br />
die Hütte einer Nachbarin von Carina<br />
kniehoch unter Wasser gesetzt. Das<br />
ist schlimm, <strong>den</strong>n die Fäkaliengruben<br />
sind nicht tief genug. Das Regenwasser<br />
überschwemmt die Gruben und<br />
befördert <strong>den</strong> ganzen Unrat auch in<br />
die Hütte! Carina nahm die ganze betroffene<br />
Familie wie selbstverständlich<br />
in ihre Behausung auf. Insgesamt waren<br />
es zwölf Personen, die in unvorstellbarer<br />
Enge drei Wochen zusammenlebten.<br />
Der Staat hilft nicht<br />
Veronica mit drei Kindern war in einer<br />
ähnlichen Lage, das Hochwasser war<br />
auch in ihre Hütte eingedrungen: „Ich<br />
glaube, meine Nachbarin ist schlimmer<br />
dran als ich, könntet ihr nicht zunächst<br />
einmal ihre Hütte in Ordnung bringen!“<br />
Welch noble solidarische Geste!<br />
Ein brutaler Vater züchtigte <strong>sein</strong>en<br />
zweijährigen Sohn, indem er das<br />
Kind mehrmals in einer Wassertonne<br />
untertauchte und es wahrscheinlich<br />
ertränkt hätte, wäre nicht María dazugekommen,<br />
die dem Vater eine kräftige<br />
Ohrfeige verpasste, das Kind aus<br />
der Wassertonne zog und die Polizei<br />
verständigte. <strong>Bei</strong><strong>den</strong> Eltern wurde das<br />
Sorgerecht nicht nur für dieses, sondern<br />
auch für die bei<strong>den</strong> Geschwister<br />
von vier und fünf Jahren entzogen.<br />
María hat sich der Kinder angenommen,<br />
mit ihren eigenen vier hat sie nun<br />
sieben Kinder im Alter von zwei bis<br />
neun Jahren zu versorgen. Der Staat<br />
hilft ihr nicht. Soziale Unterstützung für<br />
kinderreiche Familien gibt es erst ab<br />
dem achten Kind… María arbeitet in<br />
der Küche unseres Sozial-Zentrums.<br />
Wenigstens ist das Essen für die Kinder<br />
gesichert.<br />
So ganz nebenbei: Die Zeitungen<br />
veröffentlichten in diesen Tagen, dass<br />
sich das erklärte Vermögen des Präsi<strong>den</strong>ten-Paares<br />
Kirchner im Jahr 2008<br />
um 158%, von 17 auf 46 Millionen Pesos<br />
erhöht habe…<br />
Ganz ohne Zweifel: Die kirchliche<br />
Basisgemeinde „Ceferino Namuncurá“<br />
ist zur führen<strong>den</strong> Gruppe in dieser Villa<br />
Miseria herangewachsen. Der Samen<br />
des Wortes Gottes fiel nicht nur unter<br />
Dornen oder auf steinigen Weg, sondern<br />
auch auf fruchtbaren Bo<strong>den</strong>: der<br />
Geist Jesu Christi lebt unter <strong>den</strong> Armen<br />
und manifestiert sich in <strong>den</strong> Worten<br />
und Taten dieser <strong>Menschen</strong>.<br />
Federico Freybler, zum Diözesanpriester<br />
geweiht am 4. Juli 1971, sieben<br />
Jahre als Priester in der <strong>Diözese</strong> <strong>Rottenburg</strong>-<strong>Stuttgart</strong><br />
tätig, dann fast 30<br />
Jahre Aufenthalt als Priester in Argentinien,<br />
12 Jahre Priester in der Provinz<br />
Santiago del Estero, danach im Großraum<br />
Buenos Aires. Seit Juli 2003<br />
Pfarrer in der Gemeinde „San Juan<br />
Bautista.“<br />
19
Zum Verhältnis von Kirche und Staat<br />
Ein Rückblick auf vier Jahrzehnte kirchlicher<br />
Entwicklungsarbeit in Uganda<br />
von P. Franz Pfaff WV<br />
Als ich 1965 als junger Afrikamissionar<br />
in Uganda ankam, war der Einfluss der<br />
geordneten Kolonialverwaltung noch<br />
sehr spürbar und das Leben in jeder<br />
Hinsicht äußerst angenehm. Die Dienste<br />
des Landes, beispielsweise die<br />
Gesundheitsversorgung, waren sehr<br />
gut. Ich hatte als Neuankömmling leider<br />
gleich einen Motorradunfall und<br />
wurde in ein Regierungskrankenhaus<br />
eingeliefert - und gut versorgt. Auch<br />
das Schulwesen war wohl organisiert.<br />
Die Lehrer erhielten am Zahltag pünktlich<br />
und ohne Verzögerung ihr Gehalt.<br />
Und es war ein Zahltag, für <strong>den</strong> es sich<br />
lohnte, guten Unterricht zu geben. Der<br />
Bildungsstand in <strong>den</strong> Schulen konnte<br />
leicht mit Europa Schritt halten. Handel<br />
und Gewerbe funktionierten gut. Die<br />
kleinen Dinge, die man für einen europäisierten<br />
Haushalt brauchte, waren<br />
leicht erhältlich. Materialien und Einrichtungen<br />
für Gebäude konnte man<br />
mit Leichtigkeit bei einer Baufirma kaufen.<br />
Als ich 1970 meinen ersten Heimaturlaub<br />
machte und erzählte, dass<br />
ich in Uganda tätig bin, beneideten<br />
mich meine Zuhörer. Jemand sagte,<br />
in Uganda möchte er auch leben, er<br />
habe da einen schönen Urlaub verbracht.<br />
Das gol<strong>den</strong>e Zeitalter fand 1972<br />
jedoch ein jähes Ende. Präsi<strong>den</strong>t Idi<br />
Amin brachte mit <strong>sein</strong>er Militärdiktatur<br />
alles durcheinander. Die Dienstleistungen<br />
des Staates hörten auf. In <strong>den</strong><br />
Kauflä<strong>den</strong> der Händler gähnten nur<br />
leere Regale. Soldaten plünderten die<br />
wohlhaben<strong>den</strong> Leute aus und ermordeten<br />
sie. Professoren und gut ausgebildete<br />
Leute mussten um ihr Leben<br />
fürchten und flohen in großer Zahl aus<br />
Uganda.<br />
Das Blatt wendete sich erst wieder<br />
1986, als Präsi<strong>den</strong>t Museveni an die<br />
Macht kam, ein Mann der zweiten Generation<br />
von afrikanischen Staatsmännern<br />
nach der Unabhängigkeit. Mit <strong>sein</strong>er<br />
liberalen Wirtschaftspolitik stellte<br />
er wieder einigen Wohlstand her. Doch<br />
heutzutage machen Korruption und<br />
Raubtierkapitalismus das Leben für<br />
<strong>den</strong> kleinen Mann sehr schwer.<br />
20<br />
Die Bevölkerung wuchs mächtig<br />
von sechs Millionen im Jahre 1965<br />
auf mittlerweile 31 Millionen. Der Wettkampf<br />
um Teilhabe an <strong>den</strong> Ressourcen<br />
des Landes ist daher heute enorm.<br />
Bis jetzt sind noch 80 Prozent der<br />
Bevölkerung von der Landwirtschaft<br />
abhängig. Wenn aber die jetzige Schülergeneration<br />
einmal eine eigene Familie<br />
grün<strong>den</strong> will, wer<strong>den</strong> 50 Prozent<br />
wohl nicht mehr vom Ackerbau leben<br />
können.<br />
Kirchliche Veränderungen<br />
1965 gab es in Uganda noch eine<br />
große Zahl von ausländischen Missionskräften<br />
und Or<strong>den</strong>sleuten, aber<br />
nur wenige einheimische Priester, Or<strong>den</strong>sschwestern<br />
und Or<strong>den</strong>sbrüder.<br />
Heute hat sich dieses Verhältnis umgedreht.<br />
Es gibt zahlreiche einheimische<br />
Priester und Or<strong>den</strong>sleute, aber<br />
nur wenige ausländische Missionarinnen<br />
und Missionare. Gemäß einer<br />
Zählung von 2006 stehen heute rund<br />
1.500 afrikanischen Priestern nur noch<br />
etwa 300 ausländische Missionare gegenüber.<br />
Dabei nimmt die Zahl der afrikanischen<br />
Priester stetig zu. Gleichermaßen<br />
wachsen auch die Zahlen anderer<br />
afrikanischer Or<strong>den</strong>smitglieder:<br />
Schwestern und Brüder, während das<br />
ausländische kirchliche Personal weiter<br />
zurückgeht.<br />
Etwa 40 Prozent der Einwohner<br />
Ugandas sind Katholiken. Die Kirche<br />
ist aber nicht nur aktiv im Gotteshaus,<br />
sondern auch sehr engagiert im Schulund<br />
Gesundheitswesen. Insgesamt ist<br />
sie so präsent in der Öffentlichkeit,<br />
dass Präsi<strong>den</strong>t Museveni die Kirche<br />
als moralische Autorität anerkennt und<br />
sie das „Gewissen der Nation“ nennt.<br />
Wie die Kirche auf <strong>den</strong> Wandel<br />
antwortete<br />
Als der Schlammassel mit Idi Amin begann,<br />
gab es noch viele ausländische<br />
Missionare. Sie sahen, dass die Regierung<br />
<strong>den</strong> <strong>Menschen</strong> nicht mehr die<br />
nötigen Dienste anbot, und schrieben<br />
einfach an ihre Wohltäter, was alles gebraucht<br />
würde. Im Selbsthilfe-Stil begannen<br />
sie, die Dienste der Regierung<br />
zu ersetzen. So wur<strong>den</strong> auf einfache<br />
Art Primar- und Oberschulen gebaut.<br />
Die Eltern der Schüler zahlten Schulgeld,<br />
das Geld wurde gut verwaltet,<br />
und die Lehrer konnten bezahlt wer<strong>den</strong>.<br />
Durch Wohltäter kamen auch<br />
Bücher in die neuen Schulen. Manchmal<br />
gelang es durch Freunde in der<br />
Verwaltung, <strong>den</strong> Zahltag für die Lehrer<br />
von der Regierung zu bekommen.<br />
Solche Freunde zu haben, war damals<br />
sehr wertvoll.<br />
Im Gesundheitswesen ging es<br />
ähnlich zu. Vor allem Or<strong>den</strong>sschwestern,<br />
die auch ausgebildete Krankenschwestern<br />
und gelegentlich Ärztinnen<br />
in ihren Reihen hatten, schrieben an<br />
ihre Spender. So wur<strong>den</strong> Krankenhäuser<br />
und Stationen für ambulante<br />
Behandlung gebaut. Um die Arzneien<br />
kostengünstig zu erhalten, wurde<br />
auf Landesebene der „Joint Medical<br />
Store“ eingerichtet, ein gemeinsames,<br />
ökumenisch orientiertes Lager für Medikamente.<br />
Die Patienten konnten dadurch<br />
in kirchlich geführten Gesundheit<strong>sein</strong>richtungen<br />
für erschwingliches<br />
Geld echte, nicht verpfuschte, und<br />
richtig diagnostizierte Arznei und Behandlung<br />
erhalten.<br />
In diesem Zusammenhang verdient<br />
ausdrücklich das Krankenhaus<br />
in Rubaga, Kampala, lobende Erwähnung,<br />
an dem die 2001 verstorbene<br />
und aus <strong>Stuttgart</strong>-Hofen stammende<br />
Dr. Rita Moser von 1959 bis 1998 als<br />
Missionsärztin gearbeitet hatte. Sie<br />
gehörte dem Gral, der internationalen<br />
Bewegung christlicher Frauen an,<br />
und leitete seit 1970 als Chefärztin das<br />
Rubaga-Hospital, das währenddessen<br />
immer wieder erweitert wurde und zu<br />
einem erstklassigen Krankenhaus in<br />
der Hauptstadt Ugandas avancierte.<br />
Einige Missionare betätigten sich<br />
im landwirtschaftlichen Bereich, nachdem<br />
die Landwirtschaftsschulen aufgehört<br />
hatten zu funktionieren. Dabei<br />
ist daran zu erinnern, dass bis zum<br />
heutigen Tag 80 Prozent der Bevölkerung<br />
Ugandas von Ackerbau und Viehzucht<br />
abhängig sind. Auch hier bot es<br />
sich an, <strong>den</strong> Wohltätern zu schreiben<br />
und sie zum <strong>Bei</strong>spiel zu bitten, Geld für
einen Traktor, <strong>den</strong> man in Kenia kaufen<br />
wollte, zu schicken.<br />
In der Pionierzeit erhielten viele<br />
Pfarreien bis zu vier Quadratkilometer<br />
Land. Dieses wurde nun in Schulfarmen<br />
verwandelt. Junge Leute konnten<br />
dort auf praktische Art lernen,<br />
wie man Landwirtschaft betreibt und<br />
Überschüsse erzeugt, um über das<br />
Existenzminimum hinauszukommen.<br />
Schließlich gab es Missionare,<br />
die handwerklich sehr begabt waren<br />
und Berufsschulen aufbauten, an <strong>den</strong>en<br />
Schulabgänger zu Schlossern,<br />
Schreinern oder anderen Handwerkern<br />
herangebildet wur<strong>den</strong>. Einige Or<strong>den</strong>sschwestern<br />
gründeten Hauswirtschaftsschulen<br />
für Mädchen.<br />
Die ausgebildeten jungen Handwerker<br />
und Geschäftsleute baten<br />
dann die Missionare und ebenso die<br />
einheimischen Pfarrer um Darlehen,<br />
um einen Betrieb oder ein Geschäft<br />
anfangen zu können. Dieser Wunsch<br />
kam <strong>den</strong> Bischöfen zu Ohren und nun<br />
schrieben sie ihrerseits an Geldgeber<br />
in Übersee, um eine katholische Bank,<br />
die CENTENARY BANK, grün<strong>den</strong> zu<br />
können. Diese Bank breitete sich über<br />
ganz Uganda aus und floriert bis zum<br />
heutigen Tag.<br />
Schul<strong>den</strong>erlass im Jahr 2000<br />
2000 kam Uganda in <strong>den</strong> Genuss eines<br />
internationalen Schul<strong>den</strong>erlasses und<br />
das Land profitierte davon. Man akzeptierte<br />
die Verpflichtung, die eingesparten<br />
Zinszahlungen zu verwen<strong>den</strong>,<br />
um die soziale Infrastruktur zu verbessern.<br />
In <strong>den</strong> folgen<strong>den</strong> Jahren wur<strong>den</strong><br />
viele Gebäude errichtet für Schulen,<br />
kleine und große Krankenhäuser. Darauf<br />
folgte die Entscheidung der Regierung,<br />
die Primarschulbildung von<br />
Schulgeldzahlungen zu befreien und<br />
ärztliche Behandlung <strong>den</strong> Patienten<br />
frei anzubieten. Diese guten Gesetzesverabschiedungen<br />
brachten aber<br />
leider nicht das gewünschte Resultat,<br />
dass nämlich die Bürger nun eine gute<br />
Gesundheitsversorgung kostenfrei erhielten<br />
und Kinder unentgeltlich eine<br />
Primarschule besuchen konnten. Die<br />
Korruption verdarb <strong>den</strong> Brei.<br />
Das heutige Dilemma<br />
Da heute einerseits die Mitglieder des<br />
Parlamentes verkün<strong>den</strong>, dass Arznei<br />
frei zu bekommen ist, erwarten die Patienten<br />
von kirchlich geführten Krankenhäusern<br />
auch, dass sie diesen Beschluss<br />
so umsetzen. Aber kirchliche<br />
Krankenhäuser wer<strong>den</strong>, anders als<br />
staatliche Einrichtungen des Gesund-<br />
heitswesens, nicht bezuschusst. Und<br />
genauso wenig bezahlt die Regierung<br />
die Gehälter von Krankenschwestern<br />
und Ärzten in kirchlich geführten Krankenhäusern.<br />
Andererseits erhalten die Patienten<br />
in <strong>den</strong> staatlichen Krankenhäusern<br />
auch keine Dienste umsonst, weil<br />
eben Korruption herrscht. So ist nun<br />
wieder die Versuchung da, <strong>den</strong> Wohltätern<br />
zu schreiben.<br />
Schon haben<br />
afrikanische Priester<br />
und Or<strong>den</strong>sleutefreundschaftliche<br />
Kontakte zu<br />
Europa geknüpft<br />
und Pfarreien und<br />
Schulen oder einzelne<br />
Wohltäter<br />
hier partnerschaftliche<br />
Beziehungen<br />
zu Uganda hergestellt.<br />
Also schickt<br />
sich die Kirche<br />
an, aufs Neue die<br />
Dienste der Regierung<br />
ersetzen.<br />
In <strong>den</strong> Schulen<br />
ist es nicht<br />
anders, weil dort<br />
die Lehrergehälter<br />
nicht selten mit bis zu sechs Monaten<br />
Verspätung ankommen und nichts für<br />
<strong>den</strong> Unterhalt der Schulgebäude im<br />
Regierungsetat vorgesehen ist. Also<br />
zerfallen die Gebäude, und die Lehrer<br />
ziehen es vor, in privaten Schulen<br />
zu unterrichten, in <strong>den</strong>en die Kinder<br />
der Reichen <strong>den</strong> Zahltag für die Lehrer<br />
pünktlich einhalten, und die Eltern<br />
akzeptieren, dass sie auch einen <strong>Bei</strong>trag<br />
zum Baufonds zahlen müssen,<br />
um die Gebäude gut in Schuss halten<br />
zu können. Wiederum ist die Versuchung<br />
groß, einfach <strong>den</strong> Wohltätern zu<br />
schreiben und fällige Leistungen der<br />
Regierung so zu ersetzen.<br />
Die korrupte Regierung melkt also<br />
die Wohltäter, und man fragt sich, ob<br />
nicht der Spieß umgedreht wer<strong>den</strong><br />
könnte.<br />
Ein möglicher Ausweg<br />
Neben der katholischen Kirche ist<br />
auch die anglikanische Kirche in<br />
Uganda präsent mit zehn Millionen<br />
Mitgliedern. Sie hat es bisher verstan<strong>den</strong>,<br />
mehr Vorteile aus der korrupten<br />
Regierung herauszuholen als die Katholiken.<br />
Worin könnte das Geheimnis<br />
ihres Erfolges liegen?<br />
In meinen letzten zehn Jahren in<br />
Uganda fiel mir auf, wie sehr sich die<br />
katholische <strong>Diözese</strong> Moroto bemühte,<br />
<strong>den</strong> Schülern und Schülerinnen in der<br />
Primarschule und in der Oberschule<br />
bis zur Mittleren Reife, aber nicht weiter,<br />
zu verhelfen. Einige von diesen gestrandeten<br />
Mittelschülern gingen anschließend<br />
zu <strong>den</strong> Anglikanern, wo sie<br />
Hilfe bis zu einem guten Abschluss an<br />
einer der Universitäten erhielten. Das<br />
verschaffte ihnen wiederum gute An-<br />
Pater Franz Pfaff beim Besuch der Pfarrei Mbirizi in der <strong>Diözese</strong><br />
Masaka, die eine Partnerschaft mit der Kirchengemeinde<br />
in Wangen unterhält.<br />
stellungen in der Regierung. Somit<br />
wurde die Mehrzahl der Intelligenz anglikanisch,<br />
während unten an der Basis<br />
die größere Zahl katholisch ist.<br />
Wie wäre es <strong>den</strong>n, wenn auf katholischer<br />
Seite künftig ein bisschen<br />
weniger für Schul- und Krankenhausgebäude<br />
ausgegeben wer<strong>den</strong> würde,<br />
um ein bisschen mehr Geld zu haben,<br />
für die Förderung von begabten Stu<strong>den</strong>ten<br />
nach der mittleren Reife? Auf<br />
diese Weise bekämen schließlich auch<br />
Katholiken gute Regierungsjobs. Und<br />
wenn man dann noch Verwandten von<br />
Priestern und Or<strong>den</strong>sleuten <strong>den</strong> Vorzug<br />
gäbe, wäre ein katholischer Priester<br />
oder eine katholische Or<strong>den</strong>sschwester<br />
sehr wahrscheinlich viel erfolgreicher<br />
in der Beantragung der an<br />
und für sich vorhan<strong>den</strong>en Regierungsgelder<br />
für Schulen oder Krankenhäuser,<br />
weil über ihre Anträge nämlich ihre<br />
katholischen Verwandten in <strong>den</strong> Regierungsbüros<br />
entschie<strong>den</strong>.<br />
Pater Franz Pfaff – Afrikamissionar<br />
z.Zt. Hausoberer der Weißen Väter<br />
in Haigerloch, von 1965 bis 2005 als<br />
Missionar in Afrika in <strong>den</strong> <strong>Diözese</strong>n<br />
Mbarara und Moroto.<br />
21
Erinnerungen an Pastoraleinsätze in Kolumbien und Ecuador<br />
Lateinamerikafieber<br />
von Sabina Bran<strong>den</strong>stein<br />
Kolumbien war für mich ein gänzlich<br />
unbekanntes Land! Vom „Indiojungen<br />
aus Peru“ sang ein Schlager, Brasilien<br />
war wegen Zuckerhut und Sambatanz<br />
bekannt, Bolivien klang nach Titicacasee,<br />
und auch Mexiko war durch<br />
die „Fiesta Mexicana“ ein Begriff. Aber<br />
von Kolumbien hatte im Jahr 1984<br />
in meinem Bekanntenkreis noch niemand<br />
etwas gehört. Warum gerade<br />
Kolumbien? Nun, eine Studienfreundin<br />
– Medizinerin – erzählte begeistert von<br />
ihrer fünfwöchigen Famulatur bei einer<br />
befreundeten Or<strong>den</strong>sschwester in <strong>den</strong><br />
Armutsvierteln von Bogota. „Schreib<br />
doch einfach mal hin“, sagte sie zu<br />
mir, „vielleicht können sie dich gebrauchen“.<br />
Und auf diese Weise kam ich<br />
nach dem Theologiestudium für eineinhalb<br />
Jahre zu einem ersten Südamerikaeinsatz.<br />
Ich hatte damals sehr idealisierte<br />
Vorstellungen von: Den Armen helfen,<br />
etwas Gutes tun, vielleicht auch Wiedergutmachung...<br />
Lateinamerika klang<br />
außerdem nach „Theologie der Befreiung“,<br />
Basisgemein<strong>den</strong>...<br />
Die Realität war eine andere und<br />
der „Bo<strong>den</strong> der Tatsachen“ manchmal<br />
ziemlich hart: Ich konnte nicht einmal<br />
Spanisch und kam mir am Anfang oft<br />
recht hilflos und verloren vor. Erst nach<br />
drei Monaten – als ich mich schon etwas<br />
verständigen konnte – begann<br />
Während eines Gottesdienstes.<br />
22<br />
ich, Fuß zu fassen und das Gefühl von<br />
Fremdheit und zu verlieren. Je mehr<br />
ich Land und Leute kennenlernte, desto<br />
faszinierter war ich von der südamerikanischen<br />
Mentalität und Lebensweise:<br />
Selbst die ärmsten <strong>Menschen</strong><br />
waren überaus gastfreundlich, es wurde<br />
immer viel gelacht und gefeiert und<br />
das Heute war wichtiger als die Sorge<br />
um das Morgen.<br />
Unstillbare Sehnsucht<br />
Ich habe sehr viel gelernt in diesen<br />
anderthalb Jahren! Nicht nur eine neue<br />
Sprache, sondern auch eine neue Lebensauffassung.<br />
Ich hatte mich anstecken<br />
lassen von einem „Virus“, das<br />
man das „Lateinamerikafieber“ nennt:<br />
es ist unheilbar und bewirkt eine unstillbare<br />
Sehnsucht nach Rückkehr...<br />
Und so war mir bei meiner Rückkehr<br />
nach Deutschland sonnenklar:<br />
nach der dreijährigen Ausbildung zur<br />
Pastoralreferentin würde ich wieder<br />
nach Lateinamerika gehen! Diesmal<br />
aber gut vorbereitet und ausgebildet<br />
für einen längerfristigen Pastoraleinsatz.<br />
Ich hatte in Bogota schon erste<br />
Kontakte zu Bethlehem Missionaren.<br />
Zurück in Deutschland nahm ich Verbindung<br />
mit diesen in der Schweiz auf<br />
und äußerte <strong>den</strong> Wunsch, einen Einsatz<br />
mit ihnen zu machen. Im Herbst<br />
1989 ging ich zur Vorbereitung nach<br />
Köln durch die Arbeitsgemeinschaft<br />
für Entwicklungshilfe (AGEH) und<br />
dann noch nach Luzern und Immensee.<br />
In einem Team mit zwei Schweizern,<br />
einem Priester und einer Hauswirtschaftslehrerin<br />
sollte es dann am<br />
1. Februar 1990 nach Ecuador gehen.<br />
Doch was war diesmal mein Rüstzeug?<br />
War ich besser gewappnet für<br />
die Hür<strong>den</strong> und Schwierigkeiten am<br />
Anfang? Gut: Ich konnte die Sprache,<br />
ich wusste so einiges über Land und<br />
Leute, hatte eine leise Ahnung von interkulturellen<br />
„Fettnäpfchen“, in die es<br />
möglichst nicht zu treten galt. Was wir<br />
allerdings nicht hatten, war eine fest<br />
umrissene Aufgabe. Die sollten wir mit<br />
der Zeit selbst entwickeln. Wir waren<br />
„Pioniere“ in fast noch „unberührtem“<br />
Terrain. Zum Glück ahnten wir damals<br />
noch nicht, was sich alles hinter diesem<br />
großartig klingen<strong>den</strong> Wort: „Pio-<br />
nier“ verbergen konnte... Unser „Einsatzgebiet“<br />
waren drei Pfarreien im<br />
Nor<strong>den</strong> Ecuadors mit 52 Dörfern und<br />
Weilern. Von der Provinzhauptstadt<br />
(Bischofssitz) ca. fünf Autostun<strong>den</strong><br />
entfernt. Die Zugangsstrasse existierte<br />
eigentlich noch gar nicht- sie befand<br />
sich immer im Bau.<br />
Es gab eine abenteuerliche Bahn,<br />
die immer wieder entgleiste...Und die<br />
meisten unserer Dörfer konnten wir<br />
nur zu Fuß oder auf Maultierrücken<br />
erreichen. Die Entfernungen innerhalb<br />
unsrer Pfarreien betrugen bis zu 100<br />
km! Es gab Dörfer mit indigener Bevölkerung,<br />
mit Mestizen und – der Großteil<br />
– Schwarzen, ehemaligen Sklaven.<br />
Keine vorgefertigten Konzepte<br />
Die Philosophie der Bethlehem<br />
Mission war es und ist es bis heute, zu<br />
<strong>den</strong> <strong>Menschen</strong> am Rande der Gesellschaft,<br />
zu <strong>den</strong> Ärmsten der Armen zu<br />
gehen, zu <strong>den</strong>en keiner gehen will und<br />
MIT diesen <strong>Menschen</strong> das Leben zu<br />
teilen. Ihre Sorgen und Nöte, ihre Freu<strong>den</strong><br />
und Lei<strong>den</strong> kennenzulernen. Und<br />
dann mit ihnen zusammen Schritte zu<br />
gehen auf dem Weg der Befreiung.<br />
Das heißt konkret, man kommt nicht<br />
mit einem vorgefertigten Konzept zu<br />
<strong>den</strong> <strong>Menschen</strong>, so nach dem Motto:<br />
Wir Europäer haben die Weisheit mit<br />
Löffeln gefressen und füttern nun die<br />
armen, unterentwickelten Völker mit<br />
unserem Knowhow, damit sie endlich<br />
auf einen grünen Zweig kommen.<br />
Nein, wir kommen zuerst als Hörende<br />
und Lernende. Dies erfordert natürlich<br />
viel Geduld und Ausdauer und bedeu-
Kolumbien<br />
Republik Kolumbien – República<br />
de Colombia<br />
Staatsform: Präsidialrepublik<br />
Amtssprache: Spanisch<br />
Hauptstadt: Bogotá, D.C.<br />
Fläche: 1.138.748 km²<br />
Einwohnerzahl 41.966.004 ( 2006 )<br />
Bevölkerungsdichte: 36,8 Einwohner<br />
pro km²<br />
Religionen: Katholische Kirche<br />
ca. 90 % der Bevölkerung<br />
Protestantische Kirche 6 % der<br />
Bevölkerung<br />
Indigene Religionen 1 % der<br />
Bevölkerung<br />
Katholische Kirche:<br />
13 Erzdiözesen<br />
61 <strong>Diözese</strong>n<br />
38.406.000 Katholiken<br />
Ecuador<br />
Republik Ecuador – República del<br />
Ecuador<br />
Staatsform: Präsidialrepublik<br />
Amtssprache: Spanisch<br />
Hauptstadt: Quito<br />
Fläche: 256.370 km²<br />
Einwohnerzahl 13 547.500 ( 2006 )<br />
Bevölkerungsdichte: 52,8 Einwohner<br />
pro km²<br />
Religionen: Katholische Kirche<br />
ca. 90 % der Bevölkerung<br />
sonst keine Angaben<br />
Katholische Kirche:<br />
4 Erzdiözesen<br />
19 <strong>Diözese</strong>n<br />
11.749.000 Katholiken<br />
tet auch, Erwartungen, die die Menschern<br />
an uns hatten, zu enttäuschen.<br />
Wir sollten keine fertigen Lösungen haben,<br />
bevor wir überhaupt die Fragen<br />
und Probleme verstan<strong>den</strong> hatten.<br />
Mit der Zeit fand ich meine Gaben<br />
und Aufgaben: Ich begleitete die<br />
Gemeindeleiter und Katechetinnen zu<br />
Ausbildungskursen, um dann später<br />
mit ihnen zusammen ein Ausbildungskonzept<br />
für unsere Gemein<strong>den</strong> zu entwickeln.<br />
Ich lernte die Wünsche und<br />
Träume der Kinder und Jugendlichen<br />
kennen und versuchte, mit ihnen zusammen<br />
Aktivitäten und Programme<br />
zu organisieren...<br />
Das Wichtigste und (Heraus-)Fordernste<br />
in unserem vierjährigen Einsatz<br />
war die Präsenz, das Da<strong>sein</strong>, das<br />
Mit<strong>sein</strong>, Mitleben mit <strong>Menschen</strong>, die<br />
„am Ende der Welt“ angesiedelt waren:<br />
ohne Elektrizität, oft ohne fließendes<br />
Wasser, ohne Infrastruktur.<br />
<strong>Menschen</strong>, die nicht wussten, warum<br />
sie eine schwarze Hautfarbe hatten,<br />
und <strong>den</strong>en noch nie jemand erzählt<br />
hatte, dass es einen Kontinent namens<br />
Afrika gibt, aus dem ihre Vorfahren<br />
geraubt und verschleppt wor<strong>den</strong><br />
waren... <strong>Menschen</strong>, die von weniger<br />
als einem Euro am Tag leben mussten;<br />
<strong>Menschen</strong>, die auf Haciendas wie<br />
Sklaven schufteten, mit einem halben<br />
freien Tag die Woche. <strong>Menschen</strong>, die<br />
wir als extrem arm bezeichnen wür<strong>den</strong>,<br />
und die einen Reichtum besitzen<br />
an Glauben, Hoffnung und Liebe.<br />
Don Angel, der 75-jährige „Glaubensanimateur“<br />
unsres Dorfes, der<br />
mit 65 Schreiben und Lesen lernte,<br />
um <strong>sein</strong>en Leuten aus der Bibel vorlesen<br />
zu können, kam regelmäßig auf<br />
einen „cafesito“ zu uns. Eines Tages<br />
sagte er zu uns: „Ihr seid arm. Ihr habt<br />
keine Familie, keine Angehörigen hier.<br />
Ihr habt alles verlassen, um bei uns zu<br />
<strong>sein</strong>. Deshalb wollen wir Eure Familie<br />
<strong>sein</strong>.“ Schöner könnte man interkulturelle<br />
Verständigung, ja Freundschaft<br />
nicht ausdrücken!<br />
Nach vier Jahren kam ich zurück<br />
nach Deutschland, aber ich kam nie<br />
wirklich an..., das Virus ließ mich nicht<br />
zur Ruhe kommen. Und so war mir<br />
schon nach wenigen Wochen klar: ich<br />
möchte in einen neuen Einsatz nach<br />
Südamerika. Dieses Mal wollte ich wieder<br />
nach Kolumbien. Und so kam ich<br />
im August 1995 in die Millionenstadt<br />
Cali. Jetzt schon als „erfahrene“ Missionarin<br />
im Stil der „Bethlehem Mission“.<br />
Eine von uns<br />
In Cali habe ich erleben dürfen, was<br />
eine Theologin so alles lernen kann:<br />
Zirkus machen, Videos erstellen, Texte<br />
für eine Salsa-Messe schreiben und<br />
selbst mitsingen, <strong>Menschen</strong>rechtsund<br />
Frie<strong>den</strong>sarbeit – immer unter der<br />
Prämisse: MIT <strong>den</strong> <strong>Menschen</strong> vor Ort<br />
einen gemeinsamen Weg fin<strong>den</strong> und<br />
gehen. Das schönste Kompliment,<br />
das mir in all’ <strong>den</strong> Jahren in Südamerika<br />
gemacht wurde, ist dieses: „Sabina,<br />
du bist eine von uns. Auch wenn<br />
du vielleicht mehr weißt und kannst in<br />
manchen Bereichen. Du lässt es uns<br />
nicht spüren. Du bist an unserer Seite,<br />
kämpfst für die gleichen Ideale, setzt<br />
dich zusammen mit uns ein, für mehr<br />
Gerechtigkeit, für Frie<strong>den</strong>...“<br />
In Cali lernte ich auch meinen Mann<br />
kennen. Wir sind dann 2001 zusammen<br />
mit unserer kleinen Tochter nach<br />
Neiva, Kolumbien in einen weiteren<br />
Einsatz mit der Bethlehem Mission gegangen.<br />
Die Bürgerkriegssituation in<br />
Kolumbien hatte sich noch verschärft.<br />
Immer mehr <strong>Menschen</strong> wur<strong>den</strong> aufgrund<br />
des bewaffneten Konfliktes zwischen<br />
Guerilla, Paramilitär und Staatsgewalt<br />
zu Flüchtlingen innerhalb ihres<br />
eigenen Landes. Knapp 10 % der kolumbianischen<br />
Bevölkerung (nämlich<br />
vier Millionen) befin<strong>den</strong> sich auf der<br />
Flucht. In der „Pastoral Social“ arbeitete<br />
ich zusammen mit einheimischen<br />
Kräften für die internen Vertriebenen.<br />
Außerdem unterstützte ich die <strong>Menschen</strong>rechtsgruppe<br />
der Südkolumbianischen<br />
Universität und absolvierte ein<br />
Zusatzstudium in <strong>Menschen</strong>rechtsarbeit.<br />
Wir organisierten viele Seminare<br />
zum Thema <strong>Menschen</strong>rechte, Gerechtigkeit<br />
und Frie<strong>den</strong>. „Frie<strong>den</strong>“ ist<br />
vielleicht eines der meistgebrauchten<br />
Wörter in kolumbianischen Schulen.<br />
Der größte Wunsch jedes Kindes und<br />
fast je<strong>den</strong> Kolumbianers.<br />
Zum Schluss die heikle Frage:<br />
Was bewirkt, was „bringt“ so ein Personaleinsatz?<br />
Kann man menschliche<br />
Begegnungen auswerten? Kann man<br />
die (Aus-)Wirkung von „Präsenz“, von<br />
Mitleben, Leben-Teilen messen? Ist es<br />
nicht ein bisschen so wie im Gleichnis<br />
von der selbstwachsen<strong>den</strong> Saat (Mk<br />
26-28): Während unseres Einsatzes<br />
versuchen wir etwas anzustoßen, Samen<br />
zu säen der Gerechtigkeit, des<br />
friedlichen Miteinanders, des Selbstbewusst<strong>sein</strong>s<br />
und Selbstwertgefühls.<br />
Auch in uns fallen solche „Samen“,<br />
<strong>den</strong>n auch wir sind Lernende und Beschenkte.<br />
Und dann ist ein anderer am<br />
Werk. Gott, der Heilige Geist...<br />
Während des Einsatzes <strong>den</strong>kt<br />
man oft: es geschieht nichts, es ändert<br />
sich nichts, unser Tun macht wenig<br />
Sinn. Aber, manchmal sieht man<br />
nach Jahren, dass die „Saat“ aufgegangen<br />
ist. Wir gründeten zum <strong>Bei</strong>spiel<br />
in <strong>den</strong> Elendsvierteln von Cali<br />
zusammen mit Kindern und Jugendlichen<br />
unserer Pfarrei einen „Zirkus für<br />
<strong>den</strong> Frie<strong>den</strong>“. Wer hätte gedacht, dass<br />
dieser Zirkus allen Widerstän<strong>den</strong> und<br />
Schwierigkeiten zum Trotz „überlebte“<br />
und im vergangenen Jahr mit einer Abordnung<br />
die Sternsingeraktion in der<br />
Schweiz und in Kolumbien mitgestaltete<br />
und Zeugnis dafür ablegte, wie<br />
Kinder und Jugendliche in einem von<br />
Krieg und Gewalt geschüttelten Land<br />
Zeichen setzen können für Frie<strong>den</strong><br />
und <strong>Menschen</strong>würde.<br />
Sabina Bran<strong>den</strong>stein, derzeit Pastoralreferentin<br />
in der Katholischen Kirchengemeinde<br />
St. Maria, Königin der Apostel,<br />
in Baiersbronn.<br />
23
„Mara kanchu chanchu“<br />
von Kilian Krug<br />
„Mara kanchu chanchu“ – Die<br />
Schweine sind weg! Warum dieser<br />
Ausspruch einen 29 – jährigen deutschen<br />
in Bolivien nicht kalt lässt, bedarf<br />
einer kurzen Erklärung:<br />
Als dies geschah, befand ich mich<br />
mitten in <strong>den</strong> Voran<strong>den</strong> Boliviens, im<br />
Sü<strong>den</strong> des Landes, auf etwa 3000 m<br />
Höhe in einem ca. 400-Seelendorf namens<br />
„Incahuasi“. Der Name bedeutet<br />
soviel wie „Haus des Inca“ und erinnert<br />
an das untergegangene Inca-Reich,<br />
das weite Teile Südamerikas umfasste.<br />
In Incahuasi erinnern noch zwei Tatsachen<br />
daran. Zum einen die Sprache<br />
der Inkas, Quechua, die dort immer<br />
noch von <strong>den</strong> Einheimischen gesprochen<br />
wird. Zum anderen steht auf<br />
dem Dorfplatz eine Statue eines dieser<br />
Herrn, ungeachtet der Kälte steht<br />
er im Len<strong>den</strong>schurz direkt vor der Kirche<br />
und beobachtet, ähnlich wie die<br />
Frauen, die am Straßenrand hocken,<br />
in typischer Tracht mit <strong>den</strong> zwei Zöpfen<br />
und dem unvermeidlichen Hut, die<br />
Neuigkeiten die so im Dorf geschehen.<br />
So ist ihm ebenso wie <strong>den</strong> Dorfbewohnern<br />
sicher nicht entgangen, dass<br />
im Spätsommer 2009 auf einmal der<br />
für dortige Verhältnisse ungewöhnlich<br />
lange, dunkelblonde Deutsche aufgetaucht<br />
ist!<br />
Von April bis August 2009 war ich<br />
dort im missionarischen Dienst, im Auf-<br />
24<br />
trag der <strong>Diözese</strong> <strong>Rottenburg</strong> – <strong>Stuttgart</strong>.<br />
Durch einen Missionar aus Eichstätt<br />
war im Jahr zuvor der Kontakt<br />
zustande gekommen. Meine Aufgabe<br />
als Laientheologe war nun die Schulen<br />
auf dem Land zu besuchen und<br />
die Lehrer zu unterstützen, welche Religionsunterricht<br />
geben, jedoch keine<br />
theologische Ausbildung besitzen. Um<br />
diesem Auftrag nachzukommen war<br />
zunächst einmal nötig zu <strong>den</strong> Schulen<br />
zu gelangen. Dass war in der Ebene<br />
und manchen der Täler der zwischen<br />
2000 und 4000m gelegenen Pfarrei<br />
noch mit dem Pickup auf abenteuerlichen<br />
„Straßen“ möglich. In <strong>den</strong> Tälern<br />
und Bergen weiter im Landesinnere ist<br />
es nur zu Fuß oder mit dem Maultier<br />
möglich eine der 65 Ortschaften der<br />
Pfarrei zu erreichen!<br />
Diese entlegenen Ortschaften<br />
kann daher der Pfarrer auch nur zwei<br />
bis dreimal im Jahr besuchen. Dies geschieht<br />
dann in einer Tour, meist eine<br />
Woche lang, in der er täglich eine Ortschaft<br />
besucht, die Messe feiert und<br />
sämtliche in der Zwischenzeit angefallenen<br />
Sakramente wie Taufe und Ehe,<br />
spendet. Am Sonntag wird in diesen<br />
Ortschaften normalerweise ein Wortgottesdienst<br />
gefeiert, der von ehrenamtlichen<br />
Katechisten geleitet wird,<br />
welche dafür ausgebildet und von Beruf<br />
meist Bauern sind.<br />
Kilian Krug auf dem Weg durch die Berge zu einer Gemeinde.<br />
Mit einem dieser Katechisten durfte<br />
ich so eine Rundtour über 12 Tage<br />
machen. Dabei besuchten wir täglich<br />
eine Schule, arbeiteten mit <strong>den</strong> Lehren<br />
und besuchten die Schüler, die sich<br />
sehr über <strong>den</strong> Besuch aus Deutschland<br />
freuten.<br />
Außerdem versammelten wir die<br />
Gläubigen, um einen Wortgottesdienst<br />
mit ihnen zu feiern. Oft bietet das Land<br />
nicht genug Ertrag für <strong>den</strong> Lebensunterhalt<br />
der Familie, so dass viele Bauern<br />
und eben auch so mancher Katechist<br />
auf Arbeitssuche wegzieht und<br />
daher kein Gottesdienst am Sonntag<br />
stattfindet. So setzten wir z. B. neue<br />
Katechisten ein und ermunterten die<br />
Gläubigen zum sonntäglichen Gottesdienstbesuch.<br />
Mitarbeit in der Pfarrei<br />
Außer dieser meiner Hauptaufgabe<br />
in <strong>den</strong> Schulen arbeitete ich in<br />
der Pfarrei mit. So begleitete ich <strong>den</strong><br />
Pfarrer bei <strong>den</strong> Gottesdiensten, übte<br />
mit <strong>den</strong> Jugendlichen Lieder für <strong>den</strong><br />
Gottesdienst oder half im Haushalt<br />
mit. Da der Pfarrer sich lediglich aus<br />
<strong>den</strong> Stolgebühren für die Sakramentenspendung<br />
finanzeiern kann, musste<br />
er sich etwas einfallen lassen, da<br />
die Ausgaben wesentlich höher sind.<br />
Daher hat er einfach Kartoffeln angebaut,<br />
um durch deren Verkauf die Einkünfte<br />
aufzubessern. Alle die im Pfarrhaus<br />
mit wohnten, also Pfarrer, Vikar<br />
und ich mussten bei der Kartoffelernte<br />
dann mithelfen.<br />
Eines Tages liefen eben auch unsere<br />
bei<strong>den</strong> Schweine weg – „Mana<br />
kanchu“, auf Quetchua. Diese Sprache<br />
wird, wie gesagt, vor allem auf
dem Land noch häufig gesprochen.<br />
Die Schüler dort lernen oft erst in der<br />
Schule Spanisch, die Sprache der<br />
spanischen Eroberer und offizielle Landessprache.<br />
Spanisch ist mir nicht<br />
zuletzt durch mein Auslandsstudium<br />
2006 in Chile, dem Nachbarland Boliviens<br />
bekannt. Damals wuchs bei einer<br />
Rundreise in <strong>den</strong> Semesterferien,<br />
bei der ich auch Bolivien kennenlernte,<br />
in mir der Wunsch, einmal wiederzukommen.<br />
Jedoch wollte ich das bei<br />
einer Rückkehr nicht als Tourist, sondern<br />
bewusst als Missionar tun. Schon<br />
damals in Chile nahm ich an einem<br />
missionarischen Projekt für Stu<strong>den</strong>ten<br />
teil. <strong>Bei</strong> diesem Verständnis von Mission,<br />
das ich damals und auch jetzt in<br />
Bolivien kennen gelernt habe, geht es<br />
nicht um ein gewaltsames Aufpfropfen<br />
einer <strong>den</strong> <strong>Menschen</strong> frem<strong>den</strong> Religion<br />
oder frem<strong>den</strong> Kultur, wie es bei einem<br />
falschverstan<strong>den</strong> Missionsbergriff der<br />
Fall wäre. Vielmehr geht es hier um<br />
ein Sprechen und mehr noch ein Leben<br />
des Evangeliums mit der Frohen<br />
Botschaft von Jesus Christus in die<br />
Lebenswelt der <strong>Menschen</strong>, in ihrem<br />
jeweiligen konkreten Kontext. Dabei<br />
kam mir in Bolivien oft der Gedanke:<br />
„So muss es Paulus bei <strong>sein</strong>en Missionsreisen<br />
gegangen <strong>sein</strong>“, nämlich immer<br />
wieder von Ort zu Ort zu ziehen<br />
und hin und wieder in <strong>den</strong> Gemein<strong>den</strong><br />
nach dem Rechten zu sehen. Genauso<br />
kamen mir die Ortschaften in Bolivien<br />
auch vor, wie kleine Gemein<strong>den</strong>,<br />
ähnlich die der frühen Christen.<br />
Zu meinen engeren Aufgaben in<br />
<strong>den</strong> Schulen gehörte auch die Vorbereitung<br />
der Sakramentenkatechese.<br />
Da die Schüler auf dem Land einen bis<br />
zu zweistündigen Schulweg haben ist<br />
es kaum möglich, die Kinder nochmals<br />
zum Kommunionunterricht zu versammeln.<br />
Daher baten wir von der Pfarrei<br />
die Lehrer diese Vorbereitung während<br />
des Religionsunterrichts zu machen.<br />
Darum arbeitete ich hauptsächlich<br />
mit <strong>den</strong> Lehrern. Vor allem zu Beginn<br />
war ich dann auch mal länger in einer<br />
Schule, so dass ich die Lehrer besser<br />
kennen lernen konnte. So war ich beispielsweise<br />
einmal in einer sehr kleinen<br />
Schule mit nur zwei Lehrern, ein<br />
Lehrerehepaar. Die Klassen waren so<br />
aufgeteilt, dass zwei bis drei Klassenstufen<br />
in einer Klasse waren. So hatten<br />
beispielsweise die dritte, vierte und<br />
fünfte Klassenstufe gemeinsam Unterricht.<br />
Da ich länger vor Ort <strong>sein</strong> konnte,<br />
übernachtete ich auch dort, auf der<br />
Isomatte und hatte dadurch abends<br />
Zeit für die bei<strong>den</strong> Lehrer. Diese waren<br />
Kilian Krug mit Schülern auf dem Land.<br />
sehr interessiert und stellten Fragen, z.<br />
B. über <strong>den</strong> richtigen Umgang mit der<br />
Bibel. Schließlich stellte sich heraus,<br />
dass die bei<strong>den</strong>, die ja die Erstkommunionvorbereitung<br />
machen sollten, selber<br />
noch keine Erstkommunion empfangen<br />
hatten! Daher verblieben wir<br />
so, dass beide sich mit ihren Schülern<br />
auf die Erstkommunion vorbereiten.<br />
Am Abend nahmen mich beide<br />
dann noch mit zur Familie ihres Patenkindes.<br />
das war eine kleine Lehmhütte<br />
in der Nähe der Schule. Die Familie<br />
lebt vom Ertrag ihres Landes. Meist<br />
wer<strong>den</strong> Kartoffeln und Mais angebaut<br />
und außerdem gibt es noch Tiere wie<br />
Schafe und Ziegen. Da die Lehrer mich<br />
mitgebracht hatten, war ich quasi der<br />
Ehrengast. Es gab eine einfache Suppe<br />
mit Kartoffeln und Nudeln in einem<br />
Holzteller mit einem Holzlöffel zu essen.<br />
Trotz der Ärmlichkeit herrschte in<br />
dieser Hütte so eine Herzlichkeit mir<br />
als Fremdem gegenüber, die ich nie<br />
vergessen werde.<br />
In Bolivien befindet man sich in<br />
einem der europäischen stark entgegengesetzten<br />
Kultur und Mentalität.<br />
So funktioniert in der Regel das, was<br />
geplant war, eher nicht. <strong>Bei</strong>spielsweise<br />
begleitete ich <strong>den</strong> Pfarrer, als er zu<br />
einem Schuljubiläum <strong>den</strong> Gottesdienst<br />
halten sollte. Ausgemacht war morgen<br />
um 8:00 Uhr. Als wir dort um die<br />
verabredete Zeit eintrafen, begannen<br />
die ersten <strong>den</strong> Schulhof zu fegen und<br />
die Schule zu schmücken. Nach etwa<br />
zwei Stun<strong>den</strong> war dann alles bereit,<br />
ausreichend Leute waren für <strong>den</strong> Gottesdienst<br />
eingetroffen!<br />
Auf der anderen Seite funktioniert<br />
dann wieder vieles, was zuvor nicht so<br />
geplant war. So waren nicht nur unsere<br />
erwähnten Schweine verschwun<strong>den</strong>,<br />
sondern auch eines unserer Maultiere<br />
war wohl sehr freiheitsliebend. Es war<br />
zu Beginn unserer Rundtour durch die<br />
Ortschaften verschwun<strong>den</strong>, als ausgemacht<br />
war, dass am Ausgangsort<br />
die bei<strong>den</strong> Maultiere für die zu erwarten<strong>den</strong><br />
Strapazen ausreichend gefüttert<br />
bereitstehen. Nur war eines auf<br />
dem Weg dorthin ausgerissen und<br />
verschwun<strong>den</strong>. Mein Begleiter, nun<br />
der die Gewohnheiten dieser Tiere<br />
kennt, wusste, dass sie immer wieder<br />
an <strong>den</strong> Ort zurückkehren an dem<br />
sie aufgewachsen sind. Und da wir an<br />
eben diesem Ort auch vorbeikamen,<br />
trafen wir es dort, zwar etwas abgemagert<br />
aber wohlbehalten an!<br />
Abschließend kann ich sagen,<br />
dass ich in diesem knappen halben<br />
Jahr sehr viele gute und wertvolle Erfahrungen<br />
sammeln durfte, die auch<br />
in unserm europäischen Kontext von<br />
Nutzen <strong>sein</strong> können. Vor allem die Gelassenheit<br />
ist eine Fähigkeit, die ich<br />
sehr zu schätzen gelernt habe. An dieser<br />
Stelle möchte ich einen ganz herzlichen<br />
Dank an alle Verantwortlichen<br />
des Referats Weltkirche unserer <strong>Diözese</strong><br />
aussprechen, die diesen Dienst<br />
an unseren Brüdern und Schwestern<br />
in Bolivien ermöglicht haben.<br />
Kilian Krug stammt aus Deißlingen-<br />
Lauffen bei Rottweil und war nach<br />
dem Theologiestudium in Eichstätt<br />
und Valparaiso (Chile) von April bis August<br />
2009 im Missionarischen Dienst<br />
in der <strong>Diözese</strong> Sucre in Bolivien tätig<br />
und ist jetzt Diözesantheologe in Tübingen.<br />
25
Alles wirkliche Leben ist Begegnung.“<br />
von Klaus-Jürgen Kauß<br />
„Diese Aussage von Martin Buber, die<br />
in der Überschrift des Artikels wiedergegeben<br />
ist, beschreibt die besondere<br />
Chance für die Lerngemeinschaft<br />
Weltkirche durch <strong>den</strong> vielfachen Austausch<br />
und die Begegnung miteinander.<br />
Aus diesem Grund wird die <strong>Diözese</strong><br />
auch in Zukunft Priester und<br />
pastorale Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />
für einen zeitlich begrenzten<br />
pastoralen Dienst in andere Teile der<br />
Weltkirche entsen<strong>den</strong>.<br />
Exposure- und Begegnungsprogramme<br />
Das englische Wörterbuch definiert<br />
das Wort „Exposure“ mit folgender<br />
Umschreibung: „Sich einer anderen<br />
Situation aussetzen“ oder „Sich in<br />
eine andere Situation zu begeben.“ Im<br />
hier zu Grunde liegen<strong>den</strong> Kontext bedeutet<br />
dies: Zukünftige pastorale Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter lassen<br />
sich für eine kurze Zeit auf eine neue<br />
26<br />
völlig andere Lebenskultur ein in Ländern<br />
der Südhalbkugel. Dabei stehen<br />
die menschliche Begegnung und der<br />
gegenseitige Austausch immer im Mittelpunkt.<br />
Im Erfahrungsaustausch und<br />
in gemeinsamen Reflexionsrun<strong>den</strong> lernen<br />
die Gäste von <strong>den</strong> Gastgebern,<br />
was es heißt, unter ärmlichen Lebenssituationen<br />
die Herausforderungen des<br />
Lebens zu meistern. Und umgekehrt<br />
kommt es zu einem Dialog über die<br />
Fragen der Werte und Ziele im Leben.<br />
Im Kontext der <strong>Diözese</strong> <strong>Rottenburg</strong>-<strong>Stuttgart</strong><br />
gibt es bereits ein konkretes<br />
durchgeführtes Exposure- und<br />
Begegnungsprogramm. Schon seit<br />
längerer Zeit unterstützte das Theologische<br />
Mentorat an der Universität Tübingen<br />
ein Sozialprojekt in Indien. So<br />
kam es nach einigen Gesprächen zu<br />
der Idee, die Projektpartner dort vor<br />
Ort zu besuchen und vor allem Stu<strong>den</strong>tinnen<br />
und Stu<strong>den</strong>ten in Indien für ein<br />
Begegnungsseminar zu gewinnen. So<br />
entstand nach diesem neuen Konzept<br />
im Jahr 2008 eine erste Exposure- und<br />
Begegnungsreise nach Indien. Neben<br />
dem eigentlichen 15-tätigen Reiseteil<br />
in Indien, gab es eine intensive Vorbereitung<br />
auf das Land Indien mit <strong>sein</strong>er<br />
religiösen Interkulturalität, <strong>sein</strong>er unvorstellbaren<br />
Armut, aber auch dem<br />
hautnahen Gegensatz zwischen arm<br />
und reich. Die Vorbereitung erstreckte<br />
sich über ein Semester. Im Land selber<br />
wurde dann vor allem mit öffentlichen<br />
Verkehrsmitteln gereist. Ebenso hatten<br />
die Studieren<strong>den</strong> in Kleingruppen die<br />
Gelegenheit, verschie<strong>den</strong>e Projekte<br />
kennenzulernen. Ein intensives Nachbereitungsseminar<br />
rundete das Gesamtprogramm<br />
ab.<br />
Die Erfahrungen der Studieren<strong>den</strong><br />
und der Leitung war so positiv, dass<br />
im kommen<strong>den</strong> Jahr 2010 ein zweites<br />
Exposureprogramm nach Indien stattfin<strong>den</strong><br />
wird, das bereits voll belegt ist.<br />
Ein neuer spannender Versuch soll<br />
ebenfalls noch im Jahr 2010 unternommen<br />
wer<strong>den</strong>. Durch Initiative des
Eine-Welt-Ausschusses des Diözesanrats<br />
und durch die Hauptabteilung<br />
Weltkirche der <strong>Diözese</strong> <strong>Rottenburg</strong>-<br />
<strong>Stuttgart</strong> soll im Oktober 2010 eine<br />
weitere Exposure- und Begegnungsreise<br />
stattfin<strong>den</strong>, und zwar nach Südbrasilien.<br />
Die Ziele dieser für eine andere<br />
Personengruppe gedachten Reise<br />
lesen sich wie folgt :<br />
-Bereicherung der eigenen Lebenserfahrung<br />
durch direkte Kontakte<br />
mit <strong>Menschen</strong> in Brasilien. – Weltkirchliche<br />
Bewusst<strong>sein</strong>sarbeit erleben und<br />
gemeinsam reflektieren. – Neue religiöse<br />
Erfahrungen in Bezug auf einen<br />
selbst und Kirchengemeinde gewinnen.<br />
– Zusammenfin<strong>den</strong> von Verantwortlichen<br />
(Haupt- und Ehrenamtliche)<br />
im Eine-Welt-Bereich der <strong>Diözese</strong> <strong>Rottenburg</strong>-<strong>Stuttgart</strong>.<br />
Um die geplante Reise als größtmögliche<br />
Multiplikationsreise innerhalb<br />
der Eine-Welt-Arbeit in der <strong>Diözese</strong> zu<br />
verankern, wur<strong>den</strong> gezielt Hauptamtliche<br />
und Ehrenamtliche Verantwortliche<br />
für die Eine-Welt Arbeit im Diözesanrat<br />
und <strong>den</strong> Kirchengemein<strong>den</strong><br />
angesprochen.<br />
Unter dem Titel „Brasilien – Wo<br />
wohnst du ? – Komm und sieh“ soll<br />
es bei der Reise auch zu einem Austausch<br />
der Kirchengemeindearbeit<br />
zwischen deutschen und brasilianischen<br />
Gemein<strong>den</strong> kommen. In Zusammenarbeit<br />
mit dem ökumenischen<br />
Lateinamerikanischen Bibelinstitut<br />
(CEBI ) steht auch gemeinsame Bibelarbeit<br />
auf dem Programm der Reise.<br />
Reverse-Programm<br />
Im Rahmen des Jugendforums 2006<br />
formulierten Jugendliche und junge<br />
Erwachsene, darunter auch viele<br />
ehemalige Freiwillige des Weltkirchlichen<br />
Frie<strong>den</strong>sdienstes (WFD), dass<br />
das Platzangebot im WFD ausgebaut<br />
wer<strong>den</strong> soll. Andererseits machten sie<br />
sich stark dafür, dass aus der „Einbahnstraße<br />
WFD“ eine wirkliche Partnerschaft<br />
wer<strong>den</strong> solle. Junge <strong>Menschen</strong><br />
aus <strong>den</strong> Partnerländern sollen<br />
die Möglichkeit bekommen, eine vergleichbare<br />
Erfahrung in unserer <strong>Diözese</strong><br />
zu machen. Damit Partnerschaft<br />
erlebbar und Kirche als Weltkirche für<br />
Die Reisegruppe des Tübinger<br />
Mentorats in Aurangabad, Indien.<br />
Begegnung und Austausch im Maher<br />
Projekt in Pune, Indien.<br />
Pastoralplan der <strong>Diözese</strong> Santa Cruz<br />
do Sul, Brasilien.<br />
beide Seiten erfahrbar wer<strong>den</strong> kann.<br />
In <strong>den</strong> pastoralen Prioritäten der<br />
<strong>Diözese</strong> sind die Vertiefung und Weiterentwicklung<br />
der partnerschaftlichen<br />
und weltkirchlichen Zusammenarbeit<br />
verankert.<br />
Im Beschluss des Diözesanrates<br />
zur weltkirchlichen Arbeit (2007) ist darüber<br />
hinaus konkretisiert, dass weltkirchliche<br />
Freiwilligendienste ausgebaut,<br />
die Arbeit mit Rückkehrer/innen<br />
intensiviert und der Dienst weiter profiliert<br />
wer<strong>den</strong> sollen. Dabei müsse stärker<br />
das „Prinzip der Gegenseitigkeit“<br />
berücksichtigt wer<strong>den</strong>.<br />
Nach dem Ausbau des Platzangebots<br />
im Weltkirchlichen Frie<strong>den</strong>sdienstes<br />
und durch die Einrichtung<br />
der Servicestelle steht nun die Realisierung<br />
eines Reverse-Programms an.<br />
Junge <strong>Menschen</strong> aus <strong>den</strong> Partnerdiözesen<br />
und <strong>den</strong> Partnerprojekten sollen<br />
die Möglichkeit eines einjährigen Freiwilligendienstes<br />
in unserer <strong>Diözese</strong> erhalten.<br />
So erhalten diese junge <strong>Menschen</strong><br />
Einblicke in das soziale und gesellschaftliche<br />
Leben in Deutschland,<br />
in die Arbeit von Kirchengemein<strong>den</strong><br />
und Verbän<strong>den</strong> in unserer <strong>Diözese</strong>. Die<br />
Partnerschaftsarbeit kann so gestärkt<br />
wer<strong>den</strong>.<br />
Um dies nun konkret umzusetzen,<br />
ist daran gedacht, einer Person <strong>den</strong><br />
Auftrag im Rahmen einer befristeten<br />
Stelle zu geben, ein Konzept für solch<br />
ein Reverse-Programm auszuarbeiten<br />
und dann in <strong>den</strong> folgen<strong>den</strong> Jahren als<br />
Pilotprojekt umzusetzen.<br />
Klaus-Jürgen Kauß, Ständiger Diakon<br />
der <strong>Diözese</strong> <strong>Rottenburg</strong>-<strong>Stuttgart</strong> seit<br />
1995 und Mitarbeiter in der Hauptabteilung<br />
Weltkirche.<br />
27
<strong>Diözese</strong> <strong>Rottenburg</strong>-<strong>Stuttgart</strong> gründet die Stiftung „Weltkirche“<br />
<strong>Bei</strong> <strong>den</strong> <strong>Menschen</strong> <strong>sein</strong>“<br />
von Dr. Thomas Broch<br />
<strong>Rottenburg</strong>, 7. November 2009. Als<br />
Zeichen weltweiter Solidarität, das<br />
sich einreiht in eine lange Tradition<br />
weltkirchlichen Engagements der <strong>Diözese</strong>,<br />
hat Bischof Gebhard Fürst die<br />
neu gegründete Stiftung „Weltkirche“<br />
in der <strong>Diözese</strong> <strong>Rottenburg</strong>-<strong>Stuttgart</strong><br />
bezeichnet. Sie wurde am Samstag,<br />
7. November, bei einem Festakt<br />
in der Festhalle <strong>Rottenburg</strong> in Anwesenheit<br />
von rund 120 Gästen aus Kirche,<br />
Or<strong>den</strong>, Politik und Gesellschaft<br />
vorgestellt. Vorausgegangen war ein<br />
Festgottesdienst mit Bischof Gebhard<br />
Fürst im <strong>Rottenburg</strong>er St.-Martins-<br />
Dom.<br />
Die derzeit mit 2,3 Millionen Euro<br />
ausgestattete Stiftung soll nach <strong>den</strong><br />
Worten von Bischof Fürst die weltkirchliche<br />
Arbeit der <strong>Diözese</strong> auch in<br />
Zukunft nachhaltig sichern. Sie gehe,<br />
so der Bischof, zurück auf die Erfahrungen<br />
von Bischof Carl-Joseph Leiprecht<br />
während des Zweiten Vatikanischen<br />
Konzils und sei vor allem<br />
durch <strong>den</strong> ehemaligen Generalvikar<br />
Eberhard Mühlbacher vorangebracht<br />
wor<strong>den</strong>.<br />
28<br />
Die Stiftung „Weltkirche“ ist eine<br />
Dachstiftung. Ihre Geschäftsführung<br />
ist bei der Hauptabteilung X des Bischöflichen<br />
Ordinariats angesiedelt.<br />
Zu ihr wer<strong>den</strong> künftig die bereits bestehen<strong>den</strong><br />
Stiftungen „Pastorale Dienste<br />
in Übersee“, „El Maestro en Casa“<br />
und „P. Franz von Tattenbach“ für Bildungsprojekte<br />
in Guatemala sowie<br />
„Schwestern helfen Schwestern“ gehören.<br />
Letztere wurde 1989 gegründet<br />
und wird durch die Franziskanerinnen-Kongregationen<br />
von Reute,<br />
Schwäbisch Hall und Sießen, durch<br />
die St.-Anna-Schwestern in Ellwangen<br />
sowie durch die Vinzentinerinnen-Kongregation<br />
der Barmherzigen Schwestern<br />
in Untermachtal getragen. Als ein<br />
„ermutigendes und hilfreiches Zeugnis<br />
im Geist des hl. Franz von Assisi und<br />
des hl. Vinzenz von Paul“ bezeichnete<br />
Bischof Fürst dieses Solidaritätswerk<br />
der Schwesterngemeinschaften, das<br />
in dem Festakt am Samstag auch das<br />
eigene 20-jährige Bestehen feierte.<br />
<strong>Bei</strong> aller Unterschiedlichkeit ihrer<br />
Stiftungszwecke, so Bischof Gebhard<br />
Fürst, dokumentierten diese vier Stif-<br />
tungen eine gemeinsame Grundhaltung,<br />
die darin bestehe, nicht „am Grünen<br />
Tisch Konzepte oder gar Rezepte<br />
zu entwickeln“, sondern sich vom konkreten<br />
Hilfebedarf der <strong>Menschen</strong> leiten<br />
zu lassen. Das Jesus-Wort „Was<br />
willst du, dass ich dir tue“ sei heute ein<br />
in <strong>sein</strong>er Modernität und Professionalität<br />
unbestrittenes Grundprinzip sozialer<br />
Arbeit. Weltkirchliche Arbeit finde<br />
bei aller Unterschiedlichkeit in <strong>den</strong> jeweils<br />
konkreten Situationen ihre Kraft<br />
und ihre Glaubwürdigkeit in der unmittelbaren<br />
Begegnung von Mensch zu<br />
Mensch, die die Kompetenz des anderen<br />
respektiere und ihm die Freiheit<br />
<strong>sein</strong>er Entscheidung zugestehe,<br />
betonte der Bischof. Das Leitwort der<br />
neuen Stiftung: „<strong>Bei</strong> <strong>den</strong> <strong>Menschen</strong><br />
<strong>sein</strong>“, drücke dieses Grundprinzip treffend<br />
aus. Es sei darüber hinaus ein<br />
wesentliches Kennzeichen christlicher<br />
Existenz und ein Qualitätskriterium einer<br />
lebendigen Kirche.<br />
Die Frage der „Inkulturation“, der<br />
Transformation des Glaubens in die jeweiligen<br />
Kulturen und deren Lebensformen<br />
hinein, sei ein zentrales Problem<br />
der Weltkirche<br />
und ihrer Verkündigung.<br />
Heute erschließe<br />
sich aber eine neue<br />
Perspektive der Inkulturation,<br />
so Bischof Fürst.<br />
Es gehe heute darum,<br />
dass sich die westliche<br />
Kirche beleben und bereichern<br />
lasse von der<br />
Glaubensfreude und<br />
dem Lebensmut der<br />
Christen in anderen Regionen<br />
der Erde. Es zeige<br />
sich, „dass wir von<br />
ihnen vieles an christlicher<br />
Substanz zurück<br />
erhalten, was wir ihnen<br />
in früheren Zeiten vermittelt<br />
haben“, sagte<br />
der Bischof. Es sei<br />
„nicht unbedingt ein<br />
Scha<strong>den</strong>“, dass sich<br />
dadurch hierzulande<br />
die Sorgen und Prioritäten<br />
verschieben und<br />
ein anderes Gewicht<br />
bekommen.
Adressen zu Freiwilligen- und Personaldiensten<br />
Informationen zu <strong>den</strong> verschie<strong>den</strong>en<br />
Personaldiensten<br />
auf der Südhalbkugel<br />
Bischöfliches Ordinariat<br />
Hauptabteilung X Weltkirche<br />
Klaus-Jürgen Kauß<br />
Postfach 9<br />
D-72101 <strong>Rottenburg</strong><br />
Telefon: 0 74 72 / 169-491<br />
e-mail: kjkauss@bo.drs.de<br />
Informationen zum<br />
Weltkirchlichen Frie<strong>den</strong>sdienst<br />
BDKJ<br />
Fachstelle Freiwilligendienste.<br />
Jessica Ortmeyer<br />
Postfach 12 29<br />
D-73242 Wernau<br />
Telefon: 0 71 53 / 30 01-184<br />
e-mail: jortmeyer@bdkj-bja.drs.de<br />
www.ich-will-wfd.de<br />
Informationen zur Servicestelle<br />
Weltkirchlicher Freiwilligendienste<br />
BDKJ<br />
Fachstelle Freiwilligendienste<br />
Melanie Lorenz<br />
Postfach 12 29<br />
D-73242 Wernau<br />
Telefon: 0 71 53 / 30 01-195,<br />
e-mail: mlorenz@bdkj-bja.drs.de<br />
ab Dez. 2009 auf der Homepage<br />
www.bdkj.info<br />
Umschlagseite 3<br />
29