52 quadrat 05/2013 profi le Weg einschlagen, von dem andere glaubten, er sei der richtige, sondern wollte auf Gottes Stimme hören“, sagt sie dazu, „Doch auf einmal war er dann da, der Tag, der Moment, wo es für mich ganz klar war, wie es weitergehen würde. Nach einem Praktikum in einem anderen Mutterhaus und vielen guten und intensiven Gesprächen mit Menschen, aber eben auch mit Gott, folgte ich seinem Auftrag, ein Leben als Diakonisse zu führen und trat in die Schwesternschaft ein. Deswegen bin ich nicht frommer geworden, meinen Glauben hätte ich auch ohne Tracht gelebt, aber die Art, wie ich ihn lebe, wurde eine andere.“ MITEINANDER FÜR ANDERE UND DIE GEMEINSCHAFT Was macht das Leben einer Diakonisse aus. Da sind einmal natürlich die innere Einstellung zu Gott, die Bereitschaft, in jeder Lebenssituation nach seinem Willen zu fragen, sowie ebenso die Freude daran, für andere Menschen da zu sein. Auf meine Fragen nach erlernten Berufen der Schwestern, ihren Tätigkeiten und dem Zusammenleben erklärt mir Schwester Renate: „Jede Diakonisse wird nach ihren Fähigkeiten und wenn es möglich ist auch nach ihren Vorlieben eingesetzt und eventuell ausgebildet, man kann sich nur manchmal nicht unbedingt aussuchen, wo. Aber das können Menschen in anderen Berufen ja auch nicht immer. Wir leben miteinander in einer Gemeinschaft unterschiedlichster Frauen. Wir tragen die gleiche Tracht, aber unsere Individualität haben wir deswegen noch lange nicht mit dem Eintritt in die Schwesternschaft abgegeben, das fordert jeder von uns ein Maß an Rücksichtnahme und Empathie ab. Wir leben und arbeiten ja nicht nur zusammen, wir versorgen uns auch zusammen. Das bedeutet, dass unser Verdienst in einen Topf wandert, aus dem die Aufgaben der Schwesternschaft finanziert werden. Ebenso werden davon unsere Lebenshaltungskosten und Altersvorsorge bestritten. Wir Schwestern erhalten ein einheitliches Taschengeld.“ Wie wird man denn nun genau Diakonisse, was, wenn man merkt, dass das doch nicht das Richtige war? Und warum überhaupt Tracht und Ehelosigkeit? Auch auf diese Fragen bekomme ich Antworten: „Die große Grundvoraussetzung ist natürlich der Wille für ein Leben nach Gottes Willen. Es gibt, wie in allen anderen Berufen auch, eine Probezeit, um sich zu entscheiden. Bei uns gibt es keine Gelübde, aber eine öffentliche Einsegnung in das Amt der Diakonisse. Ein Austritt ist nach reiflicher Überlegung oder aus zwingenden Gründen möglich. Eine Diakonisse ist zum Beispiel ausgetreten, um sich um ihre jüngere Schwester zu kümmern. Da sind wir bei der nächsten Frage, warum Ehelosigkeit? Als Diakonisse habe ich keinen Feierabend, wie ihn normale Arbeitnehmer haben. Diakonie bedeutet Dienst am Menschen unter Zurückstellung der eigenen Interessen. Ohne Familie im Hintergrund hat die Diakonisse dafür mehr Zeit. Ach ja, die Tracht, natürlich ist das schon etwas mehr als eine Berufskleidung. Sie ist ein Zeichen für unser Leben im Glauben und an unsere Mitmenschen, dass sagen soll: Sprich mich an, ich helfe dir!“ „KARRIERE“ UND PRIVAT LEBEN Bis 2008 hatte Schwester Renate, nach dem Abschluss der Krankenpflegehochschule für Pflegemanagement in Göttingen, die Pflegedienstleitung in Norderney inne. Als Oberin Schwester Inge Fritschen aus ihrem Amt schied, trat sie deren Nachfolge, gewählt vom Schwesternrat, an. Management gelernt zu haben ist für Schwester Renate heute von großem Vorteil. Für 50 Bewohner auf der Pflegestation Haus Felsengrund, 33 Wohnungen im Wohnpark, 36 Schwestern und 70 freie Mitarbeiter ist sie mitverantwortlich. Die dazukommenden seelsorgerischen Pflichten machten eine weitere Fortbildung in der Evangelistenschule „Johanneum“ in Wuppertal nötig. „Dafür bekam ich einen neuen Laptop, den damals neusten von Dell in knallrot. Die Studenten im Johanneum haben nicht schlecht geschaut, da kommt eine Diakonisse mit so einem Teil in den Unterricht und kann das auch noch bedienen“, berichtet sie. Von der ganz privaten Schwester Renate möchte ich noch hören: „Ich brauche viel Schlaf! Und wenn ich mal ein freies Wochenende habe, dann nutze ich das so richtig aus. Ich liebe Musik, außerdem reise ich leidenschaftlich, meist mit meinem Bruder, seiner Familie und einer Freundin, Schwester Lydia. Am liebsten nach Südafrika oder in den Südwesten der USA. Das kann ich mir aber nicht so oft leisten. Auch nach Norderney zieht es mich oft.“ Aha, wie ist es als Schwester am Strand oder in der Wildnis? Sie lacht: „Toll, ich steige in meinen Badeanzug oder meine Wandersachen und los geht`s.“ (sw)
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