Bei den Menschen sein - Diözese Rottenburg-Stuttgart
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und Musikeinlagen der Mädchen. An<br />
bei<strong>den</strong> Schulen habe ich in drei verschie<strong>den</strong>en<br />
Klassen (8- 10) Mathematik<br />
und Biologie unterrichtet. Auch<br />
wenn das Unterrichten nicht immer<br />
einfach war, war es eine spannende<br />
Erfahrung für mich.<br />
Womit hat man als Lehrer an einer<br />
ugandischen Schule so zu kämpfen?<br />
Die Tafel wackelt, die Kreide ist sehr<br />
staubig, staubt sowohl Rock als auch<br />
Bluse, sogar die Brillengläser ein und<br />
macht die Hände trocken. Dann gibt<br />
es keinen Tafellappen, dafür musste<br />
anfangs ein einfaches, zusammengeknülltes<br />
Blatt Papier oder der Handrücken<br />
dienen. Und natürlich, wie wohl<br />
in allen Ländern, sind die Schüler nicht<br />
immer lieb, nett und leise. <strong>Bei</strong> einer<br />
Klassengröße von bis zu 150 Schülern<br />
und Schülerinnen, also etwa das fünffache<br />
einer deutschen Schulklasse,<br />
machen sie auch mindestens so viel<br />
Lärm. Das Klassenzimmer einer ugandischen<br />
Schulklasse ist trotz der vielen<br />
Kinder nur unwesentlich größer, als in<br />
Deutschland. Die Schulbänke stehen<br />
dicht an dicht, man kann kaum dazwischen<br />
hindurchgehen und in einer für 2<br />
Schüler gedachten Schulbank, können<br />
auch drei Kinder sitzen. Dennoch versuchte<br />
ich mein Bestes, um einen abwechslungsreicheren<br />
Unterricht zu liefern<br />
als meine ugandischen Kollegen.<br />
Ich stellte mich nicht nur vor die Klasse<br />
und diktierte <strong>den</strong> Schülern stur langweilige<br />
Geschichtsdaten! Wir haben<br />
immer viele Aufgaben, <strong>Bei</strong>spiele und<br />
Bio-Praktika gemacht. Die Schüler der<br />
8. Klasse waren sogar so begeistert<br />
von ihrer selbstgebauten Pflanzenzelle,<br />
dass sie schnellstens die Funktionen<br />
und das Aussehen der einzelnen<br />
Zellorganellen gelernt hatten.<br />
Veronika<br />
Schneider<br />
und ihre<br />
Schüler und<br />
Schülerinnen<br />
in Iganga.<br />
Auch wenn das Unterrichten oft<br />
schwierig war, habe ich vieles gelernt.<br />
Durch die Arbeit an der Schule hat<br />
man die Möglichkeit, die Zukunftsträger<br />
der ugandischen Gesellschaft zu<br />
beeinflussen und kann <strong>den</strong> Schülern<br />
als Vorbild dienen und im Unterricht<br />
viele Werte mit auf <strong>den</strong> Weg geben,<br />
die Uganda weiterhelfen können. „Wir<br />
können nur zu neuen Ufern aufbrechen,<br />
wenn wir bereit sind, die alten<br />
hinter uns zu lassen.“ – Ihr könnt nur<br />
etwas an eurem Umfeld ändern, wenn<br />
ihr das Alte aufgebt und euch anstrengt,<br />
um an euren Zielen zu arbeiten.<br />
Wenn sie durch mich gelernt haben,<br />
dass Unterricht auch Spaß machen<br />
kann, der Lehrer nicht immer Recht<br />
hat und auch ihr eigenes Gehirn sehr<br />
viel leisten kann, dann sehe ich meine<br />
Aufgabe als erfüllt an.<br />
Die tägliche „Arbeit“ als Mzungu:<br />
In einem Jahr in Uganda wird man zwar<br />
an <strong>den</strong> Armen und <strong>Bei</strong>nen deutlich<br />
brauner, doch man bleibt immer weiß.<br />
Je<strong>den</strong> Tag wird man daran erinnert,<br />
dass man doch nie ganz dazu gehören<br />
wird, weil man eine andere Hautfarbe<br />
hat. Man wird bewundert, bevorzugt,<br />
blöd angemacht, man muss höhere<br />
Preise bezahlen und wird ständig<br />
anders behandelt. Man ist weiß!<br />
Gerade deshalb war es mir sehr<br />
wichtig ein anderes Bild, als das typische<br />
Klischee eines Mzungus (Weißen),<br />
zu vermitteln. Das Klischee, dass<br />
ein Mzungu immer Geld und Süßigkeiten<br />
hat und nichts selbst von Hand<br />
macht, sondern für alles Maschinen<br />
hat und ihm alles zufliegt, ist leider<br />
zu weit verbreitet. Manche <strong>Menschen</strong><br />
müssen wirklich <strong>den</strong>ken, dass Weiße<br />
keine <strong>Menschen</strong>, sondern übernatür-<br />
liche Wesen vom andern Stern sind.<br />
Es hat viele Stun<strong>den</strong> Gartenarbeit gekostet,<br />
bis ich die Or<strong>den</strong>schwestern<br />
und Nachbarn anerkennend sagen<br />
hörte, dass sogar ein Mzungu hacken<br />
kann, einen eigenen Tomatengarten<br />
hat und die Hacke ja sogar so in<br />
der Hand hält, wie die Einheimischen.<br />
Mal koche ich für die Fathers, mal backe<br />
ich für meine Schüler, man fährt<br />
Fahrrad (eine or<strong>den</strong>tliche Herausforderung:<br />
Man muss aufpassen, dass<br />
sich der Rock nirgends verfängt oder<br />
gar vom Fahrtwind der vorbeifahren<strong>den</strong><br />
Lastwagen hochgeweht wird und<br />
sich gleichzeitig auf die Schlaglöcher<br />
und <strong>den</strong> Linksverkehr konzentrieren,<br />
der oft nach <strong>sein</strong>en ganz eigenen Regeln<br />
funktioniert.), quetscht sich ins<br />
Sammeltaxi, verhandelt sehr hart um<br />
<strong>den</strong> Preis, wäscht selbst, legt sich eine<br />
ugandische Frisur zu, macht Fehler,<br />
hackt, jätet Unkraut, tanzt zu ugandischer<br />
Musik, geht aufs Plumpsklo ...<br />
so versuchte ich im Prinzip ständig zu<br />
vermitteln, dass Weiße anders sind/<br />
<strong>sein</strong> können, wie ein Ugander <strong>den</strong>kt.<br />
Besonders wichtig sind dabei auch<br />
Gespräche mit Lehrern, Schülern, im<br />
Alltag und man scheint nicht oft genug<br />
erzählen zu können, das Mzungus<br />
auch ganz normale <strong>Menschen</strong> sind,<br />
die nicht mit Schweinen re<strong>den</strong> (Wie<br />
im Film von „Babe“ oder „Dr. Dolittle“)<br />
oder gar fliegen können (Batman) und<br />
nicht dem neuesten Hollywood Film<br />
entsprungen sind, sondern auch ihre<br />
Probleme haben und nach<strong>den</strong>ken<br />
müssen! Eine Aufgabe, mit der man<br />
auch nach über einem Jahr nie fertig<br />
wird, egal wie lange man in Uganda,<br />
der Perle Afrikas, bleibt.<br />
Doch nach einem Jahr in Uganda<br />
fühlte ich mich sehr wohl in „neuer,<br />
gewohnter“ Umgebung, hatte meine<br />
Rolle gefun<strong>den</strong>, mich eingelebt,<br />
als Weißer in der frem<strong>den</strong> Kultur der<br />
Basoga. Manche <strong>Menschen</strong> sind mir<br />
als Freunde, oder sogar fast als Familie<br />
so sehr ans Herz gewachsen, dass<br />
es sehr schwer fiel wieder zurück nach<br />
Deutschland zu gehen. So hatte ich<br />
die große Chance in die afrikanische<br />
Lebenswelt einzutauchen und konnte<br />
weit mehr sehen, als bei einer Reise je<br />
möglich wäre. Viele Vorurteile können<br />
so abgebaut wer<strong>den</strong> – ein wirklicher<br />
Frie<strong>den</strong>sdienst.<br />
Veronika Schneider, von Juli 2008 bis<br />
Juli 2009 Freiwillige im Weltkirchlichen<br />
Frie<strong>den</strong>sdienst in Iganga, Uganda.<br />
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