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Bei den Menschen sein - Diözese Rottenburg-Stuttgart

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Kolumbien<br />

Republik Kolumbien – República<br />

de Colombia<br />

Staatsform: Präsidialrepublik<br />

Amtssprache: Spanisch<br />

Hauptstadt: Bogotá, D.C.<br />

Fläche: 1.138.748 km²<br />

Einwohnerzahl 41.966.004 ( 2006 )<br />

Bevölkerungsdichte: 36,8 Einwohner<br />

pro km²<br />

Religionen: Katholische Kirche<br />

ca. 90 % der Bevölkerung<br />

Protestantische Kirche 6 % der<br />

Bevölkerung<br />

Indigene Religionen 1 % der<br />

Bevölkerung<br />

Katholische Kirche:<br />

13 Erzdiözesen<br />

61 <strong>Diözese</strong>n<br />

38.406.000 Katholiken<br />

Ecuador<br />

Republik Ecuador – República del<br />

Ecuador<br />

Staatsform: Präsidialrepublik<br />

Amtssprache: Spanisch<br />

Hauptstadt: Quito<br />

Fläche: 256.370 km²<br />

Einwohnerzahl 13 547.500 ( 2006 )<br />

Bevölkerungsdichte: 52,8 Einwohner<br />

pro km²<br />

Religionen: Katholische Kirche<br />

ca. 90 % der Bevölkerung<br />

sonst keine Angaben<br />

Katholische Kirche:<br />

4 Erzdiözesen<br />

19 <strong>Diözese</strong>n<br />

11.749.000 Katholiken<br />

tet auch, Erwartungen, die die Menschern<br />

an uns hatten, zu enttäuschen.<br />

Wir sollten keine fertigen Lösungen haben,<br />

bevor wir überhaupt die Fragen<br />

und Probleme verstan<strong>den</strong> hatten.<br />

Mit der Zeit fand ich meine Gaben<br />

und Aufgaben: Ich begleitete die<br />

Gemeindeleiter und Katechetinnen zu<br />

Ausbildungskursen, um dann später<br />

mit ihnen zusammen ein Ausbildungskonzept<br />

für unsere Gemein<strong>den</strong> zu entwickeln.<br />

Ich lernte die Wünsche und<br />

Träume der Kinder und Jugendlichen<br />

kennen und versuchte, mit ihnen zusammen<br />

Aktivitäten und Programme<br />

zu organisieren...<br />

Das Wichtigste und (Heraus-)Fordernste<br />

in unserem vierjährigen Einsatz<br />

war die Präsenz, das Da<strong>sein</strong>, das<br />

Mit<strong>sein</strong>, Mitleben mit <strong>Menschen</strong>, die<br />

„am Ende der Welt“ angesiedelt waren:<br />

ohne Elektrizität, oft ohne fließendes<br />

Wasser, ohne Infrastruktur.<br />

<strong>Menschen</strong>, die nicht wussten, warum<br />

sie eine schwarze Hautfarbe hatten,<br />

und <strong>den</strong>en noch nie jemand erzählt<br />

hatte, dass es einen Kontinent namens<br />

Afrika gibt, aus dem ihre Vorfahren<br />

geraubt und verschleppt wor<strong>den</strong><br />

waren... <strong>Menschen</strong>, die von weniger<br />

als einem Euro am Tag leben mussten;<br />

<strong>Menschen</strong>, die auf Haciendas wie<br />

Sklaven schufteten, mit einem halben<br />

freien Tag die Woche. <strong>Menschen</strong>, die<br />

wir als extrem arm bezeichnen wür<strong>den</strong>,<br />

und die einen Reichtum besitzen<br />

an Glauben, Hoffnung und Liebe.<br />

Don Angel, der 75-jährige „Glaubensanimateur“<br />

unsres Dorfes, der<br />

mit 65 Schreiben und Lesen lernte,<br />

um <strong>sein</strong>en Leuten aus der Bibel vorlesen<br />

zu können, kam regelmäßig auf<br />

einen „cafesito“ zu uns. Eines Tages<br />

sagte er zu uns: „Ihr seid arm. Ihr habt<br />

keine Familie, keine Angehörigen hier.<br />

Ihr habt alles verlassen, um bei uns zu<br />

<strong>sein</strong>. Deshalb wollen wir Eure Familie<br />

<strong>sein</strong>.“ Schöner könnte man interkulturelle<br />

Verständigung, ja Freundschaft<br />

nicht ausdrücken!<br />

Nach vier Jahren kam ich zurück<br />

nach Deutschland, aber ich kam nie<br />

wirklich an..., das Virus ließ mich nicht<br />

zur Ruhe kommen. Und so war mir<br />

schon nach wenigen Wochen klar: ich<br />

möchte in einen neuen Einsatz nach<br />

Südamerika. Dieses Mal wollte ich wieder<br />

nach Kolumbien. Und so kam ich<br />

im August 1995 in die Millionenstadt<br />

Cali. Jetzt schon als „erfahrene“ Missionarin<br />

im Stil der „Bethlehem Mission“.<br />

Eine von uns<br />

In Cali habe ich erleben dürfen, was<br />

eine Theologin so alles lernen kann:<br />

Zirkus machen, Videos erstellen, Texte<br />

für eine Salsa-Messe schreiben und<br />

selbst mitsingen, <strong>Menschen</strong>rechtsund<br />

Frie<strong>den</strong>sarbeit – immer unter der<br />

Prämisse: MIT <strong>den</strong> <strong>Menschen</strong> vor Ort<br />

einen gemeinsamen Weg fin<strong>den</strong> und<br />

gehen. Das schönste Kompliment,<br />

das mir in all’ <strong>den</strong> Jahren in Südamerika<br />

gemacht wurde, ist dieses: „Sabina,<br />

du bist eine von uns. Auch wenn<br />

du vielleicht mehr weißt und kannst in<br />

manchen Bereichen. Du lässt es uns<br />

nicht spüren. Du bist an unserer Seite,<br />

kämpfst für die gleichen Ideale, setzt<br />

dich zusammen mit uns ein, für mehr<br />

Gerechtigkeit, für Frie<strong>den</strong>...“<br />

In Cali lernte ich auch meinen Mann<br />

kennen. Wir sind dann 2001 zusammen<br />

mit unserer kleinen Tochter nach<br />

Neiva, Kolumbien in einen weiteren<br />

Einsatz mit der Bethlehem Mission gegangen.<br />

Die Bürgerkriegssituation in<br />

Kolumbien hatte sich noch verschärft.<br />

Immer mehr <strong>Menschen</strong> wur<strong>den</strong> aufgrund<br />

des bewaffneten Konfliktes zwischen<br />

Guerilla, Paramilitär und Staatsgewalt<br />

zu Flüchtlingen innerhalb ihres<br />

eigenen Landes. Knapp 10 % der kolumbianischen<br />

Bevölkerung (nämlich<br />

vier Millionen) befin<strong>den</strong> sich auf der<br />

Flucht. In der „Pastoral Social“ arbeitete<br />

ich zusammen mit einheimischen<br />

Kräften für die internen Vertriebenen.<br />

Außerdem unterstützte ich die <strong>Menschen</strong>rechtsgruppe<br />

der Südkolumbianischen<br />

Universität und absolvierte ein<br />

Zusatzstudium in <strong>Menschen</strong>rechtsarbeit.<br />

Wir organisierten viele Seminare<br />

zum Thema <strong>Menschen</strong>rechte, Gerechtigkeit<br />

und Frie<strong>den</strong>. „Frie<strong>den</strong>“ ist<br />

vielleicht eines der meistgebrauchten<br />

Wörter in kolumbianischen Schulen.<br />

Der größte Wunsch jedes Kindes und<br />

fast je<strong>den</strong> Kolumbianers.<br />

Zum Schluss die heikle Frage:<br />

Was bewirkt, was „bringt“ so ein Personaleinsatz?<br />

Kann man menschliche<br />

Begegnungen auswerten? Kann man<br />

die (Aus-)Wirkung von „Präsenz“, von<br />

Mitleben, Leben-Teilen messen? Ist es<br />

nicht ein bisschen so wie im Gleichnis<br />

von der selbstwachsen<strong>den</strong> Saat (Mk<br />

26-28): Während unseres Einsatzes<br />

versuchen wir etwas anzustoßen, Samen<br />

zu säen der Gerechtigkeit, des<br />

friedlichen Miteinanders, des Selbstbewusst<strong>sein</strong>s<br />

und Selbstwertgefühls.<br />

Auch in uns fallen solche „Samen“,<br />

<strong>den</strong>n auch wir sind Lernende und Beschenkte.<br />

Und dann ist ein anderer am<br />

Werk. Gott, der Heilige Geist...<br />

Während des Einsatzes <strong>den</strong>kt<br />

man oft: es geschieht nichts, es ändert<br />

sich nichts, unser Tun macht wenig<br />

Sinn. Aber, manchmal sieht man<br />

nach Jahren, dass die „Saat“ aufgegangen<br />

ist. Wir gründeten zum <strong>Bei</strong>spiel<br />

in <strong>den</strong> Elendsvierteln von Cali<br />

zusammen mit Kindern und Jugendlichen<br />

unserer Pfarrei einen „Zirkus für<br />

<strong>den</strong> Frie<strong>den</strong>“. Wer hätte gedacht, dass<br />

dieser Zirkus allen Widerstän<strong>den</strong> und<br />

Schwierigkeiten zum Trotz „überlebte“<br />

und im vergangenen Jahr mit einer Abordnung<br />

die Sternsingeraktion in der<br />

Schweiz und in Kolumbien mitgestaltete<br />

und Zeugnis dafür ablegte, wie<br />

Kinder und Jugendliche in einem von<br />

Krieg und Gewalt geschüttelten Land<br />

Zeichen setzen können für Frie<strong>den</strong><br />

und <strong>Menschen</strong>würde.<br />

Sabina Bran<strong>den</strong>stein, derzeit Pastoralreferentin<br />

in der Katholischen Kirchengemeinde<br />

St. Maria, Königin der Apostel,<br />

in Baiersbronn.<br />

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