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hoffmanns erzählungen<br />

quadrat 05/2013 349<br />

Schriftzug auf einem riesigen, schwarzen Spannlaken,<br />

unterstrichen grelle, bunte Lichtblitze das<br />

turbulente Zusammenspiel vom Bassisten Chris<br />

Novoselic, begleitet von den dröhnenden Drums<br />

des Dave Grohl und dem an der Bühnenrampe<br />

agierenden Kurt Cobain mit den Songs seiner<br />

Millionenseller „Nevermind“ und „Incesticide“.<br />

Immer wieder nahm Cobain seine Gitarre hoch zu<br />

„Come as you are“, zu „Smells Like Teen Spirit“<br />

– dank MTV die Hymne des Grunge, Glaubensbekenntnis<br />

einer ganzen Generation. Mit ihren<br />

harten Gitarrenriffs polarisierte „Nirvana“ die<br />

Musikwelt, begeisterte jedoch über 2000 Fans im<br />

einstigen Münchener Flughafen-Terminal 1. In<br />

Cobains Stimme konnte man Wut, Schmerz, Hass<br />

und Verletztsein hören. Es war sicher nicht nur die<br />

wütende Energie, die den „Nirvana“-Frontman zur<br />

Höchstform trieb. Man wusste von seiner Sucht,<br />

von seinen heroingesteuerten Eskapaden. Bei diesem<br />

letzten Konzert, voll brachialer Härte, sprudelnder<br />

Energie und Rauheit, gab es „Nirvana“ at<br />

it’s best!<br />

20 Stunden später erreichte uns aus Rom, – der<br />

nächsten Tourneestation – die Nachricht, dass<br />

Kurt Cobain mit einem in Champagner gemixten<br />

Medikamenten-Cocktail erneut einen Selbstmord-<br />

versuch unternommen hatte – und in letzter Minute<br />

gerettet wurde. Die restlichen Europa-Konzerte<br />

wurden komplett abgesagt. Drei Monate später traf<br />

ich bei einem Promotion-Konzert von Rod Stewart<br />

im Londoner „Collesseum“ den „Nirvana“-Gitarristen<br />

Chris Novoselic. Von ihm erfuhr ich aus erster<br />

Hand, was in Seattle an diesem 5. April ’94<br />

wirklich geschah und in keiner Zeitung zu lesen<br />

war: „Bis weit nach Mitternacht haben Kurt und<br />

ich in seinem Haus auf dem Lake Washington Boulevard<br />

diskutiert. Kurt wollte ‚Nirvana‘ auflösen,<br />

keine Musik mehr machen. Er war gerade aus der<br />

Entzugsklinik ‚Exodus Recovery Center‘ in Marina<br />

del Ray bei L.A. abgehauen, wo ihn seine Frau<br />

Courtney für 28 Tage untergebracht hatte. Nach<br />

drei Tagen ist er dort über die Mauer geklettert,<br />

nur mit seiner Kreditkarte, und First Class nach<br />

Seattle geflogen. Mit Courtney nur noch Stress,<br />

Schreiereien, Beschimpfungen. Als ich ging,<br />

meinte er nur ‚She is a bitch‘. Ich fuhr mit einem<br />

unguten Gefühl nach Hause, denn Kurt war bereits<br />

wieder auf Heroin. Er ist dann wohl mit seiner<br />

neuen Remington-Schrotflinte durch den Garten<br />

zur Garage gegangen, hat noch einige seiner geliebten<br />

Camel Light geraucht, und auf einen Notizblock<br />

hingekritzelt: ‚Schon seit vielen Jahren<br />

icH füHle oft so eine dePRimieRende uneRtRäglicHkeit meines lebens und wundeRe<br />

micH selbst, woHeR icH so eine unbändige, musikaliscHe kRaft scHöPfe.<br />

spüre ich keine Aufregung mehr für Musik … Ich<br />

kann euch und mir nichts mehr vormachen … Das<br />

schlimmste Verbrechen wäre, die Leute abzuzocken,<br />

indem ich ihnen und mir etwas vorspiele<br />

…‘. Dann muss er sich die Mündung der<br />

Flinte in den Mund geschoben und abgedrückt<br />

haben. Erst drei Tage später fand der Elektriker<br />

Walt Price den Toten.“<br />

Die Behörden in Seattle verweigerten eine offizielle<br />

Grabstätte, um keinen Wallfahrtsort zu schaffen.<br />

Die Garage, in der sich Kurt Cobain erschoss, wurde<br />

abgerissen.

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