52 gen, wo Raketen mit Atomsprengköpfen gelagert waren. Alles im Sinne des Friedens, gegen Aufrüstung. Und während ihre Kinder, drei Mädchen, noch klein sind und sie ans Haus binden, organisiert sie Vorträge zu den verschiedensten Themen, zum Beispiel Friedensproblematik, Studentenunruhen, auch Literaturabende. Sie engagiert sich im Verband der Kriegsdienstverweigerer, wo sie acht Jahre den Vorsitz hat. „Wenn Du nach dem Gewissen handeln willst, musst Du was tun“ ist ihr Credo. Das bringt ihr unangenehme Begegnungen ein, etwa mit dem Nachrichtendienst. Und im Bekanntenkreis spricht man mit ihr in dieser Zeit eher nicht über politische Themen. Parallel dazu lässt sie sich zur Krankenschwester ausbilden und bringt es bis zur Leiterin eines Altersheimes, das sie insgesamt rund 20 Jahre leitet. Der Gedanke an einen Ausstieg aus dieser Tätigkeit überkommt sie, weil die Bürokratisierung der Arbeit immer weiter zunimmt und zur Belastung wird. Sie will lieber ihre Kontakte zu den Bewohnern und deren Angehörigen pflegen, das Umfeld und die sonstigen Lebensumstände ausloten, statt endlos Formulare auszufüllen. Wenn der Papierkrieg wichtiger werde als der Mensch, sei etwas faul, sagt sie. Nach elf Jahren erwägt Barbara Trumpfheller, noch einmal eine neue Herausforderung zu suchen. Sie nimmt ein Sabbatjahr, um neue Orientierung zu finden. Einen halbjährigen Aufenthalt in die USA nutzt sie für ein Seminar an der Philadelphia University und einem katholischen Collage. Die Themen bewegen sich um den Hospizgedanken, um Sterben und Tod. Vorangegangen waren zwei Semester an der Quäker-Äkademie, um ihre historischen Kenntnisse über das Quäkertum ihre religiöse Heimat – zu vertiefen. Wieder in Deutschland, beflügelt sie der Hospizgedanke: Zunächst geht es um die Begleitung sterbender Menschen im Altersheim und um die ambulante Unterstützung Angehöriger, die einen Schwerkranken zuhause betreuen. 1981 wurde der Goslarer Hospizverein mit ausgebildeten Hospizhelferinnen ambulant aufgebaut. Aber wegen der gesellschaftlichen Entwicklung – etwa der wachsenden Zahl Alleinstehender ohne jedwede Verwandtschaft, ohne belastbare Nachbarschaft – ist das Prinzip „ambulant vor stationär“ nicht immer durchzuhalten, sodass eine stationäre Hospizbetreuung – jahrelang die Wunschvorstellung – 2002 Wirklichkeit wird, ohne dass man den Grundsatz „ambulant vor stationär“ vernachlässigt. Und das Prinzip der Hospizleiterin steht: Es wird immer gesprochen mit dem Gast, seinen Angehörigen, dem Umfeld im Ganzen. Gefragt wird nach Bedürfnissen, etwa nach Seelsorge, Musik, sowieso nach Schmerzen. Grundpfeiler der Betreuung ist eine gute Beobachtung und eine vernünftige Therapie mit den Zielen: keine körperlichen und psychosozialen Schmerzen, keine Angst, keine Übelkeit. Die Angehörigen sind gefragt, wie weit sie in die Betreuung einbezogen sein können und wollen. Zwietracht in den Familien erfordert gelegentlich die Fähigkeit der Ehrenamtlichen und ihrer ehrenamtlichen Leiterin, Versöhnung zu stiften – im Interesse des Gastes und seiner Angehörigen. Was Barbara Trumfeller sonst so macht, ist kurz beschrieben: Ihre Notwendigkeit, zu kochen, beschränkt sich auf einfache Mahlzeiten, sofern sie nicht ausgelassen, vergessen werden. Denken wir an Pellkartoffeln mit zerlassener Butter und Salz. Geradezu Völlerei ist dagegen ein Stück Kuchen zum Nachmittag mit einem Becher Milchkaffee – regelmäßig. Zum Thema Reisen – normalerweise Rentners Hauptbeschäftigung – fallen ihr Geschenke der drei Töchter in Form von Wochenendreisen mit Programm nach Weimar und Celle ein, was sie sehr genossen hat und gern erinnert. Auch an gelegentliche Treffen mit ihren Angehörigen denkt sie gern. Und Lesen? Ja, täglich die Tageszeitung, außerdem Quäker-Quartalshefte, Hospiz-Fachliteratur und Publikationen von Friedensorganisationen. Bücher werden nach anregender Besprechung – etwa im Radio – gekauft, stehen aber zunächst als wachsender Stapel zur Lektüre bereit. Außenstehende könnten meinen, dass Barbara Trumpfheller beabsichtige, ihren strukturierten Tagesablauf bis an ein plötzliches Ende durchzuhalten. Das wäre ein Irrtum. Sie versichert glaubwürdig, an einem Ausstieg zu arbeiten, eingeleitet in Form einer Abschiedsreise von Süd nach Nord bei allen Menschen, die ihr wichtig sind. Jeweils einen Tag und eine Nacht will sie bleiben und mittels eines Schlafsackes größere Umstände verhindern. So konkret ist das schon. Allerdings bemerken Insider, dass sie diese Pläne schon einige Zeit verfolge, bislang ohne Ergebnis. So wird man auf die Eingangsfrage wohl noch einige Zeit keine neueren Antworten bekommen. (tg)
marunde quadrat 06/2013 53 www.wolf-ruediger-marunde.de