Bei den Menschen sein - Diözese Rottenburg-Stuttgart
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Pattaya –<br />
Eine Stadt, in der sich Himmel und Hölle begegnen<br />
von Lara Sumski<br />
Rote Lichter, laute Musik und<br />
zahlreiche <strong>Menschen</strong> auf der Straße,<br />
durchmischt von Rufen wie „Welcome<br />
sexy man, sit down! “, empfangen einen,<br />
wenn man gegen Abend in der<br />
Stadt Pattaya, 180 km südlich von<br />
Bangkok, ankommt. Dieser Ort hat<br />
sich in <strong>den</strong> letzten 20 Jahren zu dem<br />
größten Sexzentrum Asiens entwickelt.<br />
Die Amerikaner bezeichneten ihn einst<br />
als „the city of pleasure“. Dem wür<strong>den</strong><br />
mit Sicherheit die meisten Touristen,<br />
die nach Pattaya kommen, auch heute<br />
noch zustimmen, <strong>den</strong>n dort findet man<br />
schöne Strände, vergleichsweise günstige<br />
Unterkünfte mit drei, vier und fünf<br />
Sternen, gigantische Einkaufszentren<br />
und reihenweise Wellness-Angebote.<br />
Doch für die meisten Touristen ist Pattaya<br />
aus einem anderen Grund ein<br />
Traumziel: Unvorstellbar viele Frauen,<br />
Männer und Kinder sind gezwungen,<br />
auf der Straße, in Bars, Clubs oder<br />
Bordellen ihren Körper zu verkaufen.<br />
Aus deren Leid erwächst für die Sextouristen<br />
– bewusst oder unbewusst<br />
- der Höhepunkt ihres Genusses. Und<br />
diesen Genuss suchen viele: 4 Millionen<br />
Übernachtungen pro Jahr, Männer<br />
von 60 – 90 überwiegend, aber<br />
4<br />
auch junge und Männer vom Typ „braver<br />
Familienvater“. Die meisten Gäste<br />
kommen aus Deutschland, an 2. Stelle<br />
Engländer, dann Russen…<br />
In dieser Stadt, wurde für die<br />
Frauen, die an ihrem Leben in der Glitzerwelt<br />
von Sex, Kommerz und Macht<br />
oft fast zerbrechen und zu deren alltäglichem<br />
Leben Gewalt, Armut und<br />
Leid zählen, eine Oase geschaffen:<br />
Das Fountain-of-Life-Women-Center.<br />
Dies ist eine Schule, die von <strong>den</strong><br />
Schwestern vom Guten Hirten gegründet<br />
wurde, ein Ort, an dem die Frauen<br />
Halt, Zuspruch, Respekt und Liebe fin<strong>den</strong>.<br />
Ich hatte das Glück, dass ich an<br />
diesem Ort ein Jahr als „weltkirchliche<br />
Frie<strong>den</strong>sdienstlerin“ leben und helfen<br />
durfte. In dieser Schule können die<br />
Frauen eine Ausbildung zur Friseurin,<br />
Masseurin oder Schneiderin machen,<br />
sowie die Sprachen Thai (Schreiben<br />
und Lesen), Englisch und Deutsch lernen.<br />
Doch neben der schulischen Ausbildung<br />
wird großer Wert darauf gelegt,<br />
die Frauen über Dinge aufzuklären, die<br />
ihr tägliches Leben betreffen. So gibt<br />
es psychologische Beratung, sexuelle<br />
Aufklärung, Informationen über Aids,<br />
<strong>Menschen</strong>handel etc. Doch beinahe<br />
am wichtigsten ist es, das Selbstbewusst<strong>sein</strong><br />
der Frauen zu stärken, ihnen<br />
klar zu machen, dass sie wie alle<br />
Rechte und Bedürfnisse haben und<br />
dass sie Grund haben, sich selbst zu<br />
lieben.<br />
Meine Aufgabe war es, Deutsch<br />
zu unterrichten, doch das war nur ein<br />
Bruchteil meiner Arbeit. Dort ist man<br />
nicht nur Lehrer, sondern auch Freund<br />
und Helfer. Was dies bedeutet, möchte<br />
ich anhand der Geschichte einer<br />
meiner Schülerinnen erklären:<br />
Lara Sumski im Projekt in Pattaya,<br />
Thailand.