Ausgabe 4/11 Download - RegJo Hannover
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Gestärkt aus der Krise<br />
„Ich sage immer: Hier hat die Krise von Februar bis Juli 2009 stattgefunden.“ Marianne Gersdorf, Vorsitzende<br />
der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit <strong>Hannover</strong>, über erfreuliche Zahlen und klare Konzepte.<br />
Marianne Gersdorf, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit <strong>Hannover</strong>.<br />
Interview: Stefanie Stüting Fotografie: Arbeitsagentur <strong>Hannover</strong><br />
Die Region <strong>Hannover</strong> hat sich seit der Finanzkrise 2009 überdurchschnittlich<br />
gut im Arbeitsmarkt behaupten können. Woran<br />
liegt das in erster Linie?<br />
Dafür gibt es mehrere Gründe. Die hiesige Wirtschaftsstruktur ist<br />
weniger anfällig für einen Konjunktureinbruch im Verarbeitenden<br />
Gewerbe, dem Kristallisationspunkt der Krise. Die Wirtschaft im<br />
Raum <strong>Hannover</strong> ist geprägt durch Dienstleistungsbranchen und<br />
öffentlichen Dienst. Das hat stabilisierend gewirkt. Im Verarbeitenden<br />
Gewerbe haben Unternehmensführungen, Betriebsräte<br />
und Belegschaften sehr schnell im Schulterschluss agiert, interne<br />
Flexibilisierungsspielräume genutzt und das Instrument der Kurzarbeit<br />
eingesetzt. Flankierend haben viele Betriebe ihre Mitarbeiter<br />
während der Kurzarbeit qualifiziert. In der Arbeitsagentur<br />
haben wir das Kurzarbeitsteam innerhalb kürzester Zeit aufgestockt,<br />
um die Unternehmen zu beraten. Und nach dem Motto<br />
„stärker aus der Krise heraus als in die Krise hinein“ haben wir<br />
Bildungsträger und Betriebe zusammengeführt, um die Qualifizierung<br />
während der Kurzarbeit voranzubringen. Das waren<br />
Angebote, die sehr gern angenommen wurden. Dazu kamen die<br />
Konjunkturpakete des Bundes, die hier zügig angenommen und<br />
umgesetzt wurden. Davon hat nicht zuletzt das Handwerk profitiert.<br />
Schließlich hat ein Kreis von „Entscheidern“ beim hannoverschen<br />
Oberbürgermeister hilfreiche Verabredungen getroffen. Zum<br />
Ende der Krise konnten die hannoverschen Unternehmen mit den<br />
Belegschaften, die sie gehalten hatten, sofort wieder durchstarten.<br />
Das hat sich dann sehr schnell, schon 2009, mit einem überdurchschnittlichen<br />
Rückgang der Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit<br />
in der zweiten Jahreshälfte bemerkbar gemacht. Ich sage immer:<br />
Hier hat die Krise von Februar bis Juli 2009 stattgefunden.<br />
Auf welche Maßnahmen setzt die Arbeitsagentur, um die aktuell<br />
recht günstigen Zahlen zu stabilisieren und weiter zu verbessern?<br />
Ganz vorn an steht im nächsten Jahr die Prävention, das heißt<br />
Arbeitslosigkeit zu verhindern. Da ist die Arbeitsagentur zwar<br />
nicht an erster Stelle gefordert, aber wir versuchen, Menschen,<br />
die ihre Beschäftigung verlieren werden, in eine andere Arbeit<br />
zu vermitteln, damit sie gar nicht erst arbeitslos werden – „Jobto-Job-Vermittlung“<br />
nennen wir das. Und wenn Arbeitnehmer<br />
doch arbeitslos werden, versuchen unsere Fachkräfte die Dauer<br />
der Arbeitslosigkeit durch schnelle und passgenaue Vermittlung<br />
zu verkürzen. Außerdem steht der Fachkräftebedarf auf unserer<br />
Tagesordnung. Wo Arbeitslose ihre Kenntnisse auffrischen oder<br />
ergänzen müssen, helfen wir. Aber wir beraten die Unternehmen<br />
auch, ihr Augenmerk auf Arbeitslose zu lenken, die in der „2. oder<br />
3. Reihe“ stehen und geben beiden Seiten die Chance, sich im<br />
Rahmen von Praktika näher kennenzulernen. Das war schon in<br />
diesem Jahr sehr erfolgreich. Für all das brauchen wir viele Stellen<br />
und darum kümmert sich der gemeinsame Arbeitgeberservice<br />
von Arbeitsagentur und Jobcenter.<br />
Wie hat sich der Ausbildungsstellenmarkt in den vergangenen Jahren<br />
entwickelt?<br />
In den vergangenen Jahren hat das Angebot an Ausbildungsplätzen<br />
nicht ausgereicht, um die geburtenstarken Jahrgänge aufzunehmen.<br />
Mittlerweile zeigen sich allerdings erste Anzeichen für<br />
eine Trendwende am Ausbildungsmarkt. Die Schulabgängerzahlen<br />
sinken und angesichts des Fachkräftebedarfs steigen die Ausbildungsanstrengungen<br />
der Betriebe. Beides wird dazu führen, dass<br />
der Ausbildungsmarkt sich zum Bewerbermarkt wandelt.<br />
Wie gravierend stellt sich das Thema Fachkräftemangel und fehlende<br />
qualifizierte Azubis in der Region <strong>Hannover</strong> dar?<br />
Bei sinkenden Arbeitslosenzahlen wird tendenziell auch das<br />
Bewerberpotential für Fachkrafttätigkeiten kleiner. Ich sage klar:<br />
Es gibt keinen flächendeckenden Fachkräftemangel. Was wir aber<br />
sehen und was die Betriebe merken, sind Engpässe in bestimmten<br />
Berufen, allen voran bei den Metall- und Elektroberufen,<br />
bei Ingenieuren, Technikern, IT-Kernberufen und bei Gesundheits-<br />
und Pflegeberufen. Hier dauert es zunehmend länger, bis<br />
der gemeinsame Arbeitgeberservice von Arbeitsagentur und Jobcenter<br />
passende Bewerber vorschlagen kann. Im Gespräch mit<br />
den suchenden Betrieben sprechen die Vermittler/innen vermehrt<br />
über Alternativen, sie spüren dabei eine wachsende Flexibilität<br />
bei den Unternehmen. Das gilt gleichermaßen für Auszubildende.<br />
Klagen der Betriebe über die Qualität der Bewerber/innen<br />
sind bekannt. Es zeigt sich jetzt allerdings eine steigende Bereitschaft<br />
der Firmen, Jugendliche einzustellen, die in den vergangenen<br />
Jahren vielleicht nicht ihre erste Wahl gewesen wären. Viele<br />
Betriebe haben spezielle Konzepte entwickelt, um etwas schwächere<br />
Jugendliche auszubilden. Gut geführt, wird aus manchem<br />
Spätzünder ein tüchtiger Mitarbeiter. Wo nötig, unterstützt die<br />
Arbeitsagentur Betriebe und Azubis mit den sogenannten ausbildungsbegleitenden<br />
Hilfen, um den Ausbildungserfolg zu sichern.<br />
Wie entwickeln sich derzeit die Arbeitslosenzahlen?<br />
Die Arbeitslosenzahlen entwickeln sich sehr erfreulich. Sie<br />
lagen in diesem Jahr durchweg unter den Werten der vergangenen<br />
Jahre. Von der steigenden Arbeitskräftenachfrage und dem<br />
Rückgang der Arbeitslosigkeit profitieren zudem alle Personengruppen,<br />
ebenfalls die Arbeitslosen des Jobcenters. Im Agenturbezirk<br />
gab es in der Arbeitslosenversicherung bereits im Oktober<br />
erstmals weniger als 8.000 Arbeitslose und in der Grundsiche-