Bei den Menschen sein - Diözese Rottenburg-Stuttgart
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„Mara kanchu chanchu“<br />
von Kilian Krug<br />
„Mara kanchu chanchu“ – Die<br />
Schweine sind weg! Warum dieser<br />
Ausspruch einen 29 – jährigen deutschen<br />
in Bolivien nicht kalt lässt, bedarf<br />
einer kurzen Erklärung:<br />
Als dies geschah, befand ich mich<br />
mitten in <strong>den</strong> Voran<strong>den</strong> Boliviens, im<br />
Sü<strong>den</strong> des Landes, auf etwa 3000 m<br />
Höhe in einem ca. 400-Seelendorf namens<br />
„Incahuasi“. Der Name bedeutet<br />
soviel wie „Haus des Inca“ und erinnert<br />
an das untergegangene Inca-Reich,<br />
das weite Teile Südamerikas umfasste.<br />
In Incahuasi erinnern noch zwei Tatsachen<br />
daran. Zum einen die Sprache<br />
der Inkas, Quechua, die dort immer<br />
noch von <strong>den</strong> Einheimischen gesprochen<br />
wird. Zum anderen steht auf<br />
dem Dorfplatz eine Statue eines dieser<br />
Herrn, ungeachtet der Kälte steht<br />
er im Len<strong>den</strong>schurz direkt vor der Kirche<br />
und beobachtet, ähnlich wie die<br />
Frauen, die am Straßenrand hocken,<br />
in typischer Tracht mit <strong>den</strong> zwei Zöpfen<br />
und dem unvermeidlichen Hut, die<br />
Neuigkeiten die so im Dorf geschehen.<br />
So ist ihm ebenso wie <strong>den</strong> Dorfbewohnern<br />
sicher nicht entgangen, dass<br />
im Spätsommer 2009 auf einmal der<br />
für dortige Verhältnisse ungewöhnlich<br />
lange, dunkelblonde Deutsche aufgetaucht<br />
ist!<br />
Von April bis August 2009 war ich<br />
dort im missionarischen Dienst, im Auf-<br />
24<br />
trag der <strong>Diözese</strong> <strong>Rottenburg</strong> – <strong>Stuttgart</strong>.<br />
Durch einen Missionar aus Eichstätt<br />
war im Jahr zuvor der Kontakt<br />
zustande gekommen. Meine Aufgabe<br />
als Laientheologe war nun die Schulen<br />
auf dem Land zu besuchen und<br />
die Lehrer zu unterstützen, welche Religionsunterricht<br />
geben, jedoch keine<br />
theologische Ausbildung besitzen. Um<br />
diesem Auftrag nachzukommen war<br />
zunächst einmal nötig zu <strong>den</strong> Schulen<br />
zu gelangen. Dass war in der Ebene<br />
und manchen der Täler der zwischen<br />
2000 und 4000m gelegenen Pfarrei<br />
noch mit dem Pickup auf abenteuerlichen<br />
„Straßen“ möglich. In <strong>den</strong> Tälern<br />
und Bergen weiter im Landesinnere ist<br />
es nur zu Fuß oder mit dem Maultier<br />
möglich eine der 65 Ortschaften der<br />
Pfarrei zu erreichen!<br />
Diese entlegenen Ortschaften<br />
kann daher der Pfarrer auch nur zwei<br />
bis dreimal im Jahr besuchen. Dies geschieht<br />
dann in einer Tour, meist eine<br />
Woche lang, in der er täglich eine Ortschaft<br />
besucht, die Messe feiert und<br />
sämtliche in der Zwischenzeit angefallenen<br />
Sakramente wie Taufe und Ehe,<br />
spendet. Am Sonntag wird in diesen<br />
Ortschaften normalerweise ein Wortgottesdienst<br />
gefeiert, der von ehrenamtlichen<br />
Katechisten geleitet wird,<br />
welche dafür ausgebildet und von Beruf<br />
meist Bauern sind.<br />
Kilian Krug auf dem Weg durch die Berge zu einer Gemeinde.<br />
Mit einem dieser Katechisten durfte<br />
ich so eine Rundtour über 12 Tage<br />
machen. Dabei besuchten wir täglich<br />
eine Schule, arbeiteten mit <strong>den</strong> Lehren<br />
und besuchten die Schüler, die sich<br />
sehr über <strong>den</strong> Besuch aus Deutschland<br />
freuten.<br />
Außerdem versammelten wir die<br />
Gläubigen, um einen Wortgottesdienst<br />
mit ihnen zu feiern. Oft bietet das Land<br />
nicht genug Ertrag für <strong>den</strong> Lebensunterhalt<br />
der Familie, so dass viele Bauern<br />
und eben auch so mancher Katechist<br />
auf Arbeitssuche wegzieht und<br />
daher kein Gottesdienst am Sonntag<br />
stattfindet. So setzten wir z. B. neue<br />
Katechisten ein und ermunterten die<br />
Gläubigen zum sonntäglichen Gottesdienstbesuch.<br />
Mitarbeit in der Pfarrei<br />
Außer dieser meiner Hauptaufgabe<br />
in <strong>den</strong> Schulen arbeitete ich in<br />
der Pfarrei mit. So begleitete ich <strong>den</strong><br />
Pfarrer bei <strong>den</strong> Gottesdiensten, übte<br />
mit <strong>den</strong> Jugendlichen Lieder für <strong>den</strong><br />
Gottesdienst oder half im Haushalt<br />
mit. Da der Pfarrer sich lediglich aus<br />
<strong>den</strong> Stolgebühren für die Sakramentenspendung<br />
finanzeiern kann, musste<br />
er sich etwas einfallen lassen, da<br />
die Ausgaben wesentlich höher sind.<br />
Daher hat er einfach Kartoffeln angebaut,<br />
um durch deren Verkauf die Einkünfte<br />
aufzubessern. Alle die im Pfarrhaus<br />
mit wohnten, also Pfarrer, Vikar<br />
und ich mussten bei der Kartoffelernte<br />
dann mithelfen.<br />
Eines Tages liefen eben auch unsere<br />
bei<strong>den</strong> Schweine weg – „Mana<br />
kanchu“, auf Quetchua. Diese Sprache<br />
wird, wie gesagt, vor allem auf